Naturheilkunde bei funktionellen Erkrankungen - Oliver Ploss - E-Book

Naturheilkunde bei funktionellen Erkrankungen E-Book

Oliver Ploss

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Beschreibung

Von Burn-Out bis Reizdarm: Zahlreiche kompakte und direkt umsetzbare naturheilkundliche Therapiekonzepte helfen Ihnen, den hohen Leidensdruck der Betroffenen für diese schwierig zu fassenden Indikationen zu mindern.

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Oliver Ploss

Naturheilkunde bei funktionellen Erkrankungen

Von Reizdarm bis Burn-out-Syndrom

10 Abbildungen

Dr. rer. nat. Oliver Ploss (Jg. 1968) studierte nach einer Ausbildung zum PTA Pharmazie in Münster und ist seit 19 Jahren als Heilpraktiker tätig. Er ist Autor mehrerer naturheilkundlicher Artikel und Publikationen und hält regelmäßig Vorträge und Seminare in ganz Deutschland. Zudem ist er Lehrbeauftragter für Homöopathie und Naturheilkunde an der Universität in Münster (Fachbereich: Pharmazie).

Vorwort

Dieses Buch richtet sich an alle, die Interesse an der ganzheitlichen Behandlung und Beratung von Patienten mit funktionellen vegetativen Erkrankungen haben. Diese Erkrankungen treten in unserer modernen, stressigen Zeit immer häufiger in der Praxis auf. Da sie über das vegetative Nervensystem ausgelöst, unterhalten bzw. forciert werden, kann die Schulmedizin hier nicht immer weiterhelfen. Dies und die Tatsache, dass diese Erkrankungsbilder an sich bei den Betroffenen sehr oft einen immensen Leidensdruck mit erheblicher Einschränkung der Lebensqualität erzeugen, führt dazu, dass die Patienten oft aus Verzweiflung und manchmal auch aus Enttäuschung über den mangelnden Erfolg der schulmedizinischen Behandlung nach therapeutischen Alternativen suchen. Ich möchte deshalb mit diesem Buch nicht nur physiologische Zusammenhänge aufweisen, die zur Entstehung dieser Erkrankungen führen, sondern vor allem mögliche ganzheitliche Therapievorschläge vorstellen, die sich sowohl ergänzend zur schulmedizinischen Therapie als auch häufig als alleinige Therapieform gut bewährt haben.

Mein Dank gilt allen, die mir bei der Erstellung des Buches geholfen haben. Ganz besonders möchte ich an dieser Stelle meiner Familie danken, ohne deren Unterstützung und zeitlichen Verzicht, das vorliegende Buch sicherlich nicht zustande gekommen wäre.

Nun wünsche ich allen Lesern und Patienten, dass sie hier Anregungen finden, vor allem aber, dass sie gute Erfolge bei der Behandlung funktioneller Erkrankungsbilder erzielen.

Ibbenbüren, im Mai 2012Dr. rer. nat. Oliver Ploss

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Die Rolle des Nervensystems bei funktionellen Erkrankungen

