Millennials und die Digitalisierung im Retail-Banking - Sara Etzensperger - E-Book

Millennials und die Digitalisierung im Retail-Banking E-Book

Sara Etzensperger

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Beschreibung

Die digitale Revolution hat die Retailbankenbranche erfasst. Die Finanzinstitute bewegten sich bisher in einem sicheren und hochprofitablen Geschäftsfeld. Mit der Finanzkrise kam es zu einer Zäsur, in welcher auch etablierte Banken grosse Verluste erlitten und zum Teil Konkurs gingen. Das Vertrauen der Kundschaft in die Banken wurde weltweit erschüttert. Diese Situation nutzten innovative Unternehmen wie Digitalbanken, Fintechs oder Bigtechs, um den etablierten Banken den Retailbankenmarkt streitig zu machen. Der technologische Fortschritt in den Bereichen Verwendung digitaler Daten, Automatisierung, Vernetzungen oder digitales Onboarding verändert die Ansprüche der Kundschaft ans Retail-Banking grundlegend, vor allem jene der Millennials (in den frühen 1980er bis 2000er Jahren Geborene).   Die Generation der Millennials hat in der Regel nicht die traditionelle Beziehung zu ihrer Bank wie ältere Generationen. Zudem werden sie im Jahr 2030 die grösste Kaufkraft aller Altersgruppen aufweisen, weshalb sich die Retailbanken fundiert mit den Millennials auseinandersetzen und ihre Geschäftsmodelle kritisch überprüfen sollten. Das Vorgehen bei der digitalen Transformation der Retailbanken wirkt sich darauf aus, welche Retailbanken dem ‹digitalen Darwinismus› zum Opfer fallen und welche nicht. Vor diesem Hintergrund wird im Rahmen dieser Masterarbeit geprüft, in welche Richtung sich das Geschäftsmodell einer Retailbank künftig entwickeln soll, um die Bedürfnisse der Millennials abdecken zu können.   Aus den Ergebnissen der quantitativen und der qualitativen Untersuchung resultiert ein ‹Business Model Canvas›. In diesem werden die Schwerpunkte eines Geschäftsmodells dargestellt, auf welche sich eine Retailbank im Zusammenhang mit der digitalen Transformation konzentrieren sollte, um künftig erfolgreich am Markt agieren zu können. Als Basis für strategische Überlegungen werden zudem die bedeutendsten Erfolgsfaktoren und Handlungsfelder eruiert.

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Sara Etzensperger

Millennials und die Digitalisierung

im Retail-Banking

ZU DIESEM BUCH

Die digitale Revolution hat die Retailbankenbranche erfasst. Die Finanzinstitute bewegten sich bisher in einem sicheren und hochprofitablen Geschäftsfeld. Mit der Finanzkrise kam es zu einer Zäsur, in welcher auch etablierte Banken grosse Verluste erlitten und zum Teil Konkurs gingen. Das Vertrauen der Kundschaft in die Banken wurde weltweit erschüttert. Diese Situation nutzten innovative Unternehmen wie Digitalbanken, Fintechs oder Bigtechs, um den etablierten Banken den Retailbankenmarkt streitig zu machen. Der technologische Fortschritt in den Bereichen Verwendung digitaler Daten, Automatisierung, Vernetzungen oder digitales Onboarding verändert die Ansprüche der Kundschaft ans Retail-Banking grundlegend, vor allem jene der Millennials (in den frühen 1980er bis 2000er Jahren Geborene).

Die Generation der Millennials hat in der Regel nicht die traditionelle Beziehung zu ihrer Bank wie ältere Generationen. Allerdings werden sie im Jahr 2030 die grösste Kaufkraft aller Altersgruppen aufweisen, weshalb sich die Retailbanken fundiert mit den Millennials auseinandersetzen und die Retail-Geschäftsmodelle kritisch überprüfen sollten. Das Vorgehen bei der digitalen Transformation der Retailbanken wirkt sich darauf aus, welche Retailbanken dem ‹digitalen Darwinismus› zum Opfer fallen und welche nicht. Vor diesem Hintergrund soll in dieser Masterarbeit folgende Forschungsfrage beantwortet werden: In welche Richtung soll sich das Geschäftsmodell einer Schweizer Retailbank künftig entwickeln, um die Bedürfnisse der Millennials abdecken zu können?

