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Ein Schatten liegt über den Geschichten der sogenannten “Spökenkieker”: den Menschen, die mehr sehen können als andere. Ihre Nachrichten aus der Zukunft sind nicht immer willkommen. Und doch können wir nicht verhindern, daß sie zur Gegenwart werden. ...und was wäre, wenn es in dieser Gegenwart etwas gibt, das zwischen den uns bewußten Lebens-Räumen stattfindet? Davon berichtet eine Geschichte, die alle Zeiten umspannt und unsere Vorstellung der Realität verändert.
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Seitenzahl: 195
Nachtschatten
Ich sehe was, was Du nicht siehst
Zwischenräume
Leben zwischen hier und anderswo
© 2025 Maralene Werner
Website: www.maralenewerner.de
Lektorat: Mareike Fuisz, www.mareikefuisz.com Covergrafik: Canva
Druck und Distribution im Auftrag der Autorin: tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.
Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
Vorwort
Nachtschatten
Mondlicht
KINDHEITSFRAGMENTE
Das geschriebene Wort
Sport und Spiel
Das liebe Geld und was ist arm?
Familienleben und Schule
Was ist Glück?
Kindergarten und andere Widrigkeiten
Mein Garten
Bin ich davon aufgewacht?
SPÖKENKIEKER
Die blauen Stunden
Die Rosenwarft
Nachtschatten
Stammtisch
Stammtisch zwei
Stammtisch drei
Im Schlaf
Abschied von der Nacht
Zwischenräume
Und im Dunkeln siehst Du ein Licht
Die lichten Wege
Blaue Delfine
Kinesiologische Sitzungen
Die Narrenkappe
Wer bin ich?
Bruderschuld
Leben durch Zeit und Raum
Die Prinzessin im Brunnen
Heilerin in Indien
Von „Atlantis“ zu den Sternen
Zweite Durchsage
„Atlantis“ in der 5. und 6. Dimension
„Gott“ zwischen Leben und Tod
Mein Dasein auf der Sonne
Nachwort
Auszug aus: „Engel mit und ohne Flügel“
Trollenmond
Auszug aus: „Inga, Sven, Oma Ilse und die Aquas“
Auszug aus: „LiebesLeben“
Alte Liebe
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
Vorwort
Auszug aus: „LiebesLeben“
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Vorwort
Jetzt habe ich es lange genug vor mich hin- und hergeschoben! Alle möglichen Unmöglichkeiten geschrieben und erledigt. Nachdem es nun endlich auch einen Titel gefunden hat, dieses weitere Buch von mir, habe ich keine Ausrede mehr. Als ich so ein wenig in meiner Kindheit herumstöberte, merkte ich, dass es mir einfach nicht gelingen wollte, chronologisch vorzugehen. Immer wieder sprang so ein anderer Gedanke dazwischen, der sich an keine feste Zeit halten wollte.
Das hatte mich dann doch gewundert, da ich mich in meinem erlernten und lange Jahre ausgeübten Beruf an Fakten halten musste, und dieses strikte Vorgehen in manchmal doch sehr trockenen Stoff, hat mir nie Probleme gemacht. Aber vielleicht sind meine persönlichen Bücher die andere Seite von mir.
Was sicherlich noch intensiver wird, wenn ich von Ereignissen und Erfahrungen berichte, die schon ziemlich ungewöhnlich sind, um nicht zu sagen „gaga“ daherkommen. Ich kann allen Leser: innen nur versichern, dass alle Dinge, die von mir und meinen persönlichen Erlebnissen berichten, für mich der erlebten Wahrheit entsprechen.
Für alle Geschichten stehe ich als Einzelperson, was auch heißt in eigener Verantwortung. Ich weiß, dass sich einige meiner Geschichten -oder sind es mehr Berichte– schon sehr ungewöhnlich anhören.
Es ist hier meist so, dass die fantastischsten Berichte meist der Wahrheit entsprechen, und demgegenüber die wahrscheinlichsten Geschichten meist viel Fantasie beinhalten. Wie Sie es aufnehmen, liegt in ihrem eigenen Empfinden. Ich habe für mich einen Ausdruck dafür gefunden: „fiktive Wahrheiten“. Dies klingt nach einem Widerspruch in sich, aber es ist so von mir gewollt und treffender kann ich es nicht ausdrücken.
Ich kann nur versichern, dass ich in meinem ganzen Leben weder bewusstseinserweiternde Psychopharmaka zu mir genommen habe, noch unter depressiven Phasen oder psychotischen Episoden gelitten habe. Ich bin einfach nur ganz normal ver-rückt - was heißen soll, dass ich mich in Räumen bewegen kann, die außerhalb des Gewöhnlichen liegen.
Diese Fähigkeit habe ich mir nicht ausgesucht, und ich kann sie noch nicht einmal beeinflussen – sie ist einfach da.
Für die „Spökenkieker“, das heißt, die von anderen Personen erzählten und erlebten Geschichten, kann ich mich nicht verbürgen. Da ich selbst aber auch wundersame Erlebnisse hatte, nehme ich diese Geschichten genauso als gegeben hin. Es mag mir verziehen werden, dass ich aus Fragmenten manches Geschehen etwas weitergesponnen habe. Aber schließlich möchte ich auch etwas Unterhaltsames schreiben. Vielleicht macht das den Reiz dieser Geschichten aus.
Auf jeden Fall möchte ich es nicht versäumen, meiner ältesten Tochter Audrey für ihre Mühe und Geduld zu danken, die Texte zu lesen und manchmal zu korrigieren, wenn ich zu sehr „ins Kraut geschossen“ bin.
Vielleicht fällt mir im Nachhinein noch etwas ein, was ich noch hätte sagen wollen – aber dafür gibt es dann ja auch noch ein Nachwort.
Ihre
Maralene Werner
P.S. Ursprünglich habe ich mit diesen Inhalten zwei Bücher schreiben wollen, mögen. Allerdings habe ich dann gemerkt, dass ich das Eine nicht von dem Anderen trennen kann.
Nachtschatten
Ich sehe was, was Du nicht siehst
Mondlicht
Die Wellen schlagen fast
zärtlich an den Strand,
als hätten sie Angst
den Zauber dieses Bildes
zu vertreiben.
Der Mond spiegelt
sich im Wasser
und taucht Meer und Strand
in eine silbrige Feenwelt.
Auch mein Herz wird silbern
und schmerzt vor Sehnsucht.
Ein silberglänzender Tropfen
fällt vor mir in den Sand,
eine feuchte Spur
auf meinem Gesicht,
und ich verstecke meine Trauer
hinter selbstgewobenen
Tüchern aus Mut und Hoffnung.
Mondlicht
KINDHEITSFRAGMENTE
Das geschriebene Wort
Ich bin zu einer Zeit aufgewachsen, in der sich meine kindliche Fantasie noch unverbildet von Fernsehen und Computerspielen entwickeln konnte. Es gab auch, außer der Bibel und dem kirchlichen Gesangbuch, keine Bücher in unserem Haushalt. Sehr zu meinem Leidwesen, denn ich entwickelte mich zu einer von den Leseratten, die alles, aber auch wirklich alles, lesen, was sie in die Hände bekommen. Sogar vor den Schnulzenheften meiner Mutter machte ich nicht halt.
Vielleicht erinnern sich noch manche Leser:innen meines Alters -und ältere- an diese nicht gebundenen, aus schlechten, leicht bräunlichen Papierbogen bestehenden Romane. Sie wurden einmal wöchentlich an die Wohnungstür geliefert, und es wurde auch gleich kassiert. Soweit ich mich erinnern kann, kostete so ein, zwei Bögen DIN A3 oder DIN A2 vierzig oder fünfzig Pfennig. Damals in den frühen Fünfzigern war das eine beachtliche Summe. Besonders für ein kleines Kind, das den Begriff Taschengeld überhaupt nicht kannte oder den Wert von Geld einschätzen konnte.
Man musste diese Blätter ganz vorsichtig über eine sehr fragwürdige Perforation auseinanderreißen, was aber meist nicht ohne Einrisse im Papier zu schaffen war. Meine Mutter, die meist sehr ungeduldig war, sagte dann:
„Mach du das mal. Deine Finger sind kleiner als meine.“ Womit dann auch gleich die Verantwortung bei mir gelandet war, und ich vor Angst schwitzte, dass ich einen Riss verursachte. Ich wusste ja, was mir dann „blühte“. Und das waren nicht immer nur Beschimpfungen, denn meine Mutter war nicht nur ungeduldig. Sie hatte auch das, was man „eine lose Hand“ nennt. Wie gesagt, für mich waren diese Blätter ein Wertobjekt, wahrscheinlich auch für meine Mutter. Nach dem Auseinanderreißen wurden dann diese Blätter der Reihe nach zu einer Art Broschüre zusammengelegt.
Ich erinnere mich noch ganz genau an so ein Sammelwerk mit Titel „Die kleine Mutti“. Das war ganz raffiniert gemacht, denn jede wöchentliche Broschüre endete mit irgendeiner ungelösten Situation, die erst in der nächsten Folge gelöst wurde; dem sogenannten „Cliff Hanger“. Natürlich fieberte auch ich mit „der kleinen Mutti“ von Woche zu Woche, von Broschüre zu Broschüre mit. Also kurz: als ich lesen konnte, las ich alles. Gleich, ob die Lektüre für Kinder bestimmt war oder nicht.
Ja, das Lesen! Bücher, Geschichten haben mir meine Kindheit in vielen traurigen Stunden lebenswert gemacht. Meine Mutter arbeitete ganztags. Meine Großmutter, die auf dem Land gelebt hatte und ihre Kinder ‚zwischen den Ackerfurchen groß geworden sind‘ -wie sie es bezeichnete- sah es als normal an, dass sich Kinder selbst beschäftigen konnten und sollten. So war ich mir aus heutiger Sicht schon sehr früh selbst überlassen.
Aber mit dem Landleben konnte ich nicht viel anfangen. Insbesondere ‚die frische Landluft‘, die ich bei Besuchen auf dem Land einatmen sollte, bedeutete für mich eine Herausforderung. Ich war ein Stadtkind, wenn Hameln auch keine Großstadt war, aber doch eben eine Stadt.
So ging ich mit fünf Jahren schon allein in unsere Stadtbibliothek, um Bücher anzuschauen. Obwohl ich noch nicht lesen konnte, war ich begeistert von den Büchern und den Bildern. Jeden Mittwochnachmittag gab es eine Vorlesestunde, die von der Bibliothekarin gestaltet wurde. Ich kann mich noch daran erinnern, dass das Wort Bibliothekarin für mich wohl einfach zu schwer war, und ich immer von einer Bibliotheks-Karin erzählte zu der ich mittwochs ging. Was bei den Erwachsenen immer ein Schmunzeln hervorrief.
Später, als meine Schwester schon arbeitete und sich Bücher leisten konnte, brauchte sie mir nur (einer Zehn- oder Elfjährigen) zu sagen, dass dieses Buch nicht für mich bestimmt wäre. Dazu wäre ich noch zu klein und verstehe soundso nicht, was in den Büchern steht.
Welch ein Ansporn das für mich war! Kaum war ich unbeobachtet, was sehr oft der Fall war, verkroch ich mich in mein Bett oder auf das Sofa, und las alles, was mir unter die Finger kam. Auch die gesammelte „Bertelsmann-Lektüre“ meiner Schwester. „Vom Winde verweht“ und „Jenseits von Eden“ und vieles mehr wurden von mir verschlungen. Und ich habe alles verstanden, was darin geschrieben stand.
Mein Bruder war ein Fan von Westernromanen, wie „Tom Prox“, oder brachte Tauschhefte, heute würden wir Comics sagen, mit nachhause. Auch das wurde von mir verschlungen. Wobei es meinen Bruder nicht weiter interessierte, dass dieser Stoff für eine Acht-/Neunjährige nicht geeignet war, sondern er mir die Hefte nur mit der Bemerkung überließ:
„Mach da keine Eselsohren rein“, denn es waren ja Tauschhefte, die anderen Jungen gehörten.
So wuchs ich zwischen „Die kleine Mutti“, „Gritlis Kindern“, „Quo Vadis“ und „Siegfried, der Drachentöter“ auf – und keinen hats gekümmert und mir hoffentlich nicht geschadet.
Aber selbst Bücher zu besitzen als mein Eigentum, war immer mein größter Wunsch als Kind. Auf meinen Wunschzetteln stand immer zuoberst ‚EIN BUCH‘. Später dann hatte ich eine Menge Bücher, die Umzüge immer wieder belasteten.
Heute lese ich Bücher als E-Book und habe nur noch meine Fachliteratur in Buchform in meinen Regalen stehen. Ich ‚schlage‘ eben noch gerne etwas nach.
Natürlich hatten wir zuhause auch kein Telefon. Zum Telefonieren mussten wir zum Postamt gehen, das fünf Gehminuten von unserer Wohnung entfernt war oder in dringenden Fällen zum Drogisten gegenüber. Was aber zu vermeiden war, da er die schlechte Angewohnheit hatte mitzuhören und eventuell auch zu kommentieren.
Computer, Handy, iPhone waren noch nicht erfunden, noch nicht einmal angedacht. Also schrieb man sich Briefe, Postkarten, Zettel – je nach Situation angepasst. Ich hatte einige Brieffreundschaften und bereits mit acht/neun Jahren eine rege Korrespondenz; auch mit älteren Mädchen, die ich auf „Kinderverschickungen“ kennen gelernt hatte.
Außerdem sprach man miteinander. Das mit dem Plaudern hatte ich bereits als vier-/fünfjährige Göre geübt. Es gab noch kein Fernsehen, das Radio durfte ich nicht anstellen, da meine Oma „die Negermusik“ (so nannte sie Musik, die sie nicht mochte) nicht hören wollte. Schallplatten gab es in unserem Haushalt noch nicht. Aber wir hatten einen Zahnarzt, der unten im Hause eine kleine Praxis betrieb. Sie bestand aus einem sehr kleinen, fensterlosen Wartezimmer und einem Behandlungsraum. Heute wäre das hier in unserem Lande gar nicht anzudenken, aber früher war das der Normalfall.
Wenn mir langweilig wurde, setzte ich mich manchmal einfach in das Wartezimmer und unterhielt mich mit den wartenden Patienten. Wer weiß, was ich denen so alles erzählt hatte. Sicherlich waren einige meiner Geschichten erfunden. Für mich war das ein willkommener Zeitvertreib und für die Patienten eine Unterhaltung, denn auch Zeitschriften oder Zeitungen lagen dort nicht aus. Meist holte mich der Zahnarzt zum Schluss, wenn kein Wartender mehr da war, in den Behandlungsraum und schaute sich meine Zähne an. Als Dankeschön dafür, weil ich seine Patienten so gut unterhalten hatte. Ich hatte wohl die bestversorgten Zähne in unserer Stadt.
Sport und Spiel
Aber ich ging nicht nur allein zur Bibliothek, auch ebenso zum Schwimmunterricht. Nach einer langen Diphterie-Erkrankung meinte unser Hausarzt:
„Das Mädchen braucht Bewegung und Erstarkung. Am besten ist Schwimmen.“ Und so lernte ich mit noch nicht ganz sechs Jahren schwimmen. Im Hallenbad mit Schwimmlehrer. Ich entwickelte mich zu einer ordentlichen Schwimmerin, die auch später in der Schule darin gute Leistungen erbrachte.
Überhaupt spielen! Wir Kinder spielten nicht auf einem Spielplatz, sondern auf der Straße. Es fuhren ja kaum Autos. „Klipp-klapp“ „Völkerball“, „Ich habe Wut auf…(Abwerfen)“, „Packen“, Verstecken“, „Hinkepott“, „Murmeln“ und viele andere Spiele, für die wir keine Hilfsmittel brauchten. Vielleicht war höchstens ein Ball oder selbstgebastelte Schläger und Schlaghölzer vonnöten. Wir konnten mit den sogenannten Proklern (etwas angespitzte Stöcke) zwischen den Ritzen des Kopfsteinpflasters die Erde herausprokeln, den ‚Puck‘ (der auch nur ein kleines Stöckchen war) platzieren und wunderbar „Brennball“ (Schlagball) spielen. Wobei das Schlagholz auch nur ein dünner, einigermaßen gerader Stock war. Man brauchte sehr viel Geschick, um den fliegenden Puck mit diesem Stock zu treffen und abzuschlagen.
Diese Fertigkeit habe ich mit in das Schulturnen genommen. Ich konnte zwar kein Seil hinaufklettern, gleich, wie viele dicke Knoten dabei hilfreich waren, und ich war auf dem Barren und Pferd einfach eine Null – aber beim Schlagball war ich einfach spitze. Hatte ich doch schon von klein auf mit einem einfachen Ast, der mehr dünn als dick war, das Abschlagen aus der Luft gelernt. Da war es ein Kinderspiel für mich, ein einen Ball mit einem dicken Rundholzschläger zu treffen. Außerdem konnte ich blitzschnell laufen. Heute frage ich mich, warum ich keine Baseball- oder Kricketspielerin geworden bin. Auch Tennis wäre mein Sport gewesen. Aber damals war meine Familie nicht in der richtigen „Preisklasse“, so dass es solche Möglichkeiten für mich nicht gab.
Als Kind hatte ich zudem ganz andere Ambitionen: ich wollte Tänzerin werden! Aber leider waren Tanzstunden für meine Mutter nicht bezahlbar. Also blieb es ein Traum. Doch ich wusste mir zu helfen… Es gab für Kinder braunkarierte Hausschuhe, festsitzend mit Spangenverschluß, die ich mit Watte in den Spitzen ausstopfte. Es gab einen kleinen Trick, die Sohle an den Spitzen etwas abzupulen, damit eine breitere Auftrittsmöglichkeit entstand… und dann tanzte ich! Stundenlang zu einer Musik, die ich einmal gehört und in meinen Ohren behalten hatte. Denn ich durfte kein Radio anstellen. Strom wurde damals auch im Kleinsten gespart.
Da sich durch das Tanzen die Vordersohle immer weiter ablöste, und ich beim Laufen ständig stolperte, mussten immer wieder neue Hausschuhe gekauft werden. Bis meine Mutter dahinter kam, wer die Verursacherin dieses „Qualitätsmangels“ war. Es hat mir nicht nur ein Tanzverbot eingebracht, sondern auch eine kräftige Tracht Prügel mit dem Teppichausklopfer.
Aber dem Tanzen bin ich mein Leben lang treu geblieben. Wenn auch nicht mehr auf Spitzen, so doch im Gesellschaftstanz. Leider habe ich keine Lebenspartner gehabt, die ebenso leidenschaftlich tanzen konnten und wollten. Auch heute tanze ich oft für mich allein in der Küche, manchmal auch im Sitzen im Auto. Musik und Bewegung sind für mich eine Wunderwelt.
Leider habe ich es nicht geschafft, ein Instrument, gleich welcher Art, richtig gut zu spielen. Blockflöte, die einfachen Lieder hatte ich mir selbst beigebracht – aber ansonsten verfügte ich über ein anderes Instrument: meine Stimme. Ich sang im Schulchor sowohl Mezzosopran als auch Alt, teilweise je nach Tagesform auch Sopran. Leider ist dieses Talent nicht gefördert worden, wie später auch das Zeichnen und künstlerische Gestalten. Wenn diese Talente nicht unterstützt und geübt werden (können), verkümmern sie. Das heißt, sie treten in den Hintergrund, um Platz für andere Wichtigkeiten im Leben zu schaffen.
Dafür ist mir das Schreiben geblieben, und es sollte wohl so sein. Wie sagte doch eine Freundin einmal zu mir: „Dich kann man mit dem Finger egal wo anstupsen – es kommt sofort eine Geschichte heraus.“
So habe ich dann auch den Schulunterricht und meine Seminare gestaltet: bildhaft und jeweils in eine Geschichte eingebettet.
Aber nicht nur auf der Straße spielen, durch die Wohnung tanzen und lesen bestimmten meine Kinderzeit. Ich bin einfach ein Mensch, der für sein Leben gerne spielt. Auch heute noch. Keinesfalls für Geld. Diesen Teil erfüllte dann mein erster Mann zu genüge, und das ist heute für mich unwichtig.
Ich danke heute noch meiner Patentante Lina, die eine Zeit lang im gleichen Haus wohnte wie wir. Bei ihr lernte ich alle Spiele, die es damals mit Brett, Figuren und Karten gab. Viele Stunden habe ich bei ihr verbracht. Danke, Tante Lina!
Auch einem meiner Lehrer, der uns in den Samstag-Verfügungsstunden das Schachspielen lehrte, danke ich hier noch einmal ausdrücklich. Ebenso dafür, dass er uns das Weltgeschehen aus neutraler Sicht erklärte. Beim ihm mußten wir uns keine Kriegs- bzw. Soldatengeschichten anhören, oder Lieder lernen wie: „Ich hat einen Kameraden“, wobei ich jedes Mal in Tränen ausbrach. Denn ich sah in diesen Momenten die beiden schwarzgerahmten Bilder mit Trauerflor vor mir, die in unserer Stube hingen.
Das liebe Geld und was ist arm?
Was hieß Armut als Kind für mich: unzureichendes Schuhwerk im Winter. Schlechtes Schuhwerk, daher kalte Füße, die beim Auftauen ganz schlimm schmerzten. Schlechtes, manches Mal zu wenig Essen, zu enge, kratzende Kleidung. Drückende Schuhe. Kaum Spielzeug. Nur eine genutzte Feuerstelle in der Wohnung, Eisblumen am Fenster. Kalte Nächte. Aber das ging ja nicht nur mir so.
Autos gab es in den Fünfzigern noch sehr wenig. Wir bewunderten noch die Bierkutsche, die von zwei Pferden gezogen wurde, mit der das Bier in Holzfässern an die Eckkneipe geliefert wurde. Ebenso auch den Pferdewagen, der das Eis brachte. Starke Männer in dicken Lederwesten schlugen Eisenhaken in die großen Eisstücke, hievten sie auf ihre Schultern und trugen sie in den Eiskeller der Gaststätte. Manchmal fielen kleine Stücke vom Eisbrocken auf die Straße, die wir aufsammelten und dann genüsslich lutschten.
Ein Speiseeis kaufen konnten die meisten Kinder nicht. Wir hatten fast alle keinen Groschen in der Tasche, denn so viel kostete eine Kugel Speiseeis, das wir beim Konditor um die Ecke kaufen konnten, später dann unerreichte zwanzig Pfennig. Denn auch später verfügten wir nicht über Geld.
Manchmal hatte ich das Glück für Frau Schmidt, einer Nachbarin einkaufen zu dürfen, die zwei Stock unter uns wohnte, in der ‚Bel Etage‘. Dann bekam ich ein oder zwei Groschen „Bringgeld“. Je nach Jahreszeit kaufte ich dafür ein Eis oder einen Negerkuss. Ich weiß, das darf man heute nicht mehr sagen oder schreiben. Für uns früher haben wir uns darüber keinerlei Gedanken gemacht, ob das mit einem Kuss eines Afrikaners in Verbindung gebracht werden könnte – wir hatten ja auch im Sandkuchen keinen Sand vermutet.
Einmal bekam ich für einen größeren Einkauf von Frau Schmidt fünfzig Pfennig. Welch ein Schatz! Ich hatte hin und her überlegt, was ich mir Wunderbares dafür kaufen könnte. Nach gründlicher Überlegung bin ich mit einer Glasschale ausgerüstet zu unserem Milchladen gegangen, gleich an der nächsten Ecke, und habe mir für fünfzig Pfennig Schlagsahne gekauft. Nicht so wie heute, flüssig in einem Becher, die man zuhause dann mit einem Elektroquirl zu festem Schaum schlagen kann. So ein Küchenutensil hatten die wenigsten Haushalte. Nein, in unserem Milchladen gab es einen riesigen Schaumschläger, der nicht nur quirlte, sondern sich auch hob und senkte, um Luft unter die Sahne zu bringen, damit sie noch schaumiger wurde. Allein dieser Vorgang war für mich ganz wundersam und spannend. Für meine fünfzig Pfennig habe ich eine ziemlichen große Portion Sahne in meine Glasschale bekommen, die ich ganz für mich alleine, ohne teilen zu müssen, genossen habe.
Das nur zum Thema Kinderarmut. Natürlich weiß ich, dass wir heute eine andere Zeit haben. Zumindest wird uns das immer wieder vermittelt. Aber auch wir, die Nachkriegskinder, hatten Wünsche und Sehnsüchte. Es war mir nicht immer egal, dass ich Second Hand –früher aus „zweiter Hand“, manchmal wohl auch dritter- tragen musste. Ich fand das keinesfalls chic.
Bei uns kam so alle drei Monate eine Frau, bepackt mit zwei großen, schweren Taschen, prustend (wir wohnten im 3. Stock ohne Lift) „zu Besuch“. Im Wohnzimmer breitete sie dann ihre „Schätze“ aus, aus denen ich dann wählen durfte. Ich erinnere mich noch an einen grünen Teddymantel, der zwar gut warm für den Winter war, aber mir viele Hänseleien von meinen Mitschülerinnen eingebracht hatte.