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Krankenhäuser sind gefordert, die regulatorischen Anforderungen an die Berichterstattung nach CSRD/ESRS zu erfüllen und die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung zu gestalten. Besondere Herausforderung dabei ist es, die wesentlichen Themen festzulegen, valide Daten zu erfassen und Stakeholderdialoge zu etablieren. Darüber hinaus müssen relevante Nachhaltigkeitsaspekte, -ziele und -maßnahmen festgelegt, dokumentiert und verfolgt werden. In dem Werk werden die Hintergründe und Inhalte der Nachhaltigkeitsgesetze, die Facetten des Nachhaltigkeitsbegriffs und der Aufbau eines Nachhaltigkeitsmanagements vor dem Hintergrund der speziellen Umgebung von Krankenhäusern beschrieben.
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Seitenzahl: 159
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Cover
Titelei
Geleitwort
Vorwort
Auf den Punkt gebracht
Die AutorInnen
1 Nachhaltigkeit in Krankenhäusern
1.1 Entstehungsgeschichte des nachhaltigen Denkens
1.2 Kategorisierung der Themen der Nachhaltigkeit
Beispiele für Handlungsansätze der ökologischen Nachhaltigkeit ()
Beispiele für Handlungsansätze der sozialen Nachhaltigkeit ()
Beispiele für Handlungsansätze der Nachhaltigkeit in der Organisationsführung ()
1.3 Ausgangslage in den deutschen Krankenhäusern
Ökologische Nachhaltigkeit im Krankenhaus
Soziale Nachhaltigkeit im Krankenhaus
Nachhaltige Unternehmensführung im Krankenhaus
1.4 Nachhaltigkeitsberichterstattungspflicht in den Krankenhäusern
Quellen und weiterführende Links
2 Die doppelte Transformation – Nachhaltigkeit braucht Digitalisierung
2.1 Organisationsstrukturen mit Digitalisierung und Nachhaltigkeit
Agilität
Zieldefinition
Interdisziplinarität
Wissensaustausch und Transparenz
Die Transformation der Organisationsstrukturen
2.2 Finanzierung der Transformation
Quellen und weiterführende Links
3 Gesetze und Rahmenwerke der Nachhaltigkeit
3.1 Unverbindliche Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung
GRI-Richtlinien
ISO 26000, ISO 14000, ISO 14001, EMAS
Internationale Leitfäden für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln
Deutscher Nachhaltigkeitskodex (DNK)
Task Force on Climate-related Financial Disclosure (TCFD) und International Sustainability Standards Board (ISSB)
3.2 Gesetzliche Berichtspflicht
Non-Financial Reporting Directive (NFRD) und die deutsche Umsetzung CSR-RUG
Der European Green Deal
Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFRD)
EU-Taxonomie
Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und European Sustainability Reporting Standard (ESRS)
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)
Quellen und weiterführende Links
4 Methoden und systematische Prozesse der Nachhaltigkeitsberichterstattung
4.1 Wesentlichkeitsanalyse auf Basis der Doppelten Wesentlichkeit
Die Doppelte Wesentlichkeit
Planung und Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse
4.2 Stakeholderdialog
Stakeholderdefinition
Analyse der Stakeholder des Krankenhauses
Einbindung der Stakeholder
4.3 Nachhaltigkeitsziele und -maßnahmen
Quellen und weiterführende Links
5 Erstellung und Veröffentlichung des Nachhaltigkeitsberichts
5.1 Inhalte der Nachhaltigkeitsberichterstattung
ESRS 1 – Allgemeine Anforderungen
ESRS 2 – Allgemeine Angaben
Themenspezifische ESRS
5.2 Nachhaltigkeitsspezifische Kennzahlen (KPIs)
CapEx, TotEx und OpEx nach EU-Taxonomie
Treibhausgaserfassung nach Scope 1, 2 und 3
5.3 Veröffentlichung im Lagebericht
Vergleichbarkeit der Angaben
Formatierung
Prüfung des Berichts
Quellen und weiterführende Links
Ausblick: Mit Herausforderungen umgehen und Chancen nutzen
Dialog und Zusammenarbeit
Finanzierung der nachhaltigen Entwicklung
Nachhaltigkeitsdaten sind richtungsweisend
Begriffe der Nachhaltigkeit
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1. Auflage 2024
Alle Rechte vorbehalten© W. Kohlhammer GmbH, StuttgartGesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:ISBN 978-3-17-044874-2
E-Book-Formate:pdf:ISBN 978-3-17-044875-9epub:ISBN 978-3-17-044876-6
Als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) freue ich mich, Ihnen dieses Buch zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in Krankenhäusern empfehlen zu dürfen. In einer Zeit, in der das Gesundheitswesen einem stetigen Wandel unterworfen ist und immer höhere Anforderungen an Qualität, Effizienz und Verantwortung gestellt werden, sind ein wirkungsvolles Nachhaltigkeitsmanagement und die entsprechende Nachhaltigkeitsberichterstattung zu unverzichtbaren Instrumenten geworden, um diesen Herausforderungen gerecht zu werden.
