Pathologisches Horten - Anne Katrin Külz - E-Book

Pathologisches Horten E-Book

Anne Katrin Külz

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Beschreibung

Pathologisches Horten ist eine psychische Störung, die zur Vermüllung der Wohnung führt und eine große Belastung für Betroffene und ihre Familien darstellt. Betroffene leiden unter einem unwiderstehlichen Drang, große Mengen an Besitztümern anzusammeln, und fühlen sich nicht in der Lage, sich von diesen wieder zu trennen, auch wenn sie keinen monetären Wert oder praktischen Nutzen besitzen. Anders als Zwangsrituale ist pathologisches Horten oftmals mit positiven Emotionen verbunden. Die Störung verläuft häufig chronisch und ist schwer zu behandeln. Das Buch informiert über den aktuellen Stand der Forschung zur Beschreibung, Klassifikation, Epidemiologie, Differenzialdiagnose und zum Verlauf des pathologischen Hortens. Nach der Darstellung verschiedener diagnostischer Verfahren, werden kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlungsmöglichkeiten vorgestellt, die in den letzten Jahren – insbesondere von Gail Steketee – entwickelt wurden. Ziel der Behandlung ist es, gemeinsam mit dem Patienten ein effizientes System zur Ordnung und Organisation der Besitztümer zu entwickeln und die Widerstandsfähigkeit gegenüber "Verlockungen" zur Anschaffung neuer Gegenstände zu trainieren. Zudem sollen ungünstige Überzeugungen in Bezug auf Besitztümer bearbeitet und die Patienten dazu angeleitet werden, sich den aversiven Gefühlen, die mit der Entscheidung zum Wegwerfen von Besitztümern verbunden sind, schrittweise zu stellen. Zahlreiche Arbeitsblätter und Fallbeispiele veranschaulichen das Vorgehen und unterstützen die Umsetzung der Behandlungsstrategien in die klinische Praxis.

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Anne Katrin Külz

Ulrich Voderholzer

Pathologisches Horten

Fortschritte der Psychotherapie

Band 69

Pathologisches Horten

Dr. Anne Katrin Külz, Prof. Dr. Ulrich Voderholzer

Herausgeber der Reihe:

Prof. Dr. Kurt Hahlweg, Prof. Dr. Martin Hautzinger, Prof. Dr. Jürgen Margraf, Prof. Dr. Winfried Rief

Begründer der Reihe:

Dietmar Schulte, Klaus Grawe, Kurt Hahlweg, Dieter Vaitl

Dr. phil. Anne Katrin Külz, geb. 1973. 1992–1999 Studium der Psychologie in Freiburg. Von 2003–2017 Tätigkeit am Universitätsklinikum Freiburg, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, dort mehrere Jahre Leitung der Spezialambulanz für Zwangserkrankungen und von 2008–2017 Leitung der Arbeitsgruppe Zwangsstörungen. Seit 2017 niedergelassen in eigener Praxis. Supervisorin sowie Dozentin für Verhaltenstherapie an verschiedenen Ausbildungsinstituten.

Prof. Dr. med. Ulrich Voderholzer, geb. 1961. Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Supervisor in Verhaltenstherapie, Master of Medical Education. 1980–1987 Studium der Medizin in München und Boston. Anschließend Facharztausbildung an der Psychiatrischen und Neurologischen Universitätsklinik München und danach Tätigkeit als Assistenzarzt, Oberarzt und Leitender Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg. Seit 2010 Ärztlicher Direktor Schön Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee.

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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Tel. +49 551 999 50 0

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[email protected]

www.hogrefe.de

Satz: ARThür Grafik-Design & Kunst, Weimar

Format: EPUB

1. Auflage 2018

© 2018 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen

(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-8409-2785-0; E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-8444-2785-1)

ISBN 978-3-8017-2785-7

http://doi.org/10.1026/02785-000

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Anmerkung:

