Nick 1: Der Weltraumfahrer - Achim Mehnert - E-Book

Nick 1: Der Weltraumfahrer E-Book

Achim Mehnert

0,0

Beschreibung

Diese werkgetreue Umsetzung als Roman umfasst den Inhalt des ersten Abenteuers aus den Piccolo-Comicheften 1-15 von Hansrudi Wäscher. - Für die Menschheit bricht ein neues Kapitel an, als Nick und seine Freunde Tom Brucks und Professor Raskin zum ersten Venusflug aufbrechen. Was wie ein verheißungsvolles Abenteuer beginnt, entwickelt sich schnell zum Wettlauf auf Leben und Tod. Denn nicht nur die feindliche Flora und Fauna der Venus bedrohen die drei Raumfahrer. Reiche Bodenschätze rufen skrupellose Geschäftemacher auf den Plan. Und dann geraten Nick und seine Freunde in die Wirren eines Krieges, mit dem sie niemals gerechnet hätten.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 245

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Originalausgabe Januar 2013

Charakter und Zeichnung: Nick © Hansrudi Wäscher / becker-illustrators

Text © Achim Mehnert

Copyright © 2015 der eBook-Ausgabe Verlag Peter Hopf, Petershagen

Lektorat: Edelgard Mank

Umschlaggestaltung: etageeins, Jörg Jaroschewitz

Hintergrundillustration Umschlag: © Karelin Dimitriy – fotolia.com

E-Book-Konvertierung: Thomas Knip | Die Autoren-Manufaktur

ISBN ePub 978-3-86305-170-9

www.verlag-peter-hopf.de

Folgen Sie uns für aktuelle News auf Facebook.

Hansrudi Wäscher wird vertreten von Becker-Illustrators,

Eduardstraße 48, 20257 Hamburg

www.hansrudi-waescher.de

Alle Rechte vorbehalten

Die in diesem Roman geschilderten Ereignisse sind rein fiktiv.

Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Begebenheiten, mit lebenden oder verstorbenen Personen wäre rein zufällig und unbeabsichtigt.

Inhalt

EINS

ZWEI

DREI

VIER

FÜNF

SECHS

SIEBEN

ACHT

NEUN

ZEHN

ELF

ACHIM MEHNERT

Der Weltraumfahrer

EINS

Die schnurgerade Straße, über die der rote Turbowagen raste, schien bis zum Horizont zu reichen. Am Steuer saß Nick, der Weltraumfahrer, neben ihm auf dem Beifahrersitz sein Freund Tom Brucks, ein weltweit anerkannter Biologe. In der einsamen Gegend herrschte wenig Verkehr. Selten nur kam den beiden Männern ein anderes Fahrzeug entgegen.

»Ich kann mir schönere Landschaften vorstellen als diese trostlose Wüste«, beschwerte sich Tom.

Nick schaute durch das transparente Kunststoffverdeck. Sein Blick glitt über karges, weites Land. Zu beiden Seiten der Landstraße erstreckte sich die Wüste von Nevada. Bizarre Felsformationen bildeten die einzige Abwechslung in der sandigen Einöde, in der nicht einmal Kakteen gediehen.

»Willst du mir nicht endlich verraten, wohin die Reise geht?«, bohrte Tom.

»Sei nicht so neugierig, Tom!«

»Du hast mich zu einer Wochenendfahrt eingeladen. Da ist ein wenig Neugier doch wohl angebracht.« Tom schob seinen Hut in den Nacken und deutete nach draußen, wo die Landschaft vorbeiflog. »Du beabsichtigst hoffentlich nicht, mich das ganze Wochenende durch Nevada zu kutschieren.«

Der Anflug eines Lächelns huschte über Nicks Gesicht. »Ganz bestimmt nicht. Du wirst dich wundern. Bevor wir unsere Reise beendet haben, hast du Landschaften gesehen, von denen du bisher nicht zu träumen wagtest.«

»Was willst du damit sagen? Während meiner Studienzeit habe ich so ziemlich jeden Winkel der Welt gesehen. Ich glaube nicht, dass mich noch etwas überraschen kann.«

»Ich weiß, aber ich rede nicht von unserer guten alten Erde.«

Tom drehte den Kopf. »Wenn du mich in einer deiner stinkenden Raketen zum Mond schleppen willst, muss ich dich enttäuschen. Ohne mich. Was soll ich auf diesem trostlosen Gesteinsbrocken? Darauf habe ich nun wirklich keine Lust.«

Zum Mond – nein, daran dachte Nick nicht. Seine Gedanken eilten in die Vergangenheit.

