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Sie planen einen Städtetrip nach München? Oder lieben Sie die schöne Stadt an der Isar bereits und kennen sie wie Ihre Westentasche? Sie werden überrascht sein, was es in München – neben dem Oktoberfest oder einem Spiel des FC Bayern in der Allianz-Arena – noch alles zu entdecken gibt!
Wie könnte ein perfekter Tag in München aussehen?
Zum Beispiel so: Sie frühstücken auf einem der stimmungsvollsten Plätze der Stadt, dem Gärtnerplatz, mit Cappuccino und ofenwarmen Laugencroissants. Dann schlendern Sie über den Viktualienmarkt, schauen sich die Frauenkirche an und spazieren anschließend in die Maxvorstadt. Dort streifen Sie durchs Kunstareal, das Sie inspirieren wird, egal, ob Sie nun Alte Meister und junge Wilde in den Pinakotheken, oder Dinosaurier-Skelette und Gegenwartsarchitektur bevorzugen. Am Nachmittag flanieren Sie auf den Spuren des Schwabing-Mythos durch den legendärsten Teil der bayerischen Landeshauptstadt. Dann geht es zu den Surfern am Eisbach und zum Abendessen in einen Biergarten im Englischen Garten, bevor Sie sich in ein Theater, zu einer Kleinkunstbühne oder zum Tanzen aufmachen. Zum Abschluss wartet gleich neben dem Hofbräuhaus die Bar auf der Dachterrasse des Hotels Mandarin Oriental auf Sie, mit einem späten Espresso oder einem Drink mit Blick auf die beleuchteten Türme Münchens.
Unser Reiseführer führt Sie auf Ihrer Städtereise zu Orten, von denen viele bald zu Ihren Lieblingsorten werden und zu denen Sie immer wieder zurückkehren möchten. Erkunden Sie beliebte und außergewöhnliche Sehenswürdigkeiten, genießen Sie die besten Cafés, Restaurants und Bars, flanieren Sie über die schönsten Märkte und entdecken Sie versteckte Plätze und Parks.
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Seitenzahl: 144
Wie könnte ein perfekter Tag in München aussehen ? Sie frühstücken auf einem der stimmungsvollsten Plätze der Stadt, dem Gärtnerplatz, mit Cappuccino und ofenwarmen Laugencroissants. Dann streifen Sie durchs Kunstareal, das Sie inspirieren wird, egal, ob Sie nun Alte Meister, junge Wilde, Dinosaurier-Skelette oder Gegenwartsarchitektur bevorzugen. Am Nachmittag flanieren Sie auf den Spuren des Schwabing-Mythos durch den legendärsten Teil der Stadt. Dann geht es zu den Surfern am Eisbach und zum Abendessen in einen Biergarten im Englischen Garten, bevor Sie sich in ein Theater, zu einer Kleinkunstbühne oder zum Tanzen aufmachen. Zum Abschluss wartet die Bar auf der Dachterrasse des Hotels Mandarin Oriental auf Sie, mit einem späten Espresso oder einem Drink mit Blick auf die beleuchteten Türme Münchens.
Franziska Ulrich wurde 1998 in Schwabing geboren und wuchs in München, Rom und Paris auf. Sie studiert an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München Geographie und Politik und liebt es, immer wieder neue Seiten an ihrer Stadt zu entdecken.
Stefan Ulrich wurde 1963 in Starnberg geboren. Nach Jurastudium und Referendarzeit ging er zur Süddeutschen Zeitung, für die er unter anderem als Italien- und Frankreich-Korrespondent arbeitete. Er ist Autor mehrerer Bestseller. Weitere Informationen : www.stefan-ulrich.com
INHALTSVERZEICHNIS
Leben und leben lassen – oder Mia san mia ?