Für die Beantwortung der Forschungsfrage wird mit einer fundierten Literaturanalyse die Basis für die empirische Forschungsmethode erarbeitet. Im Weiteren wird eine quantitative Erhebung (Umfrage bei Millennials) mit einer qualitativen Methode (Interviews mit Digitalexpertinnen und -experten) kombiniert. Mit diesem Vorgehen soll neben der theoretischen Herangehensweise auch die praktische Sicht in Bezug auf die Forschungsfrage geklärt und ein Beitrag für künftige strategische Entscheidungen einer Retailbank geschaffen werden.

Aus den Ergebnissen der quantitativen und der qualitativen Untersuchung resultiert ein ‹Business Model Canvas›. In diesem werden die Schwerpunkte eines Geschäftsmodells dargestellt, auf welche sich eine Retailbank im Zusammenhang mit der digitalen Transformation konzentrieren sollte, um künftig erfolgreich am Markt agieren zu können. Als Basis für strategische Überlegungen werden zudem die fünf bedeutendsten Erfolgsfaktoren und Handlungsfelder eruiert. Als Schlüsselfaktoren für ein erfolgreiches Geschäftsmodell einer Retailbank gelten das Verständnis der Retailbank für ihre Kundschaft und das Anbieten positiver Kundenerlebnisse, die strategische Positionierung (Open Banking), die Transformation der Unternehmensorganisation, die Schaffung eines Mehrwerts für die Kundschaft (beispielsweise mittels Datenanalyse und -wissenschaft) und der Aufbau einer agilen IT-Infrastruktur und -Architektur (Technologie). Die Ergebnisse dieser Masterarbeit zeigen auf, dass die Transformation des Geschäftsmodells einer Retailbank ein Umdenken in der Schweizer Bankenwelt bedingt und mit Herausforderungen verbunden ist.

Sara Etzensperger

Millennials und die Digitalisierung im Retail-Banking

Masterarbeit

© 2021 Sara Etzensperger

Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN: 978-3-347-31072-8 (Paperback)

ISBN: 978-3-347-31074-2 (e-Book)

Das Werk, einschliesslich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung

1.1 Ausgangslage und Problemstellung

1.2 Ziele und Forschungsfrage

1.3 Abgrenzung

1.4 Aufbau der Arbeit

2 Retail-Banking im Wandel

2.1 Entwicklung Retail-Banking

2.1.1 Historische Fakten

2.1.2 Fintechs, Bigtechs und Digitalbanken

2.2 Einfluss der Digitalisierung

2.2.1 Stand der Banken

2.2.2 Trends in der Branche

2.3 Auswirkungen aufs Geschäftsmodell

2.4 Fazit Retail-Banking

3 Millennials als neue Cashcow

3.1 Millennials

3.1.1 Grundwerte

3.1.2 Unterschied zu anderen Generationen

3.1.3 Relevanz fürs Retail-Banking

3.2 Fazit Millennials

4 Methodische Vorgehensweise

4.1 Untersuchungsziel

4.2 Forschungsmethode

4.3 Datenerhebung

4.3.1 Quantitative Erhebung

4.3.2 Qualitative Erhebung

4.4 Gütekriterien

5 Auswertung und Interpretation empirischer Untersuchung

5.1 Umfrage

5.2 Experteninterviews

5.3 Beantwortung der Forschungsfrage

5.3.1 Kundensegment

5.3.2 Wertangebot

5.3.3 Kanäle

5.3.4 Kundenbeziehung

5.3.5 Schlüsselaktivitäten

5.3.6 Schlüsselpartnerschaften

5.3.7 Einnahmequellen

5.3.8 Schlüsselressourcen

5.3.9 Kostenstruktur

6 Schlussfolgerung

6.1 Erfolgsfaktoren und Handlungsfelder

6.1.1 Kundschaft verstehen (Kundenerlebnisse)

6.1.2 Strategische Positionierung (Open Banking)

6.1.3 Transformation der Unternehmensorganisation

6.1.4 Mehrwert anbieten: Datenanalyse und -wissenschaft

6.1.5 IT-Infrastruktur und -Architektur (Technologie)

6.2 Reflexion und Ausblick

7 Anhang

7.1 Quellenverzeichnis

7.2 Abbildungsverzeichnis

7.3 Tabellenverzeichnis

7.4 Abkürzungsverzeichnis

7.5 Umfrage und Interviews

VORWORT

Die vorliegende Arbeit ist im Rahmen meines Master of Advanced Studies in Digital Business an der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) erstellt worden. Aufgrund meiner Tätigkeit komme ich oft mit den Themen Digitalisierung sowie digitale Transformation in Berührung, weshalb mich dieser Bereich besonders interessiert.

Viele Banken befinden sich in einer digitalen Transformation und befassen sich mit möglichen Strategien, wie sie sich für künftige Herausforderungen aufstellen sollen. Die Frage nach den Handlungsfeldern wird kontrovers diskutiert. Mit dieser Master-Thesis soll den Retailbanken aufgezeigt und dargelegt werden, wie sie ihr Geschäftsmodell aufbauen können, um die Bedürfnisse der Millennials bestmöglich abzudecken.

Mit Elan und Engagement habe ich diverse Bücher und Studien zu diesem Thema gelesen sowie in der Umfrage und den Interviews mit Digitalexperten und -expertinnen spannende Ergebnisse erhalten.

Ganz herzlich bedanke ich mich bei allen, die mich im Rahmen der Erstellung meiner Master-Thesis bei meinen Nachforschungen unterstützt haben.

1 EINLEITUNG

1.1 AUSGANGSLAGE UND PROBLEMSTELLUNG

Lange befanden sich die Retailbanken in einem sicheren und profitablen Marktumfeld. Die globale Finanzkrise in den Jahren 2007 bis 2009 war der Auslöser für einen Wendepunkt. Das Vertrauen in die Banken erreichte in diesem Zeitraum einen Tiefpunkt. Es galt, neue und innovative Finanzlösungen zu definieren, wie Geldtransaktionen stattfinden sollen (Wewege & Thomsett, 2020).

Mit der Entstehung von Fintechs wurde das Ende des traditionellen Bankings verbunden. Es wurden Stimmen laut, dass das Ersetzen des Bankwesens vergleichbar sei mit dem Erneuern einer alten, zentralisierten und unzuverlässigen Stromversorgung, welche von Ausfällen und Übertragungsverlusten betroffen sei. Strom kann praktisch von allen genutzt werden und ähnlich ergehe es dem Bankwesen im digitalen Zeitalter, das Banking sei nichts Besonderes mehr (McMillan, 2014). Die Meinungen zum traditionellen Banking unterscheiden sich. Werden die publizierten Zahlen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) der letzten zwanzig Jahre analysiert, zeigt sich, dass aufgrund von Fusionen und der Einstellung der Geschäftstätigkeit jährlich bis zu 15 Bankinstitute vom Schweizer Markt verschwinden. Seit der Jahrtausendwende gibt es 33 % weniger Banken auf dem hiesigen Markt (SNB, 2019a).

Aufgrund des erhöhten Margendrucks, regulatorischer Anforderungen und neuer Mitbewerber (Fintechs, Kryptowährungen usw.) befinden sich die Finanzinstitute in einem herausfordernden Marktumfeld. Diese Faktoren erhöhen den Druck auf die Banken, die digitale Transformation schnell, effizient sowie kostensparend voranzutreiben. Dem steht jedoch meist ein altes und unflexibles Kernbankensystem gegenüber. Diese Tatsachen verleiten die Kreditinstitute oft zu kurzfristigen Anpassungen, um ein innovatives und zukunftsgerechtes Bild zu vermitteln, statt langfristige Strategien umzusetzen (Brühl & Dorschel, 2018).