1.1 Aufbau des Nervensystems

1.2 Neurotransmitter

1.2.1 Die wichtigsten Neurotransmitter bei funktionellen Erkrankungen

2 Stress und seine Folgen

2.1 Formen von Stress und Stressphasen

2.2 Stress-Typen

2.3 Psychophysiologie von Stress

2.3.1 Das limbische System

2.3.2 Vegetatives Nerven system (Aktivierung von Sympathikus und Parasympathikus)

2.4 Auswirkungen von Stress auf den Organismus

2.4.1 Bindegewebe

2.4.2 Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse

2.4.3 Nitrostress (nitrosativer Stress)

2.4.4 Zusammenhang Entzündungen und Stress

2.4.5 Krebserkrankungen

3 Funktionelle Erkrankungen

3.1 Beispiele für häufig auftretende funktionelle Erkrankungsbilder

3.1.1 Psychogene Kopfschmerzen

3.1.2 Psychogene Muskel- bzw. Rückenschmerzen (psychosomatische Zervikalgie)

3.1.3 Psychogene Herz beschwerden (Herzneurose)

3.1.4 Psychogene Magen-Darm-Beschwerden (Reizmagen/Reizdarm)

3.1.5 Psychogene Reizblase (neurogene Blase)

3.1.6 Psychogenes Asthma

3.1.7 Psychogene Leber-Galle-Beschwerden

4 Reizdarmsyndrom

4.1 Ursachen

4.1.1 Stress

4.1.2 Störungen der Darmflora

4.1.3 Immunsystem

4.1.4 Mikroentzündungen

4.2 Symptome

4.3 Diagnostische Kriterien und Differenzialdiagnose

4.3.1 Diagnostische Kriterien

4.3.2 Differenzialdiagnosen

4.3.3 Laborwerte

4.4 Therapie

4.4.1 Probiotika

4.4.2 Bitterstoffdrogen

4.4.3 Schulmedizinische Therapie

4.4.4 Psychotherapie

4.4.5 Ganzheitliche Therapie

4.5 Ernährung

4.5.1 Ballaststoffe

4.5.2 Fasten

4.6 Weitere Tipps für den Reizdarmpatienten

4.6.1 Stressabbau

4.6.2 Hydrotherapie/Hydrothermotherapie

4.6.3 Sonstige Tipps

5 Reizmagen (funktionelle Dyspepsie)

5.1 Physiologie

5.2 Ursachen

5.3 Symptome

5.4 Diagnostik

5.4.1 Allgemeine diagnostische Maßnahmen

5.4.2 Kochsalz(NaCl)-Kreislauf und Urin-pH-Wert-Kurve nach Sander

5.4.3 Pathophysiognomik bei chronischem Reizmagen

5.5 Therapie

5.5.1 Allgemeine und schulmedizinische Therapiemaßnahmen

5.5.2 Ganzheitliche Therapie des chronischen Reizmagens

5.6 Selbsthilfe beim Reizmagen

6 Reizblase

6.1 Pathophysiologie und Ursachen

6.2 Sonderformen

6.2.1 Psychogene Harnverhaltung

6.2.2 Psychogene Harnflut (Polyurie)

6.3 Differenzialdiagnose und diagnostische Maßnahmen

6.4 Therapie

6.4.1 Allgemeine Therapiemaßnahmen

6.4.2 Ganzheitliche Therapie der chronischen psychogenen Reizblase

7 Funktionelle (psychogene) Atemwegserkrankungen

7.1 Physiologie der Atmung

7.2 Funktionelle (psycho gene) Hyperventilation

7.2.1 Physiologie und Ursachen

7.2.2 Symptome

7.2.3 Therapeutische Strategien

7.3 Chronischer psychogener Husten

7.4 (Psychogenes) Asthma bronchiale

7.4.1 Ursachen und Pathophysiologie

7.4.2 Symptome

7.4.3 Diagnostik und Differenzialdiagnose

7.4.4 Therapiemöglichkeiten des psychogenen Asthmas

8 Funktionelle Herz-Kreislauf-Beschwerden (Herzneurose)

8.1 Ursachen

8.2 Symptome und Diagnostik

8.2.1 Zusätzliche naturheilkundliche Diagnosemethoden

8.3 Therapie

8.3.1 Segmentale Therapien

8.3.2 Ganzheitliche Therapie funktioneller Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Herzneurose)

9 Burn-out-Syndrom

9.1 Ursachen

9.2 Symptome

9.3 Diagnostik

9.4 Prävention und Therapie

9.4.1 Orthomolekulare Therapie

9.4.2 Pflanzliche Adaptogene

9.4.3 Pflanzliche Stimulanzien

9.5 Tipps für den Patienten

Anhang

10 Weiterführende Adressen

11 Literaturverzeichnis

12 Abbildungsnachweis

13 Sachverzeichnis

1 Die Rolle des Nervensystems bei funktionellen Erkrankungen

Funktionelle Erkrankungen sind Erkrankungen, die zwar mit von den Patienten geschilderten eindeutigen Krankheitszeichen oder Beschwerden einhergehen, jedoch letztlich ohne objektiv feststellbare organische Ursache bleiben. Diese mangelnde (schulmedizinische) Diagnose macht auch eine (schulmedizinische) Therapie schwierig bis unmöglich.