Im Jahr 1957 war es erstmals gelungenen, einen künstlichen Satelliten in den Weltraum zu schießen. Damals war eine neue Epoche der Menschheit angebrochen, die jedoch unter dem Schatten der atomaren Aufrüstung der beiden großen Machtblöcke gestanden hatte. Bis 1971 war die Gefahr eines Atomkrieges immer größer geworden. Vielleicht hätte er stattgefunden, wäre es nicht zu einer tragischen Katastrophe mit Millionen Todesopfern gekommen. Denn über London war ein Übungsbomber mit einer Wasserstoffbombe abgestürzt, und von der Millionenmetropole war nicht mehr übrig geblieben als eine radioaktiv verstrahlte Schutthalde. Nach dem Unglück hatte die Welt den Atem angehalten. Man hatte begriffen, dass die Menschheit dabei war, sich mit ihrem verderblichen Tun selbst zu vernichten. Nach langwierigen Verhandlungen hatten die Menschen schließlich aufatmen können, als sich 1975 alle Länder der Erde zusammenschlossen, um fortan von einer Weltregierung geführt zu werden. Eine andauernde Periode der friedlichen Entwicklung hatte eingesetzt, die gewaltige Fortschritte auf wissenschaftlichem und sozialem Gebiet nach sich zog. Inzwischen schrieb man den 2. Februar 2008.

Nick seufzte, als er an seinen Traum dachte. Der Griff nach den Sternen war den Menschen bis heute verwehrt geblieben. Einzig den Mond hatte man erreicht, den mit Flüssigtreibstoff angetriebene Raketen anflogen. Die Mondbasis diente primär dem Abbau von Erz- und Nickelvorkommen.

»Keine Sorge«, beruhigte Nick seinen Freund. »Ich habe nicht vor, dich zum Mond zu entführen.«

»Eine andere Überraschung also?«

»Ja. Jetzt aber kein Wort mehr! Wir haben unser Ziel gleich erreicht.«

Nick steuerte den Wagen von der Hauptstraße auf eine asphaltierte Seitenstraße. Der Turbowagen raste zwischen felsigen Erhebungen und losem Geröll dahin, bis sich in Fahrtrichtung eine hohe Mauer abzeichnete. Dahinter waren die typischen Kühltürme und Schornsteine eines Atomkraftwerks zu erkennen.

»Dort liegt unser Ziel?«

»So ist es.«

»Willst du nicht anhalten, Nick?« Tom rutschte unruhig in seinem Sitz hin und her. Der Wagen jagte mit unverminderter Geschwindigkeit auf die Befestigung zu. »Halt endlich an, sonst krachen wir gegen die Mauer!«

»Nur die Ruhe, mein Junge.« Amüsiert registrierte Nick, dass sich seinem Freund die Nackenhaare sträubten. In der Tat schien die Mauer auf sie zuzufliegen, doch plötzlich tat sich vor ihnen eine Lücke von Straßenbreite auf. Das Fahrzeug schoss hindurch.

»Oh«, machte Tom überrascht.

»Eine Radarschaltung. Sie hat das Tor bei unserer Annäherung rechtzeitig geöffnet«, erklärte Nick. Er bremste ab und brachte den Wagen zum Stehen. Gut gelaunt schlug er das Verdeck nach hinten. »Alles aussteigen! Wir sind da.«

»Du hast gut reden.«

»Wieso? Was ist denn los?«

»Sieh mich doch an!« Tom setzte eine missmutige Miene auf. »Mir schlottern die Knie, und meine Beine zittern wie Espenlaub. Eine Radarschaltung, die bei Annäherung automatisch reagiert. Wer denkt denn an so etwas? Der Teufel hole diese technischen Spielereien!«

»So schlimm war es wirklich nicht.«

»Nun komm schon und hilf mir heraus!«

Nick zog seinen Freund aus dem Inneren des Wagens. Ringsum waren Gebäude errichtet, durch die Mauer hermetisch von der Außenwelt abgeschottet. Wohngebäude wechselten sich mit Fabrikationshallen ab.

»Alles in Ordnung, Tom?«

»Ja, es geht schon wieder.« Der Biologe brachte ein schiefes Lächeln zustande. »Du hast mir immer noch nicht verraten, wo wir sind und was wir hier wollen.«

»Du wirst es gleich erfahren.« Nick machte eine auffordernde Handbewegung. »Komm, ich stelle dich Professor Raskin vor. Er leitet dieses Unternehmen für die Weltforschungszentrale.«

Die beiden Männer bewegten sich zwischen den Gebäuden hindurch. Menschen waren nicht zu sehen. Plötzlich blieb Nick abrupt stehen. Er winkelte den Arm an und schaute auf seine Armbanduhr.

»Was ist denn nun schon wieder?«, seufzte Tom.

»Setz deinen Hut ab, Tom!«, forderte Nick seinen Freund auf.

