Palliative Care multiprofessionell -  - E-Book

Palliative Care multiprofessionell E-Book

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Beschreibung

Eine optimale Betreuung am Lebensende erfordert einen engen Austausch zwischen Medizin, Pflege, dem psychosozialen Bereich, der Seelsorge und allen anderen beteiligten Berufsgruppen. Dieses multiprofessionelle Herausgeberwerk zeigt, wie eine solche Zusammenarbeit gelingen kann. Aus multiperspektivischer Sicht und anhand vieler Fallbeispiele beschreibt es eine optimal abgestimmte individuelle Behandlung, Beratung wie auch Begleitung am Lebensende für Betroffene und ihr soziales Netz. Es werden u.a. onkologische, neurologische und kardiovaskuläre Erkrankungen, Schmerzen, Atemprobleme, Übelkeit, Schlafprobleme, Wunden, Blutungen, epileptische Anfälle und Delir behandelt. Zentrale Themen wie Therapiezieländerung, Überbringen schlechter Nachrichten, Umgang mit Todeswünschen, Familiengespräche, Kultursensibilität, Ernährung und Flüssigkeitsgabe, palliative/gezielte Sedierung u.v.m. werden praxisnah veranschaulicht. Das Buch wendet sich an alle in der Palliativversorgung tätigen Berufsgruppen und eignet sich für das Selbststudium sowie für Gruppenarbeit in Kursen.

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Inhalt

Cover

01_Rolke_Titelei

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Vorwort

1 Einführung in die Multiprofessionalität der Palliativversorgung

1.1 Motivation für dieses Buchprojekt

1.2 Warum braucht es multiprofessionelle Teams?

1.3 Querschnittsthemen

1.3.1 Neue und alte Themenfelder in der Palliativversorgung

1.3.2 Symptombehandlung

1.3.3 Kommunikation

1.3.4 Entscheidungsfindung am Lebensende

1.3.5 Sorgekultur

1.3.6 Übergeordnete Themen

Literatur

2 Einführung in die multiprofessionelle Fallarbeit

2.1 Vorbemerkung zum Umgang mit den Fallvignetten

2.2 Das Konzept multiprofessioneller Autor:innen-Teams

2.3 Wie kann dieses Buch für Sie nützlich sein?

2.3.1 Verwendung des Buchs durch Sie als individuelle Leser:innen

2.3.2 Zum Gebrauch in Kursen oder bei Team-Fortbildungen

2.3.3 Wie Sie das Buch als An- oder Zugehöriger eines Schwerstkranken nutzen können

3 Palliative Versorgung onkologischer Erkrankungen

3.1 Fallvignette

3.2 Multiprofessionelle Fragestellungen

3.3 Zusätzliche Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

3.4 Zusätzliche Fragen aus spezifisch pflegefachlicher Perspektive

3.5 Zusätzliche Fragen aus psychosozialer Perspektive 

Literatur

4 Palliativversorgung neurologischer Erkrankungen

4.1 Fallvignette »Dem Grün beim Wachsen zuschauen«

4.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

4.3 Fragen aus spezifisch psychosozialer Perspektive

4.4 Fragen aus spezifisch pflegerischer Perspektive

4.5 Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

Literatur

5 Palliative Versorgung kardiovaskulärer Erkrankungen

5.1 Fallvignette

5.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

5.3 Zusätzliche Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

5.4 Zusätzliche Fragen aus spezifisch pflegefachlicher Perspektive

5.5 Zusätzliche Fragen aus spezifisch psychokardiologischer Perspektive

Literatur

6 Schmerzen erkennen und behandeln

6.1 Fallvignette

6.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

6.3 Zusätzliche Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

6.4 Zusätzliche Fragen aus spezifisch pflegefachlicher Perspektive

6.5 Zusätzliche Fragen aus spezifisch psychologischer Perspektive

Literatur

7 Chronische Atemnot

7.1 Fallvignette

7.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

7.3 Zusätzliche Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

7.4 Zusätzliche Fragen aus spezifisch psychologischer Perspektive

7.5 Zusätzliche Fragen aus spezifisch seelsorgerlicher Sicht

7.6 Zusätzliche Fragen aus spezifisch sozialrechtlicher Sicht

7.7 Zusätzliche Fragen aus physiotherapeutischer Sicht

7.8 Zusätzliche Fragen aus spezifisch pflegerischer Perspektive

Literatur

8 Übelkeit und Erbrechen erkennen und behandeln

8.1 Einleitung und Definition

8.2 Fallvignette

8.3 Multiprofessionelle Lösungsansätze

8.4 Zusätzliche Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

8.5 Zusätzliche Fragen aus spezifisch pflegefachlicher Perspektive

8.6 Zusätzliche Fragen aus spezifisch psychologischer Perspektive

Literatur

9 Maligne intestinale Obstruktion

9.1 Fallvignette

9.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

9.3 Zusätzliche Fragen aus spezifisch ärztlicher Perspektive

9.4 Zusätzliche Fragen aus spezifisch pflegefachlicher Perspektive

9.5 Zusätzliche Fragen aus spezifisch psychologischer Perspektive

Literatur

10 Umgang mit Unruhezuständen und Schlafstörungen bei Demenz

10.1 Fallvignette

10.2 Lösungsansätze im multiprofessionellen Team

10.3 Zusätzliche Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

10.4 Zusätzliche Fragen aus spezifisch pflegerischer Perspektive

10.5 Zusätzliche Fragen aus spezifisch pharmakologischer Perspektive

Literatur

11 Wunden, exulzerierendes Tumorwachstum

11.1 Fallvignette

11.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze – allgemeine Fragen

11.3 Spezifische Fragen aus medizinischer Perspektive

11.4 Spezifische Fragen aus pflegefachlicher Perspektive

11.5 Spezifische Fragen aus psychologischer Perspektive

Literatur

12 Akute Blutung

12.1 Fallvignette

12.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

12.3 Zusätzliche Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

12.4 Zusätzliche Fragen aus spezifisch pflegefachlicher Perspektive

12.5 Zusätzliche Fragen aus spezifisch psychoonkologischer Perspektive

Literatur

13 Epileptischer Anfall

13.1 Fallvignette

13.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

13.3 Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

13.4 Fragen aus spezifisch pflegefachlicher Perspektive

13.5 Fragen aus Perspektive der Eingliederungshilfe

Literatur

14 Plötzliche Atemnot

14.1 Fallvignette

14.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

14.3 Zusätzliche Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

14.4 Zusätzliche Fragen aus spezifisch pflegefachlicher Perspektive

14.5 Zusätzliche Fragen aus spezifisch psychologischer Perspektive

Literatur

15 Hyperaktives Delir

15.1 Fallvignette

15.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

15.3 Zusätzliche Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

15.4 Zusätzliche Fragen aus spezifisch pflegefachlicher Perspektive

15.5 Zusätzliche Fragen aus spezifisch psychosozialer Perspektive

Literatur

16 Umgang mit Todeswünschen

Vorbemerkung

16.1 Fallvignette

16.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

16.3 Fragen aus spezifischer Perspektive der sozialen Arbeit

16.4 Frage aus spezifisch psychologischer Perspektive

16.5 Fragen aus spezifisch medizinischer Teamsicht

16.6 Frage aus spezifisch medizin- und sozialethischer Perspektive

Literatur

17 Das Überbringen schlechter Nachrichten

17.1 Fallvignette

17.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

17.3 Zusätzliche Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

17.4 Zusätzliche Fragen aus spezifisch pflegefachlicher Perspektive

17.5 Zusätzliche Fragen aus spezifisch psychologischer Perspektive

Literatur

18 Familiengespräche

18.1 Fallvignette

18.2 Multiprofessioneller Lösungsansatz

Literatur

19 Über das Sterben sprechen

19.1 Fallvignette

19.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

19.3 Fragen aus spezifisch pflegefachlicher Perspektive

19.4 Fragen aus spezifisch psychoonkologischer Perspektive

19.5 Fragen aus spezifisch medizinethischer Perspektive

19.6 Zum Schluss: Der weitere Verlauf

Literatur

20 Angst und psychische Belastung

20.1 Fallvignette

20.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

20.3 Zusätzliche Fragen aus spezifisch psychologischer Perspektive

20.4 Zusätzliche Frage aus spezifisch pflegefachlicher Perspektive

20.5 Zusätzliche Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

Literatur

21 Angehörigenarbeit unter Berücksichtigung struktureller und ethischer Aspekte in der Palliativversorgung

21.1 Fallvignette

21.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

21.3 Fragen auf strukturell-gesellschaftlicher Ebene

21.4 Fragen aus sorgeethischer und Gender-Perspektive

Literatur

22 Therapiezieländerung in der Sterbephase

22.1 Fallvignette

22.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

22.3 Fragen aus spezifisch medizinethischer Perspektive

22.4 Frage aus spezifisch pflegefachlicher Sicht

22.5 Fragen aus spezifisch medizinischer Sicht

Literatur

23 Essen und Trinken am Lebensende – worauf kommt es an?

23.1 Fallvignette

23.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

23.3 Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

23.4 Fragen aus spezifisch pflegefachlicher Perspektive

23.5 Fragen aus spezifisch psychosozialer Perspektive

23.6 Fragestellung aus spezifisch spiritueller Perspektive

Literatur

24 Umgang mit Trauer

24.1 Fallvignette

24.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

24.3 Fragen spezifisch aus der Perspektive Trauerbegleitung

24.4 Trauer aus einer multidimensionalen Perspektive

Literatur

25 Palliative Sedierungstherapie

25.1 Fallvignette

25.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

Literatur

26 Kultur- und migrationssensibler Umgang – kulturelle Sicherheit

Hinführung

26.1  Fallvignette

26.2 Multiprofessionelle Lösungsansätze

Literatur

Schlusswort der Herausgebenden

Stichwortverzeichnis

Kohlhammer

Herausgeberin und Herausgeber

Roman RolkeSeit Mai 2014 hat Prof. Roman Rolke den Lehrstuhl für Palliativmedizin am Uniklinikum der RWTH Aachen University inne, wo er seither Direktor der Klinik für Palliativmedizin ist. Zuvor arbeitete er ab 1999 in der Klinik und Poliklinik für Neurologie sowie in der Interdisziplinären Einrichtung für Palliativmedizin der Universitätsklinik Mainz und ab 2011 in der Universitätsmedizin Bonn als stellvertretender Klinikdirektor der Klinik für Palliativmedizin.

