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Nachhaltigkeitsthemen gewinnen allgemein und damit auch bei der Unternehmensbewertung beispielsweise im Rahmen von Akquisitionen eine immer größer werdende Bedeutung. Vor dem Hintergrund der Methodenvielfalt und Komplexität in der Nachhaltigkeitsbewertung wird in diesem Beitrag auf Basis des situativen Ansatzes ein Instrument zur Auswahl einer adäquaten nachhaltigen Bewertungsmethode vorgestellt. Dieses Instrument hat eine spezifische Bewertungsmethode bzw. eine Eignungsreihenfolge der relevanten Methoden als Ergebnis, welche auf Basis der Nachhaltigkeitsaspekte der Bewertungssituation selektiert wurde bzw. wurden. Dazu wird zunächst auf Basis einer Literaturanalyse ausgewählt, welche Bewertungsmethoden grundsätzlich aus Sicht der Wissenschaft Relevanz haben. Als Folgeschritt werden die situativen Faktoren herausgearbeitet, die im Rahmen einer nachhaltigen Unternehmensbewertung wesentlich sein können (z.B. verwendetes Nachhaltigkeitskonzept oder Art des Bewertungsobjektes). Diese werden verwendet, um zu analysieren, in welchem Ausmaß die Bewertungsmethoden unter Berücksichtigung von unterschiedlichen Ausprägungen der situativen Faktoren geeignet sind. Abschließend wird das anvisierte Modell in Form eines Scoring-Modells umgesetzt, mit dem die situative Vorteilhaftigkeit der relevantesten Methoden der Nachhaltigkeitsbewertung unter Berücksichtigung der individuellen Bewertungssituation und einer situationsspezifischen Gewichtung der Einflussgrößen ermittelt werden kann. Auf dieser Basis können für die Praxis konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, welche Bewertungsmethode herangezogen werden sollte. So wird eine bedarfsgerechte, nachhaltigkeitsorientierte Unternehmensbewertung sichergestellt. Insbesondere im Hinblick auf den steigenden Einfluss der Nachhaltigkeitsleistung auf Unternehmens-Transaktionen kann auf diese Weise eine zielgerichtete Bewertungsmethode ermittelt und eine adäquate Bewertung sichergestellt werden.
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Seitenzahl: 154
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Die Mannheimer Beiträge zur Betriebswirtschaftslehre werden von den Professor*innen der Fakultät Wirtschaft Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim (DHBW) seit dem Jahr 2004 herausgegeben. Diese werden durch ein Editorial Board vertreten.
Die DHBW ist die erste staatliche duale Hochschule in Deutschland mit dem besonderen Merkmal der konsequenten Verzahnung des wissenschaftlichen Studiums mit anwendungsbezogenem Lernen in der Arbeitswelt. Sie wurde am 1. März 2009 gegründet und führt das seit über 45 Jahren erfolgreiche duale Modell der früheren Berufsakademie Baden-Württemberg fort.
Zielsetzung der Mannheimer Beiträge ist, die Diskussion zwischen Hochschule, Wissenschaft und Praxis zu fördern. Das Themenspektrum erstreckt sich auf Forschungsfragen aus dem gesamten Spektrum der anwendungsbezogenen Wirtschaftswissenschaften und fokussieren insbesondere den Theorie-Praxis-Transfer.
Die jeweiligen Bände unterliegen einem internen Begutachtungsprozess, sodass der wissenschaftliche Anspruch, die Aktualität und die thematische Passung sichergestellt werden.
