Nutze die Geheimnisse der Natur - Jürgen Klein - E-Book

Nutze die Geheimnisse der Natur E-Book

Jürgen Klein

4,7

Beschreibung

Das geht viele an und umfasst ein weites Spektrum: Deutschland 1944 bis 1985, das Leiden und der Aufschwung dort, lernen, hart arbeiten, studieren, 1984 Auswanderung mit Frau und vier kleinen Kindern nach Adelaide in Australien, wo er, allen Widrigkeiten trotzend, binnen weniger Jahre mit selbst entwickelten Qualitätsprodukten, klarer Planung und endlosem Durchhaltevermögen eine internationale Naturkosmetik-Firma aufbaute. Auf höchst unterhaltsame, spannende und humorvolle Weise erfahren wir, wie Dr. Klein von Armut (aber mit Mut) zu Erfolg, Ruhm und Reichtum gelangte, jedoch unbeeindruckt von künstlichem Celebrity-Wahn seinen Weg gegangen ist und weitergeht. Wie wir Menschen unsere Existenzängste transformieren können, um auf einem räumlich begrenzten, fragilen Planeten miteinander dauerhaft tragfähig zu koexistieren - all dies wird in dieser brisanten und hochaktuellen Lifestory geschildert und ist ein nachahmbares und nachahmenswertes Beispiel.

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Dr. Jürgen KleinNutze die Geheimnisse der Natur

Dr. Jürgen Klein

Nutze die Geheimnisse der Natur

Eine Biografie zum Nachahmen

Wie man trotz Armut und Not zu Wohlstand,Gesundheit und Fitness bis ins hohe Alter kommen kann

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation inder Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2012 by R.G.Fischer VerlagOrber Str. 30, D-60386 Frankfurt/MainAlle Rechte vorbehaltenTitelbild: Circumnavigation © www.fotolia.deSchriftart: Baskerville 11°Herstellung: RGFCISBN 978-3-8301-1549-6eISBN 978-3-8301-1549-6

Danksagung des Autors

Dieses Buch entstand dank der Ermutigung meines Freundes, des nimmermüden Journalisten Patrick Cusick. Ich danke dir dafür, Patrick. Ich möchte mich ebenfalls sehr bei meiner Frau Karin Klein-Sole für die zahllosen Stunden bedanken, die es brauchte, um das Manuskript mit mir zu diskutieren und zu tippen und offene Punkte klarzustellen. Dank ebenfalls an meine Übersetzerin Elisabeth Auffenberg für das Verständnis und die praktische Entwicklung meiner Vision.

Ich widme dieses Buch den großen, zum Teil bereits verstorbenen Lehrmeistern meines Lebens: Paramhansa Yogananda, S. Kriyananda, J. Krishnamurti, Suma Ching Hai, Helen Manock, Bert Hellinger, Frater Albertus, Robert Kiyosaki, Edward de Bono, Paul Kroedel, Pierre Elliot, Hans J. Reimers, Johannes Klimke und Gertrud und Heinrich Fricke.

Ich danke allen, die meine Lebenserfahrung mitgeformt und mitgestaltet haben:

Meine Familie: Thora, Erin, Sophia, Jonas, Ulrike, Robert, Harald, Gerda, Gustav, Christa, Heinz und Käte. Meine Freunde und Helfer: Vladimir Bosniak, Robert Schweig, Gabriele Wagner, Charlotte Schwenzner, Baldur und Karin Zehle, Darrell Lewis, Weibei Chen, George Filipowicz, John Warren, Margret, Greg und Kai, Waldi und Walter und Maria Vogl, Al, Jens, Julica, Erika, Claire Scobie, Mark und Theresa, Karen Granger, Woicjiech Peretko, Teresa, Janusz, Bernd, Horst und Brunhilde, Margot, Rosemary, Matthias, Sabine Mackrodt, Framhild, Mike, Eva, Christine, Anita, Bill, Annchen, Caroline, Neal, Gabriel und Antonella, Lisa und Dirch, meine Abitur klassen kameraden des Jahrgangs 1965 in Salzgitter-Bad.

Ich danke euch allen und auch denen, die hier nicht genannt sind, aus tiefstem Herzen dafür, Teil meines Lebens zu sein, und damit auch Teil dieses Buches!

Inhalt

Einführung

1. EINGEBUNKERT – LEBEN ODER SCHIERES ÜBERLEBEN?

2. NEUANFÄNGE

3. ALCHEMISTEN-MEISTER

4. DEKADE DES WANDELS

5. EIN MANN, DER DIE WELT ERKLÄREN KANN

6. EINE FRAU, DIE VOLLENDUNG AUF ERDEN VORLEBT

7. EIN GESCHENK – KÖNIG SALOMOS ZEHN GEHEIMREZEPTE ZU DAUERHAFTEM GLÜCK UND WOHLSTAND

8. IM LAND »DOWN UNDER«

9. DIE WILDEN ACHTZIGER

10. HEARTSTORM – MIT DEM HERZEN DENKEN

11. MIT VOLLGAS VORAUS

12. MEIN JAHRHUNDERT-DEAL

13. ALLES LOSLASSEN MÜSSEN

14. VERTRAUENSKRISE

15. DER HEILIGE KRISTALLBERG

16. BEFREIUNG DER SINNE

17. SIEBEN SINNE – HÖCHSTES GLÜCK

18. ÜBERLEBENSWICHTIG HIER UND JETZT – DER SCHRITT VOM SCHIEREN ÜBERLEBEN HIN ZU WOHLSTAND IN GESUNDHEIT UND LANGLEBIGKEIT

19. LEBENSWERTE LANGLEBIGKEIT IST MACHBAR FÜR ALLE, HIER UND JETZT

Epilog

Quellen und weiterführende Literatur

Einführung

»Heb einfach auf, was der liebe Gott dir vor die Tür legt«, so sagte einst eine Lehrerin. Ich musste damals innerlich lachen, doch sie hat mir einen weisen Spruch mitgegeben, genauso wie ich selbst es später in Tausenden von Workshops, Seminaren und Trainingseinheiten für meine Zuhörer erlebbar zu machen versuchte. Nachdem ich aber nun so viele Schwierigkeiten und Gefahren im Leben meist mutig und bewusst durchlitten und durchstanden hatte, verstand ich endlich, was sie meinte. Ich hatte die »gefahrvollen Hügel« des Lebens (siehe Taoismus) bezwungen und etwas Weisheit und Klarheit gewonnen, mich weiteren, zukünftigen Herausforderungen stellen zu können. Die Summe meines Selbst ist mehr als nur Waage mit Löwe-Aszendent, geboren im chinesischen Jahr des Affen, voller Illusionen über die eigene Wichtigkeit und Außerordentlichkeit. Ich bin inzwischen absolut sicher, mehr als nur die Summe meiner ererbten und erlebten Teile zu sein. Ich habe (buchstäblich übrigens) die »neun heiligen Berge« (auch innerlich) erstiegen, bin mit Frau und vier kleinen Kindern im Alter von 40 Jahren von Deutschland aus ans andere Ende der Welt gezogen, habe dort, in Australien, nach althergebrachten Methoden der Kräuterkunde Pflanzen und Kräuter angebaut, daraus ein florierendes globales Heilmittel-/Kosmetikunternehmen gegründet und dieses nach 20 Jahren lukrativ verkaufen können. All das war jedoch nicht genug. Ich suchte nach innerer Stille. Ich sollte lernen, dass man das wirkliche Leben einfach geschehen lassen können muss, ohne anzuhaften und zu leiden. Ist nicht alles nur Illusion, also Maya (ein Begriff aus der indischen Tradition)?

Als 33-Jähriger änderte ich meinen Lebenskurs weg von der scheinbar vorgezeichneten Richtung als spiritueller Lehrer und aktiver Vorreiter des Umweltschutzes hin zu einem relativ normalen und geordneten Arbeitsleben mit ständiger Weiterbildung. Nun, im Alter von 60 Jahren, resultiert daraus ein bisschen an Weisheit und Einsicht, das ich gerne mitteilen und weitergeben möchte und mittlerweile auch ohne Egoismus und den Ehrgeiz, als Guru oder zumindest Teilzeit-Guru gelten zu wollen.

Mein sechzigster Geburtstag markierte einen Wendepunkt. Im Buddhismus und Taoismus wiederholt sich das Geburtszeichen (in meinem Fall Affe) alle zwölf Jahre abwechselnd unter jeweils einem der fünf verschiedenen Elemente Holz, Feuer, Wasser, Metall, Erde. Der Zyklus vollendet sich alle sechzig Jahre im Goldenen Jahr, ein Jahr, das man normalerweise nur einmal während seiner Lebensspanne erlebt. Für mich, Affe mit dem Element Holz, war 2004 mein Goldenes Jahr. Bis dato war mein Leben von Arbeit dominiert gewesen, zwölf- bis fünfzehnstündige Arbeitstage und ständiger Einsatz für die Familie waren die Norm.