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Inhaltsverzeichnis

1 Beschreibung der Störung

1.1 Bezeichnung

1.2 Definition

1.2.1 Diagnosekriterien

1.2.2 Welche Bedeutung haben die gehorteten Gegenstände?

1.2.3 Was macht aus Sammeln pathologisches Horten?

1.3 Epidemiologische Daten

1.4 Verlauf und Prognose

1.5 Differenzialdiagnose

1.5.1 Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik

1.5.2 Abgrenzung zur Zwangsstörung

1.6 Komorbidität

1.7 Pathologisches Horten bei Kindern und Jugendlichen

2 Störungstheorien und -modelle

3 Diagnostik und Indikation

3.1 Diagnostische Kriterien

3.2 Diagnostische Verfahren und Dokumentation

4 Behandlung

4.1 Das therapeutische Vorgehen

4.1.1 Anfangsphase – Diagnostischer Prozess, Psychoedukation und Zieldefinition

4.1.2 Interventionsphase

4.1.3 Abschlussphase

4.2 Varianten der Methode und Kombinationen

4.3 Umgang mit möglichen Problemen bei der Durchführung

4.3.1 Komorbide Erkrankungen

4.3.2 Schwierigkeiten im Therapieprozess

4.4 Effektivität und Prognose

4.4.1 Psychotherapie

4.4.2 Pharmakotherapie

5 Fallbeispiel

6 Weiterführende Literatur

7 Literatur

8 Anhang

Karten

Kurzanleitung für die Exploration

Allgemeines Modell des pathologischen Hortens

|1|1 Beschreibung der Störung

Pathologisches Horten ist eine relativ häufige psychische Erkrankung, die eine große Belastung für Betroffene und ihre Familien darstellt. Viele Therapeuten erleben in ihrem klinischen Alltag immer wieder Patienten, die in überfüllten Wohnungen leben und große Schwierigkeiten mit dem Wegwerfen von Gegenständen haben. Manchmal tritt die Symptomatik rein zufällig, z. B. bei der Durchführung häuslicher Expositionsübungen im Rahmen einer Zwangserkrankung, ans Tageslicht. Andere Patienten erwähnen ihre Neigung zum Sammeln und Horten ganz „nebenbei“ im Laufe der Therapie. Häufiger sind es Angehörige, gelegentlich die Betroffenen selbst, die sich hilfesuchend an klinische Ambulanzen und niedergelassene Therapeuten wenden, um das Horten in den Griff zu bekommen.

Bis in die 1990er Jahre hinein war pathologisches Horten eine nahezu unerforschte Erkrankung. Lange Zeit fasste man die Symptomatik schlicht als eine Subgruppe der Zwangserkrankung auf, bevor sich Hinweise darauf verdichteten, dass pathologisches Horten ein eigenständiges Störungsbild mit ganz spezifischen Merkmalen darstellt (auf die Abgrenzung zur Zwangsstörung wird in Kapitel 1.5.2 genauer eingegangen). Auch wenn man inzwischen weiß, dass Patienten mit dieser Erkrankung weniger gut auf kognitive Verhaltenstherapie mit Exposition ansprechen als Betroffene mit anderen Zwängen, existieren störungsspezifische Manuale für pathologisches Horten bislang nur für den englischen Sprachraum (Steketee & Frost, 2014). Dabei sind wirksame Behandlungsmöglichkeiten von hoher praktischer Bedeutung, da das Störungsbild nach heutigen Schätzungen fast jeden zwanzigsten Menschen in Deutschland trifft, zumeist mit einer massiven Beeinträchtigung für Betroffene und deren Umfeld einhergeht und gleichzeitig mit störungsspezifischen Ansätzen effektiv therapierbar ist (Williams & Viscusi, 2016).

Zunächst stellen Sammeln und Horten von Dingen jedoch durchaus gesunde menschliche Züge mit Überlebensvorteil da. So sind das Sammeln und Lagern von Nahrung oder Materialien wie Brennholz archaische Verhaltensweisen, die vermutlich in Urzeiten von essenzieller Bedeutung waren. Es wäre daher nachvollziehbar, wenn das Anhäufen und Aufbewahren von Dingen auch heute bei Ängstlichkeit und Unsicherheit eine evolutionäre Funktion hat. Vermutlich finden sich neben den schweren Formen des Hortens auch viele leichtere Ausprägungen, die im Alltag nur geringen Leidensdruck bei Betroffenen und Angehörigen auslösen.

|2|Das folgende Fallbeispiel möchte hingegen einen ersten Eindruck davon vermitteln, wie sich eine schwere Sammel- und Hortproblematik im Leben eines Betroffenen äußern und psychotherapeutisch behandelt werden kann. Die anschließenden Fotos (vgl. Abb. 1) zeigen eindrücklich den Zustand der Wohnung des Betroffenen vor und nach der stationären Psychotherapie.

Fallbeispiel

Der 61-jährige gelernte Mechaniker wuchs als einziges Kind seiner Eltern, die ein Handelsunternehmen besaßen, auf. Der Vater wird als jähzornig und wenig fürsorglich beschrieben, er sei beruflich immer sehr stark eingebunden gewesen und habe wenig Zeit für ihn gehabt. Zur Mutter habe ein inniges Verhältnis bestanden; nach dem frühen Tod des Vaters habe sich die Mutter sehr auf ihn fixiert und er sei wie ein Partnerersatz für seine Mutter gewesen. Etwa im Alter von 30 Jahren lernte er seine jetzige Frau kennen, von Beruf Künstlerin, die von seiner Mutter aber abgelehnt wurde. Seine Heirat habe erst nach dem Tod der Mutter stattfinden können. Ganz im Vordergrund der Beschwerden steht ein massiver Sammelzwang. Auch die Mutter, bei der er bis zu ihrem Tod gelebt hat, habe schon eine Neigung zum zwanghaften Horten gehabt. Der Tod der Mutter sei auch als Erlösung erlebt worden, er habe sich aber dennoch nicht von vielen unnützen Gegenständen im Haus trennen können. Erst nach dem Tod der Mutter durfte seine jetzige Partnerin und Ehefrau das Haus betreten. Der Patient äußert massive Probleme, Gegenstände wegzuwerfen; in dem Chaos zu Hause fühle er sich auch dem Alltag nicht mehr gewachsen. Eine dringend erforderliche Renovierung sei seit Langem schon nicht möglich. Er beschreibt Verlustängste, viele Gegenstände seien eine „Ersatzliebe“. Er sei sehr sparsam erzogen und trage daher neu gekaufte Kleidung meist nicht, sondern eher das alte Gewand, selbst wenn es Flecken und Löcher habe. Die Sammeltendenz und die schrittweise immer mehr erfolgte Verwahrlosung des Hauses habe er vor dem Umfeld geheim gehalten. Auch vonseiten der Ehefrau besteht der dringende Wunsch nach einer vollständigen Entrümpelung. Darüber hinaus werden ein reduzierter Antrieb, eine gedrückte Stimmung, Grübelneigung, Denkeinengung, Lustlosigkeit und ein gestörtes Essverhalten mit Übergewicht beschrieben. Der Patient ist zu einer stationären Behandlung bereit und motiviert, sich mit den auslösenden und aufrechterhaltenden Faktoren seines Sammelzwangs auseinanderzusetzen. Die Ehefrau wird in die Behandlung mit eingebunden und erhält von ihm auch die Erlaubnis, Dinge auszuräumen. Das Wegwerfen von Gegenständen und Entrümpeln des Hauses ist mit höchster Anspannung und dem Gefühl des Kontrollverlustes verbunden; darüber hinaus erlebt er Gefühle der Bedrohung und Verarmung.

Expositionsübungen werden schon im Stationsalltag durch Übungen im Zimmer und das Wegwerfen von gebrauchten Gegenständen initiiert und dann |3|schrittweise im häuslichen Umfeld umgesetzt. Im Rahmen der Behandlung gelingt es dem Patienten, den Vermüllungszustand des Hauses fast vollständig aufzulösen. Er gibt an, die Aktion als Befreiung zu erleben. Eine medikamentöse Behandlung wird nicht durchgeführt.

Abbildung 1: Zustand der Wohnung des Patienten vor und nach der stationären Psychotherapie (© Fotos: U. Voderholzer, Prien)

|4|1.1 Bezeichnung

Menschen mit pathologischem Horten leiden unter einem unwiderstehlichen Drang, große Mengen an Besitztümern anzusammeln, und fühlen sich nicht dazu in der Lage, sich von diesen wieder zu trennen, auch wenn sie keinen monetären Wert oder praktischen Nutzen besitzen. Für die Symptomatik wurde in der Forschung daher längere Zeit der Begriff „compulsive hoarding“ verwendet, was im Deutschen wörtlich „zwanghaftes Horten“ bedeutet; häufiger findet man auch die Bezeichnung „zwanghaftes Sammeln und Horten“. Nachdem sich das Störungsbild im Bewusstsein der Wissenschaftler und Behandler vom Zwangssymptom zu einer eigenständigen Erkrankung wandelte, setzte sich zunehmend der Begriff „hoarding disorder“ bzw. „pathologisches Horten“ durch.

