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Ich wollte nie wieder lieben. Oder vergeben. Doch dann kamst du.
Niemals werde ich vergessen, wie meine erste Liebe vor meinen Augen zu Tode geprügelt wurde. Nun treibt das Schicksal die Täter direkt in mein Restaurant.
Und dich.
Trotzdem werde ich sie bestrafen, das habe ich mir damals geschworen.
Daran wirst du mich nicht hindern.
Auch wenn du ein Cop und ähnlich von der Vergangenheit getrieben bist wie ich.
Und ich kaum begreife, was mich so stark zu dir hinzieht.
Aber ich weiß, dass ich mich von dir fernhalten sollte.
Weil du mir näher kommst, als gut für mich ist.
In jeglicher Hinsicht.
Für alle, die diese Tropes lieben:
*Dark Romance*
*Revenge*
*Police Romance*
*Scars*
*Forbidden Love*
*Instalust*
Jeder Teil dieser Reihe ist in sich abgeschlossen (Einzeltitel) und kann unabhängig voneinander gelesen werden.
Burning Hearts - Leidenschaftlich. Unmoralisch. Emotional.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
No Oblivion
Von Katie McLane
Buchbeschreibung:
Ich wollte nie wieder lieben. Oder vergeben. Doch dann kamst du.
Niemals werde ich vergessen, wie meine erste Liebe vor meinen Augen zu Tode geprügelt wurde. Nun treibt das Schicksal die Täter direkt in mein Restaurant – und dich.
Trotzdem werde ich sie bestrafen, das habe ich mir damals geschworen.
Daran wirst du mich nicht hindern.
Auch wenn du ein Cop und ähnlich von der Vergangenheit getrieben bist wie ich.
Und ich kaum begreife, was mich so stark zu dir hinzieht.
Aber ich weiß, dass ich mich von dir fernhalten sollte.
Weil du mir näher kommst, als gut für mich ist.
In jeglicher Hinsicht.
Über die Autorin:
Gestatten? Katie McLane.
Musik im Blut, Pfeffer im Hintern, Emotionen im Herzen, prickelnde Geschichten im Kopf.
Ich lebe mit meiner Familie im Herzen Nordrhein-Westfalens und schreibe Romance für alle Sinne.
Meine Liebesromane drehen sich um dominante Männer und starke Frauen, die sich auf Augenhöhe begegnen.
Sind leidenschaftlich, sinnlich. Voll prickelnder Lust, überwältigendem Verlangen und absoluter Hingabe.
Und sie treffen mit all ihren Emotionen mitten ins Herz - bis zum Happy End.
Liebe Leser:in,
vielleicht hast du schon einmal
von dem Problem der E-Book-Piraterie gehört.
Wie man es von den Songs der Lieblingsmusiker kennt, werden auch meine Bücher illegal im Internet angeboten.
Mit dem offiziellen Kauf dieses Buches unterstützt du nicht nur mich als Autorin, sondern aktiv auch den Kampf
gegen die unrechtmäßige Verbreitung von Romanen.
Vielen Dank dafür!
(Burning Hearts 3)
Impressum
1. Auflage, 2024
© Katie McLane – alle Rechte vorbehalten.
Lektorat: Lektorat Franziska Schenker
Cover: Dream Design – Cover and Art, Renee Rott
Katie McLane
c/o easy-shop
K. Mothes
Schloßstr. 20
06869 Coswig (Anhalt)
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung, auch auszugsweise, ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Autorin zulässig. Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Das Training von Künstlichen Intelligenzen jeglicher Art mit diesem und sämtlichen Werken der Autorin ist untersagt, jetzt und in Zukunft.
Außerdem behält die Autorin sich die Nutzung ihrer Inhalte für Text und Data-Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.
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Hinweis Triggerwarnung
Liebe Leser:innen,
dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Deshalb findet ihr ganz am Ende eine 228Triggerwarnung.
Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!
Und nun wünsche ich euch ein aufregendes Leseerlebnis.
Eure Katie
»Bulletproof« – Godsmack
»Burning In Flames« – Beyond The Black
»Dead Man Runnin‘« – Aranda
»Fight Fire With Gasoline« – Self Deception
»I O U« – You Me At Six
»Save Yourself« – ONE OK ROCK
»I Hate Everyone« – Falling In Reverse
»Ready Aim Fire« – Blue Stahli
»Stay (Demo)« – Aranda
»Mary Leigh« – Eclipse
»Bullet To My Heart« – Stardust
»Not This Time« – First Signal
»Hell And Back« Self Deception
Oder bei Spotify hören unter »Playlist zu ›No Oblivion‹ «:
https://open.spotify.com/playlist/2hGRjLsf0XImSCPMb6BpPX
Acht Jahre zuvor, San Diego.
Es passiert wirklich. Und wird diesen bedeutenden Tag perfekt machen.
Fasziniert starre ich auf den Horizont und den wolkenfreien Himmel darüber, wo die Sonne rotgolden Richtung Pazifik wandert. Klemme mir eine Strähne meines sandblonden Haars hinters Ohr, doch die sanfte Brise weht sie mir wieder ins Gesicht.
Der Feuerball scheint immer schneller zu sinken und als nur noch ein Viertel davon zu sehen ist, beuge ich mich vor. Stütze die Ellbogen auf meine Knie, grabe die Zehen samt Sandalen tiefer in den warmen, weichen Sand. Streiche mir mit beiden Händen das lange Haar nach hinten und halte es im Nacken fest, damit ich den Augenblick ungehindert genießen kann.
Nach unzähligen Besuchen am Ocean Beach werde ich heute hoffentlich den lang ersehnten magischen Moment erleben.
Seine Finger streicheln sanft über meinen linken Fußknöchel, was mir einen Schauer über die Haut jagt und mein Herz loshämmern lässt.
Doch ich sehe weiter geradeaus und flüstere: »Brian, sieh nur.«
»Ja.«
Die Sonne verschwindet hinter dem Horizont, das mystische grüne Glühen erscheint.
Mein Atem stockt voller Ehrfurcht.
Und zwei Sekunden später ist das Schauspiel vorbei.
Zittrig stoße ich die Luft aus, atme ein und lächle.
Übergebe meine Locken dem Wind und betrachte meinen Freund von der Seite.
Das kinnlange hellbraune Haar, umweht sein schmales Gesicht mit der geraden Nase und den geschwungenen Lippen, die ich heute schon ausgiebig schmecken durfte.
Brian wendet sich mir zu und erwidert meinen Blick aus diesen unglaublichen bernsteinfarbenen Augen, die mich schon bei der ersten Begegnung umgehauen haben.