»Und wozu?«

Nick legte den Kopf in den Nacken und sah zum Himmel empor. »In diesem Augenblick ist Sputnik III genau über uns.«

Tom nahm seinen Hut vom Kopf. Auch er blickte nach oben. »Ach ja, Sputnik III, das Denkmal für den vorwärtsstrebenden Geist der Menschheit.«

»Das war damals eine tolle Sache«, begeisterte sich Nick. »Die ersten beiden Sputniks wurden nach einiger Zeit in die dichteren Luftschichten der Erde gezogen. Sie verglühten in der Atmosphäre.«

»Bei Sputnik III ging man anders vor, soweit ich informiert bin.«

»Stimmt. Für Sputnik III wurde eine andere Umlaufbahn gewählt. Sie ist weit genug entfernt, um den Satelliten die Erde für alle Zeiten umkreisen zu lassen.«

»Große Worte, Nick.« Tom winkte ab. »Nichts, was jemals von Menschenhand erschaffen wurde, hält für die Ewigkeit.«

Der Weltraumfahrer nickte sinnend. »Du hast recht, Tom. Ich bin ins Schwärmen geraten. Sputnik III fasziniert mich noch immer. Komm, lass uns weitergehen!«

Die beiden Männer setzten ihren Weg fort. Hinter einer Hausecke lag ein geräumiger Platz, der teilweise überdacht war. Toms Augen weiteten sich, was Nick nicht verwunderte. Vor ihnen funkelte ein silbernes Raketenschiff in der Sonne. Es stand aufrecht in einer Abschussrampe, umgeben von Kränen und allerlei Gerätschaften. Tom ließ einen leisen Pfiff ertönen.

»Donnerwetter, Nick! Das ist eine gelungene Überraschung. Was für einen gewaltigen Kasten baut ihr denn da? Eine Super-Mondrakete, die alles übertrifft, was ich je zuvor gesehen habe?«

Nick schüttelte den Kopf. »Nein, viel besser. Damit unternehmen wir unsere verlängerte Wochenendfahrt.«

Tom umrundete das Raketenschiff. Er bestaunte es mit großen Augen. »Du hast mich lange genug auf die Folter gespannt. Willst du mir nicht endlich erklären, was hier gespielt wird?«

»Professor Raskin wird dir alles sagen. Ich möchte ihm nicht vorgreifen. Schließlich ist das, was du hier vor dir siehst, sein Werk.«

»Also los!« Tom ruderte mit den Armen. »Führe mich zu dem Professor! Ich kann es kaum mehr erwarten zu erfahren, weshalb du mich an diesen Ort gebracht hast.«

Nick nickte grinsend. Die Überraschung, die er seinem Freund bereiten wollte, übertraf alles, was je einem Menschen angeboten worden war.

*

Kurz zuvor war ein Frachter von der Mondbasis gestartet und nahm Kurs auf die Erde. Schnell blieb die Mondoberfläche unter ihm zurück. Die großen Krater und Meere wurden rasch kleiner. Die beiden Männer, die in der Zentrale vor den Instrumenten saßen, waren den Anblick gewöhnt. Sie verkehrten ständig zwischen Mond und Erde, den Bauch des Frachters voll beladen mit Erzen, die daheim so dringend benötigt wurden. Wie immer verlief der Flug weitgehend ereignislos.

»Gleich kreuzen wir die Sputnik-Bahn, Pete«, sagte der Kommandant.

»Ich sehe den alten Burschen immer wieder gern, Käpten«, antwortete Pete. »Er ist wie ein Gruß von daheim. Es ist schön, dass er nach der langen Zeit immer noch seine Runden um die Erde dreht.«

Die beiden Raumfahrer schauten durch das große Sichtfenster hinaus in die Unendlichkeit des Weltalls. Vor dem samtschwarzen Hintergrund funkelten die Myriaden Sterne, von denen Menschen nur träumen konnten. Im Gegenlicht der Sonne war Sputnik III deutlich zu erkennen.

»Da ist er.« Pete stutzte. »Aber was ist das? Sehen Sie den Lichtreflex, Käpten?«

»Ja, eigenartig. Das sehen wir uns etwas größer an.«

Der erste Eindruck bestätigte sich. Der Satellit bot ein anderes Bild als gewohnt. Unübersehbar war eine Veränderung an dem kugelförmigen Gebilde eingetreten.

»Merkwürdig. Jemand hat sich an dem Sputnik zu schaffen gemacht. An der Außenhülle scheint etwas angebaut worden zu sein, eine Art Kasten.«

»Welchem Zweck mag er dienen?«

Ratlos zuckte der Kommandant mit den Achseln. »Ich frage mich, wer dafür verantwortlich ist. Hier draußen ist doch niemand. Wer sollte sich an dem Satelliten zu schaffen machen?«

»Und aus welchem Grund?«

»Eine gute Frage, Pete.« Der Kommandant dachte kurz nach. Etwas ging hier nicht mit rechten Dingen zu. Bevor er die Angelegenheit meldete, wollte er weitere Informationen erlangen. »Gehen Sie näher ran, Pete! Das untersuchen wir aus der Nähe.«

»Verstanden, Käpten.«

Der kugelförmige Satellit mit seinen zahlreichen Antennen raste mit aberwitziger Geschwindigkeit dahin. Selbst die erfahrene Besatzung musste ihr ganzes Können einsetzen, um ihn nicht zu verlieren. Die beiden Raumfahrer manövrierten den Frachter gemeinsam und tauchten in die Kreisbahn ein, die Sputnik III beschrieb. Nach einer Weile hatten sie Geschwindigkeit und Kurs angeglichen. Aus der Nähe war der kastenförmige Anbau, der nicht dorthin gehörte, besser zu sehen. Aus seinem Aussehen ließen sich keine Rückschlüsse auf seinen Zweck ziehen.