Krankenhäuser in Deutschland haben eine zentrale Rolle in der medizinischen Versorgung und tragen damit auch eine besondere Verantwortung in der Gesellschaft. Zu dieser Verantwortung gehören die vielfältigen Auswirkungen auf die Umwelt und die Gemeinschaft. Die Verpflichtung zur Nachhaltigkeit ist daher keine Wahl, sondern eine Notwendigkeit auch mit Blick auf den Wettbewerb der Branchen am Arbeitsmarkt um junge und qualifizierte Fachkräfte.
In diesem Buch beschreiben die AutorInnen, wie Krankenhäuser in Deutschland, von großen Universitätskliniken bis hin zu kleinen Grundversorgungskrankenhäusern, ihre Verpflichtung zur Nachhaltigkeit umsetzen können. Sie skizzieren die rechtlichen Rahmenbedingungen und effiziente Möglichkeiten, diesen Verpflichtungen gerecht zu werden. Die Instrumente zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die in diesem Werk vorgestellt werden, sind Beispiele für unsere gemeinsamen Anstrengungen, ökologische und soziale Verantwortung messbar zu machen und transparent darzustellen. Wir hoffen, dass dieses Buch Krankenhäuser unterstützt, ermutigt und inspiriert, das Thema Nachhaltigkeit strukturiert und engagiert anzugehen.
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist nicht nur ein Mittel zur Einhaltung gesetzlicher Anforderungen, sondern auch ein Bekenntnis zur Transparenz und Rechenschaftspflicht. Sie dient dazu, die Interessen und Bedenken aller Beteiligten, seien es die Beschäftigten im Krankenhaus, die Patienten oder die breitere Öffentlichkeit, zu berücksichtigen.
Viele konkrete Beispiele unterstreichen, wie Krankenhäuser erfolgreich nachhaltige Praktiken in ihre Betriebsabläufe integrieren und gleichzeitig positive Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft erzielen können. Sie zeigen, dass medizinische Exzellenz und soziale Verantwortung Hand in Hand gehen können.
Wir hoffen, dass dieses Buch dazu beiträgt, das Bewusstsein für die Bedeutung des Nachhaltigkeitsmanagements zu schärfen und Krankenhäuser in Deutschland dazu ermutigt, dieses Instrument zur Steigerung ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung zu nutzen.
Die DKG beglückwünscht die AutorInnen zu diesem Werk. Ihre Arbeit und ihr Engagement sind der Schlüssel zu einer nachhaltigeren und gesünderen Zukunft für unsere Gesellschaft. Die Zukunft des Gesundheitswesens erfordert eine nachhaltige Transformation, und wir sind zuversichtlich, dass dieses Buch dazu beitragen kann, diese Vision zu verwirklichen.
