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Sex gehört zum Leben. Er stillt unser Bedürfnis nach Geborgenheit und Nähe, ist wichtig für unser Wohlbefinden und für unsere Fortpflanzung. Ein wahres Lebenselixier, das sinnliche Glücksgefühle hervorruft. Sex kann aber noch viel mehr, sorgt er doch für den Erhalt unserer physischen und psychischen Gesundheit. Was aber, wenn die Leidenschaft nachlässt oder ganz verschwindet? Sei es durch körperliche Beschwerden, psychische Belastungen, Stress oder andere Störfaktoren, die unsere Lust beeinflussen? Denn wer wünscht sich nicht sexuelle Erfüllung ein Leben lang? Dieses Buch zeigt, wie Sie die Kraft der Natur nutzen können, um sexuelle Erfüllung bis ins hohe Alter zu erleben. Es räumt außerdem mit zahlreichen Mythen auf, oder halten Austern oder Spargel als Aphrodisiaka wirklich, was sie versprechen? Lassen Sie sich überraschen und entdecken Sie Ihre Lust − neu.
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Seitenzahl: 169
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Dr. Jan-Dirk Fauteck | Dr. Gerd Jansen
Natürliche Potenzmittel zur Steigerung der Libido bei Mann & Frau
unter Mitarbeit von Dr. Andrea Eder
Vorwort
Einleitung
Sex bewegt die Gemüter seit der Antike
Kampf der Selbstbefriedigung
Befreiung im 20. Jahrhundert
Schock für die USA: Die Kinsey-Reporte
Die Anfänge der modernen Sexualmedizin
Freie Liebe: Die 68er
I. GRUNDLAGEN DER LIBIDOFORSCHUNG
Sex, das Lebenselixier
Gesunde Sexualität
Die Dimensionen der Sexualität
Der kleine Unterschied: Männer und Frauen lieben anders
Lust hat kein Ablaufdatum
Die Schaltzentrale der Lust: Das Gehirn
Lust ist messbar
Die neuronale Steuerung der Erektion
Hormone und Botenstoffe: Das Orchester der Lust
Die Sexualhormone
Die Chemie der Liebe
Die Beziehungshormone
Pheromone
Die sexuelle Reaktion
Der sexuelle Reaktionszyklus nach Masters & Johnson
Der sexuelle Reaktionszyklus nach Kaplan
Der sexuelle Reaktionszyklus nach Basson
Störfaktoren für eine gesunde Sexualität
Stress
Angst
Depressionen
Medikamente
Erkrankungen
Lebensstil
Sexualstörungen
Sexualstörungen der Frau
Sexualstörungen des Mannes
Therapie
Pharmakotherapie
Sexualtherapie
II. PHYTOSTOFFE IM PRAXISALLTAG
Aphrodisiaka: Lust aus der Natur
Allerlei Mythen
Was sind Aphrodisiaka?
Phytostoffe wirken nur bei gesunden Menschen
Luststeigernde Phytotherapeutika
Aminosäuren, Vitamine und Spurenelemente
Bockshornklee: Trigonella foenum-graecum
Damiana: Turnera diffusa
Gelée royale
Ginkgo biloba
Ginseng: Panax ginseng
Grüner Hafer: Avena sativa
Ingwer: Zingiber officinale
Lavendel: Lavandula angustifolia
Maca: Lepidium meyenii
Passionsblume: Passiflora incarnata
Kombinationsmöglichkeiten und ihre klinische Erprobung
Ausgewogener Mix steigert weibliche Libido
Gute Ergebnisse bei erektiler Dysfunktion
Individuelle Wirkstoffe für Mann und Frau
Resümee und Ausblick
Quellenverzeichnis
Bildnachweis
Über die Autoren
Liebe Leserin, lieber Leser,
selten wird über ein Thema so viel nachgedacht, geredet und diskutiert wie über die Liebe, über Lust und Leidenschaft. Schriftstellerinnen und Schriftsteller aller Epochen haben darüber geschrieben, poetische Beschreibungen liefern uns auch alte Sagen und Mythen.