Um auf das veränderte Marktumfeld zu reagieren, hat die Finanzindustrie in den vergangenen Jahren unter anderem Digitalisierungsprojekte in Angriff genommen. Die Finanzinstitute stehen unter Zugszwang, sich neu zu positionieren. Dies zeigt sich auch in den grossen Investitionssummen der Bankinstitute in zukunftsträchtige Projekte. Beispielsweise haben diverse Banken ihre Preismodelle neu definiert, ihre Beratungsansätze überprüft oder innovative Interaktionsmöglichkeiten entwickelt (Böhnke & Rolfes, 2015). In einer Studie zeigen das Beratungsunternehmen ZEB sowie das Swiss Finance Institute (2019) auf, dass die Schweizer Banken strategisch gut aufgestellt sind.

Die Digitalisierung in der Bankenindustrie ist nicht neu. Bereits in den 1970er Jahren begann das digitale Zeitalter mit dem Aufkommen komplexerer Computersysteme. Zudem nahmen SKVA, SVB, BANK Leu und SBV gemeinsam die ersten Bankomaten in der Schweiz (damals noch mit Lochkarten) im Jahr 1968 in Betrieb, die nur zehn Jahre später eine weite Verbreitung fanden (Jung, 2000). Dies wirft die Frage auf, warum die Digitalisierung omnipräsent ist. Handelt es sich um einen (künstlich) generierten Hype?

In der Fachliteratur sowie in Studien beschreiben diverse Autorinnen und Autoren hinsichtlich der Digitalisierung, wie bedeutend eine kritische Überprüfung des eigenen Geschäftsmodells sei. Demzufolge ist die grösste Herausforderung für Banken, die passenden Antworten bezüglich des Geschäftsmodells zu finden und dieses wettbewerbsfähig (weiter) zu entwickeln (Heinrich, 2010). Dies ist keine neue Erkenntnis und sie hat sich aktuell auch nicht geändert. Es erscheinen laufend Studien, welche zum gleichen Schluss kommen (ZEB, 2019). Mit der Überprüfung des Geschäftsmodells werden das Umfeld sowie die Geschäftsfelder eines Finanzinstituts untersucht und eine Bank kann sich am veränderten Markt ausrichten (Brock & Biberstein, 2015). Eine wegweisende Fragestellung bleibt dabei, wie die Banken mittels der Transformation ihres Geschäftsmodells ihrer Kundschaft einen Mehrwert bieten können, für welchen diese zu zahlen bereit ist.

«There is only one boss. The customer. And he can fire everybody in the company from

the chairman on down, simply by spending his money somewhere else.»

(Sam Walton, 1990)

Dieses Zitat beschreibt das Dilemma, mit welchem Banken kämpfen. Heutzutage ist es einfach, eine Bankbeziehung zu wechseln. Dell Boomi (2019), eine Tochtergesellschaft des Dell-Konzerns, hat in einer Studie zum Kundenerlebnis in Grossbritannien, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und Schweden herausgefunden, dass fast die Hälfte der 18- bis 34-Jährigen überlegt, einen Bankwechsel zu vollziehen. Aufgrund der Ergebnisse zeigt sich auch, dass diese Altersgruppe grossen Wert auf digitale Services legt.

Konsumentinnen und Konsumenten möchten vermehrt individuell kontaktiert werden. Die Informationen sollen auf die einzelne Person zugeschnitten sein und ohne aufwändige Internetrecherche zur Verfügung stehen (Everling & Lempka, 2016). Aktuell sind die Produkt- und die Dienstleistungen der Banken jedoch meist auf die Bedürfnisse der Babyboomer (Jahrgänge 1940 bis 1960) statt auf jene der Millennials (Jahrgänge 1980 bis 2000) ausgerichtet. In Zukunft werden die Millennials teilweise Familienvermögen der Babyboomer erben und einen Grossteil der arbeitenden Gesellschaft darstellen. Zudem sind Millennials ‹Digital Natives›, die mit dem Internet sowie den sozialen Medien aufgewachsen sind (Kobler et al., 2016). Ihr Einfluss auf die Konsumgesellschaft ist beträchtlich, die Medien-, Freizeit-, Kleider-, Retail- oder Musikbranche hat sich bereits disruptiv verändert, beispielsweise durch Uber, Zalando, Spotify oder Netflix. Banken haben dieses Potenzial bei den Millennials erkannt, jedoch stellte sich nach fundierter Recherche heraus, dass kaum erforscht ist, welches Geschäftsmodell eine Schweizer Retailbank im digitalen Zeitalter weiterverfolgen sollte, um im Markt mit den veränderten Kundenansprüchen der Millennials bestehen oder wachsen zu können.

