Nur eine Affäre mit dem griechischen Milliardär? - Annie West - E-Book

Nur eine Affäre mit dem griechischen Milliardär? E-Book

Annie West

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Beschreibung

Bei einem Fotoshooting am Strand von Australien lernt Model Laura den unwiderstehlich charmanten Abenteurer Vassili kennen. Angezogen von seinem Sex-Appeal, lässt sie sich auf eine leidenschaftliche Wirbelwind-Romanze ein. Als Vassili überraschend wegen einer Familienangelegenheit in seine griechische Heimat zurückreisen muss, verzehrt sie sich vor Verlangen. Bis sie schockiert entdeckt: Vassili ist in Wirklichkeit ein prominenter Milliardär – und angeblich längst verlobt mit einer anderen. Hat er etwa nur mit ihr gespielt?

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Seitenzahl: 211

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2024 by Annie West Originaltitel: „A Pregnancy Bombshell to Bind Them” erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe 2024 in der Reihe JULIA, Band 2660 Übersetzung: Rita Koppers

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 08/2024 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751524896

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Vassili lag auf der Seite, sein Kopf ruhte auf dem angewinkelten Arm. Die Kissen waren schon lange verschwunden, und er hatte nicht die Energie, sich herumzurollen und eins zu suchen.

Auch wenn seine Gliedmaßen sich schwer anfühlten, zwang ihn das, was er sah, beschienen vom Morgenlicht, einen Arm auszustrecken. Er zeichnete mit den Fingern dieses perfekte Kunstwerk nach. Den langen, eleganten Schwung vom Nacken zu der schmalen Taille, weiter über die bezaubernden Hüften und den festen Po.

Sie erschauerte, die seidige Haut warm unter seinen Fingern, als sei selbst diese federleichte Berührung zu viel für eine Frau, die zutiefst befriedigt war.

Er kannte das Gefühl. Die Leidenschaft zwischen ihnen war explosiv gewesen.

Es war eine Offenbarung gewesen, als sie das erste Mal miteinander geschlafen hatten. Er hatte die Art von Hochgefühl empfunden, die er vom Fallschirmspringen kannte – oder von dem Moment, als er den Gipfel des Mount Everest erreicht hatte. Das zweite Mal hätte eigentlich weniger bedeutsam sein sollen, so wie auch das dritte und vierte Mal und so weiter. Trotzdem hatte sie ihn jedes Mal um den Verstand gebracht.

Er legte seine Hand auf ihren Po und strich hinunter bis zum Scheitelpunkt ihrer Schenkel.

„Ach wirklich?“ Ihre Stimme klang rau vom Schlafmangel, aber selbst das war erregend. Auch wenn er unmöglich schon wieder für sie bereit sein konnte. Sie hatte ihr Gesicht in dem Bettzeug vergraben, und die honigbraunen, zerzausten Haare bedeckten ihre Schultern. „Nicht so schnell hintereinander.“

Obwohl Vassili wusste, dass sie recht hatte, konnte er nicht widerstehen und schob seine Hand zwischen ihre Beine. Er merkte, wie feucht sie war und dass sie mit einem Zittern reagierte.

Ein unbekanntes Gefühl erfasste ihn. Diesmal war es nicht nur körperlich. Es war mehr als sexuelles Interesse, als Befriedigung.

Besitzgier?

Er runzelte die Stirn und verwarf diesen unvorstellbaren Gedanken. Er war vieles, aber besitzergreifend sicher nicht.

Sie drehte den Kopf und sah ihn mit schläfrigem Blick an. Er spürte, dass etwas Schweres in der Luft hing, das Gleiche, was auch in seinem erschöpften Körper widerhallte.

„Bist du nicht ausgepowert?“, murmelte sie.

„Völlig am Ende.“

Sie hob eine ihrer dunklen Augenbrauen. „Und trotzdem …?“

Nach der gemeinsam durchlebten Ekstase – zu oft, um noch mitzählen zu können – hätten sie völlig erledigt sein sollen.

