Touch Me, Mr. Millionaire - Katie McLane - E-Book
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Touch Me, Mr. Millionaire E-Book

Katie McLane

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Beschreibung

Wenn zwei gebrochene Herzen sich finden, können sie einander heilen. Und sich für den Rest ihres Lebens lieben.

Seit dem Tod ihres Mannes ist das Leben als zweifache Mutter für Violet Hampson ein einziger Kampf. Und nun läuft auch noch das Witwengeld der US Army aus. Zum Glück bekommt sie kurzfristig einen Bürojob im Kinderheim einer vermögenden Stiftung. Mit einem aufgeblasenen Millionär als Hauptsponsor, der ausgerechnet totgeglaubte Gefühle in ihr weckt.

Noch nie hat jemand Aidan Cross so unverhohlen die Meinung gesagt, vollkommen unbeeindruckt von seinem Status, Geld oder Aussehen. Dennoch zieht es ihn zu der faszinierenden Frau hin. Trotz aller Umstände und ihrer gegensätzlichen Welten. Weil sie sein versteinertes Herz wieder schlagen lässt, und zwar heftiger als je zuvor.

Für alle, die diese Tropes lieben:

*Spicy Romance*

*Millionaire*

*Silver Fox*

*Scars*

* Class Warfare*

*Widow & Widower*

*Slow Burn*

Der finale Band der Reihe "San Francisco Millionaires" - sinnlich und emotional.

Achtung, Spoiler! - Triggerwarnung

Hinweis: Bei sensiblen Leser:innen kann das Lesen dieser Geschichte negative Trigger auslösen. Das Buch enthält folgende explizite Triggerthemen: Suizid, Kindstod (keine Beschreibung, nur Thematisierung). Falls du dir unsicher bist, wie hart deine sensiblen Themen hier getriggert werden, siehe lieber vom Lesen ab. Gerne kannst du mich vorher über die sozialen Medien oder per E-Mail an [email protected] kontaktieren.

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Playlist
Kapitel 1 – Violet Einige Wochen zuvor
Kapitel 2 – Adrian
Kapitel 3 – Violet
Kapitel 4 – Adrian
Kapitel 5 – Violet
Kapitel 6 – Adrian
Kapitel 7 – Violet
Kapitel 8 – Adrian
Kapitel 9 – Violet
Kapitel 10 – Adrian
Kapitel 11 – Adrian
Kapitel 12 - Violet
Kapitel 13 – Adrian
Kapitel 14 – Violet
Kapitel 15 – Violet
Kapitel 16 – Adrian
Kapitel 17 – Violet
Kapitel 18 – Adrian
Kapitel 19 – Violet
Kapitel 20 – Adrian
Kapitel 21 – Violet
Kapitel 22 – Adrian
Danksagung
Perfect Fake Deal (Perfect Fakes 1 1)
Fateful Night with my Boss (Fateful Nights 1)

 

 

Touch Me, Mr. Millionaire

 

Von Katie McLane

 

 

Buchbeschreibung:

Wenn zwei gebrochene Herzen sich finden, können sie einander heilen. Und sich für den Rest ihres Lebens lieben.

Seit dem Tod ihres Mannes ist das Leben als zweifache Mutter für Violet Hampson ein einziger Kampf. Und nun läuft auch noch das Witwengeld der US Army aus. Zum Glück bekommt sie kurzfristig einen Bürojob im Kinderheim einer vermögenden Stiftung. Mit einem aufgeblasenen Millionär als Hauptsponsor, der ausgerechnet totgeglaubte Gefühle in ihr weckt.

Noch nie hat jemand Aidan Cross so unverhohlen die Meinung gesagt, vollkommen unbeeindruckt von seinem Status, Geld oder Aussehen. Dennoch zieht es ihn zu der faszinierenden Frau hin. Trotz aller Umstände und ihrer gegensätzlichen Welten. Weil sie sein versteinertes Herz wieder schlagen lässt, und zwar heftiger als je zuvor.

 

Achtung, Spoiler! - Triggerwarnung

Hinweis: Bei sensiblen Leser:innen kann das Lesen dieser Geschichte negative Trigger auslösen. Das Buch enthält folgende explizite Triggerthemen: Suizid, Kindstod (keine Beschreibung, nur Thematisierung). Falls du dir unsicher bist, wie hart deine sensiblen Themen hier getriggert werden, siehe lieber vom Lesen ab. Gerne kannst du mich vorher über die sozialen Medien oder per E-Mail an [email protected] kontaktieren.

 

Über die Autorin:

Gestatten? Katie McLane. Musik im Blut, Pfeffer im Hintern, Emotionen im Herzen, prickelnde Geschichten im Kopf.

Ich lebe mit meiner Familie im Herzen NRWs und schreibe Romance für alle Sinne.

Meine Liebesromane drehen sich um dominante Männer und starke Frauen, die sich auf Augenhöhe begegnen.

Sind leidenschaftlich, sinnlich. Voll prickelnder Lust, überwältigendem Verlangen und absoluter Hingabe.

Und sie treffen mit all ihren Emotionen mitten ins Herz - bis zum Happy End.

Liebe Leser:in,

vielleicht hast du schon einmal

von dem Problem der eBook-Piraterie gehört.

Wie man es von den Songs der Lieblingsmusiker kennt, werden auch meine Bücher illegal im Internet angeboten.

Mit dem offiziellen Kauf dieses Buches unterstützt du nicht nur mich als Autorin, sondern aktiv auch den Kampf

gegen die unrechtmäßige Verbreitung von Romanen.

Vielen Dank dafür!

 

 

(San Francisco Millionaires 3)

 

 

 

 

 

 

Impressum

1. Auflage, 2024

© Katie McLane – alle Rechte vorbehalten.

Cover: Dream Design – Cover and Art, Renee Rott

Lektorat: Franziska Schenker

 

Katie McLane

c/o easy-shop

K. Mothes

Schloßstr. 20

06869 Coswig (Anhalt)

 

[email protected]

www.katie-mclane.de

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung, auch auszugsweise, ist nur mit schriftlicher Zustimmung der Autorin zulässig. Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Das Training von Künstlichen Intelligenzen jeglicher Art mit diesem und sämtlichen Werken der Autorin ist untersagt, jetzt und in Zukunft.

Außerdem behält die Autorin sich die Nutzung ihrer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

 

Und falls du nichts mehr verpassen möchtest ... Hier geht es zu meinem Newsletter, als Dankeschön gibt es gratis das erste exklusive E-Book. www.katie-mclane.de/Katies-Herzenspost

 

 

 

 

 

Playlist

 

»Forever Love« – Reba McEntire

»Deadman« - Smash Into Pieces

»A Little Bit Stronger« – Sara Evans

»Love From The Other Side« – Fall Out Boy

»Life Is A Rollercoaster« - Ronan Keating

»Walk On Water« – Thirty Seconds To Mars

»Lose Control« - Hedley

»The First Of Me« - Hoobastank

»Want You Closer Than Before« - CLNGR

»New Day Coming« – Scott Stapp

»New Love« - Silk City & Ellie Goulding

»The Real Thing« – Bo Bice

»Talking To The Moon« - Bruno Mars

»Come Back To Me« – David Cook

»Thank you (Jax Jones Remix)« - Diana Ross

 

 

Oder »Playlist zu »Touch Me, Mr. Millionaire«« direkt bei Spotify hören:

https://open.spotify.com/playlist/6MXSZfCf076uQUyg7ilfMM?si=bc943cd6f3af42cc

 

Kapitel 1 – Violet Einige Wochen zuvor

Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen ... lediglich 12 Monate nach dem Tod Ihres Mannes ... Übergang bis zum Jahresende ... Hälfte des bisherigen Witwengeldes ...

