Imperator - Conrad Shepherd - E-Book

Imperator E-Book

Conrad Shepherd

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Beschreibung

Die Horizontverschiebung, die durch die Galaxis Andromeda läuft, rast erstmals über ein bewohntes Sonnensystem hinweg. Ist dies das Ende für Millionen Intelligenzen, oder gibt es eine Chance für sie? Und wer ist die unheimliche Gestalt, in deren Hand alle Fäden zusammenzulaufen scheinen? Ist sie der Imperator.?

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Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 21

Imperator

 

von

 

Jan Gardemann

(Kapitel 1 bis 4)

 

Conrad Shepherd

(Kapitel 5 bis 10)

 

Uwe Helmut Grave

(Kapitel 11 bis 15)

 

Achim Mehnert

(Kapitel 16 bis 21)

 

und

 

Hajo F. Breuer

(Exposé)

 

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

21.

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Impressum

Prolog

Ende des Jahres 2065 steht die Menschheit am Scheideweg: Auf der nach dem Krieg gegen die Roboter des »Volkes« zu einem Eisklumpen gewordenen Erde leben nur noch 20 Millionen Menschen. Relativ gut aushalten läßt es sich nur in der Hauptstadt Alamo Gordo, deren neuartiger Schutzschirm ihr nicht nur Sicherheit gibt, sondern auch für angenehm hohe Temperaturen sorgt.

Die restlichen 36 Milliarden Menschen wurden nach Babylon umgesiedelt und richten sich dort unter der Regierung Henner Trawisheims neu ein. So wäre auf der Erde eigentlich viel Platz – hätten nicht die Riiin oder Eisläufer ihren Lebensmittelpunkt nach Terra verlegt. Dieses Volk kann nur bei extrem niedrigen Temperaturen überleben – und ist so naturgemäß gegen jeden Versuch, der irdischen Sonne zu ihrer alten Kraft und dem Eisplaneten Terra zu neuer Wärme zu verhelfen.

Genau diesen Versuch aber hat Ren Dhark mit seiner Expedition in die Nachbargalaxis Andromeda unternommen. Denn es gibt nur einen Weg, um die Sonne wieder stark zu machen: Die Synties, tropfenförmige Energiewesen, die im freien All leben und seit vielen Jahren gute Freunde der Terraner sind, könnten interstellares Wasserstoffgas einfangen und in die Sonne stürzen lassen – so lange, bis sie ihre alte Masse und damit ihre alte Kraft zurückgewonnen hat.

Doch die Synties sind von den gefühllosen, eiskalten Echsenwesen des Glandarenvolks entführt und als Energiequelle mißbraucht worden. Zwar gelingt es Dhark, die Synties zu befreien, aber gewaltige Ringraumer des Geheimen Imperiums, einer noch skrupelloseren Macht, die schon vor mehr als tausend Jahren Krieg gegen die Worgun in Andromeda führte, löschen das Volk der Glandaren gnadenlos aus. Beim Versuch, wenigstens einige von ihnen zu retten, geraten die Flashpiloten Pjetr Wonzeff und Harold Kucks in die Hände des Geheimen Imperiums.

Es gelingt den beiden Männern unerwartet rasch, aus der Gefangenschaft zu fliehen, doch Dhark und die POINT OF sind verschwunden. Eine gefährliche Odyssee durch das unbekannte Sternenmeer führt die beiden schließlich zu einer ehemaligen Stützpunktwelt der Worgun, auf der es nichts gibt außer einer goldenen Gigantstatue. Mit ihrer Hilfe gelingt es, einen Notruf nach Babylon in der Milchstraße abzuschicken. Doch kaum ist dieser Notruf draußen, greifen dreihundert überschwere Ringraumer des Geheimen Imperiums an. Auf der Flucht gelangen die beiden Terraner auf eine ehemalige Welt der Salter – und Harold Kucks trifft mit der Faskia Ssirkssrii seine Seelenpartnerin. Die Echse verleiht ihm unglaubliche Kräfte…

Dhark empfängt den Notruf und bricht erneut nach Andromeda auf, um die verschollenen Gefährten zu suchen. Die werden tatsächlich gefunden, und man könnte sich auf den Heimweg zur Erde machen – wäre da nicht plötzlich die Horizontverschiebung aufgetreten, ein Phänomen, dem nicht einmal die POINT OF entkommen kann. Auch das Geheime Imperium wird aktiv und schickt eine riesige Flotte ins ehemalige Gebiet der Glandaren. Ren Dhark behält die Flotte im Auge, doch er macht aus gegebenem Anlaß einen kleinen Umweg über eine unscheinbare Welt…

Auf der Erde rekrutiert der Wächter Simon drei Menschen für das neue Wächterprogramm: Svante Steinsvig, Arlo Guthrie und – Doris Doorn! Die INSTANZ von ARKAN-12 schickt sie nach erfolgter Umwandlung auf einen Werftasteroiden in die Milchstraße, wo ein Ringraumer auf sie wartet.

Gemeinsam mit den GSO-Agenten Jos Aachten van Haag und Ömer Giray versuchen die Wächter das seltsame Geheimnis zu ergründen, das Tel-Rebellen, Crekker und die unheimlichen grünen Maschinen, die immer wieder wie aus dem Nichts auftauchen, zu verbinden scheint. Ihr Weg führt sie in ein entlegenes Sonnensystem im Gebiet der Rebellen…

1.

Judd Farell betrachtete den Utaren aufmerksam. Der blauhäutige Zwerg war von dem Chef der militärischen Abteilung der POINT OF nur drei Treppenstufen entfernt. Da das kleine Geschöpf in der ramponierten lilafarbenen Livree vom Prunkhof der Schloßanlage kommend die Freitreppe emporgestiegen war, um den Terranern entgegenzutreten, mußte es den Kopf nun in den Nacken legen, um Farell und seinen drei Begleitern ins Gesicht sehen zu können.

»Habt ihr nicht verstanden, was ich gesagt habe, ihr dämlichen Salter?« fragte der Utare giftig. »Wenn ihr nicht tut, was ich verlange, wird eure schöne Welt hier untergehen.«

Während er sprach, vollführte der Utare eine abfällige Geste, die sowohl das protzige Schloß, zu dessen säulenbewehrtem Eingang die Freitreppe hinaufführte, als auch den Prachtgarten mit dem Wasserbassin, in dessen Mitte eine sprudelnde Fontäne mehrere Meter aufstieg, mit einbezog. Hinter der Parkanlage erstreckte sich ein lichter Wald aus Palmen und Laubbäumen. Die weit auseinanderstehenden Gewächse erlaubten einen Blick auf den nahen Strand und das Meer. Hinter der schloßartigen Villa wiederum erhob sich eine düstere Steilwand, die die Bucht u-förmig umschloß.

»Von eurem exquisiten Ferienplaneten werden nur noch Staub und Asche bleiben, wenn ihr euch dem Imperator nicht beugt!« bekräftigte der Utare noch einmal.

Farell war sich sicher, daß der blauhäutige Gnom, der sich ihnen als Crus Cruso vorgestellt hatte, unbewaffnet war – das hatte sein geübter Blick ihm längst verraten. Doch selbst wenn dieser angebliche Hausmeister des Schlosses, das sie soeben ergebnislos durchsucht hatten, unter den schmuddeligen Rüschen seiner Livree wider Erwarten doch noch einen Strahler verbarg – die beiden Cyborgs Lati Oshuta und Bram Sass würden ihn längst paralysiert haben, eher er die Waffe unter der Zier seines Anzuges hervorgenestelt hätte.

»Bist du ein Überlebender aus der abgestürzten Large?« wollte Farell von dem Utaren wissen.

Arc Doorn nickte kurz, als der Waliser ihm einen raschen Blick über die Schulter zuwarf. Dem unkommunikativen Worgunmutanten war es nur recht, daß der Chef der militärischen Abteilung das Reden übernommen hatte.

Der breitschultrige, stoppelbärtige Mann hatte seine Frage mit großem Bedacht formuliert. Weder wollte er dem Utaren verraten, daß er keine Salter, sondern Terraner vor sich hatte, noch wollte er durchblicken lassen, wieviel sie inzwischen über das Geheime Imperium herausgefunden hatten. Aus diesem Grund hatte er mit seiner Frage an die jüngsten Ereignisse angeknüpft: Ein Xe-Flash, der aus dem gelben Ringraumer des Geheimen Imperiums gekommen war, der sich in diesem Moment in einem Gasriesen des Doppelsonnensystems versteckte und von der getarnten POINT OF unbemerkt bis hierher verfolgt worden war, war vor der Villa gelandet. Doch kaum hatte der Kleinraumer auf seinen Landebeinen aufgesetzt, da hatte sich um die Schloßanlage herum ein Energiefeld aufgebaut. Augenblicklich war der Xe-Flash wieder gestartet. Doch als er mit der durchsichtigen Energiekuppel in Berührung kam, kollabierte sein Intervallfeld, und das Beiboot stürzte ab.

Der geheimnisvolle Energieschirm hatte das Intervallum zerstört! Dies hatte in der Zentrale der POINT OF für große Aufregung gesorgt, denn bisher war keine Waffe bekannt, die so etwas mit einer derartigen Schnelligkeit und Endgültigkeit vermochte.

Die Ortungsanlagen der POINT OF registrierten anschließend, daß zwanzig Bioimpulse den abgestürzten Kleinraumer verließen und in Richtung der Steilwand flohen, um sich in einer der zahlreichen Höhlen zu verschanzen, die in der Felswand klafften.