Als Neurologe und Palliativmediziner ist er Ko-Koordinator der 2023 erschienenen S2k-Leitlinie zur Palliativversorgung neurologischer Erkrankungen. Er ist Ko-Sprecher der Klinischen DGN-Kommission Neurologische Palliativmedizin sowie Ko-Sprecher der Sektion Ärztinnen und Ärzte der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift für Palliativmedizin.

Seine Forschungsinteressen umfassen die NeuroPalliativeCare, speziell die Pathophysiologie und Therapie neuropathischer Schmerzen bei Tumorerkrankung. Im Jahr 2007 gewann er den 1. Preis für klinische Schmerzforschung der Deutschen Schmerzgesellschaft, wo er Herausgeber eines Patientenratgebers dieser Fachgesellschaft ist.

Veronika Schönhofer-NellessenSeit 2005 ist Frau Schönhofer-Nellessen Leiterin der Servicestelle Hospizarbeit, seit 2008 Geschäftsführerin des Palliativen Netzwerkes für Palliativmedizin für die Region Aachen und seit 2020 mit einer weiteren halben Stelle Leiterin des Bildungswerkes Aachen, eine vom Land zertifizierte gemeinwohlorientierte und berufsbezogene Weiterbildungseinrichtung für Erwachsene.

Sektorenübergreifende und multiprofessionelle Vernetzung, Implementierung von Palliative Care in Organisationen, Fort- und Weiterbildung zu den Themen Kommunikation, Ethikberatung im Gesundheitswesen, Gesundheitliche Versorgungsplanung sowie Projektmanagement zu aktuellen Bedarfen in der Region, Coaching von regionalen palliativen Netzwerken sind u. a inhaltliche Schwerpunkte ihrer täglichen Arbeit.

Die politische und strukturelle Beschäftigung mit Caring Community und wie dies in einer Region in Verbindung mit starken Bündnispartner:innen aufgebaut werden kann, ist ein weiterer beruflicher Themenschwerpunkt, der in den letzten Jahren zunehmend Raum einnimmt.

Roman RolkeVeronika Schönhofer-Nellessen (Hrsg.)

Palliative Care multiprofessionell

Fallbasiertes Lernen

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Pharmakologische Daten, d. h. u. a. Angaben von Medikamenten, ihren Dosierungen und Applikationen, verändern sich fortlaufend durch klinische Erfahrung, pharmakologische Forschung und Änderung von Produktionsverfahren. Verlag und Autoren haben große Sorgfalt darauf gelegt, dass alle in diesem Buch gemachten Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Da jedoch die Medizin als Wissenschaft ständig im Fluss ist, da menschliche Irrtümer und Druckfehler nie völlig auszuschließen sind, können Verlag und Autoren hierfür jedoch keine Gewähr und Haftung übernehmen. Jeder Benutzer ist daher dringend angehalten, die gemachten Angaben, insbesondere in Hinsicht auf Arzneimittelnamen, enthaltene Wirkstoffe, spezifische Anwendungsbereiche und Dosierungen anhand des Medikamentenbeipackzettels und der entsprechenden Fachinformationen zu überprüfen und in eigener Verantwortung im Bereich der Patientenversorgung zu handeln. Aufgrund der Auswahl häufig angewendeter Arzneimittel besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

Es konnten nicht alle Rechtsinhaber von Abbildungen ermittelt werden. Sollte dem Verlag gegenüber der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt.

Dieses Werk enthält Hinweise/Links zu externen Websites Dritter, auf deren Inhalt der Verlag keinen Einfluss hat und die der Haftung der jeweiligen Seitenanbieter oder -betreiber unterliegen. Zum Zeitpunkt der Verlinkung wurden die externen Websites auf mögliche Rechtsverstöße überprüft und dabei keine Rechtsverletzung festgestellt. Ohne konkrete Hinweise auf eine solche Rechtsverletzung ist eine permanente inhaltliche Kontrolle der verlinkten Seiten nicht zumutbar. Sollten jedoch Rechtsverletzungen bekannt werden, werden die betroffenen externen Links soweit möglich unverzüglich entfernt.

1. Auflage 2024

Alle Rechte vorbehalten© W. Kohlhammer GmbH, StuttgartGesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:ISBN 978-3-17-038404-0

E-Book-Formate:pdf: ISBN 978-3-17-038405-7epub: ISBN 978-3-17-038406-4

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Yvonne AdamInstitut für Migration, Kultur und Gesundheit (AMIKO)Zelterstr. 3, 10439 [email protected]

Iris Appelmann, Dr. med.Klinik für PalliativmedizinMedizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Julia Baron, Dipl.-Psych.Praxis für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Psychoonkologie und PalliativpsychologieFranzstr. 81, 52064 [email protected]

Doris Bartos, Dr. med.Praxis für Psychotherapie, Psychotraumatologie und PsychoonkologieMarienstraße 11, 52249 [email protected]

Andrea BischoffKlinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische IntensivmedizinMedizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Andrea BlankenheimUniklinik RWTH Aachen, AöRKlinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care, Interdisziplinäre WeaningstationUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Christian BlauChefarzt Innere Medizin, KardiologieEifelklinik St. Brigida GmbH & Co. KGKammerbruchstraße 8, 52152 [email protected]

Gregor BorgsStädteRegion Aachen; A53 GesundheitsamtTrierer Straße 1, 52078 [email protected]

Annette BuschAmbulanter Hospizdienst der ACD Stadt AachenTrautnerstraße 4, 52066 [email protected]

Jeanette CurthHaus Hörn gGmbHJohannes-von-den-Driesch-Weg 4, 52074 [email protected]

Elisabeth Ebner, Dr. med.Praxis für Schmerztherapie und PalliativmedizinSteinfeldstr. 5, 52222 [email protected]

Frank Elsner, Prof. Dr. med.Klinik für PalliativmedizinMedizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Luise Elster, Psychologin (M.Sc.)Psychosoziale Krebsberatungsstelle, Universitätsklinikum FreiburgHugstetter Str. 49, 79106 Freiburg im [email protected]

Manfred Gaspar, M.A.PsychoonkologeStädtisches Krankenhaus Kiel GmbH2. Medizinische Klinik, PsychoonkologieChemnitzstr. 33, 24116 [email protected]

Christian Geber, Priv.-Doz. Dr. med.DRK Schmerz-Zentrum MainzAuf der Steig 14 – 16, 55131 [email protected]

Katja Goudinoudis, MASGeschäftsführerin JAKOBUS Rosenheim (Hospizverein e.V. mit Netzwerk und SAPV gGmbH)Innaustrasse 11, 83026 [email protected]

Ulrich Grabenhorst, Dr. med.HomeCare Linker Niederrhein gGmbHVenloer Straße 40, 41751 [email protected]

Gerda GrafEhrenvorsitzende [email protected]

Felix Grützner, Dr. phil.ALPHA NRW – Ansprechstellen im Land Nordrhein-Westfalen zur Palliativversorgung, Hospizarbeit und AngehörigenbegleitungHeinrich-Sauer-Str. 15, 53113 [email protected]

Michaela HachFachverband SAPV Hessen e.V.Weihergasse 15, 65203 [email protected]

Sarah Halfter, Dr. med.Medizinische Klinik IV, Sektion PsychoonkologieMedizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Beatrix HillermannSeelsorge an der Grabeskirche St. Elisabeth/Diözesanbeauftragte für TrauerseelsorgeBökelstr. 178, 41063 Mö[email protected]

Helmut Hoffmann-Menzel, Dr. [email protected]

Astrid HoltrupMedizinische Klinik V, Interdisziplinäre WeaningstationMedizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Mareike HümmerichKoordinatorin mobile Ethikberatung und Gesundheitliche VersorgungsplanungPalliatives Netzwerk für die Region Aachen e. V.c/o Bildungswerk AachenAdalbertsteinweg 257, 52066 [email protected]

Elisabeth Jentschke, Dr. phil.Universitätsklinikum Würzburg, Comprehensive Cancer Center MainfrankenJosef-Schneider Str. 6, 97080 Wü[email protected]

Thomas Joist, Dr. med.Palliativteam SAPV Köln rechtsrheinischFrankfurter Straße 312, 51103 Kö[email protected]

Martina KernALPHA RheinlandHeinrich-Sauer-Straße 15, 53111 [email protected]

Susanne Kiepke-Ziemes, Dipl.-Soz.päd.Lehrende für Systemische Beratung, Therapie, Supervision u. Coaching (DGSF)Trainerin Palliative Care und Palliative Praxis (DGP)Caritasverband für die Region Kempen-Viersen e.V.Projekt »Würdige Sterbebegleitung«Heierstr. 17, 41747 [email protected]

Karin Kieseritzky, Dipl.-Psych., PPTAMEOS Klinika Bremerhaven, Sektion Schmerztherapie und Klinik für Hämatologie, Onkologie und PalliativmedizinSchiffdorfer Chaussee 29, 27574 [email protected]

Helen Kohlen, Prof. Dr. phil.Medizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Norbert KrummKlinik für PalliativmedizinMedizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Rita Laufenberg-Feldmann, Priv.-Doz. Dr. med.DRK Schmerz-Zentrum MainzAuf der Steig 16, 55131 [email protected]

Heiner MelchingGeschäftsführer Deutsche Gesellschaft für PalliativmedizinAachener Str. 5, 10713 [email protected]

H. Christof Müller-Busch, Prof. Dr. med.ehem. Leitender Arzt der Abt. für Anästhesiologie, Schmerztherapie und Palliativmedizin am Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe, Berlinehem. Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP)Rüsternallee 45, 14050 [email protected]

Inge Nadenau, Dipl.-Soz.päd.Transaktionsanalytikerin CTA-B [email protected]

Michael Nehls, Dipl.-Soz.päd./PflegefachmannDiakoniestation Schöneberg gGmbHHauptstr. 47/III, 10827 [email protected]

Wiebke Nehls, Dr. med.Helios Klinikum Emil von Behring, Klinik für Palliativmedizin und GeriatrieWalterhöferstraße 11, 14165 [email protected]

Sabrina NeisiusKlinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische IntensivmedizinMedizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Piret Paal, Medizinanthropologin, Prof. Dr.Abteilung Etnologie, Institut für Kulturforschung, Tartu UniversitätÜlikooli 16, Tartu, [email protected]

