Neuroonkologie -  - E-Book

Neuroonkologie E-Book

0,0

Beschreibung

Die Neuroonkologie umfasst ein breites Spektrum von Erkrankungen, darunter primäre Tumore und Metastasen im Nervensystem, Tumorprädispositionssyndrome und Tumortherapie-assoziierte neurologische Symptome. Diagnostische Kriterien und Therapiestrategien entwickeln sich dabei stetig weiter. Das vorliegende Werk greift diese Dynamik auf und ist ebenso für Einsteiger wie für erfahrene Kliniker konzipiert. Grundlagenkapitel vermitteln einen kompakten Einblick in relevante Kenntnisse für den klinischen Alltag und über 30 Fallbeispiele behandeln die einzelnen neuroonkologischen Erkrankungen. Die Herausforderungen einer evidenzorientierten und multiprofessionellen Behandlungsstrategie werden dabei systematisch aufgezeigt. Im Zeitalter der Personalisierten Medizin ist auch in der Neuroonkologie ein grundlegender Wandel eingetreten, v.a. durch die Definition prognostischer und prädiktiver molekularer Marker sowie die Biomarker-basierte Gestaltung klinischer Studien. So definiert z.B. die aktuelle WHO-Klassifikation 2021 eine Vielzahl neuer molekularer diagnostischer Kriterien, die in diesem Werk erstmals in deutscher Sprache erläutert werden.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 561

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Neurologische Fallbesprechungen Der Patient im Fokus

 

Eine Übersicht aller lieferbaren und im Buchhandel angekündigten Bände der Reihe finden Sie unter:

https://shop.kohlhammer.de/neuro-fall-reihe

 

Die Herausgeberin

Foto: © Verena Müller

 

Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Ghazaleh Tabatabai ist Neurologin und Universitätsprofessorin. Sie ist Ärztliche Direktorin der Abteilung Neurologie mit interdisziplinärem Schwerpunkt Neuroonkologie des Universitätsklinikums Tübingen und des Hertie-Instituts für Klinische Hirnforschung der Eberhard Karls Universität Tübingen. Seit 2022 ist sie zudem Stellvertretende Sprecherin (Klinik) des Comprehensive Cancer Centers Tübingen-Stuttgart.

Ghazaleh Tabatabai (Hrsg.)

Neuroonkologie

Patientenzentrierte Pfade für Diagnostik und Therapie

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Pharmakologische Daten, d. h. u. a. Angaben von Medikamenten, ihren Dosierungen und Applikationen, verändern sich fortlaufend durch klinische Erfahrung, pharmakologische Forschung und Änderung von Produktionsverfahren. Verlag und Autoren haben große Sorgfalt darauf gelegt, dass alle in diesem Buch gemachten Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Da jedoch die Medizin als Wissenschaft ständig im Fluss ist, da menschliche Irrtümer und Druckfehler nie völlig auszuschließen sind, können Verlag und Autoren hierfür jedoch keine Gewähr und Haftung übernehmen. Jeder Benutzer ist daher dringend angehalten, die gemachten Angaben, insbesondere in Hinsicht auf Arzneimittelnamen, enthaltene Wirkstoffe, spezifische Anwendungsbereiche und Dosierungen anhand des Medikamentenbeipackzettels und der entsprechenden Fachinformationen zu überprüfen und in eigener Verantwortung im Bereich der Patientenversorgung zu handeln. Aufgrund der Auswahl häufig angewendeter Arzneimittel besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

Es konnten nicht alle Rechtsinhaber von Abbildungen ermittelt werden. Sollte dem Verlag gegenüber der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt.

Dieses Werk enthält Hinweise/Links zu externen Websites Dritter, auf deren Inhalt der Verlag keinen Einfluss hat und die der Haftung der jeweiligen Seitenanbieter oder -betreiber unterliegen. Zum Zeitpunkt der Verlinkung wurden die externen Websites auf mögliche Rechtsverstöße überprüft und dabei keine Rechtsverletzung festgestellt. Ohne konkrete Hinweise auf eine solche Rechtsverletzung ist eine permanente inhaltliche Kontrolle der verlinkten Seiten nicht zumutbar. Sollten jedoch Rechtsverletzungen bekannt werden, werden die betroffenen externen Links soweit möglich unverzüglich entfernt.

 

1. Auflage 2023

 

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

 

Print:

ISBN 978-3-17-041416-7

 

E-Book-Formate:

pdf:        ISBN 978-3-17-041417-4

epub:     ISBN 978-3-17-041418-1

Vorwort und Navigationshilfe

Ghazaleh Tabatabai

Neuroonkologische Erkrankungen sind Erkrankungen des Nervensystems und gehen mit verschiedenartigen neurologischen Symptomen einher, ggf. sogar mit weiteren neurologischen Zusatzerkrankungen. Sehr häufig führt die Erkrankung zu tiefgreifenden Einschnitten im sozialen Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Viele neuroonkologische Erkrankungen sind zudem nach wie vor unheilbar. Die Weiterentwicklung diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten ist ein klarer Auftrag an die neuroonkologischen Zentren. Nicht zuletzt deswegen sind klinische Studien in der Neuroonkologie kein »Luxus«, sie gelten als Notwendigkeit und integraler Bestandteil der klinischen Betreuung. Es gilt ein hoher Anspruch an Wissenschaftlichkeit und Vernetzung. Von kompetenten Behandlern wird nicht nur erwartet, dass sie fortlaufend auf dem aktuellsten Stand der Fachdiskussionen sind. Sie müssen auch einen Überblick über aktuelle klinische Studienangebote haben, auch wenn diese Behandlungen an anderen Zentren stattfinden. So können sie ihre Patienten umfassend informieren und ggf. auch gezielt an andere Zentren verweisen.

In struktureller und organisatorischer Hinsicht erfordern neuroonkologische Behandlungspfade ein synergistisches Zusammenspiel mehrerer Fachdisziplinen und Berufsgruppen. Ihr abteilungsübergreifendes Gelingen und ihre Verlässlichkeit im klinischen Alltag hängen allerdings – neben definierter Prozessbeschreibungen – maßgeblich von den beteiligten Akteuren ab, insbesondere ihrem Kenntnisstand, ihrem Verständnis füreinander, ihren Kommunikationsfähigkeiten, ihrem Anspruch an sich selbst und an ihren Beitrag zum Gesamten. Diese multifaktorielle »Gemengelage« mag für viele andere neurologische Erkrankungen auch zutreffend sein, ist jedoch in der Neuroonkologie häufig besonders verdichtet. Es wundert daher nicht, dass Neuroonkologie im klinischen Alltag für einige Kolleginnen und Kollegen verunsichernd und belastend sein kann. Interessierten fehlt zudem häufig ein systematischer Zugangsweg.

Unser Buch setzt an diesem Punkt an. Wir haben es so konzipiert, dass Einsteiger einen systematischen Einblick gewinnen und Fortgeschrittene ihr Wissen reflektieren und vertiefen können.

Empfehlenswert ist ein Start mit den Grundlagen-Kapiteln (Teil A). Diese Kapitel vermitteln in kompakter Darstellung relevante Kenntnisse aus allen beteiligten Fächern und institutionalisierten Strukturen. Sie erläutern übergreifende Aspekte, die für das Verständnis der klinischen Fallbeispiele relevant sind. Im Anschluss folgen ausgewählte klinische neuroonkologische Fälle des Erwachsenenalters aus verschiedenen klinischen Kategorien: primäre Tumoren des Nervensystems (Teil B), Metastasen und Meningeosis neoplastica (Teil C), Tumortherapie-assoziierte und paraneoplastische neurologische Symptome (Teil D), Tumorprädispositionssyndrome (Teil E) und Fallbeispiele aus dem Molekularen Tumorboard (Teil F). Die Fallbesprechungen gewähren in kompakter Form Einblicke in klinische Symptome, relevante Befunde, fächerübergreifende Entscheidungsfindungsprozesse, wichtige klinische und soziale Aspekte und in relevantes Hintergrundwissen für den jeweiligen konkreten Fall, z. B. klinische Studien oder Leitlinien. Jedes Kapitel der Abschnitte B bis E ist durch Bezüge zu den Grundlagen-Kapiteln in Teil A in sich abgeschlossen und verständlich. Die Fallbesprechungen können daher in beliebiger Reihenfolge gelesen werden.

Zugunsten einer lesefreundlichen Darstellung wird in diesem Buch bei personenbezogenen Bezeichnungen in der Regel die männliche Form verwendet. Diese schließt, wo nicht anders angegeben, alle Geschlechtsformen ein (weiblich, männlich, divers).

Der Schwerpunkt des Buchs liegt auf der Behandlung neuroonkologischer Erkrankungen, also auf jenen Abläufen nach erfolgter Diagnosestellung. Natürlich bliebe eine Darstellung der Fallbeispiele ohne Einbezug diagnostischer Abbildungen unvollständig, daher sind exemplarische Befunde inkludiert. Die Diagnostik selbst steht jedoch dabei nicht im Vordergrund der weiteren Ausführungen, da es hierfür bereits andere spezialisierte Bücher gibt. Diese bewusste Schwerpunktsetzung auf die therapeutischen Aspekte neuroonkologischer Erkrankungen spiegelt sich auch in der Zusammensetzung unseres Autorenteams für die Fallbesprechungen wider. Wir danken allen Fachabteilungen und Berufsgruppen aus den beteiligten Zentren der Autorinnen und Autoren, die wir nicht namentlich hervorheben konnten, herzlich. Bei jenen Fallbeispielen, die auf Behandlungen am Universitätsklinikum Tübingen basieren, haben wir aus Platzgründen auf repetitive Nennung der Bildquelle verzichtet. Dafür möchten wir an dieser Stelle Frau Professorin Dr. med. Ulrike Ernemann, Ärztliche Direktorin der Abteilung Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie des Universitätsklinikums Tübingen, ihrem gesamten Team und allen Kolleginnen, Kollegen und Mitarbeitenden des gesamten Departments Radiologie für die stets kollegiale und vertrauensvolle Zusammenarbeit danken.

Gewidmet ist das Buch unseren Patientinnen und Patienten, ihren Familien und allen ihren Nahestehenden. Ihre Willenskraft, Kreativität und Ausdauer, mit der sie der Erkrankung jeden Tag aufs Neue die Stirn bieten, bewundern wir zutiefst.