»Wir gehen längsseits«, entschied der Kommandant.

»Aye, Käpten«, bestätigte Pete.

Die Raumfahrer kamen nicht dazu, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Ein greller Lichtblitz entstand in der Schwärze des Raums. Sekundenlang loderte ein Feuerball in Flugrichtung des Frachters, als eine furchtbare Explosion den Satelliten aus der Frühzeit der Raumfahrt vernichtete. Gleich darauf belegten nur noch ein paar zerfetzte Trümmerteile, dass es Sputnik III jemals gegeben hatte.

Petes Lippen bebten. »Er wurde vollständig vernichtet. Nur ein paar Sekunden später, und wir wären näher dran gewesen. Dann wären wir nicht so glimpflich davongekommen. Wie konnte das passieren?«

»Ich habe keine Ahnung.« Nur eins wusste der Kommandant genau. Bei der Explosion handelte es sich nicht um einen Unfall. Irgendwer hatte den Sputnik gesprengt.

*

»Pest und Hölle! Das gibt es doch nicht.«

Dan starrte auf den Bildschirm, der eben noch messerscharfe Aufnahmen geliefert hatte. Von einem Moment auf den anderen war die Übertragung erloschen. Auf dem Monitor des Fernsehempfängers war nur noch schwarzes Wallen zu sehen. Dan hieb mit der Faust auf die Schaltkonsole vor sich.

»Was ist geschehen?«, wollte sein Kollege Ralph wissen. Sie und zwei weitere Männer saßen im Beobachtungsraum einer privaten Forschungsanstalt in Australien.

»Was geschehen ist? Aus ist es mit unseren Beobachtungen. Hockt nicht da wie die Ölgötzen! Holt den Chef!«

Ralph erhob sich und huschte aus dem Raum. Keine Minute später kehrte er bereits zurück, begleitet von ihrem Chef, in dessen Mundwinkel eine Zigarette klebte.

»Was ist los?«

»Jemand wollte seine Nase in unsere Angelegenheiten stecken, Chef«, empfing Dan ihn. »Die Selbstzerstörungsanlage ist in Aktion getreten. Sie hat sämtliche Spuren unserer Observation beseitigt.«

»Sputnik III wurde vernichtet?«

»Vollständig.«

»So ein Pech! Ausgerechnet jetzt, da das Raumschiff der Weltforschungszentrale kurz vor der Vollendung steht.«

»Nun gibt es keine Möglichkeit mehr, unsere Fernsehkamera unauffällig zu stationieren«, ärgerte sich Dan. »Der Sputnik war ideal dafür. Wir können froh sein, dass unsere Selbstzerstörungseinrichtung wie vorgesehen aktiv wurde. Nicht auszudenken, wenn den Raumfahrern der WFZ unsere Kamera in die Hände gefallen wäre. Sie hätten schnell herausgefunden, woher sie stammt.«

Der Chef nickte bedächtig, während er einen Stapel Fotografien durchblätterte. »Wenigstens haben wir gute Bilder von der Anlage der WFZ.«

»Es fragt sich, was sie ohne die Pläne für den neuen Raumschiffantrieb wert sind«, gab Ralph zu bedenken.

»Die besorgen wir uns auf andere Weise«, tat der Chef den Einwand ab. »In diesem Stadium unserer Vorbereitungen hätten wir ohnehin einen Mann bei der WFZ einschleusen müssen.«

Dan runzelte die Stirn. Das war leichter gesagt als getan. Auch den anderen Männern waren ihre Zweifel an der Durchführbarkeit des Vorhabens anzusehen. Die Einrichtung der Weltforschungszentrale war ein gut gesicherter Komplex.

»Wie wollen Sie das machen, Chef? Da kommt niemand so leicht hinein«, verlieh Ralph seiner Skepsis Ausdruck.

»Von leicht kann keine Rede sein«, brummte der Chef. »Digo wird es trotzdem schaffen. Er ist der richtige Mann für diese Aufgabe. Ich habe vollstes Vertrauen in seine Fähigkeiten. Holt ihn her!«

Wieder war es Ralph, der aus dem Raum eilte. Missmutig betrachtete Dan den ermatteten Bildschirm, bis Ralph zurückkehrte. Digo trat hinter ihm ein. Dan betrachtete den angeblichen Wunderknaben mit dem dunklen Haar und dem akkurat gestutzten Schnauzbart unauffällig. Wenn es Digo gelang, in die gesicherte Anlage der WFZ einzudringen, hatte er wirklich etwas drauf. Doch das musste sich erst zeigen. Der Chef reichte ihm die Aufnahmen von der Einrichtung der WFZ.