Seit 24 Stunden rotieren die Worte durch mein Hirn und ich bin verdammt dankbar, dass mein Körper in den letzten Monaten gelernt hat, auf Autopilot zu funktionieren. Egal, ob im Umgang mit Jonathan oder Valerie, bei der Hausarbeit oder beim Autofahren.

Weil ich fast ununterbrochen darüber nachdenke, was nun aus uns wird.

Wie ich dieses neue, ungewollte Leben stemmen soll, ohne daran zu zerbrechen.

»Mom? Val macht so komische Geräusche.«

Ich blinzle, kehre in die Realität zurück und werfe meinem neunjährigen Sohn im Rückspiegel einen Blick zu. »Was für Geräusche?«

»Keine Ahnung. Als ob sie etwas total Anstrengendes macht. Oh, Mann, und jetzt stinkt es auch noch.«

»Dann tippe ich auf eine volle Windel.«

»Kannst du das Fenster aufmachen?«

Seine Stimme klingt abrupt so nasal, dass ich erneut zur Rückbank schaue.

Mein Sohn sitzt tatsächlich da, den Kopf abgewendet, und hält sich mit einem angeekelten Gesichtsausdruck die Nase zu.

Was mir ein ungewolltes Grinsen aufs Gesicht zaubert. »Meinst du, bei dir hat es angenehmer gerochen? Einmal hattest du Durchfall und ...« Hastig beiße ich mir auf die Zunge, um den Satz nicht zu vollenden.

... dein Dad hat sich beinahe übergeben.

Stattdessen drücke ich auf die Knöpfe für die vorderen Seitenfenster, öffne sie ein Stück. Sofort flutet heiße Luft herein und ich zähle bis fünf, bevor ich sie wieder hochfahren lasse. »Besser?«

»Ja.«

»Okay.«

Der Crossover Drive endet am südlichen Rand des Golden Gate Parks und ich halte vor der Ampel an, setze den rechten Blinker. »Habt ihr euch schon überlegt, was ihr dieses Wochenende machen wollt? Du und Hope?«

»Wir fahren alle zusammen mit dem Fahrrad zum Strand.«

»Cool.«

Wie ein Wasserfall redet er von allem, was bis morgen Mittag auf dem Plan steht.

Die Informationen fließen an mir vorbei und ich nicke an den passenden Stellen oder gebe einen zustimmenden Laut von mir, während ich den Wagen weiter Richtung Outer Sunset steuere.

Vor einem Jahr wäre diese Fahrt vollkommen anders verlaufen.

Nachdem wir von Jakes Tod erfahren haben, ist er verstummt, hat sich in sein Innerstes zurückgezogen. Und es gab niemanden, der ihn dort herauslocken konnte.

Bis einige Wochen später Hope in der Betreuung der Elementary School aufgetaucht ist, ähnlich schweigsam und abweisend.

Die beiden hatten sofort einen Draht zueinander und am Anfang saßen sie laut der Betreuerinnen und Betreuer einfach nur beisammen. Doch aus dem stillen Trost ist Vertrauen gewachsen und sie haben sich einander geöffnet, jeden Tag ein wenig mehr.

Seitdem sind sie beste Freunde und es hat beiden geholfen, mit ihrer Trauer klarzukommen.

Mit dem einzigen Unterschied, dass sich Hopes Trauma am Ende aufgelöst hat. Ihre zweite Mutter ist zurückgekehrt und die Hochzeit mit ihrem Dad wird in wenigen Monaten stattfinden.

»So, mein Schatz, da wären wir.« Ich lenke meinen Kombi an den Bordstein, direkt hinter Leslies Familien-Van, der in der Garagenzufahrt parkt.

»Bringst du mich rein?«

»Klar.« Ich schalte den Motor ab, steige aus und stelle mich schützend neben die hintere Tür, obwohl die Wohnstraße verlassen in der ungewohnt heißen Junisonne schmort. Sobald Jonathan ausgestiegen ist, schultert er seine Übernachtungstasche, ich schlage die Tür zu und gehe auf die andere Seite.

Dort erwartet mich Valerie in ihrer Babyschale und rudert mit Armen und Beinen, das Gesicht weinerlich verzogen.

»Ja, meine Süße, ich weiß. Ich kümmere mich sofort darum«, spreche ich in beruhigendem Singsang auf sie ein. Löse den Sicherheitsgurt, schnappe mir Handtasche, Wickeltasche und Babyschale. Verriegle das Auto und folge meinem Sohn die Treppe hinauf zur Eingangstür.

Sobald er oben angekommen ist, drückt er auf die Klingel, und schon wenige Sekunden später öffnet sich die Tür.

Leslie steht in einem blauen Strandkleid vor uns, das perfekt die Farbe ihrer Augen unterstreicht, und schiebt sich strahlend eine tizianrote Haarsträhne hinter das Ohr. »Hey, da seid ihr ja. Kommt herein.«

Sie weicht zur Seite, ich folge Jonathan ein paar Schritte in den Eingangsbereich und atme in der angenehmen Kühle erleichtert auf.

Er stellt seine Tasche wie immer gleich um die Ecke an die Wand. »Wo ist Hope?«

»Im Garten. Du kannst gern schon runtergehen.«

»Super. Bis dann, Mom.«

Ich küsse ihn zum Abschied auf den Kopf. »Tschüss, mein Schatz, hab eine schöne Zeit.«

»Ja-ha.« Er beugt sich zu Valerie und streicht ihr vorsichtig übers dunkle Haar. »Bis morgen, du Stinker.« Und schon läuft er zum Treppenhaus, die Stufen hinunter.

»Stinker?« Hopes Adoptivmutter mustert mich amüsiert.

Verlegen zucke ich mit den Schultern. »Ja, sie hat unterwegs in die Windeln gemacht. Dürfte ich sie vielleicht irgendwo wickeln?«

Wie zur Bestätigung ihrer unangenehmen Lage gibt mein Baby ungnädige Laute von sich.

»Natürlich. Hast du eine Unterlegmatte dabei?«

»Sicher.«

»Gut, dann nutz gern die Kücheninsel.« Sie deutet auf das Ende, das zum Wohnzimmer zeigt.

»Aber ich kann doch ins Bad gehen.«

»Da hast du nicht genug Platz.« Sie läuft hinüber, schiebt eine Deko-Schale beiseite und klopft mit der flachen Hand auf die Marmorfläche. »Hier, bitte.«

»Das ist wirklich sehr lieb von dir.«

»Ach was, kein Problem. Hast du noch Zeit und Lust auf einen Kaffee?«

»Oh ja, sehr gern. Seitdem Valerie da ist, fehlt mir die Muße, einfach nur einen guten Kaffee zu genießen.« Ich ziehe einen der Barhocker hervor, stelle die Babyschale darauf ab und meine Taschen daneben auf den Boden.

Sie lacht leise und geht zum Kaffeevollautomaten. »Kenne ich.«

Routiniert entfalte ich die Wickelmatte auf der Arbeitsfläche, lege alle nötigen Utensilien bereit. Öffne den Gurt zwischen Valeries Beinen und hebe sie vorsichtig heraus. »Haltet aus, Mylady, Hilfe naht.«

Damit bette ich sie auf die Matte und löse die Druckknöpfe im Schritt ihres Sommerbodys.