Zwar wird die Existenz funktioneller Erkrankungen wie z. B. Reizdarm oder Reizmagen mittlerweile auch von den meisten Schulmedizinern weder bestritten noch wie in früheren Zeiten als „Hysterie“ oder „Hypochondrie“ abgetan, dennoch mangelt es an eindeutigen Erklärungsmodellen für die Entstehung funktioneller Syndrome.

Mittlerweile unbestritten ist jedoch, dass ein Zusammenhang zwischen psychischer Befindlichkeit, Nervensystem und Entstehung einer funktionellen Erkrankung besteht. Genauer gesagt spielt das Nervensystem in seiner Rolle als Mittler zwischen psychischen Befindlichkeiten, wie z. B. Stress und dessen körperlichem Ausdruck in Form einer funktionellen Erkrankung, eine zentrale Rolle.

Aus diesem Grund werden im Folgenden zunächst die Grundlagen des Nervensystems und Stress als einer der wichtigsten psychischen Auslöser funktioneller Erkrankungen erläutert, um dann auf die naturheilkundlichen Therapiekonzepte der wichtigsten bzw. häufigsten funktionellen Erkrankungen einzugehen.

1.1 Aufbau des Nervensystems

Das Nervensystem nimmt über die Sinnesorgane Informationen bzw. Reize aus der Umwelt auf, verarbeitet sie und steuert daraufhin entsprechende Reaktionen des Organismus.

Die wichtigsten Bestandteile des Nervensystems sind

Gehirn,

Rückenmark,

Nerven und

Ganglien.

Topografisch wird das Nervensystem in das Zentralnervensystem (ZNS) und das periphere Nervensystem (PNS) eingeteilt, funktionell sind diese jedoch eng miteinander verflochten.

Das Zentralnervensystem (ZNS) setzt sich zusammen aus dem Gehirn und Rückenmark. Es ist der Ort bewussten und unbewussten Denkens, der willkürlichen Motorik und der zentralen Verarbeitung von aus der Umwelt bzw. dem peripheren Nervensystem kommenden sensorischen Reizen. Als Grenzen des ZNS könnten die Hirnhäute angesehen werden. Nach einer anderen Definition liegt die Grenze des ZNS dort, wo die Nerven faserumhüllung von der für das ZNS typischen, von Oligodendrozyten gebildeten Form in eine für das periphere Nervensystem typische Umhüllung durch Schwann-Zellen übergeht.

Die außerhalb des Zentralnervensystems liegenden neuronalen Strukturen gehören zum peripheren Nervensystem (PNS). Es besteht in erster Linie aus Hirn- (mit Verbindung zum Gehirn) und Spinalnerven (mit Verbindung zum Rückenmark). Das periphere Nervensystem wird dabei in das somatische (anima lische, willkürliche) und das vegetative (viszerale, autonome, unwillkürliche) Nervensystem untergliedert. Das somatische Nervensystem steuert im Wesentlichen die Motorik der Skelettmuskulatur, während das vegetative Nervensystem vorwiegend Reaktionen steuert, die außerhalb des Bewusstseins ablaufen, u. a. auch lebenswichtige Funktionen wie z. B. Atmung, Stoffwechsel und Verdauung. Des Weiteren wird das vegetative Nervensystem in das sympathische (Sympathikus), das parasympathische (Parasympathikus) und das enterische Nervensystem (ENS, Darmnervensystem) unterteilt. Das ENS unterliegt dem Einfluss von Sympathikus und Parasympathikus.

Während der Sympathikus die Mobilisierung des Körpers bei Aktivitäten oder in Notfallsituationen anregt, sorgt der Parasympathikus für Regeneration und den Aufbau von Reserven (▶Tab. 1.1). Die harmonische Tätigkeit der Organe (Eingeweide) setzt ein vegetatives Gleichgewicht zwischen den Gegenspielern Parasymphatikus und Sympathikus – also zwischen Energieverbrauch und Regeneration – voraus.