Ich war von Deutschland nach Australien ausgewandert und hatte dort im fremden Land eine Firma gegründet und leitete sie als Eigentümer, Erfinder und Kaufmann auch selbst. Der Erfolg stellte sich parallel (zur inneren Arbeit am Selbst, Weiterentwicklung und dem Lernen aus Erfahrung, Schmerz und Leid) ein. Ich hegte, seit ich Rudolf Steiners Dreigliederungsidee studiert hatte, den tiefen Wunsch, spirituelles Leben, soziales Leben und Arbeitsleben harmonisch zu vereinen (Geistes-, Wirtschafts- und Rechtsleben). Letztendlich waren es im September 2004 die Erlebnisse im Hochgebirge von Tibet, die mich unbarmherzig auf mein rastloses, ständig beschäftigtes und selbstzerstörerisches Lebensmuster und meine zwanghaft getriebenen, mechanisch ablaufenden Ereignisse zurückwarfen.

Und so begann der letzte Abschnitt meines Pfads zur Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung jenseits des Egos. Seitdem ist die permanente Belastung des Berufslebens zurückgegangen, der Platz für die (innere) Arbeit am Selbst ist in den Vordergrund getreten, was mir gestattet, aus meinem angesammelten persönlichen Wissen und meinem Erfahrungsschatz ein großes neues Ganzes zu machen. Ich erlebe den Schritt von Intellekt und Wissen zu Weisheit und Hingabe. Nun finde ich endlich die Stärke, Klarheit und Kraft dazu, mich dem Fluss des Lebens, den Dingen, die inneren Wert haben, anzuvertrauen.

Alles wurde äußerlich einfacher; ich muss kein physisch-materielles Ziel mehr erreichen, nicht mehr krampfhaft »einen Weg zur Wahrheit« suchen. Nun weiß ich mit tieferem Verständnis zu deuten, was mir im Leben bisher als alte Weisheiten begegnet war:

»Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.«

»Wie innen, so außen, wie außen, so innen.«

»Wenig zu wissen, ist ein gefährlich’ Ding.«

»Es gibt keinen erdachten Gott, der durch Institutionen organisiert werden kann«

»Geld an sich ist nicht von Übel. Es hängt davon ab, wie wir dazu stehen und wie wir es einsetzen.«

»Verlier nicht deine ›Juwelen‹ (deinen gesunden Verstand).«

»Hu hu kommt vor ha ha.«

»Spring in den Teich voll Drachen, wenn du den Tiger finden willst.«

Damit ist gemeint, dass man sich den Schwierigkeiten, Gefahren und Herausforderungen des Lebens stellen muss, und dies aktiv nutzen kann, um Stärke, Festigkeit, Balance und Harmonie zu entwickeln. Ich musste, um inneren Frieden zu finden, nicht mehr »noch mehr sein müssen« – meine Träume und Illusionen, noch berühmter zu werden, noch mehr im Rampenlicht zu stehen, noch populärer in den Augen der Öffentlichkeit und Medien zu sein, das beste »lebensverlängernde Elixier« der Welt zu erfinden, zum Milliardär zu werden und von einflussreichen Leuten bewundert zu werden. Als der innere Friede erst einmal gefunden war, wurde mir offensichtlich, dass solche Träume definitiv nichts zum Glücklichsein und zur Freiheit beitragen konnten. Mein Durst nach innerem Wissen und echter Weisheit dauert weiterhin an, und ich bin zusehends in der Lage, es mit anderen zu teilen und anzuwenden.

Ich bin kalkulierte Risiken eingegangen und vertraute nur mir selbst und einem unbewussten Schutz in mir, wenn es darum ging, mich aus den Grenzen meiner von Sorgen und Ängsten erfüllten, anerzogenen bürgerlichen Sicherheit zu begeben. Ich steigerte Stück für Stück Mut und innere Zuversicht und Stärke, ebenso das Vertrauen in mich selbst und in andere, die es verdienten. Ich wagte viel, doch ich widerstand der Versuchung, das Glück anderer aufs Spiel zu setzen. Ich habe nie mit Geldern, Drogen, Menschen und Gefühlen gespielt. Manchmal ging ich größere Risiken ein, unternahm entscheidendere Schritte – in finanzieller Hinsicht oder auch mit mir unbekannten Lehrern, Gurus, Frauen. Ich wagte etwas in Sachen Reisen und Umsiedeln und forderte mich in künstlerischer, intellektueller, seelischer und mentaler Hinsicht.

Meine Interessen, meine Ziele – das Heilen mit den Geheimnissen der Natur, die Alchemie, Chemie, Psychologie, Philosophie, Religion, Literatur, klassische Musik, Malerei, Themen wie Reichtum, Gesellschaft, Geografie, Geschichte, Spirituelles, Yoga und Sport – all dies stand mir von Haus aus nicht zur Verfügung und war auch nicht in Schule und Universität zu finden. Ich musste alles auf mich allein gestellt finden, über Lehrer, Gurus, Bücher und Reisen. Später musste ich dann all dieses Wissen bündeln und für mich selbst verarbeiten, um es wirklich zu einem Teil meiner selbst werden zu lassen. Nur dann konnte es in einer Form eingesetzt werden, die auch anderen dienlich sein würde. Dies scheint der Sinn meines Daseins zu sein, und es ist der Grund, warum ich dieses Buch geschrieben habe.

Was kann ich innerhalb meiner Lebensspanne lernen, praktizieren und beitragen?

»Vieles!«, sagt mir mein kollektives und persönliches Ego.

»Fast gar nichts!«, so eine andere innere Stimme, und das ist wohl die Realität.

Alles hat schon existiert, alles ist schon da gewesen. Wir sind nichts, verglichen mit dem rätselhaften Kosmos und der unendlichen göttlichen Intelligenz im Hintergrund. Wir mögen dieser Intelligenz Namen wie Gott, Schöpfung, Sein, Geist, kosmische oder ewige Weisheit, Güte, Schönheit usw. geben. Ich, als irdischer Mensch, bin in meiner Wahrnehmung zu begrenzt, ich kann nur Ausschnitte wahrnehmen. Ich kann höchstens hoffen, mich selbst und meinen Platz im Großen und im Ganzen zu finden und in bescheidener Weise zum Universum beizutragen.

Für jeden, der lernen und positiv beitragen will, gibt es einen Platz. Das vorliegende Buch kann dem Leser helfen, jenseits von konventionellen Ansichten Erfolg im Außen und innere Werte zu finden. Es kann den Lesern ebenfalls dabei helfen, die richtigen Informationen und wahren Schätze des Wissens zu entdecken, mit denen sie ihr Leben und das ihrer Mitmenschen verbessern können. Mein eigener gewundener und oft genug beängstigender Weg hat mir trotz meiner Nöte, Furcht und Unsicherheiten vor Augen führen können, wie man inmitten all des alltäglichen Wahnsinns und der Zwänge unserer Zeit ein erfolgreiches, zufriedenes und authentisches Leben führen kann.

Gott/die Natur/das Leben lässt Sünden zu. Wir alle wären sonst längst schon dematerialisierte, engelsgleiche Wesen in höheren Sphären. Wir sind Versuchungen und Fehlern ausgesetzt und dies ist die Art und Weise, durch die wir wirklich lernen können! Ich habe diesen Prozess nicht nur überlebt, sondern mit Mut und Hilfe überstanden. Was ich geschafft habe, können Sie, liebe Leser, noch besser machen. Machen Sie kleine Schritte, gehen Sie kalkulierte, aber echte Risiken ein, und geben Sie niemals auf. Bitten Sie um Hilfe von Innen und Außen. Zähigkeit und Ausdauer in Verbindung mit Vertrauen und Glauben an unser eigenes Potenzial und eine höhere und weisere Instanz sind die entscheidenden Faktoren, die mit jedem in Freude, Liebe, Wissen und Weisheit gelebten Tag stärker werden.

Ich möchte hier nicht den illusorischen und narzisstischen Vorschlag machen, ich taugte als großes Vorbild. Ich hoffe einfach, dass meine Worte eine wertvolle Unze an Wahrheit und Prosperität für meine Leser bringen. Dieses Buch behandelt den Weg, der sich durch mein Leben durch all das scheinbare Chaos und die Widersprüchlichkeiten hin abgezeichnet hat. Ich habe von Meistern der Wissenschaft gelernt, von alternativer und Schulmedizin, von Okkultisten, Gurus, Alchemisten, Millionären, Milliardären. Ich habe gelernt von Geschäftsleuten (großen und kleinen), von Politikern, Film- und Rockstars, Buddhisten, Muslimen, meiner Familie und meinen Freunden und auch von jenen, die sich als betrügerisch erwiesen haben. Meine Versuche und Irrtümer in Wissenschaft, Medizin, Pflegeprodukten und Heilanwendungen machten mich zu einem erfolgreichen, jedoch untypischen Unternehmer, Vater, Lehrer und Firmenboss. Ich praktizierte täglich mutig und vertrauensvoll meine Affirmationen, im Angesicht oft schmerzhaft schwieriger Entscheidungen, der Angst zu versagen, Angst vor dem finanziellen Bankrott, dem Gefühl der Ausgrenzung im fremden Land und manches Mal begrenztem Rückhalt von jenen, die mir am nächsten standen. Ist diese Angst nicht die Vorausschau auf das einzig Reale, das uns alle erwartet: den Tod – den wir alle so stark verdrängen, der aber das einzig Gewisse ist?