Weitere Informationen auch zu den bisher erschienen Bänden erhalten Sie unter: https://www.mannheim.dhbw.de/forschung-lehre/schriftenreihe
Nachhaltigkeitsthemen gewinnen allgemein und damit auch bei der Unternehmensbewertung beispielsweise im Rahmen von Akquisitionen eine immer größer werdende Bedeutung. Vor dem Hintergrund der Methodenvielfalt und Komplexität in der Nachhaltigkeitsbewertung wird in diesem Beitrag auf Basis des situativen Ansatzes ein Instrument zur Auswahl einer adäquaten nachhaltigen Bewertungsmethode vorgestellt. Dieses Instrument hat eine spezifische Bewertungsmethode bzw. eine Eignungsreihenfolge der relevanten Methoden als Ergebnis, welche auf Basis der Nachhaltigkeitsaspekte der Bewertungssituation selektiert wurde bzw. wurden.
Dazu wird zunächst auf Basis einer Literaturanalyse ausgewählt, welche Bewertungsmethoden grundsätzlich aus Sicht der Wissenschaft Relevanz haben. Als Folgeschritt werden die situativen Faktoren herausgearbeitet, die im Rahmen einer nachhaltigen Unternehmensbewertung wesentlich sein können (z.B. verwendetes Nachhaltigkeitskonzept oder Art des Bewertungsobjektes). Diese werden verwendet, um zu analysieren, in welchem Ausmaß die Bewertungsmethoden unter Berücksichtigung von unterschiedlichen Ausprägungen der situativen Faktoren geeignet sind.
Abschließend wird das anvisierte Modell in Form eines Scoring-Modells umgesetzt, mit dem die situative Vorteilhaftigkeit der relevantesten Methoden der Nachhaltigkeitsbewertung unter Berücksichtigung der individuellen Bewertungssituation und einer situationsspezifischen Gewichtung der Einflussgrößen ermittelt werden kann. Auf dieser Basis können für die Praxis konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, welche Bewertungsmethode herangezogen werden sollte. So wird eine bedarfsgerechte, nachhaltigkeitsorientierte Unternehmensbewertung sichergestellt. Insbesondere im Hinblick auf den steigenden Einfluss der Nachhaltigkeitsleistung auf Unternehmens-Transaktionen kann auf diese Weise eine zielgerichtete Bewertungsmethode ermittelt und eine adäquate Bewertung sichergestellt werden.
Abstract
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Problemstellung und Zielsetzung
2 Studienlage: Status quo von Nachhaltigkeit, Merger & Acquisitions und Bewertungen
2.1 Relevanz und Wirkung der Nachhaltigkeit
2.2 Einbezug Nachhaltigkeit bei Bewertung / Due Diligence, Verwendung situativer Ansatz
2.3 Metaanalyse der Studien
2.3.1 Gesamtüberblick
2.3.2 Relevanz und Wirkung der Nachhaltigkeit
2.3.3 Einbezug Nachhaltigkeit bei Bewertung / Due Diligence
2.4 Kritische Betrachtung der empirischen Nachhaltigkeitsforschung
3 Methoden zur Nachhaltigkeitsbewertung
3.1 Nachhaltigkeitsdefinition
3.2 Auswahl relevanter Methoden
3.2.1 Quelldaten
3.2.2 Deskriptive Auswertung der Grundgesamtheit
3.2.3 Selektionsmechanismus
3.3 Ökonomische Methoden mit besonderer Berücksichtigung der Kosten-Nutzen-Analyse
3.3.1 Informationserfassung: Vollständigkeit und Datengrundlage
3.3.2 Informationsverarbeitung: Aggregation und Nachvollziehbarkeit
3.3.3 Bewertungsergebnis: Aussagekraft und Darstellungsform
3.4 Lebenszyklusanalyse
3.4.1 Informationserfassung: Vollständigkeit und Datengrundlage
3.4.2 Informationsverarbeitung: Aggregation und Nachvollziehbarkeit
3.4.3 Bewertungsergebnis: Aussagekraft und Darstellungsform
3.5 CO
2
-Fußabdruck
3.5.1 Informationserfassung: Vollständigkeit und Datengrundlage
3.5.2 Informationsverarbeitung: Aggregation und Nachvollziehbarkeit
3.5.3 Bewertungsergebnis: Aussagekraft und Darstellungsform
3.6 Effizienzanalyse mit besonderer Berücksichtigung des Sustainable Value Ansatzes
3.6.1 Informationserfassung: Vollständigkeit und Datengrundlage
3.6.2 Informationsverarbeitung: Aggregation und Nachvollziehbarkeit
3.6.3 Bewertungsergebnis: Aussagekraft und Darstellungsform
3.7 Multi-Kriterien-Analyse
3.7.1 Informationserfassung: Vollständigkeit und Datengrundlage
3.7.2 Informationsverarbeitung: Aggregation und Nachvollziehbarkeit
3.7.3 Bewertungsergebnis: Aussagekraft und Darstellungsform
4 Situative Faktoren und deren Einfluss auf die Auswahl
4.1 Theorie des situativen Ansatzes
4.1.1 Ausgangspunkt
4.1.2 Einflussfaktoren
4.1.3 Kritik
4.1.4 Anwendung als Rahmenkonzept
4.2 Bewertungszweck
4.3 Bewertungsobjekt
4.4 Bewertungssubjekt
4.5 Bewertungskomplexität
4.6 Übersicht der situativen Faktoren und der Bewertung
5 Referenzmodell zur Auswahl des adäquaten Konzeptes
5.1 Aufbau
5.2 Anwendungsbeispiel
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Anhang A: SAMT-Ranking
Anhang B: Fachmagazin-Ranking (Journale)
Anhang C: EconBiz-Ranking
Anhang D: ScienceDirect Ranking
Die Autoren / Autorinnen
Abbildung 1: Historische Aufteilung der empirischen Analysen zur Nachhaltigkeit
Abbildung 2: Triple-Bottom-Line-Ansatz
Abbildung 3: Integrierendes Nachhaltigkeitsdreieck
Abbildung 4: Zeitliche Verteilung der Artikel
Abbildung 5: Handlungsorientiertes Grundmodell des situativen Ansatzes
Abbildung 6: Grundstruktur des situativen Ansatzes bei der Instrumente- / Verfahrensauswahl
Abbildung 7: Ausprägungen der Bewertungssituation
Tabelle 1: Studien zur Relevanz der Nachhaltigkeit bei Akquisitionen
Tabelle 2: Studien zur Integration der Nachhaltigkeit in die Bewertung
Tabelle 3: Zusammengefasste Ergebnisse zur Relevanz und Wirkung der Nachhaltigkeit
Tabelle 4: Zusammengefasste Ergebnisse Einbezug Nachhaltigkeit bei Bewertung / Due Diligence
Tabelle 5: Verteilung Anzahl
Tabelle 6: Bedeutungsreduktion seit 2016
Tabelle 7: Relevante Bewertungsmethoden in der Literatur
Tabelle 8: Bewertung ökonomische Methoden
Tabelle 9: Bewertung Lebenszyklusanalyse
Tabelle 10: Bewertung CO2-Fußabdruck
Tabelle 11: Bewertung Effizienzanalyse
Tabelle 12: Bewertung Multi-Kriterien-Analyse
Tabelle 13: Einflussfaktoren der Organisationsstruktur
Tabelle 14: Übereinstimmungsgrad Anforderungen und Methoden
Tabelle 15: Grundstruktur des Scoring-Modells
Tabelle 16: Erste Modellsituation im Scoring-Modell
Tabelle 17: Zweite Modellsituation im Scoring-Modell
Tabelle 18: Zweite Modellsituation mit Ausschlusskriterium im Scoring-Modell
CCF
Corporate Carbon Footprint
CF
Carbon Footprint
EEA
Ökoeffizienz-Analyse
EnVA
Environmental Value Added
EVA
Economic Value Added
KNA
Kosten-Nutzen-Analyse
LCA
Life Cycle Analysis
M & A
Mergers & Acquisitions
MKA
Multi-Kriterien-Analyse
SEEbalance
Sozio-Ökoeffizienz-Analyse
SustV
Sustainable Value-Ansatzes
SVA
Social Value Added
Die wachsende Relevanz von Nachhaltigkeitsthemen in Unternehmen konnte in verschiedenen Studien nachgewiesen werden und wird von beinahe allen Stakeholdergruppen konsequent eingefordert.1 Damit wächst die Bedeutung von nachhaltigen Messkriterien bei der Beurteilung der internen Unternehmensleistung2 und auch bei der Bewertung von externen Objekten, beispielsweise im Rahmen von Akquisitionen. Die steigende Bedeutung von Nachhaltigkeit bei Investitionsentscheidungen wurde in verschiedenen Studien aufgezeigt3 und wird auch an dem starken Anstieg des nachhaltigen Anlagevolumens in Deutschland (+35 % von 2019 auf 2020)4 deutlich.
Um eine Unternehmensbewertung mit nachhaltigen Kriterien umsetzen zu können, bestehen verschiedene Methoden, die teilweise nur Einzelaspekte betrachten (z. B. ‚CO2-Fußabdruck‘) oder lediglich bestimmten konzeptionellen Anwendungen (z. B. schwache Nachhaltigkeit) genügen. Spezifische Anforderungen oder ein Weg, um systematisch Nachhaltigkeitskriterien einzubeziehen existiert nicht.5 Vor diesem Hintergrund soll in diesem Beitrag auf Basis des situativen Ansatzes ein Instrument zur Auswahl einer adäquaten nachhaltigen Bewertungsmethode vorgestellt werden, Das Instrument schlägt auf Basis der Nachhaltigkeitsaspekte der Bewertungssituation eine spezifische Methode vor, bzw. hat eine Eignungsreihenfolge der Methoden als Ergebnis.
Nachdem auf Basis von zwei Meta-Analysen dargestellt wurde, welche Relevanz Nachhaltigkeit bei der Bewertung und spezifisch im Zusammenhang mit Akquisitionen hat, wird zunächst auf Basis einer Literaturanalyse selektiert, welche Bewertungsmethode grundsätzlich Relevanz haben, um diese anschließend vorzustellen und deren Eignung zu prüfen. Als Folgeschritt werden die situativen Faktoren herausgearbeitet, die im Rahmen einer nachhaltigen Unternehmensbewertung relevant sein können. Diese werden verwendet, um zu analysieren, in welchem Ausmaß die relevanten Bewertungsmethoden unter Berücksichtigung von unterschiedlichen Ausprägungen der situativen Faktoren geeignet sind.
Damit ist die Basis gelegt, um das anvisierte Instrument zu entwickeln, welches mit Hilfe einer Gewichtung der einzelnen situativen Faktoren und der inhaltlichen Güte der Bewertungsmethoden einen Vorschlag für die geeignetste Methode ausgibt. Dies wird abschließend an zwei Beispielfällen getestet, um die Funktionsweise des Instrumentes nachzuweisen. Der Beitrag endet mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und einem Ausblick zur Weiterentwicklung des Instrumentes.
1 Vgl. Bundschuh, C./ Dresp, M./ Emunds, P. (2018): S. 1–4 und Bellmann, L./ Koch, T.): S. 13.
2 Vgl. Grewal, J./ Serafeim, G. (2020): 73 f.
3 Vgl. Rozen, A. (2019): S. 5 f., Grunow, H.-W./ Zender, C. (2020): S. 55, Morgenstern, K. (2020): S. 19–22, Bundschuh, C./ Dresp, M./ Emunds, P. (2018): S. 4, KPMG (2018) und Casey, G. et al. (2020): S. 1.
4 Vgl. Tober, C. et al. (2020): S. 8.
5 Vgl. Friede, G. (2019): S. 1260.
Im Folgenden soll anhand von empirischen Analysen gezeigt werden, welche Bedeutung die Nachhaltigkeitsleistung allgemein und insbesondere im Rahmen von Akquisitionen hat und ob und wie diese bei der Bewertung einbezogen wird.
Grundsätzlich kann bei Investitionen beobachtet werden, dass nachhaltige Anlagemöglichkeiten immer mehr in den Fokus rücken:
In den USA ist ein rapider
Anstieg
der
nachhaltigkeitsorientierten Investitionen
über die zwei letzten Dekaden von 0,5 Billionen USD 1995 auf 17 Billionen USD im Jahr 2020 zu verzeichnen.
6
Bei einer Befragung durch das Investopedia Team (2021) wurde festgestellt, dass 58 % der Teilnehmer in 2020 ein gesteigertes Interesse an Investitionen im ESG-Bereich haben.
7
In der Vergangenheit wurden außerdem eine Reihe von empirischen Analysen durchgeführt, welche größtenteils auf Datenbankauswertungen (lediglich eine Studie setzte zusätzlich eine Inhaltsanalyse ein8) beruhen und untersuchten, wie relevant die Nachhaltigkeit bei der Bewertung von Unternehmen ist. Dazu werden die aktuellsten 23 Studien, im Folgenden geordnet nach ihrem Erscheinungsjahr, vorgestellt, um abschließend die Erkenntnisse zusammengefasst herauszuarbeiten:
1. Eisenbach, S. et al. (2011) zeigen anhand von 337 Fällen für den Industriebereich der erneuerbaren Energien,9 dass während der Zeit zwischen 2000 – 200910signifikante (abnormale) Kurssteigerungen auf Basis einer solchen Transaktion durch den Käufer erzielt werden konnten.11 In einer tieferen Analyse stellten sie eine negative Korrelation bezüglich der Käufergröße12 und dem Kurs-Buchwert-Verhältnis in Bezug auf die Renditen (Kurssteigerungen) aus der Akquisition fest.13 Kaufende Unternehmen, welche von außerhalb der Branche kommen, haben eine deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit, positive Renditen aus einer Transaktion im untersuchten Bereich zu erzielen.14
2. Aktas, N./ Bodt, E. de/ Cousin, J.-G. (2011) stellen in einer international angelegten Studie für die Jahre 1997 – 2007 fest,15 dass bei den 106 analysierten Transaktionen die Wertsteigerungen beim kaufenden Unternehmen direkt nach der Verkündigung der Transaktion substantiell höher sind, wenn das Zielunternehmen niedrige Nachhaltigkeitsrisiken aufweist.16 Dies konnte auch isoliert für die Umwelt- und Sozialrisiken nachgewiesen werden.17
3. Flammer, C. (2013) führte eine Ereignisstudie für die Jahre 19802009 durch.18 Sie analysierte dabei 273 Unternehmensmeldungen zu umweltrelevanten Ereignissen bei US-amerikanischen börsennotierten Unternehmen.19 Dabei zeigte sie zum einen, dass positive Meldungen zu umweltrelevanten Ereignissen signifikante Kursanstiege (ø=+0,84 %) zur Folge hatten und umgekehrt negative Meldungen signifikante Reduktionen (ø=-0,65 %).20 Zusätzlich zeigte sie, dass die Effektstärke sich im Zeitverlauf verändert hat. Positive Umweltereignisse werden über den beobachteten Zeitraum hinweg mit geringeren Kurssteigerungen ‚belohnt‘ und negative mit deutlicheren Kursabschlägen.21 Dies wird damit in Verbindung gebracht, dass die Beachtung von Umweltfaktoren zu einer immer größeren Selbstverständlichkeit im Laufe der Jahrzehnte geworden ist. Zusätzlich konnte die Erkenntnis gewonnen werden, dass ein hohes Rating in Bezug auf den umweltbezogenen CSR eine Art Versicherung bei umweltschädlichem Verhalten ist. In diesen Fällen ist die Abstrafung des Marktes in Form von Kursabschlägen deutlich geringer.22
4. Deng, X./ Kang, J./ Low, B. S. (2013) haben 1.556 erfolgreiche Transaktionen zwischen den Jahren 1992 und 2007 in den USA analysiert.23 Sie konnten für Käufer mit einem hohen Nachhaltigkeitswert höhere Wertsteigerungen feststellen (gemessen an den Wertveränderungen vor und nach Verkündigung der Transaktion).24Außerdem hatten die kaufenden Unternehmen, die einen niedrigen CSR-Wert hatten, in der Zeit nach der Transaktion Reduktionen beim Cashflow zu verzeichnen.25 Kaufende Unternehmen mit einem hohen CSR-Wert konnten langfristig höhere Kurssteigerungen erzielen.26 Außerdem benötigten die Kaufverhandlungen bei kaufenden Unternehmen, die einen hohen CSR-Wert hatten, weniger Zeit und wurden mit einer höheren Wahrscheinlichkeit finalisiert.27
5. Chen, E./ Gavious, I. (2015) führten eine Analyse bei 134 Transaktionen zwischen 2007 und 2012 in Israel durch und differenzieren dabei nach unterschiedlichen Investorengruppen (Kleininvestoren, Großinvestoren und institutionelle Investoren). Sie zeigen, dass die Ankündigung der Einführung einer Nachhaltigkeitsregelung beim Unternehmen lediglich bei den Kleininvestoren zu einer höheren Bewertung führt. Die beiden anderen Gruppen sind bei ihrer Bewertung unbeeindruckt von den Nachhaltigkeitsaktivitäten.28 Schlussfolgerung der Autoren daraus war, dass informierte Investoren den wertbezogenen Vorteilen von Nachhaltigkeitsaktivitäten nicht trauen.29
6. Ioannou, I./ Serafeim, G. (2015) haben den Effekt von CSR-Ratings auf Analystenempfehlungen recherchiert. Dazu untersuchten sie in einem Zeitraum von 15 Jahren (1993 – 2007) 3.580 Unternehmen,30 die in den USA börsennotiert sind. Grundannahme war dabei, dass ein Wandel der Analystenurteile über die Zeit stattgefunden hat, von einer negativen Beurteilung einer guten CSR-Leistung hin zu einer positiven Bewertung. Hintergrund ist der Wechsel von der Agencyhin zur Stakeholder-Theorie31 und eine Strategie der Risikomitigation. 32 Diese Hypothese mit Blick auf die Entwicklung konnte über die betrachteten Jahre bestätigt werden.33 Damit geben sie auch Hinweise, dass das Thema Nachhaltigkeit bei Investitionen in Zukunft ein noch größeres Gewicht erhalten wird.34 Der Wechsel der Bewertung wurde deutlich früher von erfahrenen Analysten sowie größeren Brokerhäusern vorgenommen.35
7. Krüger, P. (2015) untersucht die kurzfristige Reaktion auf Nachhaltigkeitsmeldungen (Auswertung von 2.116 Meldungen36 bei 745 verschiedenen Unternehmen).37 Bezüglich negativer Meldungen stellt er eine signifikant starke negative Reaktion fest. Die substantiellen Kosten (gemessen an der Kursreduktion) verbunden mit dem jeweiligen Ereignis waren 76 Mio. USD.38 Mit Blick auf positive Ereignisse konnte eine leicht negative signifikante Reaktion des Kapitalmarktes festgestellt werden (deutlich geringer als bei negativen Ereignissen). Daraus wurde geschlossen, dass eine Investition in Nachhaltigkeit nicht automatisch vorteilhaft im Sinne des Shareholder Value ist.39 Eine tiefergehende Analyse zeigte, dass wenn Investoren die positiven CSR-Aktivitäten nicht auf Agency-Probleme40 (CEOs versuchen sich lediglich als nachhaltig bzw. „grün“ darzustellen) zurückgeführt haben, eine positivere Reaktion zu beobachten war,41 genauso wenn diese positiven Meldungen in Verbindung gebracht werden konnten mit negativen Handlungen des Unternehmens in der Vergangenheit, welche durch die aktuellen Aktivitäten ausgeglichen werden sollten.42 Hier war sogar ein Kursanstieg festzustellen.43 Bei der durchgeführten Textanalyse wurde festgestellt, dass Eigenkapitalgeber intensiver auf Nachhaltigkeits-Nachrichten reagieren, wenn diese ökonomische oder rechtliche Informationen beinhalten.44
8. Ziel der Untersuchung von Khan, M./ Serafeim, G./ Yoon, A. (2016) war die Wertimplikationen von nachhaltigen Investitionen zu analysieren. Sie weisen für 2.396 US-Unternehmen nach,45 dass materielle Veränderungen46 bei der Nachhaltigkeitsbewertung eine signifikant höhere Wachstumsrate beim Gewinn nach sich ziehen.47
9. Die Studie von Salvi, A./ Petruzzella, F./ Giakoumelou, A. (2018) bestätigt, dass Zielunternehmen, die als ökologisch kategorisiert werden, den Käufern nach der Akquisition bessere Finanzergebnisse (gemessen am ROA) liefern als der Kauf von anderen Unternehmen.48 Daraus leiten die Autoren eine Verbesserung des Images des kaufenden Unternehmens ab.49 Einbezogen wurden 84 Transaktionen in den Jahren 2001 bis 2013 in Europa und Nordamerika.50
10. Gomes, M./ Marsat, S. (2018) untersuchten, ob und falls ja, welchen Mehrpreis Bietende im Rahmen von Akquisitionen bereit sind, für ein besonders nachhaltiges Unternehmen zu bezahlen. Sie hatten dazu eine weltweite Stichprobe von 588 Transaktionen in den Jahren 2003 – 2014 ausgewertet. Hauptergebnis war, dass die CSR-Leistung des gekauften Unternehmens signifikant positiven Einfluss auf den Angebotszuschlag51 hat.52 Sie erstellten eine Erhöhung der Kaufprämie von 5,5 % pro Punkt erhöhtem ESG-Wert fest.53 Bei einer Differenzierung der Nachhaltigkeit in soziale und ökologische Aspekte wurde festgestellt, dass die ökologische Nachhaltigkeit sowohl bei innerstaatlichen als auch grenzüberschreitenden Transaktionen einen positiven Einfluss hat.54 Hinsichtlich der sozialen Aspekte gilt dies nur für die grenzüberschreitenden Transaktionen.55 Erklärungsansatz dafür ist, dass durch hohe soziale Nachhaltigkeitswerte die besonders hohen asymmetrischen Risiken bei grenzüberschreitenden Transaktionen reduziert werden und dies durch den Käufer entsprechend in die Bewertung aufgenommen wird.56
11. Bereskin, F. et al. (2018) ermittelten im Zeitraum 1994 bis 2014 auf Basis einer Analyse von 570 abgeschlossenen Transaktionen in den USA, dass eine hohe Ähnlichkeit der CSR-Scores von Käufer und gekauftem Unternehmen zu folgenden Resultaten führt:57
a. einer höheren Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Abschlusses (Anstieg der Wahrscheinlichkeit um 26 %),58
b. einer schnelleren Finalisierung der Transaktion (18,2 % schneller, zwischen 3-4 Wochen)59
c. einer durchschnittlich 3,8 % höheren operativen Leistung60
12. Li, K./ Khalili, N./ Cheng, W. (2019) haben bei 839 chinesischen Unternehmen zwischen 2006 und 2016 die Effekte von Nachhaltigkeitsprojekten auf Basis von Bekanntmachungen untersucht.61 Sie differenzierten dazu in folgende Projektkategorien: umweltfreundliche Produkte und Verpackung, umweltfreundliche Produktion, Energieeffizienz bei Produktion, Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeitsumgebung und Abfallreduktion.62 Zunächst stellten sie fest, dass sowohl für ökologische als auch soziale Projekte in dem Untersuchungszeitraum ein Anstieg der Initiativen zu verzeichnen war. Für die Umwelt- und Sozialprojekte konnte ein positiver Einfluss auf die Leistung (gemessen am Gewinn pro Aktie) der Unternehmen festgestellt werden.63 Bezüglich des Cashflows ergab sich für die einzelnen nachhaltigen Aktivitäten ein differenziertes Bild. Lediglich Projekte im Bereich Energieeffizienz bei der Produktion und umweltfreundliche Produktion hatten einen signifikant positiven Effekt auf den Cashflow.64 Außerdem zeigten die Daten, dass Unternehmen aus Regionen mit schlechten ökonomischen Konditionen in geringerem Maße motiviert sind, ökologische oder soziale Projekte zu starten.65
13. Cho, S./ Chung, C./ Young, J. (2019) führten auf Basis des koreanischen Nachhaltigkeitsindizes von 201566 eine Untersuchung bei 191 börsennotierten Unternehmen in Südkorea durch. Ziel war, den Zusammenhang zwischen CSR auf der einen Seite, und ROA, Wachstum und Wertsteigerung auf der anderen Seite, festzustellen. Dabei wurden die Nachhaltigkeitskriterien unterteilt in: Zuverlässigkeit, Fairness, Beitrag zu Wohlfahrtseinrichtungen, Verbraucherschutz, Umweltschutz und Mitarbeiterzufriedenheit.67 Bezüglich der Profitabilität gemessen am ROA hatte lediglich der Beitrag zu Wohlfahrtseinrichtungen eine signifikante positive Korrelation (CSR kann 16,6 % des ROA erklären).68 Dieser Beitrag hatte auch einen signifikant positiven Einfluss auf das Wachstum, genauso wie die Zuverlässigkeit (CSR hat eine Erklärungsstärke von 22,4 % für das Wachstum).69 Diese beiden Nachhaltigkeitsfaktoren hatten auch eine signifikant positive Korrelation mit der Wertsteigerung.70 CSR konnte 10,0 % der Wertsteigerung (Tobin´s Q) erklären.71
14. Arouri, M./ Gomes, M./ Pukthuanthong, K. (2019) führen für 726 Gebote im Rahmen von Merger & Acquisitions [M & A] zwischen den Jahren 2004 und 2016 eine Untersuchung bezüglich des Einflusses des Käufer-CSR auf die Wahrscheinlichkeit der Finalisierung durch.72 Gemessen wurde dies anhand des „arbitrage spread“, d.h. der Differenz zwischen dem Preis der Aktie nach Bekanntgabe der Übernahme und dem finalen Transaktionspreis. Erkenntnis war dabei, dass die Korrelation zwischen der Differenz und dem CSR-Score des Käufers signifikant negativ war.73 Konkret wird der „arbitrage spread“ um 1,1 % reduziert pro Einheit, um welche die CSR-Score des Käufers höher ist. Dies sind ca. 30 % des gesamten durchschnittlichen Differenzbetrages.74 Schlussfolgerung ist, dass ein hoher CSR-Wert des Käufers die Unsicherheit einer Finalisierung aus Sicht des Marktes reduziert.75
15. Gomes, M. (2019) hat anhand von 608 Transaktionen verteilt über die großen Industrienationen76 in den Jahren 2003 bis 2014 aufgezeigt, dass die Nachhaltigkeitsleistung eine Rolle bei Akquisitionen spielt. Die Wahrscheinlichkeit für ein Unternehmen, Ziel einer Akquisition zu werden, war deutlich korreliert mit dessen Nachhaltigkeitsleistung.77
16. Zhang, F./ Li, M./ Zhang, M. (2019) führen eine Untersuchung für börsennotierte chinesische Unternehmen in der Periode von 2010 bis 2017 durch.78 Insgesamt wurden 317 Transaktionen untersucht.79