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Das Leben der Gefangenen steht auf dem Spiel - Hypersignale werden zur tödlichen Gefahr Der 30. November 2435 irdischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mit dem Verschwinden des Riesenroboters OLD MAN aus Jellicos System ist die Galaxis wieder frei. Die Kristallagenten haben auf den Welten des Solaren Imperiums nicht Fuß fassen können, und so ergibt sich für die Kommandostellen des Imperiums die Möglichkeit, immer mehr Flotteneinheiten, die bislang die Milchstraße bewachten, nach Magellan zu verlegen und die bereits dort befindlichen Einheiten zu verstärken. Dies erweist sich als dringend notwendig, zumal damit gerechnet wird, daß die geballte Macht OLD MANs über kurz oder lang ebenfalls in Magellan erscheint. Vorläufig bleibt der Riesenrobot jedoch spurlos verschwunden - ebenso wie Perry Rhodan und seine Begleiter. Seit Tagen stehen Atlans 22 Raumschiffe, darunter die CREST IV, das solare Flaggschiff, und die FRANCIS DRAKE, der Raumer des Freihändlerkönigs, weit verstreut in den Tiefen der Großen Magellanschen Wolke. Während der Lordadmiral Kuriere ausschickt und Messungen vornehmen läßt - er hofft immer noch, durch einen glücklichen Zufall auf Perry Rhodan und seine Begleiter zu stoßen, die seit der Aktion auf Modula verschollen sind -, schweben die Terraner in höchster Lebensgefahr. Die gurradschen Freischärler, zu deren Geheimzentrale die Terraner gebracht wurden, fühlen sich durch einen mysteriösen Hypersender in ihrer Existenz bedroht. Sie bringen die Aktivität des Senders mit ihren terranischen Gefangenen in Verbindung und stellen Roi Danton das Ultimatum: Der verräterische Sender muß zum Schweigen gebracht werden - oder die Gefangenen müssen sterben! Perry Rhodan und die beiden Ertruser werden von Roi benachrichtigt - und sie beginnen ihre Jagd auf den PHANTOMSENDER...
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Nr. 319
Der Phantomsender
Das Leben der Gefangenen steht auf dem Spiel – Hypersignale werden zur tödlichen Gefahr
von CONRAD SHEPHERD
Der 30. November 2435 irdischer Zeitrechnung ist angebrochen. Mit dem Verschwinden des Riesenroboters OLD MAN aus Jellicos System ist die Galaxis wieder frei. Die Kristallagenten haben auf den Welten des Solaren Imperiums nicht Fuß fassen können, und so ergibt sich für die Kommandostellen des Imperiums die Möglichkeit, immer mehr Flotteneinheiten, die bislang die Milchstraße bewachten, nach Magellan zu verlegen und die bereits dort befindlichen Einheiten zu verstärken.
Dies erweist sich als dringend notwendig, zumal damit gerechnet wird, daß die geballte Macht OLD MANs über kurz oder lang ebenfalls in Magellan erscheint. Vorläufig bleibt der Riesenrobot jedoch spurlos verschwunden – ebenso wie Perry Rhodan und seine Begleiter.
Seit Tagen stehen Atlans 22 Raumschiffe, darunter die CREST IV, das solare Flaggschiff, und die FRANCIS DRAKE, der Raumer des Freihändlerkönigs, weit verstreut in den Tiefen der Großen Magellanschen Wolke.
Während der Lordadmiral Kuriere ausschickt und Messungen vornehmen läßt – er hofft immer noch, durch einen glücklichen Zufall auf Perry Rhodan und seine Begleiter zu stoßen, die seit der Aktion auf Modula verschollen sind –, schweben die Terraner in höchster Lebensgefahr.
