Mit dir an meiner Seite - Melany de Isabeau - E-Book

Mit dir an meiner Seite E-Book

Melany de Isabeau

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Beschreibung

Diese Liebesgeschichte ist außergewöhnlich - liebevoll - spannend - und romantisch. Man muss sie aber auch verstehen können.

Das E-Book Mit dir an meiner Seite wird angeboten von BoD - Books on Demand und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Boot, Hardy, Gitarre, Manuela, Segelboot

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Seitenzahl: 110

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Ich setze mich, und er schaut von seinen Händen auf und sieht mich an: ohne Sympathie, ohne Mitleid, ohne ein Lächeln. Er sieht mich nur an. Ich schaue in die Karte. Er blickt wieder auf seine Hände, dann nimmt er das Glas auf und trinkt. Er hat alle Zeit der Welt, wie alle Leute, die auf der Straße leben wahrscheinlich. Der Kellner kommt ich bestelle einen Orangensaft, ich sehe mich nach einer Zeitung um, ich stehe auf und hole mir eine. Er sieht mir dabei nicht zu. Er ist der einzige, der mir nicht dabei zusieht. Ich spüre den langen Blick des Kellners und den eines amerikanischen Touristen, dessen Frau damit beschäftigt ist, ihre kleine Tochter zu füttern.

Wahrscheinlich ist mein Rock zu kurz, ich habe ihn auf den Fidji - Inseln gekauft, eigentlich nur deshalb, weil mir die jungen Mädchen im Flughafenkaufhaus leid taten. Ich setze mich wieder und beginne zu lesen. Es ist eine britische Zeitung. Er sieht mich wieder an, er scheint aber nicht betrunken zu sein, dazu ist sein Blick zu klar.

Falls sie jedoch deutsche Gruselgeschichten und Lügenmärchen vorziehen, es gibt hier auch solche Zeitungen und mehr Zeitschriften. Fragen sie den Kellner.

Er sagt es mit einer rauen Stimme, die schon lange kein Deutsch mehr gesprochen hat. Er klingt müde.

Danke, sage ich und nicke ihm zu. Ohne zu lächeln.

Wahrscheinlich ist er Hellseher, oder er ist einfach nur viel herumgekommen, vielleicht sogar bis ans andere Ende der Welt, meinem Ende der Welt.

Der Kellner bringt mein' Orangensaft. Er stellt sich mit dem Rücken zum Musiker und lächelt mich an. Ist er nicht fantastisch? Er hat sofort erraten, dass sie aus Deutschland kommen. Andre ist ein wenig schwierig, aber andererseits auch ziemlich einzigartig, wissen sie: Er spricht so ziemlich jede Sprache, die unsere Gäste von Zuhause mitbringen, und er singt in sechs davon ziemlich gut.

Ah, sage ich.

Der Kellner lächelt mich nun noch einmal an und geht wieder.

Der Musiker leert sein Glas, nickt in die Richtung des Kellners, der lächelnd die Hand hebt, nimmt den Gitarrenkoffer und tritt durch eine der offenstehenden Schiebetüren je nach draußen auf den Kai. Er grüßt mich nicht und beachtet mich auch sonst nicht mehr. Er geht einfach.

Draußen bleibt er nun stehen und betrachtete den blauen Himmel mit den Wolken, die der Pazifikwind ganz langsam vor sich hinschiebt. Ich sehe sie mir über seine Schulter hinweg ebenfalls an. Wer betrachtet heute noch die Wolken, nur Kinder tun das. Und Verliebte. Und Leute, die keine Arbeit haben. Und Menschen die traurig sind.

Er geht nach rechts, in Richtung des großen Segelschiffs, das dort als eine Art Skulptur auf dem Kai aufgestellt worden ist. Ich sehe ihm nach. Dann ist er fort.

*

Womit fange ich denn heute an?

Es ist ein Sonnentag, auch wenn es kein Sonntag, sondern Dienstag ist. Ein paar Amerikaner. Nein, sie haben keine Sehnsucht nach Zuhause, deshalb sind sie hier. Aber John Dever, ja, und ich singe spiele auf meiner Gitarre.

