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Parkinson=s is a chronic disease with unique characteristics and complications. This volume helps in understanding the problems faced by people with Parkinson=s and provides practical guidance for professional caregivers as well as family members. In addition to specific nursing and medical care, the book also addresses special aspects of communication, nutrition, the psychosocial situation and activating treatment. As a supplement to this revised new edition, the e-learning platform ?Online Pflegeschule & Parkinson= (Parkinson Online Nursing Course; www.online-pflegeschule.de) provides an opportunity to deepen the knowledge gained using podcasts and educational films.
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Seitenzahl: 240
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Die Autoren
Prof. Dr. med. Georg Ebersbach, Facharzt für Neurologie, Chefarzt, Kliniken Beelitz, Neurologisches Fachkrankenhaus für Bewegungsstörungen/Parkinson.
Dr. med. Thorsten Süß, Facharzt für Neurologie, Oberarzt, Kliniken Beelitz, Neurologisches Fachkrankenhaus für Bewegungsstörungen/Parkinson.
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Empfehlung
Merke
Definition
Warnung
Hinweis für die Pflegepraxis
Fallbeispiel
4., erweiterte und überarbeitete Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-038958-8
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-038959-5
epub: ISBN 978-3-17-038960-1
mobi: ISBN 978-3-17-038961-8
Das vorliegende Praxisbuch beschäftigt sich mit der Pflege von Menschen, die an Morbus Parkinson leiden.
Die Deutsche Parkinson Vereinigung e. V. begrüßt die Herausgabe dieses Buches und dankt den Autoren, dass sie es möglich machen, nicht nur den professionell Pflegenden, sondern auch den pflegenden Angehörigen das für die Pflege nötige Rüstzeug an die Hand zu geben.
Werden im ersten Teil des Praxisbuchs ausführlich die Vielschichtigkeit und die vielen Besonderheiten der neurodegenerativen Erkrankung Morbus Parkinson dargestellt, so gibt sich der zweite Teil ausgesprochen praxisnah.
Das vorliegende Buch nimmt den interessierten Leser mit auf eine Reise in das medizinische Spektrum der Parkinson-Erkrankung und des Parkinson-Syndroms einschließlich aller möglichen therapeutischen Maßnahmen.
Gleichermaßen führen die zu beachtenden pflegerischen Besonderheiten im zweiten Teil des Buches zu einem Verstehen der kommunikativen und psychosozialen Aspekte sowie der möglicherweise sich zeigenden Verhaltensänderungen, wie sie sich im Verlaufe der Krankheit einstellen können.
Eine Innovation, die besondere Erwähnung verdient, ist die Abstimmung dieses Buches auf die jetzt zur Verfügung stehende »Online Pflegeschule – Parkinson«, die mit Podcasts und Lehrfilmen ein komplementäres Weiterbildungsangebot liefert. Interessierte haben jetzt die Möglichkeit Lerninhalte dieses Buches durch die digitalen Medien zu vertiefen und zu ergänzen.
Zielsetzung dieses Buches und der »Online Pflegeschule – Parkinson« ist es, möglichst vielen professionell Pflegenden und pflegenden Angehörigen den Umgang mit den Besonderheiten der Parkinson-Erkrankung zu erleichtern und auf diesem Weg die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Ich freue mich, dass Sie sich für die Lektüre dieses Buches entschieden haben, und wünsche Ihnen viel Erfolg für Ihre pflegerische Tätigkeit.
Magdalene Kaminski
1. Vorsitzende der Deutschen Parkinson Vereinigung e. V.
Geleitwort
Einleitung
1 Grundlagen
1.1 Bedeutung pflegerischen Handelns bei der Parkinson-Krankheit
1.2 Geschichtlicher Hintergrund
1.3 Anatomie/Pathophysiologie
1.4 Epidemiologie
1.5 Symptome
1.6 Diagnose
1.7 Differentialdiagnosen
1.8 Zusatzuntersuchungen
1.9 Erkrankungsverlauf
1.10 Grundlagen: Das Wichtigste auf einen Blick
2 Therapie
2.1 Überblick
2.2 Orale Medikation
2.2.1 L-Dopa
2.2.2 Dopaminagonisten
2.2.3 COMT-Hemmer
2.2.4 MAO-B-Hemmer
2.2.5 Andere Medikamente
2.3 Eskalationstherapien
2.3.1 Tiefe Hirnstimulation (THS)
2.3.2 Infusions-Pumpentherapien
2.4 Aktivierende Therapie/Rehabilitation
2.5 Therapie: Das Wichtigste auf einen Blick
3 Pflegerische Aspekte
3.1 Allgemeines
3.2 Wirkschwankungen
3.3 Motorische Symptome
3.3.1 Feinmotorik
3.3.2 Fehlhaltung
3.3.3 Gangblockaden/Freezing
3.3.4 Stürze/Sturzprophylaxe
3.3.5 Transfer
3.3.6 Sprechen/Kommunikation
3.3.7 Schlucken/Ernährung
3.4 Motorische Symptome: Das Wichtigste auf einen Blick
3.5 Vegetative/sensorische Symptome
3.5.1 Kreislaufregulation
3.5.2 Gastrointestinale Probleme
3.5.3 Blasenentleerungsstörung
