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Freiheit den Katzenvölkern! Um den grausamen schottischen Katzenkönig Fergus Finnigan ein für alle Mal zu besiegen, machen sich Nova, Henry und die anderen Felidix auf die Suche nach dem sagenumwobenen Halsband von Morar. Denn nur wenn es ihnen gelingt, Fergus das magische Halsband anzulegen, können sie seine Macht brechen und die Katzen des schottischen Königreichs von seiner Schreckensherrschaft befreien. Alle Abenteuer mit den Mitternachtskatzen: Band 1: Die Schule der Felidix Band 2: Die Hüter des Smaragdsterns Band 3: Der König der Federträger Band 4: Der Geisterkater von Bakerloo Adventskalender: Mr Mallorys magisches Weihnachtsgeheimnis
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Seitenzahl: 376
Veröffentlichungsjahr: 2023
Als Ravensburger E-Book erschienen 2023Die Print-Ausgabe erscheint im Ravensburger Verlag© 2023, Ravensburger VerlagText © 2023 Barbara LabanOriginalausgabeCover- und Innenillustrationen: Jérôme PélissierAlle Rechte dieses E-Books vorbehalten durch Ravensburger Verlag GmbH, Postfach 2460, D-88194 Ravensburg.ISBN 978-3-473-51165-5ravensburger.com
1
„Nova, es ist Zeit.“ Die Locken ihrer Mutter Alice kitzelten Nova im Gesicht, als sich diese über sie beugte.
Nova lag schon seit einer Weile hellwach in ihrem Bett, obwohl es im Zimmer stockduster war. Als sie aufstand und die Vorhänge vor ihrem Fenster einen Spalt öffnete, fiel das rötliche Licht der Morgendämmerung in den Raum.
„Ist Edison denn schon da?“, fragte sie leise.
„Er wartet auf uns“, flüsterte Alice.
Nova griff nach ihrem Rucksack, doch ihre Mutter fasste sie sanft am Handgelenk. „Du musst nichts mitnehmen, wir gehen nicht vors Tor.“
Nova wollte einwenden, dass es keine gute Idee sei, in den frühen Morgenstunden irgendetwas im Turm zu veranstalten, was niemand mitbekommen sollte. Die anderen Schüler ihres kleinen Internats schliefen zwar wahrscheinlich noch und Horatio, ihr Lehrer und Leiter der Schule, schnarchte mit Sicherheit selig im obersten Zimmer des Turms. Doch den Blicken der zahlreichen Katzen, die im Internat wohnten, entging nichts.
„Vertrau mir!“, sagte Alice.
Sie schlichen durch die knarzende Tür und tatsächlich, ihre Mutter schlug den Weg nach oben ein, wo sich die Schlafzimmer von Novas Mitschülern befanden. Auf der Treppe stellten sich ihnen Rick und Ruby entgegen. Zwillingskätzchen, immer zu Unfug bereit.
„Nova! Alice! Spielen!“, maunzte Rick.
„Später“, flüsterte Alice und strich Rick über den Kopf. „Thunfischkeks?“, fragte sie und hielt den Kätzchen etwas entgegen.
„Hmm!“, schnurrte Ruby und schnupperte begeistert an Alices Hand.
„Nachher haben wir Spaß zusammen“, versprach diese, legte zwei Kekse auf die Treppe und lief weiter hinauf.
Nova folgte ihr. „Waren das etwa welche von Hectors Keksen?“, fragte sie. Der treue Gefährte ihres Lehrers Horatio war von Natur aus misstrauisch. Wenn ihre Mutter jetzt damit anfing, seine Lieblingskekse an andere Katzen zu verteilen, würde das mit Sicherheit kein gutes Ende nehmen.
„Vielleicht“, flüsterte Alice und zwinkerte ihr zu. „Sei leise! Hector ist der Einzige, der unsere Pläne durchkreuzen könnte.“
Sie waren im obersten Stock angekommen. Hier befand sich nur Horatios Zimmer. Die Tür stand einen Spalt offen für Gäste. So nannte Horatio die Katzen, die mit ihnen im Turm lebten. Manche davon, so wie der Kater Hector, waren weit mehr als das. Oft fühlte es sich an, als wären die Katzen die eigentlichen Herrscher des Turms.
Ein grauer Kater mit weißen Pfoten und enorm großen Ohren lief an ihnen vorbei, ohne sie zu beachten. Das war nicht ungewöhnlich. Außer Hector würde niemand Nova und ihre Mutter bei Horatio anschwärzen. Wie sagte ihr guter Freund, der Kater Edison, gern? Katzen stellen keine dummen Fragen.
Alice tastete die Mauer des Turms ab. Nova hatte keine Ahnung, was das sollte. Sie lehnte sich gegen die alten Steine der kalten Wand und versuchte, zu erkennen, was ihre Mutter vorhatte.
„Hier“, flüsterte Alice. „Folg mir, aber halt dich gut fest!“
Nova konnte nur die Umrisse ihrer Mutter erkennen – ihre schlanke Gestalt und die wilden Locken. Sie schien an der Mauer hinaufzuklettern. Nova tastete die Steine ab. Tatsächlich, hier waren kleine Sprossen eingelassen worden. Warum hatte sie das im Hellen nur noch nie gesehen? Sie griff nach der Stelle, an der eben noch der Fuß ihrer Mutter gewesen war, und zog sich hoch.
„Keine Angst“, hörte sie Alice von oben sagen. „Du hast es gleich geschafft.“
Nova konzentrierte sich auf die Sprossen. Gleich darauf war auch sie ganz oben angekommen. Ein kühler Luftzug strömte ihr entgegen.
Ihre Mutter griff nach ihrem Arm und zog sie ins Freie. „Katzenbaukunst“, erklärte sie. „Man kann den Durchgang in der Decke und die Sprossen an der Wand auch bei Tageslicht nicht erkennen, aber sie sind trotzdem da. Eine Art optische Täuschung.“
„Wie in der Mauer, hinter der der Palast der königlichen Katzen liegt?“, fragte Nova.
„Genau“, sagte eine bekannte, wunderschön melodische Stimme. „Lustig, dass ihr Menschen die offensichtlichen Dinge überseht. Ihr könnt euch ja tragischerweise schon in der Dunkelheit kaum zurechtfinden.“
„Edison!“, rief Nova. „Ich habe dich so vermisst. Wo hast du in den letzten Tagen gesteckt?“ Sie stürzte auf den Kater zu, der zwischen zwei Turmzinnen saß.
„Zia und ich hatten eine kleine Mission zu erfüllen, weißt du“, sagte er ausweichend und begann, seine weiße Pfote zu lecken. Diese war gut zu erkennen, während der Rest seines schwarzen Fells fast in der Dämmerung verschwand.
Erst jetzt bemerkte Nova, in welcher Höhe sie sich befanden. Hinter Edison konnte sie über das gesamte Gelände des berühmten Londoner Towers blicken. Alle Gebäude waren im warmen gelben Licht großer Strahler gut zu sehen. Auf der gegenüberliegenden Seite wurde die Tower Bridge in blaues Licht getaucht, welches sich in den sanften Wellen der Themse widerspiegelte.
„Ich wusste gar nicht, dass man auf das Dach des Turms steigen kann!“, rief Nova begeistert.