Tod beim Sex. War das möglich?

Trotzdem stellte er sich vor, wie er auf ihr war, ihre Hüften anhob und sich in ihrer samtigen Wärme versenkte. Er konnte schon ihre Zuckungen spüren, die ihn zum Höhepunkt trieben, während sie seinen Namen keuchte.

Er liebte es, wie sie seinen Namen flüsterte, wenn die Ekstase Besitz von ihr ergriff. Als sei er ein kostbares, wundersames Geheimnis und nicht nur ein normaler Mensch.

Forschend bewegte Vassili seine Hand, und sie keuchte und schüttelte die Haare aus dem Gesicht. Das Morgenlicht enthüllte hohe Wangenknochen, ein paar reizende Sommersprossen auf der Nase und erstaunliche haselnussbraune Augen.

Und dunkle Schatten unter diesen Augen, denn in den vergangenen fünf Tagen hatte keiner von ihnen auch nur eine Nacht durchgeschlafen. Weil sie unersättlich gewesen waren.

Doch während er in dem Resort war, um sich zu entspannen, hatte sie dort gearbeitet – bis zu dem Abend, an dem er sie in seinen Privatbungalow mitgenommen hatte.

Sein schlechtes Gewissen quälte ihn, und er zog die Hand weg von ihrer köstlichen Hitze.

„Tut mir leid. Ich konnte nicht widerstehen, aber du hast recht, es ist nicht möglich“, behauptete er, obwohl es durchaus möglich gewesen wäre. Zum Glück verdeckte sein angewinkeltes Bein seine erregte Männlichkeit. „Schlaf jetzt, kopela mou. Wir sollten unsere Kraft für später aufheben.“

Er beugte sich vor und berührte mit seinen Lippen ihren Mund, während Zärtlichkeit mit seiner egoistischen Libido kämpfte.

Wie immer erwiderte sie seinen Kuss auf eine Weise, die zugleich unschuldig und sehr reizvoll wirkte.

„Ist das ein Versprechen?“, fragte sie und legte eine Hand an seine Wange, sodass er unweigerlich an seine kratzigen Bartstoppeln erinnert wurde.

Erst jetzt bemerkte er die roten Flecken an ihrem Hals und ihrer Brust. Zweifellos gab es noch mehr davon.

Er hätte sich rasieren sollen.

Entsetzen erfasste ihn. Zum einen, weil er ihr wehgetan haben könnte. Zum anderen, und das schockierte ihn, weil es ihm ein Gefühl der Befriedigung verschaffte, dass sie seine Markierung trug.

Besitzgier?

Die Vorstellung war so untypisch für ihn, dass er den Gedanken auf schweren Schlafmangel zurückführte.

„Deine Haut ist zerkratzt.“ Sanft rieb er mit dem Fingerknöchel über die gerötete Stelle an ihrem Hals. „Ich wollte dir nicht wehtun. Tut mir leid.“

Etwas leuchtete in diesen haselnussbraunen Augen auf. „Kein Grund, sich zu entschuldigen. Ich mag es lieber, wenn du nicht so kultiviert bist.“

Kultiviert! Nach drei Wochen Abenteuer hatte er hier am Great Barrier Reef Halt gemacht. Sein einziges Zugeständnis an Kultiviertheit war gewesen, dass er sich an dem Nachmittag, als er gesehen hatte, wie sie am Strand fotografiert wurde, rasiert hatte. Außerdem hatte er sich die Haare schneiden lassen, weil er sie nicht dadurch verschrecken wollte, dass er wie ein zotteliger Vagabund aussah, wenn er sie auf einen Drink einlud.

Vassili nahm ihre Hand und hob sie zu seinem Mund. Sie duftete nach befriedigter Frau und den Tropen. Allmählich wurde er süchtig nach Duschgel mit dem Duft von Kokosnuss und Limette.

