Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Familien mit Kindern oder Jugendlichen aus dem Autismus-Spektrum sind im Alltag mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Dieses praktische Buch bietet konkrete Hilfestellungen für alle erdenklichen Situationen und Probleme, wie etwa sozialer Umgang, Erziehung, Schule und Lernen, Freizeit, Zeitmanagement u.v.m. Neben fachlichen Hintergrundinformationen bildet eine Sammlung von "Rezepten" den Schwerpunkt des Buchs. Die modellhaften Handlungsabläufe folgen einem bestimmten Erziehungsansatz und sind für junge Menschen im Autismus-Spektrum besonders geeignet. Die spielerischen Handlungsanleitungen zum Download können individuell angepasst werden und helfen so dabei, gemeinsam den Alltag zu meistern.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 141
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Cover
Titelei
Vorwort
Einleitung
Therapie oder Pädagogik?
Therapie bei Komorbiditäten
Psychische Komorbiditäten
Psychosomatische Komorbiditäten
Körperliche Begleiterkrankungen
Die Eltern als »Therapeuten«
Die Familie als Mini-Rechtsstaat
Zum Aufbau und Gebrauch dieses Buches
Rezepte
Gebrauchsanweisungen
Werkzeuge
Informationen
Übungen
Gesetze
Besonderheiten in der Erziehung eines autistischen Kindes
Fehlende Akquieszenz
Blindheit für soziale Hierarchien
Keine direkten Aufforderungen geben
Schriftliche Abmachungen, Regeln formulieren
Unpersönliche Formulierungen
Familien-Gesetzbuch
Der Familien-Rat
Familien-Geld
Zwei Wege
Umgang mit herausforderndem Verhalten
Was ist Autismus?
Antworten für Fachleute
Antworten für Erwachsene
Antworten für Kinder/Jugendliche
Antworten für »Fremde«
»Der sechste Sinn« – Antworten für Mitschüler
Nutzen von Diagnosen
»Wer bin ich?« oder »Ich bin besonders!«
Umgang mit Konflikt- und Stresssituationen
Das Blaulicht
Arbeit mit Signalkärtchen
Streit unter Geschwistern
Ruhig bleiben für Eltern
Möglichkeiten zur Beruhigung
Umgang mit gewalttätigem Verhalten – Grundsätze
Verbotene und erlaubte Wörter
Löschen
Unaufgeregter Umgang mit Konflikten
Meltdowns und Shutdowns
Probleme sind dazu da, um sie zu lösen!
Gehänselt werden
Die Notfalltasche für Ronja
Alltägliches
Alltagsregeln für Patrick in drei Teilen – Teil 1: Der Vertrag mit Patrick
Teil 2: Rucksack-Liste
Teil 3: Haus-Regeln
Gemeinsame Benutzung der Küche
Zimmer aufräumen
Auferlegte Aufgaben (»Ämtli«) korrekt ausführen
Familien-Organisation – die morgendliche To-Do-Liste
Familien-Organisation – die Moetjes
Ins Bett gehen (Kinder)
Ins Bett gehen (Jugendliche)
Gutenachtgeschichte
Gemeinsame Ausflüge
Gesetz – die Badewanne
Familiengesetzbuch der Familie Meier-Müller
Die Familie Schweizer außer Haus
Probleme rund ums Essen
Ratschläge für Eltern betreffend dem Thema Essen
Gesetz: Gesunde Ernährung
Gesetz: Zähne putzen
Unser Bildschirmzeit-Familiengesetz
Die Wohnung verlassen
Wetter und passende Kleidung – der »Wettermax«
Tagesstruktur: Der Mami-Streifen und der Ronja-Streifen
Rezept gegen Fliegen und Wespen
Grundsätzliches
Das Familien-Gesetzbuch
Das Familien-Geld
Schmerzensgeld für Geschwister
Eltern als Team
Vom Sinn des Sparens
Zwei Wege – zwei Erziehungsstile
Zwei Wege – Du kannst wählen!