»Und? Wie läuft es mit der Kleinen? Ist sie sehr anstrengend?«

»Nein, eigentlich ist sie recht pflegeleicht.« Ich schmunzle und klappe die Windel auf, wodurch mich der strenge Geruch mit voller Wucht trifft. »Uuh, Val, was haben wir denn gestern gegessen, hm?«

»Schläft sie bereits durch?«

»Ja. Im Gegensatz zu mir.«

»Deshalb siehst du so müde aus. Jonathan hat aber keinen Rückfall, oder? Albträume oder Ähnliches?«

Ich seufze. »Nein, nein, bei ihm ist alles in Ordnung. Dass er und Hope sich gefunden haben, war das Beste, was ihm passieren konnte. Und die Geburt seiner kleinen Schwester hat ihm den Rest Unbeschwertheit zurückgegeben. Was eine unglaubliche Erleichterung für mich ist.«

»Also hast du andere Sorgen.«

Statt einer Antwort werfe ich das letzte Feuchttuch in die gebrauchte Windel, verschließe sie und verstaue sie in einem kleinen Müllbeutel. Lege Valerie eine frische Windel um, ziehe sie wieder an und hebe sie hoch.

»Darf ich sie mal nehmen?« Leslie stellt je eine Tasse Kaffee und Cappuccino mittig auf die Kücheninsel.

»Klar, wenn du möchtest.« Ich bette meine Tochter in ihre Armbeuge und beobachte einen Moment, wie liebevoll sie mit dem Baby umgeht. Dann nutze ich die Zeit, um alles wegzuräumen und die Marmorfläche mit einem Desinfektionstuch abzuwischen. Anschließend werfe ich das ebenfalls in den Beutel, knote ihn zu und will ihn in die Wickeltasche legen.

»Gib das gern in unseren Mülleimer.« Leslie dreht sich ein Stück zur Seite und deutet mit dem Kinn in die entsprechende Richtung.

»Danke dir.« Ich eile hinüber.

»So, und jetzt setz dich endlich hin.«

Sobald ich auf einem freien Hocker Platz genommen habe, schiebt sie mir den Kaffee zu, trinkt selbst einen Schluck vom Cappuccino und krault Valerie den Bauch, bis sie lächelt.

Leslie seufzt verträumt. »Himmel, ist es lange her, seit ich Hope so in den Armen gehalten habe.«

»Ja, die Zeit verfliegt regelrecht.«

Sie beugt sich mir entgegen. »Wenn es nach Hope geht, bekommt sie auch bald ein Geschwisterchen. Am besten vorgestern.«

»Wollt ihr denn noch ein gemeinsames Kind?«

»Ich denke, nicht. Hope ist unser Kind.«

Hitze schießt mir in die Wangen. »Sorry, ich wollte nicht indiskret sein.«

»Ach was, mach dir keinen Kopf. Wir sind glücklich, so wie es ist.«

Automatisch sehe ich Jakes lächelndes Gesicht vor mir und eine Welle von schmerzlichem Vermissen überspült mich.

»Ach, Mist, tut mir leid, das war unsensibel.«

Ich presse die Lippen aufeinander, winke ab und starre in meinen Kaffee.

Einen Moment bleibt es ruhig.

»Magst du mir erzählen, was dich belastet?«

Ihre Stimme ist so sanft, dass mir Tränen in die Augen schießen, doch ich blinzle sie eilig weg und schlucke gegen den Kloß in meinem Hals an.

»Komm schon, reden hilft. Immer.«

Also atme ich tief durch und sehe sie an. »Ich habe Post von der Army bekommen.«

Sie runzelt die Stirn, wirkt alarmiert. »So schlimm?«

»Das Witwengeld läuft diesen Monat aus.«

»Und dann?«

»Bis zum Ende des Jahres gibt es noch eine Art Übergangsgeld, wegen Valerie, aber das ist nur halb so hoch.«

»Scheiße.«

»Ja.«

»So viel ich weiß, gibt es oft eine Einmalzahlung. Unter bestimmten Umständen.«

»Bei Jake wäre es so gewesen, aber ... er hat bestimmt, dass der Betrag in einen Ausbildungsfonds für Jonathan fließt. Was toll ist. Nur stellt es mich jetzt vor ein riesiges finanzielles Problem.«

»Das heißt, du brauchst einen Job.«

»Genau. Allerdings sind die kommunalen Betreuungsplätze für unter einjährige Kinder rar gesät, vermutlich Jahre im Voraus vergeben, und eine Nanny kann ich mir nicht leisten.«

»Hm.« Leslie schürzt die Lippen, den Blick ins Leere gerichtet.

Verlegen wische ich mir die Tränen aus den Augen, trinke meinen Kaffee.

Ich hätte besser die Klappe halten sollen.

Wenn nur nicht gerade alles so scheiße wäre!

»In welchem Job hast du früher gearbeitet?«

Irritiert schaue ich sie an. »In der Verwaltung einer gemeinnützigen Organisation. Warum?«

Da breitet sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus und sie greift nach ihrer Tasse, prostet mir zu. »Möglicherweise kann ich dir helfen.«

 

Kapitel 2 – Adrian

Mein Fahrer räuspert sich. »Wir sind fast da, Sir.«

Ich hebe den Blick vom Smartphone und schaue zur Frontscheibe hinaus.

Wir überqueren die letzte Kreuzung, vermindern das Tempo und biegen zwei Gebäude weiter in die ruhige Nebenstraße ab.

Folglich schiebe ich das Telefon in die Innentasche meines Jacketts und werfe einen Blick auf meine Armbanduhr.

8:04 Uhr.

Mir bleibt eine knappe halbe Stunde für den monatlichen Besuch, bevor ich zum Union Square muss, wo das Verwaltungsbüro der Stiftung liegt.

Vor der alten Episkopalkirche steuert mein Fahrer den Wagen auf den kleinen Parkplatz auf der Rückseite des Kinderheims und ich löse den Sicherheitsgurt. Steige aus, sobald wir die Parkposition erreicht haben, und eile zum hinteren Eingang.

Dort überprüfe ich automatisch mein Spiegelbild in der Glastür, den Sitz von Frisur, Krawatte und Jackett. Halte meine Zugangskarte vor das Lesegerät, ziehe die Tür auf und betrete das Tiefgeschoss. Im hinteren Treppenhaus marschiere ich die Stufen hinauf, durch die offen stehende Tür in den breiten Flur im Erdgeschoss und nach vorn zum Verwaltungsbereich.

Wie bei der Uhrzeit nicht anders zu erwarten, ist es im Gebäude relativ still. Lediglich die Stimmen einiger Mitarbeitender sind hinter geschlossenen Türen zu hören. Fernerhin Kleinkinder, die noch nicht in den Kindergarten gehen und dementsprechend im Heim betreut werden.

Meine Schritte hallen von den farbenfroh gestalteten Wänden wider und ich mustere im Vorbeigehen Basteleien oder handgemalte Bilder. Nur vor der Fotowand bleibe ich am Ende stehen und betrachte die Aufnahmen vom Sommerfest.

In mir wallt der altbekannte Ärger über die örtlichen Gegebenheiten auf.

Kinder brauchen Freiraum und frische Luft, Platz zum Spielen und Entfalten. Doch der ist in San Francisco begrenzt und die Stiftung sucht schon seit Jahren vergeblich nach einem besseren Standort.

Vielleicht sollte ich das in meinem heutigen Termin mit dem Stiftungsvorstand erneut priorisieren, schließlich bin ich neben dem Fonds meiner verstorbenen Mutter ihr Hauptgeldgeber.

Ich mache mir eine mentale Notiz, wende mich ab und gehe zum Eingang des Verwaltungstraktes. Auch der ist verschlossen und ich halte zum Öffnen meine Key-Card vor das Lesegerät.

Sogleich schallen mir Stimmen entgegen, Gelächter und leise Musik.

Herrgott, bei diesem Krach kann doch niemand arbeiten.

Sämtliche Türen, die von dem kurzen Flur abgehen, sind offen und ich werfe tadelnde Blicke in jedes Büro. Die Mitarbeitenden sitzen entweder an ihren Schreibtischen oder stehen zusammen, alle reden und trinken dabei aus Porzellantassen.