Ich war spät dran und bin auf dem Weg zum Ausgang der Studentenwohnanlage über irgendetwas gestolpert. In der nächsten Sekunde stand er da, hat mich aufgefangen. Und ich bin dem sanften Rebellen sofort verfallen, entgegen allen gut gemeinten Ratschlägen.
Sein Mund verzieht sich ebenfalls zu einem Lächeln, seine Finger gleiten über meine Wange und seine zärtlichen Lippen folgen.
Mit einem Seufzen schließe ich die Lider, will mehr von seinem Körper spüren, noch mehr Höhenflüge mit ihm erleben.
»Dany.« Sein Raunen vibriert an meinem Mund.
In der nächsten Sekunde ist er fort.
Ich reiße die Augen auf und erstarre.
Sie haben ihn auf die Füße gezogen und umzingeln ihn zu viert, Xavier Moran und seine drei Arschkriecher. Der ungekrönte König auf dem Campus, den unzählige hässliche Gerüchte umgeben. Schon deswegen weiche ich diesen großkotzigen Wichsern aus.
»Brian, Brian, Brian.« Xavier legt meinem Freund einen Arm um die Schultern und drückt ihn fest an sich. »Wie kommst du dazu, eine der heißesten Weiber der SDSU zu küssen, ohne mich um Erlaubnis zu fragen?«
Ich stehe auf, klopfe mir den Sand von der kurzen Jeans und öffne den Mund, um dem Scheißkerl die Meinung zu sagen.
Da löst Brian sich mit einer heftigen Bewegung aus der Umklammerung. »Das hast du nicht zu entscheiden.«
»Ach nein?« Mit einem abschätzigen Zungenschnalzen schüttelt Xavier leicht den Kopf. Hebt die linke Augenbraue und verzieht den Mundwinkel um eine Kleinigkeit nach oben, was ihm etwas Teuflisches verleiht. »Tja, dann musst du wohl auf die harte Tour lernen, dass man mir nicht in die Quere kommt.«
Ein kaum wahrnehmbares Nicken und einer seiner Jünger packt Brian von hinten. Ein grob wirkender Kerl mit ausgeprägten Muskeln und rasiertem Schädel.
Mein Freund stemmt sich gegen ihn, doch der ergreift seine Ellbogen, zerrt ihn nach hinten und hakt seine Arme von den Seiten ein.
Xavier fährt sich mit der Hand durch das sonnengebleichte blonde Haar.
Schlägt ohne Vorwarnung zu, zweimal kurz nacheinander in Brians Magen.
Er stöhnt auf, krümmt sich.
»Hey!« Wütend springe ich vor, reiße an Xaviers Arm.
Der schüttelt mich ab und stößt mich zu seinem nächststehenden Handlanger.
Der schlaksige Junge mit langem, blondem Haar und Pickeln auf Kinn sowie Wangen umklammert meinen Oberkörper, drückt mich an sich.
Sein Geruch steigt mir in die Nase, eine ekelhafte Mischung aus Schweiß, Lakritz und Bier.
Ich würge, lenke meine Aufmerksamkeit wieder auf den Anführer. »Brian hat dir nichts getan.«
»Er hört leider nicht auf mich.« Dieses Mal versetzt er meinem Freund zwei schnelle Fausthiebe in die Rippen, sodass er sich erneut unter Stöhnen krümmt.
»Worauf soll er denn hören? Ihr habt nichts miteinander zu tun.« Meine Stimme klingt schrill in meinen eigenen Ohren.
Ein, zwei, drei Schläge in die Rippen der anderen Seite und Brian bricht in die Knie. Der Glatzkopf zerrt ihn wieder hoch.
»Brian hat den Wagen gekauft, den ich haben wollte.«
Ein Boxhieb auf sein Kinn.
»Er hat das Fachprojekt an sich gerissen, für das ich vorgesehen war.«
Einer gegen das Ohr.
»Und bei den Weibern will er mich ebenfalls ausstechen, aber damit ist er zu weit gegangen.«
Diese Beschuldigung ist nur ein Vorwand, das weiß ich, weshalb sich mein Magen schmerzhaft verkrampft.
Der letzte Schlag trifft Brian mitten ins Gesicht.
Es knirscht, Blut spritzt, er schreit auf.
Xavier wendet sich mir zu, tritt näher. »Aber dieses Mal läuft es nach meinen Spielregeln.«
Er packt meine Locken, zieht meinen Kopf zu sich und drückt die Lippen auf meine. Schiebt mir seine Zunge in den Mund.
Wieder steigt Ekel in mir auf, Wut kocht hoch.
Ich beiße zu.
Mit einem lauten Brüllen weicht er zurück, der Mund vor Zorn verzogen, funkelt mich an. Und in der nächsten Sekunde schlägt er mir mit der flachen Hand ins Gesicht.
Schmerz explodiert in meinem Kopf, alles brennt und klingelt.
Ich japse auf, presse die Lider zusammen.
Da erklingt ein ersticktes »Nein!«, gefolgt von Schlaggeräuschen und Stöhnen.
Ich reiße die Augen auf, sehe hinüber.
Brian hat sich von seinem Bewacher befreit, ihn niedergeschlagen. Xavier und der vierte Kerl, ein schmächtiger Dunkelhaariger mit spitzem Gesicht und hervorstehenden Schneidezähnen, haben ebenfalls etwas abbekommen.
Nun kommt er zu mir, löst die Arme des Letzten von mir und schlägt auch ihn nieder. Ergreift meinen Arm.
Mit einem erschreckten Keuchen betaste ich sein misshandeltes, geschwollenes Gesicht. »Oh, mein Gott!«
»Lauf!« Das Wort quilt undeutlich zwischen seinen aufgeplatzten Lippen hervor.
»Ich lasse dich nicht allein.« Dabei verspüre ich mehr Angst als Mut.
»Nein, hau ab. Bring dich in Sicherheit.« Er schubst mich Richtung Parkplatz.
Ich stolpere rückwärts.
Hinter ihm schwillt ein Brüllen an. »Jetzt bist du fällig!«
Brian wirbelt herum, muss die nächsten Hiebe einstecken.
Und als sich alle auf ihn stürzen, löst sich ein Jammerlaut aus meiner Kehle.
Ich renne durch den Sand, strauchle und fange mich wieder.
Höre mein eigenes Keuchen, die Schreie und Schmerzenslaute hinter mir.
Auf dem rissigen Asphalt zerre ich das Handy aus meiner Hosentasche.
Drehe mich um und erkenne, wie sie auf den längst regungslosen Körper eintreten. In seinen Bauch, vor den Kopf.
In mir steigt ein Schluchzer auf und mit zitternden Fingern wähle ich die 911.