Ein Verstärkersystem für den Alltag – der Pointy
©
Strukturierung der Zeit – Arbeit mit dem TimeTimer
®
Akustische Werkzeuge
Erwachsen werden – eine Checkliste
Umgang mit Emotionen
Was tun bei Panik?
Wenn Dirk mal bedrückt oder gestresst ist – Teil A
Wenn Dirk mal bedrückt oder gestresst ist – Teil B
Wie gehe ich mit Wut um?
Ich bin traurig
Umgang mit »giftigen« (negativen) Gedanken
Was mache ich, wenn mir langweilig ist?
Das Langeweile-Gesetz für Zoë
Umgang mit Wut
Das Rote Dings bzw. den Wilden Kerl zähmen
Kommunikation
Miteinander reden – Teil A
Miteinander reden – Teil B
Der Text-Editor
Kontakte knüpfen
Ein Gespräch aufrechterhalten
Kommunikation – schriftlich statt mündlich!
Die 5 : 1 – Regel
Rund um das Thema Schule
Ein Spektrum von schulischen Optionen
Gesetz Nr. 7: Regelmäßiger Schulbesuch
Warum muss ich Hausaufgaben machen?
Hybrid-Schooling – ein Plädoyer
Übungen zu Körper und Geist
Wie kann ich mich entspannen?
Achtsamkeitstraining
Der Body-Scan
Achtsamkeitsübung für Eltern
Achtsamkeitsübung für Jugendliche
Achtsamkeit für Kinder (1)
Achtsamkeit für Kinder (2) – ein Tier beobachten
Der Zauberstab
Digitale Hilfsmittel
Familienorganisation: Notion – The all-in-one-Workspace
Programmieren für Kinder
Apps für schulisches Lernen
Therapie für den Alltag
Das Schlaf-Projekt für Flip
Lerngeschichten
Der Diebstahl – eine Lerngeschichte
Gebrauchsanweisungen von Hans Asperger
Unpersönliche Formulierungen
Vermeiden von Affekten
Lernen von sozialen Gewohnheiten
Störung der aktiven Aufmerksamkeit
Sensorische Besonderheiten
Zum Abschluss
Nachwort und Ausblick
Zusatzmaterial zum Download
Literatur
Der Autor
Dr. med. Thomas Girsberger ist Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Er arbeitet seit über 30 Jahren in eigener Praxis in der Nähe von Basel, widmet sich mittlerweile ausschließlich Abklärungen und Beratungen bei Autismus-Spektrum-Störungen (Kinder und Jugendliche). Sein erfolgreiches Buch »Die vielen Farben des Autismus« erschien bereits in 6. Auflage.
2. Auflage
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Pharmakologische Daten, d. h. u. a. Angaben von Medikamenten, ihren Dosierungen und Applikationen, verändern sich fortlaufend durch klinische Erfahrung, pharmakologische Forschung und Änderung von Produktionsverfahren. Verlag und Autoren haben große Sorgfalt darauf gelegt, dass alle in diesem Buch gemachten Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Da jedoch die Medizin als Wissenschaft ständig im Fluss ist, da menschliche Irrtümer und Druckfehler nie völlig auszuschließen sind, können Verlag und Autoren hierfür jedoch keine Gewähr und Haftung übernehmen. Jeder Benutzer ist daher dringend angehalten, die gemachten Angaben, insbesondere in Hinsicht auf Arzneimittelnamen, enthaltene Wirkstoffe, spezifische Anwendungsbereiche und Dosierungen anhand des Medikamentenbeipackzettels und der entsprechenden Fachinformationen zu überprüfen und in eigener Verantwortung im Bereich der Patientenversorgung zu handeln. Aufgrund der Auswahl häufig angewendeter Arzneimittel besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.
Es konnten nicht alle Rechtsinhaber von Abbildungen ermittelt werden. Sollte dem Verlag gegenüber der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt.