Da ist sie, das Mädchen aus der Bar. Sie hört zu, es gefällt ihr, ich sehe es an ihrem Gesicht. Sie dachte, ich sei ein betrunkener Penner, was absolut richtig ist. Ich bin ein betrunkener Penner, aber zufällig einer, der singen kann. Übung macht den Meister, die junge Frau, sie sieht mich an, sie runzelt die Stirn. 27 vielleicht 28, die klassische Karrierefrau, die sich aber nicht für eine hält. Sie ist sehr groß, über eins achtzig, sieht sehr gut aus. Die Welt steht dir offen, Baby, zahle mit deinem guten Namen, alle werden dir zu Füßen liegen, du bist eine große Nummer, der Haupttreffer, kannst ganz nach oben greifen, zu den Sternen. Nur, dass es keine Sterne mehr gibt.

Ich hasse dieses Lied eigentlich, ich liebe es aber auch. Jetzt diese Stelle, wie sie mich ansehen, sie haben alles vergessen, jetzt, jetzt berühre ich sie. Das Mädchen wendet sich ab, sie will fort, ja, geh weiter, spare dir den Dollar, ich brauche ihn nicht. Sie dachte ohnehin nicht daran, etwas zu geben. Sie geht fort. Gut. Bye bye, Baby. Bye Bye Love, bevor mir die Amerikaner zu sentimental werden.

*

Ich habe noch niemanden so gut singen hören, überhaupt noch nie.

Ich habe das Gefühl im Bauch, was ich sonst nur habe, wenn ich einen Joint rauche und Norah Jones läuft. Er kann singen, er kann wirklich singen. Ein Straßenmusiker, der singen kann. Ich habe ihm gar nichts gegeben, das war dumm, aber das Gefühl war... ich musste gehen, bevor es zu stark wird. Mein Gott, ist das nicht unfassbar, dass wir Frauen so funktionieren? Ein leichtes Ziehen in der Seite, Eisprungzeit, und ich könnte dann erstbesten Mann anhalten und küssen oder noch schlimmeres. Nein, keine Sorge Hardy, das wird nicht passieren. Heute habe ich frei, aber morgen gibt es Arbeit. Morgen werde ich mich um den Job kümmern, und am Samstag bin ich dann wieder Zuhause.

Was ist mein Kein - Sex - Rekord? Neun Monate! Unglaublich. Dagegen sind sechs Tage fast nichts. Also, ich gehe noch ein wenig spazieren, und dann schreibe ich Hardy eine E-Mail. Wie spät ist es jetzt in Frankfurt? Elf Uhr abends. Ich muss mich beeilen, damit er sie noch liest, bevor er schlafen geht.

*

Sie sitzt am Schreibtisch im Hotelzimmer und sucht nach Worten. Ihre Hände gleiten über die Tastatur. 20 000 Meilen in wenigen Sekunden, sie schreibt ihrem Freund. Sein Tag geht zu Ende, ihrer hat gerade begonnen.

Hallo Schatz!

Ich sitze in meinem Hotelzimmer. Es hat eine Kochnische und eine eigene Waschmachine. Für Selbstversorger sozusagen.Fünfter Stock, mit Blick auf einen wunderschönen, aber völlig menschenleeren Park. Die Gardinen schwingen hin und her, und von draußen kommt ein total sanfter Wind herein, so ein Wind habe ich noch nie erlebt, eine unglaubliche Weite ist in diesem Wind. Du fehlst mir, jetzt schon. In Frankfurt bei dir ist es elf Uhr abends, es ist Montag und Winter, hier ist es schon Dienstag und ein Frühsommermorgen. Ich bin dir ganz nah. Ich war vorhin am Hafen, das Wetter hier ist schön. Kein Jetlag und auch sonst ist alles OK. Habe ich dir schon gesagt, wie sehr ich dich vermisse? Du gehst sicher gleich schlafen? Will ich jedenfalls hoffen. Träum von mir... Ich liebe dich so sehr... Manuela.