Tania Pastrana, Priv.-Doz. Dr. med., Dipl.-Soz.Klinik für PalliativmedizinMedizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Klaus Maria Perrar, Dr. med.Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie, Palliativmedizinvormals ärztliche Leitung der Palliativstation des Zentrums für Palliativmedizin der Uniklinik KölnKerpener Str. 62, 50937 Kö[email protected]

Manuela RheinbergDIAS ambulante Krankenpflege52222 Stolberg, Birkengangstr. [email protected]

Roman Rolke, Prof. Dr. med.Direktor der Klinik für PalliativmedizinMedizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Silke Rolke, Dr. med.vormals Klinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische IntensivmedizinMedizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Traugott Roser, Prof. Dr.Lehrstuhl für Praktische Theologie, Universität MünsterUniversitätsstraße 13 – 17, 48143 Mü[email protected]

Tabea Sammer, M.Sc.Psychologin der Klinik für PalliativmedizinFranziskus Krankenhaus Berlin – Akademisches Lehrkrankenhaus der CharitéBudapester Str. 15 – 19, 10787 [email protected]

Manuela Schallenburger, Dr. PH, MScInterdisziplinäres Zentrum für PalliativmedizinUniversitätsklinikum DüsseldorfMoorenstraße 5, 40225 Dü[email protected]

Alexandra Scherg, Dr. med.II. Medizinische Klinik, PalliativmedizinUKE HamburgMartinistraße 52, 20246 [email protected]

Karlotta Schlösser, Dr.LVR-Klinik BonnKaiser-Karl Ring 20, 53111 [email protected]

Mathias Schmidt, Priv.-Doz. Dr. rer. medic., M.A.Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der MedizinMedizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenWendlingweg 2, Gebäude MTI 2, 52074 [email protected]

Dagmar Schmitz, apl. Prof. Dr. med.vormals Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der MedizinMedizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenWendlingweg 2, 52074 [email protected]

Bernd Schönhofer, Prof. Dr. med.Klinik für Innere Medizin, Pneumologie und IntensivmedizinEvangelisches Klinikum Bethel (EvKB),Universitätsklinikum Ost Westphalen Lippe (OWL) der Universität BielefeldHaus Gilead I, Burgsteig 13, 33617 [email protected]

Veronika Schönhofer-NellessenLeitung des Bildungswerks Aachen e.V. undServicestelle Hospiz für die StädteRegion AachenGeschäftsführung Palliatives Netzwerk für die Region Aachen e.V.Adalbertsteinweg 257, 52066 [email protected]

Christian Schütte-Bäumner, Prof. Dr.Hochschule RheinMain, FB Sozialwesen, WiesbadenBleichstraße 3, 65183 [email protected]

Anja Siegle, Prof. Dr.Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) StuttgartTübingerstraße 33, Raum 204, 70178 [email protected]

Steffen Simon, Prof. Dr. med., MScZentrum für PalliativmedizinUniklinik KölnKerpener Str. 62, 50924 Kö[email protected]

Thomas Sitte, Dr. med.Deutsche PalliativStiftungAm Bahnhof 2, 36037 [email protected]

Jürgen SpicherEhem. Fachreferent für Altenhilfe und Hospiz des Caritasverbandsfür das Bistum [email protected]

Henrikje Stanze, Prof. Dr.Hochschule Bremen, Fakultät 3, GesellschaftswissenschaftenProfessorin und Studiengangsleitung Internationaler Master Palliative Care M.Sc.Professorin des Studiengangs Internationaler Studiengang Pflege B.Sc.Am Brill 2 – 4, 28195 [email protected]

Tobias Steigleder, Dr. med.Universitätsklinikum Erlangen, Palliativmedizinische AbteilungKrankenhausstraße 12, 91054 [email protected]

Daniela SteinbuschJC Goskowitz Haus ReginaAn der Fahrt 8 – 10, 52249 [email protected]

Constanze SteinhusenKäthe-Kollwitz-Schule WetzlarFrankfurterstr. 72, 35578 [email protected]

Astrid Stephan, Dr. rer. medic.Universitätsklinikum RWTH Aachen UniversityPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Stephanie Stiel, Prof. Dr. rer. medic.Medizinische Hochschule HannoverInstitut für Allgemeinmedizin und PalliativmedizinCarl-Neuberg-Str. 1, 30625 [email protected]

Andreas Theilig, Dr. med.Gemeinschaftspraxis für Neurologie, Psychiatrie und PsychotherapieKarlsgraben 23, 52064 [email protected]

Renate Wahl, Dr. med.Klinik für PalliativmedizinMedizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Maria Wasner, Prof. Dr.Katholische Stiftungshochschule MünchenPreysingstr. 83, 81667 Mü[email protected]

Sascha Weber, Dr. med.Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik undKlinik für PalliativmedizinMedizinische Fakultät RWTH Aachen UniversityUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 30, 52074 [email protected]

Birgit Weihrauch, Dr. med.Ärztin/Sozialmedizin, Staatsrätin a. D.ehem. Vorstandsvorsitzende Deutscher Hospiz- und [email protected]

Eckhard WeimerEvangelische Klinikseelsorge am Rhein Maas KlinikumMauerfeldchen 25, 52146 Wü[email protected]

Stefan Wilop, PD Dr.MVZ West GmbH WürselenHämatologie-OnkologieMauerfeldchen 72, 52146 Wü[email protected]

Monika [email protected]

Pfarrerin Ulrike WindschmittEvangelische Klinikseelsorge an der Unimedizin MainzEvangelisches KlinikpfarramtLangenbeckstraße 1, 55131 [email protected]

Tatjana ZielkePflegefachkraft, Weiterbildung Palliative CareMedizinische Hochschule HannoverKlinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation, Palliativdienst und Klaus-Bahlsen-Zentrum für Integrative OnkologieCarl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannoverzielke.tatjana@mh-hannover

Vorwort

In unserem Buchprojekt Palliative Care multiprofessionell wagen wir einen Paradigmenwechsel. Unsere Vision ist es, den multiprofessionellen Teamansatz, der in der Praxis der Palliativversorgung längst Einzug gehalten hat, mit einem neuartigen Konzept schon beim gemeinsamen interdisziplinären Verfassen des Buches abzubilden.

Diese kreative Herangehensweise setzen wir mit einem innovativen Kapitel-Design um: Jedes Fachkapitel beginnt mit einer Fallvignette, die in eine fiktive Patient:innensituation einführt. Ausgehend von dieser realitätsnahen Darstellung tritt ein multiprofessionelles Autor:innen-Team auf den Plan, um den betroffenen Menschen samt An- und Zugehörige in den Blick zu nehmen.

In einem außergewöhnlichen Zusammenspiel aus gemeinsamen und spezifischen Perspektiven beantworten die Autor:innen-Teams Fragen zur Fallvignette. Dabei orientieren wir uns an einem klaren Schema: Fallvignette, multiprofessionelle Lösungsansätze, Fragen aus fachspezifischer Perspektive. Wir möchten nicht nur erklären, sondern auch zum Nachdenken aus verschiedenen Richtungen anregen. Das Buch ist dabei für alle hospizlich wie palliativ aktiven Berufsgruppen oder ehrenamtlich engagierte Menschen gleichermaßen geeignet, für Kurse, Team-Events oder als Lektüre für zwischendurch. Auch für Patient:innen und Angehörige finden sich viele wertvolle Impulse.

Mit unserem Buchprojekt Palliative Care multiprofessionell laden wir Sie ein, gemeinsam mit uns neue Wege zu beschreiten. Wir freuen uns darauf, Sie auf dieser spannenden Reise mit 24 ganz besonderen, multiprofessionellen Autor:innen-Teams zu begleiten.

Herzlichst, Ihr Team der HerausgebendenVeronika Schönhofer-Nellessen und Roman Rolke, Juni 2024

1 Einführung in die Multiprofessionalität der Palliativversorgung

Roman Rolke und Veronika Schönhofer-Nellessen

1.1 Motivation für dieses Buchprojekt

Es gab unseren Wunsch schon länger, ein Buch zu veröffentlichen, in dem multiprofessionelle Teamlösungen für belastende Symptome sowie herausfordernde Situationen am Lebensende behandelt werden. Bereits auf Ebene der Herausgebenden dieses Buchprojektes kommen wir aus unterschiedlichen Professionen, der Medizin und der Sozialen Arbeit. Es war unser Ansatz, auch für alle Kapitel und Querschnittsthemen Teams von Autor:innen zu gewinnen, die konkret in der Palliativversorgung von Patient:innen und ihren An- und Zugehörigen gemeinsam zur Lösung auftretender Probleme beitragen. Hinter dieser Idee steht die Überzeugung, dass vernetztes Arbeiten für alle Beteiligten einen großen Benefit bedeutet. Gleichzeitig entspricht dieses Konzept von vernetztem Denken und Handeln genau der gemeinsamen Haltung in unserem jeweiligen Berufsalltag. Ein wichtiger Aspekt ist uns hierbei die wertschätzende Begegnung aller Teammitglieder auf Augenhöhe: Jede Meinung kann hilfreich sein, auch ein Diskurs hin zu den besten individuellen Lösungswegen oder Korrekturen, wenn z. B. der Krankheitsverlauf eine andere Richtung nimmt.

Wichtig war uns dabei, alle Fragestellungen mit einem Schwerpunkt aus medizinischer und pflegefachlicher Sicht zu betrachten und zusätzlich mindestens noch eine weitere professionelle Perspektive einzubinden. Erfahrungsgemäß erhöht der multiprofessionelle gemeinsame Blick die Sicherheit in der Versorgung von Patient:innen, weil die Gefahr minimiert wird, etwas zu übersehen. Teamwork kann darüber hinaus auch das Sicherheitsempfinden der Profis steigern, weil die geteilte Unsicherheit in der Versorgung bei schwerer Krankheit oder am Lebensende leichter gemeinsam zu tragen ist. Diesen Zugewinn durch mehr Multiprofessionalität in Palliativteams möchten wir in allen Kapiteln dieses Buches herausstellen: »Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile« (Aristoteles, 4. Jh. v. Chr.).