Dieses Werk enthält Hinweise/Links zu externen Websites Dritter, auf deren Inhalt der Verlag keinen Einfluss hat und die der Haftung der jeweiligen Seitenanbieter oder -betreiber unterliegen. Zum Zeitpunkt der Verlinkung wurden die externen Websites auf mögliche Rechtsverstöße überprüft und dabei keine Rechtsverletzung festgestellt. Ohne konkrete Hinweise auf eine solche Rechtsverletzung ist eine permanente inhaltliche Kontrolle der verlinkten Seiten nicht zumutbar. Sollten jedoch Rechtsverletzungen bekannt werden, werden die betroffenen externen Links soweit möglich unverzüglich entfernt.
2. Auflage 2023
Alle Rechte vorbehalten© W. Kohlhammer GmbH, StuttgartGesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Die Illustrationen (Strichzeichnungen) stammen von Pauline Calame.
Print:ISBN 978-3-17-043568-1
E-Book-Formate:pdf: ISBN 978-3-17-043569-8epub: ISBN 978-3-17-043570-4
Das hier vorliegende Buch kann als Fortsetzung und Ergänzung meiner ersten Publikation im Kohlhammer Verlag betrachtet werden. »Die vielen Farben des Autismus« erschien erstmals im Jahre 2014 und erlebt nun bereits die 6. Auflage. Es ist eine breit gefächerte Grundlagen-Schrift, in der den praktischen Hilfen im Alltag im Kapitel »Therapie und Beratung« zwar ein gewisser Raum gewidmet ist, aber doch ein recht bescheidener. Wenn es um alltagspraktische Hilfen geht, dann stehen in diesem ersten Buch im entsprechenden Kapitel die Aspekte der Visualisierung und Strukturierung ganz im Vordergrund.
Thomas GirsbergerDie vielen Farben des AutismusSpektrum, Ursachen, Diagnose, Therapie und Beratung6. überarbeitete Auflage 2022ISBN 978-3-17-041397-9
Das ist zwar nach wie vor ein wichtiger Pfeiler einer Autismus-spezifischen Pädagogik. Auch meine Ratgeber-Broschüre »So-macht-me-das« legt den Schwerpunkt auf diesen Aspekt. Deshalb, und weil es eine Fülle von Literatur (vgl. vor allem das Konzept TEACCH) dazu gibt, soll im vorliegenden Buch ein anderer Schwerpunkt gesetzt werden. Es geht darum, Eltern und Pädagogen verständlich zu machen, dass Autismus-spezifische Pädagogik vor allem auch ein anderes – nämlich »unpersönliches« – Vorgehen erfordert und auf die eigene – »unaufgeregte« – Grundhaltung großen Wert gelegt werden muss.
Wenn also im vorliegenden Band zwar einiges, aber nicht sehr viel, über Tages- und Wochenpläne, visualisierte Handlungsabläufe und sonstige Kommunikationshilfen zu finden ist, dann nicht deshalb, weil ich diese Elemente nicht wichtig finde. Der Grund ist, wie gesagt, dass diese hilfreichen Strategien in vielen anderen Publikationen und Methoden zu finden sind.
»Mit Autismus den Alltag meistern« geht von einem Ansatz aus, den ich im Titel eines anderen Buches, welches im Kohlhammer Verlag erschienen ist, sehr treffend gefunden habe: »Eltern als Therapeuten von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen« (vergriffen, ausschließlich in elektronischer Form lieferbar). Die Zielgruppe jenes Ratgebers sind allerdings eher Eltern von Kindern mit Frühkindlichem Autismus. Mein Buch hingegen richtet sich sozusagen an den anderen Teil des autistischen Spektrums. Dort habe ich überwiegend meine eigenen Erfahrungen gesammelt. Zudem ist es rein zahlenmäßig der größere Teil des Spektrums.
