Monsieur Lecoq - Émile Gaboriau - E-Book

Monsieur Lecoq E-Book

Emile Gaboriau

4,7

Beschreibung

Ein Leckerbissen für Krimifreunde: Die Krimireihe mit dem Detektiv Lecoq spielt in den 1860er Jahren in und um Paris, kann sich jedoch in Spannung, Rafinesse und Ideenreichtum problemlos mit einem Henning Mankell oder einer Donna Leon messen. Aus Angst, früher oder später selbst das perfekte Verbrechen zu verüben, geht der junge Lecoq zur Pariser Sûreté, um ebensolche Fälle aufzuklären. Schnell macht er sich durch Beobachtungsgabe, Logik und Hartnäckigkeit einen Namen und gibt einem scheinbar klaren Fall die entscheidende Wende...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 381

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,7 (16 Bewertungen)
11
5
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Impressum

ISBN eBook 978-3-360-50033-5

Einer alten Übersetzung nacherzählt von Alice Berger

© 2012 Verlag Das Neue Berlin, Berlin

Umschlaggestaltung: Verlag

Das Neue Berlin Verlagsgesellschaft mbH

Neue Grünstr. 18, 10179 Berlin

Die Bücher des Verlags Das Neue Berlin

erscheinen in der Eulenspiegelverlagsgruppe

www.eulenspiegel-verlagsgruppe.de

Émile Gaboriau

Monsieur Lecoq

Kriminalroman

Das Neue Berlin

Der Faschingssonntag fiel in diesem Jahr auf den 20. Februar. Gegen elf Uhr abends verließ eine Streife von Agenten der Sûreté die Polizeistation an der ehemaligen Barrière d’Italie. Sie hatte den Befehl, in dem ausgedehnten Bezirk zwischen der Seine und der Straße nach Fontainebleau, den äußeren Boulevards und den Festungswerken nach dem Rechten zu sehen.

In diese Gegend wagte sich damals niemand allein, wenn es dunkel war. Die Soldaten der Forts, die um Urlaub zum Theaterbesuch nach Paris einkamen, erhielten für den Rückweg strenge Ordre, an der Barrière auf Kameraden zu warten und das Gebiet nur in Gruppen von drei oder vier Mann zu durchqueren. Am Tage eine menschenverlassene und vom Baugeschäft noch unerschlossene Ödnis, regte sich hier bald nach Mitternacht gefährliches Leben. Ein Schwarm Obdachloser und Entwurzelter, untermischt von verbrecherischem Gesindel, das die sehr oberflächlichen Formalitäten der schlechtesten Herbergen noch scheute, bezog zwischen den Trümmern verfallener Häuser, Schuppen, Keller die angestammten Quartiere.

Alles mögliche war versucht worden, das unheimliche Völkchen zu vertreiben, aber die rigorosesten Maßnahmen hatten nicht gefruchtet. Überwacht, verfolgt, gehetzt, ständig von Razzien bedroht, kehrten die unerwünschten Bewohner mit einer völlig unverständlichen Hartnäckigkeit wieder, wie von einer unwiderstehlichen Kraft getrieben. So war der Bezirk für die Polizisten etwas wie eine ungeheure Mausefalle, in die unaufhörlich aus freien Stücken frische Beute hineinging.

Das Wetter war denkbar scheußlich. Bis vor wenigen Tagen war sehr viel Schnee gefallen, aber nun hatte es zu tauen begonnen. Überall, wo der Straßenverkehr ein wenig lebhaft gewesen war, lag der Schmutz einen halben Fuß tief. Dabei blieb es weiterhin kalt; es herrschte eine nasse Kälte, die bis in die Knochen drang. Stellenweise lagerte der Nebel so dicht, daß man die Hand nicht vor Augen sehen konnte.

»Ein Hundeleben!« brummte einer der Polizisten.

»Ja«, sagte der Anführer der Streife, ein Inspektor, »ich glaub’s schon. Wenn du bloß deine dreißigtausend Francs Rente hättest, wärst du nicht mit uns!«

Alle lachten. Der Inspektor war ein Mann von allgemein anerkannter Autorität, vielleicht nicht übermäßig klug, aber die Winkelzüge und Kniffe des Metiers beherrschte er vollkommen. Lange Praxis hatte ihm unerschütterliche Sicherheit verliehen, ein stolzes Selbstvertrauen und eine Art grobschlächtiger Diplomatie. Diesen Vorzügen und Fehlern verband sich ein unbestreitbarer Mut; er streckte die Hand nach dem gefährlichen Verbrecher mit ebenso großer Gelassenheit wie die Betschwester, die ihren Finger in den Weihwasserkessel taucht.

Er war ein Mann von sechsundvierzig Jahren, stark gebaut, mit harten Zügen, einem martialischen Schnurrbart. Unter buschigen Brauen lugten kleine graue Augen hervor. Er hieß Gevrol. Für gewöhnlich aber nannte man ihn General, was seiner nicht geringen und allen Untergebenen wohlbekannten Eitelkeit nicht wenig schmeichelte.

»Wenn ihr jetzt schon jammert«, fügte er mit knarrender Stimme hinzu, »was soll dann nachher erst werden?«

In der Tat gab es noch nicht allzuviel Grund zu klagen. Noch marschierte der kleine Trupp auf der breiten Straße in Richtung Choisy, die Gehsteige waren verhältnismäßig sauber, und die hellen Fenster der Wirtschaften warfen genügend Licht.

Vor bestimmten Vergnügungsstätten kommandierte Gevrol »Halt!«, pfiff auf eine eigentümliche Art, und augenblicklich kam ein Mann heraus. Gevrol hörte die Rapporte der Polizeiagenten an, und der Marsch ging weiter. Allmählich näherte man sich den Festungswerken. Die Laternen wurden spärlich, und zwischen den Häusern klafften leere Räume.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!