Eines der wohl bekanntesten Liebespaare der Weltliteratur: Tristan und Isolde. Doch ihre Liebe entstand keineswegs auf den berühmten ersten Blick. Vielmehr musste mit einem Liebestrank nachgeholfen werden, der die Glut ihrer Begierde erst entfachte.
Ohne Leidenschaft und Zärtlichkeit führt das Leben zu Selbstzerstörung, so die Botschaft in Lady Chatterleys Liebhaber, einem Klassiker der erotischen Literatur. Was uns der Autor, D. H. Lawrence, damit sagen will? – Unter anderem, dass zur Ganzheitlichkeit des Menschen das Ausleben seiner sexuellen Bedürfnisse gehört.
Liebes- oder Zaubertränke, libidofördernde Elixiere, Kräuter und Düfte faszinieren die Menschen seit der Antike und diese Faszination ist auch heute ungebrochen. Und so soll in diesem Buch der Frage nachgegangen werden, wie es mit den modernen Liebes- und Pflanzenstoffen aussieht. Wie effizient sind sie? Wie erprobt sind ihre Wirkmechanismen? Dafür haben wir Forschungsergebnisse sowie klinische Studien der letzten Jahrzehnte zusammengetragen und in eine allgemein verständliche Sprache überführt.
Dazu ist es unerlässlich, nachzuvollziehen, wie und wo Lust entsteht, und die Schaltzentrale der Lust – das Gehirn – genauer zu betrachten. Auch das Zusammenspiel der Hormone und Neurotransmitter hat einen wesentlichen Anteil an einem erfüllenden und glücklichen Sexualleben. Welche Rolle des Weiteren das persönliche Wohlbefinden spielt, welchen Einfluss Stress auf die Libido hat und welche Sexualstörungen bei Mann und Frau besonders häufig vorkommen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Identität – auch davon wird in diesem Buch die Rede sein. Außerdem möchten wir Ihnen Möglichkeiten und Wege aufzeigen, die Lust an der Lust neu zu entdecken, zu beleben und mit der Kraft der Natur zu einem befriedigenden Liebesleben zu finden.
Wir wünschen Ihnen viel Lust und Vergnügen beim Lesen.
Dr. Jan-Dirk FAUTECK
Dr. Gerd JANSEN
Mediziner/Wissenschaftler
Frauenarzt und Sexualmediziner
ABB. 1: LILO RINKENS, Saturnia (1998),Tusche auf Papier, 10 x 15 cm
Ich will,daß du vorbeigehstund mich liebst,ohne dich umzudrehennach mir.
Erinnere dich an nichtsals die Liebe.
Vergiß mich.
Wolf WONDRATSCHEK, Gloria-Gedichte
Sind Sie immer schon auf der Suche nach einem Wundermittel, das Sie jung hält, Ihre Haut prall und glatt macht, bei dem Sie zwar ins Schwitzen kommen, aber trotzdem Spaß dabei haben? Sex erfüllt Ihnen all diese Wünsche und ist obendrein eines der besten Anti-Aging-Mittel. Es stärkt u. a. das Immunsystem und ist somit perfekt für den Erhalt körperlicher Gesundheit und Leistungskraft.
Lustvolle Nähe zum Partner herstellen, sich geborgen fühlen, den Kinderwunsch erfüllen, sich versöhnen, Spannungen abbauen – es gibt viele gute Gründe für Sex.
Dass Sex aber nicht gleich Sex ist, werden Sie vermutlich schon selbst erfahren haben: Sex ist abhängig von unserer Stimmung, unserer körperlichen Verfassung, von der Situation, in der wir uns befinden, und natürlich vom Partner. – Und damit ist er etwas Einzigartiges.
Doch manchmal, vielleicht viel zu oft, ist die angeblich natürlichste Sache der Welt gar nicht so natürlich, zum Beispiel wenn wir Stress haben, wenn wir in die Wechseljahre kommen und älter werden oder an einer Erkrankung leiden. Dabei gilt ein gesundes Sexualleben als Lebenselixier, das unseren ganzen Körper beansprucht und wichtige Hormone freisetzt, und das bis ins hohe Alter hinein.
Körperliche Liebe und sexuelle Erfüllung sind in jedem Alter möglich. Ohne Medikamente und dank der Kraft der Natur. Lassen Sie sich überraschen und entdecken Sie Ihre Lust − neu.
Das Thema Lust bewegt die Menschheit seit Jahrtausenden. Früheste Philosophen, Schriftsteller und Wissenschaftler haben sich damit beschäftigt und darüber kontrovers diskutiert. Und auch im 21. Jahrhundert und mit der Medialisierung von Sexualität haben wir immer noch ein ambivalentes Verhältnis zu allem, was mit körperlicher Liebe zu tun hat.
Begonnen hat alles bei Eva, die Adam verführt, worauf sie vom Baum der Erkenntnis essen und dadurch ihre Nacktheit erkennen. – So kam die Sinnlichkeit in die Welt. Um 1200 wurde von kirchlicher Seite ein Wort für dieses Verhalten gefunden: die Erbsünde. Von da an wurde alles dafür getan, sündhaftes Verhalten zu verhindern: Naturvölker etwa, die den Geschlechtsakt in den Mittelpunkt von Zeremonien stellten, wurden verdammt und verfolgt. Ganze Lebensbereiche wurden quasi gesäubert, erotische Passagen in Büchern mussten geschwärzt oder entfernt werden oder aber die Werke landeten gleich auf der Liste der verbotenen Bücher, dem „Index Librorum Prohibitorum“, der 1559 eingeführt und erst 1966 (!) aufgehoben wurde und bis zu 6.000 Bücher listete, die nicht gelesen werden durften.
Auch heute noch macht ein amerikanisches Geldinstitut keine Geschäfte mit Unternehmen, die auch nur im weitesten Sinne mit Sex zu tun haben.
Der Index Librorum Prohibitorum: Wer stand darauf?
•Heinrich Heine: Reisebilder u. a.
•Gustave Flaubert: Madame Bovary u. a.
•Victor Hugo: Les Misérables u. a.
•Simone de Beauvoir: Les Mandarins u. a.
•Jean-Paul Sartre: alle Werke
Dagegen galt es als höchste Form christlicher Moral, die Fleischeslust zu bekämpfen, das heißt, enthaltsam, gleichsam ohne Sex, zu leben. Paulus von Tarsus (10–60), besser bekannt als Apostel Paulus, betrachtete die Ehe lediglich als ein Zugeständnis an jene Menschen, die zu schwach waren, um ihre körperlichen Triebe zu zügeln. So heißt es im ersten Brief an die Korinther (Kapitel 7,2): „Wegen der Gefahr der Unzucht soll aber jeder seine Frau haben und jede soll ihren Mann haben.“ Auch Augustinus von Hippo (354–430) beurteilte körperliches Verlangen als schändlich und sündhaft, die Begierde als einen lebenslangen Kampf. Der Geschlechtsverkehr diene nur den beiden Zwecken, Kinder zu zeugen und Unzucht zu vermeiden, so Thomas von Aquin (1225–1274), der sich übrigens auch Gedanken über die zu praktizierende Stellung machte: Nur die klassische Missionarsstellung (Frau unten, Mann oben) war gestattet, lediglich wenn beide Ehepartner zu dick waren, waren auch „widernatürliche“ Stellungen erlaubt. (Bragagna 2011)
Sexverbot im Mittelalter
Zu den sogenannten heiligen Zeiten war es im Mittelalter verboten, Sex zu haben, z. B.