1.2 Neurotransmitter

Die Erregungs- bzw. Informationsübertragung im Nervensystem von einer Nervenzelle zur anderen erfolgt mittels elektrischer Impulse. Da diese Impulse den Spalt zwischen den einzelnen Nervenzellen (sog. synaptischer Spalt) nicht überwinden können, setzt eine Nervenzelle durch den elektrischen Impuls die jeweiligen benötigten biochemischen Moleküle (Neurotransmitter) frei und kann so die Information an die nächste Nervenzelle weitergeben. Jeder Neurotransmitter hat spezifische Rezeptoren, die nur auf ihn zugeschnitten sind (sog. Schlüssel-Schloss-Prinzip). Bindet der Neurotransmitter an „seinen“ Rezeptor, kann erst das chemische Signal wieder in ein elektrisches umgewandelt und ggf. auf dieselbe Art und Weise weitergeleitet werden.

Basierend auf den Aufgaben der verschiedenen Neurotransmitter existieren mittlerweile zahlreiche Medikamente, die die Wirkung des jeweiligen Botenstoffs fördern (Agonisten) oder blockieren (Antagonisten).

Sowohl Parasympathikus als auch Sympathikus benötigen Botenstoffe, um ihre Wirkungen an den verschiedenen Organen zu erzielen. Ein mangelndes Gleichgewicht im vegetativen Nervensystem, im Speziellen zwischen Parasympathikus und Sympathikus, drückt sich oft in einem Überschuss oder einem Mangel bestimmter Neurotransmitter aus.

▶Tab. 1.1 Wichtigste Wirkungen von Sympathikus und Parasympathikus.

Organ(system)

Wirkung

Aktivierung Sympathikus

ZNS

Antrieb und Aufmerksamkeit ↑

Augen

Pupillenerweiterung ↑

Herz

Frequenz, Kraft und Blutdruck ↑

Fettgewebe

Triglyzeridabbau und Fettsäurenfreisetzung ↑

Leber

Glykogenabbau und Glukosefreisetzung ↑

Magen-Darm-System

Durchblutung und Peristaltik ↓, Sphinktertonus ↑

Blase

Sphinktertonus ↑, Tonus des Wandmuskels ↓

Speichel

wenig und zähflüssig

Bronchien

Erweiterung

Aktivierung Parasympathikus

Augen

Pupillenverengung

Herz

Frequenz und Blutdruck ↓

Magen-Darm-System

Sekretion und Peristaltik ↑, Sphinktertonus ↓

Blase

Sphinktertonus ↓, Tonus des Wandmuskels ↑

Speichel

viel und dünnflüssig

Bronchien

Engstellung

↑: erhöht; ↓: verringert

Die Neurotransmitter werden anhand ihrer chemischen Struktur eingeteilt:

Die für die Entstehung und Aufrechterhaltung funktioneller Erkrankungen wichtigsten Neurotransmitter sind Acetylcholin, Noradrenalin, Adrenalin, Dopamin und Serotonin.

1.2.1 Die wichtigsten Neurotransmitter bei funktionellen Erkrankungen

Acetylcholin (ACh)

Das biogene Amin Acetylcholin gehört zu den wichtigsten Neurotransmittern des peripheren Nervensystems. An der sog. neuromuskulären Endplatte vermittelt es die Übertragung der Information von Nerven an die Muskulatur. Weiterhin kontrolliert es im vegetativen Nervensystem, also sowohl von Sympathikus als auch Parasympathikus gesteuert, die Funktionen von Atmung, Herzschlag, Blutdruck, Verdauung und Stoffwechsel.

Im zentralen Nervensystem sind zahlreiche kognitive Prozesse an Acetylcholin gebunden, von denen jedoch noch nicht alle geklärt sind. Es spielt auf jeden Fall eine wichtige Rolle bei Lernvorgängen und bei der Gedächtnisleistung (Alzheimer-Patienten weisen einen AChMangel auf). Acetylcholin gehört nach γ-Aminobuttersäure (GABA) und Glycin zu den im Gehirn am häufigsten vorkommenden Neurotransmittern.

Noradrenalin (Norepinephrin)

Das Katecholamin Nordrenalin ist sowohl ein Neurotransmitter als auch ein Hormon und wird im Nebennierenmark und im Locus caeruleus des Gehirns produziert. Es ist mit dem Adrenalin eng verwandt. Noradrenalin ist ein wichtiger Neurotransmitter des Zentralnervensystems und des Sympathikus. Es verengt die Arteriolen und erhöht so den Blutdruck, senkt die Herzfrequenz und hemmt die Insulinausschüttung.