Dr. Gerald GaßVorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft
Die vorliegende Publikation entstand im Rahmen eines Projekts der Deutschen Krankenhaus TrustCenter und Informationsverarbeitung GmbH (DKTIG) zur softwaregestützten Umsetzung von Nachhaltigkeitsberichten, das gemeinsam mit der DIGUM GmbH konzipiert wurde. Die Zielsetzung war und ist es, die Krankenhäuser in Deutschland mittels branchenspezifischen Wissens und Werkzeugen zu befähigen, selbstständig Nachhaltigkeitsberichte inklusive Wesentlichkeitsanalysen konform der europäischen CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) / ESRS (European Sustainability Reporting Standards) zu erstellen.
Die Inhalte werden zu einem Zeitpunkt geschrieben, zu dem die Gesetzgebung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung noch in der Entwicklung ist. Wir befinden uns vor der ersten Umsetzungsphase der CSRD/ESRS und sogenannte Übergangsklauseln sollen den Einstieg für Unternehmen erleichtern, die bisher noch keine Nachhaltigkeitsberichterstattung veröffentlicht haben. Darüber hinaus sind unter anderem sektorspezifische Nachhaltigkeitsstandards und einheitliche Prüfungsstandards noch in der Ausarbeitung.
Diese Publikation bietet folglich eine erste Interpretation der Gesetzeslage zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Sie spiegelt die Ergebnisse einer intensiven Projektarbeit und beinhaltet die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen aus den Gesprächen mit den Krankenhäusern. Dabei wurde festgestellt, dass neben der Expertise zu den Nachhaltigkeitsthemen Kenntnisse zu den Grundsätzen der Informationserhebung und -darstellung sowie vernetzte und interdisziplinäre Arbeitsweisen für die Erstellung der Berichtsinhalte unbedingt erforderlich sind.
In Ergänzung zu dieser Publikation empfehlen wir für die Erstellung des Nachhaltigkeitsberichtes eine tiefere Auseinandersetzung mit den Gesetzestexten, die den Rahmen dieses Buches sprengen würde. Der ESRS-Kommentar (Freiberg und Lanfermann 2023) bietet dazu eine hilfreiche Aufbereitung.1
Die Autoren haben sich an dem Leitsatz orientiert: »Wissen und Erfahrungen vermehren sich, wenn man diese teilt.« Ihr Dank gilt dem Kohlhammer Verlag und den Lektoren Anne Borgböhmer und Jörg Meissner für ihre Unterstützung.
Dr. Gerald Gaß sei in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) für das Geleitwort sowie die ideelle Unterstützung des Projektes gedankt. Besonderer Dank gilt den Landeskrankenhausgesellschaften und der DKG für die fachliche Unterstützung des Gesamtprojektes MEIN NACHHALTIGES KRANKENHAUS.
Danke auch an Sie, die Leser, für Ihr Interesse an dieser Publikation. Es ist uns darüber hinaus daran gelegen, Ihr geschätztes Feedback für die notwendige Weiterentwicklung und Aktualisierung für Folgeauflagen zu erhalten.
Wir wünschen Ihnen eine gute Lektüre.
Leipzig, Berlin, Potsdam im Mai 2024
René SchubertMarie-Christin LenderChristine Asjoma
1Freiberg, F., Lanfermann, G. (2023): ESRS-Kommentar. Haufe Verlag, Freiburg
Was wird gefordert?
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Im Rahmen der europäischen Richtlinie CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) werden alle Unternehmen außer Kleinstunternehmen verpflichtet, eine Nachhaltigkeitsberichterstattung durchzuführen.
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Laut CSRD wird die Pflicht zur Berichterstattung schrittweise von großen zu kleinen Unternehmen (und Krankenhäusern) ausgeweitet. Krankenhäuser, die bereits nach CSR-RUG (CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) Bericht erstatten, fallen zuerst in die Pflicht der CSRD.
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Die ESRS (European Sustainability Reporting Standards) legen die erforderlichen Berichtsinhalte fest, die nach allgemeinen Angaben, themenspezifischen und perspektivisch sektorspezifischen Standards unterteilt sind.