Ein Freizeichen, zwei.
Verzweifelt schlage ich die Hand vor den Mund, Tränen schießen mir in die Augen.
Bitte, Gott, lass es nicht zu spät sein.
Da ertönt das unverkennbare Geräusch, mit dem ein Gespräch angenommen wird, und meine Knie werden weich.
»911, was ist Ihr Notfall?«
Heute, New York.
Endlich. Heute Nacht erledige ich das erste der vier Ziele.
Nach all den investierten Mühen und Kosten, Rückschlägen und Abstrichen.
Mein Herz rast vor wilder Genugtuung, das Blut rauscht in meinen Ohren und ein angespanntes Zittern steigt aus meinem Bauch auf.
Folglich umschließe ich mein linkes Handgelenk an der schmalsten Stelle mit Daumen und Zeigefinger, drücke sanft zu.
Einatmen, ausatmen.
Zehnmal.
Lockern.
Besser.
Ich falte die Hände in meinem Schoß, lege meinen durch die Kapuze verhüllten Kopf erneut gegen die weich gepolsterte hohe Lehne des Sessels und atme tief durch. Male mir aus, wie er seine Wohnung betritt, jeder Zoll das Klischee eines Finanzleiters.
Im Gegensatz zu damals.
Er ist immer korrekt gekleidet und trägt eine randlose Brille, die sein Gesicht noch spitzer wirken lässt. Die hervorstehenden Zähne hat er längst richten lassen, das dunkle Haar hält er modisch kurz und nie ist ihm anzusehen, von welchem Ort er abends nach Hause kommt.
Jeden Arbeitstag derselbe Ablauf, von der Firma in den Club, wo er sich erst zwei Stunden eine von drei ausgesuchten Prostituierten gönnt und danach ein exquisites Abendessen.
Kein verachtenswertes Leben, von mir aus soll jede Person nach ihrer Art glücklich werden. Aber leider arbeitet er für den miesesten Menschen des Landes.
Vorsichtig greife ich nach dem Metalldöschen in meiner Jackentasche und schütte mir etwas von meinem guilty pleasure in die Hand, mein persönliches Suchtmittel. Werfe mir die schokolierten Kakaobohnensplitter in den Mund, stecke die Dose wieder ein und kaue.
Himmel, ich liebe diese zart schmelzende Süße und den herben Crunch darunter.
Ich versuche, mich zu entspannen. Drücke das Kissen auf dem samtenen Ohrensessel mit der Hüfte etwas zur Seite und schaue auf die Uhr.
23:23 Uhr.
Jetzt kann es nicht mehr lange dauern.
Zum letzten Mal überprüfe ich die Waffe auf meinem Schoß, eine selbstladende Kleinkaliberpistole aus Deutschland mit aufgeschraubtem Schalldämpfer.
Beides außerhalb der Legalität.
Ich ziehe den Schlitten zurück, wodurch die Patrone in den Lauf gelangt, entsichere die Schusswaffe jedoch nicht.
Lausche stattdessen.
In dem hervorragend isolierten Gebäude ist alles still.
Dafür pulsiert mein Blut schon wieder viel zu laut, also lege ich das stählerne Leichtgewicht zurück auf meinen Oberschenkel und umfasse erneut mein Handgelenk.
Kurz darauf bemerke ich es, kaum hörbar.
Das Summen des Fahrstuhls.
Ein schwaches Lächeln zupft an meinen Mundwinkeln, ich nehme die Pistole auf und entsichere sie. Schaue zur Wohnungstür, unter der kurz darauf das Licht aus der Aufzugskabine hindurchfällt, die genau gegenüber die Türen öffnet.
Für einen Augenblick wird der helle Streifen von einem Schatten unterbrochen, das leise Piepen und Surren der entsperrten Alarmanlage ertönt. Dann gleitet die Lifttür zu und die Wohnungstür wird geöffnet, leise geschlossen.
Wie immer macht er sich nicht die Mühe, die Flurbeleuchtung einzuschalten, und aktiviert das Sicherheitssystem sofort wieder. Stellt seinen altmodischen Aktenkoffer an der Wand ab.
Ich hebe die Pistole, stütze das Handgelenk mit der anderen Hand, und visiere seinen Schatten an.
Er nimmt seine Brille ab und massiert sich mit zwei Fingern die Nasenwurzel. Macht drei Schritte in den Raum hinein, direkt in meine Ziellinie.
Stutzt, setzt die Brille wieder auf.
Verdammt. Spürt er, dass noch jemand anwesend ist?
Sein Kopf dreht sich um wenige Zentimeter, als ob er in die Stille hineinhorchen wolle.
Perfekt.
Ich atme tief ein, aus.
Und ziehe sanft den Abzug durch.
Das Kleinkaliber-Geschoss, eine illegale Sonderanfertigung aus Stahl, verlässt ohne nennenswerten Rückstoß Lauf sowie Schalldämpfer. Es klingt wie ein dezentes Husten.
Auf seiner Stirn erscheint ein kleines Loch, der Finanzleiter zuckt und sackt zu Boden.
Mit hämmerndem Herzen lasse ich die Waffe sinken, betrachte den Toten aus der Distanz und lausche. Stehe auf, schleiche zu ihm hinüber und beuge mich über ihn.
Aus gebrochenen Augen starrt er mich an, den Mund in einem stummen Schrei versteinert.
In mir explodiert Triumph, erfüllt mich bis in die letzte Zelle.
Dieses war der erste Streich …
Ich schiebe die Pistole in die Innentasche meines Kunstlederblousons, hocke mich neben ihn und hole das Spezialwerkzeug aus der linken Außentasche. Führe den zylindrischen Metallstab präzise in die runde Öffnung in seiner Stirn, ein dunkler Fleck zwischen seinen Brauen.
Kurz schweift mein Blick zu seinen toten Augen und leichte Übelkeit steigt in mir auf, doch ich kämpfe dagegen an. Drücke auf einen Knopf und schließe damit den Stromkreis. Der starke Magnet wird aktiviert und gleich darauf erklingt das verhaltene Klicken, mit dem das deformierte Geschoss am Ende des Werkzeugs ankommt.
Sorgsam wickle ich alles in ein Stück Stoff, schiebe das in einen Gefrierbeutel und stecke den zurück in meine Jacke. Dann richte ich mich auf, steige mit einem großen Schritt über die Leiche hinweg und laufe zum Ausgang. Entsichere die Alarmanlage, schlüpfe hinaus. Ziehe die Tür leise hinter mir ins Schloss und aktiviere das Sicherheitssystem wieder.