Neben Adrenalin und Dopamin gehört Noradrenalin zu den sog. Stresshormonen, d. h. Hormonen, die – gesteuert über den Sympathikus – in Stress-Situationen vermehrt freigesetzt werden, um Energiereserven des Körpers zu mobilisieren. Neuerdings fand man Nordarenalin-Rezeptoren auf der Oberfläche von Melanomzellen und vermutete eine stressbedingte Wachstumsförderung durch Katecholamine. Daraufhin wurden Betablocker (Propanolol) zur Therapie eingesetzt, mit dem Ergebnis, dass, laut einer retrospektiven Auswertung des dänischen Krebsregisters, eine deutlich reduzierte Sterblichkeit von Patienten vorlag.

Adrenalin (Epinephrin)

Adrenalin ist wie das Noradrenalin sowohl ein Neurotransmitter als auch ein Hormon. Es wird im Nebennierenmark gebildet und vermittelt eine Steigerung der Herzfrequenz, einen Anstieg des Blutdrucks, eine Erweiterung der Bronchiolen (Erleichterung der Atmung), eine schnelle Bereitstellung von Energiereserven durch Fettabbau (Lipolyse) sowie die Freisetzung und Biosynthese von Glukose. Es reguliert die zentrale Durchblutung und hemmt die Magen-Darm-Tätigkeit, indem es eine Erschlaffung der glatten (Darm-)Muskulatur bewirkt (Hemmung der Peristaltik, ▶Kap. 4). Ebenso führt Adrenalin zu einer Kontraktion des Schließmuskels der Harnblase (▶Kap. 6).

Dopamin (DA)

Dopamin ist ein Neurotransmitter des Zentralnervensystems und des Sympathikus und wird im Volksmund auch gerne als Glückshormon bezeichnet. Es entsteht aus der Aminosäure Tyrosin und ist ein Zwischenprodukt bei der Biosynthese von Adrenalin. Dopamin steigert die Durchblutung der inneren Organe und damit auch die renale Perfusion, beeinflusst die extrapyramidale Motorik, bremst die Magenentleerung und kann Übelkeit und Erbrechen auslösen. Bei der Regulation des Hormonhaushalts spielt es ebenfalls eine Rolle.

Veränderungen des Dopaminhaushalts werden häufig in Zusammenhang mit Psychosen und verschiedenen Störungen des zentralen Nervensystems gebracht. Das beim Drogenkonsum entstehende „High“-Gefühl ist auf eine verstärkte Dopamin-Ausschüttung zurückzuführen (dopaminerges Belohnungssystem), ebenso wie ein Abfall der Dopamin-Konzentration zu depressiven Verstimmungen führen kann.

Die Wirkung der Dopaminausschüttung hängt vom Dopamin-Rezeptortyp ab. Zurzeit werden 5 verschiedene Dopamin-Rezeptoren (D1 bis D5) unterschieden.

Serotonin (5-Hydroxytryptamin (5-HT) oder Enteramin)

Das biogene Amin Serotonin ist ebenfalls ein Hormon und ein Neurotransmitter. Es wird aus der Aminosäure L-Tryptophan gebildet. Etwa 95% des gesamten, körpereigenen Serotonins (ca. 10 mg) befinden sich im Magen-Darm-Trakt, wovon etwa 90% in den sog. enterochromaffinen Zellen gespeichert werden und die übrigen 10% in den Nervenzellen des Darmnervensystems (▶Kap. 4) zu finden sind.

Die zahlreichen Funktionen des Serotonins werden über mindestens 14 verschiedene Serotonin-Rezeptoren (5-HT-Rezeptoren) vermittelt, die in 7 Familien (5-HT1 bis 5-HT7) untergliedert werden. Aus dieser Vielzahl an Serotonin-Rezeptoren erklären sich die komplexen und oft auch gegensätzlichen Funktionen des Serotonins.

