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Eine Welt in Ketten - Wer ist der Unheimliche, der Menschen zu willenlosen Sklaven macht? Man schreibt Mitte März des Jahres 3432. Seit dem Tage, da das Projekt Laurin durchgeführt wurde, sind etwa siebzehn Monate vergangen. Für Außenstehende oder Nichteingeweihte sind Terra und die übrigen Planeten des Heimatsystems der Menschheit zusammen mit Sol in einem gewaltigen Energieausbruch untergegangen. Die im Solsystem Lebenden wissen es jedoch besser: Sie wurden um exakt fünf Minuten in die Zukunft versetzt, auf daß die Flotten der antisolaren Koalition ins Leere stoßen und es zu keinem Kampf zwischen Menschenbrüdern kommen möge. Perry Rhodan, der Großadministrator des Solaren Imperiums, hat, um Blutvergießen zu vermeiden, ganz bewußt einen spektakulären Rückzug angetreten. Dieser kosmische Schachzug ist Teil des solaren Fünfhundertjahresplans. Terra verschwindet, um aus der Anonymität heraus operieren zu können. Und das ist für den Fortbestand der galaktischen Menschheit bitter nötig, denn die Herrscher einzelner Sternenreiche treiben brutale Machtpolitik und schrecken vor nichts zurück. Zudem treiben noch andere, weit mysteriösere Gruppen ihr Unwesen in der Milchstraße. Da ist beispielsweise Ribald Corello, ein Mutant mit phantastischen Fähigkeiten. Er setzt diese Fähigkeiten gegen die Bewohner des Planeten Astera ein - und macht Menschen zu Marionetten...
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Nr. 405
Die Marionetten von Astera
Eine Welt in Ketten. – Wer ist der Unheimliche, der Menschen zu willenlosen Sklaven macht?
von HANS KNEIFEL
Man schreibt Mitte März des Jahres 3432. Seit dem Tage, da das Projekt Laurin durchgeführt wurde, sind etwa siebzehn Monate vergangen.
Für Außenstehende oder Nichteingeweihte sind Terra und die übrigen Planeten des Heimatsystems der Menschheit zusammen mit Sol in einem gewaltigen Energieausbruch untergegangen.
Die im Solsystem Lebenden wissen es jedoch besser: Sie wurden um exakt fünf Minuten in die Zukunft versetzt, auf dass die Flotten der antisolaren Koalition ins Leere stoßen und es zu keinem Kampf zwischen Menschenbrüdern kommen möge.
Perry Rhodan, der Großadministrator des Solaren Imperiums, hat, um Blutvergießen zu vermeiden, ganz bewusst einen spektakulären Rückzug angetreten. Dieser kosmische Schachzug ist Teil des solaren Fünfhundertjahresplans. Terra verschwindet, um aus der Anonymität heraus operieren zu können.
Und das ist für den Fortbestand der galaktischen Menschheit bitter nötig, denn die Herrscher einzelner Sternenreiche treiben brutale Machtpolitik und schrecken vor nichts zurück.
Die Hauptpersonen des Romans
Norman Yoder – Ein Mann in »kleiner« Maske.
Gil Delaterre – Kapitän des Handelsraumers CANIS VENATICI.
Joak Cascal – Ein ehemaliger Offizier der Solaren Flotte.
Hima Kaszant – Kommandant einer Flugpanzer-Abteilung.
Major Knud Kunutson – Perry Rhodans Kontaktmann auf dem Planeten Astera.
Masters – Major Kunutsons Double.
Ribald Corello
1.
Die CANIS VENATICI war ein kugelförmiges Schiff, rostig und ungepflegt. Der Name des Schiffes, in riesigen Lettern an den Kugelwandungen angebracht, war verwittert und die Schicht aus hitzebeständigem Speziallack abgesplittert. In den langen Nietenreihen fehlten ganze Verbände, und entlang der wenigen Luken zogen sich breite Streifen von verbranntem Öl, von Säuren, die das Metall angefressen hatten, und die Spuren, die von den Entladegeräten stammten. Gerade noch war das Zeichen der Freifahrer zu erkennen – Schiff wie Zeichen waren alt und verrottet. Die konkave Kuppel der oberen Polgegend war fast blind, zerschrammt und mit winzigen Sprüngen übersät wie von einer Ansammlung Spinnennetze. Der Schiffsname bedeutete »Jagdhund«; er stand in keinem Verhältnis, das die CANIS VENATICI bot; man musste unwillkürlich an einen lahmen, räudigen Köter denken. Sie flog durch den Hyperraum, dem Ziel entgegen, das Stunden vor ihr lag. Die rund fünfzig Männer dieses Schiffes machten dem äußerlich erkennbaren Zustand alle Ehre.
Die CANIS war von Olymp gestartet, dem neu erschlossenen Handelsplaneten, und flog den Planeten Astera an.
Gil Delaterre und Norman Yoder saßen in der Kombüse des Schiffes. Yoder, ein hagerer Mann mit grauen Augen und einer dreiviertellangen Felljacke, die mit Glasperlen bestickt war, hob eine Tasse hoch.
»Der Habaskyr-Tee schmeckt wirklich nur, wenn man ihn mit Alkohol veredelt«, knurrte er. »Ekelhaft.«
Delaterre grinste.
Die Raumbeleuchtung flackerte und beleuchtete seinen Kopf mit dem dichten, weißen Haar, das über dem rechten Ohr mit einer bunten Spange zusammengehalten wurde. Unter einer Adlernase war ein buschiger Schnurrbart. Delaterre sah aus wie ein junger Mann, der durch ein überraschendes Ereignis frühzeitig gealtert war. Die Art der Bewegungen und der kühle Ton der Autorität verwischten diesen Eindruck wieder. Der schwere, blauschimmernde Strahler an seinem Gürtel, locker hinter das breite Lederband gesteckt, ließ diesen Mann alles andere als harmlos erscheinen. Mit einer heiseren Stimme erwiderte er seinem malerisch angezogenen Gast: »Hätte ich gewusst, welch ehrenvollen Gast mein stolzes Schiff befördern würde, hätte ich teures Getränk an Bord genommen – so aber werden Sie trinken müssen, was ich und die Mannschaft trinken.«
Yoder grinste dünn.
Er trug wadenhohe Stiefel, in deren Schäften schlanke Messer steckten. Darüber eine Hose aus schwarzem, ungepflegtem Leder. Die linke Hand steckte in einem schwarzen Lederhandschuh, den Yoder seit der Minute, in der er an Bord gegangen war, nicht abgenommen hatte. Am kleinen Finger dieser Hand schimmerte ein auffallender, aber billiger Ring.
»Was Sie und die Mannschaft trinken, Gil, wird uns alle umbringen, noch bevor wir unsere Ladung gelöscht haben.«
Gil steckte sich eine lange, dünne Zigarette in den Mund, riss ein Schwefelholz an und entzündete die Zigarette.
»Sie scheinen zu glauben, dass wir unsere Ladung ruhig löschen dürfen, wie?«
Yoder nickte.
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Das ist das Risiko, wenn man mit einem solchen Schiff und einer solchen Mannschaft fliegt. Ein Wunder, dass die Ladung noch nicht von den Ratten aufgefressen worden ist.«
Delaterre schnappte zurück: »An Bord sind keine Ratten!«
Mürrisch winkte sein Gesprächspartner ab und tippte mit dem Zeigefinger der behandschuhten Linken an die Taste des Gegensprechgerätes. Der Lautsprecher gab eine Folge von Krächzlauten von sich, während blaue und gelbe Farbstörungen sich zu einem grünen Muster verbanden. Aus den surrealistischen Wolken tauchte schließlich das Gesicht des Piloten auf. »Ja?«
Yoder näherte sein Gesicht dem Lautsprecher. Er trug lange, bis an die Mundwinkel nach vorn geschwungene schwarze Koteletten und einen Cäsarenschnitt. In seinem rechten Ohr steckte eine Kunststoffperle, die in Intervallen von Viertelsekunden aufleuchtete.
»Wie lange brauchen wir noch zu diesem Muul-Planeten?«
Der Pilot sah auf eine Taschenuhr, die er an einer Lederschnur aus dem Hemdausschnitt hervorholte und erwiderte: »Drei Stunden, Sir!«
Yoder erwiderte leise: »Ausgezeichnet! Dann kann ich mich ja noch kurz aufs Ohr legen. Schlafen macht bekanntlich schön.«
Der Pilot – er war sorgfältig frisiert – sagte bissig: »Sie haben es nötig, Sir – wie Sie aussehen?«
Yoder schüttelte missbilligend den Kopf und heftete seine grauen Augen auf den Kommandanten des Schiffes, den Kapitän des Freifahrers.
»Werfen Sie diesen Mann den Ratten vor, Gil. Er ist ja regelrecht frisiert!«
Der Pilot schaltete empört die Sichtfunkverbindung aus.
»Ich sage es nochmals, Yoder«, erklärte Gil. »An Bord sind keine Ratten!«
Yoder warf einen Blick auf die unaufgeräumte Kombüse, die von den charakteristischen Spuren erfüllt war, die ein schlampiger Koch, der zudem Lademeister war, und neunundvierzig andere, ähnlich verwilderte Matrosen, Maate und Raumfahrer hinterlassen hatten. Die Farbschrift CANIS VENATICI war verblasst, wie auf der Kugelschale. Auf dem Boden lagen die Reste von Verpackungen, hauptsächlich derjenigen von Fertiggemüse, die man nur in den Radarofen zu schieben und zu erhitzen brauchte.
»Eine Gesellschaft, die dieses Schiff versichert, muss wahnsinnig sein oder zuviel Geld haben«, stellte Yoder sachlich, aber mit unüberhörbarem Sarkasmus fest. »Was spricht man in Freifahrerkreisen über Corello?«
»Über wen?«, fragte Delaterre.
»Über Ribald Corello – jenen rätselhaften Mutanten, der die Sterne unsicher macht.«
Gil Delaterre hustete und antwortete keuchend: »Sämtliche Geheimdienstzentralen der Solaren Abwehr und die USO haben Anweisungen erhalten. Sie sollen rätselhafte Vorkommnisse mit höchster Dringlichkeitsstufe melden. Perry Rhodan scheint auf den Mutanten aufmerksam geworden zu sein.«
Yoder deutete zum Schott, das weit offenstand und die teilweise ausgefallene Beleuchtung des Korridors sehen ließ.
»Gehen wir in die Kapitänskajüte«, schlug er vor. »Dort herrscht wenigstens eine minimale Ordnung.«
»Einverstanden«, sagte Gil.
Minuten später erreichten sie den quadratischen Raum, der im oberen Drittel des Schiffes lag; eines Schiffes, das hundert Meter durchmaß, von fünfzig Mann beherrscht wurde, mit einer Space-Jet und einem kleinen, dreißig Meter durchmessenden Kugelbeiboot ausgerüstet war. In den Laderäumen standen Kisten und kleine Container, sie waren festgezurrt und um die großen, mit Kunststoffschaum umgebenen Spezialmaschinen gestapelt. Diese Maschinen stellten ein Kapital dar, das in die Millionen Solar ging. Es waren ausnahmslos Maschinen, die auf der Basis der Konstruktionsbaukästen funktionierten. Man konnte an die Motoren eine Menge von Zusatzgeräten anmontieren. Saatmaschinen, Erntemaschinen, Maschinen zur Rodung und zum Aufbrechen festen Bodens ... und zwanzig andere Verwendungszwecke mehr. Auf einem Planeten wie Astera konnten sie mit Gewinn verkauft werden.
Norman Yoder warf sich in einen der Sessel, schlug die langen Beine übereinander und sagte knurrend: »Perry Rhodan hat das ungute Gefühl, auf eine Gefahr gestoßen zu sein. Nach wie vor beherrscht ihn die Frage: Wer ist Ribald Corello, und welche Fähigkeiten besitzt er, die über das Maß normaler Menschen hinausgehen.«
Gil nickte verständnisvoll.
»An sich«, sagte er dann und zermalmte den Zigarettenrest unter seinem Stiefelabsatz, »ist die Lage im Solsystem und auf Olymp störungsfrei – was man als armer Freifahrer so hört.«
»Ja. Der galaktische Großhandel und die solare Wirtschaft haben sich eingependelt. Im Augenblick besteht kein Grund zur Sorge. Aber ich denke hier an die Völker, die von allen Umschichtungen noch keine Ahnung haben.«
Delaterre lachte kurz.
»Trotzdem hindert sie das nicht daran, den Planeten Olymp als den größten Handelsumschlagplatz in der gesamten Galaxis anzusehen – was er ja auch ist.«
Yoder deutete auf die Panoramaansicht, die, halb gezeichnet, halb aus Fotos bestehend, die Wand hinter der Liege des Freifahrerkapitäns einnahm. Sie zeigte den Kontinent mit den sternförmig angelegten Containerhäfen.
»Was noch niemals versucht worden ist«, sagte er, »mit Olymp ist es eingetroffen: Innerhalb weniger Wochen gelang es, einen bislang unbekannten Planeten zum Handelshafen Nummer Eins zu erheben.«
Gil Delaterre zog den Strahler aus dem Gürtel, versetzte die Schnalle um ein Loch und faltete die Hände über dem Magen.
»Das alles haben unsere klugen Vorgesetzten im Rahmen eines Fünfhundertjahresplans wundervoll ausgerichtet!«, stellte der Kapitän fest.
Yoder nickte.
»Ganz ausgezeichnet!«, sagte er und lachte fröhlich.
Auf dem flachen Tisch, dessen Mittelstrebe mit dem Boden verankert war, lagen Karten und eng beschriebene Kunststofffolien. Norman Yoder drehte den Sessel herum. Dann nahm der schlanke Mann die Karten in die Hand und studierte sie.
»Sind die Legitimationen und Papiere der CANIS VENATICI eigentlich in Ordnung?«, fragte Yoder ironisch und verzog das gebräunte Gesicht.
»Soweit man es von einem Freifahrer erwarten kann, sind die Papiere komplett«, sagte Delaterre. »Möchten Sie sie studieren, Yoder?«
Der andere schüttelte den Kopf.
»Was wissen wir von Knud Kunutson?«, fragte er nach einer Weile.
Gil sagte: »Er ist der Chef der SolAb-Zentrale auf Astera. Ein verlässlicher Mann, wie mir gesagt wurde.«
»Wie dringlich waren die Meldungen?«
Gil erwiderte gereizt: »Sie wissen es seit dem Start – Dringlichkeitsstufe eins.«
Yoder grinste Gil ins Gesicht und erwiderte leise: »Ich wollte mich nur vergewissern, ob Ihnen der volle Ernst der Verantwortung auch nicht entgangen ist.«
»Mir?«, brummte Gil. »Mir bestimmt nicht.«
Er betonte das zweite Wort des Satzes so, dass für den anderen kein Zweifel bestand, wie es gemeint war.
Er schwieg und vertiefte sich wieder in die Aufzeichnungen.
Es war erstaunlich, dass ein Freifahrerschiff derart detaillierte Angaben über einen fast noch unerschlossenen Planeten besaß. Astera gehörte zum Muul-System. Der Planet bewegte sich als zweiter um die Sonne – es war ein Drei-Planeten-System. Der sonnennächste Planet war hier in den Unterlagen als Planet vom Merkur-Typ geschildert; heiß, ohne Eigendrehung relativ zur Sonne gesehen. Der dritte Planet war zu weit entfernt, lag also außerhalb der ökologischen Ringsphäre und war eiskalt; ein Plutotyp.
»Eine nette Welt, nicht wahr? Und enorm entwicklungsfähig!«, fragte Gil Delaterre.
»Welche?«
»Natürlich Astera. Erdgroß, oder fast erdgroß ... übrigens: Merkwürdig, wie sich selbst Systeme, die 17.406 Lichtjahre vom Solsystem entfernt sind, immer noch an die Normen halten, die vor vielen Jahrhunderten aufgestellt worden sind.«
Norman sah überrascht auf.
»Was finden Sie daran merkwürdig, Gil?«, fragte er.
»Dass sich derlei Begriffe hartnäckig halten.«
Norman schlug mit den Fingerkuppen einen schnellen Wirbel auf der Tischkante; der hauchdünne Kunststoff raschelte.
»Vielleicht gibt's jemanden, der dafür sorgt, dass sich diese Begriffe auch in den kommenden Jahrtausenden nicht verwischen? Wer weiß?«
Gil nickte bedeutungsvoll.
»Ja«, sagte er, »wer weiß!«
Je mehr Zeit bis zu dem Augenblick verging, in dem das Schiff aus dem Hyperraum kommen und weit von Astera entfernt aus der Lichtgeschwindigkeit abbremsen würde, desto mehr stieg unter den fünfzig Männern an Bord die Spannung.
Norman murmelte: »Durchmesser elftausend und zwanzig Kilometer, ein Hundertstel Schwerkraft unterhalb der Erdnorm, mittlere Temperatur auf allen Kontinenten in einem Zehnjahreszyklus ermittelt beträgt 39,6 Grad Celsius, der Planet rotiert in zwanzig Minuten einmal um seine Achse. Eine ziemlich heiße Welt, viele Urwälder, hoher Anteil von Wasserdampf in der Äquatorialatmosphäre. Astera gehört zum politischen Einflussbereich der Tarey-Bruderschaft. Zwanzig Millionen Bewohner, davon mehr als achthundertfünfzigtausend in der Hauptstadt Silomon. Dort werden wir landen, Gil?«
Gil machte mit der Hand eine schlenkernde Bewegung.
»Dort werden wir versuchen zu landen. Jawohl. Jetzt erkläre ich Ihnen alles zum zweiten Mal. Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen, sich als Raumfahrer und Handelsagent auszugeben? Haben Sie diese Titel geerbt?«
Norman grinste sarkastisch und erwiderte trocken: »Sozusagen. Geerbt, jawohl.«
»Ja – dann!«
Man hörte förmlich das Ausrufungszeichen hinter dem letzten Wort.
Astera war eine Außenwelt, der Planet wurde erst vor wenigen Jahren besiedelt, und deswegen war der Handel mit Bodenbearbeitungsmaschinen aller Arten, aber nur eines Systems, eine erfolgversprechende Sache. Außer Silomon, der Zentralniederlassung, existierten noch andere Ansiedlungen, aber sie waren über den gesamten Planeten verstreut und völlig unbedeutend für die Kontakte mit Raumschiffen und somit mit anderen Welten. Was geschah, das geschah in Silomon.
Ein Summton unterbrach die Überlegungen des Mannes im Fellmantel.
Gil Delaterre schaltete die Gegensprechanlage ein und knurrte: »Delaterre – was gibt es?«
Der Pilot des verwahrlosten Schiffes hob zwei Finger hoch und zog mit der Hand eine Linie durch das Bild.
»Noch zwei Stunden, Gil!«
»Danke. Haben Sie gehört?«
Der Schirm wurde blind, die Lautsprecher knackten scharf.
»Natürlich. Ich bin nicht taub!«
»Manchmal scheint es so.«
Die beiden Männer, obwohl sie nicht mehr voneinander wussten, als dass der eine ein Spezialagent war, der auf Astera abgesetzt werden sollte, der andere aber ein Freifahrer mit beträchtlichen Fähigkeiten, dessen Mannschaft aus tüchtigen, aber zwielichtigen Gestalten bestand, diese beiden Männer waren sich sehr sympathisch. Die Aufgabe, die sie miteinander verband, konnte sehr schwierig werden. Norman Yoder lehnte sich zurück und schloss die Augen.
Ein letztes Mal ging er seinen Plan durch.
Major Knud Kunutson war der Chef der zahlenmäßig kleinen, aber enorm tüchtigen Geheimdienstzentrale auf Astera. Er gehörte zu jenen Agenten der Solaren Abwehr, die hervorragend getarnt waren und sich keine Blöße geben durften. Wurden sie einmal bekannt, kostete es ihr Leben, oder zumindest waren sie für diesen Planeten und viele andere ein für allemal erledigt. Kunutson hatte wenig Vollmachten, aber seine technische Ausrüstung war umfangreich. Jede Geheimdienstzentrale besaß diese Ausrüstung, auch wenn sie noch so unbedeutend schien.
Ausgerechnet Knud Kunutson hatte reagiert.
Er hatte, versteckt in der Ladung eines Handelsschiffes, das ein getarntes Kurierschiff war, eine Alarmmeldung geschickt. Das war der Grund dafür, dass Perry Rhodan sich persönlich der Sache angenommen hatte – die Erlebnisse mit dem rätselhaften Supermutanten Ribald Corello hatten ihn vorsichtig und hellhörig werden lassen.
Was wurde gespielt?
Um das genau zu erfahren und an Ort und Stelle handeln zu können, hatte sich Norman Yoder eingeschaltet. Von Astera und den rätselhaften Ereignissen dort trennten ihn noch zwei Stunden.
»Yoder?«
Norman öffnete ein Auge und blinzelte Delaterre an.
»Wie?«
»Was ist eigentlich auf Astera wirklich los?«
Yoder grinste wieder, dann murmelte er: »Ich weiß nicht mehr als das, was ich Ihnen vorgelesen habe. Auf Astera gibt es Schwalben. Sie werden Darso-birds genannt. Sie sind doppelt so groß wie terranische Schwalben, und sie sollen, nach Kunutson, plötzlich merkwürdige Verhaltensweisen zeigen. Der Geheimdienst hat herausgefunden – wenigstens las ich das –, dass eine große, aber unbekannte Anzahl dieser schwalbenähnlichen Großvögel aus perfekten Robotimitationen bestehen soll. Die Vögel sollen die Bewohner des Planeten mit Strahlen angreifen. Die Imitationen der Darso-birds wären, schrieb Kunutson, von den echten Vögeln nicht zu unterscheiden. Ferner würden sich verschiedene Menschen seltsam verhalten. Der Major hat den Eindruck, als wären unbekannte Kräfte am Werk. Führende Offiziere auf Astera, die Armee, die Regierung und wichtige Techniker und Wissenschaftler – also lauter Menschen, die an Schlüsselpositionen sitzen, benähmen sich wie die Marionetten.«
»Erstaunlich«, meinte Delaterre ruhig, »dass Sie angesichts dieser Meldung noch immer so ruhig sind!«
»Gefahr gehört zu meinem Leben«, bemerkte Yoder trocken.
»Haben Sie Grund zu dieser Annahme?«
»Einen triftigen Grund«, sagte Yoder.
»Noch etwas?«
»Ja. Die Paradetektoren auf Astera messen eine ständig stärker werdende Wellenfront von hypnosuggestivem Charakter an. Die Nachricht ist über dreizehn Tage alt, und seit dieser Zeit hat niemand von Major Knud Kunutson etwas gehört.«
»Und wenn er nicht betrunken ist, schreibt er noch heute an einer zweiten Meldung«, schloss Delaterre. »Stehen Sie auf, Yoder – Ihre Ausrüstung scheint fertig zu sein!«
Er deutete auf einen Mann der Schiffsbesatzung, der gerade im Eingang der Kabine erschienen war.
»Das Zeug ist fertig, Gil!«, sagte er.
Delaterre stand auf und murmelte: »Wellenfront ... hypnosuggestiver Charakter ... Paradetektoren ... wann werden diese Geheimdienstleute endlich lernen, sich verständlich auszudrücken?«
Die Männer verließen die Kapitänskabine und gingen hinter dem Freifahrer her, der betont langsam den Korridor entlangschlenderte und in die Richtung auf den Hangar des kugelförmigen Beibootes zuging.
Rhodan war in Sorge.
An Bord dieses Schiffes befanden sich neunundvierzig Männer, mit Yoder waren es fünfzig, die außer ihrem Beruf als Freifahrer noch Fähigkeiten mitbrachten, die erstaunlich waren. Psycho-Mimikry war eine dieser Fähigkeiten ... vollendete Tarnung, die jede Überprüfung spielend aushielt. Die Männer wirkten wie echte Freifahrer. Rhodan hatte verzichtet, die beste Waffe Terras einzusetzen: Die Mutanten. Rhodan wusste, dass jeder Mutant von Corello geortet und somit augenblicklich ausgeschaltet werden konnte.
Jetzt standen sie neben dem Beiboot.
Yoder musterte die Ausrüstung.
»Gil!«
»Ja, Norman?«