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Kurz nach seinem vierzigsten Geburtstag befindet sich Martin Kihn in einer handfesten Krise: Sein Boss will ihn feuern, seine Frau droht, ihn zu verlassen, er selbst hat jeglichen Lebensmut verloren. Außerdem sorgt Martins heißgeliebter, aber ungezogener Vierbeiner ständig für Ärger, so dass Herrchen beschließt: Die stürmische Paulasoll auf die Hundeschule und endlich Manieren lernen. Ganz nebenbei wird Martin mit dieser Aufgabe klar, wie er sein eigenes Leben wieder in den Griff bekommt. Und wie er seine Frau davon überzeugt, dass wirklich jeder eine zweite Chance verdient hat ...
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Das Buch
Kurz nach seinem vierzigsten Geburtstag befindet sich Martin Kihn in einer handfesten Krise: Sein Boss will ihn feuern, seine Frau droht, ihn zu verlassen, er selbst hat jeglichen Lebensmut verloren. Außerdem sorgt Martins heißgeliebter, aber ungezogener Vierbeiner ständig für Ärger, so dass Herrchen beschließt: Die stürmische Paula soll auf die Hundeschule und endlich Manieren lernen. Ganz nebenbei wird Martin mit dieser Aufgabe klar, wie er sein eigenes Leben wieder in den Griff bekommt. Und wie er seine Frau davon überzeugt, dass wirklich jeder eine zweite Chance verdient hat …
Der Autor
Martin Kihn studierte an der Columbia- und der Yale-Universität und war Unternehmensberater. Heute arbeitet er als Journalist und Kolumnist, u.a. für die New York Times, GQ, Cosmopolitan und das Forbes Magazine. Außerdem ist er als Autor fürs Fernsehen tätig und war 2004 als Best Comedy Writer für den Emmy Award nominiert. Mit seiner Frau Julia und seiner Hündin Paula wohnt Kihn in New York.
Von Martin Kihn ist in unserem Hause außerdem erschienen:
Asshole. Wie ich lernte, ein Schwein zu sein, und dabei reich und glücklich wurde
Martin Kihn
Wie der frechste Hund der Welt mein Leben veränderte
Aus dem Amerikanischen Von Sigrun Zühlke
Ullstein
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Ungekürzte Ausgabe im Ullstein Taschenbuch
1. Auflage Juli 2014
© für die deutsche Ausgabe
Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2014
© 2011 by Martin Kihn
© der Bilder im Innenteil: Martin Kihn
Titel der amerikanischen Originalausgabe: Bad Dog. A Love Story, erschienen 2011 bei Pantheon Books, New York.
Umschlaggestaltung: Sabine Wimmer, Berlin
Umschlagmotiv: © FinePic®, München
ISBN: 978-3-8437-0764-0
Alle Rechte vorbehalten.
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können zivil- oder strafrechtlich
verfolgt werden.
E-Book: LVD GmbH, Berlin
Es müsste ein Buch über Zen und die Kunst, einen Hund zu trainieren, geschrieben werden. Das Training erfordert absolute Konzentration. Wenn du nicht voll und ganz bei der Sache bist, ist es dein Hund auch nicht. Wenn du nervös bist, ist es dein Hund ebenfalls.
Susan Conant, Todsicher an der Leine
Irgendetwas außerhalb von dir selbst zu lieben und zu bewundern ist der erste Schritt aus dem spirituellen Ruin.
C. S. Lewis
Anmerkung des Autors
Der amerikanische Dachverband der Hundezüchter, der »American Kennel Club«, rief 1989 ein Programm zur Vorbereitung auf eine Begleithundeprüfung ins Leben, das so genannte »Canine Good Citizen«, mit dem Hunde und ihre Gefährten zu besseren Mitgliedern der Gesellschaft gemacht werden sollen. Um als guter Hunde-Bürger anerkannt zu werden, muss ein Hund zehn Einzelaufgaben aus den Bereichen Gehorsam, Benehmen und Pflege bestehen. Für den Club sind diese zehn Aufgaben »nur der Anfang«, aber jeder, der jemals einen Hund geliebt hat, wird das wohl anders sehen, oder?