Auf dem Weg zum Treppenhaus streife ich die Einmalhandschuhe ab, falte und verstaue sie in der Innentasche. Die Klinke der feuersicheren Stahltür drücke ich mit dem Ellbogen hinunter, stoße sie mit dem Hintern auf.
Sieben Stockwerke tiefer ziehe ich die Jacke über meine Hand und öffne die nächste Tür. Dahinter gelange ich in das Foyer, vergrabe die Hände in den Taschen und lasse den Blick schweifen.
Alles wirkt verlassen, es ist nichts zu sehen oder zu hören.
Ich schleiche zur gläsernen Doppeltür, die über ein Notsystem verfügt, um ungewünschte Besucher von außen fernzuhalten. Schiebe den rechten Flügel mit Ellbogen sowie Fuß auf und trete in die Nacht hinaus.
Der Gehweg ist verlassen, sämtliche Parkbuchten am Straßenrand sind belegt und auch hier ist alles still. An der nächsten Kreuzung rechts rast ein Rettungswagen mit zuckenden Lichtern sowie jaulender Sirene vorbei.
Ich wende mich in die entgegengesetzte Richtung, streife die Kapuze meiner Sweatjacke ab und fahre mir mit beiden Händen durch die kinnlangen schwarzen Locken, schüttle sie auf.
Adrenalin fegt durch meine Adern, verschmilzt mit Genugtuung und versetzt mich in einen nahezu ekstatischen Rausch.
Fuck, das schreit nach einer ganz bestimmten Form von Entspannung.
*
Ich schlängle mich zwischen den Rauchern vor meiner Lieblingsbar in East Williamsburg hindurch, ziehe die schwere Holztür auf und tauche in die schummrige Atmosphäre dahinter ein, untermalt von E-Gitarren aus sämtlichen Boxen.
An den vorderen Stehtischen und der halb vollen Tanzfläche vorbei laufe ich direkt auf die lange Theke zu, wo die kupfernen Lampen Lichtspots auf das grobe Holz werfen.
Am gegenüberliegenden kurzen Ende gleite ich auf einen der beiden freien Hocker. Die Klamotten, die ich in der fremden Wohnung getragen habe, liegen in einer Sporttasche im Kofferraum meines Leihwagens, und in meinen eigenen Sachen fühle ich mich wieder wie ich selbst.
Der Barkeeper stapft heran, wirft sich das Geschirrtuch über die massige Schulter. »Mensch, Dany! Schön, dich mal wieder zu sehen.«
»Hey, Joe, altes Haus.«
Wir heben beide eine Hand, schlagen ein.
»Wie immer?«
»Klar.«
Der Koloss von Mann läuft zum nächsten Kühlschrank, wobei der graue Zopf über seinem Hintern von einer Seite zur anderen schwingt.
»Ganz schön was los, für einen Montag.«
Der Barkeeper nickt und stellt mir die geöffnete Bierflasche hin. »Will mich nicht beschweren.«
»Geht es dir gut?« Ich nehme einen Schluck von dem Craftbeer, kräftig und süffig im Geschmack.
Er streicht sich über den runden Bauch, über dem sich ein Shirt von Iron Maiden spannt. »Davon dürfte es weniger sein, aber ansonsten gut, danke.«
Am anderen Ende des Tresens erklingt sein Name, also nickt er mir zu und wendet sich ab.
Ich trinke von meinem Bier und mustere die Gäste, Mann für Mann und Frau für Frau.
In der Mitte der langen Thekenseite fällt mir ein Mann auf, etwa Ende zwanzig, so wie ich. Das schwarze Shirt schmiegt sich an ansehnlich geformte Muskeln und unter dem linken kurzen Ärmel lugt eine Tätowierung hervor, die bis auf den Unterarm reicht. Das Motiv kann ich nicht erkennen, aber es wirkt elegant und dunkel. Möglicherweise ein Tribal.
Mein Blick wandert höher und ich mustere das im Nacken zusammengebundene Haar, das rechteckige Gesicht mit den kantigen Kieferknochen.
Hm, seine Lippen gefallen mir.
Er unterhält sich mit seinem Thekennachbarn, wendet sich seinem Bier zu und lacht über eine Bemerkung des anderen Mannes. Hebt sein Glas, trinkt und schaut in meine Richtung.
Ich lächle herausfordernd und proste ihm zu, bevor ich die Flasche an meine Lippen setze.
Der Typ nimmt das Glas vom Mund und erwidert Lächeln sowie Geste.
Wunderbar, der erste Schritt ist gemacht.
Folglich winke ich Joe heran und bitte um einen meiner liebsten Metal-Songs. Beobachte das Objekt meiner Begierde, bis er mich ansieht, und streife die Jacke von den Schultern, wobei ich meine üppigen Brüste ein wenig vorschiebe.
Ich halte seinen Blick fest, gleite vom Hocker und schlendere zur Tanzfläche.
Spüre, dass er mich beobachtet, und lasse die Hüften bei jedem Schritt schwingen. Mir vollkommen bewusst, wie gut meine Lederhose sie betont.
Am Ziel angekommen startet endlich mein Song und ich drehe mich kurz um, mache zwei Schritte rückwärts.
Der Typ sieht mir über die Schulter hinweg nach.
Perfekt.
Grinsend drehe ich mich um, stelle mich neben den anderen Metalfans breitbeinig auf, werfe meine Locken vor und zurück. Ich schließe die Augen und lasse mich in die Musik fallen, spüre den E-Gitarren und dem Bass nach, der in meinem Innern widerhallt. Wiege mich im Rhythmus, male mir ein Hotelzimmer aus, darin dieser Typ und ich.
Das Hochgefühl, das ich seit der Hinrichtung verspüre, schlägt in Erregung um, durchströmt mich.
Ich will Sex, wild und dreckig.
Eine meiner Fantasien ausleben, in die der Blonde super hineinpasst.
Ich stelle mir seinen Mund auf meiner Haut vor, zwischen meinen Beinen. Seine Muskeln unter meinem Körper, wenn ich ihn reite.
Mein Schoss glüht.
Jetzt muss der Kerl nur noch darauf eingehen.
Der Song ist vorbei, also werfe ich das Haar zurück und gehe zu ihm. Lehne mich neben ihm seitlich an die Theke und sehe ihm direkt in die Augen.
Er mustert mich, lächelt. »Hi.«
Statt einer Antwort streiche ich mit einem Finger über seine Haut, die Ausläufer des Tribals, und folge der Bewegung mit den Augen. Ein kurzer Blick auf seine Hände bestätigt meine Ahnung. Keine Ringe oder Schatten davon.