Worüber ich mich gern aufregen würde, doch überall schnappe ich nur berufliche Themen auf. Einzelne Kinder, Adoptionsverfahren, Neuzugänge, neueste Studien oder wissenschaftliche Erkenntnisse.

Ein Verhalten, das mich immer wieder erstaunt.

Leslie Burke hat erst im letzten Herbst die Leitung des Heims übernommen und ein komplett anderes Arbeitsverhalten etabliert. Geprägt von Wertschätzung, Engagement und sozialer Empathie. Sie brennt für diesen Job und es scheint, als habe sie dieses Herzblut in der Kollegschaft neu entfacht.

Zugegeben, am Anfang stand ich der Einstellungsentscheidung des Vorstands skeptisch gegenüber, trotz der New Yorker Referenzen. Deshalb habe ich meine Kontrollbesuche zunächst fast jede Woche durchgeführt, alles kritisch hinterfragt.

Allerdings konnte sie mich schnell von ihrer Kompetenz überzeugen, in fachlicher Hinsicht wie auch als Führungskraft, was bisher nur wenigen Menschen gelungen ist. Umso erfreulicher für mich und meinen prall gefüllten Kalender.

Hinter der letzten Tür befindet sich eine Art Sekretariat mit drei Arbeitsplätzen, von dem aus man in das Büro der Heimleitung gelangt.

Ich bleibe im Türrahmen stehen, erfasse mit einem Blick die Situation.

Auch hier haben sich alle mit einer Tasse zusammengefunden und besprechen administrative Details, wenn ich es anhand einzelner Begriffe richtig interpretiere.

Vorn links, gleich neben ihrem Bürostuhl, bemerke ich die Verwaltungsassistentin, eine ältere langjährige Mitarbeiterin. Daneben den stellvertretenden Heimleiter, der ebenfalls seit ein paar Jahren hier arbeitet, und davor Ms. Burke.

Aber wo ist die vierte Person, die seit meinem letzten Besuch hier angefangen hat?

Ich klopfe gegen das Türblatt, alle verstummen und die Heimleiterin dreht sich um.

Die anderen beiden nehmen Haltung an, doch sie bleibt entspannt und tritt mit ausgestreckter Hand auf mich zu. »Guten Morgen, Mr. Cross.«

»Guten Morgen.« Ich schüttle ihre, quittiere den Gruß der Mitarbeitenden mit einem Nicken.

»Ich glaube, Sie kennen unsere neue Kollegin noch nicht.« Sie weicht ein Stück zur Seite und deutet auf eine Frau in etwa ihrem Alter, die in diesem Moment ihre Tasse abstellt. »Darf ich vorstellen? Violet Hampson, Adrian Cross.«

»Freut mich, Sie kennenzulernen. Und auch von mir herzlich willkommen im Team.« Ich gehe hinüber, sie kommt mir ein Stück entgegen und wir schütteln uns die Hände.

»Vielen Dank, Mr. Cross.« Ihr Händedruck ist selbstbewusst, warm, fest und ruft ein unerwartet angenehmes Gefühl in mir hervor.

Ich mustere sie überrascht und stutze.

Sie trägt eine gerade geschnittene Jeans, darüber eine lockere Bluse mit kurzen Ärmeln, und das glatte dunkelblonde Haar reicht ihr bis über die Schlüsselbeine. Die Brauen werden von einem Pony fast verdeckt und darunter erwidern karamellfarbene Augen meinen Blick.

Was mich jedoch irritiert, ist die Trauer darin.

Und dass es etwas in mir berührt.

Nein, ausgeschlossen.

Eilig löse ich mich von ihr und schaue zu Ms. Burke.

Die lächelt. »Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«

»Nein, danke, ich habe nur wenig Zeit.«

»Gut. Wollen wir dann in mein Büro gehen?« Sie weist in die entsprechende Richtung.

Ich nicke und folge ihr hinein, schließe die Tür hinter mir.

Sie marschiert zum L-förmigen Schreibtisch, setzt sich auf ihren Bürostuhl und deutet auf die Besucherstühle vor dem kurzen, runden Ende. »Womit kann ich heute helfen?«

»Nur die übliche Übersicht.« Ich nehme auf einem der Stühle Platz und lehne mich zurück. Stütze die Ellbogen auf die Armlehnen, lege die gespreizten Fingerspitzen aneinander und erhalte eine Zusammenfassung der Vorgänge der letzten Wochen.

Adoptionen, Neuzugänge, volljährige Abgänge in ein eigenes Leben. Sonstige Neuigkeiten sowie Informationen, die das Budget und finanzielle Angelegenheiten betreffen.

Wie erwartet befindet sich alles im grünen Bereich. Sogar die schwierigen Fälle unter den Kindern haben sich durch ihren positiven Einfluss gebessert, weshalb es in den letzten Monaten kaum Probleme mit der Schule oder der Polizei gab.

Ich nicke zufrieden. »Und wie läuft es im Team? Hat sich Mrs. Hampson gut eingefügt?«

»Oh ja. Sie ist eine echte Bereicherung und wir profitieren sehr von ihren Berufserfahrungen bei der gemeinnützigen Organisation. Auch wenn sie schon etwas älter sind.«

»Was meinen Sie damit?«

»Na, ihre familienbedingte Auszeit, wegen der Kinder.«

»Ah, natürlich. Wie alt sind die?«

»Jonathan ist neun Jahre alt, Valerie knappe vier Monate.«

Skeptisch runzle ich die Stirn. »Ist das nicht ein wenig früh, um ein Baby betreuen zu lassen?«

»Violet bleibt keine andere Wahl. Außerdem ist die Kleine hier in guten Händen.«

»Wie bitte? Sie wird hier betreut? Warum?«

»Das habe ich der Stiftung alles mitgeteilt. Wir brauchten stundenweise Unterstützung, Violet einen Job. Und hier kümmern wir uns immer wieder um sehr junge Kinder, da macht eines mehr keine zusätzliche Arbeit.«

»Das sind zwei grundverschiedene Dinge.«

»Heutzutage müssen alle Arbeitgebenden ein bisschen mehr Flexibilität beweisen.«

»Dafür sind wir nicht aufgestellt und auch zu klein.«

Ms. Burke faltet die Hände auf ihrem Tisch, beugt sich vor. »Mr. Cross. Wo ist das Problem?«

»Ich möchte niemanden bevorzugen und dadurch Unruhe stiften.«

»Es hat alles seine Richtigkeit. Ich habe im Vorfeld mit dem Team gesprochen, alle waren einverstanden. Genauso wie der Vorstand. Und die Rechtsabteilung hat diesen Punkt in den Arbeitsvertrag aufgenommen.«

Schon wieder wallt Ärger in mir auf, doch ich beiße die Zähne zusammen und schweige.

Dieses Thema werde ich im anschließenden Termin umgehend klären.

»Wenn man es genau betrachtet, handeln wir sogar ganz im Sinne der Cross Foundation. Wir helfen einem Kind in Not.« Sie zuckt mit den Schultern.

»Woher kennen Sie Mrs. Hampson eigentlich? Ist sie eine Freundin von Ihnen?«

»So ähnlich.«

»Ihr Engagement in allen Ehren, aber solche Vorteilsnahmen –«

»Sie irren sich. Weder hat Violet mich wegen dieses Jobs oder meiner Beziehungen bedrängt, noch ziehe ich irgendwelche Vorteile daraus. Ich helfe einem Menschen, nein, dem Rest einer Familie, deren Welt letztes Jahr zusammengebrochen ist. Und die trotzdem ein Glücksfall für meine Familie war.«

»Ich kann Ihnen nicht folgen.«

Also erzählt sie mir von ihrer Adoptivtochter und wie die ihren besten Freund Jonathan kennengelernt hat. Wie sie sich gegenseitig durch die schwerste Zeit ihres bisherigen Lebens geholfen haben.