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Mit der Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse müssen die Auswirkungen, Chancen und Risiken des Krankenhauses hinsichtlich der Nachhaltigkeitsthemen aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Organisationsführung (ESG) betrachtet werden.
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Die Bewertung und Priorisierung der Nachhaltigkeitsaspekte basieren auf einer Betrachtung der Wertschöpfungskette, verschiedener Zeithorizonte und Reichweiten und definieren so die wesentlichen Berichtsinhalte.
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Der Austausch mit den Stakeholdern unter anderem in Kontext politischer Dialoge und der Kredit- und Fördermittelvergabe ist Voraussetzung zur Erstellung der Inhalte der Nachhaltigkeitsberichte nach CSRD/ESRS.
Warum die Nachhaltigkeitsberichterstattung?
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Sensibilisierung: Unternehmen inklusive Krankenhäuser stehen in einer wechselseitigen Beziehung mit ihrem Umfeld.
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Umgang mit Abhängigkeiten: Krankenhäuser werden von dem natürlichen und sozialen Umfeld beeinflusst und spielen gleichzeitig eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung von langfristig guten Lebensbedingungen in Deutschland.
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Vernetztes Denken und Handeln: Digitalisierung ermöglicht Stakeholderdialoge, die den Austausch und die Zusammenarbeit hinsichtlich der nachhaltigen Entwicklung fördern.
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Neue Lösungsräume: Durch die Auseinandersetzung mit den Nachhaltigkeitsthemen in den ESRS sollen neue Erkenntnisse bezüglich der Herausforderungen und der Umgang mit ihnen ermöglicht werden.
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Erweiterung der Perspektive: Die Berücksichtigung der Doppelten Wesentlichkeit erlaubt eine erweiterte Analyse und rechtzeitigen Umgang mit den Chancen und Risiken, die durch die Betrachtung der Nachhaltigkeitsaspekte sichtbar werden.
Wie wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung umgesetzt?
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Der Nachhaltigkeitsbericht muss als Teil des Lageberichts von der Geschäftsführung unterschrieben werden.
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Um die erforderliche Interdisziplinarität der nachhaltigen Themen zu berücksichtigen, braucht es ein Team mit Beschäftigen aus unterschiedlichen Bereichen.
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Um die Wesentlichkeit der Auswirkungen, Chancen und Risiken hinsichtlich der Nachhaltigkeitsaspekte methodisch und systematisch bewerten und priorisieren zu können, braucht es einen Dialog mit den Stakeholdern.
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Agile Arbeitsstrukturen, Verantwortliche und Arbeitspakete müssen festgelegt, Weiterbildungen durchgeführt und Anwendungen von unterstützenden Werkzeugen zur Datenerfassung und -eingabe ausgewählt werden.
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Der Austausch zu Best Practices sowie die Zusammenarbeit in Netzwerken und regionalen Verbänden können die Umsetzung der Berichterstattung sowie der eigentlichen nachhaltigen Entwicklung unterstützen.
Wer muss handeln?
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Krankenhäuser sollten, selbst wenn sie (noch) nicht direkt von der Regulatorik betroffen sind, rechtzeitig mit den strukturellen Vorbereitungen und der Datenerhebung für die Berichterstattung beginnen.
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Staatliche Institutionen und Behörden, die unter anderem die Fördermittelvergabe steuern und die europäischen Nachhaltigkeitsgesetze umsetzen, werden in Zukunft auch die Ergebnisse der Nachhaltigkeitsberichterstattung in ihre Vergabekriterien aufnehmen.
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Wirtschaftsprüfer, die die Nachhaltigkeitsberichte prüfen, können bei der Erstellung unterstützen.
Warum jetzt?
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Die Herausforderungen unserer durch Digitalisierung vernetzten Welt fordern neue Handlungs-, Beobachtungs- und Kontrollmethoden.
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Die Gleichzeitigkeit zahlreicher Transformationsprozesse (wirtschaftliche, ökologische, digitale und soziale) verlangt Anpassung. Der Klima- und demografische Wandel sowie die Veränderungen der Krankheiten sind nur beispielhafte Veränderungen in der Umgebung der Krankenhäuser, die sich wesentlich auf ihren Betrieb auswirken.
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Nachhaltiges Denken kann dazu beitragen, Lösungswege für die zahlreichen, komplexen Herausforderungen zu finden und entsprechende Maßnahmen umzusetzen, die die Zukunftsfähigkeit fördern.
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Die Europäische Union verfolgt Nachhaltigkeitsziele, die eine Neuordnung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse bedeuten.
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Im Rahmen weiterer Gesetze im Kontext der Nachhaltigkeitsthemen wie dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (und der zukünftigen CSDDD – Corporate Sustainability Due Diligence Directive), dem Gebäudeenergiegesetz, der EU-Taxonomie etc. müssen zahlreiche Nachhaltigkeitsinformationen erfasst und dargestellt werden.
René Schubert blickt auf über 30 Jahre Erfahrungen im deutschen Gesundheitswesen zurück. Er war bei verschiedenen Krankenkassen unter anderem im Bereich Krankenhausfallmanagement tätig. Als Fachreferent für Fragen der Krankenhausfinanzierung unterstützte er langjährig die Arbeit der Krankenhausgesellschaft Sachsen.
Seit 2015 trägt er als Geschäftsführer die Verantwortung für die Deutsche Krankenhaus TrustCenter und Informationsverarbeitung GmbH (DKTIG), die sich insbesondere mit den Transformationsprozessen (Digitalisierung und Nachhaltigkeit), Datensicherheit und Datenkommunikation in Krankenhäusern sowie Rehabilitations- und Vorsorgekliniken befasst. Zudem ist er in zahlreichen Gremien auf der Bundes- und Landesebene aktiv. Er studierte berufsbegleitend Betriebswirtschaft mit den Schwerpunkten Wirtschaftsinformatik und Controlling.
Marie-Christin Lender ist zertifizierte Nachhaltigkeitsexpertin (SDG, GRI) mit einem Abschluss im Design Thinking (Advanced-Track am Hasso-Plattner-Institut Potsdam). Sie studierte Kulturwissenschaften und BWL mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit an der Leuphana Universität und absolvierte ein Masterstudium in zeitgenössischer Kunstgeschichte an der University of Edingburgh.
Heute arbeitet sie als Beraterin bei der DIGUM GmbH an systemischen Lösungen, die sich auf die nachhaltige, digitale und wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit von Unternehmen, Organisationen und Strukturen fokussieren. Zudem ist sie Redakteurin des T4Magazins. Bis 2020 war sie international als Kuratorin und Projektmanagerin im Bereich der zeitgenössischen Kunst tätig. Ihr Fokus lag auf nachhaltigen kuratorischen und künstlerischen Praktiken sowie der thematischen Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Veränderungen und deren konstruktiver Bewältigung.
Christine Asjoma ist freiberufliche wissenschaftliche Autorin, Redakteurin und Lektorin von Mei Lin Fung (mit Vinton Cerf Gründerin von People Centered Internet). Sie widmet sich dort der Fragestellung, wie die Digitalisierung unsere Organisationsstrukturen beeinflussen sollte, und versteht nachhaltiges Denken als Leitprinzip für die Entwicklung neuer Organisationsmodelle.
Sie studierte Volkswirtschaftslehre an der Technischen Universität Dresden und war Stipendiatin des Promotionskollegs für Soziale Marktwirtschaft der Konrad Adenauer Stiftung.
Sie schreibt geleitet von einem phänomenologischen Weltbild zu einem breiten Spektrum von Themen und ist Mitglied des Vereins für Hochbegabung Mensa e.V.
Krankenhäuser werden gesetzlich verpflichtet, sich mit Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Nachhaltigkeit bedeutet, vernetzt und langfristig zu denken und zu handeln. Der Begriff stammt aus der Forstwirtschaft, jedoch wandelte sich das Verständnis im Zuge unserer Globalisierung von »Wie können wir auf Basis unserer Lebensweise die Existenz des Waldes sichern?« zu »Wie können unsere Handlungen und unternehmerischen Tätigkeiten so gestaltet werden, dass auch zukünftige Generationen gute Lebensbedingungen vorfinden werden?«. So erhielt Nachhaltigkeit in den letzten Jahren mehr und mehr Aufmerksamkeit als eine Denkweise, um die aktuellen gesellschaftlichen und globalen Herausforderungen anzugehen. Übertragen auf Krankenhäuser heute bedeutet es im ersten Schritt die Identifikation und Bewertung der wesentlichen ökologischen und sozialen Auswirkungen sowie der Themen der Organisationsführung. Krankenhäuser beeinflussen Mensch und Umwelt und sind durch das Auftreten neuer Krankheitsbilder, den Klimawandel, den demografischen Wandel sowie den Wandel gewünschter Arbeitsmodelle direkt von den Veränderungen ihrer Umgebung betroffen. Gleichzeitig haben sie einen entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit von Mensch und Natur. Es gibt bereits zahlreiche Bemühungen in den Krankenhäusern, eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben. Strategien, Gestaltungsansätze sowie Aufklärung zur Nachhaltigkeit sind nicht nur Voraussetzung für die Erfüllung der regulatorischen Anforderungen, sondern bieten die Chance, das Krankenhaus im Hinblick auf die kommenden Herausforderungen zukunftsfähig aufzustellen.
Leitfragen zur Umsetzung
♦Was bedeutet nachhaltiges Denken heute und welche Aspekte umfasst es?
♦Welcher Handlungsdruck besteht und inwiefern muss Vorsorge getroffen werden?
♦Wie kann Bewusstsein geschaffen werden und welche Handlungsfelder müssen in Krankenhäusern beachtet werden?
♦Sind die Besonderheiten des Gesundheitssektors im Kontext der Nachhaltigkeit bekannt?
Die Welt, in der wir leben, ist so vernetzt wie nie zuvor. Wir handeln nicht nur global, sondern können die Auswirkungen unseres Handelns genauer als je zuvor nachvollziehen. Dies führt uns vor Augen, wie abhängig wir voneinander und von der Natur sind. Dieses Bewusstsein für die gegenseitige Beeinflussung lässt uns eine Vielzahl von globalen Möglichkeiten und Herausforderungen wahrnehmen. Uns werden gleichzeitige große Krisen, sogenannte Stapelkrisen, präsent. In die Gruppe dieser Stapelkrisen fallen u. a.
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geopolitische Spannungen durch Kriege und Konflikte,
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Energie- und Ressourcenverknappung,
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Folgen von Extremwetterereignissen und Klimaveränderungen,
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Migrationsbewegungen,
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Inflation,
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rasante technologische Entwicklungen und Sprunginnovationen und
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demografischer und sozialer Wandel.
Die Koexistenz dieser sich gegenseitig beeinflussenden Krisen bildet ein komplexes Handlungsfeld – auch für Krankenhäuser. Bisherige statische Problemlösungsansätze erzielten zur Bewältigung dieser Herausforderungen im Zusammenhang mit diesen Krisen nicht die gewünschte Wirkung. Nachhaltigkeit erkennt die Abhängigkeiten in der vernetzten Welt an und berücksichtigt die Konsequenzen des eigenen Handelns auf die Umgebung. So bietet nachhaltiges Denken das Potenzial, eine notwendige Transformation zur Anpassung an die sich verändernden Bedingungen zu gestalten.
Grundsätzlich gilt, dass wir Menschen nur verantwortungsvoll agieren können, wenn wir die Auswirkungen unseres Handelns beobachten und wahrnehmen können. Mit der schnell voranschreitenden Globalisierung entstand in der Vergangenheit genau darin ein Dilemma. Die wahrnehmbare Weite der Handlungsauswirkungen auf Mitmenschen, auf zukünftige Generationen und auf die Umwelt erhöhte sich deutlich schneller, als sich die Handlungsmechanismen anpassen konnten.
Unsere globale Vernetzung begann wohl mit der industriellen Revolution, deren erste Welle Mitte des 18. Jahrhunderts in England begann. Die Erfindung der Eisenbahn vernetzte Städte und Regionen über zuvor nur schwer zu überwindende Entfernungen. Bezüglich unserer Weltwahrnehmung hatte diese Revolution drei Auswirkungen:
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Erstens konnten sich Ideen schneller verbreiten und Denkweisen konnten sich über weite Entfernungen hinweg angleichen,
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zweitens erweiterte sich das Blickfeld der Menschen, da sie Entferntes leichter beobachten konnten, und
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daraus ergab sich drittens, dass Handlungen weitreichendere Auswirkungen hatten und diese Auswirkungen wahrgenommen werden konnten.
Im gleichen Ausmaß, wie sich unsere Wahrnehmung und Reichweite ausdehnte, fokussierte sich ein Bereich der Forschung – als wäre es ein Gegengewicht dazu – auf die Unterteilung der Welt in ihre Einzelteile und deren Vielfalt. Mitte des 18. Jahrhunderts begann zum Beispiel Carl von Linné mit der Entwicklung der botanischen und zoologischen Taxonomie, die die Grundlage für die Erfassung unserer Artenvielfalt ist, der Biodiversität. Inzwischen sind unsere Messverfahren so genau, dass wir die Entwicklung der Biodiversität und ihre Auswirkungen auf Mensch, Umwelt und Wirtschaft und vice versa nachverfolgen können.
Ebenfalls zu Beginn des 18. Jahrhunderts etablierte sich der Begriff der Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft. Hans Carl von Carlowitz definierte diesen 1713 in seiner Sylvicultura Oeconomica. Förster beobachteten den Einfluss ihres Handelns auf die Natur und ergriffen Maßnahmen, die den Fortbestand des Waldes und die zukünftigen Erträge daraus sicherten. Sie erkannten, dass der gesamte Lebensraum in Form eines vernetzten Ökosystems einbezogen werden muss, um die Ressourcen in ausreichendem Maß zu schützen.
Ohne die Bedeutung zahlreicher Geschichtsereignisse nach der industriellen Revolution zu schmälern, sind die Weltkriege und deren Aufarbeitung als prägend für den Begriff der Nachhaltigkeit zu erwähnen. Durch den technischen Fortschritt hatte sich die Reichweite des Handelns so weit erhöht, dass die Auswirkungen eines Handelnden auf Mensch und Umwelt vom Handelnden entkoppelt wurden. Die Gräueltaten der Weltkriege zeigten die Auswirkungen dieser Entkopplung von Täter und Opfer durch die Technik.
In der Reflexion der Weltkriege ging es folglich um die Frage, wie trotz der Entkopplung Handelnden die Verantwortung für ihr Handeln bewusst gemacht werden kann. Die Diskussion dazu orientierte sich an drei Leitfragen:
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Wie sichern wir den Frieden?
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Wie sichern wir das Wohlbefinden aller Menschen?
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Wie schützen wir unseren Lebensraum?
Als eine Reaktion und zur weiteren Beantwortung dieser Fragen kam es in der Nachkriegszeit zur Gründung internationaler Vereinigungen wie der Vereinten Nationen (UN) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Dabei formierte sich in den 1960er-Jahren die internationale Entwicklungspolitik, die im Wohle der Menschheit Benachteiligten finanzielle Mittel aus den Industrienationen zur Verfügung stellte. Wohlbefinden und Frieden sollten gesichert werden, indem alle am ungleich verteilten Wohlstand aus den technischen Errungenschaften teilhaben.