Ganz früh im Leben war ich vor der Führungsrolle zurückgeschreckt, doch im Alter von 24 Jahren entschied ich mich bewusst dafür zu lernen, wie es sich anfühlt, zu führen. Dies hieß manches Mal, Hunderte unwillige und auf sich selbst fixierte Mitarbeiter und gierig-egoistische Manager motivieren zu müssen. Aber es hieß auch, dass ich die mich selbst motivierende Erfahrung machen konnte, von der Mehrheit der Leute, die kooperationsbereit und fair waren, anerkannt zu werden und ihnen ein guter, hilfreicher Vorgesetzter sein zu können. Ich fühlte immer meine Mitverantwortlichkeit, sowohl für ihr persönliches Wohlergehen als auch das ihrer Familien. Ich half gerne, wenn Not am Mann war. Wie steht es um die karmischen Konsequenzen für den, der andere unter schwierigen Bedingungen führen muss? Ich lernte zeitgleich mit Tausenden von Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern in 20 Ländern, wie man erfolgreich wird und bleibt – und zugleich, dabei menschlich zu agieren und Verständnis für die Nöte der Menschen in schwierigen Lebenssituationen zu haben.

Ich fühlte mich während harter Zeiten in persönlicher und geschäftlicher Hinsicht in gewisser Weise geführt und beschützt, aber doch größtenteils unklar über meinen Lebensweg. Später entdeckte ich bewusster und klarer meinen inneren Glauben; ich lernte, wie ich Widrigkeiten überwinden und schneller auf sie reagieren konnte. Ich weiß nun, dass wir niemals allein sind. Wenn wir aus reinem Herzen bitten, wird uns gegeben. Wenn wir mit Mut, gutem Glauben und Vertrauen handeln, wenn wir uns extra bemühen, etwas Gutes für uns selbst und andere zu tun und zu erreichen, so ehrlich und echt wie wir können – dann wird uns gegeben.

Nun scheine ich alles zu haben, was man sich denken kann: finanzielle Unabhängigkeit (was zugegebenermaßen jederzeit durch äußere Umstände zunichte gemacht werden kann), die Frau, von der ich immer geträumt habe, die intelligent und gebend ist und wahre Schönheit von innen nach außen ausstrahlt, meine erwachsenen und unabhängigen Kinder, etwas an innerem Frieden und innerer Stille, Hingabefähigkeit, meine stabile gute Gesundheit und Fitness und einen scharfen forschenden Verstand. Dennoch – ich ziehe innere Werte dem Materiellen vor und mir bedeutet der Einzelne mehr als die globalen zerstörerischen Machtspiele.

Wir müssen an uns selber als Individuen arbeiten und uns selbst retten können, erst dann können wir in der Lage dazu sein, andere und den Planeten zu verändern. Es ist absolut notwendig, dass wir uns mit uns selbst konfrontieren, erst danach ist unsere Intention, anderen helfen zu wollen, echt, ehrlich und effizient. »Wie innen, so außen; wie außen, so innen« – diese althergebrachte Weisheit charakterisiert am treffendsten meine Lebensphilosophie.

Mut, Vertrauen und andere traditionelle Tugenden sind kosmische Wahrheiten jenseits von Religionen. Sünden wie Neid, Stolz, Habgier und Lust, Wut/Furcht, Müßiggang und Völlerei sind ein Teil unserer Selbst und wir müssen ein Auge darauf haben, was sie mit uns machen. Für mich persönlich haben sich die von uns Menschen selbst gemachten und sinnlos überflüssigen negativen Energien von Schuldgefühlen, Sorgen und Scham als genauso gefährlich herausgestellt. Wir alle leben zu einem gewissen Grad mit dieser psychologischen Folter. Wenn wir es schaffen, jene destruktive Kraft der Vergangenheit zu überwinden, werden wir befähigt sein, zu lernen und unsere eigene gesunde Essenz zu erkennen und damit aufbauend und positiv zu wirken.

Konfrontieren wir uns mit unseren negativen Verhaltensmustern und transformieren wir sie. Dieses mag unser Bewusstsein für sie schärfen, so dass wir ihnen nicht mehr so leicht wie früher zum Opfer fallen. Sobald wir unserer selbst und der realen Welt um uns klar bewusst werden, haben wir die Ausrüstung, die man braucht, um die dramatischen Herausforderungen unseres Lebens zu meistern.

Sich wohlfühlen und Langlebigkeit beginnen im Hier und Jetzt, mit Bewusstheit und Rücksichtnahme auf Körper, Seele und Verstand sowie dem Bewusstsein für kollektive Problematik mit Familie, Freunden, der Gesellschaft im Allgemeinen und Besonderen und auch unserer so belasteten ökologischen Umwelt. Wir müssen diese Bewusstheit üben und jetzt praktizieren – oder es wird keinen wahren Wandel zu einer besseren Zukunft geben können.

Gewaltverherrlichende und inhaltslose Filme und Machwerke aller Art, unkritisches Mitmachen, blind folgen, blind alles glauben, was irgendwo geschrieben steht und gepredigt wird – all dieses ist unwichtig und einflusslos im Vergleich zur schöpferischen Kraft der Ewigkeit, Universalität, Unendlichkeit. Diese Kraft kann Führung oder Hinweise geben, aber nur wir selbst können voll zu unserem eigenen wahren Selbst erwachen. Krücken ermöglichen uns ein Hinken, aber man muss für sich selber entdecken, wie es ist, zu gehen und zu laufen. Ich bin heute dankbar für all die Hindernisse und Herausforderungen, denen ich mich gegenübersah, denn sie haben mir einen Maßstab für Verstehen und Verständnis vermittelt. Ich hoffe, dass manch aufgeschlossener Leser etwas mit meinen Erfahrungen in Sachen Suche nach Essenz, Harmonie und Balance des Lebens anfangen kann. Was letztendlich wirklich zählt ist, was und wie wir von unseren weiseren Mitmenschen lernen können – von Familienmitgliedern, von echten Freunden, von Seelengefährten, aus Büchern, aus dem Internet, von meisterhaften Lehrern.

Ich hoffe und wünsche, dass dieses Buch größer ist als die Summe seiner Teile. Viel Spaß beim Lesen, Verstehen und Anwenden!

1. EINGEBUNKERT –LEBEN ODER SCHIERES ÜBERLEBEN?

Ich kam in einem Luftschutzkeller zur Welt. Draußen tobte ein Bombenangriff. Es war tiefe Nacht. Die norddeutsche Kleinstadt Salzgitter liegt in der sanften Hügellandschaft des Braunschweiger und Vorharzer Landes und Braunschweig war als Kultur- und Industriezentrum ein Hauptziel für die Angriffe der alliierten Bomber. Jetzt, zum Zeitpunkt meiner Geburt, im Herbst 1944, hatte sich der Krieg bereits gegen Deutschland gewendet – die Niederlage war unvermeidlich.

Meine frühesten Erinnerungen sind die an enorme Entbehrungen. Ich kann mich immer noch deutlich daran erinnern, dass mein erster Lebenseindruck das Gefühl von extremem Hunger war. Zwar war die deutsche Bevölkerung erschüttert und entsetzt über das kaum vorstellbare Leid der Soldaten an der Front, doch das Thema, das jeden tagtäglich betraf, war die sehr reale Aussicht auf den Hungertod aufgrund der Lebensmittelengpässe. Die meisten Familien waren verzweifelt darum bemüht, überhaupt ausreichend Nahrung zum Überleben zu finden. Viele hatten harte körperliche Arbeit zu leisten. Auch meine Mutter, wie alle Frauen, die diesen furchtbaren Krieg unverletzt überlebt hatten, schuftete mit daran, den Schutt unserer zerstörten Stadt abzutransportieren, einfach um zumindest die Straßen wieder passierbar zu machen.