Ich schürze die Lippen. »Was hat es mit dem Vater auf sich? Hat er die Familie verlassen? Trotz des Babys?«

»Nein. Violets Mann ist letzten Juli in Afghanistan gefallen, kurz vor dem Rückzug, und er wusste nichts von Valerie. Durch den Schock hätte sie das Baby sogar beinahe verloren und die Schwangerschaft war entsprechend schwierig. Aber Vee ist eine Kämpferin, sie hat nie aufgegeben, trotz der ganzen Umstände. Und ich finde, gerade sie hat unsere Unterstützung verdient. Vor allem jetzt, da die Army kaum noch etwas zahlt und auch nur bis Ende des Jahres.«

Betroffen schüttle ich den Kopf. Atme tief gegen das enge Gefühl in meiner Brust und die Erinnerungen an, die sich von hinten anschleichen. »Es tut mir wirklich sehr leid, was der Familie widerfahren ist, aber –«

»Ich fasse es nicht. Sind Sie wirklich so kalt und herzlos, wie man Sie in der Öffentlichkeit darstellt?«

Ich erstarre innerlich. »Es interessiert mich einen Scheißdreck, was die Allgemeinheit von mir denkt.«

»Und Ihre Angestellten? Hier und in der Stiftung? Ihnen wird ständig gepredigt, dass wir für Mitgefühl und Solidarität stehen. Wollen Sie diese Menschen enttäuschen, indem Sie eine mittellose Soldatenwitwe feuern? Nur weil wir ihr Baby betreuen, damit sie arbeiten gehen kann?«

Verärgert presse ich die Lippen aufeinander.

Diese Frau ist ...

Da hebt sie die Brauen und reckt das Kinn. »Ich hoffe sehr, dass Sie noch einmal darüber nachdenken. Ansonsten muss ich mich eingehend damit auseinandersetzen, ob ich mich noch mit den Werten der Stiftung identifizieren kann.«

Unglaublich! Droht sie mir gerade mit Kündigung?

Versprich mir, dass du die Stiftung in meinem Sinne weiterführen wirst, mein Junge. Wir müssen uns um die kümmern, die unverschuldet in Not geraten sind.

Weil Stand und Geld verpflichten, wir eine soziale Verantwortung tragen.

Die kraftlose Stimme meiner Mutter und ihr gezeichnetes Gesicht schieben sich in meinen Kopf.

Weshalb ich ein stummes Seufzen ausstoße und nicke. »Also gut, ich gebe ihr diese Chance. Aber wenn ich merke, dass sie unseren guten Willen ausnutzt ...«

»Keine Angst, Mr. Cross. Violet ist der letzte Mensch, der irgendjemanden oder eine Situation zu ihrem Vorteil ausnutzt. Und wie ich schon sagte, sie ist uns eine große Hilfe.«

»Wenn Sie erlauben, werde ich mich persönlich davon überzeugen.«

Ms. Burke lächelt höflich. »Natürlich.«

»Gut, dann komme ich nächste Woche wieder.« Damit erhebe ich mich aus dem Stuhl, verabschiede mich mit Handschlag von der Heimleiterin und verlasse ihr Büro.

Sie folgt mir und ich bleibe einen Moment stehen, sehe in die Runde. »Ich wünsche eine erfolgreiche Arbeitswoche.«

Zuletzt schaue ich auf die neue Mitarbeiterin und ich bemerke ihre Gefühlsregungen. Erst Unsicherheit, dann ein ängstlicher Blick zu Ms. Burke.

Doch zwei Sekunden später strafft sie die Schultern, reckt das Kinn und fällt in den gemeinschaftlichen Abschiedsgruß mit ein.

Und ich mache mich auf den Weg zum Wagen.

Sonderbar aufgewühlt.

 

*

 

Am Samstagabend findet das vierteljährliche Fachverbandstreffen der Finanz- und Wirtschaftsanwälte von San Francisco statt. Das übliche Herumstolzieren in der exklusiven Cocktailbar des Mark Hopkins Hotels, verbunden mit Networking, Wissensaustausch und der einen oder anderen neuen Bekanntschaft.

Genau die richtige Ablenkung nach einer erschöpfenden Woche.

Im Abendanzug fahre ich in die oberste Etage des historischen Luxushotels hinauf, halte mich links und bedenke den Mitarbeiter am Empfangspult mit einem Nicken.

Der lächelt. »Guten Abend, Mr. Cross. Wie schön, Sie wieder bei uns begrüßen zu dürfen. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend.«

»Danke.« An ihm vorbei betrete ich den unscheinbaren quadratischen Raum, bleibe stehen und sehe mich um.

In der Mitte befindet sich ein niedriges hölzernes Podest, das den Großteil der Lokalität einnimmt. Es ist mit Tischen für zwei bis vier Personen ausgestattet und die typischen gestreiften Polsterstühle scheinen allesamt besetzt zu sein.

Am anderen Ende, direkt vor der Spiegelwand, thront ein Flügel, auf dem ein älterer Musiker seichte Melodien spielt.

Verdammt, eigentlich steht mir heute der Sinn eher nach harten Gitarren und aggressiven Rhythmen. Aber gut, man kann nicht alles haben.

Genervt wende ich mich nach rechts, umrunde das Podest und ignoriere die Personen an den Stehtischen, die mich zum Teil erwartungsvoll anschauen. Erst einmal brauche ich einen Drink und den bekomme ich am schnellsten an der halbkreisförmigen holzvertäfelten Bar, die sich in der hinteren Ecke befindet.

Die ist so klein, dass dahinter nur ein Barkeeper Platz hat, und ich muss warten, bis er die Bestellung einer Servicekraft fertiggestellt hat.

Mit höflichem Lächeln kommt er zu mir. »Was darf es sein, Sir?«

»Ein doppelten Wodka Ihrer besten Marke. Pur.«

»Sehr gern.« Er dreht sich zu dem verspiegelten Regal um, nimmt rechts ein Kristallglas heraus und greift links nach der blauen Flasche einer hiesigen Destillerie.

Ich seufze stumm.

Das Angebot ist noch immer genauso stillos, langweilig und verbesserungswürdig wie der Rest des Lokals. Von wegen exklusive Kult-Cocktailbar!

»Bitte sehr, Sir.« Der Barkeeper legt eine Papierserviette mit dem Hotellogo vor mir auf den Tresen und stellt das Glas darauf ab.

»Danke.« Ich reiche ihm meine Kreditkarte.

Er rechnet ab und gibt sie mir kurz darauf mit der Quittung zurück.

Dann nehme ich meinen Wodka, schlendere zum Erkerfenster hinüber und trinke einen Schluck. Schaue über die beleuchtete Westseite der Stadt, vorbei an der Grace Cathedral bis zur Golden Gate Bridge im Hintergrund. Wende mich ab und stürze mich ins Getümmel.

Ich plaudere und prahle, fachsimple und diskutiere.

Genieße Drinks, Fingerfood und den einen oder anderen Flirt.

Doch selten habe ich mich auf einer solchen Veranstaltung dermaßen gelangweilt.

Weshalb ich irgendwann die Waschräume aufsuche und beschließe, mir noch einen letzten Wodka zu gönnen, bevor ich nach Hause fahre.

Mit dem schlängle ich mich zwischen den Leuten hindurch bis zum Erkerfenster an der anderen Ecke der Etage. Von dort aus hat man einen grandiosen Blick bis über die Bucht von San Francisco, doch die kleine Couch davor ist bereits belegt.

»Adrian!«

»Hallo, Lois.«

Die Partnerin einer auf die IT-Branche spezialisierten Kanzlei streicht sich das lange blonde Haar über die Schulter zurück, wirft sich in Pose und lächelt erfreut. »Wir haben uns ja schon ewig nicht mehr gesehen. Setz dich zu mir.«

Ich komme ihrem Wunsch nach, nehme auf der anderen Seite Platz und stelle den Wodka neben ihr Champagnerglas.