3.5.4 Sexualität
3.5.5 Temperaturregulationsstörungen
3.5.6 Atemstörung
3.5.7 Schlafstörungen
3.5.8 Schmerzen
3.5.9 Riechstörung
3.6 Vegetative Symptome: Das Wichtigste auf einen Blick
3.7 Psychische Symptome
3.7.1 Allgemeines
3.7.2 Depression
3.7.3 Impulskontrollstörungen
3.7.4 Halluzinationen/Wahn
3.7.5 Kognition/Demenz/Delir
3.8 Psychische Symptome: Das Wichtigste auf einen Blick
3.9 Pflegerische Aspekte bei atypischen Parkinson-Syndromen
4 Anhang
4.1 Sozialrechtliche Aspekte
4.2 Deutsche Parkinson Vereinigung und Selbsthilfegruppen
4.3 Glossar
4.4 Links
4.5 Danksagungen
4.6 Literaturverzeichnis
4.7 Abbildungsverzeichnis
4.8 Tabellenverzeichnis
Stichwortverzeichnis
»Parkinson« ist ein Begriff, der nicht zuletzt durch prominente Betroffene wie Michael J. Fox, Papst Johannes Paul II. oder Muhammad Ali einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt hat. Für die meisten Menschen ist »Parkinson« mit Begriffen wie »Zittern«, »Langsamkeit« und »Alter« verbunden. Im direkten Umgang mit Menschen, die von der Parkinson-Krankheit betroffen sind, wird aber deutlich, dass diese Krankheit mit vielen weiteren und teilweise einzigartigen Merkmalen verbunden ist. Auch junge Menschen können an Parkinson erkranken und die Folgen der Erkrankung beschränken sich nicht alleine auf die Beweglichkeit, sondern können den ganzen Menschen in seinem Wesen und in seinen vegetativen, intellektuellen und psychischen Funktionen betreffen: »Parkinson« hat viele verschiedene Gesichter und kann ganz unterschiedliche Auswirkungen auf die Schicksale der Betroffenen haben.
Für die Pflege und für das Miteinander mit Parkinson-Betroffenen ist es wichtig, die Vielschichtigkeit und die Besonderheiten dieser Erkrankung zu kennen. Durch das fundierte Verstehen der Parkinson-Krankheit werden die besonderen Probleme von Menschen mit Parkinson begreifbar und die Herausforderungen in der Pflege leichter zu bewältigen. Kompetente Fachpflege und verständnisvoller Umgang fördern das Wohlbefinden (von Betroffenen und Pflegenden!) und helfen, Selbständigkeit und Teilhabe des Betroffenen zu bewahren.
Das vorliegende Buch bietet Ihnen als Pflegekraft die Möglichkeit, sich entsprechend Ihrer eigenen, individuellen Arbeitsbedingungen weiterzubilden und Besonderheiten der Parkinson-Krankheit sowie die Situation der Betroffenen besser verstehen zu lernen.
Zur Ergänzung und Vertiefung der Lerninhalte steht seit Anfang 2021 unter dem Namen »Online Pflegeschule – Parkinson« eine internetbasierte Plattform zur Weiterbildung von Pflegekräften im Umgang mit Parkinson-Betroffenen zur Verfügung (www.online-pflegeschule.de). Die »Online Pflegeschule – Parkinson« bietet Podcasts, Videos und Textmaterialien zu allen pflegerisch relevanten Aspekten der Parkinson-Krankheit und kann somit jederzeit und überall, ohne zeitlich festgelegte Präsenzveranstaltungen absolviert werden. Insbesondere das begleitende Videomaterial stellt eine ideale Ergänzung zu den Inhalten dieses Buches dar.
Darüber hinaus besteht in Deutschland seit 2007 die Möglichkeit für eine Weiterbildung zur Fachpflegekraft für die Parkinson-Krankheit (Parkinson-Nurse) im stationären sowie zur Parkinson-AssistentIn (PASS) im ambulanten Bereich. Die Weiterbildung zur Parkinson-Nurse (bestehend aus Wochenend-Lehrgängen zu speziellen Themen sowie einer zweiwöchigen Hospitation in einer Parkinson-Fachklinik) wird in Zusammenarbeit mit der Deutschen Parkinson Vereinigung und der Deutschen Parkinson Gesellschaft angeboten. Parkinson-Nurses wirken in ihren Einsatzbereichen (aktuell ausschließlich im stationären Sektor) z. B. in engem Austausch mit dem ärztlichen Team direkt an der Betreuung Betroffener mit tiefer Hirnstimulation und Infusionspumpen mit, stehen auch über den stationären Aufenthalt hinaus als Ansprechpartner bei Versorgungsproblemen zur Verfügung und sind aktiv an der Durchführung klinischer Studien beteiligt. Parkinson-AssistentInnen unterstützen die spezialisierte Parkinson-Versorgung in fachärztlichen Praxen.
Die Vielschichtigkeit der Parkinson-Erkrankung macht eine multiprofessionelle Versorgung erforderlich. Während viele beteiligte Berufsgruppen (Ärzte, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen, Sozialarbeiter) meist nur kurze und sporadische Begegnungen mit den Betroffenen haben, befinden sich Pflegekräfte oft in einem durchgehenden und engen Kontakt. Neben den direkten pflegerischen Leistungen ergeben sich durch diese Schlüsselposition der Pflegekräfte bei der multiprofessionellen Versorgung zusätzliche Aufgaben.