Wenn Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Diagnose eine Therapie im engeren Sinn (gemeint ist Psychotherapie) benötigen, dann ist das wegen einer zusätzlichen sogenannten komorbiden Störung (z. B. Angststörung, Depression) und nicht wegen des zugrunde liegenden Autismus. Dieser kann nur im Alltag, über die Eltern und Pädagogen1, therapeutisch begleitet und unterstützt werden. Und wie ich schon andernorts betont habe, ist dabei das Wort »Heilpädagogik« wohl zutreffender als der Begriff »Therapie«.
Zusatzmaterial zum Download
Den Link, unter dem das Zusatzmaterial verfügbar ist, finden Sie im ▸ Kap. »Zusatzmaterial zum Download« am Ende dieses Buchs.
Dort finden Sie die »Rezepte«, »Gesetze« und »Gebrauchsanweisungen« dieses Buches, die in der Regel einer Personalisierung bedürfen, in digitaler Form. So können Sie auf einfache Weise diese Vorlagen bearbeiten und eigene personalisierte Exemplare herstellen.
1Zugunsten einer lesefreundlichen Darstellung wird in der Regel die neutrale bzw. männliche Form verwendet. Diese gilt für alle Geschlechtsformen (weiblich, männlich, divers). Bei Berufen, die mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden, wie z. B. psychotherapeutische Tätigkeiten, wird jedoch die weibliche Form verwendet.
Nachdem mein erstes Buch (»Die vielen Farben des Autismus«) nun bereits in der 6. Auflage erschienen ist, bat mich der Verlag, eine Fortsetzung zu schreiben, mit dem Schwerpunkt »Therapie«. Allerdings ist Autismus keine Krankheit und muss/kann daher auch nicht im klassischen Sinne therapiert werden! Wenn es also um Autismus und seine Variationen (Farben) geht, dann möchte ich das Wort »Therapie« lieber durch »Heil- oder Sonderpädagogik« ersetzen.
Die wirksamste »Therapie« ist meines Erachtens, dass Eltern (und andere wichtige Bezugspersonen) dazu angeleitet werden, Sonderpädagogen zu werden. Dies deshalb, weil die Erziehung eines Kindes mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) sich ganz wesentlich von der »normalen« Erziehung unterscheidet, welche nicht gelernt werden muss, sondern einfach dem gesunden Menschenverstand folgt. Wenn die Eltern sich in diesem Sinne zu Sonderpädagogen weiterbilden, dann können sie ihr Kind optimal unterstützen und viele unnötige Konflikte vermeiden.
Mit dem älter werden des betroffenen Kindes wird Sonderpädagogik aber schrittweise auch zu Selbsthilfe bzw. zu einem Lernprozess, wo Jugendliche und Erwachsene mit Autismus-Spektrum-Störungen lernen, mit ihren Besonderheiten umzugehen und sich hilfreiche Strategien anzueignen.
Autismus ist wie gesagt keine Krankheit, aber die dauernden Belastungen des Alltags und der damit verbundene Stress sind mit dem Risiko verbunden, Krankheiten zu entwickeln, sogenannte Komorbiditäten. Diese können psychischer, psychosomatischer oder rein körperlicher Natur sein. In solchen Fällen wird es tatsächlich notwendig, gezielt Fachpersonen einzubeziehen, welche eine solche Folgekrankheit behandeln können. Es wird sich dabei nicht um Autismus-Spezialisten handeln können, aber es ist von Vorteil, wenn man für die jeweilige Behandlung Psychotherapeutinnen bzw. Ärzte findet, welche über Vorerfahrung mit Autismus verfügen oder zumindest bereit sind, sich damit zu befassen.
Häufige Folgekrankheiten psychischer Natur sind: Angststörungen, Depressionen, Zwangsstörungen usw. Eine solche psychische Komorbidität liegt vor, wenn die entsprechende Symptomatik nicht nur vorübergehender Natur ist. Es kommt nämlich immer wieder vor, dass der Alltagsstress vorübergehend zu Symptomen, wie oben erwähnt, führt, dass sie aber während einer Phase von Entlastung und Erholung wieder abklingen.