„Trotzdem werde ich mich rasieren.“ Unfähig zu widerstehen, drückte er schnell einen Kuss auf ihre Lippen. „Ruh dich ein bisschen aus.“

Er wartete, bis sie die Augen geschlossen hatte und ihr Atem regelmäßiger wurde, bevor er aus dem Bett stieg und mit steifen Beinen zum Bad ging, um kalt zu duschen.

Langsam wachte Laura auf und war sich dabei der dekadenten Trägheit bewusst. Es fühlte sich beinahe an, als hätten ihre Knochen sich verflüssigt.

Vielleicht stimmte das auch. Denn während der Nacht war sie wieder und wieder unter Vassilis Berührung zerflossen.

Hätte irgendjemand ihr erzählt, dass sie einmal einen Mann kennenlernen würde, dessen lachende dunkle Augen, dessen sexuelles Charisma und dessen überraschend rücksichtsvolles Wesen sie zu einer Woche Liebesspiel mit einem praktisch Fremden verlocken könnten, hätte sie das niemals geglaubt.

Sie zog sich die Decke über den Körper.

Wenn es um Männer ging, war Laura normalerweise der Inbegriff von Vorsicht und Misstrauen. Natürlich nicht bei allen Männern. Jake war ihr bester Freund, aber er war die Ausnahme, die die Regel bestätigte. Mit fünfundzwanzig hatte sie genug Erfahrung, um zu wissen, dass es in der Hölle schneien musste, bevor sie einem Mann unbesehen glaubte.

Trotzdem hatte Vassili sie mit einer Mischung aus sexueller Anziehungskraft und umwerfender Aufrichtigkeit in Versuchung geführt. Und diese Ehrlichkeit war es auch gewesen, die den Ausschlag gegeben hatte. Weil sie sich so etwas immer von einem Mann gewünscht hatte.

„Ich will dich“, hatte er gesagt. „Ich will deinen schönen Körper und dein Lächeln, das wie Sonnenschein ist. Ich will Zeit mit dir verbringen, um dich besser kennenzulernen. Und ich glaube, hoffe, dass es dir vielleicht auch Spaß mit mir macht.“

Hätte irgendein anderer Mann das gesagt, hätte sie ihm die kalte Schulter gezeigt und wäre gegangen. Nur dass ihr Körper eine andere Nachricht ausgesandt hatte.

Ja, ja, ja.

Sie war seinem Blick begegnet und hatte eine solch pochende Lust verspürt, wie sie es noch nie erlebt hatte.

Er hatte mit den breiten Schultern gezuckt, und sein Mund hatte sich verzogen, als er lachte. Über sich selbst.

„Entschuldige dass ich so direkt bin, aber ich ziehe Offenheit vor.“

Das hatte sie innehalten lassen.

Er nehme sich selbst nicht zu ernst, hatte er erklärt, und er habe sich daran gewöhnt, direkt zu sein. Dann entschuldigte er sich für den Fall, dass er sie beleidigt habe, und fragte nach dem Fotoshooting, das sie gerade beendet hatte.

Laura fand sich in der Bar beim Pool neben ihm wieder und akzeptierte einen alkoholfreien Cocktail, der mit so vielen tropischen Früchten verziert war, dass sie beide lachen mussten.

In der nächsten Stunde stellte er ihr Fragen über ihre Arbeit als Model, wobei er keine flapsigen oder zweideutigen Kommentare darüber machte, dass sie sich in Badebekleidung ablichten ließ, oder fragte, ob sie auch nackt posiere. Seine Fragen bezogen sich nur auf die Arbeit. Er war verständnisvoll und offenbar aufrichtig interessiert.

Auf Nachfrage erklärte er, dass er aus Griechenland gekommen sei, um hier Urlaub zu machen, dann kam er wieder auf sie zu sprechen und das wunderschöne tropische Paradies hier bei Port Douglas.

Wie viele Männer würden nicht die Gelegenheit beim Schopf packen, um über sich selbst zu sprechen? Laura wusste, dass sie voreingenommen war, aber ihrer Erfahrung nach lautete die Antwort: sehr wenige.