Was nun? Ich sollte irgendeine Sehenswürdigkeit besuchen. Aber welche gibt es hier überhaupt? Die meisten Sehenswürdigkeiten, wie ich hörte, sind zu Fuß zu erreichen. Gut. Aber es gibt auch einen Bus. Am Ferry-Building, alle dreißzig Minuten. Hält an vierzehn Sehenswürdigkeiten,Ansagen in mehreren Sprachen, nein ich denke nicht. Eine Kunstgalerie? Wäre eine Idee. Hafenviertel, war ich gerade. Ein Kriegsmuseum? Nein, nicht unbedingt. Schoppen? Morgen, wenn ich je, das Gefühl habe, das mein Geschäftstermin ein Erfolg war, oder aber, wenn er kein Erfolg war. Sky Tower, Blick auf die Stadt? Aussichtsplattform? Fünf Minuten zu Fuß vom Hotel entfernt? Klar, ich habe gesehen.

Sehr hoch und sehr schlank. Sieht aus wie ein Fernsehturm. Gute Idee, danke. Sie lächelt. Ich lächle zurück. Bye bye und thanks again.

*

Der Turm ist 328 Meter hoch, der höchste in der gesamten südlichen Hemisphäre, höher als der AMP Tower in Sidney, aber das weiß sie nicht, und es würde sie auch nicht interessieren. Sie weiß nicht, dass sie eine von einer Million ist, die dieses Jahr das Gebäude besuchen werden, so wie sie nicht weiß, dass der Turm Windböen mit bis zu 200 Km/h und Erdbeben mit einer Stärke von bis zu 7,0 auf der Richterskala standhalten soll. An Weihnachten wird der Turm mit blauen Scheinwerfern angestrahlt werden, aber dann wird sie längst wieder fort sein. An manchen Tagen kann man oben, von den Aussichtsplattformen über 80 Kilometer weit sehen. Heute ist ein solcher Tag, aber auch das weiß sie nicht. Sie weiß nur, dass der Himmel hier sehr blau ist und dass sie Lust hat, diesem sehr blauen Himmel so nah, wie möglich zu kommen. Sie betritt die unterirdische Galerie, die zu den Aufzügen führt.

*

Ich mag Aufzüge eigentlich nicht besonders. Vor allem dann nicht, wenn sie voll sind. Aber dieser hier ist OK. Mal sehen: Untere Aussichtsplattform. Sky Stop Bar. Zu früh. Das oberste Deck hat eine Glasfront und liegt am höchsten. Zu irreal. Also die außen gelegene Aussichtsplattform über dem Restaurant. Gut. Wow, das Gefühl im Bauch, als würden wir fallen, obgleich wir doch aufsteigen, fast schwerelos, wie Engel ohne Flügel, die sich nach einem Stück Himmel sehnen. Ein jedoch toller Vergleich. Und schon sind wir oben, hier, irgendwo zwischen Himmel und Erde.

Fernrohre! Ich liebe Fernrohre. Nein, nein, ich bin schneller, sorry. Er lächelt, ein Japaner, er verneigt sich und lächelt noch einmal. Er nimmt höflich Abstand. Und stellt sich wahrscheinlich vor, wie er mich auf einem großen, uralten Küchentisch in dünne Scheiben schneidet. Ich schenke ihm mein strahlendes Lächeln, und siehe, er verneigt sich noch einmal. Witzig wäre es, wenn ich ihn noch um die richtigen Münzen bitten müsste. Nein, muss ich nicht. So, wo saß ich heute Morgen doch gleich? Im Hafen links vom Eingang. Wo ist der Hafen überhaupt? Dort. Eine Menschentraube. Löst sich gerade auf. Ist jemand ertrunken? Weit gefehlt. Ein einzelner... Mann mit einem... Instrument. Er packt zusammen. Mr. Straßenmusiker, der offenbar gerade aufgehört hat, die Hafenbesucher zu beglücken.