Mein Vater war Stuka-Kampfpilot und fiel während der Schlacht um Stalingrad den russischen Verteidigern in die Hände. Es war den Russen gelungen, das Vorrücken der Deutschen auf Stalingrad zu unterbrechen und die 4. und 6. Panzerarmee in Schach zu halten. Die vergeblichen Versuche, Stalingrad einzunehmen, sollten Deutschland 200.000 Soldatenleben kosten. Gleichzeitig stand dies für das Ende des deutschen Vormarschs und die Wende des Krieges zugunsten der Alliierten, die nun mit Erfolg auf die gleichen Verbündeten setzen konnten, die bereits vor 700 Jahren Dschingis Khan zum Vorteil gereicht hatten:

Russlands extrem hartes Winterklima und die scheinbar endlosen Weiten des Landes.

Mein Vater überlebte Stalingrad. Es gelang ihm gar irgendwie, der russischen Gefangenschaft zu entkommen. Über die deutsche Armee wurde er in Richtung Frankreich geschleust, dort jedoch später, im Alter von 25 Jahren, an der Westfront gefangen genommen und zunächst in einem Kriegsgefangenenlager in Belgien, dann in Frankreich interniert. Bemerkenswerterweise schaffte er es, aus beiden Lagern zu fliehen, ja, er brachte es sogar fertig, bei seiner Heimkehr zwei Jahre nach Kriegsende meiner Mutter eine Flasche Parfüm aus Paris mitzubringen.

Im Alter von nur 26 Jahren war er jedoch nun ein geschlagener, gebrochener Mensch, der sich verzweifelt darum bemühte, Sinn und Lebensmut wiederzufinden. Von dem mentalen Trauma des Krieges hat sich mein Vater nie wieder erholt, er verbrachte den Rest seines Lebens wie betäubt in einer seltsamen Zwischenwelt, voller Schuldgefühle und von Angstattacken gequält. Wie so viele andere auch litt er unter einer tiefen Niedergeschlagenheit, die sich, nachdem er mit dem vollen Ausmaß des Holocaust konfrontiert worden war, noch verschlimmerte. Ich erinnere mich gut, wie er mir im Jahre 1948 die Fotos zeigte, auf denen man Knochen in Verbrennungsöfen sah und bis aufs Gerippe abgezehrte Gefangene, die von Alliierten befreit worden waren. Er hatte, wie so viele andere, nichts davon gewusst.

Der Krieg brach der stoischen Bevölkerung Braunschweigs Rückgrat und Herz. Die stolze Tradition reicht zurück auf Herzog Heinrich den Löwen, der Braunschweig im 12. Jahrhundert zur Hauptstadt seines Herzogtums gemacht hatte. Aus dieser Zeit stammte auch der Dom, wohl das historisch hervorragendste Bauwerk der vielen bedeutenden Bauten Braunschweigs, die während der über Monate hinweg ganze Nächte lang andauernden Flächenbombardierungen dem Boden gleich gemacht wurden. Schwere Angriffe vernichteten Teile der Altstadt mitsamt ihrer Vielfalt an architektonisch einzigartigen Fachwerkhäusern. Zu Ende des Krieges waren fast alle Kirchen, öffentlichen Gebäude, Museen, Theater, die Straßen, Brücken und Eisenbahneinrichtungen zerstört.

Trotz der Härten des Lebens in einem gebrochenen, entmutigten, kriegszerstörtem Land sollten mir wertvolle Lehren zuteil werden. Die wichtigste Lektion war, dass ich ein tiefes Verständnis dafür gewann, wie wir Menschen mit Schmerz und Leiden umgehen. Die Gräuel des Krieges weckten mein Interesse an einer anderen, besseren Lebensführung, an ganzheitlicher Gesundheit. Dieses Interesse wurde zu meiner Mission, meiner Passion, zu meiner kreativen Quelle und später zu meinem Lebensunterhalt. Noch konnte ich nicht ahnen, dass das Miterleben des immensen menschlichen Leidens als Katalysator für mein beständiges Streben, die Geheimnisse der Natur aufdecken zu wollen, dienen würde und dass dieses mich in die Welt der Naturwissenschaften, Alchemie, Philosophie und Kräuterelixiere katapultieren und letztendlich auf eine faszinierende Reise in Richtung Gesundheit, Langlebigkeit und persönlicher Wohlstand schicken würde.

Mir, dem kleinem Jungen, der versuchte, die Welt zu begreifen, standen als erfahrbare Eindrücke nur die krassen Überreste aus einer vergangenen Welt im Kriegszustand zur Verfügung. Die Wirklichkeit erwies sich als großer Lehrmeister. Ich hatte das Glück, diesen furchtbaren Abschnitt der Menschheitsgeschichte sowohl körperlich als auch seelisch relativ unbeschadet zu überstehen. Mehr noch, durch die allgemein so vernichtende Tragödie wuchs in mir die verzweifelte Entschlossenheit, selber einen Wandel bewirken zu wollen. Eine Entschlossenheit, die in alchemistischer Weise Mangel in Überfluss verwandeln sollte, Leiden in Glücksgefühl, und, als Wichtigstes, Unwissenheit in Wissen, Können und Weisheit. Was Alchemie wirklich ist, nämlich die Umwandlung von allen Stufen des Lebens und Seins, sollte ich später noch sehr viel eindringlicher und bewusster erfahren.

Die Lebensumstände im Deutschland der direkten Nachkriegsjahre waren erbärmlich. Die Infrastruktur war vollkommen zerstört, was die Versorgung der Bevölkerung sogar mit den allernotwendigsten Grundgütern extrem behinderte. So gut wie jede deutsche Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern war schwer zerbombt worden. Und die Tausenden von Bomben hatten zahllose Kubikmeter Schutt hinterlassen. Besonders in den Ortszentren türmten sich wahre Schuttberge und ermöglichten nur Zufahrtswege von etwa einem Meter Breite. Jede Stadt hatte die gleiche Priorität: die Trümmer müssen beseitigt werden!

Unvergesslich sind mir meine ersten, zögernden Schritte in die zerstörten, kaum wiedererkennbaren Überreste meiner Heimatstadt. Da alle noch arbeitsfähigen Männer auf viele weitere Monate hin in Kriegsgefangenschaft waren, war Beseitigung und Abtransport des Schutts Aufgabe der Frauen. Sie arbeiteten hart daran, Straßen wieder begehbar und Häuserruinen wieder betretbar zu machen. Für Kinder gab es im ersten Nachkriegsjahr nur sehr wenig Schulmöglichkeiten, aber ich bekam in dieser schweren Zeit die Chance einer besonderen Ausbildung. Trotz der Härten und Entbehrungen sollten sich die ersten drei Jahre meines Lebens als sicheres, solides Fundament für mein gesamtes weiteres Leben als Heiler, Chemiker, Alchemist, Kräuterkundler, Naturheilkundler und Hersteller der reinsten Gesundheitspflegeprodukte der Welt erweisen.

Ich kann mich deutlich daran erinnern, wie viel Bewunderung ich als Junge für die heimkehrenden Soldaten hegte, viele von ihnen mit unverheilten Wunden oder schwer verstümmelt. Ich erinnere mich ebenso an die Ehrfurcht, die ich den Medizinern und Sanitätern beiderlei Geschlechts gegenüber empfand, die als freiwillige Helfer die Verwundeten direkt an der Front und in der Heimat versorgten. Viele der kriegsverwundeten Soldaten erklärten später, dass jene Ärzte und medizinischen Helfer die wahren Helden des Friedens gewesen seien. Diese Menschen stellten sich als Quasi-Psychologen beratend in den Dienst der anderen. Sie versuchten, das Leiden zu verringern, das anderen zugefügt worden war. Das seelische Mittragen des Leidens so vieler belastete sie selbst schwer. Sie litten stark – dennoch scheuten sie sich, den eigenen inneren Schmerz während ihrer Arbeit offen zu zeigen. Was mir schon damals auffiel und mich sehr berührte, war, dass wir Menschen alle, egal ob Soldat oder Arzt, ob reich oder arm, die gleiche Angst vor dem Tod und der Not, vor dem Leiden, vor dem physischen und seelischem Schmerz haben. Dies ist die uns allen gemeinsame menschliche Natur. Mein Bewusstsein wurde für immer dafür geschärft, dass engagierte Menschen, die heilen und helfen wollen, in allen Zeiten, ob in Frieden oder Krieg, unverzichtbar sind.

Die Atmosphäre der Nachkriegsjahre machte mich zu einem stillen, bescheidenen jungen Mann. Ich trug, in mir verborgen, die kollektiven Schmerzen all der Opfer des Krieges persönlich mit. Europa hat leider eine lange Tradition, ja fast einen gewissen kulturellen Appetit auf Kriege und Eroberungen gezeigt. Wenn ich auf meine frühen Lebensjahre blicke, muss ich sagen, dass der Krieg und seine Folgen, die ich aus erster Hand erlebt habe, mir die Extreme im menschlichen Verhalten unmissverständlich aufgezeigt haben. Dies führte bei mir sowohl zu einem andauernden Angstgefühl als auch zu einem starken Widerwillen gegen Krieg und Ungerechtigkeit. Es war einfach offensichtlich, dass Menschen in Kriegszeiten unendlich und unvorstellbar litten.

