Migration und Glaube: Grundwissen für interkulturelle Pastoral - Eva Baumann-Neuhaus - E-Book

Migration und Glaube: Grundwissen für interkulturelle Pastoral E-Book

Eva Baumann-Neuhaus

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Beschreibung

Migration ist mit Brucherfahrungen verbunden. Der vorliegende Band zeigt auf, wie Migrant*innen ihre Migrationserfahrungen wahrnehmen, deuten und verarbeiten. Für viele wird gerade der Glaube und die Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft zu einer Ressource in Zeiten der Veränderung und der Verunsicherung. Der Band liefert Grundwissen zu Religion und Migration und eignet sich für alle, die mit Migrant*innen unterwegs sind, sei es privat oder beruflich. Insbesondere für Seelsorgende und Kirchenverantwortliche bietet der Band Impulse für die (Weiter-)Entwicklung einer interkulturellen Pastoral.

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Pastoralsoziologische Impulse aus dem SPI

Liebe Leserin, lieber Leser

Das SPI erarbeitet Grundwissen für Pastoral und Kirchenentwicklung. Migration ist ein wichtiges Forschungsfeld unserer Arbeit. Die Seelsorge in der Schweiz ist häufig mit Migrationserfahrungen konfrontiert. Fremdheit und Verunsicherung sind dabei nicht allein Sache der Migrantinnen und Migranten. Auch die Einheimischen erleben Irritationen im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen. Somit sind alle zu interkulturellem Lernen herausgefordert. Das betrifft nicht zuletzt die Seelsorge und das Leben in Pfarreien, Kirchgemeinden und anderssprachigen Gemeinschaften.

Dieser Auftaktband der Pastoralsoziologischen Impulse aus dem SPI fokussiert zwei Themen:

Welche Rolle spielt der Glaube im Leben christlicher Migrantinnen und Migranten? Welche unterschiedlichen Glaubenstypen lassen sich erkennen? Die Informationen in diesem Band fördern ein vertieftes Verständnis für unterschiedliche Glaubensweisen und ihnen entsprechende Bedürfnisse und Erwartungen an die Seelsorge. Seelsorgeangebote für Migrantinnen und Migranten können auf dieser Grundlage entwickelt oder angepasst werden.

Wie funktionieren anderssprachige Gemeinschaften in der Kirche? Was leisten sie für die Menschen? Wie finden Menschen in ihnen eine Heimat? Die Antworten auf diese Fragen bieten wichtiges Basiswissen für Gemeindeaufbau und für die konzeptionelle Weiterentwicklung anderssprachiger und einheimischer Gemeinden.

Die neue Reihe der Pastoralsoziologischen Impulse aus dem SPI wird mit dem Band Migration und Glaube: Grundwissen für interkulturelle Pastoral von Eva Baumann-Neuhaus eröffnet. Die Pastoralsoziologischen Impulse richten sich an Seelsorgende und Kirchenverantwortliche. Sie bieten Überblickswissen zu pastoralen Arbeitsfeldern und dienen als Anregung für die Entwicklung oder Vertiefung pastoraler Konzepte.

Das SPI möchte die Pastoralsoziologischen Impulse möglichst gut auf Ihre Bedürfnisse abstimmen. Für Ihr Feedback sind wir Ihnen daher dankbar.

Arnd Bünker

Institutsleiter SPI

[email protected]

www.spi-sg.ch

Inhaltsverzeichnis

Pastoralsoziologische Impulse aus dem SPI

Worum geht es?

1. Migration: Warum es sie gibt und was sie bedeutet

1.1 Menschen suchen nach einem besseren Leben

1.2 Verunsicherung und die Suche nach Anschluss prägen den Alltag

Kleines Migrationsglossar

2. Migration: Klassische Schwierigkeiten und die Funktion der Religion

2.1 Der Kulturschock als Reaktion auf das Unbekannte

2.2 Der Trennungsschmerz von Familie und Freunden

2.3 Die Hindernisse in der Arbeitswelt

2.4 Die Verunsicherung durch die säkulare Gesellschaft

2.5 Bewältigungsstrategien für Brüche in der Biographie – zum Beispiel die Religion

Gespräch mit Chika Uzor – Migrationsseelsorger in St.Gallen

3. Glaube als Ressource: Sinnstiftung, Orientierung, Schutz – vier Glaubensprofile

3.1 Glaube in Vielfalt

3.2 Glaubensprofil: «Gott hat einen Plan für mich»

3.3 Glaubensprofil: «Die Glaubensgemeinschaft ist mein Schutz und mein Zuhause»

3.4 Glaubensprofil: «Mein Leben und Glauben als Lernprozess»

3.5 Glaubensprofil: «Ich nehme das Leben und mache das Beste daraus»

Gespräch mit Christiane Lubos – Mitglied der Scalabrini Gemeinschaft

4. Glaubensgemeinschaft als Ressource: Hilfe im Alltag, soziale Heimat – vier Unterstützungsarten

4.1 Die vielfältige Rolle der Migrationsgemeinden

4.2 Vier Arten der Unterstützung durch Migrationsgemeinden

4.3 Zugänge zur Gemeinschaft: Türöffner, Vertrauensbeziehungen, Hindernisse

4.4 Migrationsgemeinden sind Refugien – manchmal kommt es zu Segregation

5. Migration als Herausforderung für die Kirche

5.1 Pluralisierung als Herausforderung

Gespräch mit Dinah Hess – Leiterin des Zentrums für Migrationskirchen Zürich – ein evangelischer Kontext

Gespräch mit Thierry Schelling – Pfarrer im multikulturellen Renens-Bussigny – ein katholischer Kontext

5.2 Migrationssensible Pastoral als Kernanliegen der katholischen Kirche

Gespräch mit Karl-Anton Wohlwend – Direktor von Migratio

Literatur

Worum geht es?