Wieder schaue ich ihn an, hebe eine Braue. »Ich habe neulich einen Autoaufkleber gesehen. Tätowierte ficken besser.«
Sein Mund verzieht sich zu einem selbstbewussten Lächeln. »Wahre Worte.«
»Kannst du das beweisen?«
»Bei dir oder bei mir?«
»Um die Ecke gibt es ein kleines Hotel mit Stundentarifen.« Mit dem Kinn weise ich vage in besagte Richtung.
Er nickt.
Zufrieden kehre ich an meinen Platz zurück, leere die Flasche und lege Geld auf den Tresen. Dann schlüpfe ich in meine Jacke, winke Joe zu und verlasse die Bar.
Ich achte nicht darauf, ob der Blonde mir folgt, aber schon nach wenigen Schritten auf dem Gehweg spüre ich ihn hinter mir.
Auch vor dem schnörkellosen Empfangstresen, als ich das Zimmer für eine Stunde im Voraus bezahle und den Schlüssel entgegen nehme.
Rihanna, die Frau dahinter, kenne ich seit einiger Zeit. Sie ist mindestens 20 Jahre älter als ich, ehemalige Prostituierte und dem Milieu mit diesem Hotel treu geblieben.
Nun sieht sie von dem Typen zu mir und schmunzelt. »Viel Spaß.«
»Danke.« Ich zwinkere ihr zu, wende mich ab und gehe an dem Blonden vorbei Richtung Treppe.
Die Stufen zum ersten Stock erklimme ich extra langsam und schwinge erneut die Hüften.
Was nicht ohne Wirkung bleibt, seine Hände landen auf meinem Arsch und gleiten darüber.
Eine Welle der Erregung schwappt durch meinen Körper und versetzt mich in prickelnde Vorfreude, doch davon lasse ich mir nichts anmerken.
Ich steuere auf die erste Tür auf der linken Seite zu, schließe auf und schalte die gedämpfte Beleuchtung ein. Laufe zum Garderobenständer in der Ecke hinten links und lasse den Blick automatisch über die Standardeinrichtung gleiten.
Das Doppelbett mit Laken und ein paar Kissen, daneben der Nachttisch, darauf eine Schale voller Kondompäckchen. Die gegenüberliegende Wand wird von einem riesigen Panoramaspiegel eingenommen, zwischen Tür und Spiegel steht eine Kommode.
Ich hänge meine Lederjacke auf und betrachte die diversen Ringe, die über dem Kopfende des Bettes in die Wand und darüber in die Decke eingelassen sind. Streife Stiefel sowie Socken ab und schaue zu dem Blonden hinüber.
Mal sehen, welche Ideen er hat.
Erregt drehe ich mich zur Garderobe, schäle mich aus Top sowie Lederhose und hänge alles auf.
Schon spüre ich seine Hitze hinter mir, er legt die Arme um mich.
Seine linke Hand gleitet in meinen BH, die rechte vorn in meinen Tanga. Er zwirbelt meinen Nippel, schiebt einen Finger zwischen meine Schamlippen und direkt in meine Pussy.
Ich lege den Kopf rücklings an seine Schulter, greife nach hinten und drücke seine Hüften an mich. Seine harte Erregung fühlt sich vielversprechend an.
Der Blonde leckt meinen Hals hinauf, bis hinters Ohr, und drückt den Handballen auf meine Klit, um sie zu massieren.
Das Pulsieren zwischen meinen Schenkeln wird stärker und ich stöhne auf vor Lust, genieße es für einen Moment. Löse seine Hände von meinem Körper, trete einen Schritt zur Seite und schaue ihn über die Schulter hinweg an, während ich zum Verschluss meines BHs greife. »Zieh dich aus.«
Er reißt sich das Shirt über den Kopf, öffnet Gürtel und Jeans. Schiebt sie nach unten und steigt in einer Bewegung aus Schuhen, Socken sowie Hose. Dabei kommt die prächtige Beule in seinem Slip zum Vorschein.
Ooh jaa …
Zufrieden lecke ich mir über die Lippen, streife meinen Tanga ab.
Gehe zur Kommode, ziehe die oberste Schublade auf und lasse die Finger über die verschiedenen Sextoys gleiten. »Brauchst du irgendwelche Hilfsmittel?«
»Nein. Du wirst auch so auf deine Kosten kommen.« Er dreht mich zu sich um und drängt mich zurück, sodass ich mit dem Hintern die Schublade schließe.
»Das hoffe ich doch.« Ich ziehe mich auf die Kommode hoch.
Schmunzelnd schiebt er sich zwischen meine Beine, die Hände auf meinen Knien, und beugt sich vor.
Doch weit, bevor seine Lippen meinen Mund berühren können, drücke ich die Finger darauf und sehe ihm in die Augen. »Keine Küsse.«
In seinem Blick leuchtet Erstaunen auf, ist aber genauso schnell wieder verschwunden. Er nickt, legt sich meine Beine um die Hüften und ergreift meine Taille. »Halt dich fest.«
Schon hebt er mich hoch, ich umschlinge ihn mit Armen und Beinen, lande kurz darauf rücklings auf der Matratze.
Zum Glück hält er, was der Aufkleber versprochen hat. Mit Mund, Händen und seinem Schwanz. Und zwei explosive Orgasmen später beruhigt sich mein Herzschlag wieder, breitet sich Entspannung in meinem Körper aus.
Zeit, abzuhauen.
Folglich atme ich tief durch und rolle mich vom Bett. Trete über das benutzte Kondom hinweg und laufe ins Bad. Trockne mir am Ende die Hände ab und betrachte mich im Spiegel.
Welch eine geile Nacht, ich fühle mich fantastisch.
Zurück im Zimmer steuere ich direkt auf die Garderobe zu und ziehe mich an, ihm und dem Bett den Rücken zugewandt.
»Du willst schon gehen? Wie wäre es mit einer zweiten Runde? Gib mir 20 Minuten.«
Ich streife das Top über, drehe mich zu ihm um.
Er hat sich aufgesetzt, die Hände hinter sich aufgestützt, und das zerzauste Haar umrahmt sein Gesicht.
»Danke, aber heute nicht mehr.« Lächelnd schlüpfe ich als Letztes in die Jacke. »Mach’s gut.«
Damit verlasse ich das Hotelzimmer, schließe die Tür hinter mir. Jogge voller Elan die Treppe hinunter und zur Rezeption.
Rihanna kommt dahinter hervor, wir umarmen uns, und lehnt sich grinsend an den Tresen. »War es gut?«
Ich erwidere es. »Zufriedenstellend. Wann sehen wir uns mal wieder bei Joe?«
»Keine Ahnung, meine zweite Empfangsdame ist ausgefallen und ich muss erst einmal einspringen.«
»Okay, dann gute Nacht und bis bald.«
»Schlaf schön.«
Sie zwinkert mir zu, wir umarmen uns und ich verlasse das Hotel, fahre nach Hause.