Derweil wendet sie sich mir zu, schlägt die Beine übereinander und ihre Schuhspitze berührt mein Schienbein. »Sag, wie geht es dir?«

Mein Blick gleitet von ihrem bestrumpften Knie über den schlanken Körper, der von einem engen schwarzen Kleid in Szene gesetzt wird, bis zu ihrem Gesicht, und in meinem Unterleib breitet sich ein unterschwelliges Kribbeln aus.

»Danke, ich kann nicht klagen. Und dir?«

»Oh, die Geschäfte laufen bestens. Nur leider ... gibt es selten Gelegenheiten zu wirklich befriedigender Entspannung.«

Mein Körper reagiert auf die altbekannte Einladung und wie aufreizend sie mit dem Fuß mein Bein entlangfährt, steigert das aufkommende Verlangen.

»Wahre Worte.« Schmunzelnd streiche ich mit den Knöcheln ihren untergeschlagenen Schenkel hinauf und denke an unsere letzte Begegnung.

Fuck, ja, diese Form von Stressabbau habe ich heute dringend nötig.

Lois‘ Lächeln wird breiter. »Zu dir oder zu mir?«

 

*

 

Keine zwei Stunden später liege ich in ihrem Bett, lausche ihrem leisen Atem und starre an die dunkle Decke.

Verdammt, noch nie war es dermaßen unbefriedigend und ... lästig.

Frustriert schlage ich das Laken zurück, rolle mich von der Matratze und sammele meine Sachen zusammen.

Sobald ich angezogen bin, verlasse ich das Apartmenthaus in Jackson Square, zücke mein Smartphone und lasse mir auf Google Maps den Fußweg bis zu meiner Wohnung anzeigen. Bis dahin sind es nur gute zwanzig Minuten, also präge ich mir die Route ein, stecke das Handy weg und mache mich auf den Weg.

Wie jede andere Großstadt schläft San Francisco nie, doch im Financial District ist es verdammt nah dran. Und weil selten genug Gelegenheit dazu besteht, genieße ich die relative Ruhe in meiner Heimatstadt.

Während des Studiums an der Stanford University habe ich meine Vorliebe für diese Nachtstunden entdeckt. Meine Freunde und ich sind an vielen Wochenenden die 35 Meilen hergefahren, um zu feiern, und haben es an den verschiedensten Orten ausklingen lassen. Vornehmlich mit Blick Richtung Sonnenaufgang.

Dann bin ich für den ersten Job zurückgekommen und –

Nein, aufhören!

Ich presse die Lippen aufeinander, dränge die Gedanken mit aller Macht zurück.

Sie quälen mich schon seit Tagen und ich frage mich zum vermutlich hundertsten Mal, warum ausgerechnet jetzt.

Vor drei Jahren habe ich endlich gelernt, dass es Zeit war, sie gehen zu lassen.

Seitdem ist es stetig weniger geworden und nur noch selten schafft es irgendein Detail oder Erlebnis, mich zu triggern. Meistens kann ich mich dann ablenken, mit fordernden Aufgaben oder einer Frau, doch manchmal ist selbst Sex machtlos.

So wie heute Nacht.

Was, zur Hölle, ist letzte Woche passiert, dass der ganze Scheiß wieder hochkocht? Und zwar so stark, dass ich Kopf und Körper nicht einmal für kurze Zeit trennen konnte?

Deshalb bewege ich mich gedanklich Tag für Tag in der Zeit zurück und analysiere die Gestaltung der jeweiligen Stunden.

Freitag habe ich gegen 18 Uhr Feierabend gemacht und mich mit Dad zum Abendessen getroffen.

Donnerstag war ich bis 20 Uhr im Büro, habe zu Hause eine Kleinigkeit gegessen und bin ins Bett gegangen. Mittwoch und Dienstag lief es ähnlich.

Also alles wie gehabt.

Dienstagmorgen habe ich einen Besuch im Kinderheim zwischen meinen täglichen Frühsport und den Termin bei der Stiftung gequetscht, noch vor meiner eigentlichen Arbeitszeit.

Und Montagabend haben wir Kanzleipartner zusammen zu Abend gegessen.

Auch alles wie immer.

In meinem Hinterkopf regt sich etwas.

Nein, da muss etwas anders gewesen sein.

Moment ...

Stimmt.

Der einzige Punkt, der aus der Reihe tanzt, ist diese neue Mitarbeiterin im Kinderheim. Ich habe mich darüber geärgert, dass ihr Baby von Kolleginnen und Kollegen betreut wird. Und wöchentliche Kontrollen angekündigt.

Okay, aber was daran ...

Da fällt es mir ein und ich schiebe frustriert die Hände in die Hosentaschen.

Es muss ihre Geschichte gewesen sein, der gefallene Ehemann.

Die Trauer in ihren Augen.

Ohne Vorwarnung sehe ich ihr Gesicht vor mir.

Hübsch, aber nicht außergewöhnlich. Ihre Augen hingegen ... Eine Farbe wie flüssiger Karamell, umgeben von langen dichten Wimpern und Lachfältchen. Der absolute Kontrast zu ihrem Leid.

Ja, irgendetwas an ihrer Geschichte hat mich unverständlicherweise berührt.

Oder lag es daran, wie vehement Ms. Burke für sie eingetreten ist, um ihr zu helfen?

Normalerweise kümmern mich solche Schicksale in keiner Weise, lasse ich sie an mir abprallen. Schon aus reinem Selbstschutz.

Den Rest des Weges grüble ich hin und her, vor und zurück.

Erst an der Kreuzung vor meinem Apartmentgebäude bleibe ich stehen, starre daran empor und komme zu einem Ergebnis.

Ich muss der Sache auf den Grund gehen und herausfinden, was genau an Mrs. Hampsons Geschichte mich dermaßen beschäftigt.

Und dann werde ich es eliminieren.

Egal, wie.

Kapitel 3 – Violet

»Hat er gesagt, wann er vorbeikommen will?« Die Tasse Kaffee in der linken Hand wische ich mir die rechte am Hintern meiner Jeans ab.

»Nein. Das ist nicht Mr. Cross‘ Stil.« Leslie rollt mit den Augen und grinst.

»Aber heute ist schon Mittwoch und –«

»Mach dir keinen Kopf, er wird ihn dir nicht abreißen.«

»Bist du sicher?«

»Ja. Ich kenne ihn schon einige Monate. Du musst ihm nur dein Können beweisen und cool bleiben.«

»Das sagst du so einfach.«

»Hey! Du hast echt was auf dem Kasten. Und bist keine zwanzig mehr, da darfst du ruhig dein Selbstbewusstsein zeigen. Auch gegenüber einem Vorgesetzten oder, wie in dem Fall, dem obersten Geldsack.«

Ich lächle schief. »Manchmal bewundere ich dich sehr für deine Art.«

»Ach was, ich habe nur schon eine Menge mitgemacht und meine Lehren daraus gezogen. Wie habe ich es noch an Silvester Lance gegenüber formuliert? Jede starke Frau hat eine Vergangenheit, die sie erst dazu gemacht hat. Oder so ähnlich.«

»Klingt weise.«

Da streckt sie die Hand aus und reibt sanft über meinen Oberarm. »Ich glaube, du verfügst über ähnlich viel Lebensweisheit, die du teilen und für dich selbst anwenden kannst.«

»Wie wahr.«

»Dann zeig es. Du hast keinen Grund, dich zu verstecken.« Sie zwinkert mir zu, lächelt und geht in ihr Büro.

Ich setze mich an den Schreibtisch, trinke noch einen Schluck Kaffee und mache mich wieder an die Arbeit.

