Perry Rhodan Neo 305: Die Wasserwelt - Marlene von Hagen - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan Neo 305: Die Wasserwelt E-Book und Hörbuch

Marlene von Hagen

5,0

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Beschreibung

Seit mehr als einem Dreivierteljahrhundert reist die Menschheit zu den Sternen. In dieser Zeit hat sie zahlreiche Konflikte sowie kosmische Katastrophen bewältigt. Nach einer Phase des Friedens zeichnet sich neues Unheil für das kleine Sternenreich der Terraner ab. Mitte des Jahres 2112 wächst in der Hauptstadt der Erde eine gigantische Stele aus dem Boden. Sie spuckt einen geheimnisvollen Mann aus. Rätselhafte Hypersignale deuten zudem auf eine mögliche Bedrohung hin. Mit dem mächtigen Expeditionsschiff SOL bricht Perry Rhodan zu den Magellanschen Wolken auf. Dort begegnen die Menschen den faszinierenden Perlians, es kommt zu Konflikten mit den Angehörigen dieses amphibischen Volkes. Deshalb reist Perry Rhodan zum Zentralplaneten der Perlians – dort will er weitere Rätsel der Zwerggalaxis ergründen. Die Terraner erkunden DIE WASSERWELT ...

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Zeit:5 Std. 55 min

Sprecher:Hanno Dinger
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Band 305

Die Wasserwelt

Marlene von Hagen

Cover

Vorspann

1. Ras Tschubai

2. Perry Rhodan

3. Ras Tschubai

4. Sün

5. Perry Rhodan

6. Gucky

7. Sün

8. Perry Rhodan

9. Sün

10. Ras Tschubai

11. Gucky

12. Perry Rhodan

13. Ras Tschubai

14. Perry Rhodan

15. Sün

16. Perry Rhodan

17. Sün

18. Ras Tschubai

19. Sün

20. Perry Rhodan

21. Sün

22. Santo Okal

23. Gucky

24. Ras Tschubai

25. Santo Okal

26. Perry Rhodan

27. Perry Rhodan

28. Santo Okal

29. Perry Rhodan

30. Ras Tschubai

31. Perry Rhodan

32. Ras Tschubai

33. Perry Rhodan

Impressum

Seit mehr als einem Dreivierteljahrhundert reist die Menschheit zu den Sternen. In dieser Zeit hat sie zahlreiche Konflikte sowie kosmische Katastrophen bewältigt. Nach einer Phase des Friedens zeichnet sich neues Unheil für das kleine Sternenreich der Terraner ab.

Mitte des Jahres 2112 wächst in der Hauptstadt der Erde eine gigantische Stele aus dem Boden. Sie spuckt einen geheimnisvollen Mann aus. Rätselhafte Hypersignale deuten zudem auf eine mögliche Bedrohung hin. Mit dem mächtigen Expeditionsschiff SOL bricht Perry Rhodan zu den Magellanschen Wolken auf.

Dort begegnen die Menschen den faszinierenden Perlians, es kommt zu Konflikten mit den Angehörigen dieses amphibischen Volkes. Deshalb reist Perry Rhodan zum Zentralplaneten der Perlians – dort will er weitere Rätsel der Zwerggalaxis ergründen. Die Terraner erkunden DIE WASSERWELT ...

1.

Ras Tschubai

13. Juni 2112

Das ist unser Ende!

Ras Tschubai krallte die Finger in die Armlehnen seines Sessels. Die Fesselfelder hielten ihn an seinem Platz. Noch.

»Intervallbeschuss!«, rief Or, die Sicherheits- und Waffenchefin der WELLENTÄNZER. Die Perlianfrau zog mit einer Bewegung der tentakelartigen Sinnes- und Filterstränge, die an ihrem Kopf auf Höhe eines menschlichen Munds saßen, zwei Hologramme herbei.

Das Raumschiff erzitterte unter der dominant mechanisch wirkenden Waffe, als ihre Hyperstoßwellenfront den Schutzschirm traf. Das Abwehrfeld fluktuierte für einen Moment.

»Wir wurden getroffen!« Or tippte mit den jeweils sechs Fingern ihrer zwei Hände Befehle in das Technopult, vor dem sie saß.

Unter ihrer durchsichtigen Schuppenhaut sah Tschubai die Blutgefäße anschwellen. Ihr Körper trübte sich an manchen Stellen ein, einige Organe hingegen wurden blasser. Vermutlich wurde den gegenwärtig nicht benötigten Organen bei Flucht- und Angriffssituationen das Blut entzogen, um andere, essenzielle Bereiche des Körpers besser damit zu versorgen. Der Puls der Ce'drell – wie das von den Menschen »Perlians« genannte amphibische Volk sich selbst nannte – musste förmlich rasen. Auch Tschubai selbst verspürte als Begleiterscheinung des ansteigenden Blutflusses in seinen Gefäßen zunehmende Kopfschmerzen.

Das große Außenbeobachtungshologramm in der Zentrale zeigte ein beängstigendes Bild. Zwei 500-Meter-Kugelraumschiffe hetzten der WELLENTÄNZER hinterher. Die Besatzungen der Verfolger bereiteten ihre Intervallkanonen fraglos auf den nächsten Angriff vor. Ein drittes, wesentlich kleineres Schiff hielt sich zurück.

Peregrin hat unsere Gegner einmal zu oft gereizt, befürchtete Tschubai in Gedanken. Die Zeit für Verhandlungen ist vorbei. Sie jagen uns wie Fische mit einem Fangnetz. Irgendwann haben sie uns.

Erneut ließ ein Treffer ihren Schutzschirm aufleuchten.

»Initiiere Ausweichmanöver!«, schrie Plürr, der Pilot. Der Perlian hatte die Deltoidale, die fächerartigen Flossen auf seinen Schultern, steif aufgestellt, während er durch Gesten, Augenbewegungen und Tippen mit seinen Filtersträngen das Raumschiff steuerte.

Die Inneneinrichtung auf dem 200-Meter-Kugelschiff glänzte chromartig. Stellenweise war sie von moosartigen Geflechten überwachsen.

Tschubai schluckte einen Angstkloß hinunter. Er war machtlos. Peregrin stand nur wenige Schritte von ihm entfernt wie ein Fels in der Brandung. Unter der haarlosen Haut des Fremden waren weiße Flecken und Erhebungen zu sehen, die sich schnell bewegten. Mit seinen tiefschwarzen Augen starrte Peregrin ihn kurz an. Er wirkte verloren, fehl am Platz. Harmlos war der mysteriöse Fremde indessen nicht, wie die vergangenen Stunden bewiesen hatten. Im Gegenteil.

Tschubai hatte mehrmals versucht, per Teleportation von Bord zu fliehen, aber Peregrin ließ es nicht zu. Tschubais Mutantenfähigkeit war ihm zum Verhängnis geworden.

Er hat uns alle unter Kontrolle.

Unter Peregrins Haut bewegte sich das Siliziumkarbid wie flüssiges Magma. Die Aufregung war ihm deutlich anzusehen. »Feuer erwidern!«, wies er die Waffenchefin an.

Or zögerte kurz, als wolle sie sich widersetzen. Schließlich befolgte sie den Befehl. Sie landete einen Treffer, aber der Schutzschirm des verfolgenden 500-Meter-Raumers flackerte nur kurz auf.

»Sie müssen aufgeben«, sagte Tschubai in der Hoffnung, an die Vernunft des Manns zu appellieren. »Die beiden Schiffe der Perlians verfügen über die besseren Waffensysteme. Das erkenne sogar ich als Nicht-Ce'drell.«

»Niemand wird mich aufhalten, mein Ziel zu erreichen!«, entgegnete Peregrin gereizt.

»Wo liegt dieses Ziel? Was finden wir dort?«

»Die BURG«, war die knappe Antwort.

Sie half Tschubai nicht weiter, das Verhalten des Fremden zu verstehen. Er machte einen manischen, fast besessenen Eindruck.

Der nächste Schuss traf den Schutzschirm der WELLENTÄNZER und durchdrang ihn. Funken sprühten aus einem Technikaggregat an der Wand. Kurze Aussetzer der Hologramme in der Zentrale trieben Tschubai den Schweiß aus den Poren.

»Die Energieversorgung wurde beschädigt. Und die Außenhülle im unteren Bereich des Schiffs«, meldete Chefingenieur Thin. »Noch so ein Treffer, und wir treiben ohne Andruckabsorber im All.«

»Tschubai«, sagte Peregrin eindringlich. »Kommen Sie zu mir!«

Tschubais Herzschlag beschleunigte. Seine Hände waren eiskalt. Er hatte das Gefühl, jeden Moment umzukippen und die Kontrolle über seine Teleporterfähigkeit endgültig zu verlieren. Die Worte gingen ihm durch Mark und Bein. Das letzte Mal, als er fast dasselbe in diesem Tonfall von einer anderen Person gehört hatte, lag viele Jahre zurück. Er würde sie nie vergessen. Es waren Iratio Hondros erste Worte gewesen, die er zu Tschubai gesagt hatte, nachdem er aus seinem Regenerationsschlaf erwacht war. Damit hatte seine Tortur als ungewollte Marionette des Plophosers damals begonnen.

Die Angst schnürte Tschubai die Kehle zu. Er hatte sich geschworen, nie wieder unter dem Einfluss eines anderen zu stehen. Blitze schossen vor seinen Augen auf und ab, seine Umgebung zitterte. Dabei war vielmehr er es selbst, dessen traumatische Erinnerungen unwillkürliche Mikro-Teleportersprünge auslösten. Es fühlte sich an wie ein Schüttelfrost. Für Außenstehende musste es aussehen, als würde das Bild eines Films wackeln.

»Tschubai! Ich brauche Sie!«, wiederholte Peregrin mit seiner tiefen Stimme.

Wie damals, als er aus seinem Winterschlaf erweckt worden war, starrte Tschubai auf seine Finger. Sie verschwammen nicht. Er war wach. Die terranische PERLENTAUCHER, das dritte Raumschiff im Holo, war in der Nähe und blieb trotzdem ein unerreichbares Ziel. Jeder seiner Versuche, aus der WELLENTÄNZER zu teleportieren, war kläglich gescheitert. Der aktuelle Zwang, hierzubleiben, fühlte sich anders an als die Manipulation, die er durch Hondro erfahren hatte. Er hörte keine Stimme in seinem Kopf, die ihm Befehle erteilte und die sich zuweilen wie eigene Gedanken anfühlte. Es war mehr eine Art Gehorsam. Tschubai konnte sich Peregrins Drängen nicht widersetzen. Der Fremde musste etwas mit ihm getan haben. Aber was? Und wann? War es geschehen, als Tschubai Peregrin nach dessen letztem Zusammenbruch versorgt hatte?

Widerwillig löste Tschubai die Sicherheitsfesselfelder seines Sessels und trat vor den Drahtzieher hinter der Entführung des 200-Meter-Perlianraumers. Wie ein Kind, das von einem Lehrer an die Tafel geholt wurde. Der Mann mit den schwarzen Augen musterte ihn. Tschubai spürte Peregrins Finger an seiner Stirn. Hauchdünne Siliziumkarbidfäden lösten sich von dem Körper des Fremden und legten sich auf Tschubais Gesicht. Panik schnürte ihm die Luft ab. Er erwartete, unter dem Gewicht der Maske zu ersticken. Stattdessen bohrten sich die Fäden tief in sein Fleisch und verschwanden darin. Peregrin ließ ihn wieder los.

Tschubai tastete sein Gesicht ab. Es fühlte sich an wie immer.

»Sie werden etwas für mich erledigen.« Peregrin gab ihm weitere Anweisungen. »Hören Sie mir genau zu.«

Das kann ich nicht machen! Das will ich nicht tun, schoss es Tschubai durch den Kopf.

Peregrin sah ihn eindringlich an. »Ihr Auftrag ist simpel, und Sie werden ihn erledigen.«

2.

Perry Rhodan

Zwei Tage zuvor: 11. Juni 2112, vormittags

»Wir erreichen das Bourjailysystem.« Mit einem Blinzeln vergrößerte Tzinna Bearing, die Ortungschefin der PERLENTAUCHER, das Außenbeobachtungshologramm in der Zentrale des Leichten Kreuzers.

Perry Rhodan las die im Holo eingeblendeten Daten zu den beiden Blauen Riesen Bour und Jaily, den Zentralobjekten des vor ihnen liegenden Sternsystems. Sie gehörten zur Spektralklasse B mit einer jeweils dreißigfachen Solmasse. Damit einher gingen sehr hohe Dichte-, Druck- und Temperaturwerte der Materie im Sterninnern sowie eine Oberflächentemperatur von etwa 35.000 Kelvin.

Der einzig bewohnbare Planet im System war Ednil, eine Wasserwelt mit nur wenigen inselartigen Landgebieten. Die Sauerstoffatmosphäre war erheblich dichter als auf der Erde, Menschen würden bei einem Aufenthalt dort also mindestens Atemmasken verwenden müssen. Die geringe Siedlungsdichte an der Oberfläche veranlasste Rhodan, in den Ozeanen nach weiterer Infrastruktur zu suchen. Das nächste aufleuchtende Hologramm zeigte ihm tatsächlich eine Vielzahl an Gebäuden aus metallischen Gläsern sowie Großaggregaten in submarinen Arealen an. Er war gespannt, was ihn auf Ednil erwartete.

Denn der bislang einzige andere von Ce'drell bewohnte Planet, den er bereits besucht hatte, war Se'main, eine sehr trockene Welt mit für die amphibischen Perlians herausfordernder Umgebung. Ohne ihre Feukos, die spezielle Kleidung, die ihre empfindliche Schuppenhaut mit Feuchtigkeit versorgte, wäre für sie ein Leben an jenem Ort nicht möglich gewesen.

»Wir treten in wenigen Minuten in die Atmosphäre von Ednil ein«, verkündete die Positronik der PERLENTAUCHER.

Das dunkle Blau der Ozeane war überwältigend, der Wellengang unruhig. Lichter der Unterseestädte drangen durch die Oberfläche empor. Sie glitzerten wie Sonnenstrahlen, die sich auf der Meeresoberfläche spiegelten.

»Bereithalten für die Landung!«, sagte Thora Rhodan da Zoltral.

»Ich hätte einen Badeanzug mitnehmen sollen«, murmelte Gucky, der neben Rhodan saß.

Der Terraner verstand, was der Mausbiber meinte. Das weite Meer vor ihnen schien kein Ende zu nehmen.

Die PERLENTAUCHER steuerte eine Inselgruppe mit fünfzehn Landspitzen an. Gischt schäumte an den Küsten. Auf der größten Insel mit dem Eigennamen Petrosch lag ein oberplanetarer Raumhafen. Er war praktisch leer. Außer einem Kontrollgebäude war keinerlei weitere Infrastruktur, erst recht kein anderes Raumschiff zu sehen. Rhodan wusste allerdings, dass alle Raumfahrzeuge der Ce'drell unterwassertauglich waren, und nahm deshalb an, dass dieser Landeplatz nur für Besucher bereitgehalten wurde, deren Sternenschiffe nicht tauchfähig waren. Die PERLENTAUCHER setzte sanft dort auf.

Im Umfeld des Areals wuchsen palmenartige Gewächse auf den Hügeln. Vom Raumhafen abgesehen, bedeckten sie die Inselgruppe vollständig. Ihre langen, dunkelgrünen Blätter berührten fast den Boden. Einige Perlians schwebten in Einsatzanzügen über den Pflanzen und überwachten kugelförmige Roboter bei der Arbeit.

»Anscheinend ernten sie das Blätterwerk«, meinte der Ilt.

Die Roboter schnitten mit glänzenden Werkzeugen einige Stränge aus den Bäumen und transportierten sie zu großen Behältern. Einer der Container war bereits randvoll mit den langen Blättern gefüllt, verschloss sich nach der letzten Zugabe eines Arbeitsroboters und hob von der Oberfläche ab. Sein Ziel lag unverkennbar unter der Wasseroberfläche, er tauchte schon einen Moment später in das rauschende Meer ein.

»Glaubst du, es gibt Möhren auf Ednil?«, fragte Gucky mit fast sehnsüchtigem Ton in der Stimme.

»Ich befürchte, so weit von der Milchstraße entfernt musst du dich mit anderem Gemüse begnügen«, antwortete Rhodan. »Wir befinden uns schließlich auf einem Wasserplaneten.«

»Willst du damit andeuten, ich muss mich in den nächsten Tagen von Algen und Seetang ernähren?« Der Ilt starrte ihn entsetzt an.

Rhodan hob die Schultern. »Lass dich überraschen.«

»Wir empfangen eine Nachricht«, meldete Neglin Rastura, die den Funk überwachte. Ihr Haarschnitt war burschikos, die Gesichtszüge weich, die restlichen Körperproportionen androgyn. Mit ihrer rauen und tiefen Stimme gewann sie schnell die Aufmerksamkeit ihrer Gesprächspartner, was in ihrer Funktion als Kommunikationsspezialistin sehr nützlich war. In ihrem linken Ohr steckte ein winziger, einhornförmiger Ohrring. Er passte zu ihrer ruhigen Persönlichkeit erst auf den zweiten Blick.

Rhodan hatte in seinem langen Leben viele Humanoide getroffen, die wie Rastura waren, aber nur selten eng mit ihnen zusammengearbeitet. Rastura selbst gab an, zwar als Mädchen geboren worden zu sein, sich aber nicht ausschließlich als Frau zu fühlen. In ihrer Freizeit zog sie gern eng anliegende Kombinationen an, deren Schulterpolster verdickt waren.

»Schalten Sie die Nachricht auf das Hauptholo«, befahl Nilofar Abbasi, der Kommandant der PERLENTAUCHER. Der dichte, schwarze Bart des Iraners ließ das Kinn breit wirken. Sein Schädel war kahl, die Ohrläppchen waren fleischig und dick. Der Blick seiner wachsamen Augen vermittelte eine stets überzeugend natürliche Autorität.

Deshalb hatte er sich in seiner Rolle als Befehlshaber des Leichten Kreuzers bislang weder von Rhodan, dem Abbasi vorgesetzten Expeditionsleiter, noch von Thora bedroht gefühlt, die seit den Ereignissen im Concorrsystem als Zweite Kommandantin der PERLENTAUCHER in die Schiffsführung integriert war. Er behandelte sie wie Gleichgestellte, fragte sie bei Bedarf nach Rat, hatte aber trotzdem das letzte Wort, wenn es um Entscheidungen des Schiffsbetriebs und der Sicherheit der Mannschaft ging.

Das Gesicht eines Ce'drell erschien in einem Kommunikationshologramm in der Mitte der Zentrale. Inzwischen hatte sich Rhodan weitgehend an den exotischen Anblick der etwa zwei Meter großen, schlanken Perlians gewöhnt. Ihr Zeitauge aber, das meist in der Stirn über den beiden regulären Sehorganen saß, fand er weiterhin etwas irritierend. Unter der transparenten Haut des fast dreißig Zentimeter großen Kopfs, der an eine Glaskugel erinnerte, waren das viergeteilte Gehirn, die Blutgefäße und Nervenstränge gut erkennbar. Die Anatomie der Perlians machte einen zerbrechlichen Eindruck auf Fremde wie Rhodan, aber ihre Haut war stabiler, als sie wirkte. Die Schuppen im Gesicht des Ce'drell schimmerten silbrig, als das Wesen zu sprechen begann.

»Willkommen auf Ednil, Ce'drell Pekas«, begrüßte der Perlian die Besatzung der PERLENTAUCHER mit der Bezeichnung für hohe Staatsgäste, die übersetzt »Ce'drell ehrenhalber« lautete. Die tentakelförmigen Filterstränge, die sein Kinn bedeckten, bewegten sich dabei in sanften Wellen. Sie muteten von Weitem an wie verfilzte Barthaare, die ineinander verflochten waren. Aus der Nähe betrachtet, waren sie aber glatt, glänzten feucht und waren mit drei winzigen, perlenartigen Knöpfen geschmückt. Mit seinen zwei kleinen Facettenaugen sah er Rhodan an. »Mein Name ist Düüm. Ich gehöre als Flyde dem Regierungsgremium der Ce'drell-Taga an, also dem Hin Tay, was so viel wie ewig fließender Strom bedeutet. In Kürze holen wir Sie mit einem unserer Tauchboote vom Landhafen ab.« Er stellte seine Deltoidale auf, eine Art Schulterflossen.

»Ich danke Ihnen herzlich für die Einladung, Flyde Düüm«, antwortete Rhodan und stellte sich als Expeditionsleiter vor. Eine Datenanalyse des Holos ergab währenddessen, dass er mit einer weiblichen Perlian sprach. »Meine Frau Thora ist die Zweite Kommandantin der PERLENTAUCHER. Sie wird mich zu Ihnen begleiten.«

Die Arkonidin nickte zur Begrüßung, was die Flyde mit einem Zittern ihres Oberkörpers beantwortete. Rhodan wusste inzwischen, dass diese Gebärde einem terranischen Nicken entsprach.

»Außerdem möchte ich Ihnen Gucky und John Marshall vorstellen, die mich als weitere Mitglieder unserer Delegation unterstützen werden.«

»Ich freue mich, Sie alle auf Ednil herumführen zu dürfen«, sagte Düüm.

»Für dich bin ich einfach nur Gucky, klar?« Der Mausbiber zeigte ein freches Grinsen.

»Verzeihen Sie bitte meinem Gefährten, aber er bittet alle, ihn zu duzen«, sagte Rhodan, als Düüm die Schulterflossen abspreizte, ein Zeichen der Irritation. Rhodan führte die Vorstellungsrunde rasch weiter. »Hehyk wird uns ebenfalls begleiten. Er war eine große Hilfe bei der Befreiung der Kinder auf der Raumstation GORM.«

Der aus der Großen Magellanschen Wolke stammende Außerirdische, dessen Volk sowohl von den Perlians als auch den Menschen als »Generäle« bezeichnet wurde, machte einen Schritt nach vorn in den Erfassungsbereich der Komholokamera. Sein flacher, quadratischer Körper war mit anthrazitfarbenen Mustern überzogen. Er schob seinen langen, dünnen Hals vor. Die ledrige Haut bildete dabei Falten. Auf seiner Stirn saß das Zornauge, ein Siliziumkarbidklumpen, der dem Zeitauge der Perlians ähnelte. »Ich danke Ihnen, dass ich mit friedlichen Absichten vor Sie treten darf. Vieles, was ich in der Vergangenheit getan habe, kann ich nicht ungeschehen machen. Mir war das Ausmaß meiner Taten lange nicht bewusst. Ich werde Ihnen jedoch all mein Wissen vermitteln, um die Geschäfte der Wallkorr auffliegen zu lassen.«

»Wir nehmen Ihr Angebot gern an, Hehyk. Es bestürzt uns zutiefst, dass unsere eigenen Leute in die Experimente involviert waren. Sie wissen, dass wir Ce'drell sehr kinderlieb sind und es für viele von uns unvorstellbar ist, dass eine Verbrecherorganisation derartig abscheuliche Versuche an unschuldigen Kindern verüben konnte.«

»Dessen bin ich mir bewusst«, sagte der General. »Ich gab Perry Rhodan mein Wort, ihn zu begleiten, bis er einen Weg nach Hause gefunden hat. Daher bitte ich Sie, mir bis dahin zu erlauben, die Besatzung der PERLENTAUCHER zu unterstützen.«

Düüm wartete einen Moment mit ihrer Antwort. Die Flyde vibrierte leicht am ganzen Körper. »Wir verstehen Ihren Unterstützungswunsch. Ich gewähre Ihnen, unsere Staatsgäste zu begleiten, da wir Ihnen zu großem Dank verpflichtet sind.« Sie richtete sich wieder an Rhodan. »Wir schicken Ihnen ein Tauchboot, das Sie zu uns in die Hauptstadt bringen wird. Bitte begeben Sie sich auf das Hafengelände. Der Pilot wird Sie in allen wichtigen Belangen einweisen. Wir haben zudem Schutzanzüge für Sie vorbereitet, die auf Ihre speziellen anatomischen und physiologischen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Sie werden sie bei Ihren Ausflügen auf Ednil brauchen.« Düüm schüttelte die Schulterflossen und beendete die Übertragung.

»Ich freue mich schon auf meine erste Portion Seetang«, murmelte Gucky spöttisch und sprang von seinem Sessel.

Fünfzehn Minuten später gingen Perry Rhodan und seine Begleiter eine Ausstiegsrampe an der Bodenschleuse der PERLENTAUCHER hinunter. Um in der Hochdruckatmosphäre des Planeten atmen zu können, trugen alle neben einer gewöhnlichen Kombination spezielle, mit kompensierender Technik versehene Nase-Mund-Masken. Das Zubringerboot der Perlians wartete einige Meter entfernt bereits auf sie. Als sie das Hafengelände überquerten, verursachte die Hitze der Umgebung eine optische Täuschung, die Rhodan als Fata Morgana aus heißen Gegenden der Erde kannte: Es sah kurz so aus, als wäre der betonähnliche Untergrund von Wasserpfützen übersät.

Gucky stöhnte neben ihm auf. »Hier ist es viel heißer, als ich erwartet habe. Ich hoffe, die Kühlung in dem Perliankahn funktioniert.«

Rhodan betrachtete das flache, wie ein länglicher Diskus oder eine Rundmuschel geformte Tauchboot. Es war, wie er bei der Landung des Fahrzeugs neben der PERLENTAUCHER gesehen hatte, auch flugfähig. Muster in verschiedenen Grautönen verzierten die sonst unauffällige Außenhülle. Farben waren den Ce'drell eher unwichtig, wie Rhodan inzwischen wusste. Sie orientierten sich vornehmlich an Schattierungen, die wiederum er als Terraner kaum zu unterscheiden vermochte.

Der Pilot begrüßte sie an der Zugangsrampe seines Fahrzeugs. »Mein Name ist Plim.« Er war für einen Perlian relativ klein, fast gleich groß wie Rhodan. Seine überlang wirkenden Arme hingen schlaff neben seinem Körper herab, die Deltoidale waren flach an die Schultern angelegt. Er trug eine durchsichtige sogenannte Feuko, eine Feuchtigkeitskombination, durch die sich seine Haut, seine Organe und alle anderen Körperstrukturen abzeichneten. »Ich bringe Sie in die Zentrale des Hin Tay, das Taglasch. Dort erwartet Düüm Sie.«

Rhodans Gruppe folgte dem Perlian in das horizontal etwa zwanzig Meter durchmessene Transportfahrzeug. Nachdem sich das Außenschott der Bodenschleuse hinter ihnen geschlossen hatte, glitt das Innenschott auf, und sie gelangten auf einen geschwungenen Gang, den ein dünner Bodennebel bedeckte. Die chromglänzenden Wände waren stellenweise mit einem moosähnlichen Geflecht überzogen.

»Ich habe Luftfeuchtigkeit und -druck Ihren Bedürfnissen angepasst«, sagte Plim, während er sie den Gang entlangführte. »Sobald Sie den Passagierbereich erreicht haben, können Sie Ihre Atemmasken abnehmen. Die für Sie vorbereiteten Spezialanzüge befinden sich ebenfalls dort.«

»Wie lange dauert unser Flug ins Taglasch?«, fragte Rhodan.

»Etwa zwanzig Minuten nach Ihrer Zeitrechnung. Wir tauchen etliche Hundert Meter in die Tiefe, zur Hauptstadt Ynlir.«

An den Korridorwänden verliefen mehrere Röhrensysteme, durch die Wasser strömte. Zweimal endeten die Leitungen an nischenartigen Kammern in den Gangseiten.

Plim schien Rhodans Interesse zu bemerken. »Hier können wir uns zwischendurch erfrischen. Man muss nur die leere Kammer besteigen, sie fluten und hinterher das Wasser wieder abfließen lassen. Die Röhren sind mit einer Filteranlage verbunden, die das Wasser wiederaufbereitet, sodass es nicht verschwendet wird.«

»Seit ich auf Se'main war, ist mir bewusst, wie empfindlich Ce'drell auf eine trockene Umgebung reagieren. Das Leben auf diesem Planeten muss sehr anstrengend für die dortigen Bewohner sein.«

»Ich habe von jenem Ort gehört, ihn aber nie besucht. Und das habe ich auch nicht vor.« Plim schüttelte sich. War es ein Zeichen von Ekel? »Ich würde jeden Tag fünf Mal ein ausgiebiges Bad in Neschblütensirup nehmen müssen. Das ist mein Lieblingsaroma. Außerdem ist es reich an Vitaminen und Spurenelementen. Sie sollten es mal probieren.«

»Danke, falls es unser strenger Zeitplan erlaubt, werde ich es in Erwägung ziehen«, blieb Rhodan diplomatisch.

Plim deutete auf ein Schott an der peripherieseitigen Korridorwand. »Ich habe Ihnen diese geräumige Passagierkabine zugeteilt. Falls Sie sich doch für eine Weile trennen wollen, es gibt drei weitere Kabinen.« Plim aktivierte ein Holo. Er zeigte Rhodan und seinen Gefährten die entsprechenden Stellen in einer dreidimensionalen, halbtransparenten Gesamtdarstellung des Tauchboots. Sie lagen symmetrisch versetzt an vier Außenpositionen des elliptisch angelegten Hauptgangs. Im Zentrum des Tauchboots führte eine Treppe in die oben aus dem Rumpf ragende Pilotenkuppel. Plim tippte darauf. »Sie finden mich dort, wenn Sie mich brauchen.«

»Ich denke, für zwanzig Minuten kommen wir mit einer Kabine aus«, sagte Rhodan, während er den ovalen Raum betrat. Über ihnen spannte sich eine abgeflachte, transparente Kuppel. Dahinter war der fast wolkenfreie Himmel zu sehen. Und an der kompletten Außenseite zog sich eine ebenso transparente Panoramascheibe entlang, die oben nahtlos in die Deckenkuppel überging.

»Sie werden hierdurch einen guten Blick auf die höhergelegenen Städte Eshna und Brill haben, wenn wir an ihnen vorbeitauchen. Achten Sie auf die architektonisch modernen Strukturen der dortigen Gebäude«, empfahl ihnen Plim. »Ich begebe mich nun in die Pilotenkanzel. Wenn Sie etwas benötigen, kontaktieren Sie mich einfach über das bordinterne, auf Sprachbefehle reagierende Komsystem, oder kommen Sie zu mir hoch.« Plim verabschiedete sich, nachdem alle in die Kabine getreten waren, und schloss das Schott.

Gucky nahm als Erster auf der Bank Platz, die entlang der Innenwand verlief. Sie war mit getrennten, weichen Gelkissen bedeckt. Der Mausbiber drückte neugierig eine Bedienfläche neben seinem Sitz und versank sofort in einer Pfütze.

»Igitt!« Hastig betätigte er den Sensor erneut. Die gelartige Flüssigkeit zog sich daraufhin in winzige Kammern des Sitzkissens zurück. »Meine Kombination ist nass geworden. Wo sind diese Spezialanzüge, von denen Plim gesprochen hat?«

»Hier.« Thora deutete auf mehrere gummiartig aussehende Kleidungsstücke, die in einer Wandnische bereitlagen. Sie zog einen heraus. Er war durchsichtig. Thora tauschte einen vielsagenden Blick mit Rhodan, bevor sie aussprach, was er dachte. »Das kann ich unmöglich anziehen.« Sie hielt ihm den farblosen Anzug vor die Nase.

In Rhodans Kopf spielte sich ein Film ab, der ihn fast verlegen machte. Für die Perlians war Nacktheit eine Normalität. Ihre Geschlechtsorgane waren nicht sichtbar. Es gab nichts, wofür sie sich schämen mussten. Würde Rhodan nur mit seiner Frau vor das Regierungsgremium treten, hätte er kein Problem mit durchsichtigen Anzügen gehabt. So aber wollte er weder von Gucky, Marshall noch von Hehyk gesehen werden. Erst recht nicht wollte er, dass jemand Thora praktisch nackt sah. Es reichte, dass Gucky oft genug in seinen Gedanken herumesperte und ihn auf telepathische Art entblätterte.

»Plim, hören Sie mich?«, sprach Rhodan in die leere Luft, in der Hoffnung, dass sich das Komsystem, das der Pilot erwähnt hatte, dadurch selbsttätig aktivierte. »Plim, wir haben ein Problem mit Ihren Anzügen.«

»Sind sie defekt?«, drang Plims Stimme prompt aus einem Akustikfeld vor der Gruppe. »Man hat mir versichert, dass sie mehrfach auf perfekte Funktionsfähigkeit geprüft wurden.«

»Das bezweifle ich auch nicht. Sie haben jedoch sicherlich mitbekommen, dass wir alle Kleidung tragen, die undurchsichtig ist.«

»Ah, ich verstehe, was Sie meinen. Ich habe von Ihrer Vorliebe für Farben gehört. Verzeihen Sie, dass ich Sie nicht darauf aufmerksam gemacht habe. Für uns Ce'drell ist der Gedanke belustigend, dass Sie farbige Kleidung bevorzugen. Benutzen Sie die Sensortaste am Halsausschnitt. Dort können Sie eine Farbeinstellung vornehmen. Diese Funktionalität wurde eigens für Sie eingebaut.«

»Vielen Dank, Plim«, sagte Rhodan erleichtert.

Thora berührte die bezeichnete Stelle. Der Anzug nahm eine hellgraue Tönung an, die bei genauerem Hinsehen leichte Schattierungen aufwies. »Ich werde ihn probieren.« Sie betrat einen kleinen, angrenzenden Raum, der wohl eine Art Bad war, und verschloss das schmale Schott.

Rhodan setzte sich zu Marshall und Gucky. Der terranische Mutant sah verstimmt aus.

»Was hast du, John?«, fragte Rhodan.

»Ich mache mir Sorgen um Ras. Er wirkt in jüngster Zeit verändert. Ich glaube, die Reise schlägt ihm aufs Gemüt. Er hat die Erde lange nicht mehr verlassen. Vielleicht erinnert ihn unsere derzeitige Situation an seine traumatische Vergangenheit. Damals war er allein in weiter Ferne gestrandet und wäre dabei fast gestorben.«

»Ich verstehe dich. Das war mit ein Grund, ihn an Bord der PERLENTAUCHER zu belassen. Ras soll etwas zur Ruhe kommen. Außerdem ist er nicht unser einziger Freund, den ich nicht mitgenommen habe. Aber Omar Hawk und sein Okrill Watson hätten bei einer diplomatischen Mission zu Problemen führen können.«

»Das stimmt.« Marshall nickte. »Ich hoffe, es gelingt Ras, sich zu erholen. Er verbringt viel Zeit mit Peregrin. Ich glaube, er fühlt sich für den Fremden verantwortlich. Bestimmt sieht er in Peregrin einen Leidensgenossen, der ebenfalls mit seiner Vergangenheit hadert. Aber ich weiß nicht, ob es Ras guttut. Er könnte sich verausgaben.«

»Wenn wir zurück an Bord sind, kann ich ihn darauf ansprechen, wenn du das möchtest«, bot Rhodan an.

»Ich werde es besser selbst tun«, erwiderte Marshall. »Ras vertraut niemandem so sehr wie mir. Wir sind in den vergangenen Jahren wie Brüder zusammengewachsen. Seit wir aber unterwegs sind, haben wir uns voneinander entfernt. Ich war durch das, was in den jüngsten Tagen passiert ist, zu abgelenkt. Ich hoffe, er fühlt sich dadurch nicht von mir vernachlässigt.«

»Mach dir keine Sorgen. Er ist auf der PERLENTAUCHER in besten Händen. Sud und Doktor Houlebeq sind zur Stelle, falls er sich unwohl fühlt oder etwas braucht.«

Rhodan hatte mitbekommen, dass Tschubai seit dem Vorfall mit Iratio Hondro zeitweise unter Panikattacken und Depressionen litt. Anfangs hatte er gehofft, dass die Expedition zu den Magellanschen Wolken ihm guttun würde. Mittlerweile aber fühlte er sich schuldig, weil er den Teleporter überredet hatte, sie zu begleiten und der Weg nach Hause für sie abgeschnitten war.

Hehyk lehnte seitwärts von ihnen an der Stirnwand des Raums und reckte seinen Hals zur Sichtkuppel empor. Marshall seufzte und verschränkte die Arme ineinander. Er lehnte sich zurück und schloss die Augen.