»Traust du dir zu, den neuen Raumschiffantrieb da rauszuholen?«

Sinnend betrachtete Digo die Bilder. »Das wird keine leichte Sache. Was springt denn für mich dabei heraus?«

»Genug, damit du dich zur Ruhe setzen kannst.«

»Gut, ich mache es«, sagte Digo. »Allerdings brauche ich volle technische Unterstützung. Ohne spezielle Ausrüstung ist da nichts zu machen. Ich mache eine genaue Aufstellung der Ausrüstungsgegenstände, die ich benötige.«

Der Chef nickte zufrieden. »Du erhältst alles, was du verlangst.«

*

Wenig später startete ein Flugzeug vom Flughafen der australischen Forschungsanstalt. Die schnelle Maschine mit dem Düsentriebwerk gewann rasch an Höhe. Während sie wie ein Pfeil in den blauen Himmel schoss, beobachtete Digo die private Anlage unweit der Meeresküste. Sie wurde schnell kleiner und war kurz darauf nicht mehr zu sehen. Er wandte den Blick ab und konzentrierte sich auf die vor ihm liegende Mission. Sie war heikel, doch er hatte sich alles genau überlegt. Wäre er nicht überzeugt gewesen, sie zu einem erfolgreichen Abschluss bringen zu können, hätte er sich nicht darauf eingelassen. Trotzdem ließ sich ein gewisses Risiko nicht ausschließen. An seinem Einsatzort musste er mit zahlreichen unbekannten Faktoren rechnen, die er nicht in seine Kalkulation hatte einbeziehen können.

»Es wird schon schiefgehen«, murmelte er zu sich selbst.

Er hatte seine Ausrüstung vor dem Start penibel kontrolliert. Nun nahm er eine weitere Überprüfung vor, um seiner Unruhe Herr zu werden. So merkte er nicht, wie die Zeit verging.

»Die Luft wird dünn«, informierte ihn der Pilot. »Helm schließen!«

»Hm«, machte Digo nur. Er klappte seinen Helm zu und aktivierte die Sauerstoffzufuhr.

Die Maschine hatte inzwischen große Höhe erreicht. Mit bloßem Auge war sie vom Boden aus längst nicht mehr zu sehen. Durch das Sichtfenster verfolgte Digo, wie die Tragflächen eingezogen wurden. Ein Ruck ging durch die Maschine, begleitet von ohrenbetäubendem Donnern, das den vorangegangenen Lärm der Düsentriebwerke bei Weitem überstieg. Der Raketenmotor war angesprungen. Ein Feuerstrahl schob die schlanke Maschine vor sich her.

»Wir haben unsere Endhöhe erreicht. Ich gehe jetzt in den Parallelflug über«, kündigte der Pilot an.

Die Spitze des Flugzeugs senkte sich nach vorne, und die auf Digo einstürzenden Eindrücke veränderten sich. Eben noch war das endlose Blau des Himmels über ihm gewesen, nun sah er unter sich das Meer dahinfliegen. Die Maschine flog parallel zur Wasseroberfläche.

»Wie lange brauchen wir?«, erkundigte er sich über Helmfunk.

»In dreißig Minuten sind wir über Nevada.«

Digo beendete die Überprüfung seiner Ausrüstung. Der drucksichere Anzug und sein Fallschirm waren einsatzbereit. Es gab nichts mehr, was er noch tun konnte, nur noch abwarten. Er ließ sich gegen die Rückenlehne sinken und atmete gleichmäßig. Bald überflog das Raketenflugzeug die Tag-Nacht-Grenze. Dunkelheit umgab die Maschine, die ohne Positionslichter durch die Nacht flog.

»Gleich ist es soweit«, erreichte ihn die Stimme des Piloten.

Für einen Moment schloss Digo die Augen. Er hatte sich die Aufnahmen der Spionagekamera genauestens eingeprägt und hätte das Gelände der Weltforschungszentrale aus dem Kopf nachzeichnen können. Wieder und wieder war er die Berechnungen durchgegangen. Bei der kleinsten Abweichung würde er weit entfernt von seinem anvisierten Ziel landen. In dem Fall war seine Mission gescheitert, bevor sie richtig begonnen hatte.

»Jetzt!«, gellte die Stimme des Piloten in seinem Helmempfänger.

Digo riss die Augen auf, als er sich von einer unsichtbaren Kraft gepackt fühlte. Der Pilot hatte ihn aus dem Flieger katapultiert, und er raste der Erdoberfläche entgegen. Instinktiv griff er nach der Reißleine seines Fallschirms. Um ein Haar hätte er den Fehler begangen, die Schirmauslösung zu betätigen. Das wäre ein unverzeihlicher Fehler gewesen. Er musste sich tief fallen lassen. Erst wenn er unterhalb der Radarerfassung war, durfte er seinen Schirm öffnen.

Er legte die Arme dicht an den Körper und schoss in die Tiefe. Die kleinen Lichter am Boden, an denen er sich orientierte, kamen rasend schnell näher. Die Nachtaufnahmen, welche die an Sputnik installierte Spionagekamera gemacht hatte, erwiesen sich als unbezahlbar. Es gelang Digo, das Gelände der Weltforschungszentrale zu identifizieren. Mit geschickten Körperbewegungen dirigierte er seinen Flug. In der Dunkelheit war es schwierig, die Entfernung bis zum Boden abzuschätzen.

Noch nicht! Er zwang sich zur Ruhe. Warte noch!