Die gurradschen Freischärler, zu deren Geheimzentrale die Terraner gebracht wurden, fühlen sich durch einen mysteriösen Hypersender in ihrer Existenz bedroht. Sie bringen die Aktivität des Senders mit ihren terranischen Gefangenen in Verbindung und stellen Roi Danton das Ultimatum: Der verräterische Sender muß zum Schweigen gebracht werden – oder die Gefangenen müssen sterben!
Die Hauptpersonen des Romans
Perry Rhodan – Großadministrator des Solaren Imperiums.
Oro Masut und Melbar Kasom – Perry Rhodans Begleiter und Beschützer.
Aron, Colar, Ruor, Regy, Onys und Ayos – Sechs junge Männer und Frauen vom Stamm der Skaldale.
Roi Danton – König der interstellaren Freihändler und Perry Rhodans Sohn.
Roumbaki, Heykh und Sibala – Das Triumvirat der Gurrad-Freischärler.
1.
Kurz vor Sonnenuntergang nahm der Wind an Stärke zu. Der Kristallwald beugte sich ächzend unter dem Anprall, und das Spiel der Windharfe verlor etwas von seiner Harmonie.
Bald würde sich die Nacht von den fernen Schneebergen aus auf den Weg machen und mit Riesenschritten rund um den Planeten eilen.
Zitternd kauerten sich die drei Mädchen in der flachen Mulde nieder, die ringsum von den diamantharten Luftwurzeln des Pfeilbaumes geschützt wurde, der sich leicht über ihnen wiegte; die glasklaren, sanften Töne aus Regys Flöte bereiteten ihm Wohlbehagen.
Die großen, runden Augen der Mädchen blickten wachsam in das farbensprühende Dickicht, das vom Licht der beiden Lebensfeuer scheinbar in Brand gesetzt wurde; in Wirklichkeit war es nur der Brechungseffekt von Tausenden und Abertausenden kristallinen Blättern und Zweigen.
Regys Flöte wurde einen Augenblick lauter, als sich der Wind erhob und ihr Spiel zu übertönen begann. Der Pfeilbaum erschauerte über ihnen. Die großen Samenkugeln begannen zu pulsieren – es hörte jedoch sofort wieder auf, als die Flöte vernehmlicher wurde.
Regy, die jüngste aus der Gruppe, preßte den Schalltrichter der Flöte gegen eine Luftöffnung in einer der Wurzeln. Farbenschauer überliefen den Pfeilbaum, als die Luftsäule im Innern der Wurzel zu vibrieren und zu klingen begann.
Die Skaldale wußten, wie man sich einen Pfeilbaum gefügig machen und ihn für eigene Zwecke einspannen konnte.
Noch immer hockte nämlich der Würger drüben in einer Insel aus Speergräsern und starrte mordlustig herüber.
Seine Gier war so groß, daß er fast die tödliche Gefahr ignoriert hätte, die der Pfeilbaum für ihn bedeutete, in dessen Schutz sich seine Beute geflüchtet hatte.
Noch konnte er sich beherrschen – aber wie lange? Die mit stahlharten Dornen gefüllten Samenkugeln des Pfeilbaumes wiesen in seine Richtung. Seine Anwesenheit war vom Baum bemerkt worden.
Der Würger wußte, daß ihm der kleinste Schritt den Tod brachte. Im gleichen Augenblick, in dem er sich dem Pfeilbaum näherte, würden die Samenkugeln explodieren und ihn mit einem Schauer giftiger Dornen überschütten.
Und so wartete er mit der gierigen Ungeduld eines hungrigen Wesens, das vor sich Nahrung sah, sie aber nicht erreichen konnte. Langsam vergaß er alle Vorsicht. Für ihn existierten nur noch die drei Skaldale unter dem Pfeilbaum – deshalb hatte er auch keine »Augen« für das, was hinter seinem Rücken geschah.
So sah er auch nicht die drei Gefährten der Mädchen, die lautlos aus dem Kristallwald traten und eben in die Speergrasinsel eindrangen.