Schließlich ertappte sie sich dabei, dass sie einem gemeinsamen Abendessen zustimmte. Beim Dinner lachte sie darüber, als er erzählte, was er sich von Australien erwartet und wie falsch er damit gelegen hatte. Dann wechselten sie zu Geschichten über Reisemissgeschicke.

Während der ganzen Zeit war die Anziehung zwischen ihnen immer stärker geworden.

Vassili gab zu, dass er nicht nach einer Beziehung suchte und bald wieder abreisen würde. Er könne ihr nur Spaß und Sex bieten, dazu so viel Vergnügen, wie sie wolle.

Berührt hatte er sie damit noch nicht. Trotzdem war sie sich seines Körpers sehr bewusst gewesen, der ihrem so nahe war. Sein Blick wirkte so intensiv wie eine Berührung. Sie spürte, wie er über ihren Körper wanderte und Flammen der Sehnsucht in ihr entzündete. Deshalb schien es unausweichlich und fühlte sich richtig an, als sie sich schließlich küssten.

Nach dieser gemeinsamen Nacht verschob sie ihre geplante Abreise, und Vassili verlängerte seine Reservierung, um bei ihr zu sein. Er räumte ein, dass zu Hause Arbeit auf ihn wartete, fügte jedoch hinzu, er könne sich online auf dem Laufenden halten. Wobei sie ihn nicht oft arbeiten sah, abgesehen von einem Telefonat hin und wieder. Sie selbst hatte eine Pause zwischen zwei Jobs, hätte die Zeit jedoch nutzen sollen, um an ihrem eigenen Projekt zu arbeiten.

Aber wie lange ist es her, dass du mal eine Pause gemacht hast? Du arbeitest ständig. Sicher verdienst du mal eine Auszeit.

Vielleicht fühlte sich diese Zeit mit Vassili deshalb so wundervoll an. Seit dem Trauma in ihrer Teenagerzeit sehnte Laura sich nach Gewissheit und Sicherheit. Sie arbeitete genauso hart wie jeder andere Mensch, den sie kannte, und hatte sich den Ruf aufgebaut, verlässlich und professionell zu sein. Ihr Geld sparte sie. Sie brauchte Stabilität und ein Sicherheitsnetz.

Die spontane Entscheidung, sich eine Auszeit zu nehmen und sich ganz dem Vergnügen zu widmen, sah ihr überhaupt nicht ähnlich. Trotzdem hätte sie es um nichts in der Welt missen wollen, wie sie sich mit Vassili fühlte – freier, glücklicher, lebendiger.

Vor ein paar Tagen hatten sie Telefonnummern ausgetauscht. Vassili hatte sie eingeladen, nach Griechenland zu kommen und ihn zu besuchen. Außerdem wollte er mehr von Australien sehen und plante bereits einen weiteren Besuch später im Jahr.

Seine Miene verriet ihr, dass es nicht der Uluru oder Tasmanien waren, die er sehen wollte, wenn er wiederkam. Dieser Blick und diese Einladung in seiner Stimme machten deutlich, dass sie der Hauptgrund für seine Rückkehr war.

Nicht dass er damit andeuten wollte, sie stünden am Beginn einer ernsthaften, verbindlichen Beziehung. Laura hätte ihm auch nicht geglaubt, hätte er es getan. Sie war keine weltfremde Romantikerin, die solche Träume hegte.

Dennoch schlug ihr Herz schneller, weil auch sie nicht bereit war, die Sache schon zu beenden. Sie mochten keine dauerhafte Zukunft haben, aber was sie miteinander erlebten, war zu gut, um es schon aufzugeben.

Angesichts ihrer Vergangenheit und ihrem Vertrauensproblem war es höchst unwahrscheinlich, dass sie je heiraten würde. Doch hin und wieder eine Affäre mit einem attraktiven Mann wie Vassili, mit dem sie gerne zusammen war und der ihr das Gefühl gab, wirklich geschätzt zu werden, klang sehr verlockend. Er hatte deutlich gemacht, sich nicht häuslich niederlassen zu wollen, aber das wollte sie auch nicht.