Oh ja, heute werde ich schlafen wie ein Baby.
Mein Smartphone klingelt beim 97. Liegestütz, doch ich lasse mich bei meinem Frühsport nicht stören. Zähle die letzten drei Wiederholungen im Kopf herunter, springe auf und sehe mich im Gym meines Apartmenthauses um.
Zum Glück bin ich so früh noch allein, also bücke ich mich nach meinem Telefon, das zwischen Handtuch und Trinkflasche neben der Matte liegt, und beende das nervtötende Schrillen.
»Ferrera.«
»Hey, hier ist Steven.«
Stirnrunzelnd hebe ich das Handtuch auf und wische mir übers Gesicht. »Guten Morgen. Was gibt es denn?«
»Wir haben hier eine Leiche.«
»Ich bin schon seit fast einem Jahr nicht mehr in eurem District.«
»Schon klar. Aber es ist jemand aus Morans Umfeld. Ich dachte, das würde dich interessieren.«
Mich durchfährt ein elektrischer Schlag. »Wer?«
»Max Fontaine, sein Finanzleiter.«
»Gibt es Hinweise aus dem Milieu? Oder seitens Mafia, Bratwa, anderen Gruppierungen?«
»Komm einfach her und schau es dir selbst an.«
»Das könnte eine Stunde dauern, mindestens 30 Minuten.«
»Ich warte so lange.« Damit legt Steven auf.
Ich nehme das Telefon vom Ohr, schnappe mir meine Trinkflasche und eile Richtung Aufzug, um in meine Wohnung hinaufzufahren.
Natürlich halte ich meine Zeitangabe ein, auch wenn ich dafür vorerst auf Kaffee und Frühstück verzichten muss.
Vor Fontaines offen stehender Wohnungstür angekommen verschaffe ich mir einen Überblick und betrete den Flur.
Von meinem Standort aus kann ich am Flurschränkchen vorbei bis zum Sideboard im dahinterliegenden Wohnzimmer sehen. Von links ragen die silbernen Griffe eines Transportsargs hinter einer Ecke hervor. Ein Mitarbeiter der Spurensicherung, in weißem Overall mit Kapuze, passenden Überziehschuhen und Einweg-Atemschutzmaske, kommt aus einem angrenzenden Raum. Ein zweiter kniet vor seinem Instrumentenkoffer und daneben steht ein Mann in Zivil, dessen Mantel über den breiten Schultern spannt.
Ich klopfe an den Rahmen der Wohnungstür, um Stevens Aufmerksamkeit zu erregen.
Der dreht sich um und winkt mich zu sich. »Komm herein, die Spurensicherung ist fast fertig.«
Ich folge seiner Aufforderung und nicke den Kollegen zu. »Morgen zusammen.« Begrüße ihn mit Handschlag. »Wo ist dein Partner?«
»Wurde vorgestern angeschossen.«
»Fuck.«
»Zum Glück keine lebensgefährliche Verletzung.«
Ich nicke, mustere die Leiche im Transportsarg und verdränge hastig die Genugtuung, die dabei in mir aufsteigt. »Was ist hier passiert? Warum sollte ich herkommen?«
Mein Kollege fasst mir die vorhandenen Informationen zusammen und deutet am Ende auf das Einschussloch über Fontaines Nasenwurzel. »Wir haben so etwas noch nie gesehen. Du?«
Verwirrt runzle ich die Stirn. »Was soll daran besonders sein? Ich tippe auf eine Kleinkaliberpistole.«
»Ja, wir auch. Aber wir können es nicht beweisen.«
»Was?«
»Keine Hülse, kein Projektil. Das wurde entfernt.«
Ich starre auf die tote Stirn hinab.
Steven seufzt. »Ich habe schon sämtliche Kollegen des NYPD deswegen kontaktiert, aber auch da Fehlanzeige. Die Methode ist neu.«
»Wo hat sich der Täter befunden?«
»Winkel und Entfernung lassen auf den Sessel dort schließen. Doch bis auf eine schwarze Faser konnten wir keinerlei Spuren sicherstellen.«
Nachdenklich gehe ich zu dem samtbezogenen Ohrensessel in der gegenüberliegenden Ecke, hocke mich davor.
Das Kissen ist zu einer Seite gedrückt worden, also nehme ich es vorsichtig in die Hände und drehe es hin und her. Allerdings kann ich nichts Auffälliges entdecken, nicht einmal ein gezogenes Fädchen.
Dafür steigt mir ein schwacher Geruch in die Nase, der mich an Leder erinnert.
Ich folge meinem Bauchgefühl, lege das Kissen zurück und schnuppere am oberen Ende des Sessels, wo das weiche Polster sich leicht vorwölbt.
Da. Ein Hauch von Jasmin.
Ich stutze.
Fontaine hat nie eine seiner Gespielinnen in seine Wohnung gelassen.
Heißt das, hier hat seine Mörderin gesessen?
Oder ein Mann mit einer Vorliebe für das blumig-süße Aroma?
Ich richte mich wieder auf, wende mich an Steven und deute auf den Sessel. »Habt ihr die Düfte registriert?«
Der hebt eine Braue. »Düfte? Davon weiß ich nichts.« Er dreht sich zu den Kollegen in den weißen Overalls um. »Überprüft ihr das, bitte?«
Der Mann mit dem Instrumentenkoffer kommt herüber und ich trete zur Seite.
Schaue zu dem anderen Mitarbeiter der Spurensicherung hinüber.
Er kniet mit erhobenem Hintern vor dem Sideboard und scheint darunter nach etwas zu angeln.
Kurze Zeit später richtet er sich auf, die Pinzette um ein kleines dunkles Objekt geschlossen.
Neugierig gehe ich zu ihm. »Was ist das?«
»Keine Ahnung.« Er zuckt mit den Schultern und dreht das unregelmäßig runde, dunkelbraune Fundstück hin und her. Lässt es in einem Röhrchen verschwinden und beschriftet es.
Also geselle ich mich zu Steven, räuspere mich. »Schickst du mir die Untersuchungsergebnisse? Nur für den Fall.«
Er lächelt wissend. »Moran ist eh über Manhattan hinaus von Bedeutung, ich schicke es als offizielle Information.«
»Danke.«
»Kein Ding.«
»Wie geht es dir inzwischen, da auf der anderen Seite?«
»Ganz gut.«
»Wie ist dein Captain?«
»Eine positivere Nummer als Wilmington.«
»Lässt er dir mehr freie Hand?«
»Definitiv.«
»Manchmal habe ich das Gefühl, Wilmington wird von irgendjemandem geschmiert. Um uns Detectives an der kurzen Leine zu halten.«
Schnell schaue ich mich nach den anderen beiden um, senke die Stimme. »Womit sich der Kreis vermutlich schließt.« Ohne den Blickkontakt zu ihm zu unterbrechen, deute ich mit dem Kopf zum Sarg.