Manche Leute können unter lebensbedrohlichen Umständen ihre Furcht und ihr Leiden zeitweilig kontrollieren, während anderen diese Fähigkeit nicht zur Verfügung steht. Der Direktor einer großen Naturheilmittelfirma, für die ich früher tätig war, erklärte einmal, ich hätte enorm viel an echter Barmherzigkeit und Mitmenschlichkeit in mir, würde dieses aber hinter einer metallenen Ritterrüstung verstecken, sodass nur mir sehr nahestehende Menschen mein wahres, empfindsames Ich erkennen könnten. Ein Schutzschild wie dieser kann uns in bedrohlichen Situationen helfen, Schmerz und Leid abzublocken, damit wir unsere Furcht meistern und durchhalten können, genauso wie es die still und nobel handelnden Mediziner taten, die direkt an die Front gingen und dort fast Unmögliches geleistet haben.

Letztendlich aber muss die emotionale Rüstung abgelegt werden – und dann kommen die unverhüllten Gefühle von Trauer und tiefer Niedergeschlagenheit zum Vorschein, was auch den Heilungsprozess einleiten kann.

Anders erging es meinem Vater – er litt noch Jahrzehnte nach Ende des Krieges weiter. Er zeigte nur selten seine wahren Gefühle. Und das Leiden der Soldaten wird in Zahlen wie diesen deutlich: Während des amerikanischen Bürgerkriegs erlagen etwa 50% der Soldaten, die in die Hospitäler eingeliefert wurden, ihren Verwundungen. Im Ersten Weltkrieg waren es 8%, doch im Zweiten Weltkrieg verstarben 86% der im Krieg verwundeten Soldaten noch im Hospital.

Nicht nur an der Front wurde auf Leben und Tod gekämpft: den Familien in der Heimat mangelte es an Lebensmitteln, man war kaum zum Überleben fähig. Die brutale Vertreibung von mehr als 12 Millionen Deutschen aus Polen und aus anderen Gebieten trug enorm zur allgemeinen Verknappung und Verbitterung bei. Über viele endlose Wochen hin war Essbares oft so rar, dass jegliches selbst gezogenes Gemüse wie kostbare Juwelen gewertet und dementsprechend bewacht und gehütet wurde. Es war nach Ende des Krieges, ich war noch nicht ganz vier Jahre alt. Eine unvergessliche Erinnerung: die Entsetzensschreie und Wut meines Großvaters Heinrich Fricke, die völlige Verzweiflung bei Großmutter Gertrud und meiner Mutter Gerda. Über viele Monate hinweg hatte mein Opa mühselig und mit großer Hingabe die wichtigsten Grundgemüsesorten im Garten hinter unserem Haus angepflanzt. Alle Familienmitglieder waren wie am Boden zerstört, als das lebenswichtige Gemüse über Nacht von Dieben gestohlen wurde; und das nur einen Tag vor der geplanten Ernte! Für viele Wochen gab es für uns dann nur Waldbeeren, ein paar Kartoffeln und Rüben zu essen.

Wenn man Destruktion in Relation zu dem messen will, was ein Krieg an Menschenleben und an Material kostet, dann ist der Zweite Weltkrieg der vernichtendste Krieg der Geschichte gewesen. Was 1939 als europäischer Konflikt zwischen Deutschland und der englisch-französischen Koalition begonnen hatte, breitete sich aus und ergriff einen großen Teil aller Staaten. In den letzten Stadien diese Krieges wurden zwar zwei radikal neue Typen von Waffen eingeführt, nämlich die Langstreckenrakete und die Atombombe, aber die Kriegshandlungen selber wurden hauptsächlich mit den Waffen (wenn auch in verbesserter Form) des Ersten Weltkriegs ausgefochten, was breit gefächerte Zerstörung und den zusätzlichen Verlust vieler Millionen Menschenleben bedeutete.

Statistiken zeigen uns die Zahlen. 61 Staaten mit 1,7 Milliarden Menschen, damals drei Viertel der Weltbevölkerung, waren – ob gewollt oder ungewollt – aktiv beteiligt. Die chaotischen Kriegswirren haben eine einheitliche, verlässliche Datenerhebung unmöglich gemacht.

Regierungen verloren die Kontrolle über die Zahlen, manche versuchten auch, sie für politische Zwecke zu manipulieren. Als allgemeiner Konsens gilt jedoch die grobe Schätzung, dass die Ausgaben für den Zweiten Weltkrieg sich zum damaligen Zeitpunkt total auf mehr als 1 Milliarde US-Dollar beliefen, was in heutiger Währung etwa 100 Milliarden US-Dollar entspricht. Damit war dieser Krieg teurer als die kombinierten Kosten aller bisherigen Kriege der Menschheitsgeschichte zusammen. Die USA z. B. gaben insgesamt 241 Millionen Dollar aus, davon 50 Millionen zur Unterstützung und Versorgung der Alliierten.

Doch solche Zahlen können nur andeuten, welche Kosten wirklich entstanden sind. Die Sowjetunion verlor 30% ihres Volksvermögens. Der Krieg kostete Japan geschätzte 562 Millionen Dollar. Deutschland stellte unterschiedslos alle menschlichen und wirtschaftlichen Reserven, ob willige Mitstreiter oder nicht, in den Dienst der Vorherrschaft. Besetzte Länder wurden durch Plünderungen von vielerlei Seiten her ausgeblutet. Die Gesamtzahl der verlorenen Menschenleben wird auf circa 50 Millionen geschätzt. Dies schließt übrigens nicht die zwischen fünf und sechs Millionen Juden mit ein, die im Zuge des unentschuldbaren Holocaust getötet worden sind!

Etwa 25 Millionen Militärangehörige fielen, etwa 30 Millionen Zivilisten kamen ums Leben. Die Zahlen schwanken. Die Sowjetunion hat mit mehr als 20 Millionen Kriegstoten die schwersten Verluste an Menschenleben zu verzeichnen. Die Zahl der militärischen Verluste an Menschenleben erreichte in Europa auf beiden Seiten 19 Millionen, der Krieg gegen Japan kostete 6 Millionen Soldaten das Leben, wovon die USA 292.131 Gefallene zu verzeichnen hatten. Der Zweite Weltkrieg muss im Kontext mit anderen, nicht so umfangreich dokumentierten Konflikten gesehen werden. Auch hier sind die Zahlen erschreckend: So hat zum Beispiel Stalins großer Terror gegen seine Landsleute im 20. Jahrhundert, wie inzwischen bekannt wurde, 40 Millionen russische Leben durch Hinrichtungen und Hungertod gefordert. Maos »Säuberung« kostete zwischen 70 bis 100 Millionen Menschenleben in China. Weitere Kriegsschauplätze: Korea, Vietnam, in jüngerer Vergangenheit Afghanistan und Irak.

Wir, die Menschheit, sind durch all dieses Töten und Leidzufügen mit einer kollektiven Schuld belastet. Diese Schuld muss noch auf der seelischen und geistigen Ebene beglichen und geheilt werden. Hinzu kommt eine neue Dimension des Krieges: die psychologische Kriegsführung, wie am Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion zu sehen (was seinerzeit zu immensen Staatsausgaben und Furcht auf allen Seiten führte).

Nach 1947 hatten sich in Deutschland die Lebensumstände spürbar verbessert, das »Wirtschaftswunder« machte Deutschland in rasantem Tempo bald zur zweitstärksten Volkswirtschaft der Welt. Meine frühen Lebensjahre waren durch die Polarität von Natur und Schwerindustrie bestimmt. Von Buchen und Eichen umrandete Bauernhöfe prägten die Umgebung der Stadt, aber nur vier Kilometer entfernt standen die kirchturmhohen Schornsteine der riesigen Fabriken und Hochöfen, die Stahl für Autos, Brücken, Eisenbahnen und die Bauwirtschaft produzierten. Genau diese Stahlwerke waren übrigens auch sehr effizient während des Krieges, bekannt damals als Reichswerke Hermann Göring, zur Waffenherstellung benutzt worden. Obwohl sich zur damaligen Zeit niemand Gedanken über »Global Warming« oder Umweltbelastung machte, spürte ich die Auswirkungen der von Menschen verursachten Emissionen deutlich. Ich konnte fühlen, wie der Luft um mich herum Schaden zugefügt wurde. Die Abgase der Steinkohle, mit der die Hochöfen beschickt wurden, legten einen ungesunden Schleier über die gesamte Landschaft. Das nächtliche Spektakel der abgestochenen glühenden Hochofenschlacke auf den fernen Hügeln gehört untrennbar zu meinen Kindheitserinnerungen, die Polarität von fruchtbarer Erde und Wald zur gierigen Großindustrie.

