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"›Wo kommst du noch mal her?‹, fragt Salih schließlich. ›Aus Deutschland, nicht?‹ Als ich nicke, sagt er: ›Hitler wird seine Gründe gehabt haben.‹" Eine unglaubliche Geschichte: Undercover begibt sich der Journalist Fritz Schaap in eine Sprachschule in Alexandria. Er gerät dort in Kontakt mit einer heranwachsenden Generation von Islamisten, vor allem aus westlichen Ländern. Was er erzählt, bietet Einblick in eine Welt, die ebenso erschreckend ist wie skurril.
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Seitenzahl: 205
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Fritz Schaap
Nur der Satan isst mit links
Ich war undercoverin einer Islamistenschule
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2012
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlaggestaltung: Verlag Herder
Umschlagmotiv: ©dpa Picture-Alliance / Horst Ossinger
ISBN (E-Book): 978-3-451-34635-4
ISBN (Buch): 978-3-451-30534-4
Alle Namen geändert
Blaue Schatten ziehen an den Fenstern vorbei. Morgen. Afrika. Erinnerungen schälen sich aus dem Sonnenaufgang. Vergangenheiten ziehen an mir vorbei, während ich müde in dem kleinen Minivan sitze, der das Nildelta Richtung Norden durchquert. Bis zur Unkenntlichkeit verzerrt klingen Koransuren aus den alten Boxen. Der halbe Bus schläft, die andere Hälfte schaut zu, wie die träge afrikanische Sonne zur Rechten über die Dattelpalmenhaine steigt, während der Fahrer den üblichen Slalom auf der Autobahn vollführt. Ich höre eine alte Tom-Waits-Platte, lehne den Kopf an die vibrierende Scheibe und wickele mir ein altes Pali-Tuch um den Hals. Unaufhörlich bläst die Klimaanlage eiskalte Luft in den Bus, und jeder Versuch, ein Fenster zu öffnen, wird von den Mitreisenden mit bösen Blicken kommentiert. Es ist fast auf den Monat genau ein Jahr her, dass ich dieselbe Strecke mit demselben Ziel fuhr. Alexandria. Qortoba Language Institut. Damals als Student, heute als Journalist. Es war das erste Mal gewesen, dass ich Ägypten außerhalb des Sinai bereiste, und während wir an einem auf dem Dach liegenden alten Peugeot vorbeifahren, fällt mir eine Begebenheit wieder ein, die sich an jenem Morgen vor einem Jahr kurz nach Sonnenaufgang zutrug und die viel Symbolcharakter hatte, damals, für mich, für Ägypten.
Der Fahrer unseres Wagens hatte gerade einen Bus überholt, wie den, in dem ich nun sitze, als dieser in einem tollkühnen Manöver hinter uns ausscherte, um zum Gegenüberhohlmanöver anzusetzen. Während er sich kurz auf einer Höhe mit uns befand, begann zwischen den beiden Fahrern ein mit großen Gesten unterlegtes Wortgefecht. Ich verstand kein Wort. Nicht weiter tragisch, dachte ich, der Minivan zog vorbei und scherte vor uns wieder ein, bremste allerdings sofort ohne ersichtlichen Grund von 100 auf 30 runter, was wiederum unseren Fahrer zu einem Ausweichmanöver veranlasste, das uns einen Lkw nur hauchdünn verfehlen ließ. In den darauffolgenden zehn Minuten begann ein teils lebensgefährliches Spiel aus Überholversuchen und Ausbremsmanövern, darin gipfelnd, dass der Minivan uns abdrängte und beide Wagen im Staub neben der Straße zu stehen kamen, zehn Männer aus dem Minivan sprangen und auf unseren Fahrer losgingen und es für mich an ein Wunder grenzte, dass es zu keiner Schlägerei kam. Um was es ging, hatte ich immer noch nicht verstanden und sollte es auch nicht mehr verstehen.