Christliche Migration im Fokus

Im Sinne einer gendergerechten und inklusiven Sprache werden im Text männliche und weibliche Wortformen abwechslungsweise verwendet

Migration gehört zur Menschheitsgeschichte. In Europa ist die Schweiz geradezu ein Musterbeispiel eines Migrationslandes. Seit den 1960er Jahren sind hier rund 6 Millionen Menschen (ohne Saisonniers) zu- und wieder ausgewandert. Viele sind geblieben und haben sich eingebürgert. Die Schweiz ist durch die Migration zu einem kulturell und religiös vielfältigen Land geworden.

Bis heute gehört die Mehrheit der Zuwanderer einer christlichen Kirche an. Sie bringen «unterschiedliche Christentümer» in die Schweiz, die das Gesicht der Kirchen verändern. Im katholischen und evangelischen Umfeld hat die Zuwanderung im Laufe der Zeit etwa zur Bildung von zahlreichen «Migrationsgemeinden» geführt, die Teil der Schweizer Kirche sind oder als unabhängige Organisationen existieren.

Das Schweizerische Pastoralsoziologische Institut (SPI) untersuchte zwischen 2015 und 2019 die christliche Zuwanderung in der Schweiz und schloss damit nicht nur eine Forschungslücke. Die Ergebnisse liefern vielfältiges Grundlagenwissen für Seelsorgende und kirchlich Engagierte, die in einer migrantisch geprägten Gesellschaft und Kirche nach Wegen des Miteinanders in Verschiedenheit suchen.

Dieses Büchlein präsentiert die wichtigsten Ergebnisse der SPI-Studie, die der Frage nachging, welche Bedeutung Glaube und Glaubensgemeinschaft für Menschen mit Migrationserfahrungen haben. Dabei zeigen sich unterschiedliche Prägungen und Bedürfnisse, aber auch unterschiedliche Ausdrucksformen und Potentiale von Religion, die gerade in Zeiten des Umbruchs und der Veränderung sichtbar und wirksam werden.

Wie Religion zu einer Ressource wird

Migration ist der auf Dauer angelegte Wechsel des Lebensmittelpunktes in einen anderen und oft fremden Kontext. Das stellt die Betroffenen vor grosse Herausforderungen. Sie stehen im Mittelpunkt dieses Büchleins: Was haben sie erlebt? Was beschäftigt sie? Wie meistern sie ihr «neues» Leben? Welche Ressourcen mobilisieren sie? Welche Rolle spielt die Religion?

Es geht um die Frage, inwiefern die Religion – in ihrer subjektiven Form als Religiosität, aber auch in ihrer sozialen Form als Gemeinschaft – für die Migranten während und nach der Migration hilfreich ist und wie sie diese Ressource nutzen können.

Die Grundlage der Darstellungen bilden narrative Interviews mit mehr als zwanzig zugewanderten Frauen und Männern sowie diverse Besuche in Migrationsgemeinden.

…als Sinnsystem und Deutungshilfe

Migration bedeutet immer einen biographischen Einschnitt und ist verbunden mit einer Neuorientierung. In solchen Zeiten kann die Religion zu einer hilfreichen Ressource werden, denn sie bietet einen sinnstiftenden Umgang mit Brucherfahrungen und ermöglicht Orientierung und Halt.

Wie Religion genutzt wird, ist individuell jedoch verschieden. Das Büchlein gibt Einblick in unterschiedliche Muster der religiösen Verarbeitung von Migrationserfahrungen und zeigt wie Migrantinnen Glaube, Migration und Biographie miteinander verknüpfen. Die einen sind von der Gewissheit getragen: «Gott hat einen Plan für mein Leben.» Darin ordnen sie auch die Migrationserfahrung ein und entdecken sogar in schwierigen Zeiten die Führung Gottes. Andere erfahren die Migration ambivalenter und finden in der Glaubensgemeinschaft die verlorene Kontinuität wieder: «Meine Migrationsgemeinde ist mein Schutz und mein Zuhause.» Wieder andere betrachten die Migrationserfahrung und die damit verbundene Neuorientierung als persönliche Entwicklungschance und sagen sich: «Mein Leben und mein Glaube sind ein dauernder Lernprozess.» Schliesslich gibt es jene, die eher pragmatisch unterwegs sind und mit oder ohne Religion nach dem Motto leben: «Ich nehme das Leben wie es ist und mache das Beste daraus.»

…als Gemeinschaft und Schutzort

Die Migration bringt auch immer Trennungserfahrungen mit sich. Viele Migranten fühlen sich im neuen Land einsam und verlassen. Die religiöse Migrationsgemeinschaft bietet diesen Menschen vielfältige Unterstützung an und ermöglicht ihnen eine kulturell-soziale und spirituelle Beheimatung.

Das Büchlein gibt Einblick in verschiedene Unterstützungsleistungen und Funktionen der Migrationsgemeinden. Migrantinnen bekommen hier Informationen und praktische Hilfe zur Bewältigung von Alltagsproblemen. Viele erleben eine familiäre Gemeinschaft und erfahren auch in spiritueller Hinsicht eine Ermutigung und Stärkung.

Migranten werden mit der Migration jedoch nicht automatisch Teil einer solchen Gemeinschaft. Sie brauchen andere, die ihnen den Zugang eröffnen und sich auf sie einlassen. Geschieht dies nicht, ziehen sie sich meist wieder zurück und verlieren damit auch die Unterstützung der Gemeinschaft.

Die Migrationspastoral der Zukunft