Inhalt

 

Vorwort und Navigationshilfe

Ghazaleh Tabatabai

A       Grundlagen

1        Neurochirurgie

Michael Müther, Constantin Roder, Walter Stummer und Marcos Tatagiba

2        Bildgebung

Martha Nowosielski und Elke Hattingen

3        Neuropathologische Diagnostik der Tumoren des Nervensystems gemäß WHO-Klassifikation 2021

Christiane B. Knobbe-Thomsen und Guido Reifenberger

4        Klinische Beurteilung

Mirjam Renovanz und Peter Hau

5        Patientenzentrierte Arbeitsweise

Peter Hau, Uwe Schlegel und Ghazaleh Tabatabai

6        Radioonkologie

Laila König, Franziska Eckert und Jürgen Debus

7        Molekulares Tumorboard und Biomarker-gestützte Therapie

Tobias Kessler und Ghazaleh Tabatabai

B       Fallbeispiele aus der Kategorie: Primäre Tumoren des Nervensytems im Erwachsenenalter

8        Glioblastom, ZNS-WHO-Grad 4,

MGMT

-Genpromoter methyliert, Alter < 60 Jahre

Christina Schaub und Ulrich Herrlinger

9        Glioblastom, ZNS-WHO-Grad 4,

MGMT

-Genpromoter unmethyliert, Alter < 70 Jahre

Iris Mildenberger und Michael Platten

10     Oligodendrogliom, ZNS-WHO-Grad 2

David Rieger und Sylvia Kurz

11     Astrozytom, IDH1-mutiert, ZNS-WHO-Grad 3

Lucia Constanze Grosse und Wolfgang Wick

12     Hochgradiges Astrozytom mit piloiden Merkmalen

Michael Ronellenfitsch und Joachim Steinbach

13     Primäres B-Zell-Lymphom des ZNS

Sabine Seidel und Uwe Schlegel

14     Primäres intrakranielles Chondrosarkom

Marco Skardelly und Stephanie E. Combs

15     Klivuschordom

Constantin Roder und Helene Hurth

16     Anaplastisches Meningeom, ZNS-WHO-Grad 3

Cas Dejonckheere, Frank Anton Giordano, Niklas Thon und Philipp Karschnia

17     Hypophysenadenom

Jürgen Honegger und Isabella Nasi-Kordhishti

18     Sporadisches Vestibularisschwannom

Marcos Tatagiba und Sophie Wang

19     Ependymom, ZNS-WHO-Grad 3, im Erwachsenenalter

Frank Paulsen und Ghazaleh Tabatabai

20     Pinealistumor

Mirjam Renovanz und Ghazaleh Tabatabai

21     Adultes Medulloblastom

Markus J. Riemenschneider und Peter Hau

C       Fallbeispiele aus der Kategorie: Metastasen und Meningeosis neoplastica

22     Solitäre parenchymatöse Metastase

Stefan Grau und Frank Winkler

23     Solitäre parenchymatöse zerebrale Metastase eines malignen Melanoms

Anna McLean und Martin Glas

24     Spinale Metastase mit beginnender Paraparese

Oliver Schnell, Dieter Henrik Heiland, Ilinca Popp und Anca-Ligia Grosu

25     Meningeosis neoplastica

Ghazaleh Tabatabai, Mirjam Renovanz, Frank Paulsen und Daniel Zips

26     ZNS-Metastasen im Rahmen eines Cancer-of-Unknown-Primary-(CUP-)Syndroms

Philipp Karschnia, Jens Gempt und Louisa von Baumgarten

D      Fallbeispiele aus der Kategorie: Tumortherapie-assoziierte und paraneoplastische neurologische Symptome

27     Tumortherapie-assoziierte Polyneuropathie, Polyneuritis und Polyradikulitis

Paula Bombach und Alexander Grimm

28     Aseptische Meningitis

Hannes Becker und Ghazaleh Tabatabai

29     Transverse Myelitis

David Rieger und Ghazaleh Tabatabai

30     Hypophysitis

Niklas Graßl und Katharina Sahm

31     Paraneoplastisches neurologisches Syndrom

Marcel Hildner und Joachim P. Steinbach

32     Ischämischer Insult

Felix J. Bode und Niklas Schäfer

E       Fallbeispiele aus der Kategorie: Neuroonkologische Tumoren bei Tumorprädispositionssyndromen

33     Subependymales Riesenzellastrozytom bei tuberöser Sklerose

Michael Ronellenfitsch und Johannes Rieger

34     Zerebelläres Hämangioblastom bei Von-Hippel-Lindau-Syndrom

Tadeja Urbanic Purkart und Martin U. Schuhmann

35     Optikusgliom bei Neurofibromatose Typ 1

Elgin Hoffmann und Constantin Roder

36     Vestibularisschwannom bei Neurofibromatose-Typ-2-bedingter Schwannomatose

Isabel Gugel und Marcos Tatagiba

F       Fallbeispiele aus der Kategorie: Molekulares Tumorboard

37     Biomarker-gestützte Therapie bei

BRAF

-V600E-Mutation

Tobias Kessler, Lucia Constanze Grosse und Ghazaleh Tabatabai

38     Biomarker-gestützte Therapie bei FGFR3-TACC3-Fusion

David Rieger und Mirjam Renovanz

39     Biomarker-gestützte Therapie bei mTOR-Aktivierung

David Rieger und Wolfgang Wick

Verzeichnisse

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Stichwortverzeichnis

A       Grundlagen

1         Neurochirurgie

Michael Müther, Constantin Roder, Walter Stummer und Marcos Tatagiba

1.1       Einleitung

Die Neurochirurgie ist für viele Patienten mit neu diagnostizierter zerebraler oder spinaler Raumforderung der erste klinische Kontakt innerhalb der interdisziplinären Neuroonkologie. Sie erfüllt damit nicht nur rein chirurgischer Ziele, sondern ist ein wesentlicher klinischer Akteur in der Bahnung aller weiteren Behandlungen. Das vorliegende Kapitel gibt einen allgemeinen Einblick in die Grundlagen der kranialen operativen Neuroonkologie.

1.2       Ziele der chirurgischen Neuroonkologie

1.2.1      Diagnosesicherung durch Biopsie

Die stereotaktische Biopsie ist eine sichere minimal-invasive Methode zur Etablierung einer Diagnose

In bestimmten Fällen ist zur Diagnosesicherung – vor oder anstatt einer Resektion – eine Tumorbiopsie notwendig. Diese kann für oberflächliche Läsionen offen chirurgisch oder für tiefer liegende Läsionen in stereotaktischer Technik erfolgen. Mit letzterer Methodik wird durch Festlegung von Eintritts- und Zielpunkt eine Biopsietrajektorie vorgeplant, um mit einer Biopsienadel die Läsion minimal-invasiv zu erreichen. Die Koordinaten des Zielpunktes können an einem stereotaktischen Rahmensystem zur exakten Führung der Biopsienadel eingestellt werden und werden im Falle der rahmenlosen Stereotaxie auf ein Gerät zur Neuronavigation (Kap. 1.4.3) oder auf einen Roboter übertragen. Da die Planung o. g. Koordinaten EDV-basiert anhand der bereits vorliegenden Bildgebung erfolgt, kann die Biopsie präoperativ simuliert werden. Dies erlaubt eine bewusste Schonung bestimmter Hirnstrukturen mit daraus resultierender minimaler Morbidität und Mortalität. Zur Erhöhung der diagnostischen Genauigkeit kann sich die Biopsieplanung nicht nur nach der CT oder MRT richten, sondern auch Informationen aus erweiterter Bildgebung wie PET oder Spektroskopie einbeziehen.

Eine präinterventionelle Vorstellung im interdisziplinären Tumorboard ist notwendig (Kap. 5). Wichtig für die Entscheidungsfindung zum geplanten Eingriff sind Art und Ausmaß neurologischer Defizite und die Wahrscheinlichkeit ihrer Besserung (bzw. drohender Verschlechterung) durch den Eingriff. Allgemeine Empfehlungen bezüglich Indikation und Kontraindikation sind schwierig, da die Erhaltung von Funktion und gesunder Struktur neben der Lage des Tumors weitgehend von der angewandten operativen Technik und der Erfahrung des Operateurs bzw. des Zentrums abhängig ist. Generell gilt, dass zusätzliche neurologische Defizite zu vermeiden sind und dass Werkzeugleistungen erhalten bleiben sollen. Der Allgemeinzustand des Patienten, vor allem Alter, Funktionsstörungen und Begleiterkrankungen (in der internationalen Literatur als Frailty bezeichnet), können die Therapiemöglichkeiten ebenfalls beeinflussen. Eine allgemeine Altersbegrenzung gibt es nicht. Diese Gesichtspunkte sollten in die Beurteilung der Operationsindikation eingehen. Schlechter Allgemeinzustand – beurteilt als Karnofsky Performance Status (KPS) (Kap. 4) – und höheres Alter sind negative prognostische Faktoren.

1.2.2      Zytoreduktion

Wesentliches Grundprinzip der Tumorchirurgie ist es, eine möglichst weite Tumorentfernung bei gleichzeitigem Funktionserhalt zu schaffen

Wesentliches Grundprinzip der Tumorchirurgie ist es, eine möglichst weite Tumorentfernung bei gleichzeitigem Funktionserhalt zu schaffen (Weller et al. 2021). Schließlich können neurologische Defizite negativen Einfluss auf Lebensqualität und Prognose der Erkrankung nehmen (Lacroix et al. 2001). Daneben ist das Resektionsausmaß ein wesentlicher prognostischer Marker (Brown et al. 2016). Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer optimalen onco-functional balance.

Neben der Reduktion der Tumorlast für die ggf. weitere Behandlung, dient die Massenreduktion auch der Symptomkontrolle durch Dekompression funktionaler Hirnareale. Nach der Resektion kann es auch zum Rückgang des zuvor bestandenen Perifokalödems kommen, sodass eine antiödematöse Behandlung mit beispielsweise Glukokortikoiden reduziert oder beendet werden kann.

Das zu antizipierende Ausmaß der Resektion richtet sich wesentlich nach der Lokalisation des Tumors mit Einbezug kritischer Hirnareale im Allgemeinen und im Speziellen den Möglichkeiten des Einbezugs chirurgischer Hilfsmittel (Kap. 1.4).

1.3       Besonderheiten einzelner Tumorarten und Situationen

1.3.1      Hirneigene Tumoren: Gliomchirurgie

Allen diffusen Gliomen ist gleich, dass sie infiltrierend in das umliegende Parenchym eindringen. Während es zur Bildung eines soliden Tumoranteils kommt, muss von einer mikroskopischen Einwanderung von Tumorzellen in weite Teile des restlichen Gehirns ausgegangen werden (Louis 2006). Die Dichte dieser Zellformationen ist um den soliden Tumoranteil am höchsten und nimmt von dort aus ab. Dieser Umstand erklärt das Auftreten von Progressionen vor allem in den Randbereichen stattgehabter Resektionen. Bei den diffusen Gliomen muss daher von einer systemischen Gehirnerkrankung gesprochen werden (Sahm et al. 2012). Die daraus ergehende Herausforderung für die chirurgische Behandlung ist es, ein adäquates Zielvolumen zu definieren. Eine präzise Definition des Tumorvolumens ist bedingt durch den infiltrierenden Wachstumscharakter diffuser Gliome nur schwer möglich. Zur optimalen Vorbereitung auf eine zytoreduktive Operation bedarf es jedoch klarer Zielvorgaben. Nur so kann einerseits die Nähe zu funktionell relevanten Hirnregionen antizipiert werden, und andererseits eine bestmögliche Resektion aus onkologischer Sicht gewährleisten werden.

Innerhalb der letzten Jahre hat sich eine Evolution der Zielgewebe-Definition ergeben, die in dem aktuellen Konzept der supramarginalen Resektion mündete. Bezugsgröße war bislang immer die Gadolinium-Kontrastmittel-Aufnahme in der MRT. In prospektiven Kohorten hatte sich gezeigt, dass der Entfernung dieses Tumoranteils eine entscheidende prognostische Bedeutung zukommt (Lacroix et al. 2001; Stummer et al. 2008; McGirt et al. 2009; Stummer et al. 2012; Kreth et al. 2013). Gliome können jedoch das umgebende Hirngewebe infiltrieren, ohne dass sich eine unmittelbare Störung der Blut-Hirn-Schrankenfunktion mit konsekutiver Gadolinium-Aufnahme ergibt (Watanabe et al. 1992).

Moderne Konzepte der Chirurgie primärer ZNS-Tumore verfolgen das Ziel einer supramarginalen Resektion

Daraus resultierende Konzepte erlauben nach multimodaler Bildgebung eine Definition erweiterter Geweberegionen, die dann im Rahmen einer sog. supramarginalen Resektion adressiert werden können (Abb. 1.1). Referenz dabei können zum Beispiel die FLAIR-Sequenz in der MRT, die Diffusions-gewichtete MRT oder auch die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) sein (Stummer et al. 2000; Schucht et al. 2014; Li et al. 2016; Yan et al. 2017; Müther et al. 2019; Khalafallah et al. 2021).

Abb. 1.1:    Gegenüberstellung verschiedener Zielgewebedefinitionen für die Resektion maligner Gliome

1.3.2      Hirnmetastasen und Meningeosis neoplastica

In der Behandlung der zerebralen Filialisierung solider Tumoren verfolgt die Neurochirurgie im Wesentlichen zwei Ziele. Zum einen ist – vor allem im Falle synchroner Metastasierung – die histologische Sicherung häufig maßgeblich für die Festlegung des weiteren Prozedere. Auch wenn die Diagnosestellung von Hirnmetastasen auf der Basis der Bildgebung und Anamnese zumeist verlässlich ist, kann bei unklarem Primarius oder nicht konklusiver Bildgebung eine Gewebegewinnung zur weiteren Therapiesteuerung erforderlich sein (Kap. 1.2.1; Kap. 22; Kap. 23). Zum anderen kann die Resektion zur Symptomlinderung führen. Damit kann die Entfernung von Hirnmetastasen kritische Raumverhältnisse günstig beeinflussen, fokal-neurologische Defizite lindern, epileptologisch sinnvoll sein und eine Einsparung von Glukokortikoiden erlauben. Im Rahmen der Planung zielgerichteter medikamentöser Therapien kann es ebenfalls ratsam sein, durch Resektion oder Biopsie, Tumorgewebe zur weiteren Aufarbeitung zu gewinnen (Abschnitt F).

In der Resektion von Hirnmetastasen muss zunächst unterschieden werden, ob es sich um eine singuläre/solitäre zerebrale Metastasierung handelt oder um mehrere Läsionen. Die Evidenz zur chirurgischen Behandlung einer Hirnmetastase fußt im Wesentlichen auf drei kleinen Studien der 1990er Jahre (Patchell et al. 1990; Vecht et al. 1993; Mintz et al. 1996). Hier zeigt sich, dass die Kombination aus Resektion und Ganzhirnradiatio der alleinigen Ganzhirnradiatio überlegen ist. Auch wenn die Ganzhirnbestrahlung nicht mehr in dem Maße klinische Anwendung findet (Kap. 6), so hat sich doch durch diese Studien ergeben, dass die Resektion für Patienten mit singulären/solitären Hirnmetastasen eine Überlebensvorteil bietet.

Im Falle von Oligometastasierung oder multipler Metastasierung sollte der Therapieplan immer individuell und multidisziplinär erstellt werden

Komplexer ist die Situation bei mehr als einer Läsion. Im Falle einer Oligometastasierung kann es durchaus angezeigt sein, auch mehrere Hirnmetastasen in einer oder mehrerer separater Sitzungen – in kurzer Zeitlicher Abfolge – zu resezieren (Schackert et al. 2013). Die konkrete Auswahl der Zielläsionen kann sich dann vor allem nach der Symptomatologie, Ausprägung des Perifokalödems operativer Zugänglichkeit, klinischem Gesamtzustand und anzunehmender Prognose des Patienten richten.

Häufig kann die Resektion der Läsionen, die aufgrund eines wesentlichen Perifokalödems am ehesten für Störungen der Hirnfunktionen verantwortlich gemacht werden, von Vorteil sein. In der Erstellung derartiger Konzepte bedarf es einer engen Absprache im interdisziplinären Tumorboard (Kap. 5), um eine bestmögliche Behandlung für jeden einzelnen Patienten zu konzeptionieren. Dabei ist auch entscheidend, dass das Tumorbett der Operationen als auch die durch die Operation unberührten Läsionen sehr zeitnah der radioonkologischen Behandlung zugeführt werden (Roth O’Brien et al. 2021). Im Falle multipler Hirnmetastasen muss immer hochindividuell behandelt werden.

In der hinteren Schädelgrube können Raumverhältnisse, beispielsweise im Rahmen einer akuten Einblutung, rascher dekompensieren, sodass hier im Gegensatz zu den supratentoriellen Läsionen eine besondere Dringlichkeit zur Behandlung besteht. Die prognostische Rolle der Entfernung zerebellärer Metastasen wurde in großen Kohorten belegt (Yoshida und Takahashi 2009). Die klinische Aufgabe besteht hier in der raschen Erkennung von Hirnstammkompressionszeichen, zerebellären und hydrozephalen Zeichen. Letztere entstehen vor allem durch die Verlegung der natürlichen Nervenwasserabflusswege.

Analog zu den hirneigenen Tumoren ist auch in jedem Fall der Metastasektomie das Ausmaß der Resektion relevant, um das Risiko eines Lokalrezidivs zu reduzieren. Denn auch metastatische Läsionen können Infiltration in das umliegende Hirngewebe aufweisen (Baumert et al. 2006; Yoo et al. 2009). Davon abgeleitet gilt auch für Hirnmetastasen, sofern funktionell möglich, das Konzept der supramarginalen Resektion unter Zuhilfenahme zeitgemäßer Hilfsmittel (Kap. 1.4.1–1.4.3). Um Tumorzelldispersion und damit das Risiko von Absiedlungen über den Liquorweg zu reduzieren, hat sich für die Hirnmetastasen das Konzept der En-bloc-Resektion durchgesetzt (Suki et al. 2008; Patel et al. 2010).

Meningeosis neoplastica

Eine besondere Situation in der Behandlung der zerebralen Metastasierung stellt die leptomeningeale Metastasierung dar (Kap. 25). Aktuelle Leitlinien empfehlen unter bestimmten Umständen eine intrathekale chemotherapeutische Behandlung, welche präferentiell über den ventrikulären Weg appliziert werden sollte (Le Rhun et al. 2017). Hier kann die Neurochirurgie durch Implantation eines Ommaya- oder Rickham-Reservoirs mit Anschluss an den Seitenventrikel beitragen. Nicht selten kommt es bei leptomeningealem Befall zu einem symptomatischen Hydrozephalus malresorptivus, welchem durch eine kontinuierliche Liquorableitung im Sinne eines ventrikulo-peritonealen Shunt begegnet werden kann. Durch moderne Ventilsysteme kann dann sowohl eine Liquorableitung als auch eine Möglichkeit zur intrathekal-ventrikulären Applikation in einem System geschaffen werden.

1.3.3      Extraaxiale Tumoren

Bei extraaxialen Tumoren des ZNS handelt es sich zumeist um Meningeome und Nervenscheidentumoren (Schwannome), wobei nicht maligne Meningeome mit 38,6 % mit Abstand die häufigsten ZNS Tumoren sind. Schwannome entsprechen 8,4 % aller ZNS Tumoren, wobei hiervon 75,1 % Vestibularisschwannome sind (Ostrom et al. 2021).

Meningeome sind die häufigsten primären Tumoren des Nervensystems

Am häufigsten finden sich Meningeome (Abb. 1.2) supratentoriell im Bereich der Konvexität und der Falx, sowie im Bereich der Schädelbasis von der Frontobasis, dem Keilbeinflügel bis hin zum Felsenbein reichend. Je nach Lokalisation und Lagebezug zu angrenzenden Strukturen können Meningeome bereits in einem frühen, kleinen Stadium symptomatisch werden, jedoch ebenfalls sehr groß werden, ohne dass eine Symptomatik manifest wird.

Die meisten Meningeome sind Zufallsbefunde, zur Diagnose führende Symptome können ein breites Spektrum von Kopfschmerzen, Bewegungs- oder Sehstörungen, Störungen der Hirnnervenfunktion und auch epileptischen Anfällen sein. Kleine Befunde ohne neurologische Defizite können zumeist bildgebend verlaufskontrolliert werden, eine initiale Therapie sollte bei großen Befunden oder verursachten neurologischen Defiziten in die Wege geleitet werden. Bei verlaufskontrollierten Meningeomen ergibt sich meist eine Behandlungsindikation, sobald ein Größenwachstum eindeutig nachgewiesen wurde, dies jedoch stets in Abhängigkeit des Patientenalters und der Lage des Tumors. Behandlungsoptionen sind sowohl chirurgisch als auch strahlentherapeutisch bzw. strahlenchirurgisch gegeben, wobei zumeist durch eine radikale funktionserhaltende Resektion des Meningeoms samt Anhaftungsstelle eine Heilung erzielt werden kann (Goldbrunner et al. 2021).

Strahlentherapeutische Therapien versprechen ebenfalls sehr hohe dauerhafte lokale Therapiekontrollraten, wobei hier, wie auch vor der chirurgischen Therapie, in einem interdisziplinären Tumorboard (Kap. 5) jeweils Vor- und Nachteile insbesondere in Bezug auf eine mögliche funktionelle Schädigung angrenzender funktioneller Areale abgewogen werden muss. Nur selten zeigen Meningeome eine höhere Rezidivneigung (< 20 %) oder gar ein malignes Verhalten (ca. 1 %) (Louis et al. 2021). In diesen Fällen kann eine Somatostatinrezeptor-PET-Untersuchung ergänzend diagnostisch die Ausdehnung des Befundes genauer darstellen. Als individuelle Heilversuche können bei ausbleibender chirurgischer und strahlentherapeutischer Option Radioligandentherapien oder personalisierte molekulare Therapiestrategien angestrebt werden (Seystahl et al. 2016; Galldiks et al. 2017).

Schwannome

Bei erstdiagnostizierten, asymptomatischen und kleinen Meningeomen und Schwannomen kann zunächst eine bildgebende Verlaufskontrolle erfolgen

Bei Schwannomen (Abb. 1.2) zeigt sich die klinische Strategie bei der Behandlung ähnlich wie bei Meningeomen. Große, symptomatische Befunde sollten direkt behandelt werden, bei kleinen Befunden können auch zunächst Verlaufskontrollen erfolgen, um ein Größenwachstum vor einer möglichen Therapie zu identifizieren. Zumeist stellt eine chirurgische Therapie mit kurativem Ansatz die bevorzugte Behandlungsstrategie dar, wobei auch strahlenchirurgisch eine gute Langzeitkontrolle erreicht werden kann (Bir et al. 2017). Die endgültige Therapieentscheidung sollte gemeinsam mit den Patienten auf Basis der Empfehlung eines interdisziplinären Tumorboards erfolgen. Bei Schwannomen besteht aufgrund der Lokalisation fast immer ein erhöhtes Risiko temporärer oder dauerhafter neurologischer Ausfälle der beteiligten Nerven. Dies muss mit den Patienten ausführlich im Vorfeld besprochen werden, die Therapie in einem Zentrum mit sehr viel Erfahrung in diesem Gebiet ist obligat.

Abb. 1.2:    Extraaxiale Tumore

Erläuterung zur Abb. 1.2:

Links: Ausgedehntes Keilbeinflügelmeningeom, Zufallsbefund bei unspezifischer Kopfschmerzsymptomatik.

Mitte: Ausgedehntes Akustikusneurinom, symptomatisch lediglich durch eine progrediente Hörminderung.

Rechts: Kleines Clinoidfortsatzmeningeom, welches trotz der insgesamt kleinen Größe jedoch aufgrund der Lage und des Einwachsens in den Optikuskanal (Pfeil) zu einer partiellen Erblindung der Patientin geführt hat.

1.4       Technische Hilfsmittel für den Neurochirurgen

1.4.1      Mikrochirurgie und Endoskopie

Die Mikrochirurgie ist Grundlage jeglicher Tumorresektion. Ob dabei ein Operationsmikroskop, eine exoskopische Kombination aus Kamera und (3D-)Bildschirm oder eine chirurgische Lupenbrille eingesetzt wird, ist dem einzelnen Operateur überlassen. Die hohe Auflösung des Operationsfeldes erlaubt mittels feiner mikrochirurgischer Instrumente eine schonende Manipulation einzelner Gewebe. Zum Ausleuchten schmaler Operationskorridore, z. B. in der der transnasalen Chirurgie im Falle von Hypophysentumoren, stehen endoskopische Techniken zur Ergänzung oder alleinigen Anwendung zur Verfügung.

1.4.2      Intraoperative elektrophysiologische Methoden

Sprachfunktionen können idealerweise im Wachzustand geprüft werden

Um eine optimale onco-functionalbalance (Kap. 1.2.2) zu erreichen, bedarf es in vielen Fällen einer kontinuierlichen (Monitoring) oder punktuellen (Mapping) Abbildung der Funktionalität einzelner Hirnfunktionen. Motorische Bahnen wie die Pyramidenbahn lassen sich durch die gezielte Anwendung von motorisch evozierten Potentialen über eine Stimulationssonde oder einen Stimulationssauger lokalisieren (Raabe et al. 2014). Sprachfunktionen und andere höhere kognitive Funktionen (u. a. Rechnen, Lesen, Sehen, Sensorik) können idealerweise im Wachzustand geprüft werden. Dazu werden dem Patienten in Lokalanästhesie Aufgaben gestellt, während der Operateur mithilfe einer Stimulationssonde die zu resezierenden Areale kurzzeitig funktionell ausschaltet. Sollte es z. B. zu Sprach- oder Sprechstörungen kommen, ist hier eine funktionelle Resektionsgrenze erreicht (Suero Molina et al. 2018). Weitere Möglichkeiten wie visuell- oder akustisch-evozierte Potentiale erlauben die Überwachung von Hirnnervenfunktionen auch beim narkotisierten Patienten, was insbesondere an Eingriffen im Bereich der Schädelbasis häufig unerlässlich ist.

1.4.3      Intraoperative Bildgebung und Visualisierung

Neuronavigation

Mithilfe der Neuronavigation können alle präoperativ oder intraoperativ gewonnenen Bildinformationen ortsgenau auf das Operationsfeld projiziert werden. Dazu ist vor Beginn der Operation eine Registrierung der Kopfposition notwendig, damit das System die genaue Lage der Hirnstrukturen erkennt. Mit den dann abrufbaren Informationen kann dann die räumliche Orientierung auf der Kopfoberfläche in Vorbereitung auf die Schädelöffnung oder intrakraniell zur Orientierung in unübersichtlichen Situationen erleichtert werden.

iCT, iMRT und Ultraschall zur Resektionskontrolle

Intrakranielle und insbesondere intraaxiale Tumoren zeigen häufig eine schlechte Abgrenzbarkeit zu umliegendem, gesundem Gewebe. Um dennoch eine größtmögliche funktionserhaltende Radikalität erzielen zu können, stehen dem Neurochirurgen mehrere Hilfsmittel zur intraoperativen bildgebenden Kontrolle der Resektion zur Verfügung (Fountain et al. 2021)

Intraoperativer Ultraschall

Der intraoperative Ultraschall (iUS) liefert dem Chirurgen hochauflösende Weichteilaufnahmen des Gehirns mit sofortiger und beliebig wiederholbarer Anwendung. Größte Nachteile sind Einschränkungen bei der Platzierbarkeit des Schallkopfes in die zumeist kleine Schädelöffnung der Kraniotomie, eine hohe Störanfälligkeit für Artefakte durch Blutauflagerungen und Luft in der Resektionshöhle, sowie eine ausgeprägte vom Untersucher abhängige Interpretation der zweidimensionalen Untersuchungsergebnisse.

Intraoperative CT

Die intraoperative CT (iCT) hat insbesondere bei Beteiligung knöcherner Strukturen seine Stärken, die Bildqualität zur Beurteilung von Weichteilprozessen ist modalitätsbedingt stark eingeschränkt. Dies versucht man teilweise über moderne Algorithmen zur Bildfusion mit präoperativen MRT-Daten zu kombinieren. Nachteile der iCT sind neben der eingeschränkten Weichteilbeurteilbarkeit auch die begrenzte Wiederholbarkeit der Untersuchung durch die entstehende Strahlenbelastung für die Patienten.

Die intraoperative MRT (iMRT) (Abb. 1.3) ermöglicht die beste intraoperative Visualisierung weichteiliger Strukturen, kann beliebig oft wiederholt werden und liefert dreidimensionale Daten, welche auch zur Aktualisierung der Neuronavigation verwendet werden können. Ob die iMRT eine Überlegenheit des Patientenoutcomes und Überlebens insbesondere bei der Resektion von Glioblastomen ermöglicht, wird in einer aktuellen Studie (NCT02379572) untersucht. Größter Nachteil der iMRT sind die sehr hohen Anschaffungs- und laufenden Kosten, sowie der hohe Zeitaufwand der für jeden intraoperativen Scan benötigt wird.

Abb. 1.3:    Deckenmontierter intraoperativer MRT: Der an der Decke montierte MRT kann während der Operation zum Kopf des Patienten gefahren werden, um die Resektionskontrolle durchzuführen. Quelle: Neurochirurgie Tübingen

Tumorfluoreszenz

Im Rahmen der chirurgischen Entfernung diffuser Gliome ergibt sich die Schwierigkeit, dass sich das Tumorgewebe intraoperativ häufig schlecht erkennen lässt, da es dem normalen Hirngewebe ähnelt. Aus diesem Grunde haben verschiedene Techniken Eingang in die Neurochirurgie gefunden, die das Ziel verfolgen, das Tumorgewebe intraoperativ sichtbar zu machen (Abb. 1.4). Ein solches Verfahren ist die fluoreszenzgestützte Resektion nach Gabe von Delta-Aminolävulinsäure (5-ALA), welche dazu beträgt, den das Gadolinium-Kontrastmittel aufnehmenden Tumoranteil sicherer zu entfernen (Stummer et al. 1998a, Stummer et al. 1998b). Dabei wird 5-ALA, ein Metabolit der Hämbiosynthese, präoperativ in hoher Dosis (20 mg/kg) oral verabreicht und führt zu spezifischer Akkumulation von fluoreszierenden Porphyrinen im Tumorgewebe. Hier ist vor allem das Protoporphyrin IX (PPIX) relevant. Die Fluoreszenz lässt sich durch geeignete, kommerziell erhältliche Operationsmikroskope sichtbar machen und lenkt den Chirurgen in Echtzeit bei der Entfernung des Tumorgewebes.

Nach dem positivem Abschluss einer randomisierten Studie wird diese Methode in zahlreichen Ländern der Welt als Teil der neurochirurgischen Standardversorgung eingesetzt (Stummer et al. 2006). Zur Visualisierung der 5-ALA-basierten Tumorfluoreszenz ist das Ausleuchten der Tumorhöhle mit einem Blaulicht notwendig. Schon frühzeitig hat sich in mehreren Untersuchungen nachweisen lassen, dass die vom Chirurgen beobachtete, 5-ALA-vermittelte intraoperative Fluoreszenz über den Kontrastmittel-aufnehmenden Tumor hinausgeht (Stummer et al. 2000; Roessler et al. 2012; Schucht et al. 2012; Aldave et al. 2013). 5-ALA sollte damit als Instrumentarium zur Ermöglichung einer supramarginalen Resektion betrachtet werden.

Abb. 1.4:    Intraoperative Visualisierung des Tumorgewebes

Erläuterung zur Abb. 1.4:

A: Operationssitus nach Resektion lichtmikroskopisch veränderten Gewebes bei einem Patienten mit später diagnostiziertem Glioblastom.

B: Gleiche Einstellung, jedoch unter Zuhilfenahme der 5-ALA-Fluoreszenz. Hier zeigt sich noch kräftige Fluoreszenz als Ausdruck residualer Tumormassen, die ebenfalls entfernt werden sollten.

1.5       Lokale und innovative Therapieverfahren

1.5.1      Photodynamische Therapie (PDT)

PDT basiert auf einer photochemischen Reaktion, die durch Aktivierung eines Sensibilisators durch Licht induziert wird. In diesem Fall wird das aus 5-ALA entstandene PPIX durch ein 635-nm-Laserlicht angeregt. Es werden reaktive Sauerstoffspezies erzeugt, was zu direkter zytotoxischer Wirkung auf Tumorzellen führt. Ferner werden das Gefäßsystem und die Zytoarchitektur affektiert. Schließlich kommt es zur Induktion einer Immunantwort. Die Wirksamkeit photodynamischer Therapie bei malignen Gliomen konnte bereits sowohl im experimentellen Bereich als auch in kleinen Serien belegt werden (Stepp und Stummer 2018; Schipmann et al. 2020). PDT kann mithilfe der Stereotaxie (Kap. 1.2.1) auch tiefe und ansonsten offen-chirurgisch nur schwer zugängliche Läsionen adressieren.

Klinische Studien wie z. B. die NOA-11- Studie (NCT04469699) untersuchen derzeit den Nutzen in der Behandlung des Glioblastom.

1.5.2      Weitere innovative lokale Behandlungsstrategien

Die Stereotaxie dient auch als Verbringungsmittel zur Anwendung von Strahlern in tiefe Läsionen, die ansonsten einer sicheren Resektion nicht zugänglich sind. Diese Brachytherapie wird jedoch nur in wenigen spezialisierten Zentren angewandt.

Ein anderes minimal-invasives stereotaktisches Verfahren, das sich immer größerer Popularität erfreut, ist die Laser Interstitial Thermal Therapy (LITT). Hier werden Laserfasern verwendet, die dann über höhere Leistungseinstellungen als bei der PDT eine Erhitzung und damit Destruktion der Zielläsion herbeiführen. Dieses Verfahren wird zunehmend bei vielen verschiedenen Tumorarten eingesetzt und wird vermutlich in Zukunft eine bedeutende Therapiemodalität darstellen (Melnick et al. 2021).

Literatur

Aldave G, Tejada S, Pay E et al. (2013) Prognostic value of residual fluorescent tissue in glioblastoma patients after gross total resection in 5-aminolevulinic Acid-guided surgery. Neurosurgery 72(6): 915–920; discussion 920–921.

Baumert, B G, Rutten I, Dehing-Oberije C et al. (2006) A pathology-based substrate for target definition in radiosurgery of brain metastases. International journal of radiation oncology, biology, physics 66(1): 187–194.

Bir SC, Patra DP, Maiti TK et al. (2017) Direct Comparison of Gamma Knife Radiosurgery and Microsurgery for Small Size Meningiomas. World neurosurgery 101: 170–179.

Brown TJ, Brennan MC, Li M et al. (2016) Association of the Extent of Resection With Survival in Glioblastoma: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA Oncol 2(11): 1460–1469.

Fountain DM, Bryant A, Barone DG et al. (2021) Intraoperative imaging technology to maximise extent of resection for glioma: a network meta-analysis. Cochrane Database of Systematic Reviews(1).

Galldiks N, Albert NL, Sommerauer M et al. (2017) PET imaging in patients with meningioma-report of the RANO/PET Group. Neuro-oncology 19(12): 1576–1587.

Goldbrunner R, Stavrinou P, Jenkinson MD et al. (2021) EANO guideline on the diagnosis and management of meningiomas. Neuro Oncol 23(11): 1821–1834.

Khalafallah AM, Rakovec M, Bettegowda C et al. (2021) A Crowdsourced Consensus on Supratotal Resection Versus Gross Total Resection for Anatomically Distinct Primary Glioblastoma. Neurosurgery 89(4): 712–719.

Kreth FW, Thon N, Simon M et al. (2013) Gross total but not incomplete resection of glioblastoma prolongs survival in the era of radiochemotherapy. Annals of oncology : official journal of the European Society for Medical Oncology / ESMO 24(12): 3117–3123.

Lacroix M, Abi-Said D, Fourney DR et al. (2001) A multivariate analysis of 416 patients with glioblastoma multiforme: prognosis, extent of resection, and survival. Journal of neurosurgery 95(2): 190–198.

Le Rhun E, Weller M, Brandsma D et al. (2017) EANO-ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up of patients with leptomeningeal metastasis from solid tumours. Annals of oncology : official journal of the European Society for Medical Oncology / ESMO 28(suppl_4): iv84–iv99.

Li YM, Suki D, Hess K et al. (2016) The influence of maximum safe resection of glioblastoma on survival in 1229 patients: Can we do better than gross-total resection? Journal of neurosurgery 124(4): 977–988.

Louis DN (2006) Molecular pathology of malignant gliomas. Annual review of pathology 1: 97–117.

Louis DN, Perry A, Wesseling P et al. (2021) The 2021 WHO Classification of Tumors of the Central Nervous System: a summary. Neuro Oncol 23(8): 1231–1251.

McGirt MJ, Chaichana KL, Gathinji M et al. (2009) Independent association of extent of resection with survival in patients with malignant brain astrocytoma. Journal of neurosurgery 110(1): 156–162.

Melnick K, Shin D, Dastmalchi F et al. (2021) Role of Laser Interstitial Thermal Therapy in the Management of Primary and Metastatic Brain Tumors. Current treatment options in oncology 22(12): 108.

Mintz AH, Kestle J, Rathbone MP et al. (1996) A randomized trial to assess the efficacy of surgery in addition to radiotherapy in patients with a single cerebral metastasis. Cancer 78(7): 1470–1476.

Müther M, Koch R, Weckesser M et al. (2019) 5-Aminolevulinic Acid Fluorescence-Guided Resection of F-18-FET-PET Positive Tumor Beyond Gadolinium Enhancing Tumor Improves Survival in Glioblastoma. Neurosurgery 85(6): E1020–E1029.

Ostrom QT, Cioffi G, Waite K et al. (2021) CBTRUS Statistical Report: Primary Brain and Other Central Nervous System Tumors Diagnosed in the United States in 2014-2018. Neuro Oncol 23(12 Suppl 2): iii1–iii105.

Patchell RA, Tibbs PA, Walsh JW et al. (1990) A randomized trial of surgery in the treatment of single metastases to the brain. The New England journal of medicine 322(8): 494–500.

Patel AJ, Suki D, Hatiboglu MA et al. (2010) Factors influencing the risk of local recurrence after resection of a single brain metastasis. Journal of neurosurgery 113(2): 181–189.

Raabe A, Beck J, Schucht P et al. (2014) Continuous dynamic mapping of the corticospinal tract during surgery of motor eloquent brain tumors: evaluation of a new method. Journal of neurosurgery 120(5): 1015–1024.

Roessler K, Becherer A, Donat M et al. (2012) Intraoperative tissue fluorescence using 5-aminolevolinic acid (5-ALA) is more sensitive than contrast MRI or amino acid positron emission tomography ((18)F-FET PET) in glioblastoma surgery. Neurological research 34(3): 314–317.

Roth O’Brien DA, Poppas P, Kaye SM et al. (2021) Timing of Adjuvant Fractionated Stereotactic Radiosurgery Affects Local Control of Resected Brain Metastases. Pract Radiat Oncol 11(3): e267–e275.

Sahm F, Capper D, Jeibmann A et al. (2012) Addressing diffuse glioma as a systemic brain disease with single-cell analysis. Archives of neurology 69(4): 523–526.

Schackert G, Lindner C, Petschke S et al. (2013) Retrospective study of 127 surgically treated patients with multiple brain metastases: indication, prognostic factors, and outcome. Acta neurochirurgica 155(3): 379–387.

Schipmann S, Müther M, Stogbauer L et al. (2020) Combination of ALA-induced fluorescence-guided resection and intraoperative open photodynamic therapy for recurrent glioblastoma: case series on a promising dual strategy for local tumor control. Journal of neurosurgery: 1–11.

Schucht P, Beck J, Abu-Isa J et al. (2012) Gross total resection rates in contemporary glioblastoma surgery: results of an institutional protocol combining 5-aminolevulinic acid intraoperative fluorescence imaging and brain mapping. Neurosurgery 71(5): 927–935; discussion 935–926.

Schucht P, Knittel S, Slotboom J et al. (2014) 5-ALA complete resections go beyond MR contrast enhancement: shift corrected volumetric analysis of the extent of resection in surgery for glioblastoma. Acta neurochirurgica 156(2): 305–312; discussion 312.

Seystahl K, Stoecklein V, Schuller U et al. (2016) Somatostatin receptor-targeted radionuclide therapy for progressive meningioma: benefit linked to 68Ga-DOTATATE/-TOC uptake. Neuro-oncology 18(11): 1538–1547.

Stepp H, Stummer W (2018) 5-ALA in the management of malignant glioma. Lasers in surgery and medicine 50(5): 399–419.

Stummer W, Meinel T, Ewelt C et al. (2012) Prospective cohort study of radiotherapy with concomitant and adjuvant temozolomide chemotherapy for glioblastoma patients with no or minimal residual enhancing tumor load after surgery. Journal of neuro-oncology 108(1): 89–97.

Stummer W, Novotny A, Stepp H et al. (2000) Fluorescence-guided resection of glioblastoma multiforme by using 5-aminolevulinic acid-induced porphyrins: a prospective study in 52 consecutive patients. Journal of neurosurgery 93(6): 1003–1013.

Stummer W, Pichlmeier U, Meinel T et al. (2006) Fluorescence-guided surgery with 5-aminolevulinic acid for resection of malignant glioma: a randomised controlled multicentre phase III trial. The Lancet. Oncology 7(5): 392–401.

Stummer W, Reulen HJ, Meinel T et al. (2008) Extent of resection and survival in glioblastoma multiforme: identification of and adjustment for bias. Neurosurgery 62(3): 564–576; discussion 564–576.

Stummer W, Stepp H, Moller G et al. (1998a) Technical principles for protoporphyrin-IX-fluorescence guided microsurgical resection of malignant glioma tissue. Acta neurochirurgica 140(10): 995–1000.

Stummer W, Stocker S, Wagner S et al. (1998b) Intraoperative detection of malignant gliomas by 5-aminolevulinic acid-induced porphyrin fluorescence. Neurosurgery 42(3): 518–525; discussion 525–516.

Suero Molina E, Schipmann S, Mueller I et al. (2018) Conscious sedation with dexmedetomidine compared with asleep-awake-asleep craniotomies in glioma surgery: an analysis of 180 patients. Journal of neurosurgery: 1–8.

Suki D, Abouassi H, Patel AJ et al. (2008) Comparative risk of leptomeningeal disease after resection or stereotactic radiosurgery for solid tumor metastasis to the posterior fossa. Journal of neurosurgery 108(2): 248–257.

Vecht CJ, Haaxma-Reiche H, Noordijk EM et al. (1993) Treatment of single brain metastasis: radiotherapy alone or combined with neurosurgery? Annals of neurology 33(6): 583–590.

Watanabe M, Tanaka R, Takeda N (1992) Magnetic resonance imaging and histopathology of cerebral gliomas. Neuroradiology 34(6): 463–469.

Weller M, van den Bent M, Preusser M et al. (2021) EANO guidelines on the diagnosis and treatment of diffuse gliomas of adulthood. Nat Rev Clin Oncol 18(3): 170–186.

Yan JL, van der Hoorn A, Larkin TJ et al. (2017) Extent of resection of peritumoral diffusion tensor imaging-detected abnormality as a predictor of survival in adult glioblastoma patients. Journal of neurosurgery 126(1): 234–241.

Yoo H, Kim YZ, Nam BH et al. (2009) Reduced local recurrence of a single brain metastasis through microscopic total resection. Journal of neurosurgery 110(4): 730–736.

Yoshida S, Takahashi H (2009) Cerebellar metastases in patients with cancer. Surgical neurology 71(2): 184–187; discussion 187.

2         Bildgebung

Martha Nowosielski und Elke Hattingen

2.1       Einleitung

Die Bildgebung leistet einen unverzichtbaren Beitrag für den Behandlungspfad von Patienten mit Tumoren des Nervensystems. Sie ist die wichtigste Methode zur nicht-invasiven Detektion, präoperativen Abklärung, Differenzialdiagnose, zur Operationsplanung und -kontrolle und zum Therapiemonitoring. Die Magnetresonanztomografie (MRT) ist aufgrund ihres hohen Weichteilkontrastes und der Vielseitigkeit ihrer Messmethoden bei den meisten Fragestellungen bezüglich einer Raumforderung des Nervensystems anderen bildgebenden Verfahren überlegen. Die Computertomografie (CT) hat bei Patienten mit Kontraindikationen für das MRT und bei speziellen Fragestellungen (Dichte eines Tumors, Verkalkungen, Knochendarstellung, akute Komplikationen) auch heute noch einen Platz in der neuroonkologischen bildgebenden Diagnostik. In diesem Kapitel sollen zuerst wichtige neuroonkologische Standard- und Spezialmethoden der MRT vorgestellt werden. Die wichtigsten Abkürzungen zu den verschiedenen Bildgebungsmodalitäten und der entsprechenden onkologischen Parameter sind im  Glossar aufgeführt. Zudem wird auf die wichtigsten bildgebenden Zusatzmethoden, der MR-Perfusion, MR-Spektroskopie (MRS) und der Positronen-Emission-Tomografie (PET), eingegangen.

2.2       Die MRT als Goldstandard

Die MRT ist der Goldstandard in der Diagnostik neuroonkologischer Erkrankungen

Die konventionelle, strukturelle MRT ist in der heutigen Zeit das »Arbeitspferd« und der Goldstandard der neuroonkologischen Bildgebung. Eine vollständige Abhandlung aller speziellen bildmorphologischen Tumorcharakteristika in der konventionellen MRT ist nicht das Ziel unseres Kapitels, hierzu sei auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen.

Zurzeit basieren die Bilder einer MRT-Untersuchung auf Graustufen-Kontrasten, und die Auswertung erfolgt vorwiegend visuell durch die Befunde. Diese Bildkontraste werden einerseits durch die Gewebe-spezifischen biologischen Parameter (Relaxationszeiten R1, R2 und R2*, Protonendichte, Diffusionsparameter) bestimmt, durch die ein Tumorgewebe differenziert werden kann, andererseits aber auch durch die vom Bediener des MR-Scanners variierbaren Messprotokollen der MRT-Untersuchung.

Weil die MR-Scans von Tumorpatienten an unterschiedlichen Standorten mit unterschiedlichen Geräten und unterschiedlichen Protokollen durchgeführt werden, ist ein erheblicher Teil der Varianz diagnostischer MRT-Bilder auf nicht-biologische Faktoren zurückzuführen und erschwert dadurch die Vergleichbarkeit insbesondere in der Tumor-Verlaufsbeobachtung. Wenn man MRT-Bilder aus unterschiedlichen Standorten zuverlässig vergleichen will, dann müssen diese Daten harmonisiert, das heißt Standorteffekte entfernt werden.

Derzeitige Entwicklungen in der Radiologie zielen nun darauf ab, bei der Aufnahme der MRT-Daten nicht-biologische Faktoren zu eliminieren, die Gewebe-spezifischen biologischen Parameter quantitativ zu ermitteln sowie deren Auswertung möglichst zu objektivieren und zu computerisieren. Dieser Paradigmenwandel hat gegenüber der herkömmlichen MRT-Diagnostik Vorteile:

1.  Quantitative MRT-Daten ohne Standorteffekte sind interindividuell und bei longitudinalen Messungen sehr gut vergleichbar. Diese Daten lassen sich mittels spezieller Messungen einzeln oder multiparametrisch bestimmen (Tab. 2.1).

2.  Die Computerisierung der Auswertung von MR-Datensätzen macht diese von subjektiven Faktoren der Befunde wie Berufserfahrung, Ausbildung, Aufmerksamkeit und zeitlicher Ressource unabhängiger.

Radiomics

Eine konsequente Weiterentwicklung der Computerisierung sind die im Kap. 2.3.1 behandelten Radiomics, bei denen MR-Datensätze mit fortschrittlichen maschinellen Lernansätzen analysiert werden. Hierfür bieten quantitative MR-Datensätze die beste Voraussetzung, da diese nicht harmonisiert werden müssen. Diese neuen Mess- und Auswerteansätze sind zurzeit noch in der Entwicklung und werden im nächsten Jahrzehnt zunehmend und tiefgreifend die bildgebende Diagnostik der Tumoren des Nervensystems beeinflussen.

Funktionelle MRT-Techniken

Diffusionsgewichtetes MRT

Die diffusionsgewichtete Bildgebung misst die Brownsche Molekularbewegung der Wassermoleküle im Extrazellularraum

Die diffusionsgewichtete Bildgebung (Diffusion-Weighted-Imaging, DWI) misst die Brownsche Molekularbewegung der Wassermoleküle im Extrazellularraum mithilfe von starken Dephasierungs- bzw. Diffusionsgradienten, die in der Steijskal-Tanner-Pulsfolge zu einer T2-gewichteten echoplanaren Sequenz (EPI) geschaltet werden (Stejskal und Tanner 1965). Da in biologischem Gewebe die Bewegung der Wassermoleküle von weiteren Faktoren wie Temperatur und Mikroperfusion bestimmt wird, nennt man den mittels MRT berechneten Wert Apparent DiffusionCoefficient (ADC-Wert, mm2/s). Je ausgeprägter die Diffusion, bzw. je höher der ADC-Wert, desto stärker ist der Signalverlust mit steigender Stärke der Diffusionsgradienten (ausgedrückt durch den b-Wert). Die Brownsche Molekularbewegung der Wassermoleküle wird vor allem durch natürliche Grenzen wie Zellmembranen eingeschränkt, sodass der ADC-Wert in Geweben mit dicht aneinander liegenden Zellen verringert ist und das Signal in der DWI auch bei hohen b-Werten hyperintens bleibt.

Tab. 2.1:    Künftige MR-Messungen: MR fingerprinting (MRF) und quantitatives (q)MRT

In der Neuroonkologie nutzt man die DWI, um über die Zelldichte die Tumoren des Nervensystems zu differenzieren

In der Neuroonkologie nutzt man daher die DWI, um über die Zelldichte die Tumoren des Nervensystems zu differenzieren. Als Faustregel gilt, dass solides Tumorgewebe mit niedrigen ADC-Werten eher maligne ist (Abb. 2.1) (Yun et al. 2021), während hohe ADC-Werte gutartigere Tumoren charakterisieren (Yun et al. 2021; Zulfiqar et al. 2013). Neue Methoden erlauben es erstmals, die Diffusion auch in spinalen Prozessen zu messen, hierzu gibt es erste Daten für pädiatrische Tumoren.

Perfusions-MRT

Die MR-Perfusion spielt zurzeit aufgrund technischer Limitationen nur bei intrakraniellen Tumoren eine diagnostische Rolle. Bei den primären Hirntumoren und insbesondere beim Therapiemonitoring derselben ist es mittlerweile eine auch international empfohlene Methode (Ellingson et al. 2015). Wesentliches Charakteristikum von malignen Hirntumoren ist die Veränderung des Blutgefäßsystems in und um den Tumor, bedingt durch Neoangiogenese, vaskuläre Vereinnahmung (co-option) und Veränderung der Blut-Hirn-Schranke.

Abb. 2.1:    Primäres ZNS-Lymphom

Erläuterung zur Abb. 2.1:

Primäres ZNS-Lymphom mit in der T2-Sequenz intermediärhyperintensem Signal (a), und einer homogenen KM-Anreicherung (b). In der DWI ist der Tumor deutlich hyperintens (c), mit korrespondierend niedrigen ADC-Werten (d), bedingt v. a. durch die hohe Zelldichte.

Gefäßveränderungen von malignen Hirntumoren

Diese Mechanismen lassen sich mit unterschiedlichen Perfusionsmethoden bildgebend darstellen und durch Relativwerte quantifizieren. Hierbei sind kontrastmittelbasierte Methoden von der sog. Arterial-spin-labeling-Technik (ASL) zu unterscheiden, wobei letztere magnetisch gelabelte Wasserprotonen der hirnversorgenden Arterien als Tracer nutzt. ASL und die kontrastmittelbasierte, hier näher beschriebene DSC-MRT messen die gesteigerte Tumordurchblutung, während die DCE-MRT die Integrität der Blut-Hirn-Schranke erfasst. Die Methoden, die von diesen abgeleiteten wichtigsten Perfusionsparameter und exemplarische Studien finden sich in Tab. 2.2.

DSC-Perfusion

Diese dynamische (um 1 s/Bild), stark T2*-gewichtete Sequenz ist die meistverwendete und meisterforschte Perfusionsmessung in der Neuroonkologie. Zielparameter bei den Hirntumoren ist vor allem das rCBV, dass meist Region-of-interest-basiert (ROI) das rCBV der Tumorregion in Relation zum Wert der (gesunden) kontralateralen Hemisphäre gesetzt wird. Die relativen rCBV-Werte helfen, die Malignität der Tumoren, den IDH-Status, und die Prognose des Patienten vorherzusagen, Tumorprogression gegenüber Pseudoprogression sowie das ZNS-Lymphom vom malignen Gliom zu differenzieren (Tab. 2.2). Dabei ist entscheidend, die ROI im Areal der maximalen rCBV Erhöhung innerhalb des Tumors zu platzieren. Die Berechnung der CBV-Werte wird neben der Kontrastmitteldynamik und dem verwendeten Perfusionsmodell auch von etwaigen Störungen der Blut-Hirn-Schranke beeinflusst: Eine erhöhte Permeabilität führt zu zusätzlichen T1-Effekten, durch die das CBV falsch zu niedrig gemessen wird. Daher ist bei der Auswertung wichtig, entsprechende Korrekturen dieses Effektes einzubeziehen (z. B. Leckage-correction-Algorithmen).

Tab. 2.2:    MR-Perfusionsmethoden und die wichtigsten Perfusionsparameter einschließlich ihrer Abkürzungen sowie exemplarische Studien bei intrakraniellen Hirntumoren

DCE-Perfusion

Die T1-gewichtete kontrastmittelbasierte dynamische Messung ermittelt die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke. Ausgehend von einer Messung der Kontrastmittelkonzentration über die Zeit in einem zuführenden Referenzgefäß (AIF) wird die Verteilung des Kontrastmittels im Zielgewebe berechnet. Ein wichtiger Parameter, der sich aus der DSC-MRT berechnen lässt, ist Ktrans als ein Maß für die Kapillarpermeabilität. Erhöhte Ktrans-Werte findet man bei Tumoren mit gestörter Blut-Hirn-Schranke. Klassische Beispiele sind maligne Gliome und Hirnmetastasen. Es sei jedoch angemerkt, dass die Interpretation von Ktrans in Situationen mit sehr hoher Permeabilität eher den Blutfluss widerspiegelt. Diese Methode wird zurzeit noch vorwiegend in der Forschung angewandt.

MR-Spektroskopie (MRS)

Die MRS basiert auf den Frequenzverschiebungen von Atomkernen ungerader Kernladungszahl (in der Regel 1H, aber auch 31P,23NA oder 13C). Das Signal (bzw. der Peak) an einer bestimmten Position im Frequenzspektrum spezifiziert dadurch eine oder mehrere chemische Verbindungen und damit indirekt den dazu gehörigen Metaboliten. Wesentliche Einschränkung der 1H-MRS ist ihre Empfindlichkeit gegenüber Feldinhomogenitäten, die vor allem an Grenzflächen zu den pneumatisierten Höhlen der Schädelbasis, zu eisenhaltigen Resten des Operationsinstrumentariums und Blutablagerung entstehen können. Aufgrund dieser technischen Limitationen spielt die MRS ähnlich wie die Perfusion nur bei intrakraniellen Tumoren eine diagnostische Rolle und Prozesse im Spinalkanal oder nahe der Schädelbasis, wie zum Beispiel temporobasal oder frontobasal gelegene Tumoren, sind oft nicht zuverlässig auswertbar.

Die MR-Spektroskopie misst bestimmte Hirnmetabolite

Im Gegensatz zur früher angewandten Single-Voxel-Spektroskopie (SVS) verwendet man heutzutage das 2- oder 3-dimensionale Chemical-Shift-Imaging (CSI) und hiervon abgeleitete Methoden wie die Localization-by-Adiabatic-Selective-Refocusing-CSI (LASER). Hierdurch lassen sich in einer Messung viele Spektren mit genauer und hoher (1-2 mm3) räumlicher Zuordnung messen, anhand derer man zunehmend präziser die Konzentration bestimmter Hirnmetabolite bestimmen kann.

Es gibt vier mittels 1H-MRS messbare Metabolite, die im gesunden, reifen Hirngewebe nicht in messbaren Konzentrationen vorkommen und wichtige Marker für Hirntumoren darstellen:

1.  2-Hydroxyglutarat (2-HG) (Choi et al. 2012), das in Isocitratdehydrogenase 1 (IDH1) und IDH2 mutierten Gliomen gebildet wird. In vivo ist der spektroskopische Nachweis von 2-HG jedoch komplex und artefaktanfällig, sodass die Messung bislang keine Rolle in der Routinediagnostik spielt.

2.  Die Aminosäure Glycin, die vor allem in malignen Gliomen erhöht ist.

3.  Lipidsignale, welche durch mikro- und makroskopische Zellnekrosen entstehen.

4.  Laktat, das als Marker für einen anaeroben Stoffwechsel gilt.

MR-spektroskopischer Nachweis von 2-Hydroxyglutarat (2-HG)

Glycin, Lipide und Laktat lassen sich auch in anderen Raumforderungen, insbesondere in Abszessen nachweisen. Im Gegensatz zu Glycin und Lipid kommt Laktat auch bei pädiatrischen und niedriggradigeren Gliomen und Tumorzysten vor. IDH-mutierte Gliome haben niedrigeres Laktat als die IDH-Wildtyp-Gliome (Wenger et al. 2020), bedingt durch Herunterregulierung der Expression von Genen, die für den glykolytischen Stoffwechsel kodieren.

Die übrigen 1H-Metabolite werden auch in gesundem Hirngewebe gemessen, jedoch führt die Hirninfiltration der Gliome zu charakteristischen Veränderungen ihrer Signalintensitäten (Abb. 2.2). Für die Tumordiagnostik ist vor allem Cholin (tCho) bedeutsam, ein Summensignal cholinhaltiger, wasserlöslicher Phospholipid-Bestandteilen, das bei gesteigertem Zellmembranumsatz erhöht ist und indirekt als ein Tumormarker höhergradiger Gliome gilt (Herminghaus et al. 2002).

Cholin (tCho)

Kreatin (tCr), im 1H-MRS ein Summensignal aus phosphoryliertem und nicht-phosphoryliertem Kreatin, und N-Acetyl-Aspartat (tNAA), ein Marker für die Integrität der Neurone, sind in den meisten Gliomen erniedrigt (Hattingen et al. 2008).

N-Acetyl-Aspartat (tNAA)

Bei der Auswertung der Metabolitenkonzentration werden meist die Signalintensitäten der Metabolitenpeaks im Verhältnis zueinander gesetzt. Da bei der CSI auch gesundes Gewebe der gegenseitigen Hemisphäre mitgemessen werden kann, hat sich bewährt, die Metabolit-Signalintensitäten dieser Region als Referenz zu nutzen (Senft et al. 2009). Ausnahme ist der tChotumor/NAAtumor-Quotient, der wegen der gegensinnigen Veränderung dieser Metabolite ein sehr sensitiver (wenn auch nicht spezifischer) Marker für die Gliominfiltration ist (Stadlbauer et al. 2011). Der Nachweis eines erhöhten tCho/tNAA-Verhältnisses in der peritumoralen Region spiegelt Tumorinfiltration wider und kann hochgradige Gliome von Hirnmetastasen unterscheiden, die in der peritumoralen Region ein nahezu normales Spektrum aufweisen (Wijnen et al. 2012).

Abb. 2.2:    Diffuses Astrozytom, IDH1-mutiert, ZNS-WHO-Grad 3 mit der aus der CSI generierten Cholinkarte (tCho), rot entspricht dem Hot Spot der höchsten Cholin-Signalintensität im gemessenen Areal

Erläuterung zur Abb. 2.2:

Links ein Spektrum aus der gesund erscheinenden Kontrollregion mit im Vergleich zur tCho-Signalintensität nahezu doppelt so hoher tNAA-Signalintensität als Zeichen gesunden neuronalen Gewebes. Rechts zeigt sich das typische Spektrum maligner Gliome mit deutlich erhöhtem tCho gegenüber dem vermindertem tNAA. Darüber hinaus sind die breiten Lipidsignale bei 0,9 ppm und 1,3 ppm Zeichen der Zellnekrose/Hypoxie und mit einem höheren Tumorgrad sowie einem schlechten Überleben verbunden. Der dem Lipidsignal überlagerte Doppelpeak (Pfeil) ist Laktat, welches vor allem bei kindlichen Tumoren und malignen Gliomen, nicht jedoch bei IDH-mutanten Gliomen erhöht sein kann (Wenger et al. 2020). Andere Metabolite sind das Myoinositol (Ins), das v. a. bei Gliomatosen erhöht ist, und Glycin (Gly) bei malignen Gliomen (Davies et al. 2010, Hattingen et al. 2008), beide Signale erscheinen überlagert bei 3,6 ppm.

2.3       Künftige Analyseverfahren

2.3.1      Radiomics

Radiomics beschreibt die standardisierte, quantitative Extraktion von Grauwerten

Künftige Methoden der radiologischen Bildanalyse werden zunehmend auf der Verwendung von künstlicher Intelligenz basieren. »Radiomics«, aus dem Formenkreis der »Big-Data«-Analyse, beschreibt ein Verfahren, bei dem unterschiedliche Grauwerte aus einzelnen ROIs standardisiert, quantitativ extrahiert und zueinander in Beziehung gesetzt werden. Das Bildmaterial, welches hierfür verwendet wird, bedarf keiner speziellen MRT-Sequenz und kann somit aus der klinischen Routine heraus akquiriert werden. Die generierten statistischen Parameter umfassen sog. »features« (z. B. first order features; beschreibt die Verteilung der Voxel ohne Berücksichtigung des räumlichen Verhältnisses [Mittelwert, Median] oder second order features [Texturparameter als Darstellung des räumlichen Bezugs der Voxel zueinander, z. B. »grey-level co-occurrence matrix«]) (Rizzo et al. 2018). Anschließend werden diese radiologischen Parameter mit klinischen sowie molekularen Parametern korreliert, mit dem Ziel, spezifische Muster zu identifizieren.

Zur Anwendung kommen hierbei komplexe mathematische Methoden aus dem Bereich des Machine Learning sowie neuronale Netzwerke. In vielen, jedoch mehrheitlich noch kleineren Studien, konnte bereits ein Zusammenhang mit dem IDH-Status, MGMT-Methylierungsstatus und vielen weiteren hergestellt werden, sowie auch prognostische Aussagen getätigt werden (Singh et al. 2021).

Die automatisierte Bildanalyse ist derzeit noch sehr zeitaufwändig und es gibt bis zum klinischen Routineeinsatz noch viele Hürden zu überwinden. Die verschiedenen MRT-Scannersysteme mit unterschiedlichen Protokollen müssten dafür vereinheitlicht werden, die kleinen Patientenkohorten in große Studien überführt werden und das oftmals noch händisch durchgeführte post-processing müsste automatisiert und standardisiert werden. Trotz aller Hürden wird die standardisierte Quantifizierbarkeit der Bildinformation in Zukunft eine Grundvoraussetzung für eine personalisierte Medizin sowie bessere Diagnosen und Prognoseabschätzung neuroonkologischer Patienten sein.

2.3.2      Positronen-Emission-Tomografie (PET)

Die Positronen-Emission-Tomografie (PET) ist ein nuklearmedizinisches Verfahren, welches basierend auf der Verwendung von positronenemittierenden Nukliden, physiologische und biochemische Prozesse in vivo sichtbar machen kann und damit wesentliche Informationen zum Stoffwechsel pathologischer Hirnveränderungen geben kann.

Der in der onkologischen Bildgebung am häufigsten verwendete PET-Tracer ist das Glukoseanalogon 18F-Fluordesoxygenase (FDG). Die FDG-PET hat jedoch in der zerebralen Bildgebung bis auf die Diagnostik von zerebralen Lymphomen aufgrund ihrer hohen Hintergrundaktivität im normalen Hirngewebe (z. B. Kortex, Stammganglien) sowie der geringen Sensitivität und Spezifität in der alltäglichen neuroonkologischen Bildgebung eine nur eingeschränkte Aussagekraft.

Aminosäure-PET

Die Aminosäure-PET ist das bevorzugte PET-Verfahren in der Diagnostik von Gliomen

Die PET mit radioaktiv markierten Aminosäuren hat sich in den letzten Jahren in der Neuroonkologie in einer Vielzahl von Untersuchungen als sehr wertvoll erwiesen. Die Aminosäure-PET ist erheblich sensitiver und spezifischer als die FDG-PET und wird von der RANO-Gruppe (Response Assessment in Neuro-Oncology) bei der Diagnostik von Hirntumoren als bevorzugtes PET-Verfahren empfohlen (Albert et al. 2016).

Die derzeit am besten etablierten Aminosäure-Tracer für die Hirntumordiagnostik sind das 18F-Fluoroethyl-L-Tyrosin (FET) gefolgt vom 11C-Methionin (MET). Die Aminosäure-PET in Form von 11C-MET war bisher aufgrund der sehr kurzen Halbwertszeit (ca. 20 min) auf wenige PET-Zentren beschränkt. Die Entwicklung von 18F-markierten Aminosäuren mit einer Halbwertszeit von ca. 110 min hat jedoch zu einer zunehmenden Verbreitung der Methode geführt. MET und FET werden über bestimmte Aminosäuretransporter (LAT1/LAT2) welche ubiquitär vorhanden sind, jedoch in vielen Tumorzellen und Epithelzellen überexprimiert sind, aufgenommen (Langen et al. 2017). Die Aminosäureaufnahme korreliert mit dem Proliferationsindex der Tumorzellen und der Tumorzell- bzw. Gefäßdichte. Da die physiologische Aufnahme von Aminosäuren in das normale Hirngewebe relativ gering ist, können Gliome mit einem hohen Kontrast im Vergleich zum gesunden Gewebe abgegrenzt werden. Analysiert werden der Tumor-Hintergrund-Quotient und der SUV (Standardized uptake value). Zudem kann mittels dynamischen FET-PET-Messungen die Traceraufnahme in Zeit-Aktivitätskurven dargestellt werden.

In Kombination mit einer hochauflösenden morphologischen MRT-Bildgebung ist mittels FET-PET ein deutlicher Zugewinn an Informationen über einen Hirntumor möglich. Dazu zählen eine bessere Beurteilung der Tumorausdehnung und der intratumoralen Heterogenität (Kunz et al. 2011), was für die Therapieplanung in Form von Operation, Biopsie bzw. Strahlentherapie von großer Wichtigkeit ist. Zudem kann das FET-PET auch zum Therapiemonitoring herangezogen werden, um zwischen Tumorprogression und therapieinduzierten Veränderungen wie Pseudoprogression, Pseudoresponse und Strahlennekrose unterscheiden zu können (Albert et al. 2016) (Abb. 2.3).

Abb. 2.3:    FET-PET in der präoperativen Diagnostik. Es finden sich vereinzelte kontrastmittelaufnehmende Herde in einer rechts frontalen Raumforderung. Die FET-PET hilft die richtige Biopsiestelle zu planen. In der weiteren diagnostischen Aufarbeitung durch die Neuropathologie (Kap. 3) zeigt sich ein Oligodendrogliom, ZNS-WHO-Grad 2

68Ga-DOTATOC/68Ga-DOTATATE-PET

68Ga-DOTATOC/68Ga-DOTATATE-PET sind radioaktiv markierte Somatostatin-Analoga

Ein weiterer PET-Tracer, welcher in der Diagnostik von Meningeomen zunehmend in Verwendung ist, ist das 68Ga-DOTATOC bzw. 68Ga-DOTATATE (entsprechend [68Ga-DOTA0, Tyr3- Octreotid] und [68Ga-DOAT, Tyr3, Thr18, Octreotid]).

Es handelt sich hierbei um ein radioaktiv markiertes Somatostatinanalogon, welches die Somatostatinrezeptoren, die an der Oberfläche von Meningeomzellen exprimiert sind, darstellt (Gehler et al. 2009; Graf et al. 2013; Milker-Zabel et al. 2006; Nyuyki et al. 2010; Rachinger et al. 2015). Korrelationsstudien zeigten einen direkten Zusammenhang zwischen Somatostatin-Rezeptor-Expression und PET-Signal darstellen (Rachinger et al. 2015). Klinische Anwendungsgebiete des 68Ga-DOTATOCs in der neuroonkologischen Diagnostik umfassen vor allem die Rezidivdiagnostik und Resttumorbeurteilung.

Nach erfolgter Operation eines Meningeoms besteht nämlich oft eine dahingehende Herausforderung an die Bildgebung, dass vor allem an der Schädelbasis mittels konventioneller MRT nur schwer zwischen Resttumor, postoperativer Narbe und gesundem Gewebe unterschieden werden kann, was vor allem in der Strahlentherapie bei Festlegung des Zielvolumens limitierend wirkt. In unterschiedlichen Studien führte der komplementäre Einsatz des 68Ga-DOTATOC-PET zuzüglich zur MRT/CT-Planung zu einer Änderung des zu bestrahlenden Volumens in 65 % bis 73 % der Fälle (Gehler et al. 2009; Graf et al. 2013; Milker-Zabel et al. 2006; Nyuyki et al. 2010).

2.4       Fragestellungen an die Bildgebung

2.4.1      Präoperative Diagnostik und OP-Planung

Die Standard-MRT ist in der Lage, sehr sensitiv zerebrale Raumforderungen zu detektieren, bei jedoch eingeschränkter Spezifität.

So stellt die Kontrastmittelaufnahme ein eher unspezifisches Zeichen einer gestörten Blut-Hirn-Schranke dar, und kann neben einem Hirntumor z. B. durch entzündlich-infektiöse Prozesse, therapiebedingte Gefäßschädigung oder durch aktiv demyelinisierende Prozesse verursacht sein. Tab. 2.3 fasst die wichtigsten Differentialdiagnosen kontrastmittelaufnehmender Läsionen zusammen. Durch den Einsatz funktioneller MRT-Sequenzen, wie in Kap. 2.2.1 beschrieben, ist jedoch eine deutliche Erhöhung der Spezifität zu erzielen.

Tab. 2.3:    Wichtigste Differentialdiagnosen kontrastmittelaufnehmender Läsionen

Die hochauflösende, isovolumetrische MRT wird für die OP- bzw. Strahlentherapieplanung herangezogen

Die hochauflösende, isovolumetrische MRT wird auch für die OP- bzw. Strahlentherapieplanung herangezogen. Zerebrale Neoplasien verändern die anatomische Zuordnung und die Verläufe von subkortikalen Bahnen, welche dann nicht mehr zweifelsfrei zugeordnet werden können. Funktionelle MRT Sequenzen können hier zum Beispiel die Aktivierung spezifischer Zentren durch die neurovaskuläre Kopplung und die damit verbundene Luxusperfusion in den aktiven Hirnarealen bildgebend darstellen und so dem Chirurgen Hilfestellung leisten.

Grundlage dieser funktionellen MRT ist der Blood-Oxygen-Level-Dependent-Effekt (BOLD), der die O2-abhängigen Suszeptibilitätseffekte und die damit verbundenen Signalveränderungen in T2*-gewichteten dynamischen Sequenzen beschreibt. Mittels Diffusion-Tensor-Imaging (DTI) können indirekt die Hauptrichtungen von zerebralen Bahnsystemen wie der Pyramidenbahn dargestellt werden. Die Gewinnung einer repräsentativen Gewebeprobe ist für die histologische und molekulare Diagnose, Prognoseeinschätzung und weitere Therapieplanung von zentraler Bedeutung.

Mittels MR-Perfusion, MR-Spektroskopie wie auch der FET-PET können präoperativ sog. »Hot Spots« definiert werden

In Anbetracht der oft deutlichen Heterogenität der Gliome kann mittels MR-Perfusion, MR-Spektroskopie und FET-PET die diagnostische Sicherheit bezüglich des Tumorklassifizierung verbessert werden, wenn man den Zielort der Biopsie in die Region des maximalen rCBV, des maximalen Cholinwertes bzw. FET-PET-Hot-Spots (Kunz et al. 2011) legt.

Zudem wird vor allem die Ganzkörper-PET-CT zum Tumorscreening bzw. zur Ausbreitungsdiagnostik bei Verdacht auf Hirnmetastasen herangezogen. Nach erfolgter Resektion der Raumforderung wird empfohlen, innerhalb von 48 Stunden eine MRT-Kontrolle durchzuführen, da postoperative Blut-Hirn-Schrankenstörungen zu einer unspezifischen Kontrastmittelaufnahme führen und als Tumorresiduum fehlinterpretiert werden können (Lescher et al. 2014). Außerdem können häufig auftretende perioperative Infarzierungen am Tumorrand im Verlaufs-MRT als Progression fehlinterpretiert werden, wenn diese nicht durch eine frühe postoperative DWI diagnostiziert wurden.

2.4.2      Bildgebende Verlaufskontrollen

Da zerebral keine seriellen Biopsien möglich sind, ist das Ansprechen auf eine neuroonkologische Therapie zu ermitteln, eine der Kernaufgaben der neuroonkologischen Bildgebung.

Das Ansprechen auf eine neuroonkologische Therapie zu ermitteln, ist eine der Kernaufgaben der neuroonkologischen Bildgebung

Rechtzeitig das Ansprechen auf eine Therapie ermitteln zu können, ermöglicht frühzeitig nicht wirksame Therapien abzusetzen, um so den Patienten vor eventuellen Toxizitäten zu schützen und im Falle bestehender weiterer therapeutischer Möglichkeiten die Therapie zu ändern. Die Kriterien zur Beurteilung zur Beurteilung des Therapie-Ansprechens sind in Kap. 2.4.3 zusammengefasst.

Die aktuelle konsentierte Empfehlung lautet, alle drei Monate eine zerebrale MRT durchzuführen, dies gilt gleichermaßen für das Monitoring von zerebralen Metastasen wie auch hochgradigen Gliomen. Meningeome (WHO-Grad-1) sollen nach derzeitigen EANO Richtlinien in den ersten fünf Jahren nach Diagnosestellung einmal jährlich kontrolliert werden, anschließend alle zwei Jahre. Meningeome (WHO-Grad-2) bedürfen einer halbjährlichen Kontrolle für fünf Jahre, gefolgt von jährlichen Kontrollen. Meningeome (WHO-Grad-3) werden unbegrenzt alle drei bis sechs Monate kontrolliert. Alle diese Intervalle können basierend auf klinischen Gesichtspunkten und interdisziplinärer Diskussion modifiziert werden, z. B. wenn der Verdacht besteht, dass die Bildgebung nicht eindeutig das biologische Verhalten des Tumors widerspiegelt.

bDies kann passieren, wenn unterschiedliche Therapien das Gewebe so verändern, dass die Standard-MRT nicht mehr zwischen therapieassoziierten Veränderungen und Tumorprogression oder Ansprechen auf eine Therapie unterscheiden kann.

Diese radiologischen Phänomene werden unter dem Begriff Pseudoprogression, Pseudoresponse und Strahlennekrose zusammengefasst und werden im Folgenden erörtert.

Pseudoprogression

Pseudoprogression beschreibt eine in T1-gewichteten Sequenzen sichtbare neue oder vermehrte Kontrastmittelaufnahme, ohne dass es sich tatsächlich um eine Tumorprogression handelt

Unter dem Begriff Pseudoprogression versteht man eine in T1-gewichteten Sequenzen sichtbare neue oder vermehrte Kontrastmittelaufnahme, die nicht durch eine Tumorprogression bedingt ist (Brandsma et al. 2008).

Strahlen- und Chemotherapie können z. B. durch Induktion einer zellulären Hypoxie und Inflammation unter Ausschüttung unterschiedlicher Botenstoffe (darunter VEGF und HIF1α) zu einer gestörten Blut-Hirn-Schranke führen und somit eine »falsche« Kontrastmittelaufnahme erzeugen, welche als Pseudoprogression bezeichnet wird (Abb. 2.4). Es handelt sich hierbei um eine Diagnose, die vor allem von der aktuellen klinischen Beurteilung abhängig ist und bei der sich häufig erst retrospektiv herausstellt, dass es sich um einen Pseudoprogression gehandelt haben muss, wenn die Kontrastmittelaufnahme bei einer vorgezogenen MRT Kontrolle (z. B. vier Wochen) stabil geblieben ist bzw. sogar wieder an Größe abgenommen hat (siehe hierzu Kap. 2.4.3). Histologisch findet sich in diesen Gewebeproben meist Nekrose, Gliose, Ödem, Demylinisierung, vaskuläre Hyalinisierung und nur vereinzelt Tumorzellen (Melguizo-Gavilanes et al. 2015).

Eine Pseudoprogression kann meist drei bis vier Monate (Galldiks et al. 2017) nach erfolgter Therapie bei ca. 20 % aller hochgradigen Gliompatienten die mittels Strahlen und/oder Chemotherapie behandelt wurden auftreten, auch bei niedriggradigeren Gliomen und Hirnmetastasen. Das Phänomen tritt zudem öfters bei Patienten mit hypermethyliertem MGMT-Promotor-Status auf.

Strahlennekrose/Radionekrose

Ein der Pseudoprogression sehr ähnliches radiologisches Phänomen ist die Strahlennekrose (Kap. 6). Auch hierbei kommt es zu einer neuen bzw. vermehrten Kontrastmittelaufnahme – in der Regel an der ursprünglichen Stelle des Tumors – nach erfolgter radioonkologischer Behandlung, ohne dass es biologisch tatsächlich zu einem Tumorwachstum gekommen ist. Pathophysiologisch handelt es sich hierbei um eine Koagulationsnekrose im Bestrahlungsfeld, welche vor allem die weiße Substanz betrifft. Die Strahlendosis, das Zielvolumen, eine Vorbestrahlung und unterschiedliche Radiosensitizer (z. B. Chemotherapie) werden als Risikofaktoren für die Entwicklung einer Strahlennekrose beschrieben. Sie tritt deutlich später auf als die Pseudoprogression (meist zwischen 12 bis 24 Monaten) (Sneed et al. 2015). Therapeutisch kommen wiederum Glukokortikoide zur Anwendung, zudem zeigt auch der monoklonale Antikörper gegen VEGF (Bevacizumab) eine gute Wirkung (Levin et al. 2011) (siehe hierzu auch Kap. 6).

Funktionelle MRT-Sequenzen, hier vor allem die MR-Perfusion, wie auch die Aminosäure-PET haben sich bei diesen radiologischen Phänomenen als hilfreich erwiesen (van Dijken et al. 2017; Steidl et al. 2021). Letztendlich bietet die Bildgebung aber nur eine Hilfestellung und jeder dieser Fälle sollte im interdisziplinären Tumorboard diskutiert und abschließend bewertet werden.

Abb. 2.4:    Oligodendrogliom (ZNS-WHO-Grad 2), mit Pseudoprogression

Erläuterung zur Abb. 2.2:

a) Zeigt eine MRT-Verlaufskontrolle eines 51-jährigen Patienten, welcher vor neun Jahren an einem Oligendrogliom (MGMT methyliert, 1p/19q-deletiert) operiert wurde. Es finden sich in T2 zwei neue, links frontal Herde, welche radiochirurgisch einzeitig mit jeweils 18 Gray behandelt werden. b) Drei Monate nach Radiochirurgie zeigt sich eine deutliche Kontrastmittelaufnahme in den T1-gewichteten Aufnahmen mit deutlichem Ödem in T2. c) Neun Monate nach erfolgter Bestrahlung ist die Kontrastmittelaufnahme wie auch das angrenzende Ödem deutlich regredient.

Pseudoresponse

Pseudoresponse beschreibt ein scheinbares radiologisches Ansprechen auf eine Therapie mit einer abnehmenden Kontrastmittelaufnahme in T1-gewichteten Sequenzen

Pseudoresponse beschreibt ein scheinbares radiologisches Ansprechen auf eine Therapie mit einer abnehmenden Kontrastmittelaufnahme in T1-gewichteten Sequenzen.

Kortikosteroide verändern die Integrität der Blut-Hirn-Schranke und beeinflussen somit die Konstrastmittelaufnahme in T1-gewichteten Sequenzen

Dieses radiologische Phänomen wurde vermehrt während des Einsatzes einer antiangiogenen Therapie mit Bevacizumab beschrieben (Vredenburgh et al. 2007). Antiangiogene Therapien schließen durch unterschiedliche Mechanismen (meist durch Inhibition von VEGF) die Blut-Hirn-Schranke, sodass kein Kontrastmittel mehr austreten kann – ein Effekt auf dem auch die antiödematöse Wirkung dieses Medikamentes wie auch von Glukokortikoiden beruht. Dies erklärt auch, warum in den Kriterien zur Beurteilung des Therapieerfolges (Kap. 2.4.2) die Einnahme von Glukokortikoiden eine Rolle spielt und die Einnahmefrequenz und Dosis bei der klinischen Anmeldung zur MRT angegeben werden sollte.

Sowohl die Pseudoprogression als auch der Pseudoresponse haben dazu geführt, dass die geltenden Kriterien, wie das Ansprechen auf eine Therapie zu ermitteln ist, überarbeitet wurden. Im Folgenden gehen wir auf die Entwicklung dieser Kriterien und ihre klinische Bedeutung ein.

2.4.3      Bildgebende Kriterien zur Feststellung des Therapieansprechens