Lächelnd streckte sie sich im Bett. Der Mann war fast perfekt.

Eine Tür ging auf, und sie öffnete die Augen.

Laura runzelte die Stirn. Er war angezogen, trug aber keine Shorts für einen Tag am Strand, sondern eine leichte Hose und ein weiches Hemd. Seine Haare waren noch nass vom Duschen, rasiert hatte er sich jedoch nicht.

Mit dem dunklen Bartschatten auf seiner kantigen Kieferpartie sah er noch männlicher und ein wenig gefährlich aus. Vielleicht lag das auch an dem Funkeln in seinen Augen.

Laura setzte sich auf, lehnte sich gegen das Kopfteil und zog die Decke unter ihre Arme. In den letzten fünf Tagen hatte sie gelernt, in Vassilis Miene zu lesen, aber diesen Ausdruck hatte sie noch nie bei ihm gesehen. Das aufgestaute Feuer in seinen schmalen Augen und sein verkniffener Mund sprachen von Wut. Mehr als Wut, sondern etwas noch Tieferes, was sie nicht deuten konnte.

„Was ist denn, Vassili? Alles in Ordnung mit dir?“

Offensichtlich nicht.

Er ging zu dem begehbaren Schrank, blieb dann jedoch stehen und drehte sich zu ihr um, wobei seine Miene sich leicht entspannte. Im Gegensatz zu seinem Körper. Irgendetwas stimmte definitiv nicht.

Sie schob die Decke beiseite und stieg aus dem Bett. In ihrem Innern zog sich alles zusammen, als sie endlich seine Miene deuten konnte. Schmerz, vermischt mit Wut.

Mit wenigen Schritten war er bei ihr, nahm ihre Hände in seine und drückte sie an seine Brust. Durch sein Hemd hindurch spürte sie, wie schnell sein Herz schlug.

„Was kann ich tun?“, fragte sie.

Mit einem Lächeln schüttelte er den Kopf, drückte ihre Hände und küsste ihre Fingerknöchel. „Danke, aber es gibt nichts, was du tun könntest.“

„Schlechte Nachrichten?“ Ihr tat das Herz weh um seinetwillen. Zweimal im Leben hatte sie schreckliche Neuigkeiten erfahren. Jedes Mal hatte sie sich wie betäubt gefühlt, und bis zum heutigen Tag konnte sie sich noch lebhaft an den Schmerz erinnern. „Es tut mir so leid, Vassili.“

„Es ist nicht das, was du denkst. Niemand ist gestorben.“ Ein Muskel zuckte in seinem Kiefer. „Es ist … eine Familienangelegenheit. Eine dringende, die geklärt werden muss. Ich werde unverzüglich in Griechenland gebraucht.“

Bestürzung wetteiferte mit Mitgefühl. „Natürlich. Ich verstehe.“

Das schützte sie aber nicht vor dem Kummer, der sich in ihr breitmachte, wenn sie daran dachte, dass er abreisen würde. Sie war nicht annähernd bereit dafür, ihn gehen zu lassen.

„Danke für dein Verständnis.“

Wieder küsste er ihre Fingerknöchel, und sie schmolz dahin. Noch kein Mann hatte ihre Hand so liebkost, und sie hatte nicht gewusst, wie unglaublich zärtlich und sexy das war.

Ihr Blick lag auf seinen vollen, sinnlichen Lippen. Jemand anders mochte sie vielleicht zu schön für einen Mann finden, doch in Verbindung mit seinen sehr männlichen Zügen und dem bezwingenden Gesicht …

Laura beugte sich vor und drückte ihren Mund kurz auf seinen. Sie redete sich ein, dass sie ihm mit dem Kuss nur ihr Verständnis zeigen wollte, doch gleichzeitig legte sie damit einen Vorrat an sinnlichen Erinnerungen für die Zukunft an. Das Gefühl seines Munds auf ihrem. Sein einzigartiger Duft, den sie sowohl tröstlich als auch erregend fand. Ihr schneller schlagendes Herz, wann immer sie zusammen waren.