Ihre Mutter legte den Arm um sie. „Ich habe diesen wunderbaren Platz auch erst in meinem zweiten Jahr im Internat gefunden. Du weißt ja noch gar nicht so lange, dass du eine Felidix bist.“
In Novas Bauch breitete sich ein schönes, warmes Gefühl aus. Sie war eine Felidix – eine Katzenbeschützerin – genau wie ihre Mutter und die anderen Menschen, die im Turm leben durften.
„Dafür hat Nova schon mehr Abenteuer erlebt als jede Felidix vor ihr. Allem voran die Befreiung unserer Katzenkönigin Quinn aus den Pfoten der machthungrigen Penelope, die ihren Thron stehlen wollte. Und Nova hat uns Katzen geholfen, den Smaragdstern vor dem Tyrannen Fergus zu beschützen – einem der widerlichsten Kater, den die gesamten Britischen Inseln jemals gesehen haben“, warf Edison ein und sprang elegant auf den Boden vor ihnen. „Können wir bitte anfangen? Zia wartet nämlich auf mich.“
„Anfangen? Womit?“, fragte Nova neugierig. Ihre Mutter hatte ihr immer noch nicht verraten, was sie heute Geheimes mit ihr vorhatte.
„Nennen wir es Training“, sagte Alice und zog ein Tuch aus ihrem Ärmel hervor. Sie hielt es Nova entgegen. „Würdest du mir bitte die Augen verbinden?“, fragte sie.
Nova nahm den weichen weißen Stoff in die Hand, stellte sich auf die Zehenspitzen und legte ihn über die Augen ihrer Mutter.
„Ihr sagt mir sicher gleich, wozu das gut sein soll“, murmelte sie, während sie einen Knoten machte.
„Dreh deine Mutter ein paarmal um sich selbst hier in der Mitte bitte. Wir wollen ja nicht, dass sie auf der kaputten Seite hinunterfällt. Für Katzen kein Problem, aber ihr Menschen seid ja so empfindlich …“, kommandierte Edison.
Nova hatte oft von unten durch die Bäume am Turm hinaufgesehen. Von dort aus glich der obere Teil tatsächlich ein wenig einer Ruine.
„Ja, gut so“, sagte Edison, nachdem Nova seiner Aufforderung nachgekommen war. „Und jetzt geh zur Seite, Nova. Du könntest sonst mit ein paar unschönen Kratzern im Gesicht enden.“
„Lass uns anfangen!“, rief Alice, die mit ihren verbundenen Augen so aussah, als ob sie auf einer Feier Blindekuh spielen wollte.
Nova drückte sich an die Mauer und wartete.
Edison hatte sich auf die andere Seite geschlichen. Jetzt schloss er die Augen, bis sie nur noch schmale Schlitze waren, spannte seinen Körper an und sprang in einem hohen Bogen auf Novas Mutter zu. Nova hielt den Atem an. Doch bereits kurz nach seinem Absprung reagierte Alice. Sie riss einen Arm hoch, während ihre andere Hand dem Kater in der Luft entgegenschoss. Sie ergriff Edison im Nacken und drückte ihn an sich.
„Schon gut“, beschwerte sich der Kater. „Du kannst loslassen.“
„Wie hast du das gemacht?“, rief Nova. „Du konntest überhaupt nicht sehen, aus welcher Richtung Edison kam. Wie ist das nur möglich?“
Ihre Mutter zog sich das Tuch von den Augen und sah Nova durchdringend an. „Edison hat mir selbst verraten, aus welcher Richtung er springt.“ Sie streckte die Hand aus und legte sie auf Novas Schulter. „Ich habe einfach seine Gedanken gelesen.“
2
„Von einfach, liebe Alice, kann hier wohl keine Rede sein“, sagte Edison und leckte sich erneut die Pfote. „Wir sprechen von der Fähigkeit mancher Felidix, im Kampf die Absichten des Gegners oder eines Verbündeten zu erkennen. Verstehst du, Nova?“
Nova schüttelte den Kopf. Sie wusste, dass ihre Mutter sich bestens in Katzenkampfkunst auskannte. Mr Marlo, der Abessinierkater, der die Kinder in der Schule in diesem Fach unterrichtete, hatte allerdings noch nie etwas von Gedankenlesen gesagt.
„Es ist eine Art Instinkt, Nova, den wir Felidix trainieren können“, sagte Alice. „Er ist überaus nützlich, wenn wir uns in Gefahr befinden. Hast du selbst noch nie dieses Gefühl gehabt? Als ob du auf einmal mit einer Katze sprechen könntest, ohne dass ihr beide etwas sagen müsstet?“
Nova musste nicht lange überlegen. „Damals mit Fox im Theater!“, rief sie. „Als sie gegen Penelope gekämpft hat. Fox wollte, dass ich weglaufe, bevor mich die anderen Katzen entdecken. Es war seltsam, so als ob Fox in meinem Kopf mit mir sprechen wollte. Später im Gefängnis bei der Befreiung von Königin Quinn ist noch mal so was Ähnliches passiert.“
Edison und ihre Mutter sahen sich an. Alice lächelte. „Genau das meine ich, Nova. Es ist wichtig, diese Gabe zu trainieren. Sie hat mir schon oft das Leben gerettet. Ich schlage vor, du und Edison, ihr trefft euch ab jetzt jeden Morgen um diese Uhrzeit und übt.“
„Auf keinen Fall!“, protestierten Nova und der Kater gleichzeitig.
Ihre Mutter lachte und sagte: „Seht ihr – ihr zwei seid euch völlig einig. Das heißt wohl, ihr habt schon angefangen mit dem Gedankenlesen.“
Drei Stunden später saß Nova gähnend neben ihrem besten Freund Henry im Unterricht.
Miss Melonia Bridge, eine Langhaarkatze mit schönen großen Augen, störte sich nicht an Novas ausgiebigem Gähnen. Das wurde unter Katzen nicht nur akzeptiert, sondern war durchaus erwünscht. Es galt als Zeichen dafür, dass man sich in ihrer Gesellschaft wohlfühlte. Und Miss Bridge musste es wissen, denn sie unterrichtete das Fach Katzenetikette.
„Warst du heute Nacht etwa ohne mich unterwegs?“, flüsterte Henry. „Ich dachte, wir schmieden gemeinsam einen Plan, wie wir zu den Docklands kommen.“
„Rieche ich so, als wäre ich unterwegs gewesen?“, fragte Nova und grinste. Henry hatte den besten Geruchssinn, den man sich nur vorstellen konnte. Seiner Nase konnte keiner etwas vormachen.
„Auf jeden Fall riechst du so, als hättest du Edison getroffen.“ Henry verzog das Gesicht. „Als ob an deiner Schulter Sardinen kleben würden. Und nach Kaffee riechst du auch. So wie der Kater …“
„Sagtest du Sardinen, Henry?“, unterbrach Miss Bridge, die stolz auf ihr hervorragendes Gehör war. „Wenn wir schon bei Fischen sind, kannst du mir sicher die drei Sorten nennen, die als Gastgeschenk beim Besuch einer Katze angebracht sind.“
„Lachs, Seebarsch und Sardinen“, zählte Henry auf.
„Und was sollte man auf keinen Fall mitbringen?“, fragte Miss Bridge.