RUND UM DEN MARIENPLATZ
Im Herzen einer Weltstadt (Marienplatz)
Es geht um die Wurst (Weißwurst)
Buden und Bänkelsänger (Viktualienmarkt)
Wo der Geist weht (Heilig-Geist-Kirche)
Holz-Leute (Geschäft)
»München ist Bier« (Biermuseum)
Weltreise für Feinschmecker (Dallmayr)
Unter den Arkaden (Alte Münze)
Eine Bühne für die Kunst (Kunsthalle)
Baum der Bayern (Kastanie)
Engel und Teufel (St. Michael)
Kunst und Kommerz (Künstlerhaus)
ZWISCHEN SALVATORPLATZ UND ISARTOR
Schwein gehabt (Schweinsbraten)
Hier kocht der Chef (Albarone)
Grandezza und Gemütlichkeit (Hofgarten)
Kleiner Mann ganz groß (Cuvilliés)
Und es wallet und siedet und brauset und zischt (Wittelsbacherbrunnen)
Schlemmen im Stall (Restaurant Brenner Grill)
Vogelperspektive (Mandarin Oriental Rooftop Bar)
So ein Theater (Kammerspiele)
Wem die blaue Stunde schlägt (Havana Club)
SÜDLICHE ALTSTADT
Jüdisches Leben (St.-Jakobs-Platz)
Drahtzieher (Marionettentheater)
Brüder, Genies, Himmelstürmer (Asamkirche)
Die Kunst der Straße (Muca, Graffiti)
IM MUSEUMSVIERTEL
Steil gehen (Clubs)
Im Palast des Malerfürsten (Lenbachhaus)
Alte Meister, junger Meister (Alte Pinakothek)
Unter Studenten (Café Dachterrasse TU)
Im Rausch der Farben (Museum Brandhorst)
SCHWABING UND ENGLISCHER GARTEN
Von Schwabylon bis Wahnmoching (Mythos Schwabing)
Zum Schießen ! (Lach- und Schießgesellschaft)
Die Weiße Rose
Jugend mit Stil (Schwabing Jugendstil)
Krieg und Frieden (Friedensengel)
Tanz auf der Welle (Eisbach)
Spaziergang mit Verführung (Englischer Garten)
GIESING / AU / HAIDHAUSEN
Im Bad des Volkes (Müller’sches Volksbad)
Wohnzimmer des Jazz (Unterfahrt)
An der Kreppe
Mia san Bier (Giesinger Bräu)
Klein-Venedig (Mondstraße)
LUDWIGS- UND ISARVORSTADT
Dolce Vita (Eiscafé Italia)
O’zapft is ! (Oktoberfest)
Tollwood
Zwischen Leben und Tod (Alter Südfriedhof)
Slow fashion (Designerboutique akjumii)
Alte Utting (Partyschiff)
Gärtnerplatztheater
Platz für alle (Gärtnerplatz)
Zurück zur Natur (Isar)
VON NYMPHENBURG ZUR ALLIANZ ARENA
Wer ist die Schönste im ganzen Land ? (Schloss Nymphenburg)
Blütenträume (Botanischer Garten)
Schöner wohnen (Borstei)
Auf dem Olymp (Olympiazentrum)
The car is the star (BMW Welt)
Unter Bayern (Allianz Arena)
IM TIEFEN SÜDEN
Tierisch gut (Tierpark Hellabrunn)
Maria Einsiedel (Freibad)
Beim Isarfräulein (Café-Kiosk)
Jazz, Bier und Steckerlfische (Waldwirtschaft)
Ein Werk mit Kraft (Kare)
AUSFLÜGE
Baden mit Bibern (Würm)
Spaziergang mit Sisi (Possenhofen)
Jennerwein und Brandner Kaspar (Vom Tegernsee zum Schliersee)
An göttlichen Gestaden (Wörthsee)
REGISTER
Leben und leben lassen – oder Mia san mia ?
München ist eine Stadt, die – fast – niemanden gleichgültig lässt. Das spiegelt sich in den Urteilen der Dichter. Als »großen Tragepfeiler jener Beziehungsbrücke, die sich vom deutschen Norden nach dem italienischen Süden schwingt«, hat Heinrich Heine die Stadt an der Isar besungen. Und Henrik Ibsen befand : »Es gibt nur zwei Städte, in denen man leben kann : Rom und München.« Weniger begeistert war Gottfried Keller : »Ein liederliches, sittenloses Nest voll Fanatismus, Grobheit, Kälbertreiber, voll Heiligenbilder, Knödel, Radiweiber.«
Was darf man glauben ? Und was gilt heute für die bayerische Landeshauptstadt, in die so viele Menschen reisen – oder gleich ganz umziehen wollen ?
Das zu beurteilen, sei den Lesern, den Besuchern überlassen, die in der Eineinhalb-Millionen-Stadt beides finden werden : Belege für ein Mia-san-mia-München, das manchem selbstzufrieden, ja arrogant erscheinen mag. Und Belege für eine Stadt, die dem Prinzip »Leben und leben lassen« folgt, weshalb in ihr derart viele Menschen unterschiedlichster Herkunft friedlich und gut zusammenleben.
Dieser Band ist von zwei Münchnern in vierter beziehungsweise fünfter Generation geschrieben, von Vater und Tochter, die nach vielen Jahren im Ausland München neu entdeckten und sich von der Vielfalt der Stadt überraschen und begeistern ließen. Das Buch will daher besonders eines : die Vielfalt Münchens zeigen, das selbstbewusst aus seiner Geschichte und seinen Traditionen heraus lebt und sich zugleich beherzt der Welt und der Moderne öffnet.
Blasmusikanten und Graffiti-Sprayer, Biergärten und Street-Art-Museen, Rock und Rokoko, schrille Clubs und stille Plätze, ein versonnener Kiosk wie das Isarfräulein und die hypermodernistische BMW Welt, Surfer am Eisbach, Flaneure im Hofgarten, freche Modeschöpfer, innovative Brauer, großes Theater und die Welt der Kleinkunstbühnen – 66 Facetten einer Stadt sollen sich zu einem Bild fügen, das Klischees hinterfragt, ohne ihren wahren Kern zu verleugnen.
Und dann ziehen Sie los und sehen selbst. Vielleicht wird es Ihnen ja wie dem Historiker und Aufklärer Lorenz von Westenrieder gehen, der einst befand : »Es ist hier gut seyn, und wer nur eine kleine Zeit zugegen ist, will hier seine Wohnung sich bauen.«
Rund um den Marienplatz
S1 BIS S8, U3, U6 BIS MARIENPLATZ
Im Herzen einer Weltstadt
TIPP
DAS GLOCKENSPIEL IM TURM DES NEUEN RATHAUSES FINDET TÄGLICH UM 11 UND UM 12 UHR STATT, VON MÄRZ BIS OKTOBER AUCH UM 17 UHR.
Als »Weltstadt mit Herz« bezeichnet sich München gern, schon allein, um seinem Spitznamen »Millionendorf« etwas entgegenzusetzen. Und im geografischen Herzen der bayerischen Kapitale, auf dem Marienplatz, ist tatsächlich die Welt zu Gast. Setzen Sie sich auf einen der Drahtstühle in die Sonne und beobachten Sie das babylonische Treiben. Hier erläutert ein Stadtführer in grünem Loden einer Gruppe Italienern die Architekturgeschichte des Alten Rathauses. Dort bestaunen US-Amerikaner das Glockenspiel am Turm des neogotischen Neuen Rathauses. Vor Champions-League-Spielen rufen sich Bayernfans und deren Gegner Spottworte zu. Und zur Zeit des Oktoberfests laufen hier Chinesinnen im Dirndl auf – und Bolivianer in Lederhosen.
Im Zentrum des Platzes, also im Herzen des Herzens der Stadt, ragt eine elegante Säule aus rötlichem Tegernseer Marmor in den weißblauen Himmel. Sie endet in einem korinthischen Kapitell, das eine goldfunkelnde Marienstatue trägt. Die Patrona Bavariae – die Schutzherrin Bayerns – steht auf einer Mondsichel. Ihr Haupt ist gekrönt. In der rechten Hand hält sie ein Zepter, in der linken das Jesuskind. Souverän sieht die Madonna aus, wie sie da zwischen den Türmen der Altstadt hervorleuchtet und auf das Gewusel der Menschen tief unter sich blickt. Der ruhende Pol im Trubel der Stadt.
Zu verdanken hat München dieses anmutige Denkmal des Katholizismus in gewisser Weise dem protestantischen Schwedenkönig Gustav Adolf, der im Dreißigjährigen Krieg mit seinen Truppen München besetzte. In höchster Not gelobte der bayerische Kurfürst Maximilian I., ein »gottgefälliges Werk« zu errichten, falls die Stadt verschont bleibe. Und das »Wunder von München« geschah. Gustav Adolf verzichtete darauf, München brandschatzen zu lassen. Maximilian I. hielt Wort und ließ 1638 die Mariensäule auf dem Hauptplatz aufstellen, der damals noch Marktplatz hieß.
»Der jungfräulichen Gottesgebärerin, der gnädigen Herrin und hochmögenden Schutzfrau Bayerns« ist auf dem Sockel auf Lateinisch zu lesen. Drum herum kämpfen vier Heldenputti mit Ungeheuern, die vier Plagen verkörpern sollen : der Löwe den Krieg, der Basilisk die Pest, der Drache den Hunger und die Natter die Ketzerei.
Der umliegende Platz ist seit Gründung der Stadt im Jahr 1158 durch Heinrich den Löwen ihr Zentrum. Selbst die katastrophalen Zerstörungen der umliegenden Häuser im Zweiten Weltkrieg und manche Bausünde beim Wiederaufbau konnten ihm den Flair nicht nehmen. Der Marienplatz ist und bleibt Dreh- und Angelpunkt Münchens. Kein Wunder, dass die Madonna so zufrieden auf ihrer Säule steht.
S1 BIS S8, U3, U6 BIS MARIENPLATZ
Es geht um die Wurst
WILDMOSERS RESTAURANT-CAFÉ
MARIENPLATZ 22
WWW.WILDMOSERS.DE
TGL. 9–24 UHR
Ob man die Weißwurst lieben wird, wenn man ihr nicht von klein auf ausgesetzt war, vermögen die Autoren nicht zu beurteilen. Sie finden jedenfalls : Die Weißwurst schmeckt. Und zwar vorzüglich. Unter den richtigen Umständen. Also : in einer Wirtschaft oder einem Biergarten, mit einer Brezn, Weißbier und süßem Senf. Möglichst vor 12 Uhr mittags. Und natürlich nie aus der Dose oder in Plastik eingeschweißt.
Man ahnt es : Die Weißwurst ist nicht irgendein Metzgereiprodukt, sondern fleischgewordener Ausdruck bayerischen Lebensgefühls. Wobei sie, wenn man der Legende glauben darf, noch gar nicht so alt ist.
Wir schreiben den 22. Februar1857, in München tobt der Fasching. In der Wirtschaft Zum ewigen Licht am Marienplatz wird schon am Vormittag bei Bier und Bratwurst gefeiert. Doch dann gehen dem Wirt, Sepp Moser mit Namen, die Würste aus. Und da er keine Schafdärme für Bratwürste mehr hat, füllt er das Kalbsbrat in dickere Schweinsdärme. Aus Angst, sie könnten beim Braten platzen, legt er sie nicht auf den Rost, sondern erhitzt sie in einem Topf mit heißem Wasser. Die Gäste sind begeistert. Der Moser Sepp verfeinert seine Erfindung später mit Petersilie, Zitronenschale und Macis. Die Münchner Weißwurst ist geboren.
Heute wird an der Stelle, wo einst das ewige Licht auf die weißen Würste herableuchtete, noch immer eine Gaststätte betrieben. Sie heißt Wildmosers Restaurant-Café. Der Gast sollte sich von dem eigenwilligen, traditionalistisch-modernistischen Innenraum nicht abschrecken lassen und an einen der Tische auf dem Marienplatz setzen. Hier werden auch recht gute Weißwürste serviert – wobei »recht gut« auf Bayerisch als Kompliment gemeint ist.
Da schwimmen sie, die kurzen, drallen Würste, in einem weißen Töpfchen. Und nun ? Wer nicht als Zuagroaster oder gar, der derbe Ausdruck sei verziehen, als Saupreiß auffällig werden will, nimmt die Weißwurst in die Hand, steckt sie sich in den Mund und zieht den Inhalt mit den Zähnen aus dem Darm. »Auszuzeln« nennt man das hier. Alle anderen dürfen zu Messer und Gabel greifen, die Weißwurst an der Oberseite der Länge nach aufschlitzen und, mit etwas Geschick, das Kalbsbrät aus dem Darm rollen.
Klingt kompliziert ? Keine Sorge. In München wird selbst beim Verzehr einer Weißwurst Toleranz geübt. Liberalitas Bavariae eben. Und in den meisten Lokalen wird inzwischen ignoriert, dass eine Weißwurst das Zwölfuhrläuten nicht hören sollte. Wir essen Weißwürste manchmal sogar am Abend. Aber bitte nicht weitersagen.
S1 BIS S8, U3, U6 BIS MARIENPLATZ
Buden und Bänkelsänger
TIPPS
ÜBERSICHT DER HÄNDLER UND PRODUKTE DES VIKTUALIENMARKTES UNTER :
WWW.MUENCHEN.DE/RATHAUS/STADTVERWALTUNG/KOMMUNALREFERAT/MARKTHALLEN/VIKTUALIENMARKT.HTML
KARL VALENTIN UND LIESL KARLSTADT IST DAS VALENTIN-KARLSTADT-MUSÄUM IM NAHEN ISARTOR GEWIDMET.
IM TAL 50
HTTP://WWW.VALENTIN-MUSAEUM.DE/
TGL. MO, DI, DO 11.01–17.29 UHR ; FR, SA 11.01–17.59 UHR ; SO 10.01–17.59
EINTRITT : 2,99 EURO ; ERMÄSSIGT 1,99 EURO ; »KINDER UNTER 6 JAHREN UND 99–JÄHRIGE IN BEGLEITUNG IHRER ELTERN FREI«
Wenn der Marienplatz das Herz der Stadt ist, so ist dies ihr Bauch : Hier, im Schatten der Kastanienbäume, stellen die Marktleute Köstlichkeiten aus der ganzen Welt zur Schau. Wie Trophäen liegen weiße und schwarze Trüffel aus Italien, Königsmaracuja aus Kolumbien und französischer Ziegenweichkäse, bestückt mit tiefroten Cranberrys, in den Auslagen. An einem der Stände mit Antipasti gibt es allein dreißig Sorten eingelegter Oliven – selbstverständlich auch zum Kosten. Beim Bayerischen Wild und Geflügel Imbiss kommen Fleischliebhaber ins Schwärmen. Der Viktualienmarkt ist kein Geheimtipp, und das ist auch gut so : Denn jeder sollte bei einem Besuch in München einmal hier vorbeischauen.
Die Geschichte des Marktes führt in die Gründungszeit Münchens zurück. Mitte des 12. Jahrhunderts wurde auf dem heutigen Marienplatz ein Korn- und Salzmarkt abgehalten. Um diesen herum bildete sich die neue Siedlung. Händler verkauften hier Eier, Wein und vor allem Getreide. Schon damals zogen die Menschen in Strömen nach München, der Getreidebedarf stieg, und der Marktplatz wurde irgendwann zu klein. Schließlich verlegte ihn König Maximilian I. Joseph Anfang des 19. Jahrhunderts auf den Hof zwischen der Heilig-Geist-Kirche und der Frauenstraße, wo der Viktualienmarkt bis heute liegt.
Wer sich zum Mittagessen in den Biergarten auf der Mitte des Platzes setzt, hört sogleich das Plätschern des Weiß-Ferdl-Brunnens. Den Mund o-förmig geöffnet, mit aufgeblähten Backen, die Arme theatralisch vor den dicken Bauch gehoben, steht der in Bronze gegossene Volkssänger auf einer Stele im Brunnenbecken. Der 1883 in Altötting geborene Ferdinand Weisheitinger wurde berühmt durch sein satirisches Lied auf die Münchner Trambahn : Ein Wagen von der Linie 8. In die Stele ist eingraviert : »Münchner Bürger ihrem Volkssänger.«
Zwischen den Marktständen mit ihren überbordenden Auslagen finden sich noch fünf weitere Gedenkbrunnen. Sie erinnern an die Volksschauspielerinnen Liesl Karlstadt und Elise Aulinger, an die Komödiantin Ida Schumacher und an die Volkssänger Karl Valentin und Roider Jackl. Bei den Münchnern sind die Brunnen sehr beliebt. Oft liegen Blumen in den Armen der Bronzefiguren, oder es steckt kokett ein Zigarillo zwischen Liesl Karlstadts Fingern. Die Radler füllen gern ihre Flaschen mit dem kühlen Trinkwasser auf, das aus den Brunnen sprudelt.
Einmal jährlich, Anfang August, feiern die Münchner auf dem Viktualienmarkt ihr Brunnenfest mit Tanz, Gesang und Kabarett. Dutzende Gruppen und Solokünstler verwandeln den Platz einen Tag lang in eine Volksbühne. Und wer genau aufpasst, hört aus dem Rauschen der Brunnen heraus, wie der Weiß Ferdl, die Karlstadt Liesl und die anderen leise mitsingen.
S1 BIS S8, U3, U6 BIS MARIENPLATZ
Wo der Geist weht
HEILIG-GEIST-KIRCHE
PRÄLAT-MILLER-WEG 1
HTTP://WWW.HEILIG-GEIST-MUENCHEN.DE/
MO–SA 9–19 UHR ; SO 8.30–19 UHR
TIPP
GANZ IN DER NÄHE LIEGT DIE ÄLTESTE PFARRKIRCHE MÜNCHENS : ST. PETER. IHR TURM, »ALTER PETER« GENANNT, VERFÜGT ÜBER EINE AUSSICHTSPLATTFORM.
RINDERMARKT 1
WWW.ERZBISTUM-MUENCHEN.DE/PFARREI/ST-PETER-MUENCHEN
MO–DO 9–17.30 UHR ; FR 9.30–17.30 UHR
TURMBESTEIGUNG TGL. 10–18 UHR
EINTRITT : 3 EURO ; STUDENTEN 2 EURO ; SCHÜLER 1 EURO ; KINDER UNTER 6 JAHREN FREI
Wer das Mittelfresko der Heilig-Geist-Kirche betrachtet, entdeckt am Rand eine eigenartige Szene : Ein bärtiger Mann führt mit der rechten Hand einen Schimmel am Zügel, während er in der linken eine Breze hochhält. Fremdenführer weisen gern auf dieses Detail hin, oft ohne es näher zu erklären. Gut, dass sich Pfarrer Rainer Maria Schießler bestens auskennt. Er ist ein passionierter Erzähler, und die Geschichte vom Brezenreiter erzählt er besonders gern.
Zuvor aber gilt es, die dreischiffige Hallenkirche zu betrachten. Sie wurde im 14. Jahrhundert im gotischen Stil erbaut und im 18. Jahrhundert, unter anderen von den Gebrüdern Asam, barockisiert. Nicht immer gingen solche Eingriffe glücklich vonstatten. Manches romanische oder gotische Gotteshaus wurde im Barock unter farbigem Stuck, Putten, Fresken und vergoldeten Schnörkeln erstickt. Bei der Heilig-Geist-Kirche aber ist die Erneuerung gelungen. Sie wirkt hell, leicht, heiter und bringt auch in ihrer barocken Pracht das Himmelstrebende der gotischen Gewölbe zur Wirkung.
Bevor man nun zum Kunstführer greift, rät der Pfarrer : »Lassen Sie den Raum einfach auf sich wirken.« Dann erzählt er, dass dies einst die Kirche eines Siechenheims war, eines Spitals für arme und kranke Menschen, das sich an der Stelle des heutigen Viktualienmarktes befand. »Wer nichts mehr zu erwarten hatte, bekam den schönsten Raum, den Menschenhand erschaffen konnte«, sagt Schießler. »Es gibt keinen Grund, sich kleinzumachen, jeder Mensch ist so viel wert – das ist die Botschaft dieser Kirche.«
Der Seelsorger und Bestsellerautor ist ein bekannter Mann in der Stadt. Er gilt als rebellischer Pfarrer, der der katholischen Kirche ins Gewissen redet und sich dafür einsetzt, dass Frauen und Verheiratete Priester werden können. Seine Heilig-Geist-Kirche vergleicht er mit den Verkaufsbuden auf dem benachbarten Viktualienmarkt. »Ich hab hier das größte Standl. Nicht, weil ich über den Marktleuten stehen würde. Sondern weil ich den Menschen etwas mitgeben darf, was übers Essen und Trinken hinausgeht.«
S1 BIS S8, U3, U6 BIS MARIENPLATZ
Holz-Leute
HOLZ-LEUTE
VIKTUALIENMARKT 2
WWW.HOLZ-LEUTE.DE/LADENGESCHAEFT
MO–FR 10–19 UHR ; SA 10–18 UHR
Eine Bürste ist nicht einfach eine Bürste. Wer das bezweifelt, sollte das Geschäft Holz-Leute der Geschwister Florian Fackler und Stephanie Strobl am Viktualienmarkt besuchen. Für jeden Zweck gibt es hier die richtige Bürsten-Variante. Da wäre die Computer-Bürste, mit der einen Seite aus weichem Ziegenhaar für den Bildschirm und der anderen aus Schweineborsten für die Tastatur. Daneben liegen in den Regalen Staubwedel aus Straußenfedern oder Rasierpinsel aus Dachshaar. Und bei den Haarbürsten mit Wildschweinborsten gibt es spezielle Modelle für lockiges oder glattes, kurzes, langes, feines oder dichtes Haar.
»Unsere Kunden werden bei der Auswahl der richtigen Bürste natürlich beraten«, sagt die Geschäftsführerin Stephanie Strobl. Besonders ausländische Touristen seien von der Vielfalt verblüfft. Eine eigene Bürste nur für Bücher, Lampenschirme oder Gläser – »Wow that’s so German«, bekommt sie dann gelegentlich zu hören.
Neben den Bürsten verkaufen die Geschwister Messer jeglicher Art mit kunstvoll geschnitzten Griffen, Brettspiele, Designerschalen und Christbaumschmuck aus dem Erzgebirge. Das Besondere : Alle Produkte im Laden sind aus Holz.
Die Holz-Leute sind ein traditionelles Münchner Familienunternehmen. 1873 wurde das Geschäft von dem Drechslermeister Josef Leitl gegründet. »Leitl« – das bedeutet auf Hochdeutsch Leute – verkaufte Teller, Schneidebretter, Leitern und Brettspiele aus eigener Werkstatt. Vier Generationen lang führte seine Familie das Geschäft. 1992 übernahm es Christine Fackler, die Mutter von Stephanie und Florian. Die Geschwister lösten sie 2008 ab, wobei die Mutter weiter mithilft. »Familyteamwork« nennt Stephanie das.
Die Geschwister ergänzen sich gut. Während die Schreinerin und Architektin der kreative Kopf der Holz-Leute und fürs Design verantwortlich ist, steuert ihr Bruder als Kaufmann das Unternehmen. In Zeiten des Massenkonsums, in der es fast alles aus Plastik gibt, setzen die Geschwister mit ihren Holzprodukten auf Nachhaltigkeit, Regionalität und Qualität. Sie arbeiten mit Drechslern, Künstlern und Familienbetrieben aus Bayern zusammen. Mit ihren Holzwaren wollen sie die Tradition deutscher Handwerkskunst bewahren. Ihr Motto : »Altes erhalten, ohne in der Vergangenheit stehen zu bleiben – und Neues kreieren, ohne die Wurzeln zu vergessen.«