1.2 ZIELE UND FORSCHUNGSFRAGE

Auf dieser Basis wird in der vorliegenden Arbeit das Ziel verfolgt, die Bedürfnisse der Millennials in Bezug auf das Retail-Banking in der Schweiz zu analysieren, daraus mögliche Nutzenversprechen für diese Zielgruppe abzuleiten und Erfolgsfaktoren sowie Handlungsfelder für ein mögliches Geschäftsmodell zu erarbeiten. In diesem Kontext soll auch geprüft werden, ob es sich nur um einen Hype im Zusammenhang mit der Digitalisierung und den Ansprüchen der Millennials handelt.

Forschungsfrage:

In welche Richtung soll sich das Geschäftsmodell einer Schweizer Retailbank künftig

entwickeln, um die Bedürfnisse der Millennials abdecken zu können?

Es gibt diverse Fachliteratur und Studien, die einen Teilaspekt der Forschungsfrage behandeln, beispielsweise zum Geschäftsmodell, zu den Trends im Retail-Banking (Digitalisierung) oder zu den Millennials. Kaum erforscht ist hingegen, wie sich eine Schweizer Retailbank aufstellen sollte, um den künftigen Ansprüchen der Kundschaft gerecht zu werden. Viele Banken sind bei der Neuausrichtung ihres Geschäftsmodells zurückhaltend, da teilweise die Grundlagen für strategische Entscheidungen und Umsetzungen fehlen.

1.3 ABGRENZUNG

In der vorliegenden Arbeit wird nur auf die Kundengruppe ‹Millennials› eingegangen und davon ausgegangen, dass die folgenden Generationen gleich oder noch ‹digitaler› sind. Für die Handlungsempfehlung werden Lösungsoptionen für Schweizer Retailbanken erarbeitet. Auf branchenähnliche Unternehmen wie InsureTech wird nicht spezifisch eingegangen. Es wird keine Bestandsaufnahme der Organisation oder des aktuellen Geschäftsmodells inklusive Strategieprozess der Retailbanken erstellt, weil es hierzu bereits Forschungsarbeiten gibt. Es werden zudem sämtliche technischen Aspekte wie Technologie, Infrastruktur und mögliche IT-Systeme (Plattformen) als auch regulatorische Themenfelder ausgeklammert. Die Forschungsfrage wird in Form eines ‹Business Model Canvas› beantwortet, weshalb nur auf die Auswirkungen, jedoch nicht auf die Arten und die Ebenen der Geschäftsmodelle eingegangen wird. Ein Umsetzungskonzept mit der entsprechenden Planung und Priorisierung müsste in einer fortführenden Arbeit analysiert werden.

1.4 AUFBAU DER ARBEIT

Die Forschungsfrage soll in Form einer Primär- und einer darauffolgenden Sekundärforschung analysiert und beantwortet werden. In einem ersten Teil werden die theoretischen Grundlagen der Themenfelder Retail-Banking, Digitalisierung, Geschäftsmodell sowie Millennials erarbeitet. Die Recherche basiert auf relevanter Basis- und Fachliteratur, wissenschaftlichen und praxisorientierten Studien sowie Internetnachforschungen für ergänzende Informationen.

Um die Analyse differenziert abstützen zu können, werden in einem zweiten Teil mittels einer Umfrage mit Millennials sowie Experteninterviews wesentliche Ergebnisse aus der Praxis eruiert. Die gewonnenen Erkenntnisse werden in einem ‹Business Model Canvas› zusammengefasst, damit die Forschungsfrage in einer umfassenden Sichtweise beantwortet werden kann.

Die finale Diskussion der Erkenntnisse aus den theoretischen sowie den praxisorientierten Themenblöcken in Form von Erfolgsfaktoren sowie Handlungsfeldern und eine kritische Würdigung bieten die Basis für wegweisende Entscheidungen in einer Schweizer Retailbank. Mit einem Ausblick werden mögliche künftige Forschungsschwerpunkte in diesem Themenbereich aufgezeigt.