„Orangen“, erwiderte Henry.
Miss Bridge schüttelte sich angewidert. „Habe ich euch schon die Geschichte erzählt, als Lady Margarete Summerfield, eine Felidix zu Zeiten von König Archibald dem Achten, zu einem Besuch am Hof der königlichen Katzen mit einem kleinen Wagen voller Orangen erschien?“
Novas Mitschüler hörten Miss Bridge gespannt zu. Said zeichnete dabei. Es sah aus wie eine Skizze von Miss Bridge. Ed faltete Papierflugzeuge. Er würde sie wahrscheinlich nachher im Garten mit Rick und Ruby ausprobieren, die immer begeistert hinter seinen Fliegern herjagten. Gustav saß neben Ria. Sie streichelten beide die schwarz-weiß gefleckte Katze vor ihnen auf dem Tisch.
Nur Novas Blick verlor sich irgendwo zwischen den Steinen der runden Wand des Klassenzimmers. In den letzten Wochen hatte sich in ihrem Leben so viel verändert. Ihre Mutter war zurückgekehrt. Alice lebte jetzt zusammen mit ihr in Horatios kleinem Internat im Turm auf dem Gelände des Londoner Towers. Gemeinsam mit ein paar Mitschülern und jeder Menge Katzen lernte Nova, was es bedeutete, eine Felidix zu sein, eine Katzenbeschützerin.
Auch ihre Mutter war eine Felidix. Eine sehr berühmte sogar, wie sich herausgestellt hatte.
Die letzten Jahre hatte sie in Schottland verbracht, um gegen den grausamen König Fergus Finnigan und für die Befreiung der schottischen Katzen zu kämpfen.
Nova konnte es immer noch kaum glauben, dass ihre Mutter wieder bei ihr war. Jeden Abend setzte sie sich auf Novas Bett, nahm sie in den Arm und erzählte ihr Geschichten aus Schottland. Viele davon waren so spannend, dass Nova danach nicht einschlafen konnte.
Doch Alice war geduldig. Sie streichelte Nova übers Haar und hielt ihre Hand, bis Nova schließlich in ihren Träumen versank, oft begleitet vom Schnurren des Kätzchens Ruby, das mittlerweile einen Stammplatz auf Novas Kopfkissen hatte.
Alles hätte perfekt sein können. Die Schule, die Katzen, das Leben mit ihrer Mutter. Wenn da nicht Novas Vater gewesen wäre. Seit Wochen war er im Docklands Gefängnis im Süden der Stadt eingesperrt – zu Unrecht natürlich! Und trotz Novas Flehen und dem Versprechen der Katzen, sie bei ihrem Plan zu unterstützen, hatten Horatio und ihre Mutter Nova verboten, ihrem Vater bei der Flucht zu helfen.
„Nova?“, riss die Stimme von Miss Bridge sie aus ihren Gedanken. „Was meinst du?“
Nova hatte keine Ahnung, wovon Miss Bridge gerade gesprochen hatte. Ruby war auf ihren Schoß gesprungen und maunzte etwas, das wie Reisbrei klang.
„Reisbrei?“, wiederholte Nova zögernd.
Die anderen Felidix und Miss Bridge brachen in Gelächter aus. „Nein, Nova“, sagte Miss Bridge, „der Name der berühmten Hofkatze im Palast war nicht Reisbrei, aber es sieht so aus, als hätte Ruby nicht genug zum Frühstück bekommen.“ Die Lehrerin war nicht böse, sie sah Nova eher besorgt an. „Möchtest du dich etwas ausruhen gehen?“, fragte sie. „Du siehst mir heute sehr müde aus.“
Nova schüttelte den Kopf. Sie wollte sich ganz sicher nicht ausruhen gehen. Es kam ihr so vor, als hätte sie sich in den letzten Wochen viel zu oft ausgeruht. Selbst heute Morgen, als ihre Mutter gesagt hatte, sie müsse ihre Fähigkeiten als Felidix trainieren, war ihr nur eins durch den Kopf gegangen. Und das war, sich so schnell wie möglich auf den Weg zu machen und ihren Vater aus dem Gefängnis zu befreien. Egal, was Alice oder Horatio dazu sagten.
3
Am Nachmittag unterrichtete Horatio die Schülerinnen und Schüler. Horatio war nicht nur selbst ein Felidix und Leiter der Schule im Turm. Er war auch, wie Nova erst vor Kurzem erfahren hatte, der Hüter des Smaragdsterns.
Der Smaragdstern war ein geheimnisvoller grüner Stein, der den Frieden unter den Katzenreichen der Britischen Inseln wahren sollte. Seit Jahrhunderten war immer ein Felidix aus England, Schottland, Irland oder Wales dafür verantwortlich, dass der Stern sicher verwahrt wurde.
Horatio war zwar mit Leib und Seele ein Felidix, doch leider auch manchmal etwas vergesslich. Fast wäre der Smaragdstern vor einigen Wochen ausgerechnet dem gefährlichen König Fergus Finnigan von Schottland in die Pfoten gefallen, der danach strebte, alle Katzenkönigreiche zu erobern. Ein Glück, dass Nova, ihre Freunde und einige mutige Katzen das gerade noch verhindert hatten.
„Wo waren wir doch gleich stehen geblieben?“, fragte Horatio und ließ die Hände suchend über seinen Schreibtisch wandern, als ob er dort eine Antwort auf seine Frage finden könnte. Dabei stieß er versehentlich gegen die Dose mit Hectors Thunfischkeksen, die scheppernd auf den Boden fiel.
Noch während Horatio sich mühsam danach bückte, war Rick, Rubys Zwillingsbruder, schon zur Stelle und schob mit der Pfote ein paar der Kekse zurück in die Dose. Gleichzeitig knabberte er an einem zerbrochenen Exemplar. „Köstlich“, quietschte er vergnügt.
Die Kinder lachten. Rick und Ruby waren die jüngsten Katzen im Turm. Bis vor Kurzem hatten sie nur in ihrer Babysprache gesprochen, doch jetzt lernten sie jedes neue Wort mit Begeisterung und genossen die Bewunderung der Kinder dafür, dass sie es korrekt aussprachen.
„Du wolltest uns erklären, warum Fergus für alle Katzen auf den Britischen Inseln so gefährlich ist“, sagte Nova ungeduldig. Das stimmte nicht ganz. Horatio unterrichtete eigentlich die Geschichte der königlichen Katzen und hielt sich gern zurück, was die heutigen Konflikte unter ihnen anging.
„Nun ja, Nova“, sagte der Lehrer und richtete sich wieder auf. „Wir könnten vielleicht über die königliche Thronfolge in Schottland sprechen. Es gab da ja die Katzenrevolution im Jahr 1678 …“
„Das ist doch so lange her“, beschwerte sich Nova. Sie wollte, dass Horatio ihnen von Dingen erzählte, die heute wichtig waren. Fergus war gefährlich und unberechenbar. Inzwischen wusste jede Katze und jeder Mensch in Horatios Turm, dass Fergus mit aller Macht die englische Katzenkönigin, Quinn die Einundzwanzigste von Piccadilly, vom Thron stürzen wollte. Dazu hatte er sich vor einiger Zeit sogar mit der gefährlichen Siamkatze Penelope verbündet.