Werden Angst, depressive Symptome oder Zwänge zu einem längerdauernden Problem mit einer entsprechenden Eigendynamik (Vermeidungsverhalten, Rückzug), dann ist tatsächlich psychotherapeutische Hilfe notwendig. Es ist nach wie vor schwierig, therapeutische Angebote zu finden, welche auf Autismus spezialisiert sind. Es sollte aber sichergestellt werden, dass der/die Betreffenden wenigstens die Bereitschaft zeigen, sich über Autismus zu informieren, um die damit verbundenen Besonderheiten besser zu verstehen.
Unter diese Kategorie fallen:
1.
chronische Magen-Darm-Beschwerden mit Bauchweh, Übelkeit, Durchfall oder Verstopfung,
2.
chronische Kopfschmerzen,
3.
Essstörungen bis zu Magersucht,
4.
chronische Schlafstörungen.
Selbstverständlich müssen bei solchen psychosomatischen Beschwerden andere körperliche Ursachen abgeklärt und ausgeschlossen werden.
In diese Kategorie gehören so unterschiedliche Krankheiten wie: Epilepsie, Neurodermitis, Asthma, div. Allergien u. a.
Alle aufgezählten Komorbiditäten bedürfen in der Regel einer fachgerechten Behandlung/Therapie und machen den Einbezug entsprechender Fachkräfte notwendig. Es ist wie schon erwähnt wünschenswert, dass diese beigezogenen Fachpersonen Erfahrung im Umgang mit Autismus-Spektrum-Störungen haben.
Abgesehen von den oben erwähnten sogenannten Komorbiditäten sind aber, wie schon erwähnt, die Eltern des betroffenen Kindes die wichtigsten Akteure, an die sich dieses Buch in erster Linie richtet.
Viele Eltern eines autistischen Kindes machen wiederholt die Erfahrung, dass dessen herausforderndes Verhalten zu Hause deutlich stärker auftritt als andernorts. Dies führt nicht selten dazu, dass z. B. Lehrpersonen in der Schule es kaum glauben können, wenn die Eltern von den großen Schwierigkeiten zu Hause berichten. Denn oft steht dazu als Kontrast ein überangepasstes Verhalten in der Schule. Warum ist das so?
Es gibt zwar mehrere Faktoren, die hier eine Rolle spielen, aber der wichtigste ist der Faktor »Gefühle«. Die Beziehung zwischen Eltern und Kind ist in hohem Maße emotional geprägt und nirgendwo sonst gibt es eine solche Achterbahn von Freude, Liebe, Ärger, Frust, Wut usw., wie in der Familie. Das liegt in der menschlichen Natur und ist völlig in Ordnung.
Aber leider ist es so, dass Menschen mit einer autistischen Veranlagung mit eben diesen Gefühlen und deren Regulierung große Schwierigkeiten haben. Deshalb wird in diesem Buch großen Wert darauf gelegt, im erzieherischen Alltag starke Gefühle zu vermeiden, vor allem in Konfliktsituationen. Zudem werden auch nützliche Hilfsmittel vorgestellt, um bei Aufkommen von Stress und Wut Gegensteuer geben und sich selbst wie auch das Kind wieder beruhigen zu können. Nur in Ruhe haben erzieherische Bemühungen überhaupt eine Chance auf Erfolg.
Die in diesem Buch gesammelten »Gebrauchsanweisungen«, »Gesetze« und »Rezepte« stellen jene Instrumente dar, die es eben erlauben, nicht primär mit Emotionen zu erziehen, sondern mit einer »sachlichen« Vorgehensweise.