Ich lernte von meinem Großvater, dass die Menschheit Technologie, Kultur und Zivilisation brauche, um sich weiterzuentwickeln, aber dass die wahre Essenz des Lebens – und des Heilens und Gesundwerdens – bereits innerhalb des menschlichen Geistes und in der unberührten Natur enthalten sei. Er nahm mich mit zu den umliegenden Hügeln, um Kräuter und Beeren im Wald zu sammeln und auf unserem Weg erklärte er mir, dass jede Krankheit mithilfe der Natur geheilt werden könne. »Du musst nur wissen, wonach du zu suchen hast«, sagte er mir. Viele Jahre später erfuhr ich durch Paracelsus, dem Alchemisten und Begründer der modernen Wissenschaft und Medizin im 16. Jahrhundert, dass sich, eine intakte Natur vorausgesetzt, ein heilendes Kraut für jede Krankheit im Umkreis von einem Kilometer finden lässt.

Nach zwei vernichtenden Kriegen standen kaum medizinische Mittel zur Verfügung. Nur wenige Menschen, wie mein Großvater, wussten, wo die Heilkräuter der Natur zu finden waren und, mehr noch, wie sie einzusetzen waren, um eine heilende Wirkung zu haben und den Mitmenschen, die diese Heilung brauchten, dadurch zu helfen. Mir ist inzwischen klar und unverbrüchlich bewusst, dass das Leben umso echter und wahrhaftiger wird, je mehr wir Menschen mit der Erde und der Natur in Einklang kommen. Die Wahrheit ist: alles, was geschieht, und das schließt jede unserer Handlungen ein, egal ob für andere sichtbar oder unsichtbar, ist als Teil einer großen, unendlichen Kraft synchronisiert – einer Kraft, die in vielen Kulturen Asiens als das Tao und in der westlichen Welt als Sein, Kosmische Intelligenz, Lebenskraft, Schöpfung, Gott bekannt ist.

2. NEUANFÄNGE

Zu Beginn der Fünfzigerjahre hatte sich die allgemeine Stimmung in Deutschland gewandelt – von absoluter Verzweiflung hin zu Hoffnung und einem aufkeimenden Optimismus. Vielleicht konnten die grauenvollen Erinnerungen und Hinterlassenschaften zweier Weltkriege wirklich überwunden werden und Raum für einen Neuanfang bieten? Ich fand während dieser mit neuer Hoffnung erfüllten Aufbruchsstimmung meinen eigenen Ansatz für den Anfang von etwas Neuem und zwar quasi direkt vor der Haustür. Ich war fasziniert davon, wie stark mein Großvater den Heilkräften der Kräuterwelt vertraute. Er wiederum freute sich enorm über mein Interesse und es machte ihm großen Spaß, sein vielfältiges Wissen an mich, die junge Generation, weiterzugeben. Unter seiner Anleitung entwickelte ich ganz selbstverständlich ein Gefühl und Gespür für die Gerüche und Düfte der Blumen und Kräuter. Ich konnte sozusagen meiner Nase folgen, wenn es darum ging, einige »Schätze der Natur« zu heben, sowohl damals wie auch in den folgenden Jahrzehnten, als es um meine eigenen Produktentwicklungen ging und es ist auch heute noch genauso.

Wenn ich an meine frühen Kindertage denke, sind mir sofort die Düfte und Farben von Pfefferminze und Kamille, Ringelblume (Calendula), Schafgarbe, Klettenwurzel und Immergrün präsent. Außerdem typische Walddüfte: der Geruch von Ameisensäure, Bärlauch, Waldmeister. Die Erkenntnisse der modernen Physiologie und auch die Forschungen zur Aromatherapie bestätigen, dass das menschliche Gehirn im sogenannten limbischen System die Geruchseindrücke der frühen Kindheit abspeichern kann. Meine erste und unvergessene Lektion bestand darin, Kräuter und Blumen anhand ihrer speziellen Düfte zu unterscheiden und den ihnen innewohnenden, natürlichen medizinischen Heil- und Nutzwert zu erlernen.

Die Waldkamille zum Beispiel hat entspannungs- und schlaffördernde Eigenschaften und wirkt gegen Entzündungen. Sie lässt sich sehr schnell anhand ihres charakteristischen Dufts, der Körper und Geist beruhigt, erkennen, nicht unbedingt jedoch aufgrund ihres Erscheinungsbilds.

Mein Großvater lehrte mich, die Düfte der vielen verschiedenen heilkräftigen Wildblumen zu erkennen, die im europäischen Frühling und Sommer überall ihre blaue, gelbe, weiße und rote Blütenpracht zeigen. Viele dieser Blüten haben heilende Eigenschaften, deren Essenzen sich mit Sorgfalt und Geduld durch Extraktion oder Destillation isolieren lassen. Uns stand dafür nur ein relativ primitives Rüstzeug zur Verfügung, aber ich lernte, wie man die blauen Blütenblätter der Kornblume, zerstoßen und mit anderen Pflanzenextrakten gemischt, in eine exotische Masse verwandeln konnte, mit der sich Speisen, Getränke und sogar Leckereien wie Eiscreme süßen und färben ließen. Wir sammelten auch Bitterkräuter, wie zum Beispiel das Tausendgüldenkraut, ein kleines bescheidenes Pflänzchen, das sich gerne zwischen Steinen und Felsbrocken im Schatten ansiedelt. Diese Ernte wurde von uns getrocknet und weiterverarbeitet und dann als Magenmittel und Verdauungshilfe eingesetzt. Nicht unwichtig in den direkten Nachkriegsjahren, in denen man essen musste, was man fand, um zu überleben! Oft war die Kost nur eine Mischung aus Wurzeln und Körnern, für die das menschliche Verdauungssystem nicht unbedingt optimiert war. Grundnahrungsmittel, wenn überhaupt erhältlich, war die Kartoffel.

Zusätzlich zur praktischen Ausbildung in Waldkräuterkunde erlernte ich die Fertigkeit des komplementären Pflanzenanbaus: Blumen, Kräuter und Gemüsesorten werden in bestimmter Art und Weise gemeinsam angepflanzt und fördern sich durch eben diese Gemeinschaft gegenseitig, sodass sie noch besser gedeihen. Dies ist heutzutage unter dem Schlagwort »companion planting« bekannt. Während wir die umliegenden Hügel und Wälder erforschten, führten mein Großvater und ich endlose Gespräche. Ich erfuhr, wie man durch Trocknen und Zerkleinern aus einer bestimmten Auswahl von Wurzeln, Blättern, Beeren und Samenkörnern eine komplette Hausapotheke aus Naturheilmitteln herstellen konnte. Wir benutzten alle möglichen getrockneten Blütenblätter, Wurzeln und grünen Pflanzenteile als Basis für Tees und wir bereicherten die karge Nachkriegsküche mit selbst gesammelten frischen Gewürzkräutern. So wurde mir von klein auf demonstriert, wie sich die Schatztruhe der Natur für die täglichen Bedürfnisse des Menschen zunutze machen ließ.

Ich hatte die verantwortungsvolle Aufgabe bekommen, Ringelblume (Calendula) zu suchen und zu sammeln. Die Ringelblume hat auffällige, leuchtend orangefarbene Blüten und eignet sich hervorragend zur Behandlung von Infektionen und Hautverletzungen, den typischen Begleiterscheinungen von Gefechtsverletzungen wie Schnitt- und Schusswunden. Andere typische Verletzungen wie zum Beispiel schwere Prellungen ließen sich ideal mit Arnika lindern. Nun gedieh die echte Arnika allerdings nur in entlegenen Bergregionen des Schwarzwalds. Ich lernte jedoch ein hervorragendes Substitut kennen: Bellis perennis, das bescheidene Gänseblümchen, das auf fast jedem Boden und fast allen Wiesen gedeiht und einen guten Ersatz für Arnika darstellt (im Volksmund auch als »Arnika für arme Leute« bekannt).

Sogenannte Unkräuter können also als wertvolle Helfer dienen, es gilt: Gewusst wo, wann, wie.

Meine Großeltern waren lebendige Beispiele dafür, wie Menschen sich positiv mit ihrem und dem Leiden in ihrer Umgebung auseinandersetzen können. Sie besaßen eine fast mystische Beziehung zur Natur und waren unerschütterlich davon überzeugt, dass die Natur all die Geheimnisse parat hält, durch die wir besser leben und überleben können und mit denen die Menschheit das Böse in eine bessere Welt überführen kann. Sie glaubten daran, dass Gott, in der Natur gefunden, der natürliche Ursprung all dessen ist, was wirklich zählt und wichtig ist und auf natürliche, liebevolle Weise dafür sorgt, dass wir alles zur Verfügung haben, was man für ein erfülltes, glückliches (wenn auch armes) Leben in Einklang und Bescheidenheit auf Erden braucht. Heinrich und Gertrud Fricke erschienen mir damals als lebender Beweis, dass in einer brutalen, erbarmungslosen Welt das Gute dennoch existiert.