Besonders Therapeuten und Ärzte sind auf die Beobachtungen und Einschätzungen der Pflegenden angewiesen, da die Momentaufnahmen der Sprechstunden, Visiten oder Therapiesitzungen kein vollständiges Bild von den oft wechselhaften Zuständen der Betroffenen vermitteln können. Pflegekräfte sind zudem erste Ansprechpartner für ein weites Spektrum an Fragen zu jedem Aspekt der Erkrankung, zur Medikation und zu Unterstützungsmöglichkeiten im Alltag sowohl von Seiten der Betroffenen selbst als auch deren Angehörigen. Auch innerhalb des pflegerischen Teams gehört eine Weitergabe von Wissen und Kenntnissen durch regelmäßige Fortbildungen zu den zentralen Aufgaben der geschulten Pflegekraft.
Diese zentrale und koordinierende Funktion der Pflegekraft innerhalb des therapeutischen Teams mag gerade im deutschsprachigen Bereich, wo die Akademisierung der Pflege weiterhin Neuland ist, ungewohnt sein. Multidisziplinäre Versorgungskonzepte bei Parkinson und anderen chronischen Erkrankungen finden aber international zunehmende Verbreitung und bieten die Chance für eine Verbesserung des individuellen Gesundheitszustandes, direktere Teilhabe der Betroffenen, verbesserte Work-Life-Balance der Mitarbeiter und effektive Kostenkontrolle.
»Die ersten Erscheinungen dieser Krankheit sind derart flüchtig und fast unmerklich, […] dass der Patient sich nur selten an den präzisen Zeitpunkt ihres Beginns erinnern kann. Die ersten wahrgenommenen Symptome sind ein leichtes Schwächegefühl sowie die Neigung, an einem bestimmten Körperteil zu zittern. […] Nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne, […] macht sich der krankhafte Einfluss in einem anderen Körperteil bemerkbar. Einige Monate später scheint der Patient seine üblicherweise aufrechte Haltung nicht mehr so gut einnehmen zu können. Das Gehen ist so erschwert, dass es ohne beträchtliche Aufmerksamkeit nicht mehr gelingt. Die Beine können nicht mehr so weit oder so schnell gehoben werden, wie es der Wille verlangt. Zur Vermeidung von wiederholten Stürzen [ist] äußerste Vorsicht geboten.«
James Parkinson
Diese Zeilen, verfasst im Jahr 1817 von James Parkinson, sind Teil der berühmten »Abhandlung über die Schüttellähmung«. In diesem Buch beschreibt der Autor, ein Londoner Arzt, ein neues Krankheitsbild, dass er bei insgesamt sechs Patienten beobachtet hatte.
James Parkinson (1755–1824) war ein typischer Mensch der Aufklärung, der auch nach seiner Ausbildung zum Wundarzt und neben seiner Tätigkeit als Arzt in der von seinem Vater übernommenen Praxis vielfältige Interessen an allen Bereich der Wissenschaft zeigte. Er war Begründer der heute noch bestehenden Londoner Geologischen Gesellschaft, verfasste eine Vielzahl medizinischer, soziologischer und geologischer Abhandlungen und war aktiv im Bereich sozialer und politischer Reformbewegungen. Sein bekanntestes Werk blieb aber die Abhandlung über die Schüttellähmung von 1817. Nachdem die Veröffentlichung durchaus auf ein positives Echo gestoßen war, dauerte es trotzdem noch knappe 60 Jahre, bis die Erkrankung den Namen »Morbus Parkinson« erhielt. Hierfür verantwortlich war Jean-Martin Charcot, ein französischer Neurologe, der in seiner Pariser Klinik ebenfalls viele Patienten mit dem von James Parkinson beschriebenen Krankheitsbild beobachtet hatte. In diesem Zusammenhang war ihm aufgefallen, dass die Bezeichnung »Schüttellähmung« für die Erkrankung unpassend war, da nur ein Teil der Patienten an einem Tremor litt und dass vielmehr bei allen Patienten eine allgemeine Bewegungsverlangsamung im Vordergrund stand. Er schlug daher erstmalig die Bezeichnungen »Parkinson-Erkrankung« oder »Morbus Parkinson« vor. Für seine Vorlesungen fertigte Charcot eine Vielzahl von Zeichnungen und Abbildungen, die auch heute noch beeindruckende und lehrreiche Bilder der verschiedenen Krankheitssymptome darstellen ( Abb. 1).
Auch wenn die Erkrankung Ende des 19. Jahrhunderts unter ihrem neuen Namen in der wissenschaftlichen Literatur etabliert war, blieben Ursache und Therapieoptionen weiter unklar. Erst 1963 wurden bei Autopsiestudien an Parkinson-Betroffenen Veränderungen im Bereich einer bestimmten Struktur im Mittelhirn, der Substantia nigra, gefunden. Da diese Gehirnregion eine zentrale Rolle in der Produktion des Botenstoffes Dopamin spielt, war somit 150 Jahre nach der ersten Beschreibung der Symptome durch James Parkinson erstmals ein Zusammenhang zwischen der Erkrankung und einem Mangel an Dopamin hergestellt.
Abb. 1: Fotografie eines Parkinson-Betroffenen aus der Dissertation eines Studenten von Jean Martin Charcot (aus: Lewis et al. 2020).