Um diese sachliche Vorgehensweise möglichst verständlich zu machen, ist mir der Vergleich zu unserem Rechtsstaat und dessen Bürgern eingefallen. Wenn wir Erwachsenen uns vorstellen, wie wir vom Staat und dessen Institutionen behandelt werden möchten, dann können wir als Analogie das autistische Kind nehmen, das so von den Eltern behandelt werden möchte: mit klaren Strukturen, klaren Gesetzen und Regeln – und selbstverständlich alles schriftlich-verbindlich, nachvollziehbar, und nicht willkürlich. Mehr dazu findet sich unter den Stichworten »Familien-Gesetzbuch«, »Familien-Rat« und »Familien-Geld« (▸ Grundsätzliches).
Dieses Buch soll so nahe wie möglich am Alltag der Betroffenen und ihren Familien ansetzen und Hilfen anbieten. Es hat deshalb eine ähnliche Struktur wie ein Kochbuch.
Es enthält »Rezepte«, »Gebrauchsanweisungen«, »Werkzeuge«, »Informationen«, »Gesetze« sowie »Übungen«. Alle diese unterschiedlichen Elemente kommen zu verschiedenen Themen zur Anwendung und sind inhaltlich nach Kapiteln gegliedert.
Es entspricht der Natur des »Kochbuches«, dass so weit wie möglich jedes Element auf einer einzigen Seite in sich geschlossen behandelt wird. Bei vielen Seiten kann es nämlich Sinn machen, diese herauszukopieren und im Alltag zu gebrauchen, wie Rezepte eben. Diese »Rezepte« und »Gebrauchsanweisungen« können aber auch über das Internet (Zusatzmaterial) heruntergeladen und durch die Betroffenen und deren Bezugspersonen verändert/individualisiert werden.
Es ist ein Buch, nicht zum Durchlesen von Anfang bis Ende, sondern für den Gebrauch im Alltag. Es kann an beliebiger Stelle aufgeschlagen und angewendet werden. Zur besseren Übersichtlichkeit werden die verschiedenen Elemente mit Piktogrammen an der Seite klar gekennzeichnet.
Es ist zudem möglich, »Rezepte« nicht in gedruckter Form zu gebrauchen, sondern mithilfe eines Tablets oder Smartphones. Die Benutzung dieser mobilen elektronischen Hilfsmittel ist allerdings nicht »obligat«, sondern es sind die Betroffenen und ihre Familien, welche darüber entscheiden, ob sie lieber mit Papier oder mit Bildschirm arbeiten. Aber es ist natürlich kein Geheimnis, dass gerade ASS-Betroffene durch den Einbezug elektronischer Hilfsmittel profitieren und zu besserer Mitarbeit gewonnen werden können.
Als »Rezepte« werden in diesem Buch schriftliche/visuelle Anleitungen bezeichnet, welche von den Betroffenen als Vorlage/Handlungsanweisung in die Hand genommen und angewendet werden können. Je nachdem ist es sinnvoll, solche »Rezepte« in ein handliches Format zu verkleinern und zusätzlich zu laminieren, damit sie im Alltag eine längere Lebensdauer haben.
»Gebrauchsanweisungen« sind schriftliche Anleitungen, welche sich an die Bezugspersonen richten und ihnen dabei helfen, das Kind in Problemsituationen zu begleiten oder hilfreich auf sein herausforderndes Verhalten zu reagieren.
Werkzeuge sind vorwiegend Hilfsmittel mit »Hardware«-Charakter. Die wichtigsten Beispiele sind der TimeTimer® für das Zeitmanagement und der Pointy© als spielerische Variante eines Verstärkersystems.
Je nach Thema ist es auch hilfreich, Texte mit reinem Informationscharakter einzuflechten. Diese Texte enthalten Hintergrundinformationen, Erläuterungen, Literaturhinweise, Internet-Links usw. »Informationen« können vom Eine-Seite-Prinzip abweichen und sich über mehrere Seiten erstrecken.
Übungen sind Anleitungen, welche ihre Anwendung »im Stillen« finden. Ein typisches Bespiel sind verschiedene, in diesem Buch beschriebene Entspannungsübungen.