Unmöglich.
Und ich meine nicht, für den Hund.
Prolog
Einzug in den Ring
»Kommt das nur mir so vor«, frage ich meine gut vierzig Kilo schwere Copilotin, die vom Rückspiegel eingerahmt ist wie eine haarige Warhol-Marilyn, »oder drehen allmählich alle durch?«
Ich sag’s ja nur ungern, scheint sie nur ungern zu sagen, aber es kommt nur dir so vor.
»Haben wir unsere Abzweigung verpasst? Ich kann die Schilder nicht sehen.«
Und ich, sagt sie, kann nicht lesen.
Eins möchte ich Ihnen raten: Wenn Sie irgendwohin wollen und der Weg nicht so leicht zu finden ist, lassen Sie bloß nicht mich ans Steuer.
Es gibt nur wenige Dinge im Leben, auf die man sich so verlassen kann wie auf eines: Ich verfahre mich. Gründlich. Ich bringe Sie so weit weg von Ihrem Ziel, dass Sie aus dem Fenster blicken, während die Dämmerung hereinbricht, und feststellen, dass die Straßenschilder inzwischen in einer anderen Sprache geschrieben sind. Während meiner Zeit als undankbarster Unternehmensberater der Welt irrte ich einmal in einem gemieteten Ford Fiesta mit einem Vorgesetzten durch London. Nach einer Reihe hirnloser Abbiegemanöver drehte er sich wutentbrannt zu mir und fragte: »Wer hat Sie noch mal eingestellt?«
Resigniert streckt sich meine Copilotin – eine fünf Jahre alte Berner Sennenhündin namens Paula – auf dem Rücksitz des bedenklich kleinen Autos aus, gleichmütig wie ein Schmetterling, der sich im Wind wiegt.
»Du bist keine große Hilfe«, sage ich zu ihr, während meine Angst allmählich alles überdeckt.
Du auch nicht. Hast du Käse dabei?
»Wenn Sie jetzt mit dem Auto unterwegs sind«, sagt der Typ im Radio, »denken Sie darüber nach, irgendwo haltzumachen. Wir haben eine ernsthafte Unwetterwarnung. Bald wird’s hässlich da draußen.«
Nicht so hässlich wie White Plains.
Die Stadt, eine graue Ödnis, vollgestopft mit alten Einkaufszentren, behauptet auf ihrer Webseite, dreißig Minuten nördlich von Manhattan zu liegen. Neunzig Minuten nachdem wir uns auf den Weg gemacht haben, schlittern Paula und ich schließlich auf den Parkplatz unseres Hundesportvereins, des Port Chester Training Clubs, wo wir vor zehn Minuten unsere Begleithundeprüfung hätten ablegen sollen.
Der Verein ist eine legendäre Institution, die von Port Chester in ein Industriegebiet bei White Plains gezogen ist, ohne den Namen zu ändern. Dort werden kleine Wauwaus und ihre Besitzer auf alle wichtigen Etappen im Leben eines Hundes vorbereitet: von der Gewöhnung an eine Transportbox bis hin zur Teilnahme an Turnieren. Vor fünf Jahren hatte sich Paula hier dadurch ausgezeichnet, dass sie als einziger Hund ihrer Welpenschulklasse aufgefordert worden war, den Unterricht zu verlassen. Zweimal.
Da soll noch einer sagen, sie wäre keine Legende in der Welt des Hundetrainings.
Sie ist eine wunderschöne, dreifarbige, reinrassige Hündin, eine spektakulär flauschige, optimistische Kreatur mit wahren Broadway-Allüren und einer unbändigen Hingabe an das Hier und Jetzt.
Ich rechne ständig damit, dass sie sich auf die Hinterbeine stellt und ihre Dankesrede für den Tony-Award hält: »Ich erinnere mich noch, wie ich als kleiner Welpe in meinem Körbchen lag und ›Ein Hund namens Beethoven‹ auf DVD gesehen habe und mir dachte: ›Das kann ich auch!‹«
Und bei allem Respekt muss ich sagen, dass sie, alles in allem, langfristig und mit dem allergrößten Wohlwollen betrachtet, früher eine schreckliche Plage war.
Das unentschiedene Grau der Gewitterwolken verwandelt sich in öliges, bedrohliches Rostbraun, während das Schneevolumen pro Quadratzentimeter Luft stetig zunimmt.
»Paula, komm!«, sage ich, während ich die hintere Tür des Autos aufhalte.
Weil ich genug rohe Leberwürfel in der Tasche meiner Daunenjacke habe, um einen Metzgerladen aufzumachen, springt sie heraus.
Ich lege ihr das Geschirr um, schließe das Auto ab und sehe nach, ob ich ihren Heimtierausweis, die Tollwutimpfmarke, die Bürste und – der einzig kritische Punkt – ihre volle Aufmerksamkeit habe. Dann nehme ich die klassische Hundeführer-Grundhaltung ein: linker Arm angewinkelt, Hand auf Höhe des dritten Chakras, Oberkörper aufgerichtet.
Ich setze energisch mit dem linken Fuß zum Gehen an, flüstere Paula »Bei Fuß« zu und mache mich auf den Weg zu unserem Bestimmungsort.
Wundersamerweise folgt sie mir.
Schritt, Schritt. Kopf hoch. Augen geradeaus. Während meine Jeans lose um meinen vom Stress gebeutelten Körper schlackern, kann ich endlich ausatmen.
Wir schlittern die Stahlrampe hinauf und schaffen es an der äußeren Schwingtür irgendwie an einem Boxerwelpen vorbei. Vor der zweiten Tür fordere ich Paula auf, sich zu setzen, damit ich als Erster hindurchgehen kann.
Geh immer voraus, denn: Wer dem Hund folgt, folgt dem Zweifel.
»Paula, sitz.«
Nicht vergessen: Erst ansprechen, dann das Kommando.
Ich sage: »Grrr.«
Aversives Geräusch, Bedeutung: Im Ernst jetzt, sitz.
Paula setzt sich.
Als ich die Tür aufziehe und den Ring sehe, der aus weißen Scherengittern für die Prüfung aufgebaut worden ist, die offiziellen Protokollführer, den Ablenkungshund für die gefürchtete Aufgabe Nr. 8 (Reaktion auf einen anderen Hund), etwa ein Dutzend unserer Trainingskumpels, die sich nervös an den Wänden drängen, den Richter, der die mit Polymermatten ausgelegte Fläche abschreitet und nach übriggebliebenen Leckerli vom Familienhund-Kurs Ausschau hält, die wunderschönen Golden Retriever, Labradore und Havaneser, die wie im Chor hechelnd die Welt begrüßen – nun, da haben Paula und ich nur einen Gedanken:
Wir sind zu Hause.
Ich entlasse Paula aus dem Gehorsam: »Okay.«
Sie zerrt mich hinein.
Dass wir das hier machen, ist ein Hundewunder.
Wenn Sie mir vor einem Jahr gesagt hätten, dass wir zwei hier als zugelassene Anwärter für eine Begleithundeprüfung auflaufen würden, hätte ich gedacht, Sie hätten Ihr Hirn in Katzenminze gerollt und dann in Brand gesteckt.
Seit 1989 gibt es dieses Zertifikat, das einem Hund einen ausgeglichenen Charakter und eine Grundausbildung bestätigt. Um zu bestehen, muss ein Hund in der Lage sein, ruhig sitzen zu bleiben und sich streicheln zu lassen, auch in Gegenwart anderer Hunde, sich führen zu lassen und Ablenkungen zu tolerieren. Er muss an lockerer Leine durch eine Menschenmenge gehen können und zeigen, dass er die grundlegenden Kommandos wie Sitz, Platz, Bleib und Hier befolgen und ein paar Minuten Trennung von seinem Besitzer aushalten kann.
Manche Hunde schaffen das nach ein paar Trainingsstunden und einer eindringlichen Ansprache.
Nicht so Paula.
Jeder wusste, was mit meinem Hund nicht stimmte.
Ich konnte sie überallhin mitnehmen, sogar ins Kino, ganz besonders gefielen ihr Filme aus dem Hause Pixar. Meinen geflüsterten Kommandos Folge zu leisten war für sie so selbstverständlich wie Atmen, und manchmal kam mir der Verdacht, sie könne meine Gedanken lesen. Ihre »Sitz« waren so gerade, dass man einen Schrank damit hätte in die Waage bringen können, ihre »Platz-Bleibs« so beständig, dass sie schon an Trance grenzten. Manchmal hätte ich sie ins Bleib bringen, weggehen, mich im Krankenhaus einer OP unterziehen und meine Mutter in West Virginia besuchen können, und wenn ich vom Flughafen wiedergekommen wäre, hätte sie immer noch da gelegen und geduldig mein Auflösungswort erwartet: »Okay! Braves Mädchen.«
Naja, nicht ganz.
In Wahrheit gab es bis vor einem Jahr überhaupt kein Wort, das Paula wiedererkannt hätte, auch nicht ihren Namen. Freunde und Fremde wurden gleichermaßen mit vollem Körpereinsatz begrüßt, der gerade eben noch nicht justitiabel war. Die einzige Einladung, die sie benötigte, war ein Lächeln, ein Herzschlag oder eine Babytrage. Meine Wohnung war ein Schlachtfeld aus angekauten Fußleisten und pipifleckigen Kissenbezügen. Spaziergänge waren zufallsgesteuerte Todestänze, denn sie stürzte sich wahllos auf alles: ein vorbeiwehendes Sandwich-Papier, einen unangeleinten Zwergspitz, ein bewaffnetes Mitglied einer Straßengang.
»Sie meint es nicht böse«, sagte einer der Trainer, die meine Frau und ich in Paulas ersten Erdenjahren zu Rate gezogen hatten. »Sie ist nur ein bisschen überdreht.«
Es gibt noch andere Bezeichnungen dafür.
»Warum rennt sie immer rum und springt Leute an und hört nicht auf uns?«, fragte ich einen Mann, der Polizeihunde ausbildete.
»Ganz einfach«, antwortete er. »Ihr habt keine Ahnung von Hunden.«
Ah.
Dabei hatten wir so große Hoffnungen gehabt, meine Frau Gloria und ich. Es tut mir immer noch weh, daran zu denken, mit welch elterlicher Vorfreude wir die Fachliteratur zur Hundeerziehung und zum Berner Sennenhund gelesen haben. Wie wir Baumärkte nach jenen seltsamen Dingern namens Babygitter durchforstet hatten. Gloria bestellte eine für Berner Sennenhunde geeignete Version dessen, was Hundeleute eine Box nennen – in Wirklichkeit ein Käfig –, und mich traf beinahe der Schlag. Das Ding war größer als unser Toyota.
Träume sterben nur langsam, so auch unserer. Welpen sind immer anstrengend, und wir schoben viel auf Paulas Übermut. Schüchtern war sie jedenfalls nicht. Fragen Sie mal unsere Nachbarn, denen sie unzählige Male bei den Einkäufen geholfen und die sie bis in ihre Wohnungen begleitet hat. Ein Jahr nach dem anderen zog ins Land.
An einem bestimmten Punkt, ohne dass es uns selbst klar war, gaben wir auf. Ich gab auf. Wir hatten eine Vorstellung davon gehabt, wie ein Haustier sein sollte, und waren geködert und gestraft worden. Wir waren von den Hunden der Götter – oder umgekehrt – übers Ohr gehauen worden. Sie war stubenrein. Sie schien glücklich zu sein. Sie hat nie jemanden gebissen, mit einer einzigen Ausnahme.
Heute weiß ich allerdings, dass wir es uns zu einfach gemacht haben. Sich mit einem Hund zu begnügen, der stubenrein ist und kein Blut vergießt, ist ungefähr so, wie sich mit einem Kind zufriedenzugeben, das gerade mal sprechen gelernt hat.
Und ich kann auch gleich eingestehen, dass die einzige Ausnahme meine Frau war.
Als wir aufhörten, mit Paula zu arbeiten, verwandelte sie sich allmählich – sehr allmählich – in ein Monster. Es gibt vernünftige Menschen, die sie eingeschläfert hätten, so wie sie mit Gloria umsprang, und diesen Leuten habe ich nichts entgegenzusetzen.
»Die ist echt wild, Mann«, sagte einer der Trainer, die wir aufsuchten, um mit diesem vierbeinigen Terrorregime fertig zu werden – dem gelegentlichen Anknurren, dem Zwicken im Vorbeigehen, den Schrammen und Blutergüssen an den Armen und Beinen meiner Frau.
»Wie ist denn das passiert?«, fragte dann eine Verkäuferin bei Anne Taylor oder eine Kollegin bei Whole Foods, wo Gloria ein Jahr lang als Köchin arbeitete.
»Das war mein Hund.«
Ein Blick tiefen schwesterlichen Verständnisses. »Ist schon okay«, flüsterten sie dann. »Du brauchst nicht mehr für ihn zu lügen. Es gibt Menschen, die dir helfen können.«
»Ehrlich, es war mein Hund.«
»Natürlich, Schätzchen, natürlich.«
Augenzwinkern.
Natürlich ist es immer der Mann. Und lagen sie wirklich so falsch damit? Wo war denn schließlich der Mann?
Deshalb kann ich Gloria ihre nächste Entscheidung wirklich nicht verdenken. Am Ende hat sie uns beiden das Leben gerettet – mir und dem Hund.
Sie hat uns verlassen.
Gloria ist eine drahtige, zierliche Frau mit kinnlangem braunem Haar, markanter Nase und runder Brille. Normalerweise lächelt sie ganz leicht, als hätte sie gerade ein lustiges Gespräch mit angehört. Ihre Augen leuchten tiefblau, ihre Haut ist sahneweiß und ihre Gesichtszüge so außerordentlich symmetrisch, dass meine männlichen Freunde bei ihrem Anblick für gewöhnlich erst einmal »Wow« sagten.
Mit ihrem Charme hat sie ganze Wagenladungen von Folkmusic-Liebhabern in Manhattans East Village bezaubert und mit ihrer unglaublichen Stimme, ihren scharfzüngigen Texten und improvisierten Monologen zu Tränen gerührt. Ihr Song zum Tod von Frank Sinatra war ein Klassiker, von dem ich mir heute noch wünsche, ich hätte ihn aufgenommen. Sie hat Musikwissenschaften studiert und kann jede Berühmtheit, sei sie noch so unbedeutend, an der Stimme erkennen.
Die Menschen mögen sie, und die, die es nicht tun, haben sie bloß noch nicht kennengelernt. Mit Streit hat sie überhaupt nichts am Hut. Zufällig hat sie selbst ein paar Hundejahre durchgemacht. Sie ist gelernte Köchin und hat eine Weile in dem Beruf gearbeitet, bevor sie kündigte, weil er zu gefährlich und zu schlecht bezahlt war.
Und wie viele andere aus der Generation X haben wir es irgendwie verpasst, Kinder zu bekommen, bis es wahrscheinlich zu spät war.
Während der Schnee allmählich die Trainingshalle verschluckt, gebe ich die Anmeldeformulare zurück, in dreifacher Ausfertigung. Registrierungsnummer – ja. Kastriert – ja. Alter – inzwischen fast sechs, in Berner-Sennenhund-Jahren eine alte Dame.
»Sie sind als Zweite dran«, sagt ein Ordner zu mir. »Warten Sie bitte da drüben am Rand.«
Gehen wir in die Ecke, scheint Paula zu sagen. Erklär mir noch mal, was ich hier soll. Am liebsten mit vielen Leckerchen.
Während ich langsam rückwärtsgehe, um Paulas »Bleib« zu überprüfen, schaue ich in den Ring, wo das erste Team gerade an Aufgabe 7 arbeitet, »auf Zuruf kommen«.
Die hündische Hälfte des Paares ist eine ziemlich träge Pudelhündin, die zu ihrer Hundeführerin zurückmäandert, als wate sie bis zum Bauch durch Rapsöl.
»Hast du das gesehen, Paula?«, flüstere ich. »Überhaupt kein Pep.«
Dem Pudel fehlt’s an Begeisterung, stimmt sie mir zu. Der hat da draußen im Ring nichts verloren.
In den ersten zehn Jahren meiner Ehe war ich abstinent, nachdem ich einen Monat in einer Entzugsklinik zugebracht hatte, ohne dass ich mich daran erinnern könnte, wie ich dort hineingeraten bin.
Sagen Sie mir, ich soll aufhören, wenn Sie die Geschichte schon kennen.
Als Fernsehautor ausgebrannt, ging ich zurück zur Uni, studierte Wirtschaft und bekam danach einen Job als Unternehmensberater, bei dem ich weit, weit weg von zu Hause in irgendwelchen Hotelzimmern arbeitete. Und eines Nachts öffnete ich die Minibar, um eine Cola herauszuholen, und dachte mir: Nichts peppt eine Cola light besser auf als ein Schuss Captain-Morgan-Rum, oder?
Also nahm ich die Flasche und schraubte sie auf.
Heute weiß ich, dass der Unterschied zwischen Nüchternheit und Abstinenz in etwa so groß ist wie der zwischen Ehe und Pornographie. Zwischen Äpfeln und Kreissägen.
Man muss es Gloria hoch anrechnen, dass sie bei mir blieb, bis ich ganz unten angekommen war, dass sie bei Paula und mir blieb, bis wir zu unserer eigenen unglaublichen Reise gegenseitiger Rehabilitation aufbrachen, und dann erst ihre eigene Reise antrat.
Ich verstehe sie, bis zum heutigen Tage.
Paula und ich trotteten alleine weiter: in ein furchteinflößendes Hundecamp in den Green Mountains von Virginia, zu zahllosen Trainern und Gurus, auf Shows für alle Rassen und zu Hundesport-Vorführungen. Unterwegs begegneten wir wundervollen Menschen – der besten Berner-Sennenhund-Züchterin, dem nationalen Gehorsams-Champion, der besten Hundekrimi-Autorin, sogar der Leiterin des Canine-Good-Citizen-Programms selbst.
Man muss nicht studiert haben, um zu erkennen, dass ich meine Alkoholsucht gegen eine andere Besessenheit eingetauscht hatte: Hundetraining.
Rückblickend möchte ich unserem Abenteuer jedoch eine etwas romantischere Note geben: Wir haben versucht, Gloria zurückzugewinnen. Irgendwie dachte ich, wenn ich das Unmögliche erreichen könnte, mit unserem vierbeinigen Monsterkind eine Begleithundeprüfung zu bestehen, würde uns das beide wieder familientauglich machen.
Fairerweise muss man eingestehen: Gloria wusste nichts davon; nicht einmal ich wusste am Anfang davon.
Aber Paula schon, da bin ich mir sicher.
Wir üben gerade unser automatisches »Sitz«, als eine der Prüferinnen vom Richtertisch zu uns kommt.
Sie ist eine große ältere Frau in einem roten Flanellhemd, und ihr Atem strömt ihr voran wie eine Bugwelle. Ihr breites Gesicht ist wie der Stadtplan von White Plains: grau, flach und funktionell.
»Sind Sie Paula?«, fragt sie.
»Ja.«
»Sie sind hier zum Begleithund, stimmt’s? Nicht zum Therapiehund, oder?«
»Ja.«
»Dann sind Sie als Nächstes dran. Nehmen Sie das Halsband. Und keine Leckerli im Ring. Fertig?«
Ich schiele zu meiner Kumpanin hinunter, die den Kopf schief gelegt hat, als wolle sie sagen: Das Leben ist ein Witz, also sei lieber lustig.
»Bereit, Mädchen?«
Meinst du das ernst?, fragt sie und löst ihr Sitz auf meinen Fingerzeig hin auf. Ich bin schon bereit auf die Welt gekommen!
Und so betreten wir den Ring …
Kapitel eins
Der Rassehund
Gloria wollte schon immer einen Hund haben. Sie war mit einem Bernhardiner aufgewachsen, einem großen, plumpen Tier namens Alex, das seine kritische Sozialisierungsphase verpasst hatte und nicht gut auf andere zu sprechen war. Aber er vergötterte Gloria, wie wir alle, und seither liebte sie große Hunde.
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