Abbildung 1: Inhaltlicher Aufbau

2 RETAIL-BANKING IM WANDEL

Die Bankenbranche ist in Bewegung. Die Finanzinstitute müssen sich positionieren, um einerseits den Wandel anzuführen und andererseits die Gegenwart zu managen. Eine Studie der PwC1 (2014a) hebt die Gefahr von grösseren Playern (Google, Amazon usw.) im Markt hervor und wie diese das traditionelle Banking konkurrenzieren können. PwC unterstreicht zudem, dass die Priorisierung unterschiedlicher Vorhaben sowie die Haltung, welche ein Finanzinstitut gegenüber dem Markt einnimmt, ausschlaggebend sind. Wenn eine Bank in einem Segment tätig ist, in welchem sie Produkt- und Dienstleistungen anbietet, die problemlos zu kopieren sind, kann das Geschäftsmodell über ihr Bestehen oder einen allfälligen Konkurs entscheiden. Besonders im Retail-Banking ist diese Herausforderung bekannt (Grussert, 2009; S. 124-128). In Abbildung 2 wird ein Einblick ins Schweizer Bankwesen gegeben:

Abbildung 2: Anzahl Banken, Geschäftsstellen und Bilanzsummen

Quelle: SNB, 2019a; SNB, 2019b

Wenn von Retail-Banking gesprochen wird, bezieht sich dieser Begriff unter anderem auf eine bestimmte Kundengruppe eines Finanzinstituts. Unterscheidungsmerkmale dabei sind Privatkunden, Firmenkunden oder institutionelle Kunden. Die Privatkundschaft kann weiter nach Private Banking (Fokus auf wohlhabende Kundschaft mit massgeschneiderten Services und Produkten) sowie Retail-Banking eingeteilt werden (Horn, 2009, S. 6-7). Bei der Literaturrecherche zeigt sich jedoch, dass der Begriff ‹Retail-Banking› oder ‹Retailbank› unterschiedlich eng eingegrenzt wird. Die Schweizerische Bankiervereinigung (2010, S. 47) versteht unter dem Begriff ‹Retail-Banking›:

«Unter Retail-Banking wird in der Regel das Bankgeschäft mit der breiten Bevölkerung verstanden, das vor allem Basisleistungen umfasst. Es zeichnet sich durch eine standardisierte und leicht verständliche Produktpalette aus und zielt auf Personen mit einem Nettovermögen, dessen Obergrenze je nach Bank bei etwa 250’000 bis 1 Mio. Franken liegt. Zum Dienstleistungsangebot gehören Kontoführung, Zahlungsverkehr, Kreditkartenvertrieb, einfache Anlageprodukte sowie das Hypothekar- und Kreditgeschäft.»

Die obenstehende Begriffsdefinition wird von Fachpersonen unterstützt und sie präzisieren, dass es sich beim Retail-Banking um das Massengeschäft mit Privatpersonen handelt, welche ähnliche Ansprüche an Bankdienstleistungen haben (Messerschmidt et al., 2010, S.31-33). Andere Autoren fassen die Charakterisierung des Retail-Bankings weiter, indem sie auch kleinere Geschäfts- und Firmenkunden zur möglichen Kundschaft zählen (Bartmann et al., 2011, S. 17).

Retailbanken bieten Produkte für Geldanlagen (Anlegen, Sparen, Wertpapiere), Kredite (Konsum- und Immobilienfinanzierungen), Zahlungsverkehr und Vorsorge an. Die Bankprodukte zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus: Sie sind ‹immateriell›, entwickeln sich aufgrund der Beziehung zur Kundschaft und sind weder patentrechtlich noch urheberrechtlich geschützt. In den letzten Jahren wird mit der Einbeziehung der Kundschaft für die Erstellung günstiger Produktpakete versucht, die Hauptbankbeziehung aufzubauen und sich gegenüber Mitbewerbern abzugrenzen (Bartmann et al., 2011, S.18).