Mord war mein Geschäft - O. F. Schwarz - E-Book

Mord war mein Geschäft E-Book

O. F. Schwarz

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Beschreibung

Ich bin Auftragsmörder. Wie ich dazu gekommen bin? Es war Gewalt, rohe, sadistische und vollkommen ungerechtfertigte Gewalt, ausgeübt an mir durch meinen Vater. Und als ich meinen ersten Auftragsmord ausführte, wollte ich instinktiv meine Familie töten. Und dies tat ich dann mit jedem weiteren Mord! Aber dieser Organisation, für die ich mordete, bin ich jetzt unbequem geworden. Nun jagen sie mich, mein Ende ist bereits programmiert. Aber Gott sei Dank bin ich diesen Mördern noch immer den entscheidenden Schritt voraus...

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Name:

Richard „Rick“ Peerfort

Alter:

36 Jahre

Größe:

195 cm

Gewicht:

97 kg

Haarfarbe:

brünett, Igelfrisur

Augenfarbe:

Bernstein

Beruf:

Koch-Kellner

Tätigkeit:

Auftrags-Mörder

Ich bin Mörder von Beruf. Wenn man so etwas überhaupt als Beruf bezeichnen darf. Oder heißt es dann doch besser Auftrags- oder Profi-Killer, wie der Volksmund es nennt? Ich töte auf Bestellung. Aber langsam werde ich nicht mehr fertig mit allem: obwohl ich ein Mensch bin, der immer nur nach vorne zu blicken trachtet und mir ein ausgeübter Mord keine Minute Nachtruhe raubt, kann man doch nicht abstreiten, dass das Auslöschen von Menschenleben das eine oder andere Mal unkontrolliert von der Erinnerung Besitz ergreift!

Und darum kann ich niederschreiben, wie es dazu kommen konnte, dass ich mich dieser eigentlich verabscheuungswürdigen Tätigkeit verschrieben hatte. Und wie das alles so abläuft und was ich in dem fesselnden, todbringenden Moment der Auftragserledigung wirklich empfinde. Und ob man in Anbetracht der brutalen Vorgeschichte dies alles vielleicht etwas differenziert betrachten und irgendwo doch verstehen kann…

Inhaltsverzeichnis

Jugend

Erste Begegnungen

Die Anfrage

Der Auftrag

Die Tat

„Dach & Fach GmbH A&A Ramberger“

Die Leere

Die Caligula-Runde

Die Caligula-Runde, eine Woche später

Die Caligula-Runde, zwei Wochen später

Der Bote

Der Vertrag

Der Auftrag

Zürich

Die Caligula-Runde

Gleisdorf

Caligula: mehr Infos, rasch!

Die Caligula-Runde

Das Gewissen

Der 4. Auftrag

Die Caligula-Runde

Erste Unruhe

Im Hotel

Linz

Galtschews Tod

Postoperative Beschwerden

Die Caligula-Runde

Unheimliche Partner

Die Mord-Maschine läuft

Irene

Die Caligula-Runde

Eine Anweisung

Der Fehler

Das Verbot

Die Warnung

Die Feindin

Irenes neuerlicher Versuch

Die Opfer leben…

Albträume

Irene Berninger

Die China-Runde

Jun Hang Lins Entscheidung

Die Caligula-Runde

Erste Unsicherheit

Das Match

Der Anfang vom Ende

Die China-Runde

Kommissar Schreiber

Die Caligula-Runde

Der Auftrag

Die China-Runde

Die Caligula-Runde

Die Scouts

Der Schock

Die Caligula-Runde

Der nächste Schock

Kommissar Schreibers Chance

Der Deal

Ein Jahr danach

Der Feind

Das Ende

Nachwort des Verfassers

Jugend

Ich weiß nicht genau, ab wann ich wissentlich mitbekam, dass mein Eltern mich nur als Belastung sahen: aber genau weiß ich, dass sie es mich laufend spüren ließen! Nichts gab es, das ich für sie recht machen konnte. Mutter war Hausfrau und total affig verliebt in meine um zwei Jahre jüngere Schwester Ria. Ihr gab sie all ihre Liebe und Zuwendung. Keinen Wunsch schlug sie ihr ab und wenn ich es einmal wagte, meiner Schwester ein Stück Schokolade wegzuessen, setzte es von Mutter eine Tracht Prügel, die sich gewaschen hatte! Aber nicht nur von ihr, nein! Wenn Vater abends von der Arbeit heimkam, wurde ihm mein Vergehen sofort mit- und daraufhin seine Ohrfeigen an mich ausgeteilt!

Es nahm somit nicht Wunder, dass ich ehestmöglich begann, mich langsam diesen Züchtigungen zu entziehen: ich war in ein Alter gekommen, das es mir erlaubte, mich mehr Zeit außer als im Haus aufzuhalten. Die Beziehung zu meiner Schwester, die mich, wo immer sie nur konnte, in ihrer sadistischen Art bei unseren Eltern verpfiff, war mir vollkommen egal geworden. Sollte sie doch machen was sie wollte!

Nachdem ich nun nur mehr abends zu Hause anzutreffen war, ersann sie aus reiner Bosheit irgendwelche Übeltaten, mit denen sie mich bei Mutter anschwärzte. Das war extrem gemein, denn Mutter glaubte ihr ohne nachzufragen und fing mich meistens bereits bei der Eingangstüre ab, um mir einige völlig unerwartete Ohrfeigen zu verabreichen. Ich wusste meist überhaupt nicht, worum es ging, aber das war den beiden egal. Lustvoll erwarteten sie die Ankunft unseres Vaters und auch dieser fragte nicht viel: er rief mich zu sich ins Wohnzimmer, wo er in seinem Lesefauteuil saß. Und wenn ich dann vor ihm stand, beugte er sich leicht vor, sah mir kurz in die Augen, sagte kein Wort und haute mir zwei, drei kräftige Ohrfeigen runter.

Als ich noch kleiner war, flog ich bereits bei der ersten Watsche einige Schritt zurück durchs Zimmer und dies ersparte mir manches Mal weitere „Empfänge“. Nun aber war ich bereits 17 Jahre alt, für mein Alter groß gewachsen, stand da wie ein junger, elastischer Baum und nahm diese unverdienten, gar nicht sanften Züchtigungen nach außen hin stoisch an. Mit jedem Schlag aber, den ich empfing, stieg der Hass gegen meine Familie. Gegen meine eigene Familie, die mir nie die Chance auf ein trautes, gemeinsames Zuhause gewährt hatte!

Es war unausweichlich, dass dieser aufgestaute und angespannte Hass irgendwann den befreienden Ausbruch suchte und diesen auch fand: Wieder einmal rief mich Vater zu sich, deutete mit sadistischem Grinsen auf den Platz knapp vor seinem Fauteuil und erwartete meine Aufstellung dortselbst. Ich jedoch blieb stehen, wo ich stand, also ca. zwei Meter entfernt von ihm und rührte mich nicht. Mein Herz klopfte wie wild, aber ich hatte mir geschworen, diese ungerechten Züchtigungen ab sofort nicht mehr so widerspruchslos hinnehmen zu wollen! Es war ein höchst anstrengender Tag im Betrieb gewesen. Mein Chef hatte mich in seiner cholerischen Art vor aller Augen runtergemacht, ich wusste eigentlich nicht, wofür, aber es waren sicherlich die letzten Millimeter der Lunte, die mein aufsteigender Zorn verbrannte!