Dann war es soweit. Er zog die Reißleine und hatte für einen Moment den Eindruck, unbeweglich in der Luft zu hängen. Tatsächlich jedoch fiel er nur ungleich langsamer als zuvor. Unter ihm zeichneten sich die Umrisse von Gebäuden ab. Er ordnete sie in Gedankenschnelle und filterte das zentrale Verwaltungsgebäude heraus, das alle anderen Bauwerke an Höhe überragte.

Er bewegte sich ziemlich genau darauf zu. Digo lächelte. Das Schicksal spielte ihm in die Hände. Mit einer weiteren Körperbewegung korrigierte er seine Fallrichtung, dann landete er auf dem Dach. Er knickte in den Kniekehlen ein, ging zu Boden und rollte sich geschickt ab. In aller Eile entledigte er sich des Fallschirms und der Sauerstoffflaschen, danach legte er seinen Anzughelm ab. Kein Geräusch war zu hören, nicht einmal Wind pfiff über das Dach des Verwaltungsgebäudes.

Digo kroch bis zu einem Oberlicht und spähte durch die Dachscheiben. Im darunterliegenden Raum war es dunkel. Kein Mensch hielt sich darin auf. Bisher lief alles bestens. Er zog eine Taschenlampe aus dem Anzug und schaltete sie ein. Der Lichtkegel wischte über ein paar wenige Einrichtungsgegenstände, einen Tisch, Stühle, einen Aktenschrank.

Es bereitete Digo keine Mühe, das Oberlicht zu öffnen. Er setzte sich auf den Rand und ließ sich vorsichtig in die Tiefe gleiten. In dem Raum hielt er kurz inne, um zu lauschen. Alles blieb ruhig. Niemand hatte sein Eindringen bemerkt. Hier oben gab es keine Alarmanlage. Wer rechnete schon mit dem waghalsigen Husarenstück, sich auf dem Luftweg Zutritt zum zentralen Verwaltungsgebäude der Weltforschungszentrale zu verschaffen? Digo beglückwünschte sich zu seinem Vorgehen.

Doch noch war er nicht am Ziel. Er musste bis zum Tresorraum vorstoßen. Dort wurden die Pläne für den neuen Antrieb aufbewahrt. Geräuschlos wie eine Katze machte er sich auf den Weg und streifte durch die verlassen daliegenden Gänge und Zimmer des Gebäudes. Er hielt erst inne, als er Stimmen vernahm. Zuerst dachte er, dass sich ihm jemand näherte, doch sofort korrigierte er sich. Die Stimmen drangen aus einem angrenzenden Raum.

Digo legte ein Ohr an die Tür. Drei Männer unterhielten sich. Das Gespräch, dessen zufälliger Zeuge er wurde, versetzte Digo in Aufregung.

*

»Die Venus.« Tom Brucks setzte das Glas an die Lippen und trank einen Schluck Whiskey. »Habe ich mich wirklich nicht verhört?«

»Nein, Tom, du hast richtig gehört«, versicherte Nick lächelnd. »Ich habe dir eine Überraschung versprochen.«

»Und du hältst Wort. Aber diese Überraschung übertrifft alles, was ich mir vorgestellt habe. Nicht im Traum wäre mir eingefallen, dass ich zu den ersten Menschen gehören soll, die einen anderen Planeten besuchen.«

»Trotzdem ist es so.« Professor Raskin schmauchte genüsslich an einer Pfeife.

»Aber warum wollen Sie ausgerechnet zur Venus, Professor?«, wunderte sich Tom.

»Weil ich dort reiche Uranlager vermute, Tom.«

»Ich verstehe. Die Menschheit ist auf Uran angewiesen.«

Raskin nickte. »Genau. Die Lagerstätten auf unserer guten alten Erde werden bald erschöpft sein, und der Mond hat unsere Hoffnungen in dieser Hinsicht nicht erfüllt. Uns bleibt gar nichts anderes übrig, als uns nach anderen Quellen umzuschauen.«

»Was läge da näher, als unser Glück auf der Venus zu versuchen?« Nick hob sein Glas und prostete seinen Freunden zu.

»Ich habe bisher noch nie davon gehört, dass ein Flug zur Venus geplant ist«, sagte Tom.

»Das hat niemand«, erklärte der Professor. »Nick und ich haben das Projekt bisher mit Bedacht geheim gehalten. Mit dem von mir entwickelten Atomantrieb werden interplanetarische Flüge zwar möglich, doch zunächst möchte ich die Probe aufs Exempel machen. Bevor ich der Weltregierung meine Pläne zur Verfügung stelle, will ich den Beweis der Wirksamkeit des neuen Antriebs erbringen.«

»Deshalb ein Testflug zur Venus«, folgerte Tom.

»Ein inoffizieller Flug. Die erste Reise soll geheim durchgeführt werden.«

»Wozu diese Geheimniskrämerei? Wäre es nicht besser, die Menschheit von Beginn an teilhaben zu lassen an diesem phantastischen Abenteuer?«

»Der Professor hat sich das genau überlegt«, warf Nick ein. »Er hat gute Gründe für seine zurückhaltende Handlungsweise.«

Auf Raskins Stirn bildeten sich Sorgenfalten. »Nick hat recht, Tom. Es gibt zu viele private Interessengruppen, die auf schnellen Gewinn aus sind. Dafür habe ich den Antrieb nicht entwickelt. Ich will dadurch nicht reich werden, und andere sollen es auch nicht.«

*

Digo stieß die Luft aus. Durch Zufall war er einer großen Sache auf die Spur gekommen. Damit rechnete zu Hause niemand. Bisher war es nur um die Erbeutung der Pläne für den neuen Antrieb gegangen. Unversehens eröffneten sich ganz neue Perspektiven. Sollte dieser Professor Raskin recht behalten und auf der Venus gab es wirklich reichhaltige Uranvorkommen, ließ sich der mögliche Profit nicht einmal erahnen.

Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Ein sardonisches Grinsen entstellte Digos Züge. Für diese Information würde der Chef eine satte Zulage drauflegen müssen.

Er lauschte noch eine Weile, ohne weitere Neuigkeiten zu erfahren. Die drei Männer unterhielten sich nun über private Dinge und tauschten Belanglosigkeiten aus. Er entschied, seinen ursprünglichen Plan zu verfolgen, und huschte den Gang entlang.

Außer den Männern, die er belauscht hatte, schien sich kein Mensch in dem WFZ-Gebäude aufzuhalten. Zumindest galt das für die oberen Stockwerke. Der Australier vermutete, dass im Erdgeschoss Wachleute postiert waren, an denen man nicht unbemerkt vorbeikam. Hätten sie von seiner Anwesenheit gewusst, wäre längst Alarm ausgelöst worden. Die Vorstellung, den Dummköpfen von der Weltforschungszentrale ein Schnippchen zu schlagen, amüsierte Digo.

Er dauerte nicht lange, bis er den Tresorraum fand. Auch dort herrschte Stille. Sachte drückte er die Klinke nieder. Der Raum war nicht verschlossen, die Tür öffnete sich bereitwillig vor ihm. Er nahm es wohlwollend zur Kenntnis.

Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, machte er sich im Licht seiner Taschenlampe an die Untersuchung des Tresors, eines modernen Safes neuester Bauart. Damit hatte er gerechnet. Es hinderte ihn nicht. Er hielt sich ständig auf dem Laufenden über die Entwicklung, daher war er auch mit solchen Sicherheitsschränken vertraut. Er benötigte keine drei Minuten, um die Sicherheitssperren zu überwinden, dann war die Alarmanlage ausgeschaltet.

Der australische Agent aktivierte den mitgebrachten Schweißbrenner, der aus einem handlichen Batteriepack gespeist wurde, das an seinem Gürtel hing. Die Alarmanlage schwieg, während sich der Schweißstrahl durch den Stahl der Tresortür fraß, als schnitte er Butter. Obwohl die Arbeit fast wie von allein voranging, geriet der Eindringling ins Schwitzen. Er wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Solche kleinen Unannehmlichkeiten nahm er für die ausgehandelte Bezahlung gern in Kauf. Wie der Chef so treffend festgestellt hatte, konnte sich Digo bald zur Ruhe setzen und den Rest seines Lebens in Saus und Braus verbringen.

Zentimeter um Zentimeter fraß sich der Strahl weiter. Endlich löste sich ein Stück der Stahlplatte und schlug polternd zu Boden. Unwillkürlich zuckte Digo zusammen.

*

Professor Raskin zog an seiner Pfeife. Der süßliche Tabakgeruch erfüllte den kleinen Besprechungsraum und vermischte sich mit dem Aroma des Whiskeys.

»Sie sehen ziemlich schwarz, Professor«, meinte Tom. »Das klingt fast wie eine Verschwörungstheorie.«

»Durchaus nicht, Tom«, erwiderte Nick. »Ich finde im Gegenteil, der Professor betrachtet die ganze Angelegenheit aus einer sehr nüchternen Warte. Wir können nicht vorsichtig genug sein.«

»Ja, leider«, seufzte Raskin. »Die berechtigten Belange der Menschheit interessieren gewisse Geschäftemacher nicht, solange sie ihr eigenes Schäfchen ins Trockene bringen können. Sie würden sich die Vorrechte an der Ausbeutung des Urans auf der Venus sichern, wenn es ihnen gelänge, den neuen Antrieb nachzubauen. Das darf auf keinen Fall geschehen. Dieses Projekt ist zu groß und zu wichtig, um es privaten Investoren zu überlassen. Es gehört in die Hände der Weltregierung.«

»Das sehe ich ein«, sagte Tom.

Auf einmal wurde Nick unruhig. Er erhob sich von seinem Stuhl und ging zur Tür.

»Was ist los?«, fragte Raskin.

»Sie haben mich mit ihrem Gerede von Geheimhaltung und möglicher skrupelloser Konkurrenz ganz nervös gemacht, Professor«, gestand Nick. Er hatte ein ungutes Gefühl. Vielleicht machte er sich zum Narren, doch er beschloss, seiner Ahnung nachzugeben. »Ich sehe mal eben nach dem Tresor.«

Tom winkte ab. »Du siehst Gespenster.«

»Möglich.«

»Setz dich wieder hin und lass uns anstoßen!«

Raskin lachte auf. »Wirklich, Nick, so wörtlich sollten Sie meine Befürchtungen nicht nehmen. Wir haben eine gute Alarmanlage. Außerdem kommt an den Sicherheitsleuten unten im Eingangsbereich ohnehin kein Eindringling vorbei. Wir haben nichts zu befürchten.«

»Ich schaue trotzdem kurz nach. Lasst euch deswegen den Spaß nicht verderben! Ich bin gleich wieder hier.«

Nick verließ den Raum und folgte dem Gang des Korridors. Er wusste selbst nicht, was in ihn gefahren war. Selbstverständlich hatte der Professor recht. Es war so gut wie ausgeschlossen, die Sicherheitsvorkehrungen der Weltforschungszentrale zu überlisten. Die Wachleute am Eingang waren scharfe Hunde, die keinen Spaß verstanden.

Er erreichte den Tresorraum, ohne etwas Verdächtiges zu bemerken. Als er vor der geschlossenen Tür stand, kam er sich albern vor.

*

Tiefe Stille folgte dem dumpfen Poltern der Stahlplatte. Digo verharrte regungslos und lauschte. Einige Sekunden vergingen, doch nichts geschah.

Er löste sich aus seiner Starre. Nachdem er die Taschenlampe und den Schweißbrenner ausgeschaltet und auf dem Boden abgestellt hatte, griff er in den Tresor hinein, sorgsam darauf bedacht, sich nicht an dem glühenden Rand zu verbrennen. Seine Hand beförderte einen Stapel Unterlagen zutage. Mit glänzenden Augen blätterte er sie durch, ergriffen von einem Gefühl des Triumphs. Es waren tatsächlich die Konstruktionspläne für den neuen Raumschiffantrieb. Damit hatte er den wesentlichen Teil seiner Mission erfolgreich bewältigt.

Nun lag die zweite Phase vor ihm, die nicht einfacher war. Er musste unbemerkt aus dem Gebäude der Weltforschungszentrale entkommen. Es fiel ihm schwer einzuschätzen, wie rigoros die Sicherheitsleute vorgehen würden, wenn sie Zeugen seiner Flucht mit den Geheimpapieren wurden. Er konnte nicht ausschließen, dass sie ihn kurzerhand erschießen würden.

Er erhob sich und verstaute die Papiere in der Jacke seiner Kombination. Ein Geräusch drang an seine Ohren. Diesmal war er sicher, sich nicht zu irren. Es kam von draußen. Ganz so verlassen, wie er gehofft hatte, war das Gebäude doch nicht. Vielleicht handelte es sich um einen der Männer, die er zuvor belauscht hatte.

Digo stellte sich neben die Tür. Mit gegen die Wand gelehntem Rücken wartete er ab. Wieder drang ein Geräusch herein, und die Tür öffnete sich. Digo hielt die Luft an, bereit, sich auf den unwillkommenen Besucher zu stürzen. Es musste ihm gelingen, den Mann außer Gefecht zu setzen, bevor der sein Gesicht zu sehen bekam.

*

Nick ergriff die Klinke und drückte die Tür auf. Aus dem Korridor fiel Licht in den dunklen Raum. Er schnupperte, als er einen eigenartigen Geruch bemerkte. Es roch merkwürdig. Sein Instinkt erwies sich als richtig. Aus geweiteten Augen betrachtete er das Dilemma.

»Die Panzertür wurde aufgebrochen«, entfuhr es ihm.

»Du merkst aber auch alles«, antwortete eine Stimme aus der Dunkelheit.

Nick schalt sich einen Dummkopf, als er eine Bewegung erhaschte und eine Faust sah, die auf ihn zuflog. Er hätte damit rechnen müssen, dass sich der Einbrecher noch im Raum aufhielt. Geistesgegenwärtig tauchte er unter dem Schlag weg. Das bewahrte ihn vor einem direkten Treffer gegen die Schläfe.

»Nicht so schnell«, zischte er. Schon hatte er die Überraschung abgeschüttelt und machte Anstalten, sich auf den Eindringling zu stürzen, doch der reagierte nicht weniger schnell. Er sprang zur Seite und hielt plötzlich eine Pistole in der Hand.

»Ich wollte dich nur betäuben, aber jetzt muss ich dich töten.«

Für einen ewig erscheinenden Moment sah Nick in die Mündung der Waffe. Bevor der Einbrecher den Abzug betätigen konnte, warf er sich nach vorn. Er tauchte unter der Schusshand des Unbekannten hinweg und rammte den Mann mit seinem ganzen Körpergewicht. Ein Knall erfüllte den Tresorraum, begleitet vom Mündungsblitz, der den Raum für einen Sekundenbruchteil taghell erleuchtete.

»Du hast zu lange gezögert, Bursche!«