Widerwillig rückte sie ein kleines Stück von ihm ab. „Ich werde für dich packen, während du deinen Flug organisierst. Oder würdest du lieber …?“

„Nein, das wäre wunderbar. Danke.“ Er rührte sich nicht und verschlang sie mit seinem Blick, dann schüttelte er den Kopf. „Ich will nicht einfach so gehen, denn es war unvergesslich mit uns.“ Er ließ ihre Hände los und trat zurück. „Aber wir werden uns wiedersehen.“

Einen Tag später erinnerte sich Laura immer noch an seinen bedauernden Tonfall, und ihr Herz schlug schneller.

Sie hätte nach Hause fliegen sollen, denn dort wartete Arbeit auf sie. Aber Vassili hatte den Bungalow bis Sonntag gebucht und ihr gesagt, sie solle es sich hier gemütlich machen, und irgendwie hatte sie nicht die Energie zu gehen. Sie hatte Schlaf nachgeholt, jedoch nicht die Kraft gefunden, auf ihren Laptop oder ihr Handy zu schauen. Zum ersten Mal schaltete sie völlig ab und lebte im Augenblick, ohne einen Gedanken an die Zukunft.

Es fühlte sich sehr dekadent und egoistisch an, und sie liebte jede Minute.

Jetzt entdeckte sie, dass diese Gefühle nicht nur das Resultat ihrer Affäre mit Vassili waren. Zum größten Teil, ja, aber es lag auch daran, dass sie sich eine Auszeit von ihrem hektischen Leben genommen hatte. Das Modeln, ihr neues Projekt und die freiwillige Arbeit bei einer Familienbetreuungsstelle hin und wieder waren ihr wichtig. Doch sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal all das einen ganzen Tag lang ignoriert hatte.

Ein Urlaub war für sie also längst überfällig gewesen. Trotzdem fürchtete sie, dass in Wahrheit mehr dahintersteckte. Sie vermisste Vassili und wollte diesen Ort, an dem sie zusammen so glücklich gewesen waren, nicht verlassen.

Diese Erkenntnis trieb sie schließlich aus ihrer Zurückgezogenheit im Bungalow. Wenn sie unter Menschen wäre, würde sich diese seltsame Mischung aus Trägheit und rastloser Energie vielleicht auflösen.

Sie stöberte gerade in der exklusiven Boutique des Resorts herum, als sie ihren Namen hörte. Nicht dass jemand nach ihr gerufen hätte, vielmehr war es ein aufgeregtes Flüstern. Ihr Nacken prickelte.

Sie modelte seit ein paar Jahren mit mäßigem Erfolg, war aber noch nicht sehr bekannt. Dennoch hatte sie hin und wieder jemand erkannt. Dies war ein Teil ihres Jobs, der ihr nicht gefiel. Aber sie war nicht mehr die schüchterne Zwölfjährige, die davor zurückschreckte, in der Öffentlichkeit erkannt zu werden. Und das durfte sie auch nicht, denn Modeln war ein lukrativer Weg, um in relativ kurzer Zeit ihre eigentliche Karriere anschieben zu können.

Als das Flüstern eindringlicher wurde, hatte sie trotzdem Mühe, ihre Schultern zu straffen, statt sie einzuziehen, wie sie es gewohnt war, in dem Versuch, nicht so groß zu wirken.

Als Laura gehen wollte, stieß sich ein Paar, das sie in dieser Woche schon einmal gesehen hatte, gegenseitig an. Diesmal fing sie Vassilis Namen auf. Einer der beiden hob ein Handy hoch, bis ein Mitglied des Personals herbeieilte und etwas sagte, sodass der Mann es wieder in seine Tasche steckte.