Substantia nigra
Die Substantia nigra (lat. schwarze Substanz) ist Teil einer Ansammlung von Nervenzellen im Gehirn, die in ihrer Gesamtheit als Basalganglien bezeichnet werden und die eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Ausführung von Willkürbewegungen haben. Einer der wichtigsten Neurotransmitter (Botenstoffe) für die Weitergabe von Nervenimpulsen innerhalb der Basalganglien ist Dopamin, welches v. a. in den Zellen der Substantia nigra produziert und gespeichert wird. Der aus dem Untergang von Nervenzellen in der Substantia nigra resultierende Mangel an Dopamin beeinträchtigt die Funktion der Basalganglien und führt dadurch zu einer Störung der Bewegungskontrolle. Da diese Veränderungen langsam entstehen und fortschreiten, werden auch die Symptome nur schleichend sichtbar. Meist sind zum Zeitpunkt der ersten Bewegungsstörungen bereits ein Großteil der dopaminproduzierenden und -speichernden Zellen untergegangen ( Abb. 2).
Alpha-Synuklein
Auf der Suche nach den Gründen für den Zelluntergang in der Substantia nigra fielen bei Untersuchungen an Gehirnen verstorbener Parkinson-Betroffener Ansammlungen von Alpha-Synuklein auf. Alpha-Synuklein ist ein Eiweißstoff, der natürlicherweise in vielen Gehirnregionen vorkommt. Aus bislang unbekanntem Grund kommt es bei der Parkinson-Krankheit zu einer zunehmenden Verklumpung von Alpha-Synuklein, wodurch der Zellstoffwechsel gestört wird und es schließlich zum Untergang der betroffenen Nervenzellen kommt. Die Alpha-Synuklein-Ansammlungen können sich schließlich langsam von Zelle zu Zelle ausbreiten und so zum Fortschreiten der Erkrankung führen. Mikroskopisch sichtbare Ablagerungen von Alpha-Synuklein werden nach ihrem Erstbeschreiber »Lewy-Körperchen« genannt und als spezifisches Merkmal für die Parkinson-Erkrankung gewertet.
Abb. 2: Lokalisation der Substantia nigra innerhalb des Gehirns (links) und Gegenüberstellung der Substantia nigra bei einem Gesunden und bei einem Parkinson- Betroffenen (rechts).
Die »Alpha-Synuklein-Hypothese« zur Entstehung der Parkinson-Krankheit erhielt durch die Forschung des Frankfurter Pathologen Braak seit Beginn des neuen Jahrtausends eine weitere Dimension. Braak und seine Mitarbeiter stellten die Überlegung auf, dass die Ablagerungen von Alpha-Synuklein nicht in der Substantia nigra beginnen, sondern erst zu einem bereits fortgeschrittenen Zeitpunkt eines längeren Prozesses in dieser Hirnregion auftreten. Es konnte gezeigt werden, dass die ersten Ablagerungen von Alpha-Synuklein im Riechnerven und den Nervenzellen des Magen-Darm-Traktes nachweisbar sind und sich dann in einem sehr langsamen Prozess über den Hirnstamm in die Substantia nigra und schließlich auch darüber hinaus in das Großhirn ausbreiten. Diese mikroskopischen Beobachtungen finden ihre Entsprechung in Symptomen, die häufig vor den für Parkinson typischen Bewegungseinschränkungen auftreten – wie eine Störung des Riechvermögens oder eine chronische Verstopfung. Nach dem Erreichen der Substantia nigra kommt es zu den typischen motorischen Symptomen der Erkrankung, welche schließlich eine Diagnose der Parkinson-Erkrankung ermöglichen. In fortgeschrittenen Stadien, wenn die Zellveränderungen auch das Großhirn erreicht haben, treten v. a. psychiatrische Symptome wie Demenz oder Halluzinationen auf.
Die Ursache dieses langsam fortschreitenden Zelluntergangs ist jedoch auch heute nach vielen Jahrzehnten intensiver Forschungsanstrengungen ungeklärt. Umweltfaktoren werden als Ursache diskutiert, zumal der vermutete Beginn der Veränderungen im Riechnerven und im Darm nahelegt, dass aus der Umwelt (über die Riech- bzw. die Darmschleimhaut) aufgenommene Stoffe zu den Veränderungen beitragen könnten. Darüber hinaus können genetische Faktoren eine Rolle spielen. Die direkte Vererbung der Parkinson-Erkrankung innerhalb einer Familie stellt eine Ausnahme dar, das Risiko an Parkinson zu erkranken kann aber durch verschiedene genetische Faktoren beeinflusst werden. Letztlich entscheidet eine komplexe Wechselwirkung verschiedener fördernder und hemmender Umwelt- und Erbfaktoren über die Entstehung der Parkinson-Erkrankung.
Derzeit beschränkt sich die medikamentöse Behandlung der Parkinson-Erkrankung noch überwiegend auf den Ersatz des fehlenden Dopamins und damit auf eine Linderung der Symptome. Das wachsende Verständnis für die molekularen Grundlagen der Erkrankung eröffnet aber die Möglichkeit für die Entwicklung von Therapien, die in der Lage sind, den Krankheitsprozess zu beeinflussen.
Schätzungen zufolge waren im Jahr 2016 weltweit etwa sechs Millionen Menschen an Parkinson erkrankt. Für Deutschland geht man für den gleichen Zeitpunkt von etwa 160.000 Betroffenen aus. Das ist deutlich geringer als jene 1,5 Millionen Menschen, die im Jahr 2018 an Demenz-Erkrankungen litten, aber ungefähr vergleichbar mit Zahlen für Betroffene der Multiplen Sklerose (ca. 200.000 Betroffene in Schätzungen von 2014). Für die Parkinson-Erkrankung handelt es sich dabei im Vergleich zu 1990 um einen Anstieg der Patientenzahl um etwa 15 %. Die Häufigkeit der Erkrankung nimmt mit steigendem Lebensalter deutlich zu, nur etwa 5 % aller Betroffenen erkranken vor dem 50. Lebensjahr und in der Altersgruppe der 80-Jährigen sind etwa vier- bis fünfmal mehr Menschen betroffen als in der Altersgruppe der 60-Jährigen ( Abb. 3).
Durch die Zunahme der Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten wird weltweit ein deutlicher Anstieg der Erkrankungszahlen für die Parkinson-Erkrankung in den nächsten Jahrzehnten erwartet.
Abb. 3: Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) der Parkinson-Erkrankung nach Alter und Geschlecht (in Prozent).
Im Geschlechterverhältnis sind Männer etwa 1,4 Mal häufiger betroffen als Frauen.
Kardinalsymptome
Von einem Parkinson-Syndrom spricht man, wenn die hierfür charakteristischen motorischen Symptome vorliegen, die auch als Kardinalsymptome (von lat. cardinalis - »wichtig, vorzüglich«) bezeichnet werden. Zu den Kardinalsymptomen zählt man Bradykinese, Rigor und (Ruhe-)Tremor. Manche Diagnosekriterien führen auch die posturale Instabilität als Kardinalsymptom auf.
Bradykinese
Der Begriff Bradykinese stammt aus dem griechischen und setzt sich aus »brady« (langsam) und »kinese« (Bewegung) zusammen. Manchmal werden auch die Begriffe Hypokinese (Ausmaß/Amplitude der Bewegungen vermindert) oder Akinese (Schwierigkeiten, eine Bewegung überhaupt zu beginnen) verwendet. Da die Erkrankung häufig einseitig und langsam zunehmend beginnt, fällt die Bradykinese anfangs oft nur im Seitenvergleich oder nur bei bestimmten Bewegungsabläufen auf. Bei der klinischen Untersuchung werden verschiedene Bewegungen an beiden Körperseiten verglichen (häufig werden hierfür eine Drehbewegung in den Handgelenken, das wiederholte Öffnen und Schließen der Faust oder schnelles Tippen von Daumen und Zeigefinger genutzt). Verteilung und Schwere der Bradykinese können stark variieren, letztlich kann aber jede Willkürbewegung betroffen sein.
Typische Formen der Bradykinese können u. a. sein:
• Starrer Gesichtsausdruck (Hypomimie) und leises (hypophones) Sprechen
• Verkleinerung des Schriftbildes (Mikrographie)
• Einschränkung in der Feinmotorik, z. B. beim Zähneputzen, beim Rasieren oder beim Kämmen sowie Schwierigkeiten beim Knöpfen eines Hemdes oder dem Binden der Schuhe
• verlangsamtes/kleinschrittiges Gangbild, vermindertes Mitschwingen des Armes der betroffenen Seite
Bei der Diagnose stellt die Bradykinese das zentrale Kardinalsymptom dar: ein Parkinson-Syndrom kann ohne Vorliegen einer Bradykinese nicht diagnostiziert werden.
Rigor
Rigor ist ein lateinischer Ausdruck für »Starrheit« und wird im Zusammenhang der Parkinson-Erkrankung als Bezeichnung für Muskelsteifigkeit verwendet. Von Betroffenen wird dies gelegentlich mit dem Gefühl verglichen, in einer Rüstung oder einem Gipsverband zu stecken. Begleitend bestehen häufig Schmerzen und/oder Missempfindungen, welche – insbesondere wenn sie im Bereich der Schulter oder des Nackens auftreten – zu Beginn der Erkrankung häufig als Zeichen einer orthopädischen oder rheumatologischen Erkrankung verkannt werden.
Ein Untersucher bemerkt den Rigor beim Bewegen des betroffenen Armes durch einen erhöhten Widerstand, welcher beim Auftreten des sog. »Zahnradphänomens« einen abgehackten und ruckartigen Eindruck – wie bei einem Zahnrad – machen kann. Ursächlich liegt dem Zahnradphänomen ein häufig nicht sichtbarer Tremor zugrunde, der sich dem Rigor überlagert.
Ein Rigor der Rumpfmuskulatur kann Ursache für gebeugte Körperhaltung sein, manchmal zeigt sich zudem besonders beim Gehen eine verkrampft angewinkelte Haltung der Arme. Bei starkem Rigor der Nackenmuskulatur kann es zum sog. Kopfkissenphänomen kommen. Wie durch ein unsichtbares Kopfkissen abgestützt, sinkt der Kopf beim Hinlegen erst mit deutlicher Verzögerung auf die Unterlage.
(Ruhe-)Tremor
Der lateinische Ausdruck »Tremor« bedeutet Zittern. Nachdem James Parkinson der später nach ihm benannten Erkrankung zunächst die Bezeichnung Schüttellähmung (»shaking palsy«) gegeben hatte, wurde der Tremor über lange Zeit als gleichbedeutend mit der Erkrankung gesehen. Da aber etwa 25 % aller Parkinson-Betroffenen während der gesamten Krankheitsdauer niemals unter einem Tremor leiden und gleichzeitig eine Vielzahl anderer Erkrankungen ebenfalls zu einem Tremor führen kann, ist es wichtig, das Auftreten eines Tremors nicht mit der Diagnose der Parkinson-Erkrankung gleichzusetzen.
Darüber hinaus ist eine genaue Beobachtung des Zitterns erforderlich, um die besonderen Eigenschaften des Parkinson-Tremors zu erkennen. Der typische Parkinson-Tremor ist ein Ruhetremor, der v. a. zu Beginn der Erkrankung eher langsam ist (4–6 Hz) und nur eine Körperseite betrifft. Da zumeist die Finger betroffen sind, ergibt sich das typische Bild eines »Pillendrehertremors«. Im Verlauf einer Parkinson-Erkrankung kann sich der Tremor auch auf die andere Körperseite ausbreiten und Lippen, Kinn oder Beine betreffen.
Typischerweise nimmt der Parkinson-Tremor beim Beginn einer Willkürbewegung oder beim Wechsel von einer Ruhe- in eine Halteposition ab und wird erst nach einer gewissen Zeit wieder stärker. Auch ein Zittern bei zielgerichteten Bewegungen kommt bei Parkinson seltener vor – Essen und Trinken sind also trotz eines möglicherweise in Ruhe sehr ausgeprägten Tremors häufig gut möglich. Im Schlaf tritt der Parkinson-Tremor nicht auf, eine abendliche oder nächtliche Tremorsymptomatik kann aber das Einschlafen behindern.
Häufig ist beim Tremor ein Zusammenhang mit wechselnden emotionalen Zuständen des Betroffenen zu beobachten. Jede Form von Stress (positiv oder negativ), Unruhe, Angst, Aufregung aber auch Konzentration können zu einem Auftreten oder einer Zunahme des Tremors führen.
Posturale Instabilität
Die Bezeichnung dieses Kardinalsymptoms leitet sich von dem lateinischen Ausdruck »postura« (Haltung) ab, man kann daher auch von Haltungsinstabilität oder Gleichgewichtsstörung sprechen.
Das Gleichgewicht wird normalerweise über automatisch ablaufende Reflexe gesteuert, welche bei der Parkinson-Erkrankung vermindert sein können. Hieraus resultiert eine mangelnde Stabilität mit erhöhtem Sturzrisiko insbesondere bei plötzlichen Störungen des Gleichgewichtes. Die Betroffenen sind immer weniger in der Lage, sich selbst abzufangen, wenn sie aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Dieses Problem wird häufig durch die gleichzeitig bestehende Bradykinese und die damit verbundene Verlangsamung der Schutzreflexe (z. B. Abfangen des Körpers mit den Armen) verstärkt. Die Fähigkeit, das Gleichgewicht im ruhigen Stand aufrecht zu erhalten, ist häufig nicht betroffen.
In der klinischen Untersuchung führt man eine plötzliche Störung des Gleichgewichtes durch einen schnellen Zug an den Schultern des Betroffenen herbei und beobachtet die Reaktion. Als auffällig wird die Untersuchung bewertet, wenn der Betroffene mehr als einen Ausfallsschritt oder gar die Hilfe des Untersuchers benötigt, um sich abzufangen.
Im Gegensatz zu den anderen Kardinalsymptomen tritt eine posturale Instabilität erst im späteren Verlauf der Parkinson-Krankheit auf – bei frühzeitigen Gleichgewichtsstörungen oder häufigen Stürze in den ersten Krankheitsjahren sollte die Diagnose hinterfragt werden.
Parkinson-Syndrom
Von einem Parkinson-Syndrom spricht man, wenn neben der Bradykinese (obligates Kardinalsymptom) noch ein weiteres Kardinalsymptom vorliegt. Die Diagnose »Parkinson-Syndrom« beschreibt also eine Kombination von Symptomen, sagt aber noch nichts über die Ursache der Bewegungsstörungen aus. Neben der eigentlichen Parkinson-Erkrankung (auch »Morbus Parkinson« oder »idiopathisches Parkinson-Syndrom« genannt) können z. B. auch Hirninfarkte, Medikamentennebenwirkungen oder Stoffwechselstörungen zu einem Parkinson-Syndrom führen.
Nicht-motorische Symptome
Bereits James Parkinson hatte bei seinen Beobachtungen neben den motorischen Symptomen eine Vielzahl anderer Probleme bei seinen Patienten beobachtet, z. B. Schlafstörungen, Schmerzen und Verdauungsprobleme. Trotzdem wurde die Parkinson-Erkrankung über lange Zeit als eine reine Störung des motorischen Systems angesehen. Erst in den letzten Jahrzehnten wurden die sog. nicht-motorischen Symptome zunehmend in ihrer Bedeutung für die Betroffenen wahrgenommen und erforscht.
Die Zahl möglicher nicht-motorischer Symptome ist groß und fast jeder Parkinson-Betroffene leidet im Laufe der Erkrankung auch an verschiedenen nicht-motorischen Symptomen. Das Spektrum reicht von Blasen- und Kreislaufregulationsstörungen über Verstopfung (Obstipation), vermindertem Riechvermögen (Hyposmie), Schwitzen, Schmerzen und gestörter Sexualität, Schlafstörungen, Depressionen, Störungen von Aufmerksamkeit und Gedächtnis bis hin zu einer Demenz. Einige dieser Symptome (insbesondere Hyposmie, Obstipation, Schlafstörungen und Depression) treten häufig schon frühzeitig und teilweise sogar vor den motorischen Symptomen auf. Insgesamt nimmt die Belastung durch nicht-motorische Symptome aber typischerweise im Krankheitsverlauf zu ( Abb. 4).
Abb. 4: Nicht-motorische Symptome der Parkinson-Krankheit
Eine grobe Einteilung dieser Symptome ist durch die Kategorien »vegetative« und »psychische« Symptome möglich. Der Ausdruck »vegetativ« bezieht sich in diesem Zusammenhang auf das vegetative Nervensystem, welches für die Kontrolle von inneren Organen und anderen nicht-willentlich gesteuerten Körperfunktionen zuständig ist. Alternativ ist auch die Bezeichnung »autonomes« Nervensystem gebräuchlich. Wichtige Funktionen des vegetativen Nervensystems sind die Kontrolle von Harnblase und Teilen der Sexualfunktion, Darm, Herz-/Kreislauf, Schweiß-/Talgproduktion, Tag-/Nacht-Rhythmus und Hautdurchblutung.
Inzwischen ist bekannt, dass die nicht-motorischen Symptome von den Betroffenen teilweise als belastender wahrgenommen werden und die Lebensqualität stärker beeinträchtigen als die motorischen Symptome. Dies ist besonders bedeutsam, da der Zusammenhang der nicht-motorischen Symptome mit der Parkinson-Erkrankung auch heute häufig nicht erkannt wird und eine adäquate Behandlung ausbleibt.
Die Diagnose einer Parkinson-Erkrankung kann häufig ohne weitere technische Zusatzuntersuchung nach Befragung, klinischer Untersuchung und Beurteilung durch einen erfahrenen Neurologen gestellt werden.
Der erste Schritt in diesem Prozess ist die Feststellung, ob tatsächlich ein »Parkinson-Syndrom« vorliegt. Da Parkinson-Syndrome durch verschiedene Erkrankungen ausgelöst werden können, muss im nächsten Schritt die Zuordnung zu einer spezifischen Krankheit erfolgen. Wegweisend hierfür ist das Vorliegen weiterer neurologischer oder nicht-neurologischer Symptome sowie das Ansprechen auf Dopamin-Ersatzmedikamente. Unterstützend können auch bildgebende Untersuchungen (MRT, SPECT – s. u.) eingesetzt werden, ein spezifischer Labortest existiert nicht.
idiopathische Parkinson-Erkrankung
Der großen Mehrheit von > 70 % aller Parkinson-Syndrome liegt als Ursache die sog. idiopathische Parkinson-Krankheit zugrunde. Andere Bezeichnungen für diese Erkrankung sind idiopathisches Parkinson-Syndrom (IPS) oder Morbus Parkinson. Wenn in diesem Buch von »Parkinson-Krankheit« die Rede ist, so ist diese Form gemeint.
Für die Abgrenzung der Parkinson-Krankheit von anderen Parkinson-Syndromen gibt es weitere Kriterien: für eine idiopathische Parkinson-Erkrankung sprechen z. B. ein Seitenunterschied in der Ausprägung der Symptome, ein typischer Erkrankungsverlauf sowie ein Ansprechen auf Parkinson-Medikamente. Letzteres kann im Rahmen eines sog. L-Dopa-Tests geprüft werden.
Ansprechen auf L-Dopa
L-Dopa (oder Levodopa) ist eine Vorstufe von Dopamin und wird häufig zur Behandlung der idiopathischen Parkinson-Krankheit angewendet. Der L-Dopa-Test besteht aus einer standardisierten Untersuchung, bei der alle motorischen Kardinalsymptome erfasst und mittels eines Zahlenwertes beurteilt werden. Anschließend erhält der Betroffene eine Testdosis L-Dopa und wird etwa 30–60 Minuten nach Einnahme erneut in gleicher Weise untersucht. Die Summen der Punktwerte vor und nach der Medikamentengabe werden verglichen, bei einer Verbesserung um mindestens 30 % wird der Test als positiv gewertet. Ein positiver L-Dopa-Test spricht für das Vorliegen einer idiopathischen Parkinson-Erkrankung.
Ein negativer Ausfall des L-Dopa-Tests bedeutet allerdings nicht automatisch, dass eine idiopathische Parkinson-Erkrankung auszuschließen ist. Nach negativem Ausfalls des akuten L-Dopa-Tests wird häufig für einen begrenzten Zeitraum (meist etwa drei Monate) eine Dauertherapie mit L-Dopa begonnen (»chronischer Dopa-Test«), welche dann bei ca. 30 % der Betroffenen mit negativem akuten L-Dopa-Test doch noch zu einer positiven Wirkung führt.
Alternativ zu L-Dopa kann auch das Medikament Apomorphin bei sonst unverändertem Test-Ablauf zur Überprüfung des Ansprechens auf eine Medikamentenbehandlung verwendet werden. Apomorphin wird im Gegensatz zu L-Dopa nicht oral eingenommen sondern als subkutane Injektion verabreicht. Aufgrund der höheren Wahrscheinlichkeit für Nebenwirkungen (v. a. Übelkeit und Kreislaufprobleme) wird diese Variante im klinischen Alltag allerdings deutlich seltener verwendet.
Bei der idiopathischen Parkinson-Erkrankung handelt es sich um eine neurodegenerative Erkrankung, der ein fortschreitender Verlust von Nervenzellen zugrunde liegt.
atypische Parkinson-Syndrome
Unterscheiden lässt sich die idiopathische Parkinson-Erkrankung von anderen, ebenfalls neurodegenerativ bedingten Erkrankungen, die als atypische Parkinson-Syndrome bezeichnet werden.
Zu den atypischen Parkinson-Syndromen gehören u. a. die Multisystematrophie (MSA), die progressive supranukleäre Blickparese (PSP) und die Demenz mit Lewy-Körperchen (DLK). All diese haben gemeinsam, dass sie deutlich seltener sind als die idiopathische Parkinson-Krankheit, dass die Dopamin-Ersatzmedikamente keine oder nur eine sehr geringe Wirkung auf die Symptome zeigen und dass der Verlauf häufig schneller und aggressiver ist.
Multisystematrophie (MSA)
Neben Bradykinese und Rigor (die aber im Gegensatz zur idiopathischen Parkinson-Erkrankung nur selten eine eindeutige Seitenbetonung aufweisen und eher symmetrisch ausgeprägt sind) kommt es bei der Multisystematrophie bereits früh im Krankheitsverlauf zu ausgeprägten vegetativen Störungen, welche insbesondere die Blasen- (Harnverhalt, Inkontinenz) und Kreislauf-Funktion (orthostatische Hypotonie) betreffen. Ein Tremor tritt deutlich seltener auf bzw. nur selten in der Form des klassischen Ruhetremors. Gleichgewichtsstörungen sind bei einem Teil der Betroffenen schon frühzeitig zu beobachten. Gerade zu Beginn der Erkrankung sind die Unterschiede zu einer idiopathischen Parkinson-Erkrankung so diskret, dass die Abgrenzung auch erfahrenen Neurologen schwerfallen kann. Die Symptome schreiten häufig schnell voran, sodass ein Großteil der Betroffenen nach kurzer Zeit (meist 3–5 Jahre) zumindest zeitweise auf einen Rollstuhl bzw. pflegerische Unterstützung angewiesen ist. Demenz-Symptome sind selten.
Progressive supranukleäre Blickparese (PSP)
Sehr frühzeitig im Krankheitsverlauf kommt es bei der progressiven supranukleären Blickparese aufgrund einer ausgeprägten Stand- und Gangunsicherheit zu Stürzen. Typisch (und namensgebend!) ist eine zunehmende Einschränkung der Augenbewegungen. Insbesondere die Blickwendung nach oben und unten ist zunächst langsamer und schwerfälliger bis schließlich eine vollständige Lähmung der Augenbewegungen in diese Richtungen besteht (die sog. Blickparese). Ein drittes, häufig zu beobachtendes Symptom ist eine zunehmende dementielle Entwicklung, welche durch die begleitende Störung von Aufmerksamkeit, Einsichtsvermögen und Verhaltenskontrolle das Risiko für Stürze zusätzlich erhöht. In den letzten Jahren wurde festgestellt, dass es verschiedene Varianten der PSP mit unterschiedlichen Symptom-Schwerpunkten gibt. Hierzu zählen z. B. das PSP-Richardson-Syndrom, bei dem die oben genannten Symptome häufig besonders ausgeprägt sind oder PSP-Parkinsonismus, der besonders zu Beginn ganz ähnlich wie eine idiopathische Parkinson-Erkrankung verläuft.
Demenz mit Lewy- Körperchen (DLK)
Charakteristisch für die Demenz mit Lewy-Körperchen ist das frühzeitige Auftreten einer Demenz mit oder sogar vor dem Auftreten von motorischen Parkinson-Kardinalsymptomen. Außerdem bestehen häufig ausgeprägte Halluzinationen, Schwankungen der Vigilanz (Wachheit) im Tagesverlauf sowie ein gestörter Tag-/Nacht-Rhythmus mit nächtlicher Unruhe. Problematisch für die Behandlung ist, dass die Gabe von L-Dopa zwar zu einer Besserung der Bewegungsstörung führt, aber gleichzeitig auch das Auftreten von Halluzinationen begünstigt bzw. diese verstärken kann. Betroffene reagieren zudem häufig mit Nebenwirkungen insbesondere auf die Gabe von Neuroleptika (Medikamente gegen Halluzinationen), was die Behandlung deutlich erschwert und eine große Belastung für Pflegekräfte und Angehörige darstellt.
Symptomatische Parkinson-Syndrome
Im Gegensatz zu den idiopathischen bzw. atypischen Parkinson-Syndromenkommt es bei den symptomatischen Parkinson-Syndromen nicht zu einem neurodegenerativen Prozess. Zu den symptomatischen Parkinson-Syndrome zählen u. a. das medikamenten-induzierte Parkinson-Syndrom, das vaskuläre Parkinson-Syndrom und der Normaldruckhydrozephalus, auf welche aufgrund ihrer hohen Relevanz im klinischen Alltag unten kurz genauer eingegangen wird. Außerdem können auch Schwermetalle (Mangan), Infektionen (HIV), Stoffwechselerkrankungen (Morbus Wilson) oder wiederholte Schädel-Hirn-Traumata (z. B. bei Boxern) ein symptomatisches Parkinson-Syndrom auslösen.
Vaskuläres Parkinson-Syndrom