•am Sonntag
•an Festtagen
•in der Fastenzeit
•20 Tage vor Weihnachten, Ostern, Pfingsten
(Bragagna 2011)
Die Kontrolle der Kirche erfasste auch das Privatleben der Menschen, was große Schuldgefühle bei ihnen auslösen konnte – eine „teuflische Kombination“ (de Botton 2012). Die Menschen glaubten, die Hände würden ihnen abfallen, sollten sie masturbieren. Onanie, also die Selbstbefriedigung, wurde vor allem im 18. Jahrhundert zu der sexuellen Krankheit stilisiert: Mit Epilepsie, Schwindsucht, Blindheit oder Wahnsinn als angedrohten Folgeerscheinungen, die letztendlich alle zum Tod führen konnten, wurde diese „erschreckliche Sünde“ (Anonymus 1712) in Verbindung gebracht. (Siehe Abb. 2) Die Vorkehrungen, die getroffen wurden, um die vermeintliche Selbstbefleckung tunlichst zu vermeiden, reichten vom Korsett über Handschuhe mit Dornen bis zu Erektionsmeldern via Glöckchen u. v. m. (Z. B. Melzer 2018)
ABB. 2: Erstmals um 1712 von einem Anonymus erschienen, heute vermutet man dahinter den Chirurgen John Marten. Deutsche Übersetzung: Onania oder Die erschreckliche Sünde der Selbst-Befleckung, mit all ihren entsetzlichen Folgen […]
Im 19. Jahrhundert sah es – besonders für die weibliche Lust – nicht besser aus: So galt jede Form der sinnlichen Freude als unzüchtig und schamlos, Sex hatte vielmehr nur mechanisch zu erfolgen, beispielsweise zum Zeugen der Nachkommenschaft. Der weibliche Orgasmus wurde völlig negiert, war man doch der Überzeugung, die Lust der Frau verhindere die Empfängnis und schade der ehelichen Gemeinschaft!
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bahnte sich endlich ein Umdenken an. Einflussreich in dieser Zeit: der Arzt und Psychoanalytiker Sigmund Freud (1856−1939). Er stellte den Sexualtrieb als die entscheidende Antriebskraft des Menschen in den Fokus und traf damit den Zeitgeist. Seine Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie (1905) wurden zu epochalen Werken, die der Normalisierung der Sexualitätsdebatte einen wichtigen Aufschwung gaben. (Sigusch 2008) Wenngleich Freud Masturbation bei Erwachsenen als narzisstische Störung betrachtete: Jugendliche konnten aufatmen, denn erstmals bekamen sie die Erlaubnis erteilt, sich zum Spannungsabbau selbst zu befriedigen. (Melzer 2018)
ABB. 3: Sigmund Freud
(Fotografie von Max Halberstadt, 1921)
Großen Einfluss hatte auch der deutsche Arzt Magnus Hirschfeld (1868−1935), der „Einstein des Sex“. Er war es, der die Sexualwissenschaft als wissenschaftliche Disziplin ab den 1910er-Jahren etablierte und maßgeblich an der Begründung der ersten Homosexuellen-Bewegung beteiligt war, ebenso an der Gründung des weltweit ersten Instituts für Sexualwissenschaft. (Sigusch 2008)
Bahnbrechend für die Sexualitätsforschung nach dem Zweiten Weltkrieg sollte der Biologe Alfred C. Kinsey (1894−1956) werden. Mit seinen Büchern – die später als Kinsey-Reporte in die Geschichte eingingen, obwohl sie von ihm nie als solche bezeichnet wurden – wurde Kinsey weltberühmt. 1948 erforschte er das Sexualverhalten von 5.300 US-amerikanischen Männern, 1953 jenes von 5.900 Frauen. Den Fokus dieser empirischen Untersuchungen legte Kinsey auf das sexuelle Verhalten in der weißen Bevölkerung, was die Öffentlichkeit in ihren Grundfesten zum Wanken brachte. Denn die Reporte belegten das Ausmaß der Heuchelei in Sachen Sex. Sie müssen sich vorstellen: Sexualpraktiken wie Oralverkehr oder auch die Masturbation galten bis zu Kinsey als pervers. Und nun attestierten die Reporte, dass diese Praktiken – und noch viele mehr – durchaus zum Alltag in den US-amerikanischen Schlafzimmern gehörten. (Sigusch 2008)
ABB. 4: Alfred C. Kinsey untersuchte in seinen Reporten das sexuelle Verhalten von Männern und Frauen.
Mit der Entdeckung der Antibabypille in den 1950er-Jahren − die erste Pille wurde 1960 zugelassen, der Wirkmechanismus 1951–1957 entwickelt − erhielt die Lust nochmals eine neue Dimension. Denn die große Angst vor einer ungewollten Schwangerschaft, die viele Frauen in ihrer Sexualität stark gehemmt hatte, wurde nun gegenstandslos. Aber: Zunächst erhielten lediglich verheiratete Frauen ein Rezept – und das nur mit Zustimmung ihres Ehemanns!
Zu einem „Urknall der modernen Sexualtherapie“ (Hartmann 2018) kam es 1966 durch William H. Masters (1915−2001) und Virginia E. Johnson (1925−2013). Der Gynäkologe und die Wissenschaftlerin widmeten sich in ihren Forschungen der Physiologie der Sexualreaktion und entwarfen ein lineares 4-Stufen-Modell, um die weibliche und männliche Sexualität zu beschreiben. Sie unterschieden in ihrem sogenannten sexuellen Reaktionszyklus zwischen Erregungsphase, Plateauphase, Orgasmusphase und Rückbildungsphase (Masters & Johnson 1966) und schrieben damit Geschichte.
In ihrem Institut behandelten sie Paare, etwa durch Gesprächstherapie, aber auch mithilfe gezielter Übungen bei Erektions- und Ejakulationsstörungen sowie anderen sexuellen Funktionsstörungen. – Ein Meilenstein in der Sexualtherapie.
Der endgültige Befreiungsschlag und das Aus für die geltenden Zwänge der herrschenden Sexualmoral kamen dann im Jahr 1968. Die erste sexuelle Revolution bedeutete das Ende für jegliche Keuschheit, vorbei war es mit falschen Tabus. Gefeiert wurden nun stattdessen die freie Liebe, Selbstbefriedigung nach Lust und Laune, das Recht auf den Orgasmus – für alle, endlich auch für die Frau. Der legendäre Sinnspruch dieser Zeit: „Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment“ macht deutlich, wie sehr diese neue Freiheit ausgelebt und zum Postulat dieser Ära wurde. Für die Frauen bedeutete das allerdings zunächst, sich mit der eigenen Sexualität auseinanderzusetzen, oft erst einmal den eigenen Körper zu entdecken – für viele von ihnen Neuland.
Seitdem hat sich viel getan. Rund 94 Prozent der Männer und 80 Prozent der Frauen masturbieren regelmäßig (Melzer 2018), ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Denn Sexualität darf heute in all ihren Facetten gelebt werden, Tabus adieu! Mehr noch: Das Thema Sexualität ist zum Medienstar avanciert, es füllt Talkshows am Nachmittag und das Hauptabendprogramm sowieso. – Wer hätte das gedacht?!
Doch auch wenn wir fast täglich im Internet, im Fernsehen oder in der Zeitung mit unserer Sexualität konfrontiert werden und sie dadurch zu einem selbstverständlichen Teil unseres Lebens geworden ist: Sexuelle Funktionsstörungen, wie Erektionsstörungen, Lustlosigkeit oder Orgasmusstörungen, sind auf dem Vormarsch und breiten sich besonders unter jungen Männern „pandemisch“ aus. (Melzer 2018) Hat die „sexuelle Dauerberieselung“ (Melzer 2018) vielleicht auch ihre Schattenseiten? Woran liegt’s? Die Ursachen dafür sind schnell gefunden: Sex ist bequem geworden, mit „Lust auf Knopfdruck“ (Melzer 2018), wie uns täglich in TV-Werbepausen vorgeführt wird; Pornos, die jederzeit, in der Straßenbahn oder im Café via Handy, konsumiert werden können, tragen das ihre dazu bei. Das Resultat: Der exzessive Pornokonsum – bis hin zum Abgleiten in die Sucht und zur Flucht in Traumwelten – führt zu einer signifikanten Anhebung der Reizschwelle, die nach immer mehr verlangt, meist ohne den Partner einzubeziehen. – Ein Teufelskreis.
Dabei bietet gerade die körperliche Liebe ein unerschöpfliches Reservoir an Spielarten, mit dem jeder sein persönliches Sex-Skript schreiben kann. Werden Sie selbst zum Autor Ihres eigenen lustvollen Drehbuchs und entdecken Sie dieses „Brennen aus Leidenschaft“, von dem schon der antike Dichter Lucius Apuleius (123−170) vor 1.900 Jahren in seinen Metamorphosen geschrieben hat, wieder neu.
Sexpioniere auf der Leinwand
Einige der vorgestellten Sexualforscher haben es auch ins Kino und ins Fernsehen geschafft.
•Kinsey – Die Wahrheit über Sex: mehrfach ausgezeichnete Biografie über das Leben des berühmten Sexualforschers
•Masters of Sex: preisgekrönte Fernsehserie rund um das bewegte Leben von William H. Masters und Virgina E. Johnson
•Der Einstein des Sex: erzählt das Leben und Werk von Magnus Hirschfeld
•The Danish Girl: schildert die Geschlechtsumwandlung der Transsexuellen Lili Elbe am Institut für Sexualwissenschaft von Magnus Hirschfeld
Sex gehört zum Leben. Er stillt unser Bedürfnis nach Geborgenheit und Nähe und ist wichtig für unser Wohlbefinden. – Ein wahres Lebenselixier, das sinnliche Glücksgefühle hervorruft und für viele Menschen den „Himmel auf Erden“ (Ahlers 2017a) bedeutet. Sex kann aber noch viel mehr, sorgt er doch für den Erhalt unserer physischen und auch psychischen Gesundheit. Die Voraussetzung dafür ist die richtige Balance: von psychischen, körperlichen und sozialen Faktoren.
Die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, definiert sexuelle Gesundheit als „die Integration der körperlichen, gefühlsmäßigen, geistigen und sozialen Aspekte sexuellen Seins auf eine Weise, die positiv bereichert und die Persönlichkeit, die Kommunikation und die Liebe stärkt“. Sexuelle Gesundheit ist außerdem untrennbar mit der allgemeinen Gesundheit insgesamt verbunden. Darüber hinaus ist sie mit Wohlbefinden und einer hohen Lebensqualität eng verknüpft: Denn die sexuelle Gesundheit ist ein Zustand des körperlichen, emotionalen, mentalen und sozialen Wohlbefindens. (Satcher 2001)
Eine erfüllte, gesunde Sexualität braucht und fördert demnach das Gleichgewicht von körperlichen, psychischen und sozialen Faktoren und wird damit zu etwas „Ganzheitlichem“ (Bragagna & Prohaska 2013), zu etwas „Bio-Psycho-Sozialem“. (Ahlers 2017a)
In Studien konnten die positiven Effekte auf das körperliche und mentale Wohlbefinden bereits mehrfach bestätigt werden: So erhöht regelmäßiger Sex die Qualität der Partnerschaft, sorgt für schlanke Hüften und Taille, kann depressive Symptome lindern (Levin 2007) und unterstützt die kardiovaskuläre Gesundheit. (Brody 2010)
Sex ist wohl das mit Abstand beste Kreislauftraining. Er wirkt kräftigend auf das Herz-Kreislauf-System und kommt unserem gesamten Organismus zugute: So machen wir beim Orgasmus 40 Atemzüge pro Minute, was bedeutet, dass unser Körper ordentlich mit Sauerstoff versorgt wird. Erreichen wir den Höhepunkt, geht der Blutdruck kurz in die Höhe und das Herz schlägt 120 Mal pro Minute. Außerdem wird die Haut durchblutet, prall und glatt, die Poren gesäubert und das Bindegewebe gestrafft. Auch der Kalorienverbrauch kann sich sehen lassen: In 30 Minuten verbrennt man bis zu 350 Kilokalorien!
Sex baut außerdem Stress ab, denn dabei werden Hormone freigesetzt, die dem Stresshormon Cortisol die Stirn bieten. Sex kann sogar schmerzlindernd wirken, z. B. bei Migräne oder Bauchkrämpfen. Dies vor allem dank der Endorphine, die ausgeschüttet werden und die wie Morphium wirken. Bei regelmäßigem Sex produziert der Körper zudem Immunglobin – das stärkt das Immunsystem und beeinflusst sogar die Wundheilung.
Der Sexualität kommen viele Funktionen im menschlichen Leben zu. Zur besseren Vorstellung bietet sich ein dreidimensionales Modell an: Die Fortpflanzungsdimension fokussiert vor allem die Reproduktion, die Zeugung von Nachkommen, und ist geschichtlich sicher die älteste Dimension, die jahrtausendelang von der Kirche als einzige Berechtigung für Sexualität akzeptiert wurde. (Beier et al. 2005)
Die Beziehungsdimension will Nähe, Sicherheit und Geborgenheit herstellen. Sie ist damit eine wichtige Funktion zur Erfüllung grundlegender psychosozialer Grundbedürfnisse und bedeutend für den Aufbau einer Paarbeziehung sowie der Partnerkommunikation.