„Als Felidix müssen wir doch vor allem die Katzen, die jetzt leben, beschützen. Das können wir nicht, wenn wir nichts über Fergus wissen“, fuhr Nova fort.
Die Tür wurde aufgestoßen und Alice spazierte herein. „Da muss ich Nova absolut recht geben.“
Nova war erstaunt, ihre Mutter im Klassenzimmer zu sehen. Denn Alice verbrachte den größten Teil des Tags außerhalb des Turms. Sie sagte niemanden, wohin sie ging und wonach sie suchte. Wenn sie zum Abendessen zurückkam, sah sie erschöpft aus und redete nicht viel.
„Alice!“, rief Horatio, offensichtlich ebenfalls überrascht. „Wie schön, dass du uns heute im Unterricht besuchst. Wenn die Kinder wirklich unbedingt mehr über den Tyrannen Fergus erfahren wollen, könntest du das vielleicht übernehmen. Könntest du aber bitte nicht ganz so gruselige Dinge erzählen?“ Horatio blickte über seine Brille zu Nova. „Deine Mutter hat uns früher mit ihren Schauergeschichten oft stundenlang wach gehalten.“
Nova wusste, dass Horatio und ihre Mutter gemeinsam auf die Schule im Turm gegangen waren. Als Felidix hätten sie jedoch nicht unterschiedlicher sein können. Horatio war fürsorglich und vorsichtig. Nova konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er jemals gegen eine Katze kämpfen würde. Alice dagegen war abenteuerlustig und setzte sich mit all ihrer Kraft für die Rechte der Katzen ein. Und manchmal musste sie genau dafür auch mit einer Katze kämpfen.
Trotz der vielen Unterschiede konnte Nova sehen, wie sehr Horatio und ihre Mutter sich mochten. Abends saßen sie nebeneinander auf dem Sofa, steckten die Köpfe über einem Buch zusammen und redeten und lachten, als ob es gar nichts ausmachte, dass sie sich so viele Jahre nicht gesehen hatten.
„Leider gibt es aus Schottland in den letzten Jahren nicht viele schöne Geschichten zu erzählen“, sagte Alice seufzend und kam nach vorn.
„Wie ist Fergus denn überhaupt König geworden?“, fragte Ed, der Abenteuergeschichten liebte und nicht genug davon hören konnte.
„Als die schottische Katzenkönigin Kendra die Dreizehnte vor sechs Jahren verstarb, war von den meisten ihrer Kinder keine Spur zu finden“, erklärte Novas Mutter. „Das ist nicht so ungewöhnlich. Die schottischen Katzen sind besonders freiheitsliebend. Zahlreiche Kätzchen, die in die königliche Familie geboren werden, ziehen ein Leben in den Wäldern und Highlands den strengen Regeln am Hof vor. Doch schon damals gab es Gerüchte, dass Fergus, der einzige verbliebene Sohn von Kendra, die anderen Thronanwärter hat verschleppen lassen.“
Nova sah unter ihren Tisch, wo Ruby und Rick jetzt friedlich nebeneinander eingeschlafen waren. Die Wut auf Fergus, der vor Kurzem versucht hatte, auch diese Kätzchen zu entführen, kam wieder in ihr hoch. „Es kann doch nicht sein, dass die schottischen Katzen sich so einen König gewünscht haben!“, rief sie.
„Natürlich nicht“, antwortete ihre Mutter und sah sie mit ihren tiefblauen Augen an. „Als Fergus König werden wollte, musste er eine Prüfung ablegen. Die Katzen von Schottland bestanden darauf. Fergus gewann seinen Zweikampf, nachdem er seinen Gegner mit einem magischen Anhänger gefügig gemacht hatte.“
„Mit so etwas wie den Zauberamuletten, die Penelope für ihre Armee benutzt hat, als sie Königin Quinn entführt hat?“, fragte Henry.
Alice nickte und fuhr fort: „Danach wurde er Erster im Seilzerren, nachdem er einen Gegner, der gegen ihn antrat, Kräuter ins Fressen gemischt hatte, die seine Zähne ausfallen ließen. Und dann erlegte er einen verzauberten Fasan. Fergus riss dem Tier die Federn aus und verteilte sie an seine Anhänger. Seither sind die Federträger seine Beschützer. Es ist unmöglich, sie im Kampf zu besiegen. Wir können sie nur aufhalten, wenn es nicht zu viele sind. So wie vor ein paar Wochen, als wir Ruby und Rick gerettet haben.“
Nova zitterte jetzt noch bei dem Gedanken daran, dass die Kätzchen fast bei Fergus gelandet wären. Nun lebten sie weiterhin glücklich bei Nova und Henry in Horatios Turm, doch leider immer noch getrennt von ihren Eltern, die in Schottland waren: Königin Quinns Schwester Gwendolin und dem Kater Angus.
„Aber wie sollen ihn die Katzen von Schottland dann jemals vom Thron stürzen?“, rief Nova entsetzt.
Ihre Mutter strich sich die Locken aus der Stirn und sagte mit düsterer Stimme: „Indem sie seine eigenen miesen Tricks gegen ihn anwenden.“
4
Nova wartete ungeduldig auf den Abend. Sie hatte kaum zugehört, als Horatio am Nachmittag wieder im Klassenzimmer gestanden hatte, um sein Lieblingsfach Geschichte der königlichen Katzen zu unterrichten. Auch Mr Octagons Mathestunde hatte sie in ihren Tagträumen verbracht.
Mr Octagon, ein dünner Glückskater mit Silberblick, hatte sich wahrscheinlich ein wenig darüber gewundert. Normalerweise liebten alle Schüler seine Stunden und die Art, wie er selbst die kompliziertesten Aufgaben erklären konnte. Aber er ermahnte Nova nicht, als ob er ahnte, dass in ihrem Kopf wichtigere Dinge als Dezimalzahlen vor sich gingen.
„Es ist erstaunlich“, hatte Nova Horatio gestern beim Abendessen flüstern hören, „dass Marc nicht schon längst wieder aus dem Gefängnis ausgebrochen ist.“ Horatio hatte neben ihrer Mutter gesessen und nicht bemerkt, dass Nova unter dem Esstisch mit Ruby und Rick mit einem Wollknäuel spielte. Nova hatte die Ohren gespitzt, um mitzubekommen, was Horatio und Alice über ihren Vater sagten.
Ihre Mutter hatte geantwortet: „Es scheint unmöglich zu sein, aus dem Docklands Gefängnis zu entkommen. Ich darf ihn dort noch nicht einmal besuchen. Wir müssen an der anderen Lösung arbeiten. Wenn Edison und Zia nur …“
Und das war der Moment gewesen, in dem Rick in Alices Zeh gebissen hatte und sie entdeckt worden waren. Alice und Horatio hatten sofort das Thema gewechselt, aber die Art, wie ihre Mutter sie ansah, hatte Nova nachdenklich gemacht. Warum nur dachte Mama, dass ein erneuter Gefängnisausbruch für Papa nicht die richtige Lösung war? Immerhin war ihr Vater schon so oft ausgebrochen, dass die Katzen ihn den Ausbrecherkönig nannten!
„Nach dem Abendessen in meinem Zimmer“, flüsterte Nova Henry zu, als die Standuhr vor dem Klassenzimmer mit einem lang gezogenen Miau das Ende des Schultags anzeigte.