Er hebt eine Braue. »Du meinst …«
Ich nicke.
»Komm mit.«
Seine Stimme ist so leise, dass ich ihm erst mit Verzögerung ins Schlafzimmer folge, bis zum Fenster.
Dort bleibt Steven stehen und fixiert mich mit durchdringendem Blick. »An Moran habe ich in diesem Zusammenhang seltsamerweise nie gedacht, aber wenn das stimmt …«
»Wie soll ich das beweisen?«
»Keine Ahnung. Hast du je dahin gehend ermittelt?«
»Bei Wilmington gab es bisher keine konkreten Anhaltspunkte.«
»Und bei Moran? Hast du aufgegeben?«
Ich zögere, presse die Lippen aufeinander.
Mein Kollege verzieht das Gesicht. »Schon gut. Ich kann verstehen, dass du vorsichtig bist.«
»Sorry, ist nichts Persönliches.«
»Klingt, als hättest du noch eine Rechnung mit ihm offen.«
Automatisch wandern meine Gedanken einige Jahre in die Vergangenheit, doch ich unterdrücke das eilig. »Es hat nichts mit mir direkt zu tun.«
»Mit einem alten Fall?«
»Ja.«
Er schürzt die Lippen, schaut einen Moment zum Fenster hinaus und mich wieder an. »Okay. Da vermutlich sämtliche Detectives so etwas kennen, halte ich dich gern auf dem Laufenden, sofern sich etwas Interessantes ergibt.«
In meinem Magen regt sich Unruhe. »Danke, das weiß ich sehr zu schätzen.«
»Im Gegenzug will ich alles hören, was du über Fontaine und seine Gewohnheiten weißt.«
»Kein Ding. Um 10 Uhr beginnt mein Dienst, dann schicke ich dir die Akte.«
*
Die Hupe hinter mir reißt mich in die Realität zurück und ich zucke zusammen, blinzle gegen die aufgeblendeten Scheinwerfer im Rückspiegel an.
Schnell werfe ich einen Blick auf die grüne Ampel, nehme den Fuß von der Bremse und fahre los. Passiere das Kopfsteinpflaster der querenden Straße, erkenne die beleuchteten Erdgeschossfenster rechts und lenke meinen Wagen links an den Straßenrand.
Was, zur Hölle, tue ich hier?
Mit einem Seufzen reibe ich mir übers Gesicht, drücke auf den Knopf und lasse das Fenster ein Stück hinab. Schon fegt der eisige Februarwind vom nahe gelegenen Hudson River heran und durch den Spalt ins Auto.
Fröstelnd hebe ich die Schultern und starre auf das sanierte Gebäude aus rotem Backstein, das ich in den letzten Jahren unzählige Male beschattet habe. In dem ehemaligen Lagerhaus mitten in Hell’s Kitchen, am Rande des Bezirks meiner alten Dienststelle, befindet sich der Sitz von Xavier Morans Unternehmen.
Sein Großvater war im Zweiten Weltkrieg aus Irland immigriert, hatte später die Firma für Import & Export gegründet und schnell aufgebaut. Dank seiner Beziehungen zu den Westies, die bis zu den 1990er-Jahren in Hell’s Kitchen und vor allem den Hafenanlagen regierten.
Schon vor dessen Tod vor fünf Jahren hat Moran die Geschäfte übernommen und in zusätzliche Bereiche ausgeweitet, die traditionell von der Mafia bespielt werden. Prostitution, Glücksspiel, Schmuggel. Doch es gab nie Streitigkeiten und ihm konnte auch niemals etwas Illegales nachgewiesen werden.
So wie damals.
Automatisch steigen die Bilder der Vergangenheit auf, doch ich wehre sie ab.
Konzentriere mich stattdessen auf das bisher einzige Ergebnis, das die Forensik bezüglich Fontaines Tod geliefert hat.
Es betrifft die dunkelbraune unförmige Kugel, die der Kollege unter dem Sideboard hervorgeangelt hat. Ein Stückchen Kakaobohne, mit Schokolade überzogen. Nicht wirklich hilfreich, aber der Beweis für die Anwesenheit einer anderen Person.
Fontaine hat Schokolade gehasst.
Und für die Duftspur habe ich auch keine großen Hoffnungen, diese Analyse wird noch ein wenig dauern.
Ich stoße die Luft aus, schüttle den Kopf und schaue auf die Uhr im Cockpit.
Schon 19:30 Uhr.
Zeit, nach Hause zu fahren.
Also setze ich den Blinker, werfe je einen Blick in Rück- und Außenspiegel sowie über die Schulter.
Und halte in der nächsten Sekunde inne.
Den Scheinwerfern nach zu urteilen nähert sich ein extra breites Fahrzeug. Passiert meinen Wagen, hält vor dem Haupteingang des Gebäudes.
Morans silberner Hummer.
Der Fahrer steigt aus, läuft zur hinteren Tür auf der Beifahrerseite und wartet dort. Öffnet sie schließlich und tritt damit zur Seite.
Da taucht Morans Leibwächter auf, dahinter das Arschloch selbst. Eine perfekt gestylte, hübsche junge Frau an der Hand.
Sie steigen ein, der Fahrer schließt die Tür und begibt sich hinters Steuer.
Der Bodyguard schaut sich noch einmal um und nimmt auf dem Beifahrersitz Platz.
Ohne zu zögern, fädle ich mich in den Verkehr ein, ein Auto zwischen uns.
Folge ihnen über die 12th Avenue nach Süden.
Auf der anderen Seite der Südspitze Manhattans verlassen sie den FDR Drive, fahren weiter Richtung Brooklyn Bridge.
Wenige Blocks später kommt die Autoschlange vor einer roten Ampel zum Stehen, doch der Hummer schert in eine Haltebucht aus und ich schaue aufs Display meines Navigationsgeräts.
Pier 17.
Moran, seine Begleiterin und der Bodyguard steigen aus. Die Frau deutet zu einem blau beleuchteten, modernen Gebäude hinüber.
Eilig vergrößere ich den Bildausschnitt und entdecke dort lediglich ein mögliches Ziel, ein Restaurant.
The Fulton.
Da die Verfolgung anscheinend ergebnislos hier endet, stoße ich einen frustrierten Fluch aus.