Jetzt reichte es Laura. Sie marschierte zu ihrer abgeschiedenen Unterkunft, die in der vergangenen Woche ihr Zufluchtsort gewesen war. Im Bungalow angekommen, lehnte sie sich an die geschlossene Tür, verärgert darüber, dass es sie genervt hatte, von ein paar Leuten erkannt worden zu sein.

Überall, wo sie hinsah, wurde sie an Vassili erinnert. Das große, gemütliche Sofa, auf dem sie unzählige Male mit Vassili gelegen hatte. Der Innenhof mit dem Tauchbecken. Sie erschauerte, als sie daran dachte, wie sie sich dort im Mondschein geliebt hatten. Und die Küche, in der er griechischen Kaffee für sie gemacht hatte.

Sie hatte darüber lachen müssen, dass er auf seinen Reisen Kaffeepulver und eine Briki mitnahm, einen kleinen Stieltopf, um damit Kaffee zu machen. Vassili hatte die Schultern gezuckt und gemeint, das Resort habe die Sachen zur Verfügung gestellt, zusammen mit Körben voller Früchte, Käse, gutem Wein und anderen Leckereien.

Laura hatte daraufhin wissen wollen, ob er so etwas wie ein VIP sei. Vassilis Antwort hatte gelautet, sein Onkel sei ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann. Dann hatte er sie auf eine Weise abgelenkt, wie nur er es vermochte, und Laura hatte nicht mehr daran gedacht.

Doch jetzt fiel es ihr wieder ein. Die Frau in der Boutique hatte nicht nur ihren Namen gekannt, sondern auch Vassilis. Seinen vollen Namen. Vassili Thanos.

Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie eigentlich nur sehr wenig über ihn wusste. Er hatte nicht über Arbeit oder Familie gesprochen, aber auch Laura hatte nichts von ihrer Familie erzählt. Er hatte nur gesagt, seine Familie sei wohlhabend, doch sie hatte es mehr interessiert, dass es keine Frau in seinem Leben gab. Denn sie würde nie eine Beziehung zu einem Mann eingehen – egal wie kurz sie auch sein mochte –, wenn sie nicht sicher sein konnte, dass er frei war.

In anderer Hinsicht war Vassili sehr offen gewesen und hatte sie mit Geschichten über seine Abenteuer, die eher jüngeren Datums waren, unterhalten. Er war abenteuerlustig und tat Dinge, die sie nie gewagt hätte, wie zum Beispiel mit Haien tauchen, aus Flugzeugen springen oder steile Berge erklimmen.

Laura war fasziniert gewesen, von Orten und Abenteuern zu hören, die weit jenseits ihrer Erfahrung lagen. Sie hatte zwar einen Reisepass, war aber noch nie aus Australien hinausgekommen.

Eines Tages würde es so weit sein. Vielleicht würde sie Vassilis Angebot annehmen und ihn in Griechenland besuchen.

Seine Einladung war mehr als verlockend, so wie der Mann selbst.

Er war unwiderstehlich.

Sie war ihren Terminkalender sowie ihre finanziellen Mittel durchgegangen und träumte von faulen Tagen an der Ägäis. Noch nie zuvor war es jemandem gelungen, sie von ihren Plänen und der Arbeit abzulenken.

Ein Grund mehr, herauszufinden, warum diese Leute ihn kannten.

Laura stieß sich von der Tür ab und nahm ihr Handy vom Tisch. Ihre Internetrecherche war sofort erfolgreich. Vassili Thanos stand im Licht der Öffentlichkeit. Seine wagemutigen Abenteuer und sein Reichtum faszinierten die Menschen.

Wohlhabend. So konnte man es auch bezeichnen. Sein Onkel, Constantine Pappas, leitete eines der größten Logistikunternehmen der Welt, und anscheinend war Vassili Teil dieses Unternehmens. Und das reichte, um ihn zum Milliardär zu machen.

Laura fühlte sich benommen. Vassili, ein Milliardär? Das erklärte, warum er von Afrika bis zu den Anden reisen und überall gefährlichen Sportarten nachkommen konnte, seien es Autorennen in der Wüste oder Höhlen- und Eisklettern.

Er hatte ihr nichts von seinem Reichtum gesagt, doch das konnte sie verstehen. Er war einer der authentischsten und fesselndsten Menschen, die sie je kennengelernt hatte, allerdings vermutete sie, dass viele ihn anders behandeln würden, wenn sie von seinem Geld wüssten. Sicher würden einige Frauen ihm deshalb nachstellen.

Laura stieß ein Lachen aus.

Wenigstens weiß er, dass es nicht sein Geld ist, das du willst, sondern sein Körper.

Was seine Einladung nach Griechenland umso bedeutender machte. Er vertraute ihr. Umgekehrt war es genauso, obwohl auch sie nichts über ihre Vergangenheit erzählt hatte.

Dass er seinen Reichtum geheim gehalten hatte, konnte sie ihm leicht verzeihen.

Als sie jedoch gedankenverloren weitersuchte, gefror ihr Lächeln plötzlich. Sie blinzelte und las den Artikel, den sie im Internet gefunden hatte, noch einmal.

Die Welt schien mit einem Mal zu schwanken, und für einen Moment hatte sie das Gefühl, ohnmächtig zu werden.

Die Familienangelegenheit, die ihn zu seiner schnellen Abreise veranlasst hatte, hatte nichts mit einer Krise im Familienunternehmen zu tun – und auch nicht damit, dass jemand krank geworden war. Vielmehr ging es um die Ankündigung der bevorstehenden Hochzeit mit seiner Langzeitverlobten.

Ungläubig starrte Laura die Zeilen an.

Die ganze Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, war er bereits einer anderen Frau versprochen gewesen. Die beiden waren seit Jahren verlobt.

Es gab ein Foto von den beiden, kein gestelltes, sondern ein spontanes, auf dem sie sich anlächelten, sein Arm um ihre Schultern gelegt. Es war nicht ihre körperliche Nähe, sondern das absolute Einvernehmen und die Zuneigung, mit der sie sich ansahen, die nach Intimität schrie.

Das Handy fiel auf den Boden, als Laura zum Bad rannte und es gerade noch rechtzeitig schaffte, bevor ihr Frühstück hochkam.

Er hatte sie zur Geliebten eines Mannes gemacht, der einer anderen Frau versprochen war.

Manches war verzeihlich, aber nicht das. Niemals.

2. KAPITEL

Drei Monate später …

Vassili hatte das Gutachten über die Kostenanalyse fertiggestellt, lehnte sich zurück und überdachte die Vor- und Nachteile.

Angesichts des ökonomischen Klimas und der Herausforderungen in Bezug auf Lieferketten schien es auf den ersten Blick verrückt, ein erfolgloses Schifffahrtsunternehmen zu erwerben. Wobei es eher wegen schlechter Entscheidungen als einer zugrundeliegenden Schwäche des Geschäftsmodells keinen Erfolg hatte.

Trotz der immer vorsichtigen Vorgehensweise seines Onkels war Thanos Enterprises nicht deshalb so ungeheuer erfolgreich, weil das Unternehmen keine Risiken einging.

Das war einer der vielen Unterschiede zwischen ihm und Constantine. Sein Onkel, wäre er sich weiter selbst überlassen, würde das Unternehmen so führen wie schon Vassilis Vater und Großvater. Er war loyal, zuverlässig, schrecklich starrköpfig und im Moment der Fluch in Vassilis Leben.

Sie wussten beide, dass Thanos Enterprises sich nur deshalb von einem mittelmäßigen Unternehmen zum Marktführer gemausert hatte, weil sie wohlkalkulierte Risiken eingegangen und schnell Gelegenheiten ergriffen und zu ihrem Vorteil genutzt hatten.