1.2 Warum braucht es multiprofessionelle Teams?

Jones und Thistlethwaite beschreiben die entscheidende Bedeutung interprofessioneller Teamarbeit und kooperativer Praxis für eine gelingende Palliativversorgung, die einen Fokus auf Patient:innen und deren Familien legt (Jones & Thistlethwaite, 2019). Nach Hearn und Higginson erhöhen spezialisierte multiprofessionelle Teams in der Palliativversorgung die Zufriedenheit von Patient:innen und identifizieren und behandeln deren Probleme und die ihrer Familien besser. Multiprofessionelle Palliativteams tragen dazu bei, die Zeit zu verlängern, die Patient:innen zuhause verbringen und reduzieren umgekehrt die Anzahl von im Krankenhaus verbrachten Tagen. Sie vermindern die Gesamtkosten einer Versorgung und erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Patient:innen, an ihren bevorzugten Orten zu versterben (Hearn & Higginson, 1998). Über das Screenen von Triggerfaktoren kann es gerade für onkologische Patient:innen gelingen, frühzeitiger und verstärkt die Inanspruchnahme einer Palliativversorgung zu initiieren (Singh et al., 2022). Ein multiprofessioneller Ansatz in der Palliativversorgung verbessert eine ganzheitliche und nachhaltige Patientenversorgung, indem interprofessionelle Teamarbeit und die hierfür erforderlichen Kompetenzen der Mitarbeitenden gefördert werden, was zu besseren Behandlungsergebnissen führt (Kesonen et al., 2022).

In einer systematischen Übersichtsarbeit weisen Iupati und Kolleg:innen darauf hin, dass die Effektivität spezialisierter palliativmedizinischer Versorgungsangebote bis heute nicht gut gesichert ist. In 42 Artikeln und Beiträgen aus den Jahren 2012 bis 2020 fanden sie eine klare Evidenz, dass eine multiprofessionelle und spezialisierte ambulante Palliativversorgung die Symptomlast und Lebensqualität verbessert und die Inanspruchnahme sekundärer Dienste sowohl bei onkologischen wie auch nicht-onkologischen Erkrankungen reduziert (Iupati et al., 2023). Einen weiteren wichtigen Beitrag zur Evidenzbasierung von Multiprofessionalität in der Palliativversorgung liefern Liu und Kollegen. Sie zeigen in einer randomisiert-kontrollierten Studie, dass im Vergleich von zwei Patient:innengruppen mit Krebs im Endstadium ein multiprofessioneller Teamansatz überlegen war. Das multiprofessionelle Team ermöglichte eine signifikante Reduktion von Angst und Depressivität sowie umfassende soziale Unterstützung und erhöhte effektiv die Lebensqualität der Betroffenen gegenüber einer Vergleichsgruppe mit alleiniger konventioneller Pflege. Das multiprofessionelle Palliativteam wurde dabei von Case Manager:innen geleitet und bestand aus Ärzt:innen, erfahrenen Pflegefachpersonen und Expert:innen in den Bereichen Tumorerkrankungen, Ernährung, Rehabilitation, Psychologie und anderen Gebieten (Liu et al., 2023). Feldstain und Kolleg:innen konnten in einer retrospektiven Analyse zeigen, dass ambulante Patient:innen mit Krebs im Endstadium und moderaten Symptomen von einer interdisziplinären palliativmedizinischen Beratungsintervention profitieren konnten, die medizinische und psychosoziale Aspekte umfasste (Feldstain et al., 2018). Das Autor:innen-Team empfiehlt diesen Ansatz auch für das fortlaufende Monitoring der Patient:innen, um Veränderungen der Symptomlast nicht zu übersehen.

Insgesamt genügt es aber nicht, nur einzelne Probleme im Netz der Versorgung zu betrachten, sondern auch deren Schnittstellen und damit möglicherweise verknüpfte soziale Ungleichheiten, etwa eine schlechtere Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund. Um Lösungen für komplexe Probleme zu finden, muss das Verhältnis von Theorie und Praxis in der klinischen Versorgung, Forschung und Gestaltung von Gesundheitspolitik optimiert werden (Yardley, 2023).

1.3 Querschnittsthemen

In den 24 Kapiteln mit direktem Bezug zu verschiedenen Krankheitssituationen von fiktiven Patient:innen haben unsere Autor:innen-Teams häufig auftretende Fragestellungen und Herausforderungen multiperspektivisch in fünf Querschnittsbereichen bearbeitet:

neue und alte Themenfelder in der Palliativversorgung

Symptombehandlung

Kommunikation

(ethische) Entscheidungsfindung am Lebensende

Sorgekultur

1.3.1 Neue und alte Themenfelder in der Palliativversorgung

In den ersten drei Kapiteln adressieren wir neue und alte Themenfelder in der Palliativmedizin: neben der palliativen Versorgung onkologischer Erkrankungen greifen wir die großen Entwicklungsbereiche von Palliative Care bei neurologischen und kardiovaskulären Erkrankungen auf. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind nach wie vor kardiovaskuläre Erkrankungen weltweit die häufigsten Todesursachen. Bisher ist die Versorgung schwerer Herzprobleme, etwa bei koronarer Herzerkrankung oder Herzinsuffizienz, noch nicht umfassend in der Palliativversorgung angekommen. Leider bestehen noch größere Defizite im Bereich der Integration palliativer Konzepte in der Kardiologie. Einen Schritt weiter ist die Neurologie, wo sich insbesondere in Deutschland mit der neuen »S2k-Leitlinie Palliativversorgung neurologischer Erkrankungen« positive Entwicklungen andeuten, mehr Palliative Care in die Neurologie und gleichzeitig mehr neurologisches »Know-how« in die palliative Versorgung am Lebensende einzubringen (Ploner et al., 2023).

1.3.2 Symptombehandlung

Zu den bei Palliativpatient:innen alltäglich auftretenden belastenden körperlichen Problemen gehören u. a. Schmerzen, Atemnot, Übelkeit, Erbrechen oder ein epileptischer Anfall. Zu den psychisch häufig beschriebenen Symptomen zählen u. a. Angst, Unruhe, Delir oder Depression. Mit elf von 24 Kapiteln nehmen diese Bereiche einen entsprechend großen Raum ein. Bezogen auf exemplarische Fallvignetten aus dem beruflichen Alltag werden aus den verschiedenen professionellen Perspektiven wie Medizin, Pflege, Psychologie, Soziale Arbeit, Seelsorge etc. sehr konkrete Handlungsoptionen beschrieben. Die Struktur der Kapitel – Fallvignette, multiprofessionelle Lösungsansätze und Fragen aus fachspezifischer Perspektive – zieht sich dabei wie ein roter Faden durch alle Abschnitte.

1.3.3 Kommunikation

Behandlungsteams nehmen Gespräche mit Betroffenen, aber auch mit Zugehörigen, am Lebensende oft als Herausforderung wahr. Häufig geht es um die Frage: Wie kann es weitergehen? Das zentrale Thema »Kommunikation« wird dabei zwischen verschiedenen Ebenen aufgespannt. Im Vordergrund steht der Austausch zwischen dem multiprofessionellen Behandlungsteam und den Patient:innen und ihren An- und Zugehörigen. Aber auch das Fördern und Begleiten von Gesprächen zwischen Betroffenen und ihren Familien, oder auch innerhalb der multiprofessionellen Teams, werden in fünf detaillierten Kapiteln thematisiert.

1.3.4 Entscheidungsfindung am Lebensende

Die oft medizinethische wie auch sozialethische Entscheidungsfindung wird u. a. in Kapiteln zu den Themen »Therapiezieländerung« oder »Gabe von Ernährung und Flüssigkeit am Lebensende« aufgegriffen. Die Beiträge sprechen auch wichtige Grundlagen, Fakten und Missverständnisse an. Beispielsweise wird die Sorge vieler Angehöriger in den Blick genommen, dass Patient:innen am Lebensende zu wenig essen und trinken.

1.3.5 Sorgekultur

Die Frage nach einer Sorgekultur am Lebensende wird immer wieder in verschiedenen Beiträgen thematisiert. Was heißt jetzt »gutes Leben«, eine »gute Entscheidung« in dieser konkreten Lebenssituation für die Betroffenen und für die an der Versorgung Beteiligten? Was ist ihr dokumentierter, mutmaßlicher oder auch natürlicher Wille? Gibt es im ambulanten oder stationären Setting eine Kultur hinsichtlich gemeinsam durchgeführter Fallbesprechungen, um möglichst den Willen der Betroffenen zu erforschen? In diesem Sinne einen Konsens zu erzielen, der von allen mitgetragen wird, kann ein wichtiges Ziel sein. Hier wird nicht nur eine Haltung im Ansprechen und Begleiten von beispielsweise Trauer thematisiert, sondern auch im Kontext eines migrationssensiblen Umgangs.

1.3.6 Übergeordnete Themen

Viele Kapitel sprechen auch übergeordnete Themen an wie die strukturelle Ebene der Palliativversorgung. Die Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen, die 2010 auf Bundesebene von den großen Verbänden der Bundesärztekammer, der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) und dem Deutschen Hospiz- und Palliativverband (DHPV) konsentiert wurde, beschreibt der Beitrag zur »Angehörigenarbeit unter Berücksichtigung struktureller und ethischer Aspekte in der Palliativversorgung« (▸ Kap. 21). Die regionale multiprofessionelle und sektorenübergreifende Vernetzung wird auch von der Gesetzgebung seit 2022 unterstützt, indem die Koordination regionaler palliativer Netzwerke von Krankenkassen finanziell gefördert wird, wenn die Kommune diese Netzwerke gleichermaßen unterstützt (§ 39 d, SGB V).

Wir folgen in diesem Buch dem Konzept einer vernetzten Versorgung für die schwerstkranken Betroffenen und ihre Zugehörigen. Diesen systemischen Zugang braucht es, damit das Netzwerk sektorenübergreifend vertrauensvoll und fachlich qualifiziert zusammenarbeiten kann. So gelingen auch sektorenübergreifende Überleitungen, damit Palliative Care nicht an diesen Schnittstellen abbricht.

Wir wünschen Ihnen mit diesem Buch Freude beim Lesen, ob im gemütlichen Zuhause, in einer Fort- oder Weiterbildung, in einem Befähigungskurs für ehrenamtlich Tätige, oder als an- oder zugehöriger Mensch an der Seite von Schwerstkranken. Für Sie alle ist dieses Buch geschrieben!

Literatur

Aristoteles. »Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.« Verkürztes Zitat aus Metaphysik VII 17, 1041b. Ausführlicher: »Das, was aus Bestandteilen so zusammengesetzt ist, dass es ein einheitliches Ganzes bildet – nicht nach Art eines Haufens, sondern wie eine Silbe –, das ist offenbar mehr als bloß die Summe seiner Bestandteile. Eine Silbe ist nicht die Summe ihrer Laute: ba ist nicht dasselbe wie b plus a, und Fleisch ist nicht dasselbe wie Feuer plus Erde«. In: Aristoteles, editor. Metaphysik. 384 – 322 v. Chr.