Nun hatte ich also bereits vor Erreichen des siebten Lebensjahrs ein grundlegendes Verständnis dafür bekommen, wie man aus Pflanzen ein Sortiment von einfachen Medikamenten machen kann. Im Umkreis von drei Kilometern von Zuhause und im Hausgarten fanden wir alles, was man sich für eine Basis-Apotheke für den täglichen Hausbedarf und die Gesundheitspflege wünschen konnte. So einfach ist das heutzutage leider nicht mehr, da wir mit unserer gierigen Konsumwelt unsere Umwelt schon reichlich geplündert und belastet haben. Ich wurde früh zu einem der ersten Umweltschützer, wahrscheinlich auch dank der Härten meiner Kindheit und Jugend. Ich schloss mich später der ersten Welle von Grünen an und demonstrierte in den Straßen gegen rücksichtslose Entsorgung von Nuklearabfällen und den Einsatz tödlicher Chemikalien wie DDT. Wir waren damals, in der Nachkriegszeit, eine der ersten Bewegungen, die auf den Schutz der Umwelt, unseres Planeten aufmerksam machte.

Mein gewaltloser Ansatz wurde Mitte der Sechzigerjahre hart geprüft. Demonstrationen wurden polizeilich eingeschränkt und niedergehalten, was in der Gegenreaktion wiederum zu noch mehr Demos in den Straßen führte, nun jedoch mit gewalttätigen Ausschreitungen, ja es gab sogar Tote. Und obwohl Flower-Power in jener Zeit das Leitmotiv der westlichen Welt war, wandten sich einige Vertreter der neuen Generation der Gewalt zu, gaben sich den Namen RAF (Rote Armee Fraktion) und ermordeten Politiker, Banker und prominente Geschäftsleute. Die RAF-Gründer waren neben anderen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Horst Mahler und Ulrike Meinhof – tatsächlich sah manch einer in diesen Frauen und Männern die Helden einer neuen Generation. In den Augen anderer waren sie Aussteiger und Verbrecher.

Manch einer wurde von den gewalttätigen Protesten angezogen. Ich persönlich war, wie die Mehrheit der Leute, einfach angewidert von Krieg und menschlicher Grausamkeit. Statt nach neuen Konflikten suchte ich lieber nach besseren Lösungen. Ich hoffte, diese in der Natur, in dieser großen Kraft, die alles formt, zu finden. Die meisten Menschen waren in jenen Jahren bemüht, eine Festanstellung bis zum Rentenalter zu finden. Ich jedoch setzte meine Kraft daran, mir im Feld Naturheilkunde und Naturwissenschaft eine berufliche Laufbahn aufzubauen. Dabei dachte ich überhaupt nicht an Karriere oder finanzielle Vor- und Nachteile, sondern war einfach nur davon überzeugt, dass die Naturheilkunde der beste Weg sei, um möglichst viele Leiden zu lindern, sowohl körperliche als auch geistig-seelische.

Diese grundlegenden Jahre schärften meine Wahrnehmung dafür, wie natürliche Inhaltsstoffe wirkungsvoll für medizinische Zwecke eingesetzt werden können. Vieles von diesem Wissen half mir später beim Aufbau von JURLIQUE, jener Firma, die seitdem von Australien aus die Welt mit einer Vielfalt von populären Kosmetik- und Gesundheitspflegeprodukten auf der Basis von organischen Pflanzenessenzen versorgt. Ich war seit frühester Jugend und auch später, während meiner Laufbahn als Wissenschaftler, immer zutiefst davon überzeugt, dass alles natürlich-organisch Angebaute im Ergebnis immer gesundheitsfördernd sein wird. Ebenso sicher war ich mir, dass die positive Wirkung von Naturheilmitteln auf das menschliche Wohlergehen sich letztendlich mit wissenschaftlichen Methoden nachweisen lassen wird.

Schon früh lernte ich, Tees und Tinkturen herzustellen. Für Tinkturen extrahiert man die Inhaltsstoffe einer Pflanze, meist mit Hilfe von verdünntem Alkohol. Ein hoch konzentriertes Filtrat bleibt zurück, das, wenn in der richtigen Dosierung angewendet, schnell einsetzende Heilwirkung zeigt. Dies ist der Weinherstellung nicht unähnlich, bei der ja auch verschiedene Früchte als Ausgangsmaterial zum Einsatz kommen können. Heutzutage kursiert die Information, man sei der Gefahr des gefürchteten Katers nur nach dem Genuss von aus Trauben gekelterten Weinen ausgesetzt. Leider muss klar gesagt werden: dies ist Wunschdenken. Alle Weine, egal aus welchen Früchten gekeltert, können Kopfschmerzen und körperliches Unwohlsein auslösen – es ist eine direkte Folge der hoch konzentrierten Mischung von Zucker, Alkohol und anderen Substanzen wie z. B. Phenolen in den Schalen und Kernen der Weintraube (oder anderer Früchte) und zugesetztem Schwefeldioxid. Was seit Tausenden von Jahren allgemein bekannt ist, wurde wohl am griffigsten von Paracelsus auf die Formel gebracht: »Die Dosis macht das Gift.«

Meine praktische Ausbildung in Kräuterkunde, und damit zugleich den allereinfachsten Grundlagen der Alchemie, entfachte mein weiteres starkes Interesse an den Geheimnissen und Substanzen der Natur. Als Teenager begann ich mich für die Naturwissenschaften zu interessieren, und ich entwickelte eine bedenkliche Vorliebe für Experimente mit chemischen Reaktionen. Meine Inspirationsquelle war ein Almanach, der auf simple und wunderbar klare Weise das Wissen aus Botanik, Zoologie, Chemie, Physik, Geografie sowie Grundlagen zu Themen wie Wetter und Weltall vermittelte. Dieses rare Werk hatte meinem Vater gehört und er hatte es an mich weitergegeben. Es gab darin auch Darstellungen von Alchemisten, Destillierpraktiken und der Transformation von geheimnisvollen Substanzen zu sehen.

Wissensbereiche wie diese waren zu meiner Zeit (und sind es übrigens auch heute noch) nicht allgemein zugänglich – mich spornte dies nur noch weiter an, neue Wege in der Zusammenarbeit mit der Natur zu finden. Ehe ich mich versah, hatte ich mich dem Feld der Alchemie verschrieben, was mein Leben für immer verändern sollte. Gerade 14 Jahre alt geworden, richtete ich ein improvisiertes Laboratorium in der Wohnung meiner Eltern ein, wo ich auf einem kleinen Tischchen leichtsinnigerweise ein Experiment mit Schwefel- und Salpetersäure durchführte. Die explosive Reaktion verteilte kochende Säure überall hin, auf Teppich, Kleidung und leider auch in mein Gesicht. Die resultierenden Narben sind mir fürs Leben geblieben. Ich ließ mir einen Bart stehen, und Bart trage ich tatsächlich auch heute noch (allerdings nicht, um ein psychologisch bedingtes »Räuberskript« zu demonstrieren oder zu verbergen, wie ein Freund einst meinte). Das schiefgelaufene Experiment traf nicht nur meinen Stolz, sondern auch das karge Haushaltsbudget ganz empfindlich. Wir lavierten, wie auch die anderen Familien in der Nachbarschaft, knapp an der Armutsgrenze. Dinge wie Kleidung und Teppiche waren hoch geschätzte Luxusartikel. Mein sorgloses Experiment verdarb mir ziemlich die Lust an der Alchemie. Meine Eltern verziehen mir zu guter Letzt. Nach erheblicher Überzeugungsarbeit erhielt ich von meiner Mutter die Erlaubnis, meine chemischen Studien, nun auf umsichtigere Art, bei uns im Keller fortsetzen zu dürfen. Sie gab mir diese eine letzte Chance mit den Worten »Aber pass auf, dass du das nächste Mal, wenn du was anstellst, besser vorbereitet bist!«

Der Keller meiner Großeltern war früher in den Monaten von Mai bis Oktober mit Obst gefüllt. Äpfel, Birnen, getrocknete Pflaumen, Rosinen – einfach alles, was die Saison brachte. Meine Großmutter Gertrud und mein Großvater Heinrich hatten die ideale Arbeitsteilung gefunden – er baute an und sammelte, sie verarbeitete die Ernte weiter. Die Art, wie meine Großmutter die Früchte für den Wintervorrat auswählte, haltbar machte und lagerte, war nahezu perfekt. Was sie alleine mit nur einfachster Ausrüstung und enormem Arbeitseinsatz bewältigte, war unglaublich. Und vielleicht nahm ich mir meine Großmutter zum Vorbild, als ich Jahrzehnte später damit begann, die Formeln zu entwickeln, nach denen Naturprodukte für JURLIQUE und andere Firmen hergestellt werden konnten.

Gertrud hatte immer eine Sammlung von eingemachtem Obst und Gemüse in Gläsern und Dosen entlang der Kellerwände. Besonders das so konservierte Gemüse war während der langen, harten Wintermonate überlebenswichtig. Unser Vorrat war allerdings etwas ganz Besonderes, Heinrich baute nämlich nicht nur Obst und Gemüse an, sondern kannte sich auch gut mit der Kunst der Kräuterzusätze aus, durch die die rohen Früchte nicht nur appetitlicher, sondern auch noch leichter verdaulich und sogar förderlich für die Verdauungsorgane wurden. Ich lernte von ihm auch, wie man Obst und Gemüse mit Hilfe von unschädlichen Konservierungsstoffen haltbar machen kann.

Außerhalb der Familie hat mein Opa nie seine Geheimnisse preisgegeben. Wer ihn fragte, bekam ein grantiges, aber mit Lächeln vorgetragenes: »Wer die Natur kennt, weiß wie es geht« zu hören. Wenn er sich abends, erschöpft nach des langen Tages Arbeit, am Ofenfeuer ausruhte, versuchte ich, mehr aus ihm herauszubekommen. Das einzige, was er vor sich hinmurmelte, bevor er im Sessel einnickte, war etwas in der Art von »man kann nicht ans Ziel kommen, ohne zuerst die Reise anzutreten«. Auch wenn ich damals noch sehr jung war und nicht so richtig wusste, was er meinte, spürte ich doch, dass er mir indirekt sagen wollte, dass ich im Leben noch eine ganze Menge zu lernen hätte. Was ich allerdings genau verstand, war, dass ich mich glücklich schätzen konnte, die Grundlagen der Naturheilkunst von jemandem zu lernen, der ein so tiefes Verständnis für die Natur und für die Zusammenhänge zwischen der Natur und uns Menschen hatte.

Ich wuchs heran, von einem ängstlichen kleinen Jungen zu einem schüchternen Teenager. Mir, dem Kind, erschien Armut als der Normalzustand. Die Worte Überfluss und Reichtum waren damals ein abstraktes Konzept ohne jegliche Realität. Ganz Deutschland und Österreich überlebten durch selbst angebaute Kartoffeln, Weizen und Gerste. Wenn die reichen Bauern ihre Kartoffeln ernteten, blieben oft ein paar der kleineren Ackerfrüchte zurück, die sich dann die Leute, die nichts zu essen hatten, selber ausbuddeln konnten. Armut ist ein degradierender und entwürdigender Zustand. Sie zwingt den Menschen, sich zum bloßen täglichen Überleben furchtbar schinden zu müssen. Dies prägt dauerhaft, wie jemand die Welt wahrnimmt. Nebenbei bemerkt ist dies wohl der Grund, warum ich persönlich keine Kartoffeln mehr essen mag – tief in meinem Gehirn sind die Neuronen so vernetzt, dass Kartoffeln für mich äquivalent sind mit selbst erlebter Not, »Kartoffeln gleich bitterem Mangel«. Es ist eine bedrückende Realität, dass auch heutzutage noch die Hälfte der Weltbevölkerung in krasser Armut lebt.

Damals, im Alter von etwa zwölf Jahren, schwor ich mir, mich selbst für immer aus den Einschränkungen der Not zu befreien und dafür zu sorgen, dass ich für den Rest meines Lebens genug zu essen und ausreichend Geld haben würde. Ich war wild entschlossen und hatte die feste Zuversicht, dass ich dazu bestimmt sei, es zu schaffen – auch durch schwierige Zeiten hindurch. Ich war sicher, dass sich für mich Erfolg und Wohlstand einstellen würden, sobald die Zeit dafür reif war. Alles in mir sagte: lass deine Ängste los und verfolge dein Ziel eines besseren Lebens. Mein Gedankengang war folgender: wenn meine Sorgen ums nackte Überleben nur in meinem Kopf stattfanden, hatten diese Sorgen keine wirkliche Macht. Ich musste mir nur den Kopf von der Vergangenheit freihalten, meine eigene Freiheit gewinnen und mein Erfolgsrezept finden. Ich sah mir den Wohlstand der anderen staunend und ohne Neid an. Warum sollte ich so etwas nicht auch verwirklichen können, wenn ich mir ein festes Ziel setzte und nie dabei aufgeben würde, dieses zu erreichen? Es herrschten ja keine Kriegs- und keine andauernden Notzeiten mehr, wie sie meine Eltern und Großeltern noch hatten erdulden müssen. Als einer der ärmsten Schüler meiner Klasse konnte ich mich für die Zukunft nur auf meine eigene Leistung verlassen.

Es war ein naiver und bewusster Entschluss, meine angstgespeiste Vergangenheit zu verwandeln, um damit zukünftigen positiveren Erlebnissen Raum zu geben. Ich wählte den Weg der Wissenserweiterung, des schnellen und fleißigen Lernens, auch außerhalb der Schulzeiten. Fürs Spielen gab es damit wenig Zeit. Im Inneren aber wurde ich gelassener und offener für einen Wandel und nutzte diese Zwischenzeit, um so viel wie möglich zu studieren und erlernen. Zusätzlich dazu hatten meine Großeltern mir täglich vorgelebt, Gottvertrauen und Durchhaltevermögen zu haben.

Eine Chance bietet sich oft da, wo man sie am wenigsten erwartet. In diesem Fall kam sie mit dem Kalten Krieg, der Deutschland für vier Jahrzehnte in zwei getrennte Lager spalten sollte. Alles begann mit dem Zusammenbruch der Zahlungsmittel und der anschließenden Währungsreform im Jahre 1948. Ich kann mich daran erinnern, dass jeder Erwachsene 40 Deutsche Mark (den damaligen Gegenwert von etwa 10 US-Dollar) erhielt, um essenzielle Güter zu kaufen und die zum damaligen Zeitpunkt fast nicht mehr existente Volkswirtschaft wieder mit anzukurbeln. Eine neue Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung formierte sich. Mit ungläubigen Augen und größtem Erstaunen nahm ich zum ersten Mal im Leben die Dualität von Armut und Überfluss war. In den Elternhäusern von Schulfreunden sah ich so etwas wie nie zuvor erfahrenen Luxus, ich sah fantastische Häuser, Swimming-pools, Autos – eine Offenbarung für mich.

Meine Eltern hatten noch Mitte der Sechzigerjahre (ich war damals 20 und zog gerade von Zuhause aus) weder Telefon noch Auto. Eine gute Ausbildung, Lernen, ein Studium – dies wurde zu meiner Obsession. Bildung schien der beste Weg, die Fesseln der Armut, in der ich aufgewachsen wahr, hinter mir zu lassen. Mit 19 Jahren hatte ich das Gymnasium abgeschlossen, und ich hatte alles, was mir an materiellen Gütern fehlte, mit Lerneifer wettgemacht und mir sogar in meiner Freizeit jedwedes irgendwie zur Verfügung stehende Wissen angeeignet. In der Oberstufe hatte ich mich besonders in den wissenschaftlichen Fächern sowie in Kunst und Sport hervorgetan. Ich wusste damals bereits, dass es eine greifbare Verbindung zwischen Physik, Chemie und Alchemie gibt und ich war höchst interessiert daran, die Dynamik von Naturwissenschaften, Religionen und Philosophie zu ergründen. Den notwendigen körperlichen Ausgleich zum Lernen auf Hochtouren und zu dem, was sich in meinem Geist abspielte, bot mir insbesondere das Schwimmen. Ich machte mich ganz gut in dieser Sportart und gewann im Alter zwischen 16 und 20 Jahren viele Wettbewerbe bis auf Landesebene. Schwimmen war mehr als nur ein Sport, der mir Spaß machte. Ich trainierte fast täglich, und die langen Stunden des Bahnenziehens im kalten Wasser brachten mir Ausdauer und zielgerichtetes Überwinden des »inneren Schweinehundes«, der immer nur Bequemlichkeit sucht, bei. Sie stärkten meinen Körper und mein Bewusstsein dafür, auf welche Weise der Wille den Körper kontrollieren kann. Ich erkannte, Bahn um Bahn schwimmend, dass jeder von uns allein ist, wenn er auf diese Welt kommt und dass auch jeder von uns allein ist, wenn er sie wieder verlässt. Daraus folgerte ich, dass es nur einen schlüssigen Sinn im Leben geben könne, nämlich den, mich am Wunder des Lebens zu erfreuen und einen wertvollen Beitrag zum Leben auf diesem Planeten zusammen mit anderen zu leisten. Ich gelobte mir, dass ich gut, ehrlich, stimmig, im Einklang mit meiner Umwelt leben würde und auf natürliche Weise geschehen und zulassen würde, worauf es ankam.