Im Magen-Darm-Trakt sorgt es als Neurotransmitter für die Darmbeweglichkeit und den Transport von Nahrungsbrei, vermittelt aber auch die auslösenden Reize für Übelkeit und Erbrechen (unter Beteiligung des N. vagus) sowie die Informationen zu Schmerzen im Darmbereich (unter Beteiligung der Spinalnerven). Die Ausschüttung von Serotonin als Hormon aus den enterochromaffinen Darmzellen erfolgt durch erhöhten Darminnendruck infolge Nahrungsaufnahme und resultiert in einer Verstärkung der Darmperistaltik und Nahrungspassage. Jedoch können auch Aromastoffe, wie z. B. Lavendelöl, zu einer Aktivierung der Serotoninausschüttung aus den enterochromaffinen Zellen und somit zu einer Anregung der Darmmotilität führen.

An der Vermittlung der Wirkung des Serotonins im Magen-Darm-Trakt sind insbesondere die Serotonin-Rezeptoren 5-HT3 und 5-HT4 beteiligt (▶Kap. 4.4.3). Auf einer Stimulierung von 5-HT4-Rezeptoren beruht z. B. die die Darmmotilität anregende Wirkung einiger Prokinetika wie z. B. Cisaprid und Metoclopramid (MCP, eigentlich ein Dopamin-Antagonist). Sie werden bei der Behandlung verschiedener Magen-Darm-Störungen (Bauchschmerzen, Verstopfung, Blähungen und Erbrechen) eingesetzt. Der 5-HT4-Rezeptor-Agonist Tegaserod wurde in den USA zur Therapie des Reizdarmsyndroms zugelassen, aber nach kurzer Zeit wegen Sicherheitsbedenken wieder vom Markt genommen.

Im Zentralnervensystem ist Serotonin u. a. beteiligt an Schmerzempfindung, Gedächtnisleistung, Schlafsteuerung, Essund Sexualverhalten und hat Auswirkungen auf die Stimmungslage.

Ein erhöhter Serotoninspiegel im Gehirn führt zu Euphorie, aber auch nicht selten zu Unruhe und Halluzinationen. Depressive Verstimmungen, Angst und impulsive Aggressionen lassen sich neurochemisch häufig auf einen Serotoninmangel zurückführen. Die Tatsache, dass Serotonin aus dem synaptischen Spalt durch Wiederaufnahme eliminiert wird, machen sich verschiedene Psychopharmaka zunutze (selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer), die diese Wiederaufnahme blockieren und so die Serotonin-Konzentration in der Gewebeflüssigkeit erhöhen.

Wegen seiner Wirkungen auf die Stimmungslage wird Serotonin ebenso wie Dopamin und Noradrenalin im Volksmund auch oft als „Glückshormon“ bezeichnet. Der „glücklichmachende“ Konsum von Genussmitteln wie z. B. Schokolade ist jedoch zurückzuführen auf die enthaltene Aminosäure Tryptophan, der Vorstufe von Serotonin, die im Körper dann zu Serotonin verstoffwechselt wird.

2 Stress und seine Folgen

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Stress zu einer der größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts erklärt. Seit 1990 sind die Behandlungsfallzahlen und die Behandlungstage bei psychischen Erkrankungen um 58% gestiegen (Barmer-GEK-Report Krankenhaus 2011). Überlastungen in Beruf und Alltag führen oft zu funktionellen körperlichen Beschwerden und psychischen Befindlichkeitsstörungen wie Nervosität, Erschöpfung, Schlaflosigkeit oder depressiven Episoden, die in Ihrer Gesamtheit auch als Burn-out-Syndrom bezeichnet werden. Diese in unserer schnelllebigen Industriegesellschaft zunehmenden psychischen Reaktionen sind Warnsignale, die darauf hinweisen, dass Körper und Seele dem Druck nicht mehr standhalten und nach einem Ventil suchen.