Was mich zum Glück bis zum Feierabend voll in Anspruch nimmt. Kurz nach 13:30 Uhr räume ich meinen Arbeitsplatz auf, verabschiede mich von meinen Kolleginnen und Kollegen, hole voller Freude Valerie ab und laufe mit ihr zum Wagen.

Seit dem Stillen um 12 Uhr schläft sie selig und wird nicht einmal wach, als ich die Schale auf der Rückbank sichere und die Taschen davor in den Fußraum lege. Trotzdem schließe ich die Tür ganz leise, gehe zur Fahrerseite und steige möglichst geräuscharm ein.

Blöderweise kommt der Anlasser schon wieder nur schwerfällig in Gang.

»Bitte, tu mir das nicht an«, murmle ich und drücke erneut auf den Startknopf.

Noch einmal.

Und noch einmal.

So langsam steigt Panik in mir auf.

Wenn der Wagen den Geist aufgibt, bin ich aufgeschmissen.

Verzweifelt wische ich mir den Schweiß von der Stirn, atme tief durch und versuche es erneut.

Da endlich bringt der Starter genug Kraft auf, um den Motor zu drehen, und der springt an.

Mir wird heiß und kalt vor Erleichterung, und ich streiche lächelnd über das Armaturenbrett. »Danke!« Dann schiebe ich den Hebel auf R und steuere den Kombi vorsichtig aus der Parkbucht.

Da ich meiner jüngeren Schwester versprochen habe, heute bei ihr vorbeizuschauen, biege ich zwei Straßen weiter als sonst vom Geary Boulevard ab. Fahre am Schulgelände der Presidio Middle School vorbei, auf deren Sportplätzen sich eine Menge Kinder verausgaben. Einen halben Block entfernt parke ich auf der anderen Straßenseite, im Schatten eines Baumes. Hole Babyschale sowie Taschen heraus und laufe zu Umas Haus.

An der zitronengelben Eingangstür bleibe ich stehen, drücke auf den Klingelknopf und schaue durch eine der kleinen quadratischen Fensterscheiben ins Innere.

Kurz darauf eilt sie heran und öffnet mir in einem langen Sommerkleid die Tür. »Hey, Sis, komm rein.«

Zur Begrüßung tauschen wir eine halbe Umarmung und einen Wangenkuss.

»Hi, Uma.«

Sie schließt die Tür hinter mir. »Gehen wir auf die Terrasse? Ich habe Limonade gemacht.«

»Gern.« Ich folge ihr durchs Wohnzimmer und hinaus zum Tisch, über dem ein riesiger sonnenabweisender Schirm hängt.

An der vorderen Ecke steht ein Tablett mit Krug und Gläsern bereit, weshalb ich Valerie am entgegengesetzten Ende in einem der Sessel parke und die Taschen im Sessel daneben. Dann klappe ich den Sonnenschutz hoch, breite zusätzlich das Stilltuch darüber aus und lasse einen Teil davon herabhängen, sodass die Kleine ungestört ist.

Meine Schwester hat inzwischen die Gläser gefüllt und ich setze mich zu ihr. Stoße mit ihr an, trinke und seufze erleichtert. »Ah, das tut gut.«

Gleich darauf weht eine erfrischende Brise über die Terrasse und ich lupfe die Bluse.

Uma nimmt ebenfalls einen Schluck. »Ungewöhnlich heiß, hm?«

»Macht dir das nichts aus?«

»Nicht, wenn ich hier chillen und lesen kann.«

»Wo ist denn Chelsea?«

»Macht ihren Mittagsschlaf. Danach komme ich dann auch ins Schwitzen.«

Wir lachen zusammen, trinken von der Limonade.

Dann lehnt sie sich zurück. »Wie läuft es denn in deinem neuen Job?«

Ich lächle und schwärme ihr von den Leuten und den Aufgaben vor. Wie sehr ich aufblühe und wie gut es tut, mich nützlich zu machen und dass meine Arbeit wertgeschätzt wird. »Nur bei einem weiß ich noch nicht, woran ich bin.«

»Und wer ist das?«

»Der Hauptgeldgeber der Stiftung, Adrian Cross.«

»Sagt mir nichts.« Sie greift nach ihrem Smartphone, tippt mit beiden Daumen darauf herum und hält es mir schließlich hin. »Ist er das?«

Sein Foto von der Kanzlei-Website füllt das Display aus, eine sehr aktuelle Aufnahme.

Darauf ist er, wie auch letzte Woche, in einen maßgeschneiderten Anzug gekleidet, unter dem sich ein sportlicher Körper abzeichnet. Das silbergraue Haar trägt er rundum elegant kurz und oben etwas länger, schwungvoll in die Höhe frisiert. Die himmelblauen Augen blicken ernst bis arrogant und um die schmalen Lippen spielt ein höfliches Lächeln, das den verbitterten Zug fast perfekt überspielt.

Ich nicke und lehne mich wieder zurück.

Uma betrachtet das Bild eingehend. »Er wirkt wie ein eingebildeter Snob.«

»So verhält er sich auch, laut meinen Kolleginnen und Kollegen. Außerdem hat Leslie mir ein paar Dinge von ihm erzählt, wie sie ihn erlebt hat, die das bestätigen.«

»Sieht aber auch verdammt gut aus.«

»Findest du?«

»Du nicht?«

Ich hebe eine Braue. »Du weißt genau, dass mich das null interessiert.«

Schon schnalzt sie mit der Zunge. »So war das nicht gemeint, Sis, sondern vollkommen neutral. So wie ich Robert Downey Jr. heiß finde.«

»Du schwärmst seit dreißig Jahren für den Typen. Und er wird bald 60!«

»Na und?« Grinsend schaut sie wieder auf ihr Handy. »Wie alt ist Cross?«

»Keine Ahnung, schau doch nach.«

»Schon dabei. Ah, da ist es. 46 Jahre. Noch knackfrisch.«

Mir entfährt ein Prusten und ich schlage eilig die Hand vor den Mund, werfe einen schnellen Blick zur Babyschale.

»Hm, aber von Frau oder Familie ist da keine Rede.«

»Vermutlich hält er die aus der Öffentlichkeit heraus, das ist gut.«

»Okay, und was hat es mit ihm auf sich?«

»Na ja, er war letzte Woche da, zu seinem monatlichen Kontrollbesuch, wie Leslie es nennt. Weil er sich gern selbst davon überzeugt, dass es im Kinderheim gut läuft.«

»Und weiter?«

»Er will diese Woche wiederkommen. Oder besser gesagt, jede der nächsten Wochen. Meinetwegen.«

»Bist du ihm direkt auf den Schlips getreten, oder was?« Meine Schwester grinst.

»Ich habe höchstens drei Sätze mit ihm gewechselt.«

»Manchmal reicht das bei dir schon aus.«

»Haha.«

»Was ist denn passiert?«

»Nichts. Zum Glück war Leslie von Anfang an ehrlich und hat mir von seinen Bedenken erzählt. Weil Valerie während meiner Arbeitszeit auch im Heim betreut wird. Deshalb falle ich jetzt unter seinen Kontrollwahn.«

»Was für ein Bullshit!«

»Ganz genau.«

»Lass dich davon nicht unterkriegen. Zeig ihm, wo der Hammer hängt.«

»Hat Leslie auch gemeint.«

»Na, also!«

»Trotzdem ...« Ich zucke mit den Schultern. »Mir ist das echt unangenehm. Er kann mich jederzeit feuern. Dabei brauche ich den Job.«

»Dann suche parallel nach einem anderen. Obwohl ich finde, dass du auf keinen Fall vor ihm kuschen solltest.«

»Mache ich ja, aber mit Valerie ist es verdammt schwierig, weißt du doch. Außerdem bekommt man einen der wenigen Betreuungsplätze fast nur mit einem Vollzeitjob, jetzt wie später, und das werde ich möglichst lange vermeiden. Ich will für die Kids da sein, sie haben nur noch mich.«

Uma verzieht voller Bedauern das Gesicht. »Wenn du irgendwelche Hilfe brauchst ...«

Ich winke ab. »So weit ist es zum Glück noch nicht. Und damit das auch so bleibt, ist mein Job perfekt.«

»Umso wichtiger, dass du dich von Cross nicht einschüchtern lässt.«

»Das klingt alles so leicht.«

»Womit wir wieder am Ausgangspunkt wären. Du hast Schiss vor ihm.«

»Ein bisschen, ja. Ich wünschte, ich hätte seinen ersten Besuch schon hinter mir. Dann könnte ich besser einschätzen, was mir in den nächsten Wochen blüht.«

»Was soll da kommen? Er wird dir auf die Finger gucken, mehr nicht.«

»Stehe ich voll drauf.« Ich verdrehe die Augen.