Inzwischen waren die Spuren des Vorfalls von den Saltern beseitigt worden. Sie waren kurz nach dem Absturz des Xe-Flash mit zwei Ringraumern angerückt. Sowohl der beschädigte Kleinraumer als auch ein lastwagengroßer Apparat, der in der Nähe der Parkmauer unter üppigen Gewächsen verborgen gewesen war, waren von ihnen abtransportiert worden.

Ren Dhark vermutete, daß das rätselhafte Aggregat das intervallfeldzerstörende Energiefeld generiert hatte. Damit sie sich vor Ort ein Bild von der Lage machen konnten, hatte der Kommandant Arc Doorn, die beiden Cyborgs Lati Oshuta und Bram Sass sowie Judd Farell, den Chef der militärischen Abteilung, auf den Planeten hinabgeschickt, den die Terraner wegen seines idyllischen Aussehens spontan Holiday getauft hatten.

Inzwischen verriet nur noch die beschädigte Einfassung des Wasserbassins, daß hier vor kurzem ein Raumboot abgestürzt war. Auch eine Durchsuchung der schloßartigen Villa hatte nichts Interessantes zutage gefördert.

Doch nun war dieser Geheime Utare plötzlich vor ihnen aufgetaucht – mit nichts bekleidet außer einer ramponierten Livree. Dabei hätte dieser blauhäutige Zwerg bei Kontakt mit der Atmosphäre des Planeten eigentlich sofort einen hyperallergischen Schock erleiden und sterben müssen – so wie alle Utaren, auf die man in Andromeda bisher gestoßen war.

Farells Frage war anscheinend noch nicht unverfänglich genug gewesen, denn in den blauen Augen des Utaren zeichneten sich Mißtrauen und Verärgerung ab.

»Ob ich Passagier der Large gewesen bin, willst du wissen?« rief er aufgebracht. »Wie blöd seid ihr eigentlich? Habt ihr vergessen, daß ihr mich vor Wochen oben im Wald ausgesetzt habt?«

Cruso fuchtelte aufgebracht mit den Armen, während er die Steilwand empordeutete. Die Kronen von hohen Palmengewächsen und Laubbäumen ragten hinter der oberen Abbruchkante des Abgrunds hervor und deuteten an, daß dort der Wald begann.

Der Utare stieß ein abfälliges Lachen aus und nickte wissend. »Ihr hattet wohl gedacht, ich wäre in der Wildnis krepiert! So leicht lasse ich mich aber nicht unterkriegen.«

Er ballte die Fäuste. »Ich wünschte nur, es wäre mir schon früher möglich gewesen, den Prallfeldzaun zu überwinden und wieder in die Schloßanlage zu gelangen. Ich hätte den Imperator mit Hilfe des Funkgeräts in der Villa darüber informieren können, daß hier auf Bordan einiges im argen liegt. Daß ihr aber so wahnsinnig sein würdet, dem Imperator eine Falle zu stellen und ihn in Lebensgefahr zu bringen…«

Er ließ den Satz unvollendet, massierte sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel und schloß für einen Moment die Augen, als müsse er sich sammeln.

»Ihr konntet ja nicht wissen, mit wem ihr es zu tun habt«, murmelte er schließlich und seufzte. »Aber das entschuldigt in keiner Weise, daß ihr den Imperator angegriffen habt!«

»Wo halten sich die Überlebenden denn zur Zeit auf?« hakte Farell nach, der Mühe hatte, der wirren Rede des Utaren zu folgen. Cruso war offenbar ziemlich durcheinander.

»Sie haben oben in der Hauptgrotte ein provisorisches Lager errichtet«, erklärte dieser. »Und ich kann euch versichern, wenn ihr Salter euch nicht kooperativ verhaltet und dem Imperator weiterhin verwehrt, in seinen Palast zurückzukehren, werdet ihr das teuer bezahlen!«

Langsam dämmerte Farell, daß die Drohungen des blauen Zwerges nichts weiter als heiße Luft waren. Hätten die Überlebenden die Möglichkeit gehabt, mit dem Ringraumer in dem Gasriesen in Kontakt zu treten, so wäre dies längst geschehen. Wie der Hausmeister jedoch hatte durchblicken lassen, befand sich das einzige erreichbare Funkgerät in dem Palast, vor dem sie standen.

Der aus Wales stammende Offizier zweifelte keinen Augenblick dran, daß Cruso den Auftrag hatte, sich zum Funkgerät durchzuschlagen und Hilfe herbeizurufen.

Diese Aufgabe hatten die Geheimen Utaren offenbar als nicht allzu schwierig eingestuft. Sie waren davon ausgegangen, daß die Anlage verlassen war, da die Salter sich mit ihren Ringraumern wieder zurückgezogen hatten. Daß inzwischen terranische Flash vier Personen abgesetzt hatten, war den blauen Zwergen entgangen.

Dies war auch nicht weiter verwunderlich, denn die Terraner waren während ihrer Operation mit großer Vorsicht vorgegangen.

Oshuta und Sass bauten sich nun breitbeinig und mit vor der Brust verschränkten Armen auf der Freitreppe auf, um dem Utaren zu bedeuten, daß er an ihnen nicht vorbeikommen würde. Denn auch die beiden Cyborgs hatten längst begriffen, daß Cruso auf dem Weg zur Funkanlage in der pompösen Villa gewesen war. Wenn er sie erreichte, könnte das für diese Welt den Untergang bedeuten – und für die Besatzung der POINT OF, daß sie sich auf einen offenen Kampf mit dem geheimnisvollen gelben Ringraumer einlassen mußten. In diesem Fall würden die Terraner vermutlich nie herausfinden, was es mit dem Schiff auf sich hatte.

»Du wirst uns sofort verraten, warum du auf dieser Welt ohne Schutzanzug überleben kannst, Cruso«, forderte Farell dreist. Er hatte genug von dem Spielchen. Den ahnungslosen Salter zu mimen machte keinen Sinn mehr.

Der Utare glotzte die Männer fassungslos an. Kein einziger Salter wußte, wer die wahren Herrscher des Geheimen Imperiums waren – niemand in Andromeda ahnte, daß übersensible Utaren, die bei dem geringsten Kontakt mit Keimen sofort einen allergischen Schock erlitten und starben, das Zentrum der Galaxis tyrannisierten.

»Ich – fürchte, ich kann dir nicht richtig folgen«, erwiderte der Hausmeister ausweichend.

Farell lachte rauh. »Wir wissen längst Bescheid«, behauptete er. »Euer Geheimnis ist aufgeflogen – nur wißt ihr es noch nicht!«

»Nun rede schon!« schaltete sich Doorn ein, dem das Geplänkel zu lange dauerte. »Oder sollen wir dir erst den Hintern versohlen, um dich gesprächiger zu machen?«

Eingeschüchtert wich der Utare eine Stufe zurück. Gehetzt blickte er zwischen den Terranern hin und her, als überlegte er, wie er ihnen entwischen könnte.

»Diese Allergie – das ist doch nur ein Mittel, um den Pöbel zu beherrschen«, erklärte er zögernd, aber mit genug Geringschätzung und Verachtung in der Stimme, um die Männer nicht zweifeln zu lassen, daß er diesen ungeheuerlichen Satz tatsächlich ernst meinte.

Die beiden Cyborgs und Farell sahen sich geschockt an. Die ganze Tragweite dieses einen abfälligen Satzes erschien ihnen so ungeheuerlich, daß sie für einen flüchtigen Moment unaufmerksam waren.

Auf diese Gelegenheit schien Cruso nur gewartet zu haben. Mit einer Schnelligkeit, die die Terraner dem erschöpft aussehenden Utaren nicht zugetraut hatten, sprintete er los. Doch anstatt sein Heil in der Flucht zu suchen, stürmte der Hausmeister an Farell vorbei die Stufen empor. Er schaffte es sogar, zwischen Oshutas zupackenden Händen hindurchzuschlüpfen.

Bevor Cruso jedoch das Ende der Treppe erreichen und auf den Eingang der Villa zustürmen konnte, packte Doorn den blauen Gnom am Kragen und stieß ihn auf die Stufen nieder.

Seelenruhig setzte der Worgunmutant den Fuß auf die Brust des Utaren. Eine Strähne seines langen roten Haars hing ihm quer über das mürrisch dreinblickende Gesicht. »Das mit der Allergie mußt du uns schon etwas genauer erklären«, meinte er grimmig. »Willst du etwa andeuten, daß du im Gegensatz zu den gewöhnlichen Utaren immun gegen Keime bist?«

»Wer… wer seid ihr wirklich?« schnappte Cruso und blickte gehetzt zu den Männern empor, die ihn umstanden. »Ihr seid doch keine normalen Salter!«

»Wir kriegen Besuch!« rief Sass warnend. Er beschattete die Augen mit der Hand und spähte über die Parkanlage hinweg in Richtung Meer. Die Doppelsonne stand hoch über dem Wasser und blendete den ehemaligen Landwirt aus Südtirol. »Es ist ein Gleiter. Der Pilot fliegt mit der Sonne im Rücken – vielleicht, damit wir das Fluggerät nicht zu schnell bemerken.«

Der Gleiter verlor rasch an Höhe, während er sich der Schloßanlage näherte. Geschickt wich der Pilot der Fontäne aus, während er die Maschine über das weitläufige Bassin steuerte. Schließlich setzte die Maschine auf dem Platz vor der Freitreppe auf. Die Türen glitten auf, und vier bewaffnete Salter sprangen heraus.