Die Lustdimension schließlich beinhaltet Lustgewinn durch sexuelle Stimulation. Dies umfasst das Erleben von positiv empfundenen Erregungsgefühlen, das Ausleben des sexuellen Höhepunkts und damit das Erreichen von Spannungserleichterung und Befriedigung.
Natürlich erfüllt Sex nicht immer gleich alle drei Dimensionen: Es gibt Lebensphasen, in denen mal die eine, dann die andere Dimension in den Vordergrund rückt. Aus welcher Motivation heraus wir auch Sex haben wollen: Gemeinsam ist allen Dimensionen ihr kommunikatives Element, denn Sex ist vor allem Sprache und somit die intimste Form der Kommunikation, die wir zur Verfügung haben. (Ahlers 2017a) Und das in doppelter Hinsicht: Haben wir uns innerhalb der Beziehung nichts zu sagen, bleibt es meist auch im Bett (zu) ruhig. Denn diese „Schweigespirale“ (Ahlers 2017a) erfasst dann auch schnell unsere Körpersprache und unsere Reaktion auf die Berührung oder den Anblick des anderen. Oder wie geht es Ihnen, wenn Ihr Leben als Paar von all den Wichtig- und Nichtigkeiten, die der Alltag so mit sich bringt, in den Hintergrund geschoben wird? Wenn die Aufmerksamkeit für den Partner nachlässt und sich Nähe nur mehr als räumliche Dimension manifestiert – zum Beispiel, weil Sie sich beim Essen gegenübersitzen oder beim Wocheneinkauf im Auto nebeneinander?
Apropos Nähe: Diese scheint eine wichtige Rolle dabei zu spielen, warum wir überhaupt Sex haben wollen. – Allerdings gibt es hier durchaus Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Denn während Männer durch Sex Nähe herstellen möchten, brauchen Frauen Nähe und Intimität meist als Voraussetzung dafür. (Ahlers 2017a) Anders als beim Mann spielen bei der Frau die körperliche Erregung und der Ausblick auf den Orgasmus zunächst keine so große Rolle. Frauen stellen vielmehr die Qualität in den Vordergrund, auch wenn es um die sexuellen Stimuli geht: Sie bevorzugen ein romantisches Ambiente, ein gutes Gespräch, und ihre Fantasien kreisen um Hingabe und große Gefühle. Männer dagegen sprechen vor allem auf visuelle Reize an, sind meist schnell erregt und reagieren kaum auf irgendwelche Störenfriede – sei es die To-do-Liste vor dem Urlaub oder das Meeting mit dem Chef am nächsten Tag. Ganz im Gegenteil: Für Männer ist Sex das perfekte Mittel, um Stress oder Anspannung abzubauen. Für Frauen meist undenkbar, deren Kopf erst frei sein muss, um sich auf sexuelles Vergnügen überhaupt einlassen zu können.
Sexualmythen des Mannes
•Männer können und wollen jederzeit.
•Sex ist gleich Geschlechtsverkehr.
•Beim Sex zeigt ein richtiger Mann, was er kann.
•Beim Sex geht es um einen steifen Penis und was man damit machen kann.
•Zum guten Sex gehört ein Orgasmus.
•Guter Sex ist spontan, da gibt es nichts zu planen oder zu reden.
•Jede Berührung ist sexuell oder sollte zu Sex führen.
•Echte Männer haben keine Sexprobleme.
(nach Zilbergeld 2000)
Frauen ticken hier also ganz anders. Oft entsteht ihr sexuelles Verlangen erst in der sexuellen Interaktion, ganz nach dem Sprichwort „Der Appetit kommt beim Essen“. Sie ergreifen weniger oft die Initiative und antworten eher auf einen Stimulus, etwa die Avancen des Partners oder andere Motive, die eigentlich nichts mit Sex zu tun haben. Sexuelle Erregung wird dabei mehr zu einem mentalen Ereignis als bei Männern. Das bedeutet aber auch: Frauen werden in ihrer Erregung und Leidenschaft leichter gestört.
Sexualmythen der Frau
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