Und jetzt noch die zu erwartende körperliche Zurechtweisung durch den Vater? Nein, nein und nochmals nein! schrie ich mir innerlich zu! Ab sofort wird Schluss gemacht mit diesem verkomplexten, primitiven, sadistischen Profilierungs-Gehabe!

Also rührte ich mich nicht und wartete seine Reaktion ab. Er war sichtlich erstaunt, schüttelte leicht seinen Kopf und deutete wiederholt auf den Platz vor sich hin. Nun zeigte ich ihm, dass er heute mit mir nicht zu rechnen brauchte: ich schüttelte ebenfalls den Kopf und blieb stehen! Er ließ seine Zeitung sinken, sah einige Sekunden auf den Boden, dann nach links und nach rechts, so als ob er soeben einen falschen Film gesehen hätte!

Nun sah er auf, blickte mir in die Augen während die Finger seiner nach oben gedrehten Hände mich erneut zu sich hin winkten. Ich schluckte noch einmal schnell und dann sagte ich mit bebender, belegter Stimme:

„Und wenn du dich aufhängst, Vater, ab sofort ist es aus mit Schlagen, ja?“

Er wartete einige Sekunden, erhob sich und trat auf mich zu. Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen er holte tief Luft und zischte mir zu:

„Ach ja! Unser kleiner Scheißer meint, frech werden zu dürfen! Na, da habe ich doch gleich die richtige Antwort darauf!“

Und damit holte er weit aus und ließ seine Hand auf meine rechte Wange niedersausen! Es klatsche laut, aber ich spürte es überhaupt nicht! Im Geiste sah ich nur Mutter und Ria, wie sie sich in der Küche zufrieden anfeixten! Jetzt holte er ein zweites Mal aus, seine Hand jedoch schaffte es nicht mehr bis an ihr Ziel: blitzschnell war meine rechte Faust vorgeschnellt und traf ihn genau über den Augen! Er stolperte nach rückwärts, fiel in seinen Fauteuil, wo er total benommen sitzen blieb!

Ich wartete noch einige Sekunden, bis er sich halbwegs fangen konnte. Nun stand er unsicher auf, stierte mich blöde an, machte einen Schritt auf mich zu und holte wiederum aus. Meine Linke sauste vor, packte ihn am Hals und drückte fest zu. Seine Gesicht bekam Farbe, seine Augen traten aus den Höhlen, ich aber ließ nicht locker! Während er mit beiden Händen verzweifelt versuchte, meine Hand von seinem Hals zu zerren, wankte er zurück und fiel wieder in den Fauteuil.

Es war solch ein unbändiger Hass in mir auf diesen Menschen, der mein Vater war! Ich drückte weiter zu, da hörte ich, wie die Tür geöffnet wurde und Mutter herein kam. Sie schrie entsetzt auf, lief von links zu uns her und versuchte, mich von ihm weg zu drängen! Während sie mit aller Kraft an meinem Arm zerrte, der Vater in den Fauteuil drückte und ihn zu ersticken drohte, holte ich mit meiner Rechten weit aus und verpasste ihr eine derart kräftige Ohrfeige, dass sofort Blut herumspritzte und sie drei bis vier Meter bis hin zur Zimmertüre flog! Dort lag sie nun benommen und versuchte instinktiv, sich aufzurichten.

Nun erkannte ich, dass Vater bereits ohnmächtig geworden war, machte mir aber diesbezüglich keine großen Sorgen! Das Gefühl für den brutalen Vater stirbt schneller als der Vater selbst! Keinerlei Regung war in mir: ja nicht einmal das Herz schlug schneller und meine Hände zitterten nicht! Ich ließ nun von ihm ab, richtete mich auf und ging an Mutter, die weiter versuchte, auf die Beine zu kommen, vorbei, hinüber in mein Zimmer.

Zuvor öffnete ich unseren Abstellraum und entnahm ihm zwei Reisekoffer. Mit diesen begab ich mich in mein Zimmer und begann zu packen. Mitten in meine Tätigkeit hörte ich meine Schwester aufkreischen und unverständliche Worte schreien! Das berührte mich überhaupt nicht, doch gleich danach stürmte sie in mein Zimmer, blieb keuchend an der Türe stehen und schrie mich an:

„Du Schwein, du! Du wolltest Vater umbringen! Du Mörder! Dafür kommst du lebenslang ins Gefängnis!“

Sie hielt schwer atmend inne und ich unterbrach meine Tätigkeit. Dann richtete ich mich auf, trat auf sie zu, sodass unsere Gesichter nur eine Handbreit voneinander entfernt waren. Ich richtete meinen wilden Blick auf ihre Augen und konnte bemerken, wie plötzlich Panik in ihr hochkroch! Dann sagte ich leise, und sie konnte jedes meiner Worte genau verstehen:

„Jetzt hör mir einmal genau zu, du kleines Dreckschwein! Erstens habe ich Vater nur die längst fällige Abrechnung serviert! Er hat davon keinen Schaden genommen, du kannst sicher sein! Die Ohrfeige für Mutter, die war ebenfalls gerechtfertigt und das weiß sie haargenau! Und die Dritte in diesem primitiven Bunde, die bist du! Ich möchte dich nicht Schwester nennen, die bist du nie für mich gewesen! Da gibt es Null familiäre Bande, denn die hast du mit deiner blöden, petzerischen Art gezielt und kontinuierlich zerstört! Also, dass ich dir jetzt ein paar ordentliche Watschen reinhauen sollte als Dank dafür, das wäre eigentlich meine Pflicht! Was meinst du dazu?“

Ich sah, wie sich ihre Augen entsetzt weiteten, sie öffnete ihren Mund und begann vor Angst, leise zu wimmern! Vor Schreck stand sie wie erstarrt vor mir und ich hob nun langsam und genüsslich meinen rechten Arm, so als wollte ich meine Worte wahrmachen!

Sie schrie nun leise auf, hob ihre Arme schützend über ihren Kopf und sank vor mir nieder! Da kniete sie nun, schluchzend, ein kümmerliches Häufchen Schuld, das nie begriffen hatte, was sie jahrelang mit ihren Verleumdungen gegen mich wirklich angerichtet hatte!

Ich ließ sie wimmernd weiterknien und kümmerte mich nicht mehr um sie. Ich wandte mich von ihr ab und fuhr fort, meine Sachen einzupacken. Als ich fertig war, kauerte sie noch immer da, geschüttelt von angstvollem Weinen! Ich stellte meine beiden vollgepackten Koffer hinaus zur Eingangstüre und ging nochmals zurück ins Wohnzimmer. Dort lag Vater schwer atmend in seinem Fauteuil, Mutter saß mit blutender Nase neben ihm und hielt seinen Kopf in ihrem Arm.

Ich sah sie beide einige Sekunden emotionslos an, dann sagte ich ruhig:

„Traurig für euch ist nur, dass ihr ab sofort niemanden mehr habt, auf den ihr hinhauen könnt! Das Gute daran ist, dass ich euch nicht umgebracht habe: sonst wäre eure blödsinnige Tochter ja ganz alleine in der Welt dagestanden!“

Sie hatten mich verstanden, zumindest fühlte ich es so. Ich machte auf dem Absatz kehrt, nahm meine Koffer auf und verließ mein elterliches Heim. Und während ich langsam die Treppe im Stiegenhaus hinunterging, stieg plötzlich ein derart befreiendes Glücksgefühl in mir hoch, dass ich am liebsten laut gesungen hätte!

Sie hatten ihren Sohn verloren, ja! Aber in Wahrheit hatten sie mich ja schon viel früher verloren: nichts war mehr in mir da für sie, schon seit Jahren! Sie hatten es nicht gemerkt, sie hatten diesen ungeliebten Sohn sadistisch benutzt als angenehmen Reibebaum für ihren selbst produzierten Frust!

Die ersten paar Nächte kam ich bei einem Berufskollegen unter, doch bald darauf bezog ich eine kleine, aber gemütliche Zwei-Zimmer-Wohnung im 2. Wiener Gemeinde-Bezirk. Noch nie in meinem jungen Leben hatte ich Freiheit und Unabhängigkeit so sehr genossen wie zu dieser Zeit! Ich vermisste weder Geborgenheit noch Liebe, war mir doch davon noch nie auch nur annähernd gegeben worden!

Erste Begegnungen

Etwa zur selben Zeit hatte ich meine gastronomische Lehre mit mäßigem Erfolg abgeschlossen und war danach auf Stellensuche. Der Zufall wollte es, dass ich einen auf Grund meines Alters zwar nicht unbedingt erlaubten, aber sehr gut bezahlten Posten als Kellner in einem Nachtlokal im 2. Wiener Gemeindebezirk, nämlich in der Rosie-Bar, antreten durfte. Die Besitzerin des Lokals, eine etwa 50-jährige stark blondierte Ex-Dirne mit Namen Lara Feichtinger hatte gleich einen Narren an mir gefressen und meinte, sie würde mich als Aushilfskraft anmelden. Die Wahrheit aber war, dass sie mir gleich von Anfang an im vollsten Vertrauen die Führung des Lokals überließ. Sie besaß noch zwei weitere Nacht-Cafés sowie einen weithin bekannten Nachtclub. Zusätzlich betrieb sie höchst erfolgreich zwei Stundenhotels: sie kam eben aus der Branche und hatte im richtigen Alter zur richtigen Zeit die richtigen Entscheidungen getroffen.

Sie hatte nicht nur eine gute Hand fürs Personal, darüber hinaus pflegte sie auch ausgezeichnete Beziehungen zu den Behörden. Nie hatte sie Schwierigkeiten mit Ämtern, insbesondere deshalb, weil im Falle von kleineren Reibereien mit Paragraphen-Reitern die zuständigen Abteilungs-Chefs von ihren Damen kostenlos „bedient“ und daraufhin die jeweiligen Akten stillschweigend geschlossen wurden!

Sie kam jeden Samstag um 16 Uhr 30 in Rosies Bar, um mit mir die wichtigsten Punkte wie Bestellungen, Abrechnungen, behördliche Erledigungen, etc. zu besprechen. Mein Dienst dauerte von 18 Uhr bis 4 Uhr früh, meist aber sollte ich vor 6 Uhr morgens aus dem Lokal nicht rauskommen.

Die nächsten drei Jahre lebte ich mich in der Rosie-Bar wirklich gut ein, verdiente für meine 20 Jahre relativ viel Geld und hatte mir eine andere, komfortablere Wohnung nicht weit von meiner Arbeitsstelle angemietet. Da sowohl diese Wohnung als auch Rosies Bar nicht weit vom Stadtzentrum entfernt lagen, benötigte ich auch kein Auto.

Als Küchen- und Schankhilfe arbeitete mit mir Nana, eine kleine hübsche, schwarzäugige Bulgarin. Sie war unglaublich flott bei der Arbeit, hatte immer ein Lachen auf dem Gesicht und wir verstanden uns prächtig! Eigentlich sollte sie ihren Dienst ebenso lange tun wie ich auch, meistens jedoch schickte ich sie schon gegen zwei oder halb Drei Uhr nach Hause: die paar Kaffees, Biere, etc. und ein eventueller Schinken-Käse-Toast, die da noch bestellt wurden, also die schaffte ich auch alleine! Und Nana musste dann am nächsten Tag nicht bis Mittag schlafen und hatte tagsüber mehr Zeit für ihre Familie!

Meine Arbeitsstätte, die weithin bekannte Rosie-Bar, war ein richtiges Zuhälter-Lokal und eine Spielhölle dazu! Ich weiß nicht, was ich tat, aber diese arbeitsscheuen, feigen aber meist brutalen Typen fanden Gefallen an mir. Möglicherweise deshalb, da ich immer ein lustiges Wesen zur Schau trug und mir eigentlich nichts gefallen ließ. Naiverweise.

Eines Abends, es war bereits nach Mitternacht, bestellte einer der Strizzis bei mir einen kleinen Mokka. Klausi, wie sie ihn alle riefen, war von kleiner und eher zarter Statur. Er trug bevorzugt schwarze Hosen, immer ein blitzweißes, langärmeliges Hemd und darüber ein dunkelgraues Gilet. Das immer sehr weit aufgeknöpfte Hemd zeigte, wie es bei Zuhältern üblich ist, was er sich an Gold eben so leisten konnte: eine schwere Panzerkette, als Anhänger ein überdimensionales Kreuz. Alles natürlich in Ausführung 24 Karat!

Klausi war mir an diesem Abend schon unangenehm aufgefallen, denn er hatte einen „Leichten in der Krone“, wie es der Volksmund nennt! Ich brachte ihm den Kaffee, stellte diesen vor ihm ab und wollte mich wieder entfernen. Da riss er mich plötzlich, auf der gepolsterten Bank sitzend, brutal am Arm zurück und fauchte mich an:

„Bitte sehr, mein Herr! heißt das! Hast du verstanden? Bei mir wirst du lernen, dich zu benehmen, ok?“

Ich rührte mich nicht, blickte ihm nur in die Augen und wartete. Mein Herz klopfte wild, es wäre ja nicht das erste Mal, dass ein Kellner oder eine Kellnerin mit einer Kugel im Bauch auf dem Boden eines dieser verrufenen Lokale verreckt waren! Ich sah ihm weiter fest in seine Augen und bemerkte am Nachlassen seines Griffes an meinem Arm seine plötzlich aufsteigende Unsicherheit! Einige Sekunden kämpfte er mit sich und wusste nicht, wie er sich weiter verhalten sollte! Dann siegte sein Stolz, er ließ meinen Arm los, stand auf und holte mit seiner geballten Faust aus. Mitten in diese Bewegung bekam er von mir auf seine rechte Wange eine Ohrfeige, die durch das ganze Lokal zu hören war! Bevor er sich fangen konnte, war ich bei ihm und schon saß ihm die Zweite im Gesicht, jetzt auf die linke Wange!

Der schmächtige Klausi flog ungebremst über drei Marmortische, stieß diese und alle dazugehörigen Stühle um und landete in der Ecke neben der Toilettentüre, wo er benommen liegenblieb! Es war totenstill im Lokal. Vorerst wusste ich auch nicht, wie es nun weitergehen sollte, aber ein natürliches Gefühl gebot mir, zu ihm hinzugehen und ihm aufzuhelfen. Ich stellte den nächstliegenden Stuhl auf, zog meinen Widersacher vorsichtig hoch und setzte ihn darauf.

Er war noch immer benommen und konnte überhaupt nicht erfassen, was hier eigentlich vorgegangen war! Ich konnte das verstehen, hatte ich doch meine Körpergröße, mein Gewicht sowie all meinen aufgestauten Zorn über die ungerechtfertigten familiären Züchtigungen der letzten Jahre in diese beiden Schläge gelegt! Leider war heute Abend eben Klausi derjenige, der diese Entladung zu spüren bekam!

Ich ging langsam an ihm vorbei hinter die Bar, füllte ein Glas mit Leitungswasser sowie einen Cognac-Schwenker halb voll mit billigem Fusel und brachte ihm beides. Zuerst reichte ich ihm das Glas mit Wasser. Langsam kam er zu sich, sah mich verwundert an und nahm dann das Glas entgegen. Er trank einige Schlucke, spuckte alles wieder aus und rief angewidert:

„Bist verrückt? Wasser bringst du mir? Das ist ja entsetzl…“

Bevor er ausreden konnte, hielt ich ihm schon den Cognac-Schwenker hin! Klausi riss ungläubig die Augen auf, dann nahm er den Schwenker und stürzte den Inhalt mit einem Zug hinunter! Sodann wechselte er das Glas in die linke Hand, stand auf, sah mich kurz an und reichte mir die rechte Hand:

„T´schuldigung!“ sagte er laut vor allen Gästen „Das war idiotisch von mir! Bist ein Pfunds-Kerl, das sag ich dir! Danke für die Zurechtweisung, Junge! Und jetzt an alle hier!“ Er wandte sich den Gästen zu: „War richtig, dass ich heute mein Deputat bekommen habe! Der Rick ist ein Super-Kerl und niemand hat das Recht, ihn anzupöbeln! Ich betrachte die Angelegenheit als erledigt, ok?“

Damit wandte er sich wieder mir zu und wartete mit schief gelegtem Kopf. Ich begann zu lächeln, nicht alleine wegen seiner Einsicht und Entschuldigung, sondern auch deswegen, weil diese Auseinandersetzung so glimpflich für mich ausgegangen war! Was ich jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen konnte: Ich war mit diesen beiden Ohrfeigen eine Größe in Wiens Nachtleben geworden! Und schon kurze Zeit später kamen in Wiens nächtlicher Lokalszene erste Gerüchte über den nicht ungefährlichen Ober aus der Rosie-Bar auf!

Nicht lange nach diesem Vorfall kam mir zu Ohren, dass ich nicht nur keine Angst vor irgendwem hätte, ich würde auch eine Pistole bei mir tragen und keine Hemmungen haben, Gebrauch davon zu machen! Weiters hätte ich trotz meiner Jugend bereits zwei Jahre in einer Strafanstalt verbüßt, angeblich wegen tätlichem Angriffs auf drei Polizeibeamte! So richtig recht war mir das alles nicht! Praktisch jeden Abend betraten neue Nachtschwärmer das Lokal, um diesen „gefährlichen“ Ober kennenzulernen! Und was das Beste daran war: immer wieder wollten einige der Neuankömmlinge Streit mit mir anfangen! Nach einigen dieser Vorfälle passierte dann Folgendes:

Zwei Zuhälter aus dem Nachbarbezirk, sie sahen aus wie Pat und Patachon, stänkerten mich eines späten Abends blöde an. Wie auf Kommando erhoben sich unisono meine Zuhälter-Stammgäste, bildeten einen geschlossenen Kreis um die beiden und mein ehemaliger Widersacher Klausi war es, der leise sagte:

„Wenn Ihr ernste Probleme haben wollt, nur weiter so! Der Rick steht unter unserem Schutz, verstanden? Und jetzt: tschüss, meine Herren! Aber dalli, dalli!“

Klugerweise erkannten die beiden Stänkerer, dass sie, sollten sie weiter die Gefahr suchen, von hier direkt in die Notaufnahme des nächsten Spitals gebracht worden wären! Sie hoben leicht und entschuldigend die Arme, drehten ab und verließen das Lokal! Ich war nicht nur ein Held der Szene, ich hatte mit einem Mal auch meine eigene „Leibgarde“, zumindest hier im Lokal!

Möglicherweise wäre alles langsam, wie die Zeit es nun einmal so an sich hat, im Sande verlaufen. Aber mein Schicksal hatte anderes vor mit mir:

Es war ein sonniger, nicht zu heißer Samstag-Abend im Juli und ich hatte bereits Sessel und Stühle auf unserer Terrasse vor dem Lokal aufgestellt. Es dauerte wie üblich nicht lange und alle Tische waren besetzt. Das war gut fürs Geschäft, weil im Sommer nur eine verschwindend kleine Anzahl von Gästen sich im Lokal aufhielt.

Gerade hatte ich unsere Zuhälter-Stammpartie mit Kaffee und Bier abgefertigt und wollte die Bestellungen neuer Gäste aufnehmen, da hielt mich Klausi plötzlich unauffällig am Arm zurück:

„Achtung, Rick!“ murmelte er, wobei er die Gasse hinaufsah „Ich glaube, Du kriegst Besuch!“

Dabei zog er meinen Arm und somit auch meinen Oberkörper mehr zu sich herunter. Meine Hand war nun für alle Gäste nicht sichtbar unter der Tischplatte angelangt. Plötzlich fühlte ich, wie Klausi mir etwas Kühles, Metallenes in die Hand drückte! Ich sah sofort hinunter und erblickte einen Smith & Wesson - Colt!

„Hey!“ zischte ich ihm zu „Was soll der Scheiß, Klausi?“ Er blickte mich ausdruckslos an und meinte:

„Wehr dich einfach, Rick! Wehr dich! Ansonsten brauchen wir hier einen neuen Ober!“ Dann fügte er noch hinzu: „Sie ist entsichert und voll geladen, Junge!“

Ich hatte mich aufgerichtet und die Pistole unauffällig in die rechte Außentasche meines weißen Kellner-Jacketts verschwinden lassen! Nun bemerkte ich die beiden Männer, die eben die Terrasse betraten. Es handelte sich um die beiden Stänkerer vom letzten Mal, die meine Zuhälter-Runde aus dem Lokal gewiesen hatte! Beide trugen hellgraue Anzüge, ihre schwarzen Hemden waren weit aufgeknöpft. Sie steuerten auf einen mit drei Touristen besetzten Tisch zu, beugten sich zu den Gästen hinunter und der größere der beiden sagte leise etwas zu ihnen. Daraufhin erhoben sich alle drei, legten Geld auf den Tisch und verschwanden schleunigst!

Die beiden nahmen Platz, erblickten mich und winkten mich an ihren Tisch. Ich holte tief Luft, sah noch einige Sekunden auf den Boden vor mir und überlegte. Hier draußen am helllichten Tage würden auch diese beiden es nicht wagen, eine Schießerei anzufangen! Darum entschloss ich mich, mir ihre Wünsche einmal anzuhören.

Ich blieb kurz vor ihnen stehen, die rechte Hand in meiner rechten Jackentasche. Ein untrügliches Zeichen, dass ich dortselbst mit Sicherheit kein Päckchen Kaugummi versteckte!

„Meine Herren?“ fragte ich in normaler Lautstärke „Womit darf ich dienen?“

„Du wirst in Kürze überhaupt niemandem mehr dienen können!“ zischte der Kleinere der beiden, indem er sich leicht zu mir her beugte „Solche Scheiß-Legenden wie dich brauchen wir hier in unserer Branche eigentlich gar nicht! Was meinst du dazu?“

Ich ließ meine Hand in der Jackentasche und fragte nochmals unbeirrt und höflich: „Meine Herren, womit darf ich dienen?“.

„Du darfst den Boden hier vor uns aufschlecken, du mieses Arschgesicht!“ schrie plötzlich der Größere. Zwei Gäste waren aufgesprungen und riefen: „Zahlen, Herr Ober!“

Ich wandte mich an sie, zuckte entschuldigend mit den Schultern und antwortete, indem ich den linken Arm weit von mir ausstreckte:

„Pardon, meine Herrschaften, das hier tut mir leid, aber überall gibt es solche verkomplexten Idioten, die meinen, sie könnten die Welt beherrschen! Und was sie wirklich darstellen, das zeige ich Ihnen gleich!“

Und mit meinem letzten Wort, schoss meine linke, zur Faust geballte Hand zurück Richtung Feind und landete mitten im Gesicht des Größeren! Nun war ich ja nicht gerade ein „G´ripperl“, ein Schwächling, wie man in der Fachsprache zu sagen pflegte: mit meinen 1,95 m Körpergröße und knappen 95 kg Lebendgewicht kann man im Notfall höchst effiziente Energien entwickeln!

Der Schlag kam für ihn völlig überraschend: sein Kopf wurde mit unglaublicher Wucht zurückgerissen, sein Körper rutschte in seinem Stuhl zusammen, wobei sein Kopf nach hinten herunterhing! Zeit, um mir seine eher unglückliche Position zu betrachten, gab ich mir jedoch keine: mit einem Schritt war ich bei dem Komplizen, riss ihn an den Revers seines Anzuges hoch und von den Tischen weg Richtung Lokaleingang! Einen schweren Schwinger in die Magengrube, dann zwei kurze trockene Faustschläge in das wieder aufgerichtete Gesicht und mein Widersacher lag benommen auf dem Trottoir.

Alles war so schnell abgelaufen, dass eigentlich niemand von den Gästen dazugekommen war, das Lokal verlassen zu können! Sie alle saßen noch immer wie versteinert an ihren Tischen und kamen langsam dahinter, dass sie soeben Zeugen einer kleinen Unterwelts-Fehde geworden waren!

„Diese kleine Störung tut uns außerordentlich leid, sehr liebe Gäste!“ rief ich reaktionsschnell „Jeder Gast bekommt ein Getränk auf Haus!“ Damit war die Starre gelöst! Man begann wieder zu tratschen, mittendrin hing noch immer der Erstgetroffene in seinem Stuhl, sein schwer getroffener Kumpel mühte sich eben, vom Trottoir hochzukommen.

Nun erhoben sich meine Zuhälter-Freunde wie auf Kommando, packten beide Störenfriede und brachten sie ins Lokal zum Auskurieren. Der Geschäftsgang hatte nicht unbedingt gelitten, wenn man von der Gratis-Runde für die Gäste absah. Aber diese Summe war ein Klacks im Vergleich zu dem, was möglicherweise passiert wäre, hätte ich den beiden nicht rechtzeitig Einhalt geboten!

Ich hatte die Bestellungen aufgenommen und begab mich ins Lokal, um die Getränke zu besorgen. Kaum war ich eingetreten, nahm mir der plötzliche Unterschied von hell zu dunkel vorerst für einige Sekunden die Sicht! Ich blieb kurz stehen und erkannte, dass die beiden Störenfriede meine vier Zuhälter-Freunde mit Pistolen in Schach hielten! Meine Freunde standen mit erhobenen Armen wie aufgereiht an der Bar, die beiden Fremden saßen locker an einem der Tische an der Wand und hielten ihre Waffen in den Händen! Meine erste Sorge galt unserer Nana, aber sie dürfte rechtzeitig nach hinten weggetaucht sein!

„Ah!“ rief der Größere, dem noch immer etwas Blut aus seiner Nase tropfte, in meine Richtung „Da ist ja unser Supermann!“ Nun wandte er seinen Kopf zu seinem Kollegen hin, wobei er mich kurz aus den Augen lassen musste: „Jetzt aber werden wir gleich sehen, was er aushalten kann, der Herr Obergut, wie?“

Der Schuss aus meiner Smith & Wesson 357-er Magnum kam fast gleichzeitig mit dem aus der Waffe des Kleineren! Natürlich hatte ich die Sekunden der Unaufmerksamkeit des Größeren genutzt, meine Waffe zu ziehen und zuerst den Kleineren, der - wie er meinte, unbemerkt - zu seiner Waffe gegriffen hatte, aufs Korn genommen! Ich spürte, wie etwas an meinem rechten Ohr vorbeizischte, duckte mich instinktiv ab und ging in die Knie, während ich mich dem zweiten Gegner zuwandte! Der hatte, verwirrt und abgelenkt durch meinen überraschenden Angriff auf seinen Partner, seine Pistole erst jetzt auf mich gerichtet. Ich riss meine Waffe hoch und beide feuerten wir! In selben Augenblick, als sein Projektil den großen Wandspiegel hinter mir in tausend Scherben zerfetzte, sah ich, wie es ihm seinen Kopf zurück riss und er auf der mit rotem Kunstleder bezogenen Sitzbank langsam in sich zusammensackte!

Alles war blitzschnell vor sich gegangen! Der Kleinere, mein erstes Opfer, lag vor dem Tischchen auf dem Boden in seinem Blut, Arme und Beine weit von sich gestreckt, meine Kugel hatte ihm die Halsschlagader zerfetzt! Neben ihm lag seine Waffe, ein Riesending, ich glaube eine 9 mm Irgendwas, meinen zweiten Gegner hatte ich in den Kopf getroffen, seine Waffe, ein eher zierlicher Revolver, lag neben ihm auf der Bank!

Noch nie in meinem Leben hatte ich eine Waffe in der Hand gehalten! Und nun hatte ich zwei Menschen erschossen: ich hatte instinktiv auf die Mitte der beiden Körper gezielt, durch den Munitions-Hochschlag der Waffe jedoch wurden beide in den Kopf bzw. in den Hals getroffen!

Nachdem die Schüsse unüberhörbar gefallen waren, hatten auch die Gäste genug und als ich hinaustrat in den warmen Sonnenschein, saß kein Mensch mehr auf der Terrasse! Einige Passanten vis-a-vis sahen mich aus dem Lokal herauskommen, schrien erschreckt laut auf und verschwanden wie vom Teufel gehetzt um die Ecke! Nun erst begriff ich: ich stand da, noch immer die Smith & Wesson in meiner herabhängenden Rechten!

Nun trat auch meine Zuhälter-Runde aus dem Lokal heraus auf die Terrasse: sie verabschiedeten sich und wollten schnurstracks zumindest Gasse oder Bezirk verlassen! Nicht jedoch mit mir, meine Herren! dachte ich, so einfach wird das alles jetzt nicht ablaufen! Ich schüttelte meinen Kopf, steckte meinen Revolver in die Jackentasche zurück und sagte:

„Burschen! Wir sollten jetzt keinesfalls in die Hosen scheißen, ja? Das war reinste Notwehr und nur ihr vier werdet das bezeugen, oder? Na?“ hakte ich nach, als ich keine Reaktion bekam. Alle vier nickten ergeben „Also muss das hier eine kerzengerade Geschichte werden! Das einzige Problem wird sein, wo ich denn eine Waffe herhabe? Das ist doch klar, Burschen: die habe ich dem Größeren der beiden da drinnen entwunden! Da hatte der doch glatt noch eine Pistole hervorgezaubert, naja, und dann ist die Schießerei losgegangen! Also, hinein mit uns fünfen, die ganze Geschichte wird jetzt Punkt für Punkt zubereitet und auswendig gelernt, ja?“

Kurz gesagt: wir hatten alles unter Kontrolle, die Angelegenheit verlief im Sande, es handelte sich lt. Untersuchungsbericht um eine Notwehr-Situation und kein schuldiger Täter war auszumachen gewesen! Unser Lokal behielt seinen ruhmreichen Namen, ich ebenso und wir und die Welt wurden mit dieser Schießerei ohne Probleme fertig!

Eines jedoch beschäftigte mich tage- und wochenlang: ich hatte zwei Menschen erschossen und nicht ein Jota Gewissenbisse dabei verspürt! Wir hatten das Lokal bereits zwei Tage nach dieser Schießerei wiedereröffnet, so als ob nichts Derartiges vorgefallen wäre! Sogar meine Zuhälter-Runde beobachtete verstohlen meine Kaltblütigkeit: Zwei Menschen waren tot und ich servierte bereits zwei Tage später Kaffee, Apfelstrudel und Wein, ohne auch nur ein einziges Mal mit den Händen zu zittern!

Auch nachts in meiner kleinen Wohnung dachte ich nicht nach darüber, dass ich zwei Menschenleben ausgelöscht hatte! Zwei Menschen, die, auch wenn sie vielleicht schlechte Charaktere waren, Eltern, Familie oder gar Kinder hatten? Ich las über die beiden völlig emotionslos in den Tagesblättern, sah die Aufnahmen von den beiden Begräbnissen und irgendein Reporter hatte mich geblitzt und ab diesem Tage war neben jedem Artikel über die Unterwelt auch mein Konterfei beigefügt! Dies alles interessierte mich nicht. Und was meine Familie darüber dachte? Das war mir aber so etwas von scheißegal! Im Geiste hörte ich den Kommentar meines Vaters, nachdem er den ersten Artikel über diesen Vorfall in meiner Arbeitsstätte gelesen hatte:

´Na bittschön! A poar Watschn mehr hätts eben gebraucht bei dem Falottn!´.

Genau, Vater! Jawoll, jawoll! Du hast eben überhaupt nichts begriffen…

Die Anfrage

Ungeachtet der sporadisch vorkommenden kleinen Rangeleien zwischen Zuhältern, Kunden und Polizei führte ich nun schon seit Jahren ein für mich wunderbares Leben! Meine erste Begegnung mit Schusswaffen glitt schadlos an mir vorbei, hatte ich doch daheim durch die Züchtigungen meines Vaters wesentlich mehr Schaden genommen! Seit ich von zu Hause ausgezogen war, gab es für mich eigentlich nur positive Momente in meinem Nachtlokal-Dasein: Ich hatte ein geregeltes Berufsleben, ich tat, was mir passte und brauchte mich um niemanden zu kümmern!

Täglich um 13 Uhr besuchte ich ein in der Nähe meiner Wohnung gelegenes Fitness-Studio, wo ich mir die verrauchte Luft meiner Arbeitsstelle aus dem Körper schwitzte. Gleichzeitig hielt ich mich fit, trainierte mit großem Fleiß meine Muskeln, was mir fallweise im Zuge von kleineren Reibereien mit meist schon angetrunkenen Gästen doch sehr zu Hilfe kam! Die Erscheinung meines sichtbar gut trainierten Körpers pflegte aufbauende Rangeleien bereits im Keim zu ersticken!

Und doch kam es vor, dass das eine oder andere Mal ein aggressiver Gast von mir zur Räson gebracht werden musste: Dann nahm ich ihn einfach von hinten mit beiden Armen um seinen Brustkorb, drückte leicht zu und trug ihn hinaus auf den Gehsteig. Dort angekommen, fehlte es ihm dann bereits beträchtlich an Sauerstoff, ich ließ ihn los und empfahl ihm, das Lokal zumindest an diesem Abend nicht mehr zu betreten. Und diese Technologie funktionierte ausnahmslos!

Das Wort Stress war mir fremd geworden. Meine Arbeit war zwar schon hart und belastend, aber ich führte das Geschäft gemeinsam mit unserer Nana und, wie mir meine Chefin laufend bestätigte, zu ihrer vollsten Zufriedenheit!

Ich hatte mich zu einem gutaussehenden jungen Mann mit stattlicher Erscheinung gemausert: sowohl unsere kleinen Nutten als auch viele weibliche Gäste machten mir laufend Avancen, aber ich verlangte nach keinen Liebschaften. Und wenn ich Lust auf Sex hatte, war es mir auf Grund meiner Umgebung ein Leichtes, aus mehreren hübschen Mädchen eine auszuwählen und - nach Rückversicherung mit ihrem Zuhälter - mich mit ihr kurz zurückzuziehen. Sowohl für ihren Liebesdienst als auch für die Stundenmieten in den von meiner Chefin geführten Hotels erhielt ich immer großzügigen Nachlass!