Der Sänger, der dreitagebärtige Bewahrer der höchsten Wahrheit. Wenn sie die deutschen Lügenmärchen vorziehen bla bla bla. Wo ist dein Problem, Mann? Er packt zusammen, der nächste Whisky ruft. Nein, er geht in die andere Richtung. Gibt es dort auch Bars? Er geht nach rechts, Sackgasse. Ob er im Hafen lebt, sich abends aber, einfach irgendwo auf eine Mole legt? Nein. Auckland ist zu britisch, als das man ihm das hier erlauben würde. Er bleibt stehen, er sieht sich um. Was zum Teufel... da ist ein Tor... Er hat es jetzt aufbekommen. Fantastische Jachten. Er geht über den schmalen Steg. Eine Megayacht. Liegt verlassen da. Vielleicht hat er Glück. Er ist verschwunden. Unter Deck.

Er weiß wahrscheinlich, welche Yachten bewohnt... Quatsch, welche Yacht, die mehrere Millionen Dollar kostet, wird einfach im Hafen stehen gelassen, ohne jede Beachtung und ohne jede Mannschaft? Das wird Ärger geben. Sie werden ihn erwischen und... ihn einfach wegschicken. Kein großes Risiko eigentlich. Er macht das je nicht zum ersten Mal.

Straßenmusiker nächtigt in großer Millionärsyacht. Vielleicht gibt er auch Privatkonzerte für Yachteigner. Nicht unser Problem, Baby, nicht unser Problem. Was für ein Tag, was für eine Sicht. Mit etwas Glück sehe ich bis nach Frankfurt. Von Tower zu Tower sozusagen. Der Japaner steht immer noch neben mir. Ich wette er lächelt.

*

Es ist mal wieder so weit. Er sitzt da und trinkt den erstbesten Whisky, den er in einem der Schränke gefunden hat. Er sieht auf das Wasser des Hafens. Das Wasser ist ziemlich sauber und bewegt sich kaum. Es ist grün. Er sieht auf das Wasser und trinkt. Der Schmerz kommt und geht, wie das langsame Schaukeln der Yacht. Das falsche Lied hat genügt. Sorry von Tracy Chapman. Er hat es ihr damals mit einem Dutzend anderer Songs auf eine CD gebrannt. Kurz nachdem er sie kennen gelernt hat. Sie arbeitete im Fliht in Heidelberg samstag und sonntags, und er war jeden Samstag und Sonntag dort, manchmal auch öfter. Um sie zu sehen. Um mit ihr zu sprechen, wenn sie etwas zu ihm sagte, was selten vorkam. Irgendwann haben sie über Musik gesprochen, und am nächsten Tag hat er ihr zwei CDs gebrannt: eine mit englischer Musik und eine mit italienischer. Er hat sich zeit genommen für die Etiketten, hat Bilder von Da Vinci und Rafael verwendet und ihren Namen daneben geschrieben. Für Janay. Später hat sie ihm erzählt, dass ihr die italienischen Songs je besser gefallen hat. Ich war traurig am Sonntag, und die CD hat mir geholfen. Das hat sie an jenem Tag gesagt. Deshalb hatte er es vielleicht vergessen, das mit dem Song von Tracy Chapman. Alles ist miteinander verbunden, das Glück mit dem Schmerz, der Schmerz mit dem Leid, das Leid mit dem Tod, und der Tod mit der Hoffnung und immer so weiter. Der Schmerz ist jetzt ganz stark, tief unten in den Eingeweiden.Er trinkt den Whisky. Er weint, aber er weiß es nicht. Er sieht auf das Wasser. Er ist ganz woanders, auf der anderen Seite der Welt.In seinem anderen Leben. Bei ihr.

*

Sie betrachtete die Horizonte. Sie hat das Fernrohr dem Japaner überlassen, und steht jetzt hinter einem anderen, das direkt dem Meer zugewandt ist.Vor der Küste liegen viele Inseln, über einer thront ein Berg, der aussieht wie der Fuji. Sie sollte es dem Japaner sagen, aber der weiß es sicher schon längst aus einem der drei Reiseführer, die er noch bei sich trägt. Langgezogene,