Stress wird definiert als eine körperliche Reaktion auf Anforderungen oder Belastungen, die dazu führt, dass zur Bewältigung der Stresssituationen Ressourcen bereitgestellt werden. Der Begriff „Stress“ wurde erst in den 30er-Jahren von dem Mediziner Hans Selye geprägt, der ihn aus der Physik entlehnt hatte, um so eine „unspezifische Reaktion des Körpers auf jegliche Anforderung“ zu beschreiben. Zwar ist im heutigen Sprachgebrauch mit dem Begriff Stress in der Regel immer der negative Stress verknüpft, dennoch deutet diese Definition an, dass Stress nicht nur negativ zu begreifen ist. Stress ist auch lebensnotwendig, denn die Stressreaktion sorgt für die Freisetzung großer Energien im Körper, um die Bewältigung einer Belastung schnell und effizient zu ermöglichen. Anders ausgedrückt, verhilft Stress zu einer unmittelbaren Flucht- und Kampfbereitschaft, die für unsere Vorfahren tatsächlich lebensrettend war. Die Stress reaktion des Körpers ist seit diesen Zeiten gleich geblieben, während die Gefahren sich ganz erheblich gewandelt haben; für die „Gefahren“, denen der moderne Mensch im 21. Jahrhundert speziell in den westlichen Industrienationen ausgesetzt ist, hat der Körper kein adäqates Programm zur Abwendung entwickelt.

2.1 Formen von Stress und Stressphasen

Unter Eustress versteht man den positiven Stress, der den Organismus positiv beeinflusst. Situationen, in denen Eustress auftritt, erscheinen dem Betroffenen bewältigbar und der Eustress erhöht sowohl die Aufmerksamkeit als auch die Leistungsfähigkeit des Organismus, ohne schädliche Auswirkungen zu haben. Das Erleben von Eustress ist eng verknüpft mit der Motivation zu bestimmten Leistungen und Glücksgefühlen.

Disstress entsteht, wenn der Mensch sich Stressoren ausgesetzt sieht, die er als bedrohlich, unangenehm oder als Überforderung empfindet. Unter dem Einfluss von Disstress ist der Körper stark angespannt und je häufiger Distress auftritt bzw. je länger er anhält, umso stärker sinken Konzentrationsfähigkeit und Leistungsbereitschaft.

Es lassen sich 3 Stressphasen unterscheiden:

In der

Alarmphase

stellt sich der Körper durch vermehrte Ausschüttung von Adrenalin und Glukokortikoiden auf die „drohende“ Gefahr ein. Fehlt anschließend die ausgleichende Reaktion, dann machen sich schon erste Stresssymptome bemerkbar, wie z. B. Übererregtheit, Kopfschmerzen, Unkonzentriertheit, Schlafstörungen, Verspannungen und Unruhe.

Während der folgenden

Widerstandsphase

versucht der Körper, die Stresssituation durch vermehrte Aktivierung des Parasympathikus auszugleichen. Da der Sympathikus jedoch meistens noch zeitgleich aktiv ist, kann es zu widersprüchlichen Symptomen während der Anund Entspannung kommen, wie z. B. abwechselnde Verstopfungsund Durchfallphänomene (

Kap. 4

), Atembeschwerden, Migräne, Herzrasen und auch instabile Herz-Kreislauf-Situationen.

Die

Erschöpfungsphase

tritt sehr häufig ein, wenn innerhalb der Widerstandsphase keine Erholung möglich war. Es liegen häufig erhöhte Glukokortikoidspiegel neben erniedrigten Adrenalinspiegeln (Folge der verminderten NNM-Produktion) vor. Dennoch werden Sympathikus und Parasympathikus weiterhin parallel aktiviert, woraus widersprüchliche Wirkungen resultieren und eine Regeneration des gesamten Organismus dauerhaft ausbleibt.

2.2 Stress-Typen

Offensichtlich gibt es unterschiedliche Stressausprägungen bei Mann und Frau. Während gestresste Frauen im Vergleich zu Männern vermehrt chronisch erschöpft, häufiger schlaflos, öfter von Kopfschmerz bzw. Migräne geplagt und eher mental verstimmt sind, leiden Männer hingegen eher unter Magenschleimhautentzündung (Gastritis), Hörsturz oder Tinnitus.

Unabhängig vom Geschlecht kann sich Stress auch, je nachdem, ob der Betroffene eher ein Wind-Typ oder ein Feuer-Typ ist, ganz unterschiedlich äußern:

Der

Wind-Typ: