Notorious Devils MC Teil 5: Rough & Ready - Hayley Faiman - E-Book
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Notorious Devils MC Teil 5: Rough & Ready E-Book

Hayley Faiman

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Beschreibung

Cleo Hill ist eine Frau, die in der Stille ihrer Einsamkeit einen Mann liebt, den sie nie wirklich gekannt hat – ihren Ehemann, der sie einst verließ und den sie seit elf Jahren schmerzlich vermisst. Paxton "Torch" Hill, ein gefürchtetes Mitglied des Notorious Devils MC, kämpft mit den Geistern seiner Vergangenheit, die ihn seit seinen traumatischen Kriegserlebnissen verfolgen. Um Cleo vor seinen unkontrollierbaren PTBS zu schützen, verließ er sie, doch als eine Bedrohung gegen Torchs Club droht, wird Cleo ungewollt in die Gefahrenwelt hineingezogen. In dem Moment, als Torch Cleo wieder gegenübersteht, wird ihm schmerzlich bewusst, dass seine Gefühle für sie nie erloschen sind. Torch ist fest entschlossen, einen Neuanfang mit Cleo zu wagen – doch sie sieht das ganz anders. Die Schatten der Vergangenheit sind schwer zu vertreiben, besonders für eine Frau, die einst in einem leeren Haus mit den Erinnerungen an eine verlorene Liebe aufwachte. Cleo ist nicht mehr die naive junge Frau von einst; die Jahre der Einsamkeit haben sie misstrauisch und zur Einzelgängerin gemacht. Als Torch plötzlich vor ihr steht und um ihre Liebe kämpft, wird sie von Zweifeln geplagt. Überwältigt von ihren widersprüchlichen Gefühlen wehrt sie sich gegen Torchs Eroberungsversuche. Der Motorradclub und das raue Leben, das Torch während ihrer Trennung geführt hat, verunsichern sie zutiefst. Kann sie diesem unberechenbaren Mann, dem sie ihr Herz schenkte, wirklich eine zweite Chance geben? Schließlich haben sie sich einst ewige Treue geschworen – aber die Frage bleibt: Ist die Liebe stark genug, um die Wunden der Vergangenheit zu heilen? Doch Cleo hat ohne ihr Wissen längst die Aufmerksamkeit von Menschhändlern erregt - und bald muss Torch nicht nur um seine Ehe kämpfen, sondern seine Frau auch aus den Klauen gefährlicher Mächte retten. Erlebt den fünften Teil der packenden Reihe rund um den Notorious Devils Motorradclub, in dem Liebe, Loyalität und die Schatten der Vergangenheit aufeinandertreffen.

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Seitenzahl: 475

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Hayley Faiman

Notorious Devils MC Teil 5: Rough & Ready

Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Svenja Ohlsen

© 2017 by Hayley Faiman unter dem Originaltitel „Rough & Ruthless (Notorious Devils Book 4)”

© 2025 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg

(www.art-for-your-book.de)

ISBN Print: 978-3-86495-732-1

ISBN eBook: 978-3-86495-733-8

Alle Rechte vorbehalten. Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Darsteller, Orte und Handlung entspringen entweder der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv eingesetzt. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Vorkommnissen, Schauplätzen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig.

Wunder geschehen in Momenten. Sei bereit und gewillt.

Wayne Dyer

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Epilog

Autorin

Prolog

Cleo

Als ich seine Schritte im Eingangsbereich widerhallen höre, weiß ich, dass er zu Hause ist. Mein Herz beginnt, in meiner Brust schneller zu schlagen, mein Bauch zu kribbeln, und meine Lippen verziehen sich zu einem breiten Lächeln.

Ich springe regelrecht aus unserem Bett, jenem Bett, das wir nur eine Woche lang miteinander geteilt haben, bevor er in ferne Länder geschickt wurde, um für unsere Freiheit zu kämpfen.

Ich bin so stolz darauf, mit ihm verheiratet zu sein. Er ist ein guter Mann, der sauber und perfekt ist. Natürlich sind wir beide noch sehr jung. Ich bin erst achtzehn Jahre alt und er zwanzig. Aber das, was wir miteinander haben, ist wunderschön.

In dem Moment, in dem ich zum ersten Mal in seine stürmisch blauen Augen geblickt habe, war mir bereits klar, dass es keinen anderen Mann für mich geben wird. Niemals.

Ich fliege förmlich die Treppenstufen hinunter und stolpere fast auf der letzten, da ich ihn dort stehen sehe – im Foyer. Er würde es den Eingangsbereich nennen, für mich heißt es Foyer, denn so hatte meine Oma diesen Bereich stets betitelt. Meine Grandma hat mich großgezogen. Sie war eine überaus altmodische Frau, weshalb der Eingangsbereich für mich immer das Foyer bleiben wird.

Ich lasse meinen Blick über seinen Körper schweifen und mustere ihn hinsichtlich irgendwelcher Verletzungen. Es waren lange acht Monate, die er fort war. Er ist schlanker geworden, so viel dünner, sein Gesicht ist etwas eingefallener, nahezu hager.

Er steht in seiner Uniform da und sieht überaus souverän und schön aus. Groß und dürr, aber gut aussehend und voll und ganz der Meine.

Als sein Blick meinem begegnet, keuche ich auf.

Mich starren nicht die warmen, jugendlichen blauen Augen an, in die ich mich einst verliebt hatte. Seine Augen sind nun kalt und hart, irgendwie tot.

Ich blinzle.

Nichtsdestotrotz renne ich auf ihn zu, verdränge den Schock, den die offensichtliche Kälte in seinem Blick in mir ausgelöst hat, und springe ihm in die Arme. Ich spüre sein Gesicht an meinem Nacken, höre, wie er an mir riecht, und seufze auf, weil ich diesen Augenblick unglaublich schön finde.

Er legt seine Arme um mich, ich schlinge meine Beine um seine Taille und meine Arme um seinen Nacken. Sein Gesicht überhäufe ich mit kleinen Küssen. Ich hatte ihn noch nicht zurückerwartet, denn er sollte erst morgen kommen.

Ich hatte mir sogar schon mein Begrüßungsoutfit zurechtgelegt. Heute Abend habe ich mich auf seine Heimkehr vorbereitet. Nun trage ich eins seiner Trainingsshirts, auf dem vorne ganz fett AIR FORCE aufgedruckt ist, sowie ein Höschen.

„Baby, du bist zu Hause“, hauche ich atemlos und lächle breit.

Er starrt mich ausdruckslos an. „Das bin ich.“ Seine Stimme ist überaus rau.

Sofort rede ich mir ein, dass er bloß aufgeregt ist und probiert, das zu verbergen. Hinzukommt, dass er vermutlich einen Jetlag hat.

„Ich hatte dich noch nicht erwartet.“

Sofort verengt sich sein Blick und seine Augen werden eiskalt. „Mit wem hattest du denn gerechnet?“, bellt er barsch und lässt mich fallen. Zum Glück knicken meine Knie nicht ein, und ich lande nicht auf meinem Allerwertesten.

„Niemanden. Ich wollte dich morgen früh abholen. Wie bist du nach Hause gekommen?“, frage ich leise.

Er zuckt mit den Schultern. „Ich konnte mitgenommen werden.“ Er lässt mich allein im Foyer stehen, da er in Richtung Küche marschiert.

Einen Augenblick lang rühre ich mich nicht vom Fleck, weil mich sein Verhalten völlig schockiert. Dass er so schnell in Rage geraten ist, ist untypisch für ihn. Nichtsdestotrotz eile ich ihm hinterher. Er war noch nie sauer auf mich. Natürlich habe ich schon mitbekommen, wie er pissig auf andere Leute wurde, seine Freunde zum Beispiel, aber zwischen uns war immer alles gut.

„Scheiße, ich bin am Verhungern“, verkündet er, öffnet den Kühlschrank und beginnt damit, ihn zu durchforsten.

Es kommt mir vor, als wäre er keine acht Monate weg gewesen, als wäre er soeben von einem langen Arbeitstag nach Hause gekommen. Keine Ahnung, was ich sagen oder tun soll, denn er verhält sich überaus seltsam.

Zugegeben, wir kennen uns nicht sonderlich gut. Bevor wir geheiratet haben, waren wir nur einige Monate ein Paar, und dann musste er gehen. Allerdings glaube ich nicht, dass sein Verhalten normal ist. Zumindest habe ich nicht damit gerechnet.

„Hast du mir etwa kein verdammtes Bier gekauft?“, schnauzt er, weshalb ich zusammenzucke.

Ich stehe in der Küche, unfähig zu sprechen, mich zu bewegen oder gar zu atmen.

„Ich … ich … ich“, stammle ich und bringe nicht mehr heraus, da ich zu weinen anfange.

Am liebsten will ich auf dem Absatz kehrtmachen und ins Schlafzimmer zurückrennen. Die Tränen rinnen mir unaufhaltsam über die Wangen. Ich kann ihm kein Bier kaufen. Er weiß das, denn er selbst kann sich noch nicht einmal Alkohol besorgen.

Ich hatte keine Ahnung, was von mir erwartet wird. Ich wusste nicht, was er will. Ich komme mir so dumm vor und habe Angst.

Jede E-Mail, die er mir geschrieben hat, jedes Telefonat, das wir geführt haben, war nett und freundlich – nicht ein einziges Mal ist er so mit mir umgesprungen. Ich weiß nicht, was ich tun soll, und nun beschleicht mich das ungute Gefühl, dass es ein Fehler war, ihn zu heiraten.

Ich spüre, wie sich ein eisernes Band um meinen Oberarm legt, das mich daran hindert, zu fliehen. Plötzlich werde ich rückwärts gegen eine harte Brust gezogen.

Ich fühle seine Nase an meinem Ohr, ehe er spricht. Sein Atem ist warm auf meiner Haut, seine Stimme ist leise, aber rau, und jagt mir einen Schauer über den Rücken. „Mein Gott, Cleo, es tut mir leid. Ich bin ein Arsch, und dabei bin ich noch nicht einmal zehn Minuten wieder zu Hause. Scheiß auf das Bier. Lass uns ins Bett gehen. Acht Monate ohne deine süße Pussy waren viel zu lang.“

Ich presse sowohl meine Schenkel als auch meine Lippen zusammen und nicke. Acht Monate fühlten sich in der Tat wie eine Ewigkeit an, vor allem für ein Mädchen, das bis zu ihrer Hochzeitsnacht noch Jungfrau war und nur eine Woche lang Sex genießen durfte, bis ihr Mann in den Einsatz geschickt wurde.

„Bist du immer noch mein schüchternes Mädchen?“, will er wissen.

Er lässt eine Hand über meinen Bauch unter den Saum meines Shirts gleiten, um sie anschließend in mein Höschen eintauchen zu lassen. Als ich seine große, warme Hand auf meinem Schambein spüre, wimmere ich.

Er streicht mit seinen Fingern durch meine Spalte. Ich schließe meine Hand um seinen gebräunten, muskulösen Unterarm und versuche, an Halt zu gewinnen.

„Ja, so ist es gut. Verdammt, du bist noch immer meine schüchterne, süße, unschuldige Frau, nicht wahr?“ Seine Stimme klingt sanfter, doch sie hat eine gewisse Schärfe, die ich nicht verstehe.

Zwei Sekunden später ist das irrelevant, denn er dringt mit einem Finger tief in mich ein. Keuchend strecke ich den Rücken durch.

Es fühlt sich gut an.

Er fühlt sich gut an.

Ich habe das vermisst.

Jedes bisschen davon.

Paxton schiebt mir schnell den Slip von den Beinen, zieht mir das Shirt aus und dreht mich um, sodass ich ihm nun gegenüberstehe. Mit den Augen mustert er meinen Körper, was mir so vorkommt, als würde er mich mit seinen Blicken durchbohren. Ich habe das Gefühl, ich bin bloß eine x-beliebige Frau für ihn. Wer ich bin, spielt wohl keine Rolle, denn er sieht nicht mich.

Seine Lippen prallen auf meine, und seine warme, feuchte Zunge nimmt meinen Mund in Besitz. Ich schmecke ihn, er schmeckt wie die Sonne. Er ist warm und männlich, und ich verschmelze mit seinem Körper.

Ich höre seine Kleidung rascheln, dann fällt seine Hose auf den gekachelten Fußboden.

Abermals werde ich herumgewirbelt, seine Hand liegt nun flach auf meinem Rücken. Er drückt meine Brust und meine Wange auf die kalte Arbeitsplatte der Küchenzeile.

Bevor ich ein Wort sagen kann, tritt er mit seinem Stiefel gegen meine Knöchel, um meine Beine zu spreizen. Als er in mich eindringt, legt er seine große Hand auf meine Taille.

Es brennt.

Ich bin noch nicht bereit.

Mein Körper ist noch nicht bereit.

Seit acht Monaten bin ich nicht mehr berührt worden. Nur wenn das Verlangen zu groß war, habe ich mich selbst befriedigt, was jedoch nicht zu meinen Stärken zählt. Diese Tatsache hat mich oftmals sehr frustriert.

Vor Schmerz schreie ich auf. „Pax, das tut weh.“

Er ignoriert mich. Er zieht sich aus mir zurück und stößt wieder und wieder tief in mich hinein. Ich kann nicht verhindern, dass mir erneut die Tränen kommen, da er seine Hand in meinem Haar vergräbt und sich darin festhält. Plötzlich hält er inne und stöhnt auf. Ich spüre, wie er meine Pussy mit seiner Erlösung flutet.

Wir haben nicht über Verhütung gesprochen, noch nie. Bevor er ging, haben wir immer ein Kondom benutzt. Während er weg war, habe ich keinen Grund gesehen, die Anti-Baby-Pille zu nehmen.

Er hätte mich einfach schwängern können, und ich würde die Erinnerung an diese Inbesitznahme, an die Zeugung unseres Kindes, für immer im Kopf behalten – nein, danke.

„Das war gut, Babe. Danke.“ Er verpasst mir einen Klaps auf den Hintern und zieht sich aus mir zurück.

Ich rühre mich nicht. Es geht nicht.

Ich sehe, dass er mein Shirt neben meinem Kopf auf den Tresen befördert. Schließlich bewege ich mich doch, obwohl es zwischen meinen Beinen schmerzt, und ziehe mir das Oberteil wieder an.

Ich blicke in das Gesicht meines gut aussehenden Mannes, woraufhin ich erschaudere. Es ist leer. Ein leeres Antlitz, leere Augen – so erschreckend leer.

Was ist ihm dort drüber widerfahren?

Was hat man ihm angetan?

Vor acht Monaten hat er mich behandelt, als wäre ich aus Glas. Als wäre ich ein kostbarer Schatz, von dem er nicht glauben konnte, dass er ihm allein gehörte. Jetzt gerade weiß ich nicht, wie er mit mir umspringt, aber es gefällt mir nicht – überhaupt nicht.

„Ich gehe mit den Jungs was trinken. Unterwegs besorge ich mir etwas zu essen. Warte nicht auf mich“, sagt er mit teilnahmslosem Gesichtsausdruck.

„Paxton“, flüstere ich und fühle, wie sein Sperma mir die Schenkel hinabrinnt, während mir die Tränen weiterhin über die Wangen laufen.

„Fang jetzt nicht an, zu meckern, okay? Du wurdest soeben gefickt. Was willst du noch?“

Ich schüttle den Kopf, denn ich wollte nichts von dem, was er mir gerade gegeben hat. Nicht heute, und auch sonst nicht.

„Ich habe dich nicht darum gebeten, Pax. Du hast mir wehgetan“, gestehe ich ihm.

Etwas flackert in seinen Augen auf, bevor er wieder seine harte Maske auflegt. „War es nicht gut für dich? Mochtest du es nicht? Dann solltest du verdammt noch mal vielleicht besser verschwinden“, lautet seine geknurrte Antwort, ehe er sich seine Tasche schnappt, geht und die Haustür hinter sich zuknallt.

Ich habe keine Ahnung, was hier gerade passiert ist. Ich bin absolut ahnungslos, schockiert, verletzt und wütend.

Ich gehe ins Bad, um mich sauber zu machen. Während ich das tue, stelle ich fest, dass sein Sperma mit Blut vermischt ist. Diese Tatsache lässt mich nur noch mehr weinen. Ich dusche mich ab und gehe schließlich zu Bett. Vergessen ist die Pediküre, die ich mir gönnen wollte, vergessen ist all das Schöne, das ich für Paxton und mich für morgen geplant hatte.

Ich brauche dringend Freunde, denn ich kann niemanden anrufen. Es gibt zwar die Leute aus der Selbsthilfegruppe, an die ich mich wenden könnte, doch das sind alles die Ehepartnerinnen von Paxtons Kollegen. Ich kann ihnen nicht erzählen, was er mir soeben angetan hat. Außerdem ist es mir peinlich.

Ich habe niemanden. Niemanden außer ihm.

Nachdem ich eine Handvoll Ibuprofen eingeworfen habe und zum ersten Mal, seit ich ihn kenne, darauf hoffe, dass er nicht nach Hause kommt, heule ich mich in den Schlaf.

Einige Stunden später werde ich von einem Geräusch geweckt.

Ich schaue auf meine Uhr. Es ist vier Uhr in der Früh. Erst vernehme ich ein Krachen, dann höre ich ihn fluchen. Scheinbar ist mein Mann zu Hause. Ich weiß nicht, wo er gewesen ist, und nachdem er mich vorhin so schlecht behandelt hat, ist es mir auch ziemlich egal.

Ich setze mich auf, verlasse das Bett und gehe die Treppe hinunter, um zuzusehen, wie er die Stufen hinaufzukommen versucht. Er stolpert immer wieder rückwärts. Für jede Stufe, die er erklimmt, strauchelt er zwei wieder hinab.

Er ist so was von hinüber.

Ich unterdrücke die dummen Tränen, die schon wieder meine Augen füllen. Ich gehe auf ihn zu, lege den Kopf in den Nacken und meine Arme um seine Taille, um meinem betrunkenen Arschloch-Ehemann die Treppe hinaufzuhelfen.

„Cleo, du bist so verdammt heiß“, sagt er stöhnend, als ich seinen schweren Hintern durch die Schlafzimmertür bugsiere. Aufgrund seiner Worte schnaube ich. „Wie konnte ich nur so viel Glück haben? Nicht wahr, Baby?“

Ich verdrehe die Augen.

Vorhin hatte ich nicht den Eindruck, dass er sich glücklich schätzt, mich zu haben. Bis auf seine Boxershorts ziehe ich ihn aus und befördere ihn anschließend ins Bett. Ich decke ihn mit der Bettdecke zu und lege mich neben ihn, von ihm abgewandt.

„Cleo, Baby.“ Ich spüre, wie er seine Finger meinen Arm auf und ab wandern lässt. Die Geste ist süß, auch wenn ich es nicht mag, wie diese simple Streicheleinheit mein Herz erwärmt. Ich will ihn hassen.

„Du bist betrunken. Schlaf einfach, Paxton.“

Stöhnend schlingt er seinen Arm um meine Taille und zieht meinen Rücken gegen seine Brust. „Du hast mir gefehlt, Baby.“

In diesem Moment erlaube ich mir, zu weinen. Das ist der Paxton, den ich kenne. Der Paxton, der sanft, süß, liebevoll und fürsorglich ist. Doch was ist mit dem Mann, der hier heute aufgeschlagen ist und mir wehgetan hat? Ihn kenne ich nicht, ihn mag ich nicht. Kein bisschen.

Er drängt nicht auf mehr. Seine Atmung wird gleichmäßiger. Ich weiß, wann er eingeschlafen ist, denn sein Arm auf meiner Taille wird so schwer, dass er mich noch etwas tiefer in die Matratze drückt.

Am nächsten Morgen werde ich viel zu früh durch das Schnarchen meines Mannes geweckt. Sein heißer Arm ruht noch immer auf meiner Taille, und sein viel zu warmer Körper liegt regelrecht auf meinem. Ich stupse Paxton ein paar Mal an, ehe er sich stöhnend von mir rollt.

„Scheiße, wie spät ist es?“, will er wissen, woraufhin ich mein Handy an mich nehme und die Uhrzeit vom Display ablese.

„Zehn.“

Es ist doch nicht so früh, wie ich erwartet hatte, aber der gestrige Tag war lang und schrecklich. Schweigend liegen wir nebeneinander, berühren uns nicht und schauen uns auch nicht an. Ich betrachte lieber die Decke.

„Cleo.“ Ich spüre, dass er seine Hand die Innenseite meines Beins hinaufgleiten lässt. Mein ganzer Körper erstarrt.

Als seine Finger über meine empfindliche Mitte streichen, wimmere ich, ehe ich vor Schmerzen zusammenzucke. Er stellt die Streicheleinheit ein. Da ich seinen Blick auf mir spüre, drehe ich mich zu ihm hin und sehe ihn an. Seine silberblauen Augen sind nicht mehr ganz so kalt. Ich entdecke etwas von der Wärme in ihnen, an die ich mich so gern erinnere.

„Habe ich dir sehr wehgetan?“

Ich nicke, da ich nicht dazu fähig bin, zu sprechen.

„Fuck, ich … Es tut mir leid“, murmelt er. Das ist das Schönste, was er zu mir gesagt hat, seit er durch diese Zimmertür gekommen ist. Und diese Tatsache ist schon verdammt erbärmlich.

„Wieso?“ Mehr bekomme ich nicht über die Lippen, doch glücklicherweise versteht er, worauf ich hinauswill. Ich weiß das aufgrund seines Blicks.

„Ein Kamerad wurde von seiner Ehefrau verlassen, während wir im Einsatz waren. Sie hatte eine Affäre. Die Verlobte eines Mannes ging, weil sie mit der Entfernung nicht zurechtgekommen ist. Vier Jungs wurden von ihren Langzeitfreundinnen aus denselben Gründen sitzen gelassen. Wir kennen uns kaum, und verdammt, ich würde sterben, wenn du mich für einen anderen Kerl verlassen würdest“, gesteht er mir.

„Also wolltest du mich von dir stoßen?“, mutmaße ich.

Ein paar Augenblicke herrscht Schweigen zwischen uns, während ich über das nachdenke, was er soeben gesagt hat.

„Ich sollte dich verlassen“, sage ich schließlich.

Das stimmt. Ich sollte gehen. So wie er mich gestern Abend behandelt hat und wie er dann besoffen nach Hause gekommen ist – ich sollte abhauen.

Doch irgendetwas hält mich davon ab. Vielleicht ist es die Tatsache, dass wir nicht bloß zusammen, sondern verheiratet sind. Wahrscheinlich mag es daran liegen, dass ich eine Idiotin bin. Oder dass ich außer ihm niemanden auf dieser Welt habe.

„Ich verstehe“, antwortet er, was schmerzhaft klingt.

„Allerdings glaube ich nicht, dass ich das kann.“

Paxton stößt einen schweren Atemzug aus, bevor er sich auf mich rollt. Mit seinen blauen Augen blickt er in meine, sie verbergen nichts. Er blickt so ängstlich, nervös, reuevoll, traurig und erleichtert zugleich drein.

„Ich werde es wieder gutmachen, Baby. Fuck, ich bin ein verdammter Bastard.“

Dieser Aussage kann ich nicht widersprechen. Paxton legt seine Lippen auf meine, weich und sanft, dann lässt er sie meinen Hals hinab zu meinem Schlüsselbein wandern.

„Ich möchte mich bei meinem Mädchen entschuldigen“, nuschelt er gegen mein Schlüsselbein.

Ich nehme die Entschuldigung gern an, wenn seine Lippen weiterhin so liebevoll über meine Haut streifen.

„Ich werde dich jetzt mit Zunge und Mund verwöhnen, Baby. Kannst du das ertragen, oder sind die Schmerzen zu groß?“, erkundigt er sich, während er sich in Richtung Brüste hinabküsst.

Durch den Stoff meines Shirts saugt er meine Brustwarze ein. Ich stöhne auf, strecke den Rücken durch und genieße das Gefühl, das er in mir auslöst.

„Das sollte gehen“, erwidere ich, woraufhin er mir das Höschen von den Beinen zieht.

Mit seinen Fingern streichelt er über meine Schenkel, spreizt sie leicht und lässt sich mit seinem großen Körper zwischen ihnen nieder. Langsam lässt er seine Lippen meinen Bauch hinabwandern. Ich spüre seine Nase an meinem Bauchnabel, bevor er erst mein Schambein und dann meine Klitoris küsst.

„Paxton.“ Keuchend fahre ich ihm mit den Fingernägeln durch sein kurz geschorenes dunkles Haar.

Langsam lässt er seine Zunge durch meine Spalte gleiten. Er entschuldigt sich so lange mit seinem Mund, bis ich komme. Das ist mein erster richtiger Orgasmus, seit er mich vor acht Monaten verlassen hat. Es ist ein Segen. Allerdings kommt es mir zugleich bittersüß vor.

Ich habe ihm nicht vergeben, und ich werde nie vergessen, wie er meinen Körper benutzt hat. Aber ich bin bereit dazu, nach vorne zu blicken. Mir ist klar, dass sein Verhalten mit dem zu tun hat, was er gesehen oder getan hat, während er weg war.

Das Leben hält unzählige Hürden bereit, und diese ist nur eine von vielen. Meine Grandma hat mir das beigebracht. Sie hat mich gelehrt, dass Menschen dumme Dinge tun, wofür sie Reue und Trauer verspüren. Also muss man manchmal über besagte Dummheiten hinwegsehen und stattdessen einen Blick in ihr Herz werfen.

Während ich einschlafe, denke ich an unseren Neuanfang. Ich kann über das, was gestern passiert ist, hinwegsehen, wenn dies der Mann ist, den ich für die Zukunft an meiner Seite haben werde.

Als ich später am Nachmittag wieder aufwache, ist er weg.

Von ihm fehlt jede Spur.

Sein Handy ist tot.

Das Einzige, was er hinterlassen hat, ist ein Zettel.

Ich werde dir nur weiter wehtun, Baby.

Ich kann das nicht.

Dafür liebe ich dich zu sehr.

Sei glücklich.

Paxton

Dieser egoistische Mistkerl.

Ich weine so lange, bis ich nicht mehr weinen kann. Vier Wochen lang verschanze ich mich in unserer Wohnung. Irgendwann ist die Miete fällig, die ich nicht aufbringen kann.

In diesen vier Wochen hat er nicht ein einziges Mal versucht, mich zu kontaktieren.

Mir bleibt keine andere Wahl. Ich gehe.

Kapitel 1

Elf Jahre später

Torch

Ich schaue auf das Gelände meines neuen Clubhauses in Kalifornien. Es ist dunkel, aber nicht so düster wie in Idaho. Hier ist die Umgebung eine ganz andere. Drinnen findet eine Party statt, aber ich habe heute Abend kein Interesse an dem ganzen Scheiß. Pussys und Alkohol stehen nicht im Vordergrund meines Denkens. Ich habe nur eine Sache im Kopf – Cleo.

Tatsächlich beherrscht Cleo regelmäßig meine Gedanken, die letzten elf Jahre lang. Die Geschichte mit ihr ist das, was ich in meinem Leben am meisten bereue.

Wegen des Kartells geht es drunter und drüber, daher habe ich in letzter Zeit vor allem an ihre Sicherheit gedacht. Fury, mein alter Präsident in Idaho, meinte, ich müsse mit ihr abschließen oder so einen Scheiß. Ehrlich gesagt will ich nur wissen, dass sie in Sicherheit ist und dass meine üble Scheiße nicht auf sie abfärbt – nicht schon wieder.

Sobald dieser Kriegsquatsch erledigt ist, werde ich in die Zukunft blicken, und sie kann ihren Weg gehen. Ich werde nie friedlich leben können, nicht mit den Dämonen, die in mir toben, aber sie kann es hoffentlich. Ich will nicht nur, dass sie atmet und am Leben ist, sondern dass sie sich sicher fühlen kann.

„Du hast dich verdammt gut im Griff, Bruder“, sagt Texas, als er hinter mir auftaucht.

Ich nicke, unsicher, was er von mir hören will. Ich rede mit niemandem über mich – niemals. Wenn er von mir Informationen über mein Privatleben will, wird er höllisch enttäuscht sein. Selbst wenn ich ein Mann wäre, der seine Last teilt, dann nicht mit einem Fremden, sondern mit einem meiner engsten Brüder, Fury oder Sniper, nicht mit diesem Typen.

„Ich bin Ex-Soldat. Sanitäter, um genau zu sein. Ich habe zwei Einsätze in Afghanistan und zwei im Irak hinter mir. Wenn du irgendwelchen Scheiß loswerden willst, der dich belastet, bin ich für dich da. Wenn du es mit einem Psychiater versuchen willst, dann kenne ich da einen guten. Wenn du ein paar Kugeln abfeuern willst, da stehe ich auch drauf, also wäre ich dabei“, schlägt er vor, während er sich neben mich setzt, eine Zigarette aus seiner Tasche nimmt und sie anzündet.

„Ist es so offensichtlich, dass ich gedient habe?“, gebe ich lachend zurück, gehe aber nicht auf seine Worte ein.

„Dein Haarschnitt verrät dich. Er entspricht zwar nicht länger den Vorschriften, dennoch reichen dir deine Haare noch nicht wieder bis zum Kragen. Außerdem kenne ich die Dämonen in deinem Blick, sie suchen mich jeden Tag heim, wenn ich in den verdammten Spiegel schaue“, grunzt er.

„Ich rede nicht über meine Gefühle, aber danke“, sage ich.

„Ich bitte dich nicht, über deine Gefühle zu sprechen. Diese Dämonen sind nicht einfach nur Emotionen, Torch. Sie sind lebendige, atmende Monster. Wenn du nicht aufpasst, werden sie in dir wachsen und den Rest des Mannes verzehren, der du einmal warst.“

„Dieser Mann starb, als ich zwanzig Jahre alt war. Die Dämonen können ihn nicht töten. Er ist schon über ein verdammtes Jahrzehnt fort“, knurre ich und stehe auf.

„Bruder, er ist nicht weg. Nicht ganz. Du kämpfst nicht gegen deine Dämonen an, du drängst sie nicht zurück, denn dann wären sie erledigt – aber glaub mir, er ist immer noch da. Tief vergraben, aber er ist da.“

„Wie kommst du darauf?“, frage ich schnaubend.

„Weil du einen Club in Idaho hast, der dich liebt und dich als einen von ihnen betrachtet, und das nicht nur, weil du diese Kutte trägst. Ihre Frauen machen sich Sorgen um dich, schreiben dir Nachrichten und nerven MadDog damit. Aber andererseits kannst du sogar auf ihn zählen, oder?“ Er verfällt in Schweigen.

Statt weiterzusprechen, steht er auf, drückt seine Zigarette aus, dreht sich um und geht davon. Ich schaue ihm nicht hinterher, höre jedoch, wie sich die Tür hinter ihm schließt. Ich starre weiter in die Dunkelheit vor mir. Es ist stockfinster, und ich atme die kühle Nachtluft ein.

Ich hätte nie gedacht, dass ich mal in Kalifornien leben würde, aber Cleo ist hier. Es ist ihr Heimatstaat, und ich wusste, dass ich sie hier finden würde. Es war nicht schwer. Ich habe sie über das verdammte Facebook gefunden. Ich schüttle den Kopf und denke an ihr Profil und ihr Profilbild. Es ist ein Bild von der Seite. Sie lächelt, so viel kann ich sehen, und es ist windig, ihre roten Haare fliegen umher.

Ihr Account ist privat, kluges Mädchen, und ich bin halb versucht, jemanden zu bitten, sich einzuhacken, damit ich mir all ihre Bilder ansehen kann. Hauptsächlich, um zu sehen, ob es einen Mann in ihrem Leben gibt. Es wäre mir scheißegal, wenn sie einen Mann hätte. Ich habe so viele Pussys genagelt, seit ich sie verlassen habe, dass ich mich schämen würde, wenn sie die genaue Zahl wüsste. Aber sie ist schließlich immer noch meine Frau, und meine Neugier ist einfach zu groß.

Ich rufe ihre Adresse auf meinem Handy auf. Sie wohnt in Sacramento, drei Stunden von mir entfernt. Ich kann heute Abend nicht vorbeifahren, aber ich muss sie sehen. Dass ich mich im selben Bundesstaat wie Cleo aufhalte und nur ein paar Stunden von ihr entfernt bin, macht mich nervös. Das letzte Mal, als ich ihr so nah kam, muss zu dem Zeitpunkt gewesen sein, als ich in Texas stationiert war und wir zusammenlebten.

Als ich sie verließ, kehrte ich zu meiner Basis zurück und beantragte eine Unterkunft in einer Baracke, wobei ich meinen Vorgesetzten erklärte, dass wir uns getrennt hätten. Es war schrecklich für mich, zu wissen, dass sie so nah ist, ich aber nicht in der Lage war, bei ihr zu sein. Ich konnte erst aufatmen, als sie ging und in ihren Heimatstaat zurückkehrte.

Ich muss wissen, worauf ich mich einlasse, wenn ich ihr meinen Schutz anbiete – wobei sie keine Wahl hat. Sie wird meine Hilfe annehmen, mein schüchternes Mädchen. Ich bin sicher, dass sie noch genau das Mädchen ist, das sie war, als ich sie vor all den Jahren geheiratet habe. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich verändert hat, jedenfalls nicht so wie ich. Sie hat ein hartes Leben geführt, bevor ich sie überhaupt kennengelernt habe, und dennoch wurde sie dadurch nicht kaltherzig oder gefühllos. Tatsächlich war sie immer das genaue Gegenteil.

„Texas hat gesagt, dass du Gesellschaft brauchst?“ Eine süße Stimme ertönt hinter mir.

Ich neige meinen Kopf zur Seite und strecke meinen Hals leicht, um zu sehen, wer auf mich zukommt. Es ist ein hübsches, junges Ding mit dunklen Haaren und Augen. Sie ist eine Hure und trägt nichts weiter als ein paar Stofffetzen, um ihre Brüste und ihre Pussy zu bedecken. Sie friert sich hier draußen wahrscheinlich den Arsch ab, aber sie wird sich nicht beschweren, nicht bei mir – nicht bei einem Bruder der berüchtigten Devils.

„Nicht heute Nacht, Süße“, brumme ich.

„Okay“, antwortet sie, nickt und dreht sich um, um davonzugehen.

Ich beobachte ihre knackigen Arschbacken, während sie geht, und denke, dass ich ihr Angebot wahrscheinlich hätte annehmen sollen. Allerdings fühle ich mich im Moment nicht stabil; als ich das letzte Mal jemanden gefickt habe, als ich mich so fühlte, habe ich ihr verdammt wehgetan.

Ich habe mir geschworen, dass ich diesen Scheiß nie wieder machen würde – niemals.

Cleo

Ich schrecke hoch, schließe die Augen wieder und lausche auf Geräusche. Es ist nichts zu hören, bis ich plötzlich vernehme, wie die Tür meiner Nachbarn zuschlägt. Kurz darauf beginnen sie, sich anzuschreien. Ich drehe meinen Kopf zur Seite und stöhne.

Es ist sieben Uhr morgens, was bedeutet, dass meine Nachbarn gerade ihre Nachtschicht beendet haben.

Sie sind betrunken und streiten, was dazu führen wird, dass sie besoffen ficken. Das ist ein Ablauf, an den ich mittlerweile gewöhnt bin, und ich möchte nicht in der Nähe sein.

Daher beeile ich mich, unter die Dusche zu kommen, wasche mich und ziehe mich dann in Rekordzeit an. Ich muss heute nicht zur Arbeit, aber ich habe eine Verabredung zum Brunch, und ich spute mich besser, sonst komme ich zu spät. Ich eile zu meinem schäbigen, kastanienbraunen Sedan. Nun, er ist nicht mehr wirklich kastanienbraun, sondern hat mittlerweile eine schöne, rostrote Farbe.

Ich fahre durch die Stadt, ärgere mich über den Verkehr und wünschte, ich wäre nicht wieder hierhergezogen. Ich hätte in Texas bleiben sollen, aber es gab dort viel zu viele Erinnerungen. Texas birgt sowohl gute als auch schlechte Erinnerungen. Am Ende fühlten sich sogar die Guten befleckt an, also bin ich gegangen. Ich bin an den einzigen anderen Ort zurückgekehrt, den ich mein Zuhause nenne: Sacramento.

Ich parke das Auto, schüttle die Vergangenheit ab und steige vom Fahrersitz. Dann eile ich in das kleine Café, wo mein Date auf mich wartet.

„Es tut mir leid“, sage ich hastig, während ich zu ihm hinübergehe und meine Lippen auf seine Wange drücke.

„Du bist spät dran“, schimpft er missbilligend, bevor sich sein missmutiger Gesichtsausdruck schließlich in ein breites Lächeln verwandelt. „Aber das ist mir scheißegal. Du bist hier, ich bin hier, und es gibt Antipasti“, verkündet Lisandro mit einer ausladenden Handbewegung.

Ich unterdrücke mein Lächeln, da ich weiß, dass Lisandro gern ausgefallene Wörter verwendet, darunter auch Antipasti, wie er Appetithäppchen nennt.

„Lis, ernsthaft, es ist so schön, dich zu sehen“, stelle ich seufzend fest und wische mir eine Träne aus dem Auge.

„Du musst für mich arbeiten. Der Anwalt, für den du schuftest, ist ein Arschloch. Komm zu mir und verkauf Diamanten“, sagt er und betont das Wort wie immer übertrieben genüsslich.

Lisandro ist mein bester Freund auf der ganzen Welt. Ich kenne ihn seit dem Tag, an dem ich nach Sacramento zurückgezogen bin. Wir haben uns genau in diesem Café kennengelernt. Ich war ein jämmerliches Häufchen Elend, ein weinendes, erbärmliches Wrack, und er kam direkt auf mich zu, setzte sich mit seinem extravaganten Hintern auf den Stuhl mir gegenüber, und seitdem sind wir Freunde.

Vor drei Jahren verliebte er sich in Theo. Als es so weit war, zog sein Liebhaber mit ihm nach Redding, Kalifornien. Theo ist Apotheker. Er nahm eine Stelle in Redding an, schnappte sich Lisandro, und sie haben es nie bereut. Nun sind sie nicht mehr oft hier, abgesehen von gelegentlichen Besuchen bei mir und Lisandros Großmutter. Sie leben zwei Stunden voneinander entfernt.

Redding ist nicht die kleinste Stadt im Staat, aber auch nicht die größte. Doch Lisandro begann, sich schnell zu langweilen, also eröffnete er ein Juweliergeschäft.

„Er ist ein Arschloch, aber mit der Arbeit dort kann ich meine Rechnungen bezahlen. Ehrlich gesagt, ist es in Ordnung“, sage ich resigniert.

„Er hat dich benutzt, Cleo. Er hat dich verarscht und dann so getan, als wäre es nie passiert. Jetzt bist du für ihn ein Nichts, und genau so behandelt er dich auch“, knurrt Lis.

„Ich war jung und dumm. Es ist auch meine Schuld“, entgegne ich leise.

„Du warst zwanzig, hattest gerade erst deine gescheiterte Ehe überwunden, und das wusste er. Ihm war klar, wie er dich rumkriegen konnte, also hat er es getan. Er ist doppelt so alt wie du, Cleo“, betont Lis, obwohl ich die Geschichte bereits kenne. Ich war schließlich dabei.

Allein die Erwähnung meiner gescheiterten Ehe schmerzt mich immer noch, als wäre es erst gestern passiert.

„Ich bin seit zehn Jahren dort. Ich kann nicht einfach weggehen“, erkläre ich und versuche, nicht an Paxton zu denken.

Aber jetzt, da er erwähnt wurde, werden meine Gedanken wahrscheinlich den ganzen Tag über zu ihm abschweifen.

Na toll.

„Doch, das kannst du; und bei seiner Klientel solltest du das auch“, erwidert er.

Das stimmt. Die Klientel meines Chefs ist ziemlich beängstigend. Er ist Strafverteidiger, und obwohl seine Mandanten in der Regel Wirtschaftskriminelle sind, ist das nicht immer der Fall. Trotzdem machen mir selbst die Wirtschaftskriminellen Angst.

Um ehrlich zu sein, braucht es nicht viel, damit ich mich fürchte. Ich bin ein absoluter Angsthase. Ich weiß nicht, wie ich fast mein ganzes Erwachsenenleben lang allein leben konnte, obwohl ich mich beinahe vor meinem eigenen Schatten fürchte.

„So einfach ist das nicht“, meckere ich, als der Kellner unsere Vorspeisen bringt.

Heute hat Lis Brie mit süßem Fruchtaufstrich und Crackern bestellt. Sündhaft lecker.

„Doch. Du marschierst in sein Büro, kündigst mit einer Frist von zwei Wochen, und hoffentlich lässt er dich sofort gehen. Du packst deine spärlichen Habseligkeiten und Klamotten ein und kommst zu mir nach Hause, wo ich eine Gästesuite habe, die auf dich wartet. Du wohnst dort so lange, wie du möchtest, oder bis du es nicht mehr aushältst, wie ich schreie, wenn Theo mich zum Kommen bringt. Es liegt ganz bei dir“, sagt er und zuckt mit den Schultern, während er den Brie auf seinen Cracker schmiert und ihn dann in den Mund steckt.

Ich kann mir ein Kichern aufgrund seiner Worte nicht verkneifen. Erstens: Er hat keine Gästesuite. Es ist ein kleines Schlafzimmer und sonst nichts; das Badezimmer ist am Ende des Flurs. Zweitens: Lautes Stöhnen würde mich wahrscheinlich schon in der ersten Nacht vertreiben.

„Lis“, sage ich seufzend. Er schüttelt den Kopf, bevor er mich mit einem ernsten Blick fixiert.

„Ich meine es verdammt ernst, Clee. Der Typ ist ein Arschloch, seine Kunden sind verdammt Furcht einflößend, und du wohnst zu weit weg von mir. Ich kann dir helfen, und ich will es. Denk darüber nach“, drängt er. Ich schlucke und nicke.

„Okay, ja“, stimme ich zu.

„Ich schwöre, du bist schlimmer als ein Kleinkind“, stellt er kichernd fest.

„Wie auch immer.“

„Verabredest du dich, gehst du auf Dates?“, fragt er und wechselt das Thema zu einer anderen Angelegenheit, über die ich nicht sprechen möchte.

„Lis“, sage ich warnend.

„Es ist mittlerweile zehn Jahre her“, gibt er zu bedenken.

„Es ist ja nicht so, dass ich nur rumsitze und darauf warte, dass er nach Hause kommt. Ich bezweifle, dass er überhaupt weiß, wo ich wohne. Ich jedenfalls habe keine Ahnung, wo er ist. Es ist nur ...“

„Er ist dein Theo“, flüstert Lis.

„Ich habe es mit anderen Männern versucht“, murmele ich.

„Du hast es mit deinem Arschloch von Chef versucht, das zählt nicht“, gibt er schnaubend zurück.

„Und mit Brad. Du erinnerst dich doch an ihn, oder?“

„Er war ein Weichei. Du wolltest nur auf Nummer sicher gehen, weil du wusstest, dass es zu nichts führen würde“, betont er, während er einen weiteren Cracker verdrückt. Bei diesem Gesprächsthema ist mir der Appetit völlig vergangen.

„Er war nett“, verteidige ich mich.

„Er war ein Weichei, und das weißt du. Mach dir nichts vor“, entgegnet er vehement.

Zum Glück lässt es Lisandro dabei bewenden. Er wechselt das Thema zu seinem Geschäft, spricht über den neuen Warenbestand und zeigt mir Bilder der schönen Stücke, die er ausgewählt hat.

Als unser Brunch-Date vorbei ist, beschließen wir, spazieren zu gehen und ein wenig einzukaufen. Lis liebt es, zu shoppen, und ich liebe es einfach, mit meinem besten Freund zusammen zu sein.

„Du weißt schon, dass ich das alles nicht angesprochen habe, nur um dir auf die Nerven zu gehen, oder? Ich tue es, weil ich dich liebe und möchte, dass du glücklich bist“, sagt er später am Nachmittag, als er an seinem Auto lehnt.

Es ist spät, und er wird nach Redding zurückkehren – zurück zu Theo und seinem Leben dort. Ich spüre bereits den Verlust meines Freundes, der einzigen Person in meinem Leben, die absolut alles über mich weiß – die guten, die schlechten und die wirklich hässlichen Seiten.

„Ich weiß“, gebe ich zu und beiße mir auf die Unterlippe, während ich auf meine Schuhe schaue.

„Du verdienst es, glücklich zu sein, wunschlos glücklich. Ich bin dein bester Freund, und doch habe ich dich nie so gesehen“, fährt er fort.

Ich nicke und schließe meine Augen fest, bevor er seine Finger unter mein Kinn schiebt und meinen Kopf anhebt.

Langsam öffne ich meine Lider und blicke in seine dunkelbraunen Augen, in denen sich Sorge widerspiegelt. Er legt seine Hand auf meine Wange und streicht mit seinem Daumen über meine Haut, bevor er seine Stirn an meine legt.

„Du bist die schönste Frau, die ich kenne. Innerlich und äußerlich, Clee. Du verdienst so viel Glück in deinem Leben. Ich möchte, dass du vor Glück explodierst, Sweetheart. Du atmest, aber du lebst nicht. Ich hasse das. Komm nach Redding, fang neu an“, bittet er.

„Das habe ich versucht, als ich nach Sacramento zurückkam“, gebe ich zu.

„Nein, hast du nicht. Du bist an einen vertrauten Ort zurückgekehrt, um deine Wunden zu lecken. Es ist Zeit, Sweetie Pie. Du musst ihn hinter dir lassen und weitermachen. Er wird nicht zu dir zurückkommen, und ehrlich gesagt, denke ich nicht, dass er das sollte. Er ist ein Stück Scheiße.“ Seine Worte lassen mich erstarren, ich fühle mich in die Defensive gedrängt, weigere mich aber, etwas zu erwidern. „Das ist er. Er hat dir etwas Unaussprechliches angetan und dich dann im Stich gelassen. Er ist deiner nicht würdig.“

„Wir waren jung“, flüstere ich zitternd.

„Aber das seid ihr nicht mehr. Was ist jetzt seine Entschuldigung?“

Ich schüttle den Kopf und schweige, da ich weiß, dass ich in Tränen ausbreche, sobald ich den Mund öffne. Lisandro schüttelt ebenfalls den Kopf, aber das hat nichts damit zu tun, dass er weinen möchte, sondern mit der elendigen Lanze, die ich offensichtlich immer noch für meinen Ehemann Paxton Hill breche.

„Bis bald, Sweetie Pie. Pass auf dich auf und denk darüber nach, nach Redding zu kommen“, rät er mir, lässt meine Wange los und beugt sich vor, um seine Lippen an meine Stirn zu drücken.

Ich nicke und lächle ihm zitternd zu, während er sich in sein Auto setzt. Ich habe nicht die Absicht, von hier fortzugehen, obwohl ich nicht weiß, warum. Eigentlich hält mich nichts in Sacramento, außer genau das, was Lis gesagt hat – Vertrautheit. Meine Eltern sind tot, alle Freunde, die ich als Kind hatte, haben ihr Leben weitergelebt, und mein Chef ist ein Arschloch.

Resigniert lächelnd eile ich zu meinem beschissenen Auto und fahre nach Hause, da ich nicht im Dunkeln unterwegs sein möchte. Ich bin ein Angsthase und ein Stubenhocker in einer Person.

Sobald ich in meiner Wohnung eingeschlossen bin, entscheide ich mich, ein warmes Bad einzulassen, mir ein Glas Wein einzuschenken – der auch mein Abendessen sein wird – und dann ins Bett zu gehen. Das sind meine perfekten Pläne für diesen Sonntagabend, erbärmlich, aber genau das, worauf ich gerade Lust habe.

Kapitel 2

Torch

Ich schwinge mich auf mein Motorrad und habe heute nur eine Mission, und zwar eine einzige. Ich werde nach Cleo Hill sehen, meiner Frau. Verdammt, es ist eine Ewigkeit her, dass ich sie gesehen habe, aber angesichts der Drohungen des Kartells, und da wir nicht wissen, wie lang ihr unheilvoller Arm reicht, muss ich sie beschützen. Ich weiß nicht, warum ich gerade jetzt den Drang verspüre, das zu tun. Schließlich habe ich das noch nicht mal in unserer kurzen gemeinsamen Zeit getan. Ich war derjenige, der ihr wehgetan hat.

Verdammt.

Wenn ich nur an diese Zeit zurückdenke, fühle ich mich wie ein Stück Scheiße. Genau das war und bin ich. Die einzige Entschuldigung, die ich vorbringen kann, ist der Krieg.

Krieg ist so verdammt kompliziert. Der Scheiß, den ich gesehen habe, der Scheiß, den ich getan habe, und der Scheiß, der um mich herum passiert ist, war zu viel für mein zwanzigjähriges Gehirn, um es zu verarbeiten.

Anstatt nach Hause zu kommen und Cleo um Unterstützung zu bitten, sabotierte ich unsere Beziehung – oder versuchte es zumindest. Als sie wider Erwarten nicht aufgab und ich tief in meinem Inneren spürte, dass sie das nie tun würde, verließ ich sie. Ich zog mich zurück aus einer Situation, von der ich wusste, dass ich nichts anderes tun würde, als sie weiterhin zu verletzen.

Die dreistündige Fahrt zu ihrem Haus gibt mir Zeit zum Nachdenken. Ich habe nicht viele Informationen über sie gefunden, nur ihre Adresse und ihren Arbeitsplatz.

Ich möchte mehr wissen, aber ich verdiene es nicht. Ich weiß nicht, ob ich damit umgehen kann, zu wissen, dass sie einen Mann hat; aus irgendeinem Grund hat mich das in letzter Zeit beschäftigt.

In den letzten zehn Jahren habe ich versucht, jeden Gedanken an sie zu verdrängen – ich habe gesoffen und Schlampen gevögelt, um mich so weit zu betäuben, dass ich ihre Erinnerung nicht mehr heraufbeschwören kann, selbst wenn ich es versuchen würde. Aber das funktioniert nie wirklich. In der Sekunde, in der ich nüchtern werde, in dem Augenblick, in dem ich meine Augen schließe und kein Alkohol mehr durch meine Blutbahnen fließt, sehe ich nur noch sie.

Als ich vor ihrem Wohnhaus anhalte, knirsche ich mit den Zähnen bei dem Anblick, der sich mir bietet. Sie lebt in einem verdammten Drecksloch. Unten an der Treppe steht eine Gruppe Männer, die trinken und mich anstarren. Na ja, wahrscheinlich eher mein Bike als mich, in der Hoffnung, dass ich es abstelle und weggehe, damit sie es demolieren können.

Verdammt noch mal nicht heute.

Es ist früher Abend, achtzehn Uhr, und ich hoffe, dass sie jeden Moment nach Hause kommt. Ich weiß, dass sie im Verwaltungsbereich tätig ist und gegen fünf Uhr Feierabend haben sollte. Ich habe nichts Besseres zu tun, also warte ich auf sie. Ich muss mich nicht lange gedulden.

Ein paar Minuten später fährt eine heruntergekommene, verrostete, kastanienbraune Karre auf den Parkplatz, und mir fällt die Kinnlade herunter, als eine verdammt sexy, rothaarige Frau aus dem Wagen steigt.

Sie trägt einen engen Rock, der knapp über den Knien endet, und eine Kostümjacke, die ihre schmale Taille betont. Ihr dunkelrotes Haar ist länger, als ich es in Erinnerung hatte, und ihr Hintern ist praller – aber verdammt, sie sieht sogar aus der Ferne besser aus als mit achtzehn.

Ich beobachte, wie sie an den Scheißkerlen unten an der Treppe vorbeigeht. Sie alle beobachten sie, und jeder der Typen rückt seinen Schwanz zurecht, in der Hoffnung auf einen Blick unter ihren Rock, während sie die Treppe hinaufsteigt.

Sie bemerkt sie nicht, oder wenn doch, dann würdigt sie sie keines Blickes. Das scheint normal zu sein – ihr normaler Alltag – und ich hasse es verdammt noch mal.

Cleo steckt ihren Schlüssel ins Schloss der Haustür und schlüpft hinein, hoffentlich schließt sie hinter sich ab. Ich bleibe, wo ich bin, und blicke sicher eine Stunde lang von den Mistkerlen zu ihrer Tür und zurück. Ich möchte zu ihr gehen, aber ich weiß nicht, wie.

Wenn sie irgendeine andere Schlampe wäre, würde ich nicht zögern – aber ich habe ihr wehgetan und sie verlassen, und ich weiß nicht, wie ich das ansprechen soll. Doch das muss ich. Ich schulde ihr Erklärungen, aber das ist etwas, das ich noch nie einem anderen Menschen auf der Welt gegeben habe.

Die Männer an der Treppe zerstreuen sich schließlich, also nutze ich die Gelegenheit, starte den Motor und suche mir einen anderen Ort, an dem ich mein Motorrad verstecken kann, damit es nicht geklaut wird.

Diese Gegend ist verdammt zwielichtig, und ich kann nicht glauben, dass meine Cleo tatsächlich hier lebt; und soweit ich weiß, tut sie das ganz allein.

Ich steige die Treppe hinauf und gehe den beschissenen, offenen Flur entlang. Ich lege meine Hand auf das Geländer und rüttle leicht daran. Meine Augen verengen sich, als ich merke, dass es instabil ist. Mit nur ein wenig mehr Druck könnte ich es herausbrechen.

Das bedeutet, dass jemand, der sich darüber beugt, eine ganze Etage tief in ein paar tote Büsche fallen würde. Bei dem Gedanken starre ich das Geländer noch finsterer an, bevor ich mich umdrehe und an Cleos Tür klopfe.

Ich muss mich nicht einmal anstrengen, um zu hören, wie sie sich in ihrer Wohnung bewegt. Das bedeutet, dass die Isolierung verdammt noch mal unterirdisch schlecht ist und dass sie wahrscheinlich alles hören kann, was ihre Nachbarn auf beiden Seiten von ihr treiben, und umgekehrt. Der Gedanke lässt meinen Blick noch finsterer werden.

Cleos Schritte nähern sich der Tür, und ich weiß, dass sie mich sieht, da sie nach Luft schnappt. Doch sie öffnet nicht. Ich schaue geradewegs zum Spion. Ich bin mir sicher, dass sie mein Gesicht sieht. Verändert habe ich mich kaum, sie wird mich erkannt haben.

Klar, in meinen Augen liegt eine Dunkelheit, die vorher nicht da war, aber ich bin immer noch glatt rasiert; meine Haare sind nicht kurz geschoren, aber immer noch kurz; und obwohl ich etwas an Muskelmasse zugelegt habe, hat sich mein Aussehen kein bisschen verändert.

„Mach die Tür auf, Cleo“, fordere ich sie mit leiser Stimme auf.

„Was machst du hier?“, fragt sie, ohne die Tür zu öffnen.

„Das sage ich dir, wenn du die Tür öffnest, Baby“, murmele ich.

Ich höre, wie sie den Atem anhält, und dann öffnet sich die Tür langsam. Daraufhin steht mir die großartigste Frau gegenüber, die ich je gesehen habe.

Cleo, mit ihren dreißig Jahren, stellt die achtzehnjährige Cleo bei Weitem in den Schatten. Mein Blick wandert über ihr Gesicht, ich nehme ihre roten Sommersprossen wahr, die über ihre Nase und Wangen bis hinunter zu ihrer Brust verteilt sind.

Beim Anblick ihrer üppigen, vollen Brüste beiße ich mir auf die Unterlippe und wünsche mir nichts sehnlicher, als ihr dünnes Tanktop herunterzureißen und ihre nackte Haut zu betrachten, wohl wissend, dass diese Sommersprossen auch ihre Brüste bedecken.

Ihre Taille ist schmal, aber ihre Hüften sind breit. Bereits aus der Ferne sah sie heiß aus. Doch aus der Nähe ist ihr Körper phänomenal.

Ich lege meine Hand auf ihren Bauch und drücke sie hinein, folge ihr und schlage die Tür hinter mir zu. Ihre Brust hebt und senkt sich, während ihre sanften braunen Augen sich bei meiner Bewegung weiten.

Ich beobachte, wie sich ihre Nasenflügel unter ihrem schweren Atmen leicht aufblähen, und sie öffnet den Mund, um zu sprechen, aber dann presst sie ihn wieder zusammen, bevor sich ihre Augen auf mich richten. Ihr Blick wechselt augenblicklich von Überraschung zu Wut.

Wut, die ich verdammt noch mal verdient habe.

Cleo

Mit zusammengekniffenen Augen schaue ich ihn wütend an. Paxton Hill, mein Ehemann. Er ist zurück. Ich weiß nicht, woher er aufgetaucht ist, aber es ist über zehn Jahre her, seit wir uns zuletzt gesehen haben – eher elf –, und nun steht er plötzlich vor mir.

Warum? Ich habe keine Ahnung, aber ich werde es herausfinden.

Ich bin nicht nur wütend auf ihn, weil er mich vor all den Jahren verlassen hat, sondern auch, weil er noch sexyer aussieht als damals. Und damals, als ich ihn geheiratet habe, war er der heißeste Mann, den ich je in meinem Leben gesehen hatte.

Paxton ist größer als mit zwanzig. Sein Körper ist muskelbepackt und sein Shirt ist bis zum Zerreißen gespannt. Er trägt eine Lederweste, löchrige Jeans und große schwarze Stiefel.

Verdammt.

Wenn ich dachte, dass er in seiner blauen Uniform gut aussah, und Junge, Junge, sah er darin heiß aus, dann übertrifft sein jetziges Outfit das noch bei Weitem.

„Was machst du hier?“, frage ich erneut und versuche, meine Stimme nicht zittern zu lassen.

Obwohl ich keine Angst in seiner Gegenwart verspüre, was mich etwas verwundert, so zittere ich doch aus einem ganz anderen Grund. Ich fühle mich, als würde mein Körper in Flammen stehen, während er mich mit seinen hellen, stürmischen blauen Augen mustert.

Verdammt noch mal, er ist immer noch absolut umwerfend. Ich hatte irgendwie gehofft, dass er mit den Jahren fett und unansehnlich geworden wäre.

„Du lebst in einem Drecksloch“, stellt er fest.

Es ist, als hätte er mich mit kaltem Wasser übergossen – zum Glück, denn es reißt mich aus meiner Trance.

„Wie toll von dir, dass du nach einem Jahrzehnt hierhergekommen bist, um mir etwas mitzuteilen, das mir bereits bekannt ist. Danke, du kannst jetzt wieder gehen“, schnauze ich ihn an.

Ich beobachte, wie sich sein Gesicht verwandelt und seine Lippen zu einem Grinsen verziehen. Verdammt, und schon wieder wird mir heiß bei seinem Anblick.

„Es ist hier nicht sicher für dich, Cleo. Es bringt mich verdammt noch mal um, aber es ist meine Schuld, dass du nicht sicher bist“, knurrt er.

Ich blinzle einmal und schaue dann wieder in seine blauen Augen, wobei ich mich frage, wovon in aller Welt er redet.

Bevor ich fragen kann, fährt er mit seiner Rede fort.

„Ich bin nicht mehr bei der Luftwaffe, Baby. Aber die Arbeit, die ich mache, und die Männer, mit denen ich zu tun habe, sind nicht immer von der besten Sorte. Manche Typen versuchen, uns das Genick zu brechen, und eine Möglichkeit, das zu tun, ist, sich an unseren Frauen und Kindern zu vergreifen.“

Ich schaue ihn an, und die Verwirrung steht mir ins Gesicht geschrieben. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wovon er spricht.

„Ich bin ein Devil, Baby“, sagt er und zeigt auf ein Abzeichen auf seiner Weste, als ob ich verstehen sollte, worum es geht. „Verdammt. Du bist immer noch mein unschuldiges Mädchen, oder?“

„Ich bin dreißig, Paxton, also nein, ich bin nicht mehr das unschuldige Mädchen, das ich einmal war“, spucke ich aus. „Aber ich weiß nicht, was ein Devil ist, also musst du mir meine Unwissenheit in dieser Hinsicht verzeihen.“

Ich sehe, wie er den Kopf leicht senkt und zur Seite neigt, um mir in die Augen zu sehen. Er mustert mein Gesicht, fixiert dann wieder meinen Blick, während er die Kiefer zusammenbeißt. Seine Nasenflügel blähen sich auf, und er beugt sich etwas näher zu mir.

„Hör auf, zu behaupten, du seist nicht mehr unschuldig, Cleo, denn wenn du das tust, kommen mir Bilder in den Kopf, an die ich verdammt noch mal nicht denken will“, schnauzt er.

„Zum Beispiel, Paxton?“, frage ich oberschlau.

„Wie du einen anderen Schwanz fickst, zum Beispiel“, knurrt er.

Meine Augen werden groß und ich schließe meinen Mund.

„Ja, das habe ich mir verdammt noch mal gedacht.“

„Du kannst nicht ernsthaft so tun, als würdest du dich deswegen aufregen. Ich bestätige oder dementiere nichts, aber es ist elf Jahre her“, sage ich mit leicht gedämpfter Stimme und fixiere ihn mit meinem Blick.

„Das spielt keine Rolle. Es könnten hundert Jahre sein, und ich würde trotzdem nicht an den Schwanz eines anderen Mannes in der Pussy denken wollen, die ausschließlich mir gehörte und immer noch mir gehört – zumindest laut unserem Ehegelübde“, erwidert er.

Bei seinen Worten sträuben sich mir die Nackenhaare.

„Verpiss dich“, zische ich.

„Du kapierst es nicht, Baby. Du bist in Gefahr“, entgegnet er.

„Das ist mir scheißegal. Verschwinde aus meiner Wohnung“, sage ich etwas lauter.

„Cleo ...“

„Verschwinde, verdammt noch mal“, schreie ich. „Du hast nicht das Recht, so mit mir zu reden. Raus oder ich rufe die Polizei“, drohe ich.

Seine Augen weiten sich, und er macht einen Schritt auf mich zu, aber ich gehe zwei Schritte zurück. Sollte er mich anfassen, werde ich lauthals schreien. Das würde in diesem Wohnkomplex wahrscheinlich niemanden interessieren, aber es würde hoffentlich ein wenig Aufmerksamkeit erregen.

Ich sehe zu, wie er den Kopf schüttelt und in seine Tasche greift, um etwas herauszuholen. Er legt etwas, das wie ein Zettel aussieht, auf meinen Tisch und hebt dann den Blick, um mich wieder anzusehen.

„Wenn du auch nur ein bisschen Angst hast, wenn jemand Ungewöhnliches dich wegen irgendetwas anspricht oder dir folgt, rufst du mich an. Das ist meine Handynummer. Ich bin ein paar Stunden entfernt, aber ich komme zu dir, Tag und Nacht“, sagt er.

Ich nicke, verschränke die Arme vor der Brust und beobachte ihn. Paxton dreht sich um, legt seine Hand auf die Türklinke und dreht den Kopf, um mich ein letztes Mal anzusehen. Die Niederlage, die ich in seinem Blick sehe, treibt mich fast in seine Arme – aber nur fast.

„Wir haben den Rest unseres Lebens, um uns wiederzufinden, mein unschuldiges Mädchen. Ich bin hier, um dich zu beschützen. Aber wenn ich dich so ansehe, glaube ich nicht, dass ich dich jemals aufgeben kann“, stellt er klar.

Dann ist er zur Tür hinaus, das Geräusch seiner Stiefel im Flur wird leiser. Ich beeile mich, die Tür hinter ihm zu schließen, bevor ich mich umdrehe, mich mit dem Rücken dagegen lehne und daran hinabsinke, bis mein Hintern den Boden berührt.

„Heilige Scheiße, was ist gerade passiert?“, frage ich in die Stille hinein. „Oh mein Gott.“

Ich sitze mindestens dreißig Minuten lang in fassungslosem Schweigen da, bevor ich aufstehe und zu meinem Handy eile, in dem Wissen, dass die einzige Person, die mich aus meinem Schockzustand herausholen kann, Lisandro ist. Ich beschließe, ihm nichts von der vermeintlichen Bedrohung zu erzählen, sondern nur davon, dass Paxton aus heiterem Himmel aufgetaucht ist.

Kapitel 3

Torch

Es fällt mir schwerer als gedacht, Cleo wieder zu verlassen. Sie ist immer noch verdammt hübsch.

Allerdings ist sie auch wütend. Die Art, wie ihre Wut auf mich übergesprungen ist, war neu, vielleicht hat sie sich verändert. Wenn ja, dann ist das alles meine Schuld, und verdammt, das würde bedeuten, dass ich sie gebrochen habe.

Zugegeben, wir haben nicht viel Zeit miteinander verbracht, als wir verheiratet waren; aber so sehr ich sie damals auch verletzt habe, ich habe sie noch nie so wütend und schmerzerfüllt gesehen.

„Verdammt“, fluche ich, als ich auf mein Bike steige.

Ich starte den Motor, wende mein Motorrad und fahre so abrupt los, dass der Kies in alle Richtungen geschleudert wird. Ich bin sauer. Sauer auf mich selbst und die Tatsache, dass ich elf Jahre lang untergetaucht bin.

Verdammt noch mal.

Ich will sie zurück. Ganz und gar. Ich will das, was ich kaputtgemacht habe, wieder in Ordnung bringen, und ja, mein Schwanz will wieder in ihr sein – aber auch mein Herz zieht mich auf eine vertraute Weise zu ihr hin. Ich weiß, dass da mehr zwischen uns ist.

Ich muss mit ihr zusammen sein. Ein Bedürfnis, das ich ignoriert habe. Ein Bedürfnis, das ich viel zu viele verdammte Jahre lang mit Alkohol und Sex betäubt habe.

Während der dreistündigen Fahrt nach Shasta bin ich tief in Gedanken versunken. Ich muss etwas Dampf ablassen. Ich muss trinken, rauchen und ficken. Ich will nicht wissen, was das über mich aussagt. Im Moment ist mir das scheißegal. Ich will sie, aber sie ist nicht verfügbar, also muss ich, so beschissen das auch ist, jemanden finden, in dem ich mich verlieren kann.

Ich steige von meinem Motorrad und mache mich auf den Weg zum Clubhaus. Seit MadDog, der Präsident des Clubs, angeschossen wurde, herrscht dort das reinste Chaos. Zur Krönung des Ganzen hat ihn auch noch seine Old Lady, Mary-Anne, verlassen.

Ich kenne Mary-Anne, ich kenne sie, seit sie ein Kind war und in Idaho lebte. Wir gingen zusammen zur Highschool. Damals war sie nur ein großes schlaksiges Ding mit ellenlangen Beinen, aber sie hat sich zu einer schönen Frau entwickelt, und unser Prez liebt sie.

Im Moment verhält er sich einfach wie ein verdammter Arsch. Es ist schwer, seinen Stolz hinunterzuschlucken, der einen zu ersticken droht, doch genau das muss er tun.

Was bin ich nur für ein Heuchler?

Es ist leicht, Ratschläge zu erteilen, aber gleichzeitig nehme ich meine eigenen oder die von anderen nicht an.

Ich betrete das Clubhaus und sehe meinen Präsidenten mit einer Flasche in der Hand, obwohl er nicht trinken sollte. Er wurde angeschossen, wäre fast gestorben, und das ist erst drei Wochen her. Der Scheißkerl ist verdammt zäh – das muss ich ihm lassen. Ich gehe zu ihm hinüber und setze mich an seinen Tisch.

„Es ist erst drei Wochen her“, ermahne ich ihn.

„Hast du deinen Scheiß hier schon geregelt?“, fragt er mit einem Grunzen.

„Ich arbeite daran“, brumme ich zurück. Verdammt, wir klingen wie verdammte Tiere, wir beide. „Du hast dich gegen ihren Bruder, deinen Bruder, gestellt; du hast sie für dich beansprucht, du hast sie geschwängert, und dann hast du sie gehen lassen. Du bist anscheinend nicht die Art von Mann, für die ich dich gehalten habe, Prez. Das ist die Art von Scheiße, die unreife Jungs treiben, keine Männer“, stelle ich klar, bevor ich aufstehe und weggehe.

Er braucht einen verdammten Weckruf. Sonst wird er wie ich und verschwendet zehn verdammte Jahre ohne einen verdammten Grund außer dem, ein Schlappschwanz zu sein.

Ein guter Mann wie MadDog sollte so eine Scheiße nicht durchmachen. Er hat eine gute Frau, eine Frau, die für ihn gekämpft hat und immer an seiner Seite stehen wird.

Nein, der Prez soll nicht wie ich werden und diese wunderbare Frau gehen lassen oder schlimmer noch – sie so weit von sich stoßen, dass nichts mehr übrig bleibt als Schmerz und Reue.

„Komm, Baby“, sage ich und nicke der hübschen dunkelhaarigen Hure zu, die mich vor ein paar Tagen angesprochen hat.