Feldstain A, Bultz BD, de Groot J et al. (2018) Outcomes From a Patient-Centered, Interprofessional, Palliative Consult Team in Oncology. J Natl Compr Canc Netw;16‍(6):719 – 26.

Hearn J, Higginson IJ (1998) Do specialist palliative care teams improve outcomes for cancer patients? A systematic literature review. Palliat Med.;12‍(5):317 – 32.

Iupati S, Stanley J, Egan R et al. (2023) Systematic Review of Models of Effective Community Specialist Palliative Care Services for Evidence of Improved Patient-Related Outcomes, Equity, Integration, and Health Service Utilization. J Palliat Med;26‍(11):1562 – 77.

Jones M, Thistlethwaite J (2019) Interprofessional Practice in Palliative Care. Textbook of Palliative Care. p. 527 – 39.

Kesonen P, Salminen L, Kero J et al. (2022) An Integrative Review of Interprofessional Teamwork and Required Competence in Specialized Palliative Care. Omega (Westport):302228221085468.

Liu YJ, Wu LP, Wang H et al. (2023) The clinical effect evaluation of multidisciplinary collaborative team combined with palliative care model in patients with terminal cancer: a randomised controlled study. BMC Palliat Care;22‍(1):71.

Ploner C.J., Rolke R. et al. (2023) Palliativmedizinische Versorgung neurologischer Erkrankungen, S2k-Leitlinie; in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.) Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 01. 04. 2024).

Singh V, Vyas C, Fichadiya H et al. (2022) Trigger-based pathways to increase utilization of palliative care services for cancer patients: A multi-disciplinary approach. Journal of Clinical Oncology;40‍(16_suppl):e24007-e.

Yardley S (2023) ›Theory and practice‹: Why does it matter? Palliat Med;37‍(1):4 – 6.

2 Einführung in die multiprofessionelle Fallarbeit

Roman Rolke und Veronika Schönhofer-Nellessen

2.1 Vorbemerkung zum Umgang mit den Fallvignetten

Für uns Herausgebende ist es eine wichtige Vorbemerkung, dass sich die Fallvignetten als Herzstück vieler Kapitel in fiktiver Weise an reale Patient:innensituationen anlehnen. Menschen sind keine Fallvignetten. Diese bleiben holzschnittartige Skizzen, um die wesentlichen Probleme und Herausforderungen einer Krankheitssituation pointiert nachzustellen. Unser Dank gilt hier den Autor:innen-Teams, die in allen Kapiteln ganz besondere Fallvignetten entworfen haben. Diese sind den Patient:innen gewidmet, die Inspiration für diese Skizzen sind. Mit ihren Lebens- und Krankheitsgeschichten waren diese Patient:innen wertvolle Lehrende für uns Professionelle in der Palliativversorgung. Jeder Mensch und jede Palliativsituation sind einzigartig und bedürfen individueller Lösungsansätze. Dennoch glauben wir, dass viele der hier vorgestellten Konzepte lehrreich und auch sehr gut übertragbar sind auf die konkrete Praxis im Alltag von Profis und auch von An- und Zugehörigen von Schwerstkranken.

2.2 Das Konzept multiprofessioneller Autor:innen-Teams

Mit diesem Buch möchten wir zusammen mit 24 multiprofessionell aufgestellten Autor:innen-Teams zeigen, dass Antworten auf die wichtigsten Fragen am besten interdisziplinär in multiprofessioneller Perspektive gefunden werden. Nicht nur in der klinischen Praxis, sondern bereits beim Verfassen der Kapitel haben wir dies als wichtigen Bestandteil unseres Buchkonzepts aufgegriffen. Alle Kapitel wurden von mindestens drei Autor:innen geschrieben, die selbst Erfahrung aus der multiprofessionellen Teamarbeit einbringen konnten oder dieser nahe stehen. Die Autor:innen-Teams setzen sich meist aus Ärzt:innen und Pflegefachpersonen zusammen, den häufigsten Professionen in der Palliativversorgung. Weitere Autor:innen kommen aus der Sozialen Arbeit, Psychologie, Seelsorge und einer ganzen Reihe weiterer beruflicher Hintergründe. Dieser berufliche Background ist in der Forschung, Lehre oder klinischen Praxis verortet.

2.3 Wie kann dieses Buch für Sie nützlich sein?

2.3.1 Verwendung des Buchs durch Sie als individuelle Leser:innen

Es kann sinnvoll sein, alle Artikel in diesem Buch nacheinander, inklusive Literaturhinweise, wissenschaftliche Forschungsergebnisse sowie aktuelle Leitlinien zu lesen und zu studieren. Dieses Vorgehen kann sinnvoll sein, wenn Sie sich als Ärzt:in auf die Prüfung für die Zusatzbezeichnung Palliativmedizin vorbereiten. Eine ebenfalls gute Möglichkeit ist es, sich die Themen einzelner Kapitel herauszusuchen, die für Sie persönlich von Interesse sind. Es kommt vor, dass zu verschiedenen Symptomen ähnliche Interventionen der verschiedenen Berufsgruppen empfohlen werden, weil z. B. sowohl bei Angst als auch bei Atemnot ähnliche medizinische, pflegerische, spirituelle oder psychosoziale Handlungsoptionen sinnvoll sind. Das sind keine unbeabsichtigten Wiederholungen, sondern bewusste und fachlich begründete Empfehlungen aus verschiedenen Disziplinen, die sich ähnlich in ganz unterschiedlichen Kontexten ableiten lassen. Jedes Kapitel steht dabei für sich selbst. Es braucht keine bestimmte Reihenfolge beim Durcharbeiten.

2.3.2 Zum Gebrauch in Kursen oder bei Team-Fortbildungen

Von Beginn an haben wir die Nutzung der Fallvignetten innerhalb von Fort- und Weiterbildungskursen oder im Rahmen von internen Teamweiterbildungen im Blick gehabt. Wir empfehlen hier das kurze Vorstellen und Verteilen der Fallvignette als Grundlage für eine Kleingruppenarbeit. In monofachlichen Fort- und Weiterbildungen könnten dann z. B. auf einem Flip-Chart ausgewählte fachspezifische Fragestellungen für eine Gruppenarbeit aufgeschrieben werden. Für uns wäre es dabei ideal, insbesondere auch Fragen einzuschließen, die auf multiprofessionelle Lösungsansätze zielen. Sofern die Fallvignetten in multiprofessionellen Fort- und Weiterbildungen eingesetzt werden, sollte für die Gruppenarbeit darauf geachtet werden, diese mit Personen aus unterschiedlichen Professionen zu besetzen. Wir erwarten hier einen besonderen Nutzen im gegenseitigen Lernen voneinander, wenn es dabei gelingt, die unterschiedlichen Perspektiven zur Lösung von Problemen zusammenzubringen.

Ein günstiger Abschluss wäre ein Reflektieren durch die jeweilige Kursleitung zu den gefundenen multiprofessionellen Lösungsideen im Team sowie auf fachspezifischer Ebene. Es kann davon ausgegangen werden, dass jede Gruppe von Profis Behandlungs- und Beratungsideen entwickeln wird, die von den im Buch vorgestellten Lösungen auch abweichen können, diese erweitern oder verkürzen. Das ist gut so und weist darauf hin, dass Sie, liebe Leser:in – ggf. auch in der Rolle als Kursteilnehmende – ebenfalls einzigartig sind, voller Fachwissen, Ideen und hoffentlich ganz viel Inspiration, von der auch die Menschen profitieren, die Ihnen anvertraut sind.

2.3.3 Wie Sie das Buch als An- oder Zugehöriger eines Schwerstkranken nutzen können

Wenn Sie als nahestehende Person eines schwerkranken oder sterbenden Menschen in dieses Buch schauen, möchten wir als Herausgebende Ihnen zuerst unsere Wertschätzung ausdrücken für alles, was Sie derzeit für einen geliebten oder geschätzten Menschen tun! In vielen Kapiteln werden Sie Informationen oder Parallelen zur eigenen Situation entdecken, die Ihnen hoffentlich weiterhelfen. Es kann dabei auch Ihr Verständnis für die Herausforderungen auf Seite der Profis fördern. Etwa bei den Themen »Über das Sterben sprechen« (▸ Kap. 19), »Umgang mit Trauer« (▸ Kap. 24) oder »Therapiezieländerung in der Sterbephase« (▸ Kap. 22) können Sie leicht erkennen, wie schwer es Professionellen fallen kann, die richtigen Worte zu finden oder Ihnen dabei zu helfen, selbst die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wir hoffen, dass dieses Buch auch das gegenseitige Verstehen unterstützt und fördert, um den schweren gemeinsamen Weg besser zusammen gehen zu können.

3 Palliative Versorgung onkologischer Erkrankungen

Iris Appelmann, Henrikje Stanze und Maria Wasner

3.1 Fallvignette

Frau Huber ist 83 Jahre alt, alleinstehend und lebt in einem Dorf. Sie hat eine Tochter, die mit ihrer Familie in München lebt (ca. 100 km entfernt).

Frau Huber leidet an einem metastasierten Adenokarzinom des Pankreas. Bereits bei Erstdiagnose ist die Erkrankung mit einem Stadium IV weit fortgeschritten. Aufgefallen sind bei Frau Huber ein schmerzloser Ikterus (Gelbsucht), Übelkeit, Appetitlosigkeit und rezidivierendes Erbrechen. Aufgrund des fortgeschrittenen Stadiums kommt keine operative Therapie der Erkrankung in Frage. Aufgrund des hohen Lebensalters und reduzierten Allgemeinzustands wird mit Frau Huber der Verzicht auf eine palliative systemische Chemotherapie besprochen. Die Symptomlast mit prädominanter Übelkeit und Erbrechen würde sich durch eine Chemotherapie eher verschlechtern. Die im Befundgespräch anwesende Tochter hinterfragt die Entscheidung des Verzichts auf eine Chemotherapie. Sie überredet ihre Mutter zu weiteren Schritten, was zur Vorstellung in der Onkologischen Abteilung einer Münchner Klinik führt. Hier wird die Empfehlung des Therapieverzichts in einer interdisziplinären Tumorkonferenz bekräftigt.