Ich war eine feste Institution im Wiener Nachtleben geworden! Jeder kannte mich und wer mich nicht persönlich kannte, der transportierte eben die Geschichten und Legenden über den Rick von der Rosie-Bar! Man durfte sich schon einiges zuschreiben, war man doch glatt einmal vom Rick in der Rosie-Bar bedient worden!

Meine Arbeitsstelle war eines der bestgehendsten Nacht-Lokale in der Stadt. Abend für Abend, oder besser gesagt Morgen für Morgen trug ich die gesamte Losung mit mir nach Hause, um sie am nächsten Tag gegen Mittag auf die Bank zu bringen. Und das waren schon ordentliche Summen, die ich da unbeschützt durch den Morgen transportierte! Nachdem mich eines Morgens drei eher verdächtig aussehende Typen einige Zeit bis knapp an meine Wohnadresse verfolgt hatten, beschloss ich, dass ich mich im möglichen Falle einer gewalttätigen Auseinandersetzung auch wehren können sollte!

Bereits am nächsten Tag beantragte ich auf Grund dieser doch gefährlichen Geldtransporte einen Waffenschein, den man mir auch problemlos ausstellte! Damit besorgte ich mir ganz offiziell eine Waffe, einen handlichen 7-schüssigen 9mm-Smith & Wesson-Colt, den ich, egal ob dienstlich oder privat, immer bei mir trug!

Nun besuchte ich auch ein Mal wöchentlich einen Schieß-Club, wo ich meine Treffsicherheit perfektionierte. Einige der Club-Mitglieder versuchten, persönlichen Kontakt mit mir aufzunehmen. Diesen Bemühungen ließ ich jedoch höflich aber bestimmt wenig Raum: Mir war seitens meines Elternhauses leider nicht mitgegeben worden, zwischenmenschlichen Kontakten erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen! Ich brauchte keine Freunde. Ich brauchte auch keine Freundin. Ich brauchte keine Wärme, keine Liebe und keine anderweitig gelagerten menschlichen Zuwendungen. Was ich brauchte, war Bestätigung der Gäste über meinen unauffälligen, raschen Service sowie Anerkennung meiner Arbeit durch meine Chefin in Form von angepasstem Verdienst! Und schlussendlich brauchte ich Ruhe. Ruhe, um tagtäglich dieses Milieu, in welches ich vom Schicksal so perfekt hineingepasst worden war, ohne gröbere psychische Schäden verarbeiten zu können!

Es war ein höchst unfreundlicher Sonntag-Abend im November. Ein saukalter Nordwind peitschte den feinen Nieselregen durch die menschenleeren Straßen und wer nicht unbedingt hinaus musste, der blieb daheim und machte es sich gemütlich! Es schien sogar, dass auch der Strich an diesem Abend nur halb besetzt war: Die Huren durften öfters zum Aufwärmen auf einen Grog in die Stamm-Lokale ihrer Luden kommen. Auch bei mir saßen heute Abend ungewöhnlich viele „Außenmitarbeiterinnen“ herum, rauchten, plauderten und hofften, ihre Zuhälter würden sie zwecks Vermeidung von Einkommens-Einbußen nicht gleich wieder in das unwirtliche Wetter hinausjagen!

Es ging auf 23 Uhr zu, als die Türe aufging und ein männlicher Gast im hellen Staubmantel, dunklem Stetson und genagelten Maß-Schuhen das Café betrat. Er beutelte seinen Schirm kurz aus und steckte ihn in den dafür vorgesehenen Schirmständer. Dann beutelte er noch die letzten Tropfen von seinem Mantel, legte diesen und auch seinen Hut ab und hängte beide an die links neben der Tür angebrachte Garderoben-Wand. Dann, während er an die Bar kam, rieb er seine Hände ineinander, um sich ein wenig aufzuwärmen. Unsere wie immer pokernde Zuhälter-Runde hatte nur kurz von ihrem Spiel aufgeblickt und den Mann als ungefährlich eingestuft: So elegant gekleidet kommt kein Kriminalbeamter in ein Lokal!

Ich schätzte den Fremden auf um die 50. Er war ca. 1,80 m groß, hatte schwarzes, seitlich gescheiteltes Haar und trug einen grauen Eszterházy-Anzug. Das dunkelblaue Hemd sowie die weinrot gehaltene Krawatte waren perfekt aufeinander abgestimmt! Er hatte ein sympathisches, sportlich gebräuntes Gesicht, aus dem zwei auffallend stahlblaue Augen leuchteten. Irgendwie aber gefielen mir diese Augen nicht: sie putzten seine Erscheinung zwar auf, die Kälte in ihnen allerdings konnten sie nicht verbergen!

Er nahm an der Bar Platz und bestellte bei mir einen kleinen Espresso mit einem winzigen Schuss Schlagobers darauf. Eine unserer Mädels, Puppa, die hier möglicherweise einen Indoor-Kunden witterte, nahm neben ihm auf einem Hocker Platz und versuchte, ein Gespräch in Gang zu bringen. Er jedoch bedeutete ihr höflich, dass er nicht interessiert wäre. Puppa zog erstens einen „Schnofel“ und zweitens ab.

Es dauerte nicht allzu lange, da wusste ich, dass er mich schon länger beobachtete. Der will doch was von dir! dachte ich und fragte um einen eventuellen weiteren Wunsch? Er lächelte kurz, wurde wieder ernst und lud mich auf ein Getränk ein. Na, dachte ich, der wird doch nicht so einer sein? Als ob er meine Gedanken mitbekommen hätte, lächelte er noch einmal, schüttelte kurz den Kopf und meinte leise, mit heiserer Stimme:

„Sie liegen da ganz falsch, junger Mann! Ich muss mit Ihnen sprechen, das ist alles! Wann und wo können wir uns ungestört zusammensetzen?“

„Und hier können wir das nicht?“ fragte ich mit leichtem Kopfschütteln.

„Vielleicht dauert das länger und wir sollten wirklich nicht gestört werden dabei! Also, haben Sie einen Vorschlag?“

Ich überlegte kurz. Der Mann sah nicht aus wie ein Verbrecher. Vielleicht eher noch wie ein Hochstapler. Oder war er ein ganz gewöhnlicher Geschäftsmann, der um einige interessante Auskünfte bemüht war? Vielleicht war er ein Film-Produzent, der unser Lokal als Kulisse mieten wollte? Das war auch schon dagewesen! Alles das konnte er sein! Die teure Uhr an seinem Handgelenk aber wies eher auf den Geschäftsmann hin!

„Na, dann schlage ich die Bar im Hotel de France am Schottenring vor, morgen um 15 Uhr? Passt das so?“

Er nickte zustimmend, stand auf und reichte mir die Hand. Nun griff er in die Tasche, legte das Geld für den Kaffee auf die Bar und trank seine Tasse mit einem Zug leer. Daraufhin ging er zum Ausgang, nahm Mantel, Hut und Schirm und verließ das Lokal.

Pünktlich um 15 Uhr am nächsten Tag betrat ich nach dem Besuch meines Fitness-Clubs gut trainiert, geduscht und erfrischt die Bar des Hotel de France. Und sah ihn auch gleich: Er saß in einer kleinen, bequemen Sitzgarnitur in der hinteren Ecke des Raumes und winkte mir unauffällig. Ich steuerte auf ihn zu, wir begrüßten uns kurz und ich nahm Platz. Nachdem ich meine Getränke-Bestellung aufgegeben hatte, lehnte ich mich zurück und harrte der Dinge, die da kommen sollten.

Er rutschte ein wenig hin und her in seinem Fauteuil und das leichte Trommeln der Finger seiner rechten Hand auf der Armlehne verrieten mir, dass er gar nicht so cool war, wie er aussah. Ich wartete gelassen, nippte an meinem zwischenzeitlich servierten Kaffee und sah ihm unverwandt in seine stahlblauen Augen. Es dauerte noch vielleicht eine halbe Minute, dann begann er plötzlich:

„Ich heiße Fred und dabei sollten wir es belassen, ok? Sie sind Rick, soviel ich weiß?“

Ich nickte unmerklich. Ich war doch sehr gespannt, welches ach so wichtige Anliegen er gleich vorbringen würde! In meinen Gedanken hatte ich bereits jede Menge Möglichkeiten durchgespielt und momentan ging es mir nur mehr darum, ob ich mit einer meiner Vermutungen richtig liegen würde oder nicht!

Aber es dürfte kein so einfaches Thema sein, welches er mit mir besprechen wollte: jetzt kratzte er sich am Kinn, dann beugte er sich ein wenig vor und es schien, als wollte er beginnen zu sprechen. Gleich darauf wieder veränderte er seine Sitzposition derart, dass er schräg auf der vorderen Kante des Fauteuils saß, was ein eher kurioses Bild ergab! Der liebe Fred dürfte ein ordentliches Problem mit sich herumschleppen, dachte ich und nahm wieder einen Schluck von meiner Tasse. Da ich ihn nicht drängte, schien er ruhiger zu werden. Er rutschte wieder in eine normale Sitzposition zurück, nahm sein Glas auf und trank ebenfalls einen Schluck. Plötzlich blickte er auf und mit seinem Glas in der Hand sagte er zögerlich und leise:

„Sie…muss…sie…muss…weg. Meine Frau, dieses Ungeheuer! Sie wird mir alles zerstören! Sie…sie hat mich wegen meines Geldes geheiratet, hat mich um den Finger gewickelt, hat mich betrogen und belogen und jetzt? Ohne sie kann ich geschäftlich keinen freien Schritt mehr machen!“

Er brach ab, seine Stimme war etwas zu laut geworden! Aber wir beide waren die einzigen Gäste in der Bar und der Barkeeper war hinüber in das Restaurant gegangen. Fred hatte nun seine Ellenbogen auf die Knie gestützt und die Spitzen seiner Finger aneinander gelegt. Er wippte nervös vor und zurück, es dauerte wiederum einige Sekunden, dann fuhr er fort, indem er sich wiederholte:

„Sie…sie…muss weg! Einfach weg, verstehen Sie? Nur wenn sie tot ist, bin ich befreit und kann wieder ein normaler Mensch werden!“ Er blickte mir nun direkt in die Augen und sagte leise: „Hören Sie, ich ringe seit Wochen mit dieser Idee und sie geht mir nicht mehr aus dem Kopf! Können Sie mir helfen? Kennen Sie jemanden, der so etwas… also… naja…erledigen würde?“

Die Pause, die nun entstand, lastete schwer auf uns beiden! Ich war perplex: also, mit allem hatte ich gerechnet, aber sicher nicht mit einer Anfrage auf einen Auftragsmord! Nie und nimmer wäre mir das eingefallen! Gerade überlegte ich meine Antwort für ihn, da fuhr er ansatzlos fort:

„Ich brauche Ihnen ja nicht zu erzählen, wie blöd man sein muss, um sich von seiner Partnerin sein ganzes Vermögen aus der Hand spielen zu lassen? Aber was soll´s? Ich war eben so dumm und wenn ich jetzt nicht sofort reagiere, bin ich in einem Monat ohne Geld, ohne Wohnsitz und stehe auf der Straße mit nur dem, was ich anhabe! Also..“ und jetzt sprach er mit fester und entschlossener Stimme „es muss schnell gehen, Rick! Bitte finden Sie jemanden, der mir hilft, der mich befreit von diesem Ungeheuer! Ich hoffe sehr, Sie haben entsprechende Verbindungen in Ihrer Branche?“

Ich verzog keine Miene und sah ihn nur direkt an: Naja, mein lieber Fred, dachte ich, ich kann dir dein Auto stehlen lassen, ich kann dir Geld eintreiben lassen von Typen, denen ich in der Nacht nicht begegnen möchte, ich kann dir unangenehme Mieter aus einer baufälligen Mietskaserne verschwinden lassen. Ok, das alles ist machbar und auch ohne große Probleme zu erledigen! Aber einen Mord? Uiuiui, Fred! Dir muss das Wasser aber schon bis ganz hinauf stehen! Und damit kommst du nun zu einem dir vollkommen fremden Menschen? Ich überlegte noch kurz, dann sagte ich:

„Hören Sie, Fred! Das ist schon ein ordentlicher Happen für einen ursprünglich als gemütlich geplanten Wochenanfang! Ich verstehe Ihre Lage vollkommen und ich denke, dass wir uns in zwei Tagen wieder hier treffen, ok? Bis dahin werde ich versuchen, jemanden für diese…Aufgabe zu finden, ja?“

Damit erhob ich mich, reichte ihm die Hand über den Tisch. Da er ein wenig überrascht sitzengeblieben war, fühlte ich, dass ich ihm zur Beruhigung noch sagen sollte:

„Machen wir nicht viel Aufhebens davon, ok? Sie selbst sagten eben, dass es schnell gehen soll, also halten wir uns nicht mit viel Gerede auf, ja? Am Mittwoch, Fred, kann ich Ihnen vielleicht schon weiterhelfen!“

Er nickte nur, blieb sitzen und ich verließ, nachdem ich unser beider Rechnungen beglichen hatte, die Bar und das Hotel. Ich trat hinaus auf die Wiener Ringstraße, das Wetter hatte sich total gedreht, es war sonnig, der Wind hatte nachgelassen und ich verspürte Lust, einen längeren Spaziergang unternehmen zu müssen!

Während ich an der Universität vorbei Richtung Parlament spazierte, jagten mir unglaubliche Gedanken durch den Kopf: Hier war jemand, der seine Frau umbringen lassen wollte! Gerechtfertigt? Nun, darf man so etwas überhaupt als gerechtfertigt bezeichnen? Einen Mord?

Die nächste Frage tauchte auf: War sie wirklich schuld? Oder war er nur hinter ihrem Geld her und konnte darauf erst nach ihrem Ableben zugreifen? Oder war es überhaupt nur, was ja in der Mehrzahl die treibende Kraft war, eine Eifersuchts-Sache? Am Ende wollte er sie nur los sein, um mit einer Jüngeren ein neues Leben beginnen zu können?