Sehe zur anderen Straßenseite, bemerke eine freiwerdende Parklücke und wende kurz entschlossen meinen Wagen, sobald sich die Fahrzeugkolonne wieder in Bewegung setzt. Dann bezahle ich die Parkgebühr über die ParkNYC-App, steige aus und überquere die Straße durch die nächste Lücke.
Zu meinem Glück laufen die drei in gemächlichem Tempo auf den Haupteingang des Restaurants zu, sodass ich ihnen in sicherem Abstand über den riesigen Platz folgen kann.
Der ist durch mehrere Objekte dezent beleuchtet und trotz Wind sowie niedriger Temperaturen gut besucht. Die perfekte Deckung für mich.
Morans Grüppchen steigt die Stufen zum Fulton hinauf und als ich dort ankomme, verschwinden sie gerade im Restaurant.
Ich bleibe in einigen Schritten Entfernung stehen und beobachte sie durch die gläserne Front, die bis zur ersten Etage hinaufreicht. Wie sie am Empfangspult anhalten, von einem Mitarbeiter zur Treppe und nach oben geführt werden. Dort nehmen sie an einem Tisch direkt an einer Galerie Platz, den Bodyguard vor einer Wand in ihrem Rücken.
Also mustere ich den Rest des Innenbereichs. Die Einrichtung in hellen, gedeckten Farben wirkt edel, fast alle Tische sind mit elegant gekleideten Menschen besetzt und das Servicepersonal trägt nicht nur eine schicke Uniform, sondern auch schmale weiße Stoffservietten über dem linken Arm.
Außerdem erkenne ich auf den nächstgelegenen Tischen jeweils ein Herz aus roten Rosen neben der obligatorischen Kerze.
Fuck, stimmt ja. Es ist Valentinstag.
Ist Moran deswegen mit seiner Freundin hier?
Oder dient das nur der Tarnung für ein wichtiges Treffen?
Einen Moment lang zögere ich, folge jedoch meinem Bauchgefühl und gehe durch die große Drehtür in das Restaurant.
Das liegt definitiv außerhalb meiner Preisklasse, aber ein Glas Wein zum Feierabend ist jetzt genau das Richtige.
Dahinter empfangen mich gedämpftes Stimmengewirr sowie das Klirren von Gläsern, Porzellan und Besteck, untermalt von unaufdringlicher Instrumentalmusik, die perfekt zum Ambiente passt.
Ich warte am Empfangspult und lasse den Blick schweifen. Angefangen bei der Treppe links, neben der ein Durchgang zu einem hinteren Bereich führt und Türen zum Personalbereich sowie Waschräumen abgehen. Über die Bar an der gegenüberliegenden Wand und die Tische sowie Nischen, die den Raum bis zur Glasfront einnehmen.
Der Mann, der Moran nach oben geführt hat, kommt die Treppe herunter und auf mich zu. Das grau melierte Haar ist perfekt frisiert und er trägt einen dunkelblauen Anzug mit Krawatte sowie Restaurant-Schriftzug am Revers.
Lächelnd hält er hinter dem Pult an. „Guten Abend, Sir. Haben Sie reserviert?“
„Nein, tut mir leid. Ist es möglich, nur ein Glas Wein zu trinken? An der Bar?“
„Selbstverständlich, bitte!“ Er dreht sich zur Seite und weist zum Tresen.
„Vielen Dank.“ Ich laufe hinüber, hänge meinen Mantel an die Garderobe an der nächsten Säule und wähle einen der beiden Hocker am Kopfende.
Schon eilt ein Barkeeper herbei und ich bestelle ein Glas Chardonnay. Mache es mir bequem und behalte sowohl den Eingang im Blick als auch Moran und seine Begleiterin an der Galerie schräg über mir.
Wer sagt’s denn, der perfekte Aussichtspunkt.
Eine knappe Stunde vor Betriebsschluss endet meine zweite Veranstaltungsplanung an diesem Abend und ich verabschiede mich von dem zukünftigen Brautpaar, das im März seine Hochzeit im größten unserer privaten Bereiche feiern will.
Mit dem Tablet-PC im linken Arm schlendere ich über die Fläche der oberen Etage, plaudere mit Stammgästen und solchen, die auf dem besten Weg dazu sind. Die meisten von ihnen kenne ich seit meinen ersten Arbeitstagen vor gut drei Jahren und manchmal fühlt es sich an, als würden sie schon zur Familie gehören.
Natürlich begrüßen wir im The Fulton jeden Tag auch neue Gäste, überwiegend Touristen oder Paare, die sich mal etwas Besonderes gönnen. Zu einem Date, Jubiläum oder einem bestimmten Anlass wie dem heutigen Valentinstag.
Denen schenke ich auf dem Weg zur Treppe ebenfalls mein wärmstes Gastgeberinnen-Lächeln. Wünsche guten Appetit oder erfrage, ob alles zur Zufriedenheit ist.
Dort angekommen, platziere ich die freie Hand auf dem Handlauf und lasse den Blick zur anderen Seite der Galerie schweifen. Nicke, lächle, forme mit den Lippen lautlose Begrüßungen.
Und erstarre.
Alles um mich herum verschwimmt, ich packe das glatte Holz fester und mein Fokus schrumpft auf den blonden Mann zusammen, der mit seiner hübschen Begleiterin am letzten Tisch der Galerie sitzt, fast vor der Fensterfront.
Xavier Moran.
Mein Herz rast los, in meinem Innern explodiert Anspannung und schnürt mir die Kehle zu.
Jahrelang habe ich mich mit Krav Maga, Schießübungen sowie rechtswidrigem Know-how auf die Abrechnung vorbereitet. Bin nach dem Masterstudium schnellstmöglich nach New York gezogen und habe versucht, an ihn heranzukommen.
Doch nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass es das Schicksal eines Tages gut mit mir meint und ihn mir praktisch in die Arme treibt. Ohne Vorwarnung.
Oder ist mir sein Name durchgegangen, als ich am Nachmittag wie immer die Abendreservierungen durchgesehen habe?
Nein, niemals.
Vermutlich hat seine Begleiterin die Reservierung getätigt. Das werde ich später überprüfen.
Aber jetzt brauche ich erst einmal einen Kaffee.
Ich atme tief durch und stöckle die Stufen zum Erdgeschoss hinunter. Wende mich direkt nach links und bleibe am Eingang zur Bar stehen. »Henry?«
Der zweite Barkeeper kommt herüber. »Ja?«
»Machst du mir bitte einen Latte macchiato?«
»Sicher.«
»Danke.« Ich trete zur Seite und warte. Mustere die Gäste an der Bar, atme dabei tief und bewusst, um mich zu beruhigen.