Natürlich war wie immer Verlass auf Henry. Die anderen Felidix saßen noch in der Küche und spielten Backgammon, da stand Henry mit zwei Äpfeln in der Hand vor Nova und zog ihre Zimmertür hinter sich zu.
„Was ist passiert?“, fragte er und hielt ihr einen der Äpfel hin.
„Heute Nacht geht es los“, sagte Nova aufgeregt.
Henry sah sie verständnislos an. „Was geht los?“
„Wir befreien meinen Vater aus dem Docklands Gefängnis.“
Henry kaute auf einem Stück Apfel herum und legte nachdenklich den Kopf zur Seite. „Ich bin dabei“, sagte er schließlich, bevor er fragte: „Und was ist mit deiner Mutter? Sie hat doch gesagt, dass dein Vater allein ausbrechen wird. Wir sollen nur Geduld haben oder so ähnlich.“
Nova schüttelte energisch den Kopf. „Sie hält uns nur hin. Mama hat Geheimnisse. Sie tuschelt dauernd mit Horatio, aber mir sagt sie gar nichts. Und dann will sie auch noch, dass ich mit Edison Gedanken lesen übe! Erzähle ich dir später. Totale Zeitverschwendung! Wir hätten Papa schon längst befreien können. Schau mal hier …“
Nova öffnete ihren Schrank, aus dem ihnen ein Haufen Kleidungsstücke entgegenquoll. Sie zerrte an dem alten Koffer, der ihrem Vater gehörte, legte ihn auf den Boden und klappte ihn auf.
Henry setzte sich auf eins der bunten Kissen auf dem Boden, streckte die Beine aus und sah ihr dabei zu. „Wenigstens sagt dir deine Mutter nicht, dass du deinen Schrank aufräumen sollst. Wenn meine Eltern das sehen könnten! Papa hat Horatio anscheinend sogar gesagt, dass ich ordentlichere Briefe schreiben soll.“
Nova sah nicht auf, sondern wühlte weiter in dem Koffer herum. „Es macht überhaupt keinen Sinn, Sachen zu falten. Rick und Ruby spielen jeden Tag in dem Schrank Verstecken. Neulich habe ich eine total zerfetzte Spielzeugmaus in meinem Pullover gefunden … Ha!“ Stolz hielt sie Henry einen Haufen loser Zettel entgegen. „Wusste ich es doch!“
Henry sah sie ratlos an.
„Erinnerst du dich an die Karte meines Vaters?“, fragte Nova.
„Klar“, sagte Henry, „und auch daran, dass du sie damals in dem unterirdischen Kanal verloren hast, als du Laeto retten musstest. Wenn du ihn nicht erwischt hättest, dann wäre er ertrunken.“ Henry schüttelte sich bei dem Gedanken an den Kater in den Wasserfluten und sah Nova fragend an. „Sag bloß, es gibt eine Kopie?“
„Leider nicht“, antwortete Nova, „aber Papa hat die Karte immer wieder erweitert. Dauernd kamen neue Stadtteile dazu. Manchmal hat er auch ein Stück der Karte neu gezeichnet, wenn sich viel verändert hat. Ein paar der Zettel waren noch nicht an die Karte geheftet. Und sieh dir das mal an.“ Sie deutete strahlend auf eines der Papiere in ihrer Hand.
Henry fasste an seine Brille und versuchte, zu entziffern, was auf dem Zettel stand. „Tower Hamlets“, las er vor. „Und hier steht Isle of Dogs – Hundeinsel?“
„Heißt nur so. Das ist ein kleiner Teil von den Docklands“, sagte Nova. „Siehst du? Hier sind lauter Wohnblocks und da die ganzen Bürohochhäuser von Canary Wharf. Es gibt in dieser Gegend kaum einen unteririschen Gang. Noch nicht einmal eine U-Bahn. Aber schau mal hier.“ Sie deutete auf ein kleines gelbes Symbol, das wie ein Vorhängeschloss aussah.
Henry begriff sofort. Auch er hatte dieses Symbol schon auf Novas Karte gesehen. „Das steht für ein Gefängnis. Meinst du, es ist das Docklands Gefängnis, wo dein Vater ist?“
„Ganz sicher“, sagte Nova. „Und heute Nacht machen wir uns auf den Weg zu ihm!“
Henry sah auf das Stück Karte in seiner Hand. „Wenn du willst, komme ich natürlich mit“, sagte er schließlich. „Aber sollten wir nicht wenigstens Edison um Hilfe bitten?“
Nova begann, die herumliegenden Gegenstände wieder in den Koffer zu packen. „Keine gute Idee. Ich habe neulich schon versucht, mit ihm über Papas Befreiung zu reden, und er hat nur gesagt, der Ausbrecherkönig könnte sich selbst helfen. Ich sollte mir keine Sorgen machen. Ich glaube, Mama und Edison planen etwas, ohne mir davon zu erzählen.“
Je mehr Nova darüber nachdachte, desto sicherer war sie sich. Schon einige Male hatte Edison das Thema gewechselt, wenn sie ihn und ihre Mutter auf einem der Sofas in der Küche oder hier in ihrem Zimmer entdeckt hatte.
„Dann gehen wir also ganz allein?“, fragte Henry.
„Nicht ganz“, antwortete Nova.
In diesem Moment klopfte es an ihr Fenster. Nova schob es nach oben und hinein spazierte ein kleiner schwarzer Kater mit frechem Blick und einem weißen Kronensymbol an der rechten Vorderpfote.
„Nova, Henry“, rief er und sprang auf das Sofa vor dem Fenster, „ist es endlich so weit? Wann gehen wir los?“
5
„Pablo?“ Henrys Augen wurden vor Überraschung ganz groß. „Was machst du denn hier? Du musst doch im Palast sein! Ich dachte, Mitternachtskatzen dürfen nicht einfach so ihre Freunde besuchen.“
Der kleine Kater Pablo hatte gerade erst die Mitternachtskatzenprüfung bestanden und war damit stolzes Mitglied der Leibgarde von Katzenkönigin Quinn. Es gab in ganz England unter den Katzen keine größere Ehre, als eine Mitternachtskatze zu sein.
Pablo stellte seine Pfote mit dem Kronensymbol nach vorn, hob den Kopf und sagte: „Dürfen sie schon. Nämlich dann, wenn eine andere Katze ihre Schicht übernimmt. Ich musste Benji nur sagen, dass Nova dringend meine Hilfe braucht, und schon hat er mich losgeschickt. Alles streng geheim natürlich!“
Henry runzelte die Stirn. „Glaubst du, es war eine gute Idee, auch Benji einzuweihen?“, fragte er. „Am Ende erfahren noch Königin Quinn und Horatio von deinem Besuch.“
Nova begann, ihre Sachen zu packen: Taschenlampe, Schlüsselbund und natürlich den Teil der Karte aus Papas Koffer, auf dem das Symbol für das Gefängnis eingezeichnet war. Sie hatte die einäugige Katze Lilia mit einer Botschaft zu Pablo geschickt, ohne Henry davon zu erzählen. Manchmal war er einfach zu vorsichtig. Auch wenn sie zugeben musste, dass sie ein komisches Gefühl im Magen hatte, bereute sie ihre Entscheidung nicht. Wenn kein anderer ihren Vater befreite, musste sie es eben selbst tun. Koste es, was es wolle.
Ohne auf Henrys Frage einzugehen, sagte sie: „Ich wecke dich kurz vor Mitternacht. Du willst doch noch mitkommen, oder?“
„Klar“, sagte Henry, bevor er aufstand, um in sein Zimmer zu gehen. „Ich kann ja schlecht dich und Pablo allein losziehen lassen.“
Als Henry das Zimmer verlassen hatte, lief Pablo aufgeregt zwischen den bunten Kissen auf dem Boden umher. „Endlich!“, rief er und streckte sich. „Ein echtes Abenteuer! Am Hof ist es natürlich auch sehr spannend, aber es passiert so wenig. Training, Wache halten, Massage, Fellpflege, noch mal Training, schlafen. Und am nächsten Tag wieder dasselbe.“
Nova kraulte Pablo zwischen den Ohren. Sein Fell war tatsächlich samtweich und er roch nach dem blumigen Parfüm, das manche der Mitternachtskatzen benutzten. Der Kater ließ sich bereitwillig auf ihren Schoß ziehen. An seinem dünnen Körper konnte sie jetzt auch ein paar Muskeln fühlen. Ganz anders als noch vor ein paar Wochen. „Bist du immer noch glücklich, eine Mitternachtskatze zu sein?“, fragte Nova.
„Oh ja“, schnurrte Pablo, „es gibt nichts Schöneres! Ich habe auch viele neue Freunde. Benji und ich halten oft gemeinsam Wache. Und Stella ist auch manchmal dabei. Aber natürlich sind du und Henry immer noch meine besten Freunde“, fügte er schnell hinzu.
Nova gab ihm einen Kuss zwischen die Ohren. „Na klar!“, sagte sie und dann: „Lass uns ein bisschen ausruhen. Es könnte eine lange Nacht werden.“
Kurz nach Mitternacht standen Nova, Henry und Pablo auf der verlassenen Straße vor dem Londoner Tower. Der Regen prasselte in dicken, kalten Tropfen auf den grauen Asphalt. Es war ungemütlich und windig.
Doch Pablo hatte trotz der Kälte beste Laune. Als Nova den Weg an der Themse entlang Richtung Osten einschlug, konnte er überhaupt nicht aufhören, zu quasseln. „Uns Mitternachtskatzen macht so ein bisschen Regen gar nichts aus. Wir trainieren hart, um uns auch in den schwierigsten Situationen zurechtzufinden. Ich kann jetzt zum Beispiel an einem Seil bis nach oben unter die Palastdecke klettern.“
„Dafür dass du erst seit Kurzem eine Mitternachtskatze bist, gibst du ganz schön an“, sagte Henry und gähnte. „Wie weit ist es bis zur Hundeinsel?“, fragte er Nova.
Das Wort Hundeinsel verschlechterte Pablos Laune mit einem Schlag. „Hunde?“, fragte er. „Insel?“
„Keine Angst“, beruhigte ihn Nova. „Das ist nur der Name. Da laufen keine wilden Hunde herum und wir müssen auch nicht durch die Themse schwimmen so wie bei deiner Mitternachtskatzenprüfung.“
Nicht weit vor ihnen leuchteten die Hochhäuser von Canary Wharf. Nova, Henry und Pablo waren bereits in den Docklands angekommen, der Gegend, die früher einmal ein riesiger Hafen für Frachtschiffe und Boote aller Art gewesen war. Jetzt zeugten nur noch ein paar kleinere Schiffe auf den schmalen Kanälen von der Vergangenheit.
Pablo hielt seine Nase in die Luft. „Taue“, verkündete er stolz. „Meine Ururgroßmutter hat in den Docklands gelebt, als die Schiffe hier noch ein- und ausfuhren. Bevor all diese riesigen Wolkenkratzer gebaut wurden, die ihr Menschen komischerweise so toll findet.“ Er schüttelte sich.
Nova hielt die Karte ins Licht einer Straßenlaterne. „Könntest du bitte kurz still sein? Ich finde überhaupt keinen Tunnel oder Gang, der uns irgendwie näher zum Gefängnis bringt.“
Sie rieb sich mit ihren eiskalten Händen über die Augen. Natürlich hatte sie sich die Karte zu Hause genau angeschaut. Aber irgendwie hatte sie gehofft, hier draußen etwas zu entdecken, was sie weiterbrachte.
„Lass mich mal“, sagte Henry. Er nahm ihr die Karte aus der Hand und drehte sie ein wenig nach rechts. „Vielleicht sollten wir erst mal bis zum Eingang des Gefängnisses laufen. Dann sehen wir, wie es weitergeht.“
Nova folgte Henry mit gesenktem Kopf. Die Straßen hier waren breit und leer. Über ihnen ragten Bürotürme in den Himmel. In den Schaufenstern entlang der Straße luden Poster mit Sandwiches und Kaffeetassen in die zu dieser Zeit geschlossenen Läden und Restaurants ein. Es war gespenstisch, wie ruhig es hier in der Nacht war.
Henry bog in eine schmalere Straße ein und lief über eine Brücke aus Metall. Unter ihnen glänzte das Wasser schwarz und geheimnisvoll und es lagen ein paar kleinere Boote vor Anker.
Auf der anderen Seite der Brücke gab es keine Geschäfte und Hochhäuser. Hier waren nur Wohnungen. Sie gingen an kleinen Häusern aus Ziegelsteinen vorbei und es kam Nova so vor, als wären sie auf einmal in einer anderen Stadt gelandet. Gerade als sie überzeugt davon war, dass sie sich geirrt hatten, dass nie im Leben zwischen diesen kleinen Wohnhäusern ein Gefängnis sein könnte, hielt Henry sie zurück. „Stopp!“, flüsterte er.
Die Straße endete an einer Uferpromenade der Themse. Doch der Blick auf den Fluss wurde von einem mittelgroßen grauen Betonkasten versperrt. Das Haus besaß keine Fenster und direkt über der einsamen Eisentür konnte Nova in breiten, groben Buchstaben das Wort Docklands entziffern.
Eine weiße Katze schlich an ihnen vorbei. „Kinder sollten längst im Bett sein“, murmelte sie. „Kleine Katzen auch“, fügte sie an Pablo gewandt hinzu und lief weiter Richtung Uferpromenade.
„Ich bin eine Mitternachtskatze und die Kinder sind Felidix!“, rief Pablo ihr zu Novas Schrecken hinterher.
„Trotzdem gefährlich hier!“, rief die weiße Katze, ohne sich umzudrehen, und verschwand unter einem der am Straßenrand geparkten Autos.
„Wie unhöflich, sich einfach in fremder Katzen Angelegenheiten einzumischen“, beschwerte sich Pablo.
Henry lehnte sich an eine Hauswand und betrachtete das seltsame Gebäude vor ihnen. „Sieht fast so aus, als würde es zur Hälfte im Wasser stehen“, sagte er. „Wenn jemand in die Themse springen und tauchen könnte …“
Pablo schrie entsetzt auf. „Wer wäre denn so dumm?“, fragte er. „Beim Schwimmen kommt es darauf an, über Wasser zu bleiben. Tauchen ist nur was für Verrückte oder für Hunde.“
Nova nahm Henry die Karte aus der Hand. Sie hielt sie dicht vor ihre Augen, als könnte sie dadurch etwas erkennen, was ihr vorher noch nicht aufgefallen war.