»Wer mag das schon?«

»Meinst du, ich sollte auf der Hut sein? Falls er versucht, mir irgendwelche Fehler unterzujubeln?«

»Ein bisschen Skepsis ist erlaubt, aber es sollte auf keinen Fall in Paranoia ausarten.«

»Hatte ich nicht vor.«

»Und schon haben wir die perfekte Überleitung zum Thema Wochenende. Hast du etwas geplant? Für dich und die Kinder?«

»Nein, warum?«

»Was hältst du davon, wenn wir das Wetter ausnutzen und zum Strand fahren?«

Eine sanfte Brise streicht durch den Garten, kühlt meine verschwitzte Haut. »Super Idee, das haben wir schon ewig nicht mehr gemacht.«

»Ganz genau.«

»Ich werde Jonathan fragen, sobald er aus der Schule kommt.«

»Das wird toll, endlich komme ich mal wieder raus.«

»Oh, bitte! Du kannst jederzeit mit Chelsea zum Strand fahren.«

»Allein macht das keinen Spaß.«

»Was ist mit deinen Freundinnen?«

»Denen ist das Wasser zu kalt, der Sand zu steinig und so weiter.«

»Himmel, was ist nur aus unserer Generation geworden?«

Uma grinst. »Alles verweichlichte, gelangweilte Mommys mit gutverdienenden Männern.«

Sofort taucht Jakes Lächeln in meinem Kopf auf und meine Mundwinkel sacken herab. »Kommt Nelson auch mit zum Strand?«

»Nein, sie sind am Wochenende alle auf Informationsveranstaltungen an diversen Highschools unterwegs.«

»Okay.« Hastig trinke ich von meiner Limonade, stelle das Glas viel zu hart auf dem Tisch ab.

Und meine Schwester legt die Hand auf meinen Arm, drückt ihn leicht. »Es wird nicht leichter, wenn du ihm ständig ausweichst.«

»Tue ich nicht.«

»Vee ...«

Unvermittelt erklingen ungnädige Geräusche aus der Babyschale und ich eile hinüber, um Valerie herauszunehmen.

Erleichtert, dem Thema aus dem Weg gehen zu können.

 

*

 

Bestens gelaunt steuere ich am nächsten Morgen meinen Kombi auf den Parkplatz des Kinderheims, schnappe mir Valerie sowie die Taschen und jongliere alles durch den Hintereingang.

Die Tür zum Betreuungsraum der Kleinstkinder bis zwei Jahre steht offen und ich laufe seitlich hindurch. »Guten Morgen, ihr beiden!«

Melanie und Kim drehen sich zu mir um, lächeln und begrüßen mich synchron. »Guten Morgen.«

Die ältere Betreuerin trägt einen einjährigen Jungen auf der Hüfte, doch die andere kommt uns mit ausgebreiteten Armen entgegen. »Da ist ja meine süße kleine Maus.«

Lächelnd stelle ich die Babyschale auf einen der niedrigen Tische, drehe sie in Kims Richtung und beobachte, wie Valeries pausbäckiges Gesicht erstrahlt.

»Oooh, da freut sich ja jemand genauso wie ich.« Kim löst den Sicherheitsgurt zwischen den Baby-Beinen, hebt sie vorsichtig heraus und bettet sie in ihrer linken Armbeuge.

Ich stelle die Windeltasche neben die Schale. »Ich habe sie vor etwa zwei Stunden gestillt, aber sie hat schlecht gegessen. Kann also sein, dass ich in ein oder zwei Stunden schon wieder herkommen muss.«

»Kein Problem, wir rufen dich an, sobald sich ihr Bäuchlein meldet.«

»Okay, danke. Dann wünsche ich euch erst einmal einen schönen Vormittag.« Sanft streiche ich über Valeries feinen dunklen Haarflaum, drücke einen Kuss darauf und sauge ihren lieblichen Duft ein.

»Dir auch.«

»Danke.« Ich schultere meine Handtasche, lächle die Betreuerinnen noch einmal an und gehe hinaus. Warte wie immer einen Moment, ob mein Baby weint.

Was diesmal tatsächlich passiert.

Sofort zieht sich mein Herz zusammen und der Instinkt treibt mich zurück in den Raum.

Kim schaut vom Wiegen auf und lächelt verständnisvoll. »Geh ruhig, ich bekomme das schon hin.«

Hilflos presse ich die Lippen zusammen, kämpfe gegen meine aufkommenden Muttergefühle an.

Doch die Betreuerin schafft es schnell, die Kleine zu besänftigen. Ihr sogar ein Glucksen zu entlocken und damit meine Unruhe aufzulösen.

Also schleiche ich rückwärts und verlasse nach Kims letztem aufmunternden Nicken den Raum.

Diesmal atme ich tief durch, laufe weiter.

Grüße die Anwesenden in den anderen Räumen, kehre mit jedem Schritt zu meiner positiven Stimmung zurück und biege schließlich in unser Büro ab. »Guten Morgen!«

Susan, die Verwaltungsassistentin, schaut von ihrem Monitor auf. »Morgen, Violet. Du bist ja gut gelaunt.«

»Ja, heute Morgen hat ausnahmsweise mal alles reibungslos geklappt.« Ich schiebe mich an ihrem Schreibtisch vorbei und zu meinem. Der gegenüberliegende Platz ist leer. »Kommt Jim heute nicht?«

»Hat sich krankgemeldet.«

»Ah. Hoffentlich nichts Schlimmes.«

»Er meinte, morgen ist er wieder da.«

Meine Handtasche landet unter dem Schreibtisch, dann schalte ich Computer und Monitor ein, schaue auf die Uhr. 7:50 Uhr. »Steht heute etwas Wichtiges an?«

»Nicht, dass ich wüsste. Aber ich muss die Post von gestern noch durchsehen.«

»Was täten wir nur ohne den ganzen kommunalen Papierkram.«

»Mein Reden.«

Wir tauschen einen einmütigen Blick.

Im nächsten Moment werden Schritte lauter und kurz darauf biegt Leslie um die Ecke. »Morgen, ihr Lieben.«

»Guten Morgen«, begrüßen wir sie synchron.

Wie immer geht sie direkt in ihr Büro, taucht aber zwei Minuten später wieder bei uns auf. »Fertig?«

»Klar.«

Susan und ich sperren unsere Bildschirme, folgen ihr hinaus und in den Essenssaal.

Dort herrscht nach dem Frühstück geschäftiges Treiben, genauso wie vor der Kaffeemaschine an der rückwärtigen Wand. Die Gespräche drehen sich um private Themen und Leslie erkundigt sich bei zwei Kolleginnen nach gewissen familiären Ereignissen.

Danach räuspere ich mich und trete zu ihr.

---ENDE DER LESEPROBE---