Auf den ersten Blick hat pathologisches Horten tatsächlich einiges mit der klassischen Zwangserkrankung gemein. So entstehen bei dem Versuch, die angehäuften Gegenstände loszuwerden, negative Gefühle wie etwa Angst, Anspannung oder Schuldgefühle, die an die Empfindungen beim Verzicht auf Zwangsrituale erinnern. Die Symptomatik wird daher auch in den gebräuchlichsten Inventaren zur Erfassung der Zwangssymptomatik, wie der Yale-Brown-Obsessive-Compulsive-Scale (Y-BOCS; Goodman et al., 1989) und dem Obsessive-Compulsive-Inventory (OCI-R; Gönner et al., 2009) erfasst. Allerdings leidet die Mehrzahl der Betroffenen an pathologischem Horten, ohne dass andere Zwänge in relevantem Ausmaß vorliegen und die Kriterien einer Zwangsstörung erfüllt sind. Außerdem ist pathologisches Sammeln und Horten – anders als Zwangsrituale – oftmals mit positiven Emotionen verbunden, wie es in ähnlicher Weise auch bei Impulskontrollstörungen beobachtet wird. So erleben Patienten den Erwerb von Gegenständen nicht selten als euphorisierend und auch die Beschäftigung mit den gehorteten Besitztümern wird oft als Sicherheit oder Geborgenheit stiftend empfunden. Darüber hinaus weist die Erkrankung ein anderes Komorbiditätsspektrum auf und das Muster neurobiologischer Korrelate unterscheidet sich von demjenigen bei anderen Zwangssymptomen (Fontenelle & Grant, 2014).

1.2 Definition

1.2.1 Diagnosekriterien

In der ICD-10 wird pathologisches Horten bislang nicht abgebildet. Steht nur die ICD-10 zur Verfügung, muss auf die inhaltlich nicht ganz adäquate Diagnose der Zwangsstörung zurückgegriffen werden. Im DSM-IV war das Störungsbild bislang nur als diagnostisches Kriterium der zwanghaften Persönlichkeitsstörung vertreten. Die hier gewählte Formulierung „ist nicht in der |5|Lage, verschlissene oder wertlose Dinge wegzuwerfen, selbst wenn diese keinen Gefühlswert besitzen“ wird dem Krankheitsbild jedoch nicht gerecht, da die gesammelten Gegenstände oftmals einen deutlich emotionalen Wert für die Betroffenen haben (siehe auch Schoen, Wahl-Kordon & Zurowski, 2015).

Im DSM-5 wurde „Pathologisches Horten“ nun als eigenständige Kategorie in die neu geschaffene Gruppe „Zwangsstörung und verwandte Störungen“ aufgenommen, sodass wir uns auf die Definition der diagnostischen Kriterien nach DSM-5 beziehen werden (vgl. den Kasten auf S. 20 im Kapitel 3.1).

Nach DSM-5 bezeichnet pathologisches Horten anhaltende Schwierigkeiten, persönliche Gegenstände fortzugeben oder wegzuwerfen, unabhängig von ihrem tatsächlichen Wert. Die Betroffenen haben das Gefühl, ihre Besitztümer aufbewahren zu müssen und geraten bei dem Versuch, sich ihrer zu entledigen, unter massive Anspannung. Die Schwierigkeit, Dinge wegzuwerfen, führt zu einer Anhäufung von Gegenständen, die mit einer Überfüllung und oftmals Vermüllung aktiver Wohnbereiche einhergeht. Die eigentlich vorgesehene Nutzung dieser Wohnbereiche wird dadurch beeinträchtigt. Wenn Wohnbereiche nicht überfüllt sind, ist das nur auf das Eingreifen Dritter wie etwa Familienmitglieder, Reinigungspersonal oder Autoritätspersonen zurückzuführen. Um die Kriterien für pathologisches Horten zu erfüllen, muss ferner eine beeinträchtigte Lebensführung im häuslichen, sozialen oder beruflichen Alltag vorliegen.