Nichts, keine Verbindung zum Gefängnis unter der Erde. Und nur ein einziges Kanalrohr. Normalerweise bildeten diese sonst ein dichtes Netz unter der Stadt, wobei die meisten davon selbst für eine Katze zu eng waren.
„Ich habe keine Ahnung, wonach ich suchen soll“, murmelte Nova. Sie lief zu einem runden Kanaldeckel direkt vor ihr auf der Straße und versuchte, ihn anzuheben.
In diesem Moment näherte sich ein Auto. Nova sprang nach hinten, drückte sich neben Henry an die Mauer und sah, dass es ein Polizeiwagen war, der jetzt langsam an ihnen vorbeifuhr.
Auf einmal blitzte das Blaulicht auf und der Wagen hielt wenige Meter von ihnen entfernt an. Nova erstarrte. Sie konnten unmöglich mitten in der Nacht hier von der Polizei entdeckt werden! Was würde Horatio dazu sagen?
„Weg hier!“, hörte sie Henry rufen, der schon losgerannt war.
Nova sprintete hinter ihm her. Pablo sauste zwischen ihren Beinen hindurch und sie liefen, so schnell sie konnten, in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
6
Nova hatte keine Lust, über ihre gescheiterte Mission zu reden, als sie sich müde auf den Weg zurück zum Turm machten. Der Gedanke an ihren Vater, eingesperrt in dem grauen, fensterlosen Kasten, schnürte ihr fast die Luft ab.
Was hatte sie sich nur dabei gedacht, ohne Idee oder den geringsten Plan einfach loszulaufen? Als ob man mal eben so jemanden aus dem Gefängnis befreite! Sie spürte ihre Wangen rot und heiß werden und lief etwas schneller, um Pablo und Henry hinter sich zu lassen.
„Es war gut, dass wir es versucht haben“, hörte sie da Henry sagen. „Jetzt wissen wir wenigstens, wie es dort aussieht.“ Er versuchte, fröhlich zu klingen, obwohl er doch mit Sicherheit genauso wusste, wie dumm ihre Aktion gewesen war.
„Wenn du willst, Nova“, maunzte Pablo, „würde ich es für dich auch mit dem Tauchen probieren. Ich weiß nur nicht, ob ich das wirklich kann. Vielleicht sehe ich mir lieber den Kanaldeckel noch mal genauer an.“
Nova drehte sich um, hob den Kater hoch und drückte ihn fest an sich. „Danke, Pablo. Es tut mir leid, dass ich dich da mit reingezogen habe. Auf der Karte kann man ja sehen, dass es wirklich keinen geheimen Eingang in das Gefängnis gibt. Keine Tunnel, keine Gänge und nur ein Abflussrohr, durch das wahrscheinlich nicht einmal ein Hamster kriechen könnte.“
Pablo spitzte die Ohren und legte den Kopf zur Seite. Nova kraulte das dichte, weiche Fell an seinem Hals. „Ich muss leider gehen“, sagte der Kater. „Ich habe Benji versprochen, so schnell wie möglich zum Palast zurückzukommen. Er hat ja meine Mitternachtswache übernommen. Jetzt steht er da schon ewig. Ich muss ihn dringend ablösen. Wir sprechen uns morgen, in Ordnung?“
Nova setzte Pablo schnell auf dem Boden ab. Manchmal vergaß sie, dass der kleine, tollpatschige Kater jetzt zu den berühmtesten Katzen von ganz England gehörte. „Klar“, sagte sie. „Und richte Benji bitte aus, dass ich ihm sehr dankbar bin.“
Pablo sprintete los. Vor nicht allzu langer Zeit wäre er dabei noch wild von einer Seite zur anderen geschlingert und an Mauern und Wände gestoßen. Doch inzwischen hatte das Training mit den Mitternachtskatzen seine Konzentration geschärft und Nova sah seinen Schatten schnurgerade in der Dunkelheit verschwinden.
Henry hatte die Hände in den Hosentaschen, als er neben Nova herlief. Obwohl er nichts sagte, wusste Nova, dass er sich Sorgen um sie machte.
„Mir fällt bestimmt bald etwas ein“, sagte sie, als sie den Turm schon fast erreicht hatten. „Es gibt ganz sicher eine Möglichkeit, wie wir Papa da rausbekommen.“ Sie schluckte. Es gab noch etwas, was sie Henry sagen wollte. „Vielen Dank, dass du mir immer hilfst.“
Zu Novas Erstaunen weckte ihre Mutter sie nicht wie angedroht wieder in der Dämmerstunde auf, um mit Edison zu trainieren. Im Turm waren schon laute Stimmen zu hören, als sie die Augen aufschlug. Eds war darunter, der anscheinend mit ein paar Gästen Fangen spielte und Ria rief laut nach einer Katze, deren Pfotenverband gewechselt werden musste.
Außerdem dröhnten ein paar Töne schauriger Katzenmusik aus der obersten Etage des Turms, wohin Hector sich das altmodische Grammophon hatte tragen lassen.
„Kein Unterricht heute Vormittag“, sagte Alice und küsste Nova auf die Stirn. „Horatio und ich müssen dringend mit dir und Henry reden.“
Nova zuckte zusammen. Sie griff nach Alices Hand. Es wäre wohl besser, jetzt schon den nächtlichen Ausflug zu gestehen, bevor ihre Mutter und Horatio auch noch Henry eine Standpauke hielten. „Warte“, sagte sie. „Können wir beide erst allein miteinander sprechen?“
Alice schüttelte den Kopf. „Leider nicht. Edison und Zia warten auch schon unten. Es gibt viel zu bereden. Aber danach machen wir beide einen Spaziergang. Versprochen! Und dann kannst du mir erzählen, was du auf dem Herzen hast.“
Edison und Zia? Was hatten die beiden denn mit dem missglückten Befreiungsversuch zu tun, fragte sich Nova. Sie zog einen Pullover über ihr T-Shirt und suchte nach ihrem Rock.
Ihre Mutter hatte das Zimmer schon wieder verlassen und klopfte jetzt an Henrys Tür.
Wenig später saßen sie mit Edison und Zia im Klassenzimmer. Erst verstand Nova nicht, warum sie sich nicht einfach auf den Sofas und Sesseln in der Küche trafen, aber dann begriff sie. Das Klassenzimmer hatte eine Tür, die man zumachen konnte. Dass diese jetzt tatsächlich geschlossen war, verursachte ein mulmiges Gefühl in ihrem Bauch.
Horatio saß vorn an seinem Pult, Edison und Zia dicht nebeneinander genau vor ihm. Alice lehnte an dem Tisch, den sich normalerweise Ed und Said teilten. Sie trug eine weiße Bluse mit Stickereien und Fledermausärmeln.
Für eine Sekunde überlegte Nova, ob sie sich einfach an ihren Tisch setzten sollte, an dem jetzt Henry Platz nahm. Aber dann lief sie nach vorn und stellte sich genau neben Edison und Zia.
„Was gibt’s?“, fragte sie und hoffte, dass Zittern in ihrer Stimme würde ihre Nervosität nicht verraten.