Aron und Colar, die beiden Zwillinge, sowie Ruor, der Anführer der kleinen Gruppe, bewegten sich mit äußerster Wachsamkeit auf den Würger zu. Sie waren bis auf den Lendenschurz und einen handbreiten Gürtel nackt. Ihre lederharte Haut hatte einen blauen Schimmer und glänzte vom Saft des Ölstrauches; er würde den Duft ihrer Körper dämpfen, so daß sie der Würger nicht wittern konnte.
In ihren Händen hielten sie die kurzen Krummschwerter, die vom Sippenältesten über den Heiligen Feuern der Tiefe geschmiedet worden waren. Die langen Harpunen hatten sie am Waldrand niedergelegt; sie würden beim Kampf mit dem Mörder nur hinderlich sein.
Der Würger saß am vorderen Rand der Speergrasinsel. Er besaß fast keine Intelligenz, verfügte aber über ein äußerst gut entwickeltes Nervensystem.
Es würde nicht leicht sein, ihn zu erlegen. Er mußte aber getötet werden, ansonsten würden sie und ihre Gefährtinnen von der tödlichen Kälte der Nacht überrascht werden.
Der Würger tauchte vor ihnen auf.
Angesichts seiner Größe erschraken die drei Skaldale nun doch. Die vier ungeheuer kräftigen Sprungbeine waren so groß wie ein ausgewachsener Skaldal. Der tellerförmig abgeplattete Körper konnte nur von zwanzig ausgewachsenen Männern mit ausgespannten Armen umfaßt werden; er war dicht behaart und strömte einen ekelerregenden Geruch aus. Die mit hornigen Platten bedeckte Unterseite seines Körpers pulsierte. Die starken, geschmeidigen Fangarme, mit denen er seine Opfer erwürgte, waren nach vorn gerichtet. Ein Zittern und Beben überlief sie zeitweilig von den Wurzeln bis hin zur Spitze, die mit einem dornartigen Fortsatz ausgestattet war, der sich tief in das Fleisch des Gegners bohrte.
Der Würger besaß kein eigentliches Maul, sondern einen rüsselartigen Fangarm, dessen runde Öffnung mit einem Kranz scharfer Zähne ausgestattet war. Er saugte sich an seine Opfer fest und entzog ihnen das Blut.
Das einzige Auge des Mörders saß vorn an der Schmalseite und war praktisch unbeweglich. Was hinter ihm vorging, sagten ihm nur seine Tast- und Fühlarme – jetzt allerdings waren diese alle noch vorne auf die Mädchen gerichtet, deren Witterung ihn zur Raserei brachte.
Mit schnellen Bewegungen bedeutete Ruor den Zwillingen, sich zu teilen. Jeder würde sich eines der Sprungbeine vornehmen und die starke Sehne durchtrennen. In dem Augenblick, in dem der Mörder nach hinten zu Boden stürzte, würde sich der Anführer der Gruppe auf den Leib des Würgers schwingen und versuchen, mit einem schnell geführten Hieb das Nervenzentrum zu zerstören, das in der Mitte des runden Körpers saß.
Vorsichtig schlichen sich die Zwillinge an die beiden hinteren Beine heran. Ihre nervigen Fäuste umklammerten die blitzenden Schwerter – und auf eine Handbewegung Ruors hin ließen sie die funkelnden Klingen durch die Luft kreisen.
Wie vom Blitz gefällt sank der Hinterleib des Mörders in das Speergras. Ruor stieß den Kampfruf seiner Sippe aus und schwang sich mit einem mächtigen Satz auf den behaarten Körper.
Einen panikerfüllten Augenblick lang sah er, wie die geschmeidigen, muskulösen Fangarme auf ihn zuschnellten, dann stieß er das vergiftete Schwert tief in die kopfgroße, von roten Fäden durchzogene Masse des Nervenzentrums.
Der Würger starb binnen Sekunden.
Die Zwillinge stimmten ein Freudengeheul an, das von den Mädchen erwidert wurde. Sie stürzten unter dem Pfeilbaum hervor und liefen auf die Männer zu.
»Das war gute Arbeit, Ruor«, lobte Onys, das älteste der Mädchen. Sie sah bewundernd auf die kräftige Gestalt Ruors. Seine Lederhaut glänzte in tiefem Blau. Das scharf geschnittene Gesicht trug einen kühnen Zug, während die beiden Federschwingen an den Seiten des ansonsten kahlen Schädels im kräftigen Rot leuchteten.
Ruor lächelte einen kurzen Augenblick geschmeichelt. Es tat gut, von Onys bewundert zu werden, sie war ein schönes Mädchen.
Die beiden anderen Mädchen, Regy und Ayos, stießen sich kichernd in die Seiten.
Ruor warf ihnen einen strengen Blick zu, der sie zum Verstummen brachte. Dann befahl er den Zwillingen, die Harpunen zu holen.
Als Aron und Colar keuchend zurückkamen, setzte sich Ruor an die Spitze. Die Mädchen gingen hinter ihm, während die Zwillinge die Nachhut übernahmen.
Innerhalb weniger Minuten bewegte sich die kleine Gruppe weiter durch den Kristallwald. Während sich hinter ihnen die kleineren Aasfresser um den Kadaver des Würgers stritten, blickte Ruor sorgenvoll auf die inzwischen weiter gesunkenen Lebensfeuer.
Der ferne Ton des über die Wälder streichenden Windes kam näher. In seinem Klang lagen Kälte und Tod. Zuweilen schwoll nun das Spiel der Windharfe zu einem Crescendo an. Es war die Zeit der Spinne, die nun allmählich aus ihrem nachmittäglichen Dösen erwachen würde.
Ruor wußte, daß er sich im Niemandsland befand.
Noch nie war jemals zuvor eine Gruppe so weit in die Kristallwälder um den Großen Donner eingedrungen – und noch nie hatte eine Gruppe eine Nacht außerhalb der warmen Höhlen zugebracht, in denen sich die Mitglieder der Sippe, eng um das Heilige Feuer gekauert, dem Schlaf hingaben.
Wie lange würde er die Mädchen noch mit der Versicherung hinhalten können, bald eine Höhle zu finden?
Schon jetzt blickten sie während der Wanderung immer ängstlicher zu den Lebensfeuern hinauf.
Ruor verspürte zum erstenmal an diesem Tag das Gefühl einer grenzenlosen Einsamkeit.
Vor dreißig Tagen waren sie aufgebrochen, um von den gläsernen Bergen jenseits des Großen Stromes hinüber zu den Windhügeln zu gelangen. Ruor hatte eine Botschaft von seinem Sippenältesten zu dem Ältesten der Nachbarsippe zu bringen.
Das ungeschriebene Gesetz der Skaldale erlaubte niemandem, allein zu gehen; es mußten immer Gruppen sein, um die Überlebenschancen in den schrecklichen Kristallwäldern zu vergrößern – und es mußten stets Mädchen und Jungen sein. Falls sie den Weg nicht mehr zurückfanden, konnten sie eine eigene Sippe gründen.
Nach fünfzehn Tagen war die Botschaft überbracht worden. Sie hielten sich zwei Tage bei der Sippe der Skopolene auf, dann machten sie sich auf den Rückweg.
Am neunzehnten Tag riß beim Überqueren eines schnellfließenden Stromes das von Ufer zu Ufer gespannte Seil, und sie trieben auf ihrem Floß hilflos stundenlang mit großer Geschwindigkeit davon. Schließlich setzte ein natürliches Wehr ihrer unfreiwilligen Fahrt ein Ende. Zum Glück fanden sie eine Höhle, die von den Heiligen Feuern erwärmt wurde, so daß sie die Nacht überstehen konnten, ohne Schaden zu nehmen.
Am zwanzigsten Tag wurden sie von einer Horde Panzerkugeln erneut in eine falsche Richtung gejagt.
Erschöpft und aus vielen kleinen Wunden blutend, die ihnen die scharfen Blätter des Kristallwaldes zugefügt hatten, ruhten sie sich schließlich in dem labyrinthartigen Höhlensystem eines leeren Regenbaumes aus.
Später kletterte Ruor auf eine Felsennadel und hielt Ausschau.
Niedergeschlagen stellte er fest, daß sie weit nach Süden abgekommen waren.
Die gewaltige Barriere, deren reines Weiß absolut tödlich war, befand sich jetzt nicht mehr links von ihnen, sondern spannte sich fast von Horizont zu Horizont.
Die Barriere war unüberwindbar. Auf ihren Schroffen und Kegeln vermochte nicht einmal Speergras zu gedeihen. Manchmal, an besonders klaren Tagen, hatte Ruor beobachtet, wie tiefhängende Wolken sich um die Barriere sammelten und weißen, wirbelnden Staub auf ihren Hängen abluden.
Um zu der Sippe der Skaldale zu gelangen, hätten sie die Barriere nach Osten umgehen müssen. Dazu hatten sie aber keine Zeit mehr.
Ruor schätzte, daß sie etwa fünfundsechzig Tage wandern müßten, um an der Barriere vorbeizukommen; bis dahin aber würde sie die Große Kälte eingeholt haben, die alles zum Erstarren brachte.
Es gab noch einen Weg, um schnell heimzukommen: Sie mußten die Kristallwälder der Hochebene des Großen Donners durchqueren, um zum Tal der Flügeljäger zu gelangen, das sich wie ein scharfer Schwerthieb quer durch die Barriere zog. Dahinter begann gleich das Territorium der Skaldalsippe.
Aber diese Kristallwälder waren unbekannt. In ihnen hausten schreckliche Gefahren. Die Ältesten der Sippe erzählten schreckliche Dinge. Die Ebene des Großen Donners war für jede Sippe tabu – außer man hatte vor, leichtsinnig sein Leben aufs Spiel zu setzen.
Nach einer kurzen Beratung entschloß sich die Gruppe, den Weg durch die Kristallwälder ins Tal der Flügeljäger zu nehmen, um in heimatliche Gefilde zu kommen.
Gestern hatten sie noch eine warme Höhle für die Nacht gefunden – aber heute sah es so aus, als würden sie elend zugrunde gehen.
Aus den Augenwinkeln erkannte Ruor eine huschende Bewegung. Sofort warf er sich zur Seite und schrie den anderen zu, vorsichtig zu sein.
Die dünne Ranke eines Schlingbaumes zischte haarscharf über seinem Kopf hinweg und senkte sich dann auf Regy hinab, die vor Schreck gelähmt dastand.
Das Mädchen begann zu schreien, während sich die würgende Ranke immer enger um ihren Körper schloß und das Mädchen in das Dickicht hineinzuziehen begann, wo der Mund des Fleischfressers wartete. Immer mehr Ranken umklammerten ihr Opfer.
Die beiden Zwillinge begannen mit heftigen Schlägen ihrer Schwerter auf sie einzuhauen; aber die Schneiden glitten immer wieder von dem elastischen Material ab.
Gehetzt sah sich Ruor nach Hilfe um. Etwa hundert Meter weiter sah er zwei junge Feuerdrachen träge im Abendwind kreisen. Ihre weit ausgespannten Flughäute bewegten sich kaum.
Ruor riß die Flöte aus dem Lederbeutel und blies eine wilde, trillernde Tonfolge.
Die Feuerdrachen hoben die Köpfe. Dann stießen sie einen fauchenden Feuerstrahl aus der pulsierenden Düse zwischen den Flügeln und befanden sich im gleichen Augenblick auch schon über der Gruppe.
Als der Schlingbaum die Gefahr bemerkte, ließ er sofort von seinem Opfer ab und versuchte hastig tiefer ins Dickicht einzudringen. Seine Bewegungen waren zu langsam; ehe er zweimal die Wurzeln aus dem Boden gehoben hatte, waren die Feuerdrachen über ihn hergefallen. Ihre scharfen Kiefer zerfleischten den weichen, ungeschützten Stamm.
Die Ranken fielen von Regy ab, als der Baum starb.
Eilig verließen die Skaldale die Stätte des grausigen Kampfes. Nach wenigen Minuten hatte sie der Kristallwald verschluckt.
Langsam begann Furcht von Ruor Besitz zu ergreifen.
Seine Ohren hörten die Laute des immerwährenden Kampfes im Dickicht um sie herum; die Federschwingen an den Seiten seines Schädels spürten jedes noch so leise Geräusch auf und leiteten es über die empfindlichen Nervenstränge ins Gehörzentrum.
Als sie über eine weite Lichtung trabten, erkannte Ruor mit einem plötzlichen Gefühl der Panik, daß die Lebensfeuer inzwischen wieder ein Stück gesunken waren.
Langsam glaubte er selbst nicht mehr daran, für diese Nacht eine Höhle zu finden, die warm genug war, um ihre Körpertemperatur zu konservieren.
In der Ferne konnte er einen Gebirgszug erkennen. Dahinter schimmerte gewaltig und drohend die Barriere. Regy begann leise zu schluchzen. Onys versuchte sie zu trösten, so gut sie eben konnte. Obwohl sie selbst Furcht empfand, hatte sie die Kraft, dem jüngeren Mädchen Mut zuzusprechen.
Ruor begann sie zu bewundern; sie wäre die richtige Frau für ihn. Furchtlos und tapfer, selbst im Anblick des Todes.
Sie befanden sich seit einiger Zeit auf einem schmalen Grat, der in Höhe der Baumwipfel durch den Kristallwald führte, als urplötzlich weit zu ihrer Rechten die Ebene zerbarst und ein blendender Blitz in den Himmel zuckte. Das Licht war so stark, daß es den Schein der Lebensfeuer überstrahlte.
Aufschreiend warfen sich die Skaldale auf den felsigen Boden. Der Große Donner zürnte ihnen. Sicher hatten sie sein Mißfallen erregt, als sie in den Kristallwald eingedrungen waren.
Ruor preßte die Fäuste gegen die Augen, während er furchtgeschüttelt auf die mächtige Stimme des zornigen Gottes wartete – und sie kam! Ein furchtbares Grollen und Röhren brachte den Himmel über ihnen zum Schwingen. Der Kristallwald duckte sich ängstlich, während jeder Laut in ihm erstarb.
Dann war es vorüber.
Ruor hob ungläubig den Kopf. Er konnte es nicht fassen, daß sie noch am Leben waren.
Ruor hob seine Stimme und begann eine Dankeshymne zu sprechen, in die die anderen nach und nach einstimmten, in der Hoffnung, den Großen Donner milde zu stimmen, auch wenn sie sich noch eine Zeitlang in seinem Gebiet aufhalten mußten.
Dann setzten sie ihren Marsch fort.
Öfters holte Ruor den Feuersucher aus dem Beutel hervor.
Der magische Stein blieb jedoch kalt in seiner Hand; es befand sich keine Höhle in der Nähe, in der das Heilige Feuer brannte.
Die ersten langen Schatten fielen nun über den Kristallwald; die Farben wurden dunkler.
Es war die Zeit der Spinne, die kurz vor Anbruch der Nacht auf Beute aus war. Sie war ein halborganisches Lebewesen, das tagsüber, während der Hitze, vor sich hindöste und erst in der kurzen Stunde zwischen Tag und Nacht erwachte – aber dann mit aller Macht und mit einem Hunger, der schier unersättlich war.