Frau Huber wird nun auf der onkologischen Station des Krankenhauses weiterbehandelt. Sie erhält aufgrund der räumlichen Distanz keine Besuche von Bekannten außer der Tochter. Das macht sie sehr traurig, sie zieht sich immer mehr zurück.

Der Stationsarzt bittet den palliativmedizinischen Dienst des Hauses um Unterstützung bei der Symptomkontrolle und im Kontakt mit den Angehörigen. Beim Erstkontakt mit der Patientin berichtet sie, dass trotz der Einnahme von Metoclopramid und Dimenhydrinat weiterhin eine schlecht kontrollierte Übelkeit und rezidivierendes Erbrechen fortbestünden. Es belastet sie insbesondere, dass sie gleichzeitig noch Lust auf Essen verspürt und bestimmte Gerichte gerne noch mal essen würde. Sobald sie diese aber sieht, kehrt die Übelkeit zurück und sie kann keinen Bissen zu sich nehmen.

Ihre größte Sorge sei zudem, dass sie sich nicht mehr selbst versorgen könne und zu ihrer Tochter ziehen müsse. Sie möchte in ihrer Heimat und möglichst in ihrem Haus bleiben. Sie wolle zum einen der Familie ihrer Tochter keine Arbeit machen und weiter selbständig bleiben, zum anderen beschreibt sie ihre Tochter zwar als sehr liebevoll, aber auch sehr bestimmend. Sie selbst habe ein gutes Leben gelebt und wünsche sich, ohne langes Leiden sterben zu dürfen.

Im Verlauf des Gesprächs kommt die Tochter hinzu. Als sich die Mitarbeiter:innen des palliativmedizinischen Dienstes bei ihr vorstellen, wirkt sie sehr angespannt und versucht das Gespräch zu unterbrechen. Sie wirkt sehr besorgt um ihre Mutter. Sie hat etwas zu essen mitgebracht. Immer wieder fordert sie ihre Mutter auf, etwas zu essen, damit sie wieder zu Kräften komme. Frau Huber lehnt das Essen vehement ab und erklärt ihrer Tochter, dass dies ihre Übelkeit verstärke. Die Tochter fragt die Ärztin des palliativmedizinischen Dienstes, ob sie ihr das eingeredet habe.

3.2 Multiprofessionelle Fragestellungen

Welche Problemfelder nehmen Sie bei der Fallgeschichte wahr?

Bei Diagnosestellung des Adenokarzinoms der Bauchspeicheldrüse ist die Erkrankung bereits weit fortgeschritten. Es gibt keine kausalen Therapieoptionen. Frau Huber wurde von der Diagnose völlig überrascht, sie sieht sich dadurch mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert. Zuallererst leidet sie unter ausgeprägter Übelkeit und Erbrechen, was sie extrem belastet. Ihr größter Wunsch ist es, die verbleibende Lebenszeit im eigenen Haus, im gewohnten Umfeld zu verbringen. Sie fragt sich, wie dies möglich sein könne, wenn die Erkrankung fortschreitet und sie zunehmend mehr Unterstützung benötigt. Die Tochter von Frau Huber macht sich große Sorgen um ihre Mutter, es fällt ihr sehr schwer die Situation zu akzeptieren und sie ist gegenüber dem Behandlungsteam extrem misstrauisch, was die Kommunikation deutlich erschwert.

Misstrauen und erschwerte Kommunikation potenzieren die Sorge von Frau Hubers Tochter vor einem »Verhungern« der Mutter, was sich in der unentwegt angebotenen Nahrung und der bedrängenden Fürsorge widerspiegelt, doch endlich etwas zu sich zu nehmen.

Konkrete Behandlungsziele: Nennen Sie drei Behandlungsziele!

Ziel 1: Symptomkontrolle von Übelkeit und Erbrechen

Eine Symptomkontrolle von Übelkeit und Erbrechen ist das medizinisch vordringliche körperliche Problem im dargelegten Fall. Die Patientin leidet erheblich unter den geschilderten Symptomen und der zusätzliche Wunsch, am Lebensende noch einmal einige geliebte Speisen zu sich zu nehmen, auf die ihr jeweils durch die Symptomlast immer wieder der Appetit vergeht, schränken die Lebensqualität von Frau Huber in entscheidendem Ausmaß ein.

Ziel 2: Konflikte zwischen Team und Familie bzw. innerhalb der Familie bearbeiten

Das Behandlungsteam findet keinen guten Zugang zur Tochter und hat zudem den Eindruck, dass Frau Huber selbst eine Behandlung ablehnt und am liebsten in ein heimatnahes Krankenhaus verlegt und dann ins häusliche Umfeld entlassen werden möchte. Für eine gelingende Behandlung und Begleitung ist ein Vertrauensverhältnis unabdingbar und daher sollten die Konflikte angesprochen und bearbeitet werden, Kommunikation ist daher von zentraler Bedeutung. Wichtig ist dabei aber auch die Reflexion der eigenen Gefühle und Haltung: Erlebe ich die Tochter der Patientin als »undankbar«? Was macht das mit mir? Wie würde ich mich verhalten, wenn es sich um meine Mutter handeln würde? Wie kann es gleichzeitig gelingen, authentisch zu bleiben, die Perspektive der Angehörigen zu würdigen und deren Vertrauen zu gewinnen?

Ziel 3: Versorgung im häuslichen Umfeld ermöglichen

Da Frau Huber immer wieder den Wunsch äußert, in ihrer gewohnten Umgebung verbleiben zu können, sollte gemeinsam überlegt werden, ob und wie dieser Wunsch realisiert werden kann. Mögliche Ressourcen sollten gesammelt und dann der Familie vorgestellt werden. Gemeinsam wird ein Entlassungsplan erstellt und durchgeführt. Im Idealfall sind daran – je nach zu lösenden Problemen – mehrere Professionen beteiligt, z. B. Ärzt:innen zur Klärung medizinischer Fragen, Pflegefachpersonen zur Einschätzung des Pflegebedarfs und benötigter Hilfsmittel, Sozialarbeiter:innen für sozialrechtliche und psychosoziale Fragen und die praktische Organisation der Entlassung.

Wie kann die Kommunikation innerhalb der Familie und zwischen der Familie und dem behandelnden Team verbessert werden?

Zwischen Frau Huber und ihrer Tochter kommt es immer wieder zu Kommunikationsstörungen. Dies führt auch zu potenziellen Konflikten zwischen der Familie und dem Behandlungsteam. Aus diesem Grund ist es unabdingbar, mit allen Beteiligten zu sprechen: Zum einen ist es wichtig, mehr von Frau Huber zu erfahren, um u. a. die Wünsche für die letzte Lebensphase zu kennen und evtl. auch schriftlich festhalten zu können. Zum anderen sollte auch herausgefunden werden, welche Ängste und Wünsche die Tochter hat und wieso sie so misstrauisch gegenüber dem Behandlungsteam ist. Dies kann unterschiedliche Ursachen haben, wie beispielsweise schlechte Vorerfahrungen mit dem Gesundheitswesen oder ein grundsätzlich schwieriges Verhältnis zur Mutter. In Einzelgesprächen sollte eine psychosoziale Anamnese durchgeführt und Ängste und Wünsche erfasst werden. In einem nächsten Schritt wäre ein von einer Fachkraft moderiertes Familiengespräch denkbar (Jonas et al., 2020). Die moderierende Person sollte auf ausgewogene Gesprächsanteile achten und wahrnehmbare starke Emotionen wie Wut oder Verzweiflung beim Gegenüber ansprechen und in einen jeweils wertschätzenden Kontext stellen. Auf der Grundlage der geäußerten Wünsche können Patientin und Tochter mögliche Unterstützungsangebote vorgestellt und gemeinsam nächste Schritte besprochen und geplant werden.

Kompetente Gesprächspartner:innen brauchen neben der jeweiligen professionellen Fachkompetenz auch kommunikative Kompetenz in Bezug auf herausfordernde Gesprächssituationen. Der personenzentrierte Ansatz nach Carl Rogers geht davon aus, dass jeder Mensch die Fähigkeit besitzt, sich weiterzuentwickeln, um selbstverantwortlich seine Probleme zu lösen. Entscheidend ist dabei eine Grundhaltung der Beratenden, die aus drei Elementen besteht: Empathie, Kongruenz und Akzeptanz (Rogers, 1981, S. 68 ff). Speziell Empathie meint dabei das echte Verständnis einer Person, d. h. eine Haltung, bei der Gesprächsbegleitende »genau die Gefühle und persönlichen Bedeutungen [spüren], die der Klient erlebt, und dass [...] dieses Verstehen dem Klienten« mitgeteilt wird (Rogers, 1981, S. 68).

Welches Netzwerk sollte für die Zeit nach Entlassung aufgebaut werden, damit Frau Huber möglichst weiter zu Hause leben kann?

Frau Huber möchte gern wieder in ihrem eigenen Haus leben und in ihrer vertrauten Umgebung bleiben. Gleichzeitig muss gewährleistet werden, Frau Hubers Symptomlast zu reduzieren, ihre Ressourcen zu fördern und ihr soziales Leben bis zum Lebensende aufrechtzuerhalten. Dies sind mehrere interagierende Faktoren, die nicht allein durch die Regelversorgung abgedeckt werden können. Da Frau Huber auf dem Land lebt und ihre Tochter einen längeren Anfahrtsweg zu ihr hat, fehlt zudem eine wichtige Ressource durch regelmäßige familiäre Unterstützung. Bei Frau Huber liegt eine komplexe Bedarfslage vor, die in diesem Fall ein Case Management rechtfertigt. Beim Case Management handelt es sich um eine Verfahrensweise, um im individuellen Sonderfall, wie bei Frau Huber, die notwendige Unterstützung, Behandlung und Versorgung durch professionelle Begleitung arrangieren und somit gewährleisten zu können (DGCC, 2020). Auf der Grundlage von Beobachtungen werden entsprechende Leistungen auf die medizinischen, sozialen, finanziellen und persönlichen Bedürfnisse von Frau Huber ausgerichtet und durchgeführt, um ihre Krankheits- und Lebenssituation zu verbessern (Ewers & Schaeffer, 2005; Santi et al., 2020).

Die Case Manager:in bespricht beim Assessment mit Frau Huber ihre Wünsche und Bedarfe. Auf der Grundlage dessen werden für Frau Huber die in ihrem ländlichen Lebensraum zur Verfügung stehenden formellen und informellen Möglichkeiten recherchiert und für eine gute Vernetzung dieser Angebote und Akteure gesorgt.