Horatio seufzte. „Also, wenn du mich fragst, Alice …“, begann er, doch Novas Mutter unterbrach ihn sofort.
„Ich weiß, was du denkst“, sagte sie freundlich, aber auch etwas ungeduldig. „Und ich wünschte mir auch, sie könnten ganz einfach nur in die Schule gehen und lernen, wie sie gute Felidix werden. Aber das hier sind außergewöhnliche Zeiten, Horatio. Und haben Nova und Henry uns nicht schon oft genug bewiesen, dass sie verantwortungsvoll und vernünftig handeln, wenn es von ihnen verlangt wird?“
Nova stieß mit ihrem Fuß gegen eine Kugelbahn, an der Ruby und Rick oft spielten. Ein paar der Metallkugeln plumpsten herunter und rollten über den Boden.
Wovon redeten Mama und Horatio bloß? Ging es doch nicht um gestern Nacht? Ihr Ausflug zum Docklands Gefängnis war weder verantwortungsvoll noch vernünftig gewesen.
„Manche Kinder werden eben früher erwachsen“, sagte Edison mit seiner samtweichen Stimme. Er rieb seinen Kopf an Zias Kopf und säuselte: „Du konntest bestimmt schon als Kätzchen geheime Botschaften entschlüsseln und Verschwörungen aufdecken.“
Zia lachte und fuhr mit der Pfote spielerisch über Edisons Ohr.
Nova freute sich, dass die beiden jetzt ein Paar waren, aber manchmal übertrieben sie das Verliebtsein doch gewaltig.
Horatio räusperte sich. „Wie dem auch sei. Nova, Henry, es gibt da ein paar Vorgänge, in die wir euch einweihen müssen. Ihr könnt euch sicher vorstellen, worum es geht.“
„Um Papa natürlich!“, entfuhr es Nova. Ihr Herz klopfte schneller. Also hatten Horatio und Alice sich doch Gedanken gemacht, wie man Marc aus dem Gefängnis bekommen könnte. Deswegen war Edison hier!
Der Kater hatte ihr ein Versprechen gegeben. Er würde ihr helfen, ihren Vater zu befreien. Mit ihm und Zia, Henry, Horatio und Mama – was konnte da schon schiefgehen? Gemeinsam würden sie es ganz sicher schaffen! Vor Erleichterung wäre Nova am liebsten in die Luft gesprungen.
„Nein, Nova“, unterbrach ihre Mutter ihre Gedanken und sah sie liebevoll an. „Ich verstehe, dass du dir Sorgen um Papa machst. Aber diesmal muss er weder ausbrechen, noch von uns befreit werden, denn inzwischen wissen wir mit Sicherheit, dass jemand deinem Vater den Einbruch in die Schuhe geschoben hat. Papa und ich haben Beweise dafür gefunden, als er kurz bei mir in Schottland war, bevor die Polizei ihn wieder verhaftet hat. Sie reichen vielleicht im Moment noch nicht, um die Polizei davon zu überzeugen, aber mit ein wenig Geduld wird sich das alles lösen lassen. Und dann kommt Papa ganz von selbst frei. Für immer!“
Alice ging auf Nova zu und nahm sie in den Arm. „Wenn wir Fergus besiegen, Nova, dann haben wir danach alle Zeit der Welt, um die Unschuld deines Vaters zu beweisen. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Und wir brauchen deine Hilfe. Edison und Zia haben die richtige Spur gefunden. Jetzt müssen wir alle zusammenarbeiten und Fergus ein für alle Mal loswerden!“
Nova schob ihre Mutter zurück. Sie sah, dass Horatio den Kopf gesenkt hielt und auf einen Stift starrte, der in seiner großen Hand furchtbar klein aussah.
„Warum bittest du uns erst jetzt um Hilfe?“, fragte Nova. „Habt ihr etwa die ganze Zeit ohne Henry und mich gearbeitet? Was ist los? Warum sieht Horatio so traurig aus?“
Alice seufzte tief. Sie war sehr blass und die dunklen Schatten unter ihren Augen waren noch stärker sichtbar als sonst. „Wir hätten euch Kinder gern aus dieser Angelegenheit herausgehalten. Doch in Schottland sieht es im Moment nicht gut aus. Ich habe gestern Nacht die Nachricht bekommen, dass Fergus Gwendolin und Angus dicht auf den Pfoten ist.“
Nova zuckte zusammen. Sie wusste, dass ihre Mutter und Horatio voller Sorge um die Katzen in Schottland waren. Vor allem um Gwendolin, Königin Quinns Schwester. Ruby und Rick, die Kinder von Gwendolin und Angus, waren hier in England in Sicherheit. Aber was würde geschehen, wenn Fergus mit Gwendolin tatsächlich ein Mitglied der englischen Katzenkönigsfamilie in seine Pfoten bekäme? Es wäre ein weiterer Sieg für den Katzentyrannen, gegen den ihre Mutter in den vergangenen Jahren so bitter gekämpft hatte.
Nova wusste, was Mama sagen würde und sie wollte es nicht hören. Sie wollte sich die Hände auf die Ohren pressen, aber es fühlte sich so an, als wäre ihr ganzer Körper zu einem Eisblock gefroren.
Alice zögerte, als wollte sie selbst die Worte nicht aussprechen, die Nova auf keinen Fall hören wollte. Doch dann sagte sie: „Die Katzen in Schottland brauchen mich. Ich muss heute noch nach Schottland zurückkehren. Und deshalb müssen du und Henry meine Aufgaben hier in London übernehmen.“
7
Alles drehte sich. Das Klassenzimmer mit seinen runden Wänden, die Tische, die Stühle, die bunten von der Decke hängenden Bastschnüre, an denen die Kätzchen oft spielten. Edison und Zia verschwammen vor Novas Augen, nur ihre Mutter drehte sich nicht. Nova sah ihren besorgten Blick.
Alice hatte also einen Plan. Einen ganz anderen Plan als Nova. Es ging um die Katzen in Schottland. Um Fergus, den widerlichen König der Federträger. Nova hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Reichte es nicht, dass ihre Mutter sie schon einmal wegen Fergus verlassen hatte? Acht Jahre lang war sie verschwunden gewesen.
Und jetzt wollte sie also wieder nach Schottland und gegen Fergus kämpfen. Und mehr noch: Sie verlangte von Nova, dass auch sie dabei half! Meine Aufgaben hier in London. Was sollte das überhaupt heißen?
Nova schüttelte den Kopf. „Nein!“, sagte sie. Es war das einzige Wort, das sie hervorbrachte.
Ihre Mutter streckte die Hand nach ihr aus, aber Nova wich zurück, immer noch benommen von dem Schwindel, den sie verspürte.
„Wir müssen erst Papa befreien“, sagte Nova, als sie ihre Stimme wiedergefunden hatte. „Er sitzt in einem schrecklichen grauen Kasten ohne Fenster, aus dem kein Fluchtweg führt. Ganz allein. Er kann ohne uns nicht entkommen. Wir müssen alle gemeinsam überlegen, wie wir ihn da rausbekommen. Wenn dir das nicht wichtig ist, kannst du ja nach Schottland fahren. Henry und ich und die Katzen schaffen das auch ohne dich!“