»Wir verhalten uns abwartend«, wies Farell die beiden Cyborgs an, die mit fließenden Bewegungen nach ihren Handnadelstrahlern gegriffen hatten. »Wenn überhaupt, werden nur die Paralysatoren eingesetzt.«

Oshuta und Sass nickten knapp. Es war für sie selbstverständlich, daß der Chef der militärischen Abteilung in dieser Situation das Kommando übernahm.

Doorn legte ebenfalls keinen Einspruch ein. Statt dessen beugte er sich zu Cruso hinab und zog ihn auf die Beine. »Gleich hast du Gelegenheit, mit den wahren Verursachern des Absturzes der Large deines Herrschers zu sprechen«, raunte er ihm spöttisch zu.

Der Hausmeister zog demonstrativ das ramponierte Jackett glatt und rümpfte empört die Nase. Währenddessen eilten die Salter mit erhobenen Waffen auf die Treppe zu. Während einer am Fuß der Stufen stehenblieb, kamen die anderen drei auf die Terraner zu.

Die Salter waren in unaufdringliche Uniformen gekleidet. Die Jacke ihres Befehlshabers zierte ein Rangabzeichen, das eine goldene stilisierte Doppelsonne darstellte. Er hielt seinen Strahler lässig in der Armbeuge und musterte die Gruppe argwöhnisch. Seine Untergebenen blieben zwei Schritte hinter ihm zurück und bewegten sich auf den Rand der Treppe zu, um eine günstigere Schußposition einzunehmen.

»Wer seid ihr, und wo kommt ihr so plötzlich her?« verlangte der Befehlshaber zu wissen.

Farell trat dem Mann eine Stufe entgegen. »Wir sind Terraner.«

»Terraner?« echote der Salter und furchte die Stirn. »Es liegt keine Reservierung für eine Reisegruppe mit diesem Namen vor! Seid ihr etwa illegale Urlauber?«

»Was ich sagen wollte ist: Wir sind keine Salter. Wir sind Terraner. Unser Heimatplanet befindet sich in der Nachbargalaxis Nal.«

Der Mann rieb sich mißtrauisch das Kinn. »Von einer Reisegruppe, die von soweit herkommt, ist mir auch nichts bekannt. Ich muß euch auffordern, Bordan unverzüglich wieder zu verlassen. Es sei denn, ihr möchtet jetzt eine verbindliche Buchung vornehmen. Allerdings müßtet ihr im voraus bezahlen.«

Er deutete auf den Palast. »Dieses Anwesen ist nicht gerade billig. Eure Biosignale wurden vor knapp einer Stunde angemessen. Die Pacht für diesen Zeitraum beläuft sich für dieses Anwesen auf exakt…«

»Wir haben weder vor, auf diesem Planeten Urlaub zu machen, noch wollen wir in dem Schloß Quartier beziehen«, stellte Farell richtig.

Der Salter grinste sarkastisch. »Komisch. Ich habe von vornherein den Eindruck gehabt, daß ihr Schwierigkeiten machen würdet. Und das liegt nicht nur daran, daß ihr euch mit diesem blauhäutigen Gnom abgebt, dessen Herrschaften seit Monaten die Pacht für das Domizil nicht mehr zahlen.«

Plötzlich schob sich Cruso in den Vordergrund. »Ihr werdet bald ganz andere Probleme haben, als Geld von säumigen Urlaubern einzutreiben!« rief er aufgebracht. »Für die Schmach, die ihr dem Imperator angetan habt, wird er diesen Planeten vernichten lassen!«

*

Einige Zeit zuvor

 

»Ich kann es noch immer nicht glauben, daß es tatsächlich jemand gewagt hat, einen Mordanschlag auf Euch zu verüben, Imperator!« Saf Safrie tupfte sich mit einem spitzenbesetzten, blütenweißen Taschentuch die Schweißperlen von der Stirn. Die goldenen Pailletten, mit denen seine knappsitzende Tunika bestickt war, gleißten im Licht der Doppelsonne. Dunkle Rußspuren zogen sich quer über das bläuliche Gesicht des Günstlings. Er hatte Mühe, mit dem Imperator Schritt zu halten, der in großer Hast die Stufen erklomm, die in den Fels der Steilwand getrieben worden waren.

Dunkel und zerklüftet wuchs die Felswand zur Linken der Steintreppe in die Höhe und endete nach mehreren hundert Metern in einer Abbruchkante. Auf der anderen Seite sicherte ein schmiedeeisernes, mit Schnörkeln verziertes Geländer die Stiege, deren Stufen den kleinwüchsigen Utaren angepaßt waren.

»Man sollte diesen frechen Saltern die Köpfe abschlagen!« rief ein anderer Utare, der dicht hinter dem Imperator und seinem Günstling hertrottete. Die hellblauen Beinkleider und die enganliegende Bluse erweckten den Eindruck, der blauhäutige Gnom wäre nackt. Seine Haarsträhnen waren wie Korkenzieher geformt und standen in alle Richtungen vom Kopf ab. Wie auch die anderen Männer des Geleits war er gertenschlank und athletisch gebaut.

»Pars Parsalon hat recht!« ereiferte sich der Utare, der neben dem Blaugekleideten einherschritt. Die Treppe war gerade mal breit genug, um zwei Utaren nebeneinander Platz zu bieten. Die zwanzig Besatzungsmitglieder des abgestürzten Xe-Flash formten zwangsläufig eine lange Kette, die sich in mehr oder weniger geordneter Formation rasch bewegte.

»Die Köpfe dieser Unholde sollten wir auf Pfähle spießen und entlang der Schloßmauer aufstellen«, fuhr der Utare kurzatmig fort. »Dann wissen diese Fieslinge, daß sie nicht einmal im Traum daran denken sollten, den Imperator zu demütigen.«

»Wie roh du doch bist, Odo Odolof!« rief einer der nachfolgenden Utaren vorwurfsvoll und mit angewidert verzogenem Gesicht. Der Mann trug eine purpurrote Robe, die in einem krassen farblichen Kontrast zu den blauen Armen und Beinen stand, die unter dem weitgeschnittenen Kleidungsstück hervorschauten. Seinen Kopf zierte eine kreisförmige Pyramidenfrisur. »Ich gehe jede Wette mit euch ein, daß unser verehrter Kimil bereits genaue Vorstellungen davon hat, wie mit diesen Frevlern verfahren werden soll!« Er reckte den Hals, um über die ausgefallenen Frisuren der anderen hinweg einen Blick auf den Imperator zu erhaschen. »Nicht wahr, Imperator – so ist es doch?«

In diesem Moment erreichten die vier Utaren, die die Vorhut bildeten, einen breiten Treppenabsatz. Die Plattform bildete den Übergang zu einer weiteren Treppe, die in entgegengesetzter Richtung die Steilwand emporführte und nach dreißig Metern erneut in eine Plattform mündete.

Von dem Treppenabsatz, den der Imperator in diesem Moment erklomm, führte ein breiter Sims zu dem bogenförmigen Eingang einer Höhle. Fensteröffnungen waren in die Felswand getrieben worden, so daß von der Höhle aus die Bucht mit der Schloßanlage, dem lichten Wald und dem Strand bequem überblickt werden konnte.

Momentan wurde der idyllische Ausblick jedoch von den Rauchschwaden beeinträchtigt, die aus der havarierten Large unten auf dem Schloßhof quollen.

Kimil CCLXIX. drehte sich erschöpft zu seinem Gefolge um, das sich hinter ihm die Treppe hinaufquälte. Knapp ein Drittel der Strecke die Felswand empor hatte die Gruppe bereits hinter sich gebracht.

Dem dunkelblau angelaufenen, feisten Gesicht des Imperators war deutlich anzusehen, daß er derartige Anstrengungen nicht gewöhnt war. Wenn er sich während der Aufenthalte auf Bordan in eine der Lusthöhlen begab, ließ er sich für gewöhnlich von seinen Hofschranzen in einer Sänfte die Treppen hinauftragen. Die Sänfte aber befand sich in diesem Moment in der Remise unten beim Schloß und war unerreichbar.

Verärgert gab der Imperator seinem Günstling ein Zeichen, woraufhin dieser vernehmlich in die Hände klatschte. Augenblicklich blieben die Utaren stehen und stellten ihr Jammern und Fluchen ein. Erwartungsvoll schauten sie zu ihrem Herrscher auf.

»Keine falsche Müdigkeit vorschützen!« rief Kimil den Männern zu, die das Schlußlicht der Gruppe bildeten und hinter dem Troß zurückgefallen waren. »Wir werden erst rasten, wenn wir die Haupthöhle erreicht haben!«

Ein Windstoß bauschte den magentafarbenen Mantel des Imperators auf, so daß dieser jetzt noch dickleibiger wirkte. Die weißen Spitzen der Hemdbrust flatterten heftig, und das pomadisierte blaue Haar, das in der Mitte akkurat gescheitelt und seitlich zu zwei Büscheln zusammengebunden war, wippte grotesk auf und nieder.

Besorgt schob Kimil den linken, angewinkelten Arm tiefer unter den Mantelaufschlag, um seine beiden Lieblinge, die auf seinem Unterarm kauerten, vor dem kühlen Wind zu schützen. Die beiden Schoßtiere spähten mit ihren großen Nachtmahraugen verängstigt umher. Ihr weißes gelocktes Fell ließ sie mit dem Rüschenbesatz des Hemdes nahezu verschmelzen. Ihre platten, mit spitzen Zähnen bewehrten Schnauzen wirkten winzig, und die rosafarbenen feuchtschimmernden Nasen ragten wie ein Furunkel aus dem gelockten Gesichtspelz.

»Majestät!« rief einer der Nachzügler mit kläglicher Stimme zu dem Imperator hinauf. Er trug einen zierlichen Utaren auf den Armen, dessen Gliedmaßen schlaff herabbaumelten. Der Kopf des Getragenen lehnte kraftlos an der Schulter des Trägers. Unter einem lilafarbenen Halstuch, das als provisorischer Kopfverband diente, sickerte Blut hervor. »Majestät!« Der Ruf des Utaren ging in Schluchzen über. »Ich… ich fürchte, um Lac Lacius ist es geschehen! Er rührt sich nicht mehr. Ich spüre auch keinen Puls!«

Ein entsetztes Geraune hob an, das jedoch augenblicklich verstummte, als Kimils Günstling wieder in die Hände klatschte.

Besorgt wendeten die Utaren auf der Treppe die Köpfe hin und her, unschlüssig, ob sie ihre Aufmerksamkeit dem Imperator oder den Nachzüglern schenken sollten.

Außer dem Utaren, der den Toten auf den Armen trug, zählten noch vier weitere Männer zu dieser Gruppe. Zwei von ihnen waren schwerverletzt und mußten von ihren Begleitern gestützt werden.

»Wir werden uns später um die Opfer dieses perfiden Salterstreiches kümmern!« beschied der Imperator. »Und nun trödelt nicht länger!«

»Eure Majestät«, wagte ein Utare aus der Vorhut den Imperator von der Seite anzusprechen. Ein langer knallroter Uniformrock mit Goldknöpfen, Tressen und Kordeln schmiegte sich eng an seinen sehnigen Körper.

»Was ist denn, Urbron?« fuhr Kimil seinen Zeremonienmeister ungehalten an.

»Wir – sollten den Toten und die Verletzten besser zurücklassen, Majestät. Auf diese Weise kommen wir schneller voran!«

Kimil starrte den Mann zornig an. »Das kommt überhaupt nicht in Frage!« ereiferte er sich empört. »Lacius hat es nicht verdient, wie ein verendetes Tier auf der Treppe zurückgelassen zu werden. Das ist entwürdigend!«

Urbron schluckte trocken. »Es geht mir doch nur um Eure Sicherheit, Imperator«, beeilte er sich zu erklären.

»Kimil!« kreischte Safrie plötzlich auf und deutete aufgeregt in den Himmel. »Diese verpesteten Salter – sie rücken mit Ringraumern an!«

»Jetzt aber hurtig!« rief der Imperator. »Wir werden vorläufig Zuflucht in der Wohlfühlhöhle nehmen und abwarten, was die Salter vorhaben!«

Die Utaren schoben und drängelten, während sie Kimil folgten, der von der Vorhut den Sims entlanggeführt und schließlich durch den Eingang in die Höhle geleitet wurde.

Das Gelaß, zu dem der natürliche Hohlraum ausgebaut worden war, war nicht sehr groß. In der Mitte erhob sich eine Art Steinaltar, der mit weißen Fellen bedeckt war.

In einem reichverzierten Regal an der Felswand standen unzählige Flakons mit Duft- und Massageölen. In kleinen Nischen lagen Schwämme, Federwedel und andere Massageutensilien bereit.

Schwerfällig setzte sich der Imperator auf den Altar und kraulte seinen Lieblingen gedankenverloren die Köpfe. Unwirsch stieß er die Hände seines Günstlings fort, der hinter ihn getreten war, um seine Nackenmuskeln zu massieren.

Unterdessen füllte sich das Gelaß mit Utaren. Die blauhäutigen Zwerge in ihren Phantasiekostümen bemühten sich, einen gebührenden Abstand zu ihrem Herrscher zu wahren. Sie drückten sich gegen die Felswände und drängelten sich vor die Fensteröffnungen. Niemand wagte zu flüstern oder gar ein lautes Wort auszusprechen.

Der Utare, der den Toten auf den Armen trug, betrat als letzter die Höhle. Kimil erblickte den Mann, winkte ihn herbei und erhob sich. Er wies den Utaren an, den Toten auf den Altar zu betten.

Als dies geschehen war, fuhr Kimil Lacius über das zerzauste Haar, das unter dem blutverklebten Kopfverband hervorschaute. Dann schloß er dessen starr blickende Augen.

»Diese Verbrecher!« entfuhr es Safrie mit weinerlicher Stimme. Im trüben Licht der Wohlfühlhöhle schimmerte seine Paillettentunika matt wie eine schlecht polierte Rüstung. »Ein so unwürdiges Ende hat nicht einmal Lacius verdient!«

Der Imperator bedachte seinen Günstling mit einem strafenden Blick. »Saf Safrie!« sagte er dann tadelnd und mit strengem Unterton in der Stimme. »Ich mag es nicht, wenn du schlecht über deinen Vorgänger sprichst!«

Der Utare wurde bleich, als ihm bewußt wurde, daß er einen unverzeihlichen Fehler begangen hatte. Bevor er jedoch eine Entschuldigung stammeln konnte, ergriff plötzlich ein unscheinbarer Artgenosse das Wort.

»Ich möchte nur wissen, wie es diese Salter geschafft haben, das Intervallfeld der Large kollabieren zu lassen.« Der blaue Zwerg stand vor einem der Fenster und spähte nach draußen, während er sprach. Er war der Pilot des abgestürzten Kleinraumers und trug eine schlichte Uniform, die von den Insignien Kimils CCLXIX. geziert wurde.

»Wen interessiert schon dieser technische Schnickschnack, Rag Ragnar?« giftete Safrie herablassend, um zu überspielen, wie erleichtert er über den unverhofften Themenwechsel war. »Was allein zählt, ist doch die Tatsache, daß diese stinkenden Salter den Imperator in einen Hinterhalt gelockt haben und dafür verantwortlich sind, daß es Verletzte und sogar einen Toten gegeben hat!«

»Wir hätten uns vielleicht doch lieber in die Villa begeben sollen, anstatt Hals über Kopf die Flucht zu ergreifen«, merkte der Pilot trocken an. »In dem Gebäude gibt es ein Funkgerät, mit dem wir das Mutterschiff hätten kontaktieren können.«

Der Zeremonienmeister schüttelte entschieden den Kopf. »In der Villa wären Seine Majestät nicht sicher gewesen. In den Höhlen aber können wir uns verschanzen und einen Angriff dieser Feiglinge besser abwehren.«

»Was unternehmen die Salter denn jetzt, Ragnar?« wollte Kimil von dem Piloten wissen.

Der Imperator war wieder dazu übergegangen, seine beiden Schoßtiere zu liebkosen, indem er mit den gespreizten Fingern durch ihr Rückenfell fuhr. Die winzigen Geschöpfe gaben leise Schnurr- und Knurrlaute von sich und bleckten genüßlich die nadelspitzen Zähne.

Kimil hatte die beiden Gnagnas vor einem Jahr auf dem Planeten Ulut fangen lassen, nachdem ihre Vorgänger, zwei blaufellige Kruschel aus den Wäldern Dromers, an Altersschwäche gestorben waren.

Ragnar spähte angestrengt auf die Bucht nieder. »Einer der Ringraumer ist in der Nähe der Schloßanlage gelandet«, berichtete er dann. »Salter schwärmen aus. Offenbar wollen sie die Large bergen.«

Plötzlich stellte sich der Pilot auf die Zehenspitzen. »Moment mal!« rief er. »Eine Gruppe dieser verpesteten Salter macht sich an einem Gebüsch zu schaffen, das außen an der Schloßparkmauer wächst. Das ist ja ungeheuerlich! Unter den Gewächsen ist ein großer eckiger Apparat verborgen.«

Ragnar drehte sich zu dem Imperator um. »Ich wette meine Gesundheit, daß dieser Kasten für das verheerende Energiefeld verantwortlich ist, das die Large zum Absturz brachte!«

Safrie verdrehte demonstrativ die Augen. »Warum langweilt uns der Pilot eigentlich ständig mit seinem Technikgeschwafel?«

Kimil wandte sich an seinen Zeremonienmeister. Er hatte ebenfalls vor einer der Fensteröffnungen Stellung bezogen und suchte das Schloßgelände mit Hilfe eines Feldstechers ab. Das Fernglas, das an ein Opernglas erinnerte, hatte in einer Felsnische neben dem Fenster bereitgelegen – und dem Imperator in der Vergangenheit so manches voyeuristische Vergnügen bereitet.

An dem langen, verzierten Stiel, mit dem der Utare das Fernglas vor seine Augen hielt, waren Rädchen zur Feinjustierung angebracht. Der filigrane und mit Dekorationen reich bedachte Feldstecher gab ein leises Surren und Schnarren von sich, während die Sensoren die Brennweite der Okulare veränderten.

»Gibt es ein Lebenszeichen von Crus Cruso, Urbron?« erkundigte sich der Imperator.

»Leider nein, Majestät«, gab der Zeremonienmeister mit angespannter Stimme zurück. »Der Hausmeister läßt sich noch immer nicht blicken.«

»Bestimmt haben diese Schurken den armen Kerl umgebracht!« vermutete Safrie und bedachte die Leiche auf dem Altar mit einem angewiderten Blick. »Cruso hätte uns doch gewarnt, wenn er gekonnt hätte.«

»Ich bezweifle, daß die Salter uns tatsächlich nach dem Leben trachten«, warf Ragnar ein. »Die Biospürer in ihren Ringraumern haben unseren Standort doch längst ermittelt. Sie wissen, wo wir uns verstecken. Wenn sie uns töten wollten, hätten sie diese Höhle mit einer Salve aus ihren Bordgeschützen bereits zerstört und zellulären Brei aus unseren Körpern gemacht.«

Der Pilot grinste hämisch, als Safrie ihn mit einem schockierten Blick bedachte und entrüstet den Kopf schüttelte.

»Ragnar hat recht«, bekräftigte Urbron, der den Feldstecher nacheinander auf die Ringraumer der Salter richtete. »Es weist tatsächlich nichts darauf hin, daß diese Dreckskerle irgendein Interesse an uns hätten. Sie haben unsere Large und diesen rätselhaften Kasten in eines ihrer Schiffe verfrachtet. Es sieht ganz danach aus, als wollten sie jetzt wieder abziehen.«

»Aber – das ist ja wundervoll!« rief Safrie und klatschte begeistert in die Hände. »Da können wir ja endlich in unser Feriendomizil einkehren!«

»Das halte ich für zu gefährlich, mit Verlaub gesagt«, wandte Urbron ein. »Die Salter könnten sich entschließen, wieder zurückzukehren. Wer weiß, welche Übeltat sie als nächstes planen. Vielleicht haben sie in dem Schloß sogar eine weitere Falle vorbereitet.«

Der Zeremonienmeister schüttelte den Kopf. »Ich muß Euch dringend davon abraten, Euch dieser Gefahr auszusetzen, Majestät.«

»Keine Angst«, erwiderte Kimil kalt. »Ich bin schließlich nicht dumm.« Er wandte sich an Safrie, ein kühles, böses Lächeln auf den Lippen. »Da du so erpicht darauf bist, in das Schloß zu kommen, wirst du zu dem Gebäude hinabsteigen, dich vor das Funkgerät setzen und meinen Ringraumer herbeirufen.«

Safrie riß entsetzt die Augen auf und faßte sich mit der Hand geschockt an die Brust. »Aber – Kimil, Majestät. Das… das könnt Ihr doch nicht wirklich von mir verlangen!«

»Natürlich kann ich«, erwiderte der Imperator gelassen.

»Aber – ich habe doch überhaupt keine Ahnung, wie ein Funkgerät zu bedienen ist«, unternahm Safrie einen verzweifelten Versuch, das Unglück abzuwenden.

»Ragnar wird dir erklären, wie es geht«, entgegnete der Imperator abweisend.

In einigen Utarengesichtern zeichnete sich unverhohlene Schadenfreude ab – und ein Hauch von Hoffnung, den Rang des Günstlings zu erringen, sollte Saf Safrie während der Mission sterben, womit die meisten fest rechneten.

»Die Salterschiffe sind verschwunden«, meldete Urbron in diesem Moment. »Die Schloßanlage sieht verlassen aus. Cruso ist ebenfalls nirgendwo zu erblicken.«

Safrie gab ein klägliches Jammern von sich. »Ihr brecht mir das Herz, Majestät.« Mit gekränktem Stolz straffte er seine Körperhaltung und schritt auf den Piloten zu, um sich in der Bedienung der Funkanlage unterweisen zu lassen.

Da stürmte der Utare, der den Höhleneingang bewacht hatte, plötzlich in das Gelaß. »Eure Majestät! Wir… wir bekommen Besuch!« rief er aufgeregt.

»Besuch?« rief Urbron und furchte alarmiert die Stirn. »Drück dich gefälligst etwas präziser aus, Misald!«

»Es ist ein Utare«, haspelte dieser und deutete mit ausgestrecktem Arm in die Höhe. »Er… er kommt aus der Richtung der Hauptgrotte!«

»Ein Utare, sagst du?« Kimil stupste seine beiden Lieblinge an, damit sie in die Innentasche des Mantels krochen. »Das kann nur Cruso sein!«

Auf der Stirn des Imperators schwoll eine Zornesader. »Wie kann dieser Frevler es wagen, mir unter die Augen zu treten, nachdem er mich so schändlich verraten hat? Anstatt mich vor dieser heimtückischen Falle zu warnen, hat er sich offenbar in einer Höhle verkrochen!«

Der Imperator stieß Misald aus dem Weg, der es nicht rechtzeitig schaffte beiseitezutreten. Wutentbrannt stürmte der Imperator ins Freie – dicht gefolgt von seinen Hofschranzen und Günstlingsanwärtern.

*

Schweiß lief dem Imperator über das Gesicht. Erschöpft hatte er in seiner wütenden Erstürmung der Felsentreppe innegehalten und wartete nun auf dem Treppenabsatz auf Cruso, der die letzten Stufen soeben hinter sich ließ und ohne Zögern auf den Imperator zutrat.

»Eure Majestät – ich bin untröstlich«, setzte der Hausmeister an und neigte demütig das Haupt.

Aufgebracht holte Kimil aus und schlug seinem Gegenüber mit der flachen Hand gegen das Ohr.

Tränen schossen Cruso in die Augen; er ging vor seinem Herrscher in die Knie, den Kopf schuldbewußt gesenkt. »Ihr tut recht daran, mich zu demütigen«, brachte er mit brüchiger Stimme hervor. »Ich habe schrecklich versagt und bin schuld, daß Ihr in diesen Hinterhalt geraten seid!«

»Für deine Feigheit wirst du teuer bezahlen, Cruso«, schrie der Imperator außer sich. »Die Gnade des Todes wird dir so lange verwehrt bleiben, bis du dir die Seele vor Schmerz aus dem Leib geschrien hast!«

Die Utaren, die ihrem Herrscher gefolgt waren, hatten es nicht gewagt, die Felsplattform zu betreten. Nun wichen sie auf der Treppe ängstlich zurück, voller Sorge, der Zorn des Imperators könnte auch sie treffen.

»Lac Lacius hat wegen deines Versagens sein Leben lassen müssen!« schrie Kimil. »Drei weitere Männer wurden schwer verletzt! Und das nur, weil du dich in eine Höhle verkrochen hast, anstatt deines Amtes zu walten!«

Der Fuß des Imperators zuckte vor und traf Cruso vor die Brust. Der Hausmeister ächzte und krümmte sich. Dennoch erlaubte er es sich nicht, benommen vor seinen Herrscher hinzustürzen.

»Bitte, Eure Majestät!« preßte er unterwürfig hervor. »Ihr… Ihr irrt! Ich habe nicht in den Höhlen ausgeharrt. Ich kann nichts dafür!«

»Wage es nicht noch einmal, unaufgefordert das Wort an mich zu richten!« kreischte Kimil. Er packte den Utaren bei den ondulierten Locken und riß seinen Kopf empor.

Cruso war jetzt gezwungen, zu dem Imperator aufzublicken. Er verzog keine Miene, als ein aus der Tiefe von Kimils Rachen hervorgewürgter Speichelklumpen seine Wange traf.

»Du nichtswürdiger Wurm! Du Ausgeburt von Pestilenz und Unrat!« Der Imperator zerrte den Hausmeister brutal auf die Beine. »Ewige Treue und Ergebenheit hast du mir geschworen. Wer diesen Schwur bricht, hat das Recht auf seinen Sonderstatus verloren!«

Cruso preßte die Lippen aufeinander und starrte den Imperator gefaßt an.

Es war dem Hausmeister anzusehen, daß ihm eine Erwiderung auf den Lippen lag und er sich keiner Schuld bewußt war.

Dennoch wagte er nicht, erneut ein Wort zu seiner Verteidigung hervorzubringen.

Da hallte aus der Richtung der Wohlfühlhöhle plötzlich ein kläglicher Schrei zu der Utarengruppe herauf.

Halb verärgert, halb besorgt wandte Kimil den Kopf. Unruhe entstand unter der Gefolgschaft.

»Was ist da los?« verlangte der Imperator zu wissen, die Faust noch immer in Crusos Haar verkrallt.

Urbron bildete mit seinen Händen einen Trichter vor dem Mund und rief den Utaren an, der aus der Wohlfühlhöhle getaumelt war und sich nun schluchzend an die Brüstung klammerte. Es handelte sich um einen in ein silbriges Gewand gekleideten blutjungen Mann, der einen der beiden Verwundeten gestützt hatte.

»Was geschehen ist, wollt Ihr wissen?« antwortete der Angerufene mit überschnappender Stimme. »Yawer – er ist tot!« Anklagend hob er die zitternden Hände; Blut klebte daran. »In meinen Armen ist er gestorben. Die inneren Verletzungen, die er sich beim Absturz der Large zugefügt hatte, haben ihn dahingerafft!«

Die Utaren auf der Treppe fingen augenblicklich an, aufgeregt zu lamentieren und zu wehklagen.

Mit haßverzerrtem Gesicht wandte sich der Imperator wieder seinem Hausmeister zu. »Wegen dir mußte jetzt also auch Yaw Yawer sterben, du Aussatz!«

Kimil packte seinen Artgenossen am Kragen und schleuderte ihn auf das schmiedeeiserne Geländer zu, das die Felsplattform zum Abgrund hin abgrenzte.

Cruso strauchelte und stürzte schwer gegen das Geländer. Verzweifelt klammerte er sich an den Metallstreben fest und keuchte.

Doch der Imperator kannte keine Gnade. Er packte den geschwächten Utaren am Hosenbund und an der Schulterpartie der Schmuckuniform und wuchtete ihn empor.

Der Hausmeister schrie, als er in den tödlichen Abgrund starrte. Mit letzter Kraft klammerte er sich an dem Geländer fest, um nicht vornüber in die Tiefe zu stürzen.

»Eure Majestät, bitte!« schrie Cruso mit überschnappender Stimme. »Die Salter sind an allem schuld! Sie tauchten eines Tages plötzlich im Schloß auf und zerrten mich in ihren Gleiter. Diese Verbrecher haben mich im Wald ausgesetzt. Wochenlang kämpfte ich dort um mein Leben!«

»Du lügst doch!« rief Jinwalan herüber. Blau schimmerte sein verzerrtes Gesicht unter der Kapuze der purpurfarbenen Robe hervor. »Du bist ein elender Verräter!«

»Das bin ich nicht!« kreischte Cruso und strampelte panisch mit den Beinen, weil der Imperator ihn noch ein Stück weiter über den Handlauf des Geländers schob.

»Und wie kommt es, daß du erst jetzt aus dem Wald zurückgekommen bist?« rief Parsalon verächtlich. In den Augen des in hautengen Beinkleidern steckenden Utaren schimmerte es feucht.

»Die Salter nahmen mir den elektronischen Schlüssel! Ich konnte das Prallfeld nicht passieren, das diesen Bereich umgibt!«

Jinwalan lachte verächtlich. »Wie wir alle sehen können, bist aber nun hier – wie kommt das?«

»Ich habe vor einigen Stunden im Wald einen toten Stacwa entdeckt!« rief Cruso schrill. »Mit Hilfe seines elektronischen Schlüssels konnte ich den Prallfeldzaun überwinden. Aber ich kam zu spät. Ich konnte das Unglück nicht mehr verhindern!«

»Da hast du wohl recht!« grollte Kimil, der offenbar fand, daß seine Geduld nun genug strapaziert worden war.

»Ich frage mich, aus welchem Grund die Salter plötzlich gegen uns vorgehen!« machte der Zeremonienmeister sich nun bemerkbar. »Die haben uns doch all die Jahre auch nicht behelligt.«

»Die Salter, die mich verschleppten, behaupteten, die Pacht für die Ferienanlage sei seit Monaten nicht mehr bezahlt worden!«

»Eine empörende Unterstellung«, entrüstete sich Urbron. »Mir als Zeremonienmeister wäre ja wohl davon zu Ohren gekommen, wenn es Ungereimtheiten beim Zahlungsverkehr mit Bordan gegeben hätte!«

»Cruso lügt, daß sich die Krankheitserreger winden!« schrie Parsalon aufgebracht. »Warum stoßt Ihr ihn nicht endlich in den Abgrund, Eure Majestät?«

In dem Gesicht des Imperators hatte es zu arbeiten begonnen. Sein Blick verdüsterte sich, der Ausdruck maßlosen Hasses verwandelte sich in eine starre, undurchsichtige Maske. Man sah, daß er angestrengt nachdachte.

Zum Erstaunen der Gefolgschaft zog Kimil den Hausmeister plötzlich zu sich heran und stieß ihn vor sich zu Boden.

Entrüstet trat Urbron einen Schritt vor. Der Stoff seines langen Uniformrockes raschelte trocken. »Eure Majestät – Ihr glaubt diesem Verräter doch wohl nicht etwa? Er hat sich feige verdrückt und Euch Eurem Schicksal überlassen. Er ist verantwortlich…«

»Schweig!« herrschte Kimil den Zeremonienmeister an. »In einem Punkt hat Cruso recht. Es wurde tatsächlich keine Pacht an die Salter gezahlt!«

Der Imperator verzog geringschätzig den Mund. »Seit die Horizontverschiebung diesen Teil Andromedas vom Rest der Galaxis abtrennt, sind die Salter auf Bordan von ihrem Reich abgeschnitten. Es bestand daher keine Veranlassung mehr, ihnen das schöne Geld in den Rachen zu werfen.«

Kimil grinste kalt, als er Urbron nun herausfordernd ansah. »Ich habe meinen Schatzmeister unlängst angewiesen, die Zahlungen an die Verwaltung von Bordan einzustellen. Ich habe ihm außerdem befohlen, kein Aufhebens von dieser Angelegenheit zu machen und Stillschweigen zu bewahren. Schließlich soll nicht der Eindruck entstehen, Kimil CCLXIX. wäre geizig. Mir geht es lediglich darum, die Verhältnismäßigkeit zu wahren.«

Der Imperator hatte sichtlich Mühe, den Ausdruck gekränkten Stolzes aus seinem Gesicht zu bannen. »Die Salter können froh sein, daß ich ihnen Bordan nicht längst weggenommen habe! Anstatt dankbar zu sein, erdreisten sie sich, kleinlich auf ihrer Pacht zu bestehen.« Er ballte die Fäuste. »Doch was noch viel schlimmer ist: Sie haben mir eine Falle gestellt, um mich zu zwingen, meine angeblichen Schulden zu begleichen!«

Wutentbrannt schwellte er die Brust, so daß der magentafarbene Mantel weit auseinanderklaffte und sowohl die rüschenbesetzte Hemdbrust als auch die Köpfe der beiden Gnagnas zum Vorschein kamen, die mit ihren großen dunklen Augen ängstlich aus ihrem Innentaschenversteck hervorlugten.

»Ich werde diese Mörder lehren, was denjenigen erwartet, der es wagt, sich gegen den Imperator des Geheimen Imperiums zu stellen! Die Salter werden für die Morde an Lac Lacius und Yaw Yawer teuer bezahlen! Ihre erbärmliche Ferienwelt wird untergehen! Jeder Salter, der sich auf dieser Seite der Horizontverschiebung befindet, wird gejagt und vernichtet werden!«

Kimil hatte sich so sehr in Rage geredet, daß er nun am ganzen Körper zitterte. Speichel war über seine Lippen gespritzt, als er die Vernichtung der Salter ankündigte, und seine Stimme hatte sich schrill überschlagen.

Schweratmend stand der Imperator da und starrte sein Gefolge mit unbändigem Haß an. Die Utaren, die wußten, daß ihr Herrscher in seiner momentanen Gemütslage unberechenbar war, hatten die Köpfe eingezogen und versuchten sich verstohlen hinter den Rücken derjenigen zu verstecken, die das Pech hatten, vorne zu stehen. Ein verhaltenes Drängeln und Schieben hatte auf der Treppe eingesetzt. Aber keiner der blauhäutigen Untergebenen wagte es, die Aufmerksamkeit des Imperators durch allzu auffällig erscheinende Bewegungen auf sich zu ziehen.

Ein drückendes Schweigen lastete nun über der Gruppe auf der Felsentreppe. Alle schienen gebannt darauf zu warten, an welchem Untertan sich Kimils aufgestauter Zorn entladen würde.

Zur grenzenlosen Erleichterung der Gefolgschaft wandte sich der Imperator von der Gruppe ab und starrte auf Cruso hinab, der wie versteinert auf dem Boden lag.

Doch anstatt den Hausmeister erneut zu packen und nun endgültig über das Geländer hinweg in die Tiefe zu schleudern, reichte der Imperator Cruso die Hand.

Der zögerte, schien nicht zu wissen, ob er dieser überraschenden, versöhnlichen Geste trauen konnte. Als er jedoch den Zorn in den Augen des Imperators aufflackern sah, beeilte er sich, die dargebotene Hand zu ergreifen.

Mit einem kraftvollen Ruck riß Kimil den Mann auf die Beine und klopfte dann in einer scheinbar kameradschaftlichen Geste Staub von der ramponierten Livree.

»Du kannst dich glücklich schätzen, Cruso«, sagte der Imperator gönnerhaft. »Ich bin geneigt, dir deine Lügengeschichte zu verzeihen und dir eine Chance zu geben, mir deine Loyalität erneut unter Beweis zu stellen.«

Der Hausmeister schluckte trocken. »Was… was soll ich tun, Eure Majestät? Was immer es ist, ich werde Euch nicht enttäuschen!«

»Ich weiß, ich weiß«, gab Kimil gelangweilt zurück und wedelte affektiert mit der Hand.

Doch dann wurde seine Miene wieder ernst. »Du wirst dich unverzüglich auf den Weg zum Schloß begeben«, befahl er barsch. »Du wirst das Funkgerät aktivieren und den Hyperkalkulator der IMPERIUM 1 anweisen, einen Kampfverband nach Bordan abzuberufen. Er soll auch eine neue Large schicken, um mich und mein Gefolge abzuholen.«

Cruso nickte eifrig. »Ihr habt ganz Recht, Eure Majestät. Bordan und die Salter müssen vernichtet werden! Das hat absolute Priorität!«

»Hör auf, mir nach dem Mund zu reden!« fuhr Kimil den Mann an. Ein lauernder Ausdruck trat in seine blauen stechenden Augen. »Sollten dir dort unten Salter begegnen, ermächtige ich dich hiermit, sie zur Kapitulation aufzufordern.« Er stieß ein rauhes, gehässiges Lachen aus. »Diese jämmerlichen Gestalten sollen erfahren, wessen Zorn sie durch ihr beleidigendes Vorgehen heraufbeschworen haben – bevor sie alle sterben werden!«

Er stieß den Hausmeister auf die abwärtsführende Treppe zu. »Und nun geh, Cruso. Beweise, daß du mir noch immer ergeben bist. Vielleicht werde ich dein Leben dann verschonen!«

Stolpernd hastete der Mann die Stufen hinab. Die anderen Utaren machten ihm bereitwillig Platz, damit er passieren konnte.

»Aber Eure Majestät!« wagte Parsalon das Wort zu erheben. Von allen Utaren hatte er sich die größten Chancen ausgerechnet, an Safries Stelle den Rang des Imperatorengünstlings einzunehmen. »Hattet Ihr vorhin nicht beschlossen, Safrie zum Schloß hinabzuschicken?«

Kimil verzog verächtlich den Mund. »Du bist ein jämmerlicher Wurm, Parsalon. Wie Safrie so mußt auch du begreifen, daß ich es nicht ausstehen kann, wenn über ehemalige Günstlinge schlecht geredet wird.«

Der Utare in den hellblauen Beinkleidern zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen. Daß Kimil über Safrie jedoch wie von einem ehemaligen Günstling gesprochen hatte, gab ihm trotzdem Hoffnung, das ersehnte Ziel bald zu erreichen.

»Geh hinunter in die Wohlfühlhöhle, Parsalon!« befahl der Imperator. »Sage den anderen, daß wir unverzüglich zur Haupthöhle aufbrechen werden. Die beiden Toten sollen zurückgelassen werden. Ich werde sie später abholen lassen – bevor meine gelben Kampfschiffe diese Welt in einen Asche- und Schlackeklumpen verwandeln.«

Er lächelte verhalten. »Und erlöse Safrie von der Qual, den technischen Erläuterungen des Piloten länger zuhören zu müssen. Dieser Nichtsnutz vermag zwar gewisse Qualitäten aufzuweisen – doch für eines taugt er ganz sicherlich nicht. Und das ist die Bedienung eines technischen Gerätes!«

Parsalon verbeugte sich untertänig. Dann beeilte er sich, Kimils Auftrag auszuführen.

2.

»Imperator?« fragte der Befehlshaber der Wachmannschaft abfällig und bedachte Cruso mit einem spöttischen Lächeln. »Ich kenne keinen Imperator – nur eine Gruppe dekadenter Utaren, die in ihrem Feriendomizil sonstwas treiben und sich weigern, dafür zu zahlen, daß wir ihnen diese malerische Bucht zur Verfügung stellen.«

»Deine Dummheit wird dir bald den Kopf kosten«, prophezeite Cruso mit bebender Stimme. »Alle auf diesem Planeten werden sterben!«

Der Salter verzog spöttisch den Mund. Doch bevor er zu einer Erwiderung ansetzen konnte, ergriff Farell das Wort. »Du solltest die Drohungen des Utaren nicht in den Wind schlagen. Wir haben erlebt, wozu diese blauhäutigen Zwerge fähig sind. Eine Welt wie Bordan auszulöschen, stellt für sie kein Problem dar – weder in technischer noch in moralischer Hinsicht!«

Die Miene des Befehlshabers verdüsterte sich. »Ich habe keine Ahnung, auf welchen Planeten diese blauen Winzlinge leben. Es ist mir auch egal. Viele Utaren wird es in diesem Teil der Galaxis jedenfalls nicht geben. Sonst hätten die längst von sich reden gemacht. Ich lasse mich jedenfalls nicht einschüchtern.«

Farell biß die Zähne zusammen. Er verlor mit diesem Salter nur kostbare Zeit. »Wie lautet dein Name?« wollte er wissen.

»Canur«, antwortete dieser zurückhaltend.

»Wir wollen mit dem Verantwortlichen für dieses Gebiet sprechen, Canur«, verlangte Farell. »Wir haben Dringliches mit ihm zu besprechen!«

Die Miene des Befehlshabers hellte sich wieder ein wenig auf. »Langsam werdet ihr wohl vernünftig. Ihr werdet es nicht bereuen, einen Aufenthalt auf Bordan zu buchen. Sauerstoffatmer aus ganz Garon kommen hierher, um auszuspannen und die gesunde Luft dieser Welt…«

»Ist ja schon gut – wir haben verstanden!« würgte Farell die Anpreisungen des Salters ab. »Bring uns jetzt endlich zu deinem Vorgesetzten!«

Canur lächelte unterkühlt und deutete auf den Handnadelstrahler und den Paralysator, die Farell rechts und links an seinem Gürtel trug. »Ich werde euch nur dann zu unserem Vorsitzenden bringen, wenn ihr zuvor eure Waffen abgelegt habt.« Er winkte einen der Soldaten heran. »Ihr könnt eure Waffen Ralur geben. Er wird sie für euch verwahren.«

»Ich fürchte, ich muß dich enttäuschen, Canur«, sagte Farell mit Nachdruck in der Stimme. »Unsere Waffen werden wir behalten. Aber du wirst uns trotzdem zu eurem Vorsitzenden bringen!«

Augenblicklich wich Canur auf der Treppe einen Schritt zurück und hob den Strahler. Auch seine Begleiter hatten ihre Gewehre nun auf die Fremden angelegt.

»Ich muß darauf bestehen, daß ihr eure Waffen ablegt – und zwar sofort!« verlangte Canur und stieß den Gewehrlauf in Farells Richtung. »Los – nun macht schon!«

»Ganz ruhig«, mahnte Farell und spreizte die Arme leicht zur Seite ab. »Wir haben ganz gewiß nicht vor, unsere Waffen einzusetzen.«

Mit spitzen Fingern faßte er den Griff des Paralysators, zog ihn aus dem Holster hervor und warf ihn von sich.

Der Chef der militärischen Abteilung hatte die Waffe so geschickt geworfen, daß sie dicht an Crusos Schulter vorbeizischte.

Wie Farell nicht anders erwartet hatte, ließ der Utare diese Chance nicht verstreichen. Blitzschnell fischte er sich den Paralysator aus der Luft und zielte auf Canur.

Alarmiert rissen die Soldaten ihre Waffen herum. Doch sie kamen nicht mehr dazu, die Abzugsfinger zu krümmen. Oshuta und Sass hatten die kurze Ablenkung genutzt, die Paralysatoren zu ziehen. Ehe die Salter begriffen, wie ihnen geschah, hatten die Lähmstrahlen ihre Nervenbahnen bereits betäubt. Als hätte jemand die Marionettenfäden gekappt, an denen die Soldaten hingen, stürzten sie zu Boden und blieben reglos liegen.

Auch Cruso war nicht dazu gekommen, seine Waffe einzusetzen. Doorn, der ein besonderes Augenmerk auf den blauen Zwerg gehabt hatte, hatte ihm einen Paralysatorstrahl in den Rücken gejagt, so daß der Utare nun vornüber auf die Treppen stürzte. Die erbeutete Waffe rutschte aus seinen erschlafften Fingern, fiel scheppernd die Stufen hinab und blieb schließlich vor Canurs Füßen liegen.

Verstört blickte sich der Salter um und ließ seinen Strahler langsam sinken.

In diesem Moment tauchte Oshuta neben dem Befehlshaber auf, und ehe sich dieser versah, hatte der Japaner ihm das Gewehr aus den Händen gewunden.

»Ich hoffe, du begreifst jetzt, daß wir in friedlicher Absicht nach Bordan gekommen sind, Canur. Wenn wir deine Männer hätten töten wollen, wären sie jetzt nicht mehr am Leben. Statt dessen werden sie in wenigen Minuten wieder zu sich kommen.«

»Was… was wollt ihr denn?« fragte der Salter eingeschüchtert.

»Das sagte ich doch bereits«, erwiderte Farell unleidlich. »Wir wollen mit deinem Vorgesetzten sprechen, um diese Welt zu retten!«

Verständnislos blickte der Salter auf den bewußtlosen Utaren hinab. »Ihr glaubt also wirklich, diese blauen Gnome könnten uns gefährlich werden?«

»Davon sind wir überzeugt. Wir müssen verhindern, daß die Utaren mit ihren Leuten in Kontakt treten. Das Leben der Bewohner dieses Planeten hängt davon ab!« Er deutete mit dem Daumen über die Schulter hinweg zum Schloß. »In dem Gebäude gibt es ein Funkgerät. Wir werden es mitnehmen, damit die Utaren, die sich in den Höhlen bei der Steilwand verschanzt haben, keine Verstärkung herbeirufen können.«

Farell wandte sich an Sass. »Lassen Sie sich von Canur zeigen, wo sich das Funkgerät befindet. Wir werden es mit in den Gleiter nehmen.«

Da der Befehlshaber noch zu verwirrt war, um zu reagieren, packte Sass ihn am Arm und zog ihn mit sich die Stufen empor.

Doorn hatte unterdessen damit begonnen, die Waffen der betäubten Salter einzusammeln. Oshuta hob Farells Paralysator auf und warf dem Waliser die Waffe zu, die der geschickt auffing und wieder im Holster verschwinden ließ.

Ralur kam bereits wieder zu sich. Er stöhnte verhalten und begann sich benommen zu regen.

Oshuta schüttelte geringschätzig den Kopf. »Diese angeblichen Soldaten haben das Reaktionsvermögen einer Schildkröte«, meinte er trocken. »Selbst für Salter haben sie sich furchtbar langsam bewegt. Bei denen handelt es sich garantiert nicht um trainierte Kämpfer.«

Zehn Minuten später waren sowohl die Salter als auch Cruso wieder auf den Beinen.

Der Utare verschoß giftige Blicke und sah aus, als wäre er Farell am liebsten an die Gurgel gesprungen. Doch anscheinend hatte er erkannt, daß er gegen die Fremden keine Chance hatte, und verhielt sich daher ruhig.

Der Anblick der demontierten Funkanlage, die Sass sich unter den Arm geklemmt hatte, begrub dann auch noch das letzte Fünkchen Hoffnung in dem Utaren, den Befehl des Imperators in absehbarer Zeit ausführen zu können.

Niedergeschlagen ließ er es geschehen, daß zwei der Soldaten ihn in ihre Mitte nahmen und zu dem Gleiter führten.

Die Salter machten verdrossene Gesichter. Sie mußten es nicht nur hinnehmen, daß ihnen die Waffen abgenommen worden waren. Sie litten außerdem an Kopfschmerzen und leichtem Unwohlsein – eine Nachwirkung sowohl der Paralysestrahlen als auch ihres gekränkten Stolzes.

Die Waffen der Salter unter den Arm geklemmt, folgte Doorn den Soldaten in die Passagierkabine des Gleiters. Die beiden Cyborgs und zuletzt auch Farell und Canur stiegen ebenfalls ein. Der Befehlshaber ließ sich von dem Terraner noch einmal versichern, daß sie nicht vorhatten, ihre Waffen einzusetzen und daß sie darauf achtgeben würden, niemanden zu verletzen, sollten sie wider Erwarten doch noch gezwungen werden, sich zu verteidigen.

Da die Soldaten noch zu angeschlagen waren, um ihnen das Steuer des Gleiters zu überlassen, nahm Canur auf dem Pilotensitz Platz. Wenig später ließ das Antigravitationsfeld die Maschine in die Höhe steigen. Canur lenkte den Gleiter über die Wipfel der Bäume hinweg, die in großen Abständen die Fläche zwischen Anwesen und Strand bewuchsen, und nahm Kurs auf die Küste.

Bald hatten sie die Bucht hinter sich gelassen. Während Canur dem Küstenstreifen in südlicher Richtung folgte, zog er den Gleiter langsam höher, so daß sie schließlich parallel zu der Hochebene flogen, die zum Meer hin jäh in karstige Felsenklippen überging.

Durch die Seitenscheiben konnten die Passagiere einen Blick auf den ausgedehnten Wald werfen. Hier und da ragten wuchtige Felsen zwischen den Palmen und den Laubbäumen empor. Die Hänge der Gebirgszüge im Hintergrund waren mit knorrigen Büschen bewachsen.

Bei dem märchenhaften Anblick des Mischwaldes entschlüpfte Farell unwillkürlich ein Seufzen. Das Dickicht war licht und das Gestrüpp mit farbenfroh leuchtenden Beeren und anderen Früchten bewachsen. Aus dem dunklen, satten Mutterboden sprossen Pilze.

Der Waliser vermochte problemos nachvzuollziehen, warum seine Freunde in der POINT OF dem Planeten spontan den Namen »Holiday« verpaßt hatten. Farell konnte sich gut vorstellen, auf Bordan einmal Urlaub zu machen, wenn das Rätsel um die Horizontverschiebung gelöst und der Weg zurück in die Milchstraße wieder frei war.

Ein verklärtes Lächeln umspielte seinen von Bartstoppeln gesäumten Mund, als er auf einer Waldlichtung plötzlich ein Säugetier erblickte, das entfernt an ein Reh erinnerte. Dem schlanken Tier, das friedlich graste, wuchsen fächerförmige Antennen aus dem Schädel, mit denen es den Boden vorsichtig abtastete.

Offenbar war das Geschöpf blind, denn Farell konnte keine Augen in dem Schädel ausmachen. Es bewegte das Maul zielstrebig auf Kräuter oder Beeren zu, die es zuvor mit den Fühlern ertastet hatte.

Plötzlich reckte das Tier den Hals. Die Antennen vibrierten, als würden sie verdächtigen Luftströmungen nachspüren.

Im selben Moment, in dem das rehartige Wesen losstürmte, brach eine grünschillernde Echse aus dem Gestrüpp am Waldsaum. Die Echse war zwei Meter lang, hatte einen schlangenförmigen Leib, einen kurzen Schwanz und einen kleinen Kopf. Sie bewegte sich auf ihren biegsamen Beinen so flink, daß sie das flüchtende Säugetier eingeholt hatte, ehe es im Wald verschwinden konnte.

Im selben Moment, in dem sich die Echse vom Boden abschnellte, um sich auf ihr Opfer zu stürzen, riß sie das Maul auf.

Farell lief es eiskalt den Rücken hinunter: Die Echse konnte das Maul erschreckend weit aufreißen. Nadelspitze Vipernzähne waren zum Vorschein gekommen. Das Reptil biß dem flüchtenden Tier in die Seite; das »Reh« bäumte sich auf, sprang noch einmal empor – und brach dann tot zusammen.

»Das war eine Zahnechse«, erklärte Ralur, der neben Farell saß und bemerkt hatte, daß dieser die Szene auf der Waldlichtung beobachtet hatte. »Sie töten ihre Beute, indem sie ihre lanzenartigen Zähne tief in die Eingeweide der Opfer stoßen und die Organe zerfetzen. Anschließend wird die Zahnechse ihr Opfer in einem Stück verschlingen. Sie kann in ihrem Schlangenleib Beutetiere aufnehmen, die doppelt so groß sind wie der bedauernswerte Feinfühler, den sie gerade erlegt hat.«

Farell grinste freudlos. »Wahrlich, eine paradiesische Welt«, spöttelte er.

Ralur zuckte gelassen mit den Schultern. »Viele unserer Gäste kommen nach Bordan, um in den Gebirgswäldern zu jagen. Die Forste sind berüchtigt für ihre gefährlichen Raubechsen.«

In diesem Moment öffnete sich in der Steilküste eine Bucht. Ein Katamaran ruhte auf dem Strand. Neben dem Segelschiff lag eng aneinandergeschmiegt ein Pärchen im Sand.

Nicht weit vom Ufer entfernt erstreckte sich ein zweistöckiges düsteres Blockhaus mit Grassodendach und hohem Schornstein aus Feldsteinen. Über dem Eingang und den Fenstern hingen präparierte Echsenschädel mit Reißzähnen in den weit aufgerissenen Mäulern.

*

»Eure Majestät! Etwas Schreckliches ist geschehen!«

Urbron, der mit dem Feldstecher in der Hand vor der Balustrade der Aussichtsplattform stand, wirbelte ungestüm zu der großen Hauptgrotte herum, die sich knapp unterhalb des Felsplateaus in der Steilwand befand. Die Öffnung war fast so groß wie die Höhle breit und hoch war; schleierartige Gewächse rankten von einem Sims herab und waren an den Seiten des Eingangs wie ein Theatervorhang gerafft worden.

»Ein Gleiter voller Salter ist soeben vor dem Anwesen gelandet!« rief der Zeremonienmeister alarmiert.

Der Imperator setzte sich verärgert auf. Er hatte sich auf einer prunkvollen Lagerstatt niedergelassen und fütterte seine beiden Gnagnas mit rohen Fleischbrocken.

Das Podest, auf dem sich das Lager aus Fellen, Kissen und Schlummerrollen befand, erstreckte sich über den gesamten hinteren Teil der Höhle und wurde von Utaren umlagert, die versucht waren, ihrem Herrscher auf mannigfaltige Art und Weise dienstbar zu sein.

»Bist du dir diesmal auch wirklich sicher, Urbron?« rief Kimil genervt. »Vorhin, als wir zur Haupthöhle hinaufgestiegen sind, hattest du schon einmal behauptet, Schatten durch den Wald auf das Schloß zueilen zu sehen.«

Die Haupthöhle verfügte über mehrere Nebengelasse, in denen eine Küche, ein Speicher, sowie ein separates Schlafgemach für den Imperator untergebracht waren. Als nun der Koch mit einem Tablett voller Süßspeisen auf die Lagerstatt zutrat, gab der Imperator ihm mit einem herrischen Wink zu verstehen, daß er warten sollte, bis das ärgerliche Gespräch beendet war.

»Euer Zeremonienmeister täuscht sich nicht, Majestät«, warf Ragnar ein. Der Pilot stand zusammen mit anderen Utaren, denen es nicht gestattet war, die Haupthöhle zu betreten, auf der Plattform. »Der Gleiter steht weithin sichtbar auf dem Vorplatz des Schlosses.«

Während seiner Besuche auf Bordan weilte Kimil am liebsten in dieser Höhle. Von hier oben bot sich ihm ein herrlicher Ausblick auf das Meer und den fernen Horizont. Er liebte das Gefühl von Entrücktheit und Macht, das ihn stets überwältigte, wenn er die Doppelsonne über dem Ozean untergehen sah – und er haßte nichts mehr, als wenn ihm dieses Gefühl von seinem Gefolge verleidet wurde, wie es jetzt gerade der Fall war.

»Ich vermute, die Verwaltung Bordans hält das Grundstück unter Beobachtung«, fuhr der Pilot fort. »Und als die Biospürer meldeten, daß sich ein Utare von der Steilwand her dem Anwesen näherte, hat man sofort eine Wachmannschaft losgeschickt.«

»Was ist mit Cruso?« rief Kimil ungehalten.

»Ich weiß es nicht«, mußte Urbron einräumen. »Es kann sein, daß er das Schloß bereits betreten hat. Leider kann ich von meinem Standort aus die Freitreppe und den Eingang des Schlosses nicht einsehen, da sie zum Meer weisen und die Dächer des Gebäudes die Sicht verstellen. Ich halte es aber durchaus für möglich, daß er die Funkanlage bereits erreicht hat.«

»Spekulationen bringen mich nicht weiter!« schrie Kimil außer sich. »Was ich brauche, sind gesicherte Fakten!«

Der Zeremonienmeister schluckte trocken. »Ich fürchte, die kann ich Euch nicht liefern, Majestät.« Er hob bedauernd den zierlichen Feldstecher. »Meine Mittel sind stark begrenzt.«

»Dann glotz nicht so blöd!« kreischte Kimil. »Fahre mit deinen Beobachtungen fort und berichte!«