Formelle Fragen bei Frau Huber wären u. a. folgende:

Gibt es eine Ärzt:in mit Zusatzbezeichnung Palliativmedizin in der Nähe?

Gewährleistet die Hausärzt:in regelmäßige Hausbesuche?

Gibt es einen ambulanten Pflegedienst mit Angebot der SAPV?

Gibt es einen ambulanten Hospizdienst?

Gibt es eine Pflegeeinrichtung, die den Bedarfen von Frau Huber gerecht wird?

Gibt es ein professionell organisiertes Ehrenamt vor Ort?

Gibt es ein ortsnahes »Essen auf Rädern«, bei dem Wunschkost angeboten wird?

Sind die technischen Voraussetzungen und Fähigkeiten zur Internetnutzung bei Frau Huber gegeben ?

Kann Frau Huber auf eigene finanzielle Mittel zurückgreifen?

Zu den informellen Möglichkeiten zählen bei Frau Huber beispielsweise soziale Ressourcen wie die Tochter und die Dorfgemeinschaft, zu der Nachbarn und Gemeindemitglieder zählen, die einzelne Aufgaben übernehmen könnten.

3.3 Zusätzliche Fragen aus spezifisch medizinischer Perspektive

Wie hoch ist die Prävalenz des Symptomkomplexes »Übelkeit und Erbrechen« bei Patient:innen mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung?

Die Prävalenz von nicht durch eine Tumortherapie induzierter Übelkeit und konsekutivem Erbrechen liegt bei Krebspatienten in einem fortgeschrittenen Stadium in Bezug auf Übelkeit bei 10 – 70 % und in Bezug auf Erbrechen bei ca. 10 – 40 % (Dunlop, 1989; Kirkova et al., 2012). Zwar werden in vielen Studien beide Symptome gleichzeitig und ohne weitere Differenzierung erfasst, dennoch zeigen die Daten eindrücklich die Bedeutung des Symptomenkomplexes in der Palliativmedizin.

Nennen Sie fünf Kategorien, nach denen sich die Genese von Übelkeit und Erbrechen bei Patient:innen mit nicht heilbaren Krebserkrankungen einteilen lässt!

In die Differenzialdiagnose von Übelkeit und Erbrechen bei Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung sollten die Kategorien der medikamentös-toxischen, metabolischen, lokal-gastrointestinalen, zentralnervösen und der psychogen-psychosozialen Genese einbezogen werden (Bausewein et al., 2020).

Welche Verbesserungsvorschläge hätten Sie für die antiemetische Behandlung der Patientin im Hinblick auf die drohende Ileus-Symptomatik?

Bei drohender Ileus-Symptomatik ist Metoclopramid kein gut geeignetes Antiemetikum aufgrund seiner über einen 5HT4-Agonismus induzierten ausgeprägt prokinetischen Wirkung. Hier wären beispielsweise Neuroleptika als D2-Rezeptorantagonisten wie Haloperidol oder Levomepromazin bessere Alternativen (Bausewein et al., 2020; Fainsinger et al., 1991).

Welchen Stellenwert haben Cannabinoide in der Behandlung nicht Tumortherapie induzierter Übelkeit bei Krebspatient:innen?

Cannabinoide können bei unzureichendem Ansprechen auf eine Ätiologie-basierte Pharmakotherapie von Übelkeit und Erbrechen als Reservemittel bei Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung eingesetzt werden (Bausewein et al., 2020).

3.4 Zusätzliche Fragen aus spezifisch pflegefachlicher Perspektive

Wie können Sie Frau Huber und ihre Tochter gemeinsam in die Aktivität des alltäglichen Lebens »Essen und Trinken« einbeziehen und die Beziehung der beiden trotz der neuen Lebenssituation fördern?

Nach Schulz von Thun weist das Kommunikationsmuster der Tochter auf deren selbst empfundene Hilflosigkeit hin. Die Tochter ist mit der permanenten Aufforderung, ihre Mutter solle essen, in ihrer Art sehr aufdringlich und verfolgt einen »helfenden Stil«. Dies kann ein Indiz dafür sein, dass sie mit dieser Umgangsweise von ihrem eigenen Defizit ablenkt, die Mutter in deren zuhause nicht in Präsenz versorgen zu können. Um nicht schwach, sondern stark zu wirken, versucht sie ihrer Mutter zu helfen und sie in ihrer bedürftigen Situation zu unterstützen – an dieser Stelle sogar zu viel (Schulz von Thun, 2001). Um die Tochter mit ihrem Bedürfnis, helfen zu wollen, nicht zu frustrieren und gleichzeitig Frau Huber mit ihrem Bedürfnis, nicht essen zu wollen, gerecht zu werden, sollten der Tochter Alternativen aufgezeigt werden, wie sie ihrer Mutter etwas Gutes tun kann.

Es ist normal, dass zum Lebensende hin das Bedürfnis nach Essen und Trinken abnimmt und zuletzt darauf ganz verzichtet wird. Der Tochter sollte dieser natürliche Verlauf von Seite der Pflegefachpersonen des multiprofessionellen Teams in Gesprächen sensibel vermittelt werden. Relevant ist dabei, wertschätzend und verständnisvoll zu kommunizieren und sich beispielsweise auf die fünf Trauerphasen nach Kübler-Ross einzustellen (Kübler-Ross, 1998). Sollte die Tochter etwa mit Wut und Unverständnis gegenüber der Pflegekraft reagieren, so ist dies womöglich auf eine Trauerphase zurückzuführen und nicht als persönlicher Angriff zu werten. Dies ist eine Grundvoraussetzung einer Pflegekraft für eine wertfreie Kommunikation: die eigene Einstellung zu reflektieren und dadurch zu beeinflussen. Einfühlung in sein Gegenüber ist die Empathie, die zu einer gewaltfreien und somit guten Kommunikation führt (Rosenberg, 2004).

Frau Huber und ihre Tochter sollten gemeinsam darüber aufgeklärt werden, dass durch eine gute Mundpflege das Durstgefühl gelindert wird und das Erleben von Geschmack dabei in den Fokus genommen werden kann. Eine Mundpflege sollte in zeitlich sehr nahen Abständen (tagsüber stündlich) erfolgen und kann mit beliebigen Flüssigkeiten wie Saft, Brause, Bier, oder Nahrungsmitteln wie Schokoladencreme, Obst, Gemüse usw. durchgeführt werden. Die Häufigkeit sollte dem Wunsch von Frau Huber angepasst werden. Neben einer entsprechenden Körperlagerung, d. h. Oberkörper hoch gesetzt oder auf der Seite liegend, können Hilfsmittel wie Fruchtsauger verwendet werden, um die Gefahr einer Aspiration zu vermeiden. Diese Maßnahmen sollten eher dann angewendet werden, wenn Frau Huber eine Aspirationsgefahr droht. So wird das Gefühl bei Frau Hubers Tochter gefördert, ihrer Mutter helfen zu können und ihr Beistand zu geben, und gleichzeitig wird Frau Huber in ihrer Situation entlastet, essen zu müssen, obwohl sie dies nicht möchte.

Wie können Sie Frau Huber die Gelegenheit geben, ihre Behandlung im Voraus zu planen bzw. eine Gesundheitliche Versorgungsplanung durchzuführen, um der Tochter eine Unterstützung zu bieten im Fall der Einwilligungsunfähigkeit ihrer Mutter?

Frau Huber äußert das Bedürfnis, keine lebensverlängernden Maßnahmen mehr erhalten zu wollen. Dies steht Frau Huber rechtlich zu, denn jede medizinische Behandlung setzt eine sogenannte informierte Einwilligung (informed consent) voraus. Im Rahmen des Selbstbestimmungsrechts von Frau Huber muss sie einem medizinischen Eingriff bzw. einer therapeutischen Maßnahme zustimmen, bevor diese durchgeführt werden darf. Sollte sie in einem einwilligungsunfähigen Zustand nicht gefragt werden können, so können juristisch stellvertretende Personen (z. B. ihre Tochter, wenn sie diese als Bevollmächtigte benennt) die Einwilligung stellvertretend vornehmen. Die Einwilligung hat sich dabei am (mutmaßlichen) Willen der Patientin zu orientieren. Frühzeitige Gespräche über den Willen und die Wünsche von Frau Huber zu medizinischen Behandlungen und weiteren Bedürfnissen können für die Tochter und die an der Behandlung beteiligten Personen aufschlussreich sein (BGB, 2009).

Entsprechend sollte Frau Huber ein Gesprächsangebot gemacht werden, worin mit ihr die Vorsorgeplanung besprochen wird. In diesem Gespräch sollte Frau Huber die Möglichkeit bekommen, im Vorfeld über mögliche Krankheitsszenarien und dazugehörige Behandlungsmaßnahmen der Notfall- und Intensivtherapie sowie der palliativen Therapie informiert zu werden. Das Konzept der Patientenorientierung steht in der modernen Patientenversorgung für eine an den individuellen Bedürfnissen der Patienten ausgerichtete Behandlung, die den Patienten durch Information und Beratung von medizinischem bzw. qualifiziertem Fachpersonal und ggf. unter Einbezug ihrer Angehörigen eine partizipative Entscheidungsfindung ermöglicht (Weis et al., 2011). Das internationale Konzept des Advance Care Planning sieht einen professionell begleiteten Gesprächsprozess vor, in dem Frau Huber nach Wunsch andere Personen einbinden kann, z. B. ihre Tochter, behandelnde Ärzt:innen und weitere an der Behandlung beteiligte Personen (hier Pflegefachkräfte, Case Manager:innen usw.) (Hammes & Harter, 2015). Frau Huber bekommt so die Möglichkeit, ihre medizinischen, pflegerischen, psychosozialen und spirituellen (Behandlungs-)‌Wünsche vorab zu kommunizieren, einen Bevollmächtigten oder eine Bevollmächtigte festzulegen und dies – wenn sie dies wünscht – in einem Dokument wie einer Patientenverfügung festzuhalten (Stanze & Nauck, 2020). Speziell im Bereich der »Gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase« weitergebildete Fachkräfte aus der Pflege, der Sozialen Arbeit oder vergleichbaren professionellen Hintergründen könnten beispielsweise diese Gespräche mit Frau Huber führen.

3.5 Zusätzliche Fragen aus psychosozialer Perspektive 

Welche psychosozialen Maßnahmen können eingesetzt werden, um den Umgang mit Übelkeit und Erbrechen zu verbessern?

Übelkeit und Erbrechen gehen oft mit einem ausgeprägten Krankheits- und Schwächegefühl einher, welches die Lebensqualität erheblich belasten kann. Die Diagnostik sollte interdisziplinär und unter Einbezug der Betroffenen und ihrer Zugehörigen erfolgen. Dabei sollten auch psychische Faktoren erkannt und kommuniziert werden, um den Betroffenen den Leidensdruck lindern zu können. Auch wenn bei der Behandlung von Übelkeit und Erbrechen zumeist medikamentöse Therapien im Vordergrund stehen, so können doch psychosoziale Interventionen als Entlastung eingesetzt werden. Hier haben sich in der Praxis vor allem unterschiedliche Entspannungsverfahren bewährt wie die Progressive Muskelrelaxation, angeleitete Imaginationen oder Musiktherapie (Bühring et al., 2019).

Manchmal empfinden Zugehörige Ekel und Hilflosigkeit im Umgang mit Übelkeit und Erbrechen der Betroffenen. Sie brauchen dann einen Ort, an dem sie über ihre Gefühle und Ängste sprechen können. Psychoedukative Elemente können die Zugehörigen zudem dazu befähigen, die Symptome frühzeitig zu erkennen und zu lernen, damit umzugehen.

Welche psychosozialen Interventionen können eingesetzt werden, um die psychische Belastung von Frau Huber und ihrer Tochter zu reduzieren?

Für Frau Huber und ihre Familie kam die Diagnose »Krebs« völlig überraschend. Das Familiensystem scheint mit der Krankheitssituation ganz und gar überfordert. Es könnte hilfreich sein, die aktuelle Situation immer wieder mit der Patientin und ihrer Tochter zu besprechen und nachzufragen, was dies für sie bedeutet, welche Gedanken sie beschäftigen und was ihre größte Sorge ist.

Bei Frau Huber wird eine gute Symptomkontrolle höchstwahrscheinlich zu einer verminderten psychischen Belastung führen. Aus der Literatur ist bekannt, dass sich ein verbessertes Wohlbefinden beim Patienten auch auf das psychische Wohlbefinden der Angehörigen auswirkt und umgekehrt (Krug et al., 2016; Lund et al., 2014). Daneben sollte eine psychosoziale Anamnese durchgeführt werden, mithilfe derer herausgefunden werden kann, was sie im Moment am meisten belastet und über welche (inneren und äußeren) Ressourcen die beiden Akteurinnen Mutter und Tochter verfügen (Fischer, 2014). Gemeinsam sollte überlegt werden, welche dieser Ressourcen in der aktuellen Situation hilfreich sein könnten, zum Beispiel um eine häusliche Versorgung zu gewährleisten. Außerdem sollten weitere unterstützende Angebote vorgestellt werden wie beispielsweise psychologische bzw. psychotherapeutische Unterstützungsangebote oder die Anleitung von Entspannungsverfahren.

Literatur

Bausewein C, Voltz R, Radbruch L et al. (2020) Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung, Kurzversion 2.3, 2021, AWMF-Registernummer: 128/001OL, https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/palliativmedizin/ Zugriff am: 15. 03. 2024).

Bühring U, Casagrande C, Wagenlechner D (2019) Übelkeit/Erbrechen. In. Huber G, Casagrande C (Hrsg.) Sterben begleiten. Interdisziplinäre und naturheilkundliche Konzepte. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme, S. 128 – 130.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (2009) § 1901a Patientenverfügung, In: Drittes Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts, Bundesgesetzblatt Jahrgang, Teil I Nr. 48.

Dunlop GM (1989) A study of the relative frequency and importance of gastrointestinal symptoms, and weakness in patients with far advanced cancer. Palliat Med, p. 37 – 43.

Deutsche Gesellschaft für Care und Case Management e.V. (DGCC) (Hrsg.) (2020) Case Management. Leitlinien. Rahmenempfehlungen, Standards und ethische Grundlagen. 2. neu bearbeitete Aufl. Heidelberg: medhochzwei Verlag GmbH.

Deutschsprachige interprofessionelle Vereinigung für Behandlung im Voraus Planen und Advance Care Planning (DiV BVP e.V.) (2017) Behandlung im Voraus planen. Im Internet: https://www.div-bvp.de/ (Stand 22. 03. 2021).

Ewers M, Schaeffer D (2005) Case Management in der Theorie und Praxis. 2. ergänzte Aufl. Bern: Verlag Hans Huber.

Fainsinger R, Miller MJ, Bruera E et al. (1991) Symptom control during the last week of life on a palliative care unit. J Palliat Care; 7‍(1):5 – 11.

Fischer B. (2014) Psychosoziale Anamnese – Methoden. In: Wasner M, Pankofer S (Hrsg.) Soziale Arbeit in Palliative Care. Ein Handbuch für Studium und Praxis. Stuttgart: Kohlhammer, S. 116 – 120.

Jonas D, Scanlon C, Schmidt L et al. (2020) Creating a Seat at the Table: How Family Meetings Elucidate the PalliativeCare Social Work Role. Journal of Palliative Medicine.

Hammes BJ, Harter T (2015) Philosophisch-ethische Gründe für Advanced Care Planning; In: Coors M, Jox RJ, In der Schmitten J (Hrsg.) Advance Care Planning: von der Patientenverfügung zur gesundheitlichen Vorausplanung. 1. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer.

Kirkova J, Rybicki L, Walsh D et al. (2012) Symptom prevalence in advanced cancer: age, gender, and performance status interactions. Am J Hosp Palliat Care; 29‍(2):139 – 45.

Krug K, Miksch A, Peters-Klimm F et al. (2016) Correlation between patient quality of life in palliative care and burden of their family caregivers: a prospective observational cohort study. BMC Palliat Care; 15: 4.

Kübler-Ross E (1998) Interviews mit Sterbenden. 17. Aufl. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus.

Lund L, Ross L, Petersen MA et al. (2014) cancer caregiving tasks and consequences and their associations with caregiver status and caregiver's relationship to the patient: a survey. BMC Cancer; 14:541.

Rogers C (1981) Der neue Mensch. Stuttgart: Klett-Cotta.

Rosenberg MB (2004) Konflikte lösen durch Gewaltfreie Kommunikation. Ein Gespräch mit Gabriele Seils. 6. Aufl. Freiburg im Breisgau: Herder Verlag.

Santi S, Schmidiger K, Rex C (2020) Interprofessionelle Zusammenarbeit im Care Management: Sozialarbeit und Pflege rund um den Gesundheitsstandort Privathaushalt. Case Management. S. 32 – 37.

Schulz von Thun F (2001) Miteinander Reden 2. Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklungen. Differentielle Psychologie der Kommunikation. 20. Aufl. Hamburg: Rowohlt Verlag.

Stanze H, Nauck F (2020) Advance Care Planning bei Patienten mit onkologischen Erkrankungen. Der Onkologe; 26: 763 – 770.

Weis J, Härter M, Schulte H et al. (2011) Patientenorientierung in der Onkologie: Konzepte und Perspektiven im Nationalen Krebsplan. Der Onkologe 17 (12): 1115 – 26.

4 Palliativversorgung neurologischer Erkrankungen

Mareike Hümmerich, Jürgen Spicher und Tobias Steigleder

4.1 Fallvignette »Dem Grün beim Wachsen zuschauen«

Sequenz 1: Diagnose

Gerd Schuster ist 63 Jahre alt und frühberentet. Mit seiner Ehefrau Isa ist er seit 42 Jahren verheiratet. Die Eheleute Schuster haben einen 40-jährigen Sohn und eine 38-jährige Tochter. Ihr Sohn ist unverheiratet und beruflich viel in der Welt unterwegs. Ihre alleinerziehende Tochter lebt mit dem 8-jährigen Enkel Hugo in räumlicher Nähe.

Als passionierter Hobbygärtner liebt es Herr Schuster, durch seinen großen Garten zu schlendern und »dem Grün beim Wachsen zuzuschauen«. Hugo reagiert darauf lachend: »Opa, man kann doch den Pflanzen nicht beim Wachsen zuschauen«. Die beiden stöbern oft unzertrennlich durch den Garten.

Bei Herrn Schuster wird ein idiopathisches Parkinsonsyndrom (iPS) diagnostiziert. Es begann mit Schulterschmerzen rechts, als Gerd Schuster das Schneiden der Rosen zunehmend schwerfiel. Erst als seine Frau energisch darauf bestand, hat er einen Arzt aufgesucht. Die Diagnose »iPS« ist ein Schock. »Das war eine schwierige Zeit für mich und meine Frau.« Seine geliebte Arbeit im Garten musste er zunehmend einschränken: »Ich will das nicht! Das iPS nimmt mir alles weg.«

Sequenz 2: Krise

Zehn Jahre lebt Gerd Schuster nun mit dem iPS. Langsam, vorsichtig und mit Gehstütze kann er noch in seinem Garten spazieren. In den beiden vergangenen Tagen hat sich die Beweglichkeit deutlich verschlechtert. Das Sprechen und Schlucken fällt ihm schwerer.

Es wird eine stationäre Einweisung notwendig. Seine Frau begleitet ihn und weicht ihrem Mann nicht von der Seite. Bei Aufnahme sagt sie heftig zu dem Assistenzarzt: »Da stimmt doch etwas nicht. Zuerst will er nichts mehr und jetzt das.« Ihr Mann wirkt müde, erschöpft und fast apathisch. Beinahe wütend fährt sie ihn an: »Nun lass dich nicht so hängen wie vom Frost überraschte Kapuzinerkresse!«, und etwas ruhiger: »Wir schaffen das schon irgendwie.«

Sequenz 3: Sterbephase

Nach fünf weiteren Jahren ist Gerd Schuster dauerhaft bettlägerig und wird von seiner Ehefrau und seiner Tochter sowie einem ambulanten Pflegedienst versorgt. Hugo kommt ab und zu vorbei. Er studiert in der näher gelegenen Stadt. Der Sohn ist beruflich längere Zeit in Hong Kong. Er erkundigt sich täglich bei seiner Schwester, da er seine Mutter nicht belasten will.

In den vergangenen sieben Wochen musste Herr Schuster dreimal in die Klinik eingewiesen werden. Der Hausarzt verordnet eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV