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Katzen lieben es, ihr Territorium durch den Kontakt mit ihren Fellhaaren abzugrenzen. Sie streichen nicht nur an den Beinen von Menschen, sondern auch an den Gegenständen, die sie am Boden abgestellt haben. Katzen sind auch im Freien bedacht alles Unbekannte zu berühren. So auch OUBA, eine schwarz-weiße Katze in einem französischen Dorf. Nach ihrer Rückkehr fühlte sie sich nicht wohl, verweigerte Nahrungsaufnahme und miaute in der Form, die ihre Besitzerin erschreckte. Marie, die Besitzerin wusste nichts von der Kontaminierung ihrer Katze und erlebte das gleiche Schicksal. Der Diebstahl in einem Hochsicherheitstrakt der US Armee in Genf alarmierte CIA, KGB und die französische Abwehr. Der CIA war es ein Anliegen, wieso man in der löblichen Schweiz, in der alles kontrolliert und abgeriegelt war, in diesen Hochsicherheitstrakt eindringen und Material entwenden konnte, ohne dass der Alarm ausgelöst worden war. Somit schickte die CIA ihre besten Leute. So auch der KGB. Die Abwehr aus Frankreich ließ nicht lange auf sich warten. Während die französische Gendarmerie völlig überfordert war, trafen sich die Agenten aus OST und WEST in diesem Dorf. Die Damen aus der USA konnten mit Hilfe alter Bekannten die Ursachen des Eindringens finden. Damit wäre ihre Arbeit beendet gewesen. Doch ihre Chefs wollten auch die Täter. Dies führte zu einem längeren Aufenthalt der Agenten, die immer wieder nahe einer Lösung auf Leichen stießen.
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Seitenzahl: 312
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Roman Moore
Ouba
Copyright: © 2020: Roman Moore
Satz & Umschlag: Erik Kinting – www.buchlektorat.net
Verlag und Druck:
tredition GmbH
Halenreie 40-44
22359 Hamburg
978-3-347-03994-0 (Paperback)
978-3-347-03995-7 (Hardcover)
978-3-347-03996-4 (e-Book)
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Kapitel 1
Auf einem Streifzug durch die nahe Wiese neben dem großen Wohnhaus traf das Büsi (Katze) noch zeitig in der Früh auf einen Gegenstand, der das Interesse weckte. Er war dunkel, einem Rohr nicht unähnlich und steckte in der Wiese. Dieser Gegenstand war nicht zu bewegen und ragte aus den Grasbüscheln hervor. Da dieses fremde Ding eine dunkle Farbe hatte, war es im Morgengrauen von Weitem nicht zu erkennen. Büsi benahm sich ungezwungen und strich mit den langen Haaren ihres Felles mehrmals darüber. Von allen Seiten. Sie hatte es gefunden und nun begann ihre Markierung. Als die ersten Sonnenstrahlen den Boden streiften und über den Gegenstand hinweghuschten, wurden sie nicht reflektiert. Die Oberfläche dieses Gegenstandes wies eine mattschwarze Farbe auf. Büsi setzte ihre Krallen ein, sie konnte die Oberfläche nicht zerkratzen. Vergeblich versuchte sie in das Metall ein Zeichen zu ritzen. Somit begnügte sie sich, das aufgefundene Metallteil mit ihrem ganzen Körperteil mehrmals zu berühren.
Im Laufe des Vormittages fühlte sich das Büsi nicht mehr wohl. Die Katze kehrte in das Wohnhaus zurück, begab sich zu ihrem Korb, rührte ihr Fressen nicht an und begann zu miauen. Auch die Wasserschüssel blieb unberührt.
Marie fand ihre Katze zusammengerollt und erkannte an ihrem Verhalten ein Unwohlsein des Tieres. Einige Haarbüschel hatten sich aus dem gepflegten Fell gelöst. Marie rief den Tierarzt an. Der war nicht anzutreffen. Seine Assistentin erzählte von einem dringenden Hausbesuch. Am Nachmittag war an diesem Tag die Ordination geschlossen. Da Büsi ein ungewöhnliches Verhalten anzeigte, sollte Marie am Nachmittag ausnahmsweise vorbeikommen. Gegen Mittag lag die Katze apathisch in ihrem Korb. Marie verzichtete auf das Mittagessen und fuhr zum Tierarzt. Dieser konnte neben einer erhöhten Herzfrequenz fehlende Haarbüschel erkennen. Er gab Büsi eine Spritze und Marie ein Medikament mit. Das sollte die Katze während der Futteraufnahme zu sich nehmen.
Am Abend fühlte sich Marie wie in Watte eingepackt. Sie musste das Radio lauter stellen. Es überfiel sie eine ungewohnte Müdigkeit. Nur eine Kleinigkeit nahm sie an Stelle eines Abendessens zu sich. Der Mittagstisch war ausgefallen und auf das Abendessen hatte sie sich gefreut. Marie verzichtete auf Fernsehen und ging zu Bett. Bei der Kontrolle des Katzenkorbes fand sie Büsi schlafend vor. Das trug zu ihrer Beruhigung bei.
Am anderen Tag war eine Präsentation von Polizei und Rettungswesen am Marktplatz vor der Kirche angekündigt worden. Für den Fall einer radioaktiven Verstrahlung hatte die Gemeinde ein eigens ausgerüstetes Fahrzeug bestellt. Feuerwehrleute waren eingeschult worden. Die Bevölkerung hatte man durch Printmedien und zahlreiches Informationsmaterial informiert. Das Interesse war groß und die wenigen Parkplätze waren schon zeitig in der Früh besetzt. Als Marie zu Büsi kam, säuberte sich die Katze, pflegte ihr Fell und es schien alles in bester Ordnung zu sein. Die Futterschüssel war geleert und Marie beruhigt.
Marie wollte die bestellten Nahrungsmittel beim Fleischhauer am Marktplatz abholen. Die an diesem Tag stattfindende Präsentation hatte sie vergessen. Als sie ankam, fand sie erst nach langem Suchen einen Parkplatz. Das Vordringen zum Fleischhauer war mühsam. Dort angelangt, zeigten zwei Feuerwehrleute in Schutzanzügen und mit Geigerzähler bewaffnet ihr Können. Die Umstehenden wiesen keine Verstrahlung auf. All dies wurde von der Presse dokumentiert.
Marie versuchte bei den beiden Sicherheitsleuten vorbeizukommen, um endlich ihr bestelltes Fleisch abholen zu können. Aber es gab kein Entkommen. Zum größten Erstaunen des einen Feuerwehrmannes schlug der Geigerzähler voll aus. Es wurde nochmals gemessen. Der Geigerzähler schnellte nach rechts in den roten Bereich. Das konnte von einem der Journalisten festgehalten werden.
Der Feuerwehrmann, eingehüllt in einen Schutzanzug mit einem Helm und Handschuhen, gab Alarm. Außer ihm und dem Pressefotographen war niemandem diese Reaktion des Geigerzählers bewusst geworden. Der Bürgermeister unterbrach sofort seine Ansprache und telefonierte um Rettung. Den Geigerzähler hatte man vorsorglich abgeschaltet. Die umstehenden Personen dachten an eine wohlorganisierte Vorführung und waren sich der Ernst der Lage nicht bewusst. Die Rettung war in wenigen Minuten zur Stelle, Marie wurde in vorbereitete Umhüllung verpackt und der Wagen fuhr mit Blaulicht und vollem Ton ins Spital.
Selbst der Bürgermeister und auch die Gendarmen, die bei ihm standen, wussten nichts von der Gefahr, die Marie drohte. Die Rettung war nur wenige hundert Meter weiter bereitgestanden und fuhr begleitet vom Applaus der Bevölkerung zu einer Notaufnahme nach Genf. Gefolgt wurde sie mit einem Polizeiwagen, der sich später an die Spitze setzte. Für den Feuerwehrmann, der den Ausschlag sehen konnte, war aus einer Vorführung ein nichterwarteter Ernstfall geworden, mit dem niemand gerechnet hatte. Im Kommandowagen der Feuerwehr war der Zeigerausschlag am Display registriert worden. Man konnte es nicht glauben.
Sofort wurde eine Nachrichtensperre eingeleitet. Nur wenige Beamten von der örtlichen Polizei bekamen eine kurze Information. Derjenige, dem die wenigen Fotoaufnahmen mit dem Zeigerausschlag gelungen waren, wusste es besser. Er sagte nichts. Er musste an die alte Regel denken: Berichten sie, was immer sie wollen, nur nicht die Wahrheit.
Der Tag verging, die Menge zerstreute sich und viele Parkplätze waren wieder leer. Die Familie von Marie war nicht verständigt worden. Ihr Auto parkte immer noch dort, wo sie es abgestellt hatte. Es war ein Platz, der der Gendarmerie vorbehalten war. Am Abend waren ihre Familienmitglieder über ihr Fernbleiben erstaunt. Immer hatte man sich auf ihre Pünktlichkeit und ihre Genauigkeit verlassen können. Es gab keinen Einkauf, kein Essen und keine Nachricht. Die Polizei wurde noch spät am Abend verständigt. Eine Politesse hatte das Fahrzeug gefunden, einen Zettel hinter dem Scheibenwischer geklemmt und war nach Hause gegangen. Manche, die spät am Abend vorbeikamen, wunderten sich über den leeren Parkplatz und das Auto, das in dem der Gendarmerie vorbehaltenen Platz stand.
Den Abtransport einer Person hatte der Bürgermeister miterlebt. Details kannte er aber nicht. Er wusste nicht, daß seine leibliche Schwester von der Rettung abgeholt worden war. Noch viele andere wichtige Termine warteten auf eine Einhaltung. Von dem Geigerausschlag hatte man ihm nichts erzählt. Für ihn war der gelungene Abtransport ein Teil einer Übung. Bei der lokalen Polizei war man sich aber nicht sicher, ob es Show oder Wirklichkeit gewesen war.
Marie lag in einer Spezialklinik in Quarantäne. Ohne nähere Information war eine Verstrahlung festgestellt worden. Man hatte sie vorerst in den künstlichen Tiefschlaf versetzt und sich mit anderen Spezialkliniken über dringend notwendige Maßnahmen unterhalten.
Ihre Katze lag zu Hause immer noch im Korb, wollte diesen nicht verlassen und verweigerte die Futteraufnahme. Als gegen Mitternacht endlich der Bürgermeister nach Hause kam, wurde er über die vermisste Marie informiert. Ein Anruf bei der Feuerwehr brachte Gewissheit. Man habe eine stark verstrahlte Person nach Genf in eine Spezialklinik gebracht, seinen Anordnungen strikt befolgt und darüber eine Nachrichtensperre verhängt. Man kenne weder Namen noch Adresse der Person. Man könnte aber den Namen der Klinik bekanntgeben. Um nächsten Tag um Ein Uhr in der Früh versuchte der Bürgermeister Auskunft über eine Person zu bekommen, die stark verstrahlt noch am Vortag eingeliefert worden war. Sehr höflich aber zurückhaltend bekam er die Information, auch sein Hinweis Bürgermeister eines Dorfes in Frankreich zu sein, würde keineswegs ausreichen, eine Antwort auf diese Frage zu geben. Knurrend legte er auf. In der Klinik war man bestrebt gewesen, die eingelieferte Person am Leben zu erhalten und eine Dehydrierung zu verhindern. Die genaue Untersuchung des Körpers und der Kleidung führte zur Auffindung von Tierhaaren. In der weiteren Spezialuntersuchung war man sich sicher, Katzenhaare unter dem Mikroskop zu finden. Auch diese waren verstrahlt. In der weiteren Analyse fand man nach langem Suchen noch vor dem Abend eine Substanz, die zur Herstellung von Nuklearwaffen diente. Die USA hatte die Ausfuhr dieser Substanz untersagt. Die internationale Vernetzung führte zu einem Hinweis auf einen Diebstahl im Genfer Flughafen. Streng bewachtes Material war vor kurzem entwendet worden. Man vermutete auch eine Einbindung des Sicherheitspersonals. Nun war die CIA am Zug. Noch in der Nacht gelangte eine streng geheime Information nach Washington. Jegliche Auskunft war der Klinik unter dem Hinweis auf schwerwiegende Folgen untersagt worden.
Das Auto von Marie führte zu ihrer Adresse. Die Polizei war nun damit betraut worden, die Angehörigen zu verständigen. Aus Genf kam aus der Klinik der Hinweis, man möge dringend die Katze einer Tierschutzorganisation anvertrauen. Doch Ouba begann noch in der Nacht lautstark zu Miauen. Die Angehörigen fürchteten um das Leben der Katze und verständigten die Tierrettung. Die kam prompt und holte Ouba. Als die Tierschutzorganisation eintraf, war die Katze schon der Tierrettung übergeben worden.
Marie befand sich noch immer im Tiefschlaf. Erst in den Morgenstunden wurde sie aus dem Tiefschlaf aufgeweckt. Als sie ihre Augen aufschlug, fragte sie nach Ouba.
»Wer ist Ouba?«
»Meine schwarz-weiße Katze.«
Dann verfiel sie wieder in einen Dämmerschlaf. Sie wurde an die künstliche Ernährung angeschlossen. Nun durfte sie nicht mehr alleine bleiben. Das Pflegepersonal löste sich ab.
Nach der unbefriedigenden Nachricht aus dem Krankenhaus setzte sich der Bürgermeister in sein Auto und fuhr in diese Klinik. Beim Empfang musste er sich ausweisen. Seine Dokumente wurden sofort registriert. Sein Hinweis Bürgermeister in einem Dorf in Frankreich zu sein, veranlasste die Dame beim Empfang den Diensthabenden zu verständigen. Dieser kam. Der Bürgermeister wurde vom Stand der Dinge in Kenntnis gesetzt.
Aus Paris war noch am Vortag eine speziell geschulte Polizeieinheit eingeflogen worden. Marie war nach ihrer Frage nicht wieder munter geworden und konnte keinerlei Angaben machen. Der Bürgermeister wurde auf Verstrahlung untersucht, die negativ ausfiel. Da man ihn nicht zu der verstrahlten Person kommen lassen wollte, musste er sich gedulden. Die kümmerliche Aussage über eine Katze mit dem Namen Ouba ließ ihn an seine Schwester denken. Total übermüdet ersuchte er einen Platz zum Schlafen zu bekommen. Das gestand man ihm zu. In einem Nebenraum war ihm ein Bett bereitgestellt worden. Bevor man ihn aber Ruhe gönnte, musste der Bürgermeister einen genauen Bericht über die Lebensweise seiner Schwester abgeben. Um zwei Uhr in der Früh war man aber keinen Schritt weitergekommen. Eine eiligst zusammengetrommelte Polizeitruppe untersuchte noch in Sillingy die Wohnung, ihren Arbeitsplatz und ihr Auto. Auch alle Personen, die mit ihr in Kontakt gekommen waren. Auch das führte zu keinem Ergebnis. Es blieb die Katze, von der man sich einiges erwartete. Die war verschwunden. Eine Katze wurde nicht gefunden als die Tierschutzorganisatzion unter Polizeischutz vorfuhr.
Doch beim Korb der Katze reagierte das Meßgerät. Eine Großfandung nach der Tierrettung, die eine Katze transportierte, wurde eingeleitet. Die Polizei stoppte die Tierrettung auf der Autobahn. Nach einer weiteren Überprüfung konnte eine Kontaminierung der begleitenden Personen festgestellt werden. Eine Weiterfahrt mit dieser Katze wurde untersagt. Sie wurde von einem anderen Fahrzeug abgeholt. Der Presse war es nicht gelungen die Übergabe im Bild festzuhalten. Für die Lokalzeitung musste aber für die Seite eins ein Foto einer schwarz-weißen Katze organisiert werden. Der Andruck war für vier Uhr in der Früh vorgesehen. Die Jagd nach einer schwarz-weißen Katze begann.
Zahlreiche Fotos langten ein, widersprachen aber dem Geschmack des Redakteurs, dessen Aufgabe es vorbehalten war, die Bildgestaltung der Zeitung zu überwachen.
Findige Hobbyisten legten sich auf die Lauer. In einer Seitenstraße in einem ruhigen Viertel fand einer eine schwarz-weiße Katze, die sich ungestört vom Verkehr inmitten der kleinen Straße säuberte. Zahlreiche Aufnahmen führten zu einem Bild, welches die Titelseite der Lokalzeitung zierte.
Dieses Katzenfoto sollte in die Geschichte von Sillingy eingehen. Jemand war es gelungen eine schwarz-weiße Katze abzulichten. Sie hatte einen irren Blick. Mit Photoshop verbessert, strahlten die Augen wie Feuer. Sie gehörte einer amerikanischen Touristin, die seit einiger Zeit in Frankreich wohnte.
Um acht Uhr in der Früh läutete die Polizei am Gartentor. Die Amerikanerin kam im Morgenmantel. Umfangreiche Recherchen hatten den Wohnort dieser Katze in einer kleinen Seitenstraße ausfindig gemacht. Der mitgebrachte Geigerzähler konnte aber keineswegs eine Verstrahlung feststellen. Dennoch war diese Katze nun eine Berühmtheit. Sie war bei allen Nachbarn bekannt. Der Artikel über eine Verstrahlung erregte enorme Besorgnis. Auch die vielfache Bestätigung der Sondereinheit der Geigerzähler habe nichts feststellen können, fand keinen Glauben. Der Bericht der Lokalzeitung hatte absoluten Vorrang gegenüber anders lautenden Informationen. Ununterbrochen läutete bei der Polizei, der Feuerwehr und anderen Dienststellen das Telefon. Auch das Büro des Bürgermeisters bekam nun die Angst der Bevölkerung zu spüren.
Da der Ort der Quarantäne von Ouba nicht bekannt war, orientierten sich die Leute an der Katze mit den glühenden Augen. Das Gebiet um diese Seitenstraße musste von der Gendarmerie abgeriegelt werden.
Kapitel 2
Diese Katze aber, deren Konterfei die Redaktion zu einer nie dagewesenen zweiten Auflage veranlasste, wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht von ihrer bevorstehenden Klassifizierung als Mieze in einem internationalen Agententreffen. Sie gehörte einer Touristin. Diese war auf einem Weltenbummel und hatte ein Haus mit Garten in der kleinen französischen Ortschaft Sillingy für einen Zeitraum von einem halben Jahr gemietet. In Genf gelandet, war sie mit einem Leihauto zuerst in der Schweiz im Raum der Monts Jura unterwegs gewesen. Später auf einer kleinen schmalen Straße im französischen Teil der Jura war ihr dieses Kätzchen entgegengekommen. Sie hatte das Auto angehalten und die Katze war durch das offene Beifahrerfenster in den Wagen geklettert. Sie trug kein Halsband und wollte das Auto auch nicht verlassen. Die Touristin wusste nicht, wohin die Beifahrerin wollte. Im gemieteten Haus in Slllingy wohnte nun die Katze und war bald allen Nachbarn als zutrauliches Kätzchen ein Begriff.
Doch das änderte sich als sie in Großaufnahme auf der Seite eins der Lokalzeitung als eine Katze beschrieben wurde, die radioaktiv verstrahlt auch anderen Menschen diese Radioaktivität bei Berührung übertragen könnte.
Nach Albert Einstein sind zwei Dinge unendlich. Das Universum und die menschliche Dummheit. Beim Universum war er sich nicht ganz sicher.
Die arme Katze, gestern noch gestreichelt und verhätschelt, wurde nach Erscheinung der Zeitung gejagt und gehetzt. Auch die Amerikanerin musste viele Unannehmlichkeiten einstecken. Die Zeitung war bereits am Morgen ausverkauft. Als der Bürgermeister zur Pressekonferenz schritt, überfielen ihn die Anwohner der Touristin mit sehr peinlichen Fragen. Allen Beteuerungen zum Trotz schenkte man der falschen Information mehr Glauben als der Realität. Sogar eine öffentliche Überprüfung mit dem Geigerzähler hatte keinen Erfolg. Der Katze habhaft zu werden hatten sich viele Dorfbewohner der Jagd angeschlossen. Zwei dieser Jäger waren unglücklich gestürzt und mussten ins Krankenhaus mit Hand- und Beinverletzungen eingeliefert werden. Nach der verstrahlten Katze fragte kein Mensch.
Unter großer Mühe war es der Gendarmerie gelungen, Oubas Aufenthalt ausfindig zu machen. Diese Katze erholte sich langsam. Aber sie verlor weitere Haarbüschel. Nun kannte man die Besitzerin dieser Katze und recherchierte ihre ehemaligen Ausflugsgebiete. Bis Annecy war sie sicherlich nicht unterwegs gewesen. Man begann, Wiesen und Felder neben dem Wohnhaus abzusuchen. Man vermutete, die Katze hätte irgendetwas berührt und wäre verstrahlt worden.
Das Einsatzkommando in seiner Spezialkleidung, sowie der Wagen und die vielen Beamten blieben nicht unbemerkt. Unerwünschte Schaulustige und Fotografen, sowie Wichtigtuer jeglichen Geschlechts, standen außerhalb der Absperrung.
Nach der dritten Wiese fand man gegen Mittag auf einem anderen Feld ein Objekt, welches zwischen Grashalmen im Boden steckte. Schon aus einer weiteren Entfernung zeigte der Geigerzähler einen kleinen Ausschlag. In der Nähe schlug er gänzlich aus.
Das verdächtige Objekt wurde in einen sicheren Behälter eingelagert und weggebracht. Geschickt wurde der Behälter in ein unscheinbares Auto der Polizei deponiert, welches sich in eine unbekannte Richtung entfernte. Man versuchte die gaffende Menge abzulenken, indem man einen anderen Behälter unter größter Vorsicht in das Einsatzfahrzeug der Spezialabteilung für Atommüll und radioaktivem Abfall belud und sicherte. Das konnten alle mit ihren Kameras festhalten. Die Absperrung wurde weitgehend aufgehoben. Das Feld, wo man das Delikt gefunden hatte, erhielt Betretungsverbot. Ob dies alle Hunde und Katzen auch respektieren würden, konnte man nicht voraussehen.
Das Polizeiauto, welches das strahlende Material transportierte, geriet nach mehreren Kurven zwischen zwei LKW (Lastkraftwagen), die durch ihre Fahrweise das Polizeiauto zum Halten zwangen. Mit Maschinenpistolen bewaffnet, sprangen bis zur Unkenntlichkeit verhüllte Männer, die den Behälter an sich nahmen und mit diesen flüchteten. Die Polizisten hatten Angesicht der Übermacht auf Gegenwehr verzichtet. Den Starterschlüssel hatte man ihnen abgenommen und in das angrenzende Buschwerk geschleudert. Die Nummerntafeln sowie die Beschreibung der LKW konnten die Polizisten mit den Sprechfunkgeräten durchgeben. Diese LKW wurden noch am selben Tag auf einen Parkplatz gefunden. Der Behälter, sowie der Inhalt fehlte. Von dem Überfall hatte der Bürgermeister zur Zeit der Pressekonferenz noch keine Ahnung.
Dem Kommissar aus Annecy wurde bald bewusst, die Aufklärung dieser Geschichte wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Viel hatte man versucht, vorerst war man gescheitert. Seine Kollegen waren am Leben geblieben. Ihren Autoschlüssel hatten sie gefunden und sie waren zurückgekehrt. Bei einer internen Besprechung kam auch die Erkenntnis, der aufgefundene Gegenstand war für eine Gang, die den ursprünglichen Transport übernommen hatte, von unvorstellbarer Wichtigkeit. Wohin sollte er gebracht werden? Vielleicht hätten sie sogar das Spezialfahrzeug zerstört und die Begleitmannschaft schwer verletzt. Man musste mit den Gegebenheiten zufrieden sein.
Man überdachte alle möglichen und unmöglichen Begebenheiten der letzten Stunden. Auch die Wetterbedingungen der letzten Tage wurden mit einbezogen. Der Schneesturm in der Nacht und der Morgen in dem die verstrahlte Katze das Material gefunden hatte.
Im Zuge der weiteren Erhebungen sickerte der Diebstahl im Flughafen von Genf durch. Aus einem Hochsicherheitstrakt eines Gebäudes war radioaktives Material entwendet worden. Man musste die USA verständigen. CIA schickte ihre Leute.
Am kleinen Flughafen von Sillingy stand ein Flugzeug bereit, welches einige Männer in den Nahen Osten bringen sollte. Man wartete auf andere Personen.
In der Nacht, in der die Katze von Marie auf den ominösen Gegenstand gestoßen war, gab es heftigen Wind. Dazu kam in den höheren Bereichen Nebel. Keineswegs ein Wetter, das Piloten mit Erfahrung liebten. Ein Helikopter war in Genf gestartet und sollte noch zwei Männer aus einem Gebiet in Frankreich abholen. Der Pilot war in früheren Jahren in der Marine tätig gewesen. Furcht kannte er nicht. Er besaß auch die Erlaubnis in der Nacht zu fliegen. Mit dem gecharterten Helikopter kam er beim Abflug gut zurecht. Der Nebel im Bergmassiv der Jura störte. Die Männer mit ihrer Fracht konnte er finden und an Bord holen. Nun musste nur mehr der Flughafen bei Sillingy erreicht werden, dann konnte er auf Urlaub gehen. Während des Fluges begannen die Männer zu streiten. Der Pilot hatte keine Zeit sich den beiden zu widmen. Der Nebel und der heftige Wind forderten seine Konzentration. Nahe dem Zielflughafen, wurde plötzlich die Türe aufgerissen und ein Gegenstand aus dem Koffer in die Tiefe geworfen. Kurz darauf musste der eine Mann, der dies bewirkt hatte, ebenfalls den Helikopter verlassen. In den Nebelschwaden erkannte der Pilot einen weiteren Hügel, der sich rasch näherte. Dem illegalen Transport des zweiten Mannes drohte ein Chaos. In einem nicht vorhergesehenen Steilflug mit einer deutlichen Seitenneigung der Maschine konnte das Ärgste verhindert werden. Doch der Mann rutschte von seinem Sessel durch die nicht geschlossene Türe ins Freie. In der Hand hatte er noch den Metallkoffer. Bei einem weiteren Windstoß verlor er den Halt und stürzte im Bergmassiv von Mandallaz in die Tiefe. Der Pilot brachte daraufhin den Helikopter zum Flughafen von Sillingy. Er meldete die Überstellung des Helikopters und trat seinen Urlaub an. Von den beiden Passagieren gab es bei einer weiteren Untersuchung seitens der Gendarmerie keine Notiz.
Während die Untersuchungen über das verstrahlte Material, noch nicht abgeschlossen war, meldete ein Spaziergänger eine Leiche in einem kleinen See nahe der Straße nach Frangy.
Die verstrahlte Katze war noch nicht gefunden worden. Eingedenk der verletzten Marie rückte wieder das Spezialfahrzeug der Feuerwehr aus. Tatsächlich war die Leiche verstrahlt. Sie schwamm an der Oberfläche des kleinen Teiches in Ufernähe. Der Spaziergänger hatte zu seinem Glück nichts berührt.
Das gesamte Gebiet wurde abgesperrt. Die Gendarmerie vermutete einen Zusammenhang zwischen dem elegant gekleideten Mann, der keine Ausweispapiere bei sich trug, aber eine Stichverletzung am linken Oberschenkel vorwies und dem abhandengekommenen Objekt im Feld. Wie es dorthin gekommen war, darüber gab es viele Vermutungen.
Die aufgefundene Leiche wurde in einem besonderen Behälter gelagert und in die Gerichtsmedizin nach Annecy gebracht. Wo und wann sie weiter untersucht werden sollte, stellte die Behörde vor weitere Anforderungen.
Der Bürgermeister von Sillingy kam auch nicht zur Ruhe. In wenigen Tagen sollte um diesen kleinen See eine lang vorbereitete Veranstaltung stattfinden. Unter Zeitdruck wurden das Seewasser und die umliegenden Wiesen und Wege untersucht. Schausteller hatten sich angemeldet. Familien mit Kindern waren lange über Printmedien und Plakatwerbung über ein angenehmes Wochenende informiert worden. Sogar die anhaltende Wetterlage versprach regenfreies und sonniges Wetter.
Nach einer Tagesarbeit konnte das Gebiet um diesen See und das Wasser freigegeben werden. Der Bürgermeister war erleichtert.
Zwei Tage später machte der Bruder von Marie, Jean, einen seiner üblichen Rundgänge auf das Bergmassiv von Mandallaz. Nahe der Spitze, nahezu neben dem steilen Weg stieß er auf einen Mann der am Boden lag und neben sich einen geöffneten Metallkoffer in seiner rechten Hand hielt. Der Mann war tot. Das war zu sehen. Die noch nicht vergessenen Vorfälle der vergangenen Stunden bewahrten Jean davor, näher zu kommen und sich für den Inhalt des Koffers zu interessieren. Er verständigte die Polizei unter Angabe des Fundortes und was er gefunden hatte. Man sagte ihm noch, nichts anzurühren und auch nicht in der Nähe zu verweilen. Das beherzigte Jean, der sich sofort vom Fundort entfernte.
Als die Feuerwehr im Jeep mit der Strahlenschutzkleidung eintraf wurde Jean untersucht. Er hatte nichts abbekommen. Bei Annäherung an den Metallbehälter reagierte der Geigerzähler schon von Weitem. Das hochradioaktive Material sollte dieses Mal der Polizei nicht entwendet werden. Dafür war vorgesorgt worden. Zahlreiche Beamten, ausgerüstet wie zu einem Kriegseinsatz, sperrten die weitere Umgebung ab.
Ein Mann in Zivil, der mit der Polizei mitgekommen war, holte Jean zur Seite. Er stellte sich als ein Teil einer besonderen Abteilung vor, die an diesem Morgen zeitig in der Früh angekommen war. Der Flug aus Paris nach Genf und von dort mit einem Kleinflugzeug nach Sillingy war nicht vorgesehen gewesen. Die Vorkommnisse verlangten nach lückenloser Aufklärung. Die Schweizer Zollbehörden werden nun von Spezialagenten der CIA untersucht. Das hat man auch dem französischen Präsidenten mitgeteilt.
Dieser hat seine eigene Abwehrgruppe mobilisiert. Mit der USA will man keinen Krieg beginnen.
» Und nun zu ihnen. Ein herzliches Dankeschön für ihren Anruf. Was sie heute zu Gesicht bekommen haben, vergessen sie so rasch wie möglich. Kein Wort zum besten Freund. Kein Wort zu ihrer Frau oder anderen Personen. Trainieren sie ihr Gesicht. Wenn man ihnen Fragen stellt, was sie heute unternommen haben, erzählen sie ruhig von einem Spaziergang auf dieses Massiv. Prägen sie sich einen anderen Weg mit jedem Detail ein. Es gibt hier zahlreiche. Kein Wimpernzucken, wenn man Andeutungen auf ein ungewöhnliches Ereignis zu sprechen kommt, wenn sie gesund bleiben wollen. Ein falsches Wort und sie geraten in ein für sie unvorstellbares Schlamassel. Wenn sie in Zukunft Telefonanrufe von ihnen nicht zu verifizierenden Personen bekommen, notieren sie sich Datum und Uhrzeit. Löschen sie sofort den Anrufer. Haben sie das verstanden?«
»Ist das so gefährlich?«
»Es ist nicht gefährlich, es ist absolut tödlich.«
Jean schluckte. Er konnte es nicht glauben.
»Mein Name ist Thibaud. Die CIA schickt sicherlich ihre besten Leute. Sie werden alle als Touristen kommen. Junge und alte Hasen, die schon in Vietnam im Einsatz gewesen sind. Sie haben einen Beherbergungsbetrieb. Vielleicht wollen sie auch bei ihnen wohnen. Sicherlich auch im Hotel im Dorf bei Sandrine.«
Jean wurde es heiß. Erstaunlich wieviel Thibaud bereits wusste.
»Wird es zu einer Auseinandersetzung mit anderen Agenten geben?«
»Das wissen wir noch nicht. Der KGB wird nicht lange auf sich warten lassen, das ist sicher.«
Jean fühlte sich nicht wohl, das war ihm anzusehen.
»So wie ihre Miene nun aussieht, können sie nicht zu den Leuten im Dorf zurückkehren. Schon von der Ferne ist allen ihr Gesichtsausdruck wie ein offenes Buch. Gehen sie ein Stück auf diesem nicht zu hohen Hügel und überdenken sie alles, was ich ihnen leider in einer zu kurzen Zeit mitgeteilt habe. Es ist alles Gewohnheit. Ich habe auch einmal begonnen.«
meinte er mit einem Lächeln.
»Prägen sie sich vorerst markante Punkte des Weges ein, dem sie nun folgen werden. Das ist das Wichtigste.«
Thibaud reichte ihm die Hand.
»Bon courage.«
Jean durfte weggehen.
Jean vergaß auf den Gesang der Vögel zu achten und versuchte sich den Weg einzuprägen. Es gab Bäume, deren Äste eigenartige Formen angenommen haben. Darauf hatte er noch nie geachtet.
Steine inmitten des Weges, die groß genug waren, um einen Jeep zum Umkehren zu zwingen und vieles mehr. Er dachte auch an das Aussehen seines Gesichtes. Wenn nun die CIA wirklich zum Abendessen kommen würde und mit ihm der KGB, wie er sich verhalten müsste. Er kam zu dem Entschluss, locker wie immer und keine Angst haben. Es sind auch nur Menschen.
Allmählich beruhigte er sich. Der Weg war lang und er kehrte erst zum Mittagessen zurück. Der Koch fragte ihn, wo er so lange unterwegs gewesen war und Jean konnte den Weg sehr gut beschreiben.
Elli und Patricia verbrachten einen Teil ihres Urlaubes in der Karibik. Das Tiefseeabenteuer war lange vorüber und anschließende kleine Einsätze in den USA ebenfalls. Weitere drei Wochen waren in Trégastel-Plage in der Bretagne vorgesehen. Dorthin wollten nochmals fahren, bevor wieder der Ernst des Lebens sie zurückrufen würde. Ende der zweiten Woche erreichte sie ein Telefonanruf aus Washington, sich unverzüglich zu melden.
Zurückgekehrt von einem harmlosen Tauchausflug bekam Patricia die Nachricht noch bevor sie ihre Zimmer aufsuchen konnten. Ein Rückanruf verwies auf einen vorzeitigen Abbruch des Urlaubes. Man wollte sie in Washington persönlich sprechen. Sie packten beunruhigt ihre Koffer und nahmen die nächste Maschine.
In Washington wurden sie von dem Diebstahl in Genf instruiert. Sie bekamen die Anweisung sich in Sillingy in der Nähe von Annecy in einem Campinghäuschen auf unbestimmte Zeit einzurichten. Dieses Mal würden sie dem KGB direkt in die Augen sehen können. Gänzlich alleine werde man sie nicht lassen. Auf schwere Waffen werden sie dieses Mal verzichten müssen. Man vertraue auf ihr diplomatisches Geschick. Man sagte ihnen noch, der Diebstahl betraf Material, das man zum Bau von kleinen Atombomben verwenden konnte. Vermutlich besitzen selbst die Russen dieses Material. Länder wie Irak waren sicherlich daran interessiert. Vielleicht werden sie dieses Mal direkt mit dem KGB zusammenarbeiten müssen. Man ließ durchblicken, man war nicht unbedingt auf das radioaktive Material wild, aber wie es zu diesem Diebstahl gekommen ist. Es lagerte in einem Hochsicherheitstrakt, der mit technischen Mitteln der neuersten Bauart ausgestattet war. Geschickt werden sie aber nicht nach Genf, sondern nach Frankreich. Die Beziehungen zu Frankreich waren seit dem Abenteuer in der Bretagne besser als die zu der Schweiz. Man wird eine Direktverbindung nach Washington in den Bergen von Jura errichten. Von einem Campingbus müsste über diese Verbindung ein Direktkontakt mit Washington möglich sein.
Die Station im Massiv der Jura wollte man im Château de Joux errichten. Man wünschte ihnen gutes Gelingen.
Wenige Tage später landeten sie in Genf. Ausgerüstet mit Sommer und Winterbekleidung, sowie einfacher eleganter Kleidung, die den Besuch eines Theaters oder einer anderen festlichen Veranstaltung gerecht werden sollte. Die beiden Damen wurden bereits sehnsüchtig erwartet. Man zeigte ihnen einen hellen Campingbus mit aller notwendiger Ausstattung. Elli hatte noch den Campingbus von Pamela im Gedächtnis, aus dem sie voller Stolz mit Washington korrespondieren durfte. Doch dieser war moderner und bot noch mehr Komfort. Er war mit zusätzlichen Batterien ausgestattet, einem versenkbaren Display, Fenster, die sich bei einem unerwarteten Angriff automatisch verdunkelten und vielen anderen nützlichen technischen Spielereien. Der starke Motor sollte auch bei steilen Bergfahrten das Weiterkommen ermöglichen. Das Allradgetriebe würde sicherlich weiterhelfen. Nur lenken müssten sie ihn schon selber, versicherte der Mann, der das Fahrzeug vorführte. Man gab ihnen neben dem GPS auch einen Michelin Atlas mit. Damit ausgerüstet würden sie alle kleinen Bergstraßen finden. Auch die Vorratsbehälter der Bordküche waren für die nächsten Tage übervoll angefüllt. Ihre Vorliebe für frischen Espresso war bekannt. Dafür war eine Maschine fest mit einer stabilen Stellage verschraubt worden. Der dafür elektrische Strom konnte über einen Spannungswandler aus dem Netz des Campingbusses bezogen werden. Sie bekamen noch eine Telefonnummer im Falle einer Unterstützung und die Nachricht, sie würden in Frankreich erwartet werden.
Dem Instruktor war klar, einen solchen Campingbus hätten sicherlich auch andere Kunden gerne in Empfang genommen. Aber was bietet man nicht noch sonst an, um Washington zufrieden zu stellen.
Elli drehte vor der endgültigen Abfahrt noch eine Runde auf dem riesigen Parkplatz, hielt beim Instruktor an, bedankte sich und nahm die Richtung nach Annecy. Es war ein großes Fahrzeug, das sich leicht wie ein PKW steuern ließ.
Nach Frankreich gelangten sie ohne Zollkontrolle. Elli wollte mit dem ihr unbekannten Fahrzeug keineswegs über die Hügel nach Sillingy. Sie begnügte sich mit den Hauptverkehrsstraßen und fuhr zu dem Campingplatz von Jean. Da sie angemeldet worden waren, bekamen sie ihren Standplatz. Bei Einbruch der Dunkelheit versperrten sie den Bus, aktivierten die ihnen bekannten Sicherheitsmaßnahmen und gingen in das Restaurant.
Es gab nur wenig Gäste. Elli suchte einen Tisch und Patricia folgte ihr. Jean kam und Elli sagte Bonjour. Jean Antwortete mit einem Gruß und wollte wissen, was sie trinken wollten.
Elli sprach ihn in Englisch an und verlangte nach der Karte. Die wurde ihr gebracht. In diesem kleinen, netten Restaurant war man mit Besuchern, die kein Französisch sprachen und nur in Englisch kommunizieren wollten, überfordert.
Auch die Kellnerin, die später das Mineralwasser brachte, konnte nicht weiterhelfen. Die wenigen Worte in Englisch, deren sie mächtig war, beschränkten sich auf Grüßen, Bitte und Danke sagen.
Patricia suchte in der Karte vergeblich nach Speisen, die ihr bekannt vorkamen. Elli erging es nicht besser.
Der Aufenthalt in der Bretagne lag Jahre zurück. Das wenige Französisch, das sie damals noch beherrscht hatte, war mangels Übung aus dem Gedächtnis verschwunden. In der Bretagne waren sie einer Serviererin begegnet, die das amerikanische Englisch flüssig in Wort und Schrift beherrschte. Der ehemalige langanhaltende Arbeitsplatz in New York hatte dazu beigetragen. Doch sie wollte in ihre Heimat zurück. Elli musste an Trégastel – Plage denken.
Doch hier im Dorf von La Balme-de-Sillingy verstand man vielleicht im Hotel von Sandrine Englisch, nicht aber bei Jean.
Sie versuchten es in Deutsch. Kein Erfolg. Vor ihnen stand die halbgeleerte Mineralwasserflasche.
»Wenn wir nicht verhungern wollen, müssen wir zu unserer Notverpflegung in den Campingcar zurückkehren.«
Das hörte ein Mann in Uniform der Polizei, der gerade die Tür passiert hatte. Er wollte nur einen kleinen Espresso und sofort verschwinden. Seine Kollegen warteten schon seit Stunden auf ihn.
An der Theke wendete sich Jean an Claude. Er sollte ihm weiterhelfen.
Daraufhin kam er zum Tisch der Damen und fragte höflich, ob er behilflich sein kann. Das erwirkte ein befreites Lächeln und man bot ihm einen Platz an. Jean brachte den Espresso. Claude begann die einzelnen Speisen in Englisch zu erklären. Elli machte sich sofort Notizen. Das war notwendig. Nicht immer wird jemand zur Tür hereinschneien, wenn Not am Mann war.
Claude hatte seinen Kaffee getrunken und wollte weiter. Von Patricia wurde er um seine Telefonnummer gebeten. Er meinte noch, im Kommissariat in Annecy tätig zu sein. In Sillingy wird er aber erwartet. Sein Vorname lautet Claude. Er erfuhr die Vornamen von Elli und Patricia und war bei der Tür draußen.
Elli konnte das Abendessen bestellen, indem sie mit ihrem Finger auf die Speisekarte tippte. Wein wollten sie keinen.
»Verhungern werden wir nicht, sobald wir die Speisen und deren Namen besser verstehen.«
»Sicherlich nur eine sehr einfache, aber schmackhafte Küche.«
Kapitel 3
Der Hinweis eines ruhigen und sicheren Campingplatzes in der Nähe der Schweiz und Annecy, war im Hauptquartier vorerst als ein Stützpunkt ausgewählt worden. Eine Agentur in New York sollte eine Reservierung vornehmen. Dazu kam der Diebstahl in Genf. Genf war nicht weit und Sillingy befand sich auf französischem Boden. Das Vertrauen zu den Franzosen war größer als zu den Schweizern. Die Unkenntnis der französischen Sprache sollten die Damen nützen und mit Personen in Kontakt treten, die Englisch verstanden und aus Paris zur Klärung des Falles beigezogen wurden. Man hatte noch in Washington auf die Spionageabwehr hingewiesen. Man vertraute auf das Geschick von Elli und Patricia. Die Buchung für einen Platz zum Aufstellen eines Campingwagens war von Annecy aus durchgeführt worden. Eben an dem Tag, als der Diebstahl im Schweizer Flughafen bekannt geworden war.
Jean hatte die Zeit genützt, während sich Elli und Patricia dem Abendessen widmeten. Durch die Küche entkommen, was nicht weiter auffiel, konnte er in Ruhe den Wagen der beiden Damen besichtigen. Dieser stand ordnungsgemäß geparkt auf dem zugewiesenen Platz. Hineinsehen konnte er nicht. Die verdunkelten Scheiben waren ein Hindernis. Was ihm auffiel war die Bereifung. Ein kleiner LKW wäre ebenfalls damit ausgerüstet gewesen. Der Spiegel für den TV Empfang war nicht zu übersehen. Mehr konnte er in der Dunkelheit nicht erkennen. Beruhigt kehrte er zurück. Die französische Nummer deutete auf eine Anmeldung in Frankreich hin. Erst im Nachhinein fiel ihm ein, was er vermisst hatte. Es war die übliche Bezeichnung der Firma, die diesen Campingwagen hergestellt hatte. Vielleicht war es ein ausländisches Produkt, das eingeführt worden war.
Jean kam über die Küche zurück. Seine Miene strahlte Zufriedenheit aus.
»Vermutlich hat er unser Auto inspiziert«
Elli lachte.
»Es war eine gute Idee gewesen, aus New York eine Agentur in Annecy um Hilfe zu bitten.«
Die beiden Damen waren sich sicher, die Worte konnten nicht ihrem Sinn nach verstanden werden. Einer frühzeitigen Entdeckung waren sie entkommen.
Der neugierige Koch kam vorbei. Einerseits hatte er am Erscheinungsbild der Damen Interesse. Andererseits wollte er seine Englischkenntnisse ausprobieren. Er fragte, ob sie mit dem Gebotenen zufrieden waren und welche Wünsche sie zum Frühstück hätten. Sie bedankten sich, bestellten ausreichenden Espresso für ungefähr neun Uhr am kommenden Tag und dem üblichen Gebäck und Beigaben, die nur in Frankreich zu erhalten waren. Aus diesem Grund haben sie sich einen Platz in Frankreich und nicht in der Schweiz ausgewählt.
Das erfreute den Koch und er lachte. Eine weitere Bestätigung ihrer vermeintlichen Rundreise in Europa, die nun in Haute-Savoie begonnen hatte.
Sie verabschiedeten sich von Jean und gingen in den kühlen Abend hinaus. Der Mond war mit seiner Sichel im Zunehmen. Die klare Luft und der dunkle Himmel ließen sie einen Augenblick verweilen. Unwillkürlich dachten sie an den Hof von Elli. Oftmals waren sie dort von diesem Bild bezaubert worden. Dann suchten sie langsam ihren Wohnwagen auf.
»Ob wir bei Vollmond schon unsere Arbeit beendet haben?«
»Ob wir bei Vollmond noch in Europa sind, das weiß der Kuckuck.«
»Wer?«
Patricia kannte diesen Ausdruck nicht. Elli klärte sie auf. Die Erinnerung an längst verschwundene Zeiten und an Menschen, die sie liebgewonnen hatte und die nicht mehr lebten, wollte Elli so rasch als möglich los werden. Nach Betreten des Wagens aktivierte sie das Display und baute eine Verbindung zu einem weiteren Stützpunkt im Massiv der Jura auf.
Der codierte Funkspruch enthielt lediglich: Wir sind gesund angekommen. Kein Hinweis auf den Campingcar oder dessen Standort. Die Antwort kam sofort: Danke für die Meldung. Genug Komfort? Das bestätigen wir Morgen, gab Elli weiter.
Beide wussten, eine mehrmalige automatische Verschlüsselung würde ihrer Unterhaltung nützlich sein. Wer den Text lesen wollte, musste Zeit investieren.
Jean hatte einen Verdacht bei ihrer Ankunft gehabt. Das war seinem Gesicht anzusehen gewesen. Später hatte er sich beruhigt. Wer diesen Verdacht geschürt hatte, davon hatten sie keine Kenntnis.
Claude konnten sie nicht überprüfen, wie sie es früher gemacht hatten. Sein Hinweis in Annecy im Kommissariat tätig zu sein, schien ihnen zu wenig.
Ohne viel in die Körperpflege zu investieren, legten sie sich schlafen. Die Fenster waren nur kurz offen gewesen. Die kalte Luft strömte herein. Bald waren sie wieder verschlossen.
Elli konnte sofort einschlafen. Patricia lag noch lange wach. Wieder einmal hatten sie ihren Urlaub überstürzt abbrechen müssen. In nur wenigen Stunden waren sie in einem anderen Klima gelandet. Auch der große Komfort dieses Campingcars konnte bei der Umstellung keine Hilfe sein. Wo waren nun die anderen Kameraden untergebracht worden? In Sillingy bei Sandrine oder anderswo. Was ihnen fehlte, war das Geschehen in La Balme-de-Sillingy. Die Polizei war ihnen in diesen wichtigen Punkten eindeutig voraus. Nicht umsonst hatte man Beamte aus Annecy zur Aufklärung eingeladen. Mit diesen Gedanken fiel auch Patricia in einen tiefen Schlaf.
Es war noch dunkel, als Patricia aufwachte. Ein Blick auf die Uhr zeigte sieben Uhr dreißig. Das Bett wollte sie nicht verlassen. Sie hatte gut geschlafen. Die Müdigkeit war nicht vorüber. Die überstürzte Abreise aus Trègastel nach Washington, die kurze Information und die Weiterreise nach Genf. Es fielen ihr die Bemerkungen ein, die sie einst in Washington bei einem Besuch eines liebenswürdigen Mannes gehört hatten. Nach einem kurzen Nachdenken hatte er bei der Begrüßung und der Erwähnung ihres Vornamens »Sie sind Pussy« zu ihr gesagt. Im Laufe des Nachmittages hatte er darauf hingewiesen, daß sie beide nicht aussteigen könnten und immer daran denken sollen, im Dienst zu sein. Egal wo und auch egal ob sie gesund oder krank wären. 24 Stunden an jedem Tag. Wie mag es seiner Frau heute ergehen? Sie kannte seine schwere Krebserkrankung. Ob er noch am Leben war oder ob sie ihm ebenfalls in den Tod gefolgt war, wusste Patricia nicht. Wie viele Monate sind seither vergangen und wir müssen noch immer dienen. Unser Pensionsalter haben wir noch nicht erreicht.
Patricia verließ leise ihr Bett und öffnete den einen Volet (Fensterladen). Elli schlief noch immer. Sie war nicht munter geworden. Die Tageshelligkeit fiel in das Zimmer. Die direkten Sonnenstrahlen wurden durch das hohe Nebengebäude abgehalten. Man konnte den Gesang der Vögel hören. Die Stille wurde durch kein anderes Geräusch gestört.
Patrica kehrte in ihr Bett zurück.
Nach einigen Minuten wachte Elli aus dem tiefen Schlaf auf. Im Zimmer war es nicht mehr so finster wie in der Nacht. Instinktiv