4,99 €
Philosophen aller Epochen von der Antike bis ins 21. Jahrhundert haben immer wieder, wenn auch oft unter ganz anderen Voraussetzungen oder mit anderen Zielen, über dieselben grundlegenden Dinge nachgedacht. Über das Glück und über die Liebe, über Ethik und Moral, über Politik und Religion, über Sprache und Wissenschaft. Alain Stephen verfolgt in diesem Buch, welche Theorien und Argumente dabei jeweils von Bedeutung waren, und erzählt anhand dieser Themen eine Geschichte der Philosophie, die zum Mit- und Weiterdenken wie geschaffen ist. Ein Buch für alle, die den großen Fragen des Lebens ein Stück näherkommen möchten.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 169
Alain Stephen
PHILOSOPHIE
MAL EINFACH
Alles, was man wissen muss
Aus dem Englischen von
Hubert Mania
Anaconda
Titel der englischen Originalausgabe:Philosophy for Busy People. Everything you need to knowFirst published in Great Britain in 2019 by Michael O’Mara Books Limited, London.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.
Lizenzausgabe mit freundlicher Genehmigung© dieser Ausgabe 2020 Anaconda Verlag GmbH, KölnEin Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbHAlle Rechte vorbehalten.Umschlagmotiv: shutterstock.com/painterrUmschlaggestaltung: www.katjaholst.de
ISBN [email protected]
Einleitung: Auf der Suche nach der Wahrheit
1Alles Wissenswerte über diePHILOSOPHIE DES GLÜCKS
2Alles Wissenswerte über diePHILOSOPHIE DER ETHIK UND MORAL
3Alles Wissenswerte über dieWISSENSCHAFTSPHILOSOPHIE
4Alles Wissenswerte über diePHILOSOPHIE DER POLITIK UND DER MACHT
5Alles Wissenswerte über dieRELIGIONSPHILOSOPHIE
6Alles Wissenswerte über dieSPRACHPHILOSOPHIE
7Alles Wissenswerte über diePHILOSOPHIE DER LIEBE
8Alles Wissenswerte über diePHILOSOPHIE DER ZUKUNFT
Anhang – Philosophische Begriffe
Ausgewählte Literatur
Dank
Register
Die Wahrheit ist von dieser Welt, in dieser wird sie aufgrund vielfältiger Zwänge produziert, verfügt sie über geregelte Machtwirkungen. Jede Gesellschaft hat ihre eigene Ordnung der Wahrheit: d. h. sie akzeptiert bestimmte Diskurse, die sie als wahre Diskurse funktionieren lässt; es gibt Mechanismen und Instanzen, die eine Unterscheidung von wahren und falschen Aussagen ermöglichen und den Modus festlegen, in dem die einen oder anderen sanktioniert werden; es gibt bevorzugte Techniken und Verfahren zur Wahrheitsfindung; es gibt einen Status für jene, die darüber zu befinden haben, was wahr ist und was nicht.
MICHEL FOUCAULT (1977)
Heutzutage rauscht das Leben manchmal unfassbar schnell an uns vorbei. Umso wichtiger ist es daher, uns Zeit zur Besinnung zu nehmen und um über unsere Vorstellungen nachzudenken. Sokrates (469–399 v. Chr.) soll über das Orakel gesagt haben: »Unter euch, ihr Menschen, ist der der Weiseste, der wie Sokrates einsieht, dass er in der Tat nichts wert ist, was die Weisheit anbelangt«. Mit anderen Worten: Menschen, die anerkennen, dass sie eigentlich nichts wissen, sind wirklich weise. Nicht etwa, weil sie einer höheren Weisheit anhängen als andere Sterbliche, sondern weil sie wissen, dass dies nicht der Fall ist. Die Suche nach der Wahrheit und die Formulierung von Fragen sind der wahre Zweck der Philosophie. Für manchen Hobbyphilosophen klingt der Titel des Buches womöglich wie ein Widerspruch in sich. »Philosophie« und »Einfachheit«. Die Philosophie ist ihrem Wesen nach ein aktives, »wohlüberlegtes« Streben nach Wissen. Und was sagten die Alten dazu?
•Aristoteles (384–322 v. Chr.) stellte den Begriff der Muße in den Vordergrund. Nur die Weisen, Platons »Philosophenkönige«, waren würdig, Entscheidungen zu treffen und ein tugendhaftes Leben zu führen.
•Diese »Wächter«, wie Platon (ca. 428–347 v. Chr.) sie in Der Staat (ca. 380 v. Chr.) nannte, mussten jedenfalls nicht schwer arbeiten. Man erwartete von ihnen nicht, dass sie überhaupt arbeiteten. Es muss großartig gewesen sein, am Lyzeum (der 344 v. Chr. eingerichteten öffentlichen Lehrstätte des Aristoteles) entlang zu flanieren, die Länge der Bärte zu vergleichen und sich den Kopf über die Bedeutung all dieser Dinge zu zerbrechen.
Haben also viel beschäftige Menschen heutzutage überhaupt Zeit für die Philosophie? Wie oft hören Sie, dass sich die Leute darüber beklagen, der Tag habe nicht genug Stunden?
»Das unerforschte Leben ist nicht lebenswert.«
SOKRATES
Der Ursprung des Wortes »Philosophie« stammt, was kaum verwunderlich ist, aus dem Altgriechischen. Der Wortstamm philo bedeutet ›liebend‹ oder ›neigen zu / sich sorgen um‹, während sophos ›weise‹ oder ›Weisheit‹ bedeutet. Ein Philosoph ist daher jemand, der Weisheit und Wissen liebt und schätzt, während die gängige Lexikondefinition Philosophie als »das Studium der grundlegenden Beschaffenheit von Wissen, Wirklichkeit und Existenz« bezeichnet. Das heißt, man bemüht sich herauszufinden: Wer sind wir und warum sind wir hier?
Ein angemessenes Ziel, aber wo fängt man an? Viele Tausend Jahre menschlichen Denkens warten darauf, durchforstet zu werden. Unterschiedliche und widersprüchliche Vorstellungen und Konzepte sind es, die darauf ausgerichtet sind, grundlegende Wahrheiten über unser Dasein als fühlende Wesen festzustellen. Aber wenn es, wie ich vorschlage, in der Philosophie darum geht, die Wahrheit zu ergründen, müssen wir uns fragen, wie wir sie finden können und wo wir mit unserer Suche beginnen sollen.
Dieses Buch soll Ihre Einführung in die Philosophie sein – eine leicht verdauliche, thematisch gegliederte Erforschung der Schlüsselbegriffe und Wissensgebiete, die grundsätzlich zum menschlichen Leben und Denken gehören. Stellen Sie sich das Buch als ein köstliches Menü vor: vorzügliche philosophische Häppchen, serviert auf kleinen Tellern.
Die Philosophie des Glücks (siehe Kapitel 1) ist ein schönes erstes Thema. Platon behauptete, Glück sei das höchste Ziel des Daseins, weshalb er seinen Begriff Eudaimonia (Eudämonie) prägte, den er in dem antiken griechischen Lexikon Definitionen (griechisch: Horoi) beschreibt als das aus allem Guten bestehende Gute, eine Fähigkeit, die genügt, um gut zu leben; Perfektion im Hinblick auf Tugend; genügend Mittel für ein Lebewesen«. Doch Platons Zeitgenosse Aristoteles weist auf folgenden Sachverhalt hin: Während man sagt, der Wunsch, gut zu leben, verstehe sich von selbst – niemand würde bei vollem Verstand gern schlecht leben oder ein unglückliches Leben führen wollen – gehe es eigentlich darum, genau zu benennen, worauf man sich konzentrieren und wie man handeln sollte, um gut zu leben und das Glück zu finden.
Deshalb führt uns die Philosophie des Glücks ins antike Griechenland, anschließend nach China und Indien, bevor wir ein paar Tausend Jahre nach vorn springen, um uns Dänemark anzusehen, »das glücklichste Land« der Welt. Es ist nicht verwunderlich, dass dieselben Dinge, die schon die Alten beunruhigten und verblüfften, noch heute wichtige Anhaltspunkte bei unserer Suche nach Wohlergehen sind. Und ein Schwerpunktthema beim Streben nach Eudaimonia ist die Frage, inwiefern unser persönliches Streben nach Glück sich auf unsere Mitmenschen, das Gemeinwesen und auf die Welt im Allgemeinen auswirkt.
Das zweite Kapitel, Die Philosophie der Ethik und Moral, befasst sich eingehend mit den Begriffen »richtig« und »falsch«. Das deutsche Wort Wahrheit leitet sich aus dem indogermanischen Wurzelnomen »wēr« ab und hat in seiner Beugungsform zwei Bedeutungen: entweder die Eigenschaft der Ehrlichkeit, Treue und Loyalität (daher die Vorstellung, »sich selbst treu zu bleiben«) oder etwas – ein Gegenstand oder Konzept, egal ob materiell oder imaginär – das beständig und unveränderlich ist. Der heilige Thomas von Aquin (1225–1274) geht noch einen Schritt weiter und behauptet, die Wahrheit sei »die Übereinstimmung von Gegenstand und Verstand«. Wenn wir daher den Informationen trauen, die wir durch unsere sinnlichen Wahrnehmungen empfangen und sie in unserem Verstand weder leugnen noch verzerren, gelangen wir zur »Korrespondenztheorie der Wahrheit«. Salopp gesagt, wenn Sie einen Hammer nehmen und jemandem damit auf den Kopf schlagen, ist das Ergebnis offensichtlich.
Die Wissenschaftsphilosophie (Kapitel 3) ist ein Schwerpunktthema. Hier stimmt die Wahrheit mit unserer Wahrnehmung von Gegenständen und Vorstellungen überein. In der Menschheitsgeschichte gibt es unzählige Beispiele für Dinge, die Leute für wissenschaftliche Wahrheit gehalten haben und die sich anschließend als falsch erwiesen haben. Wie also reagieren wir auf die »Wahrheitstheorie« des heiligen Thomas, wenn das, was in einer Epoche als wahr gilt, es in der nächsten nicht mehr ist? Wie definieren wir konkrete Tatsachen hinsichtlich des Universums und allem, was es enthält? Außerdem haben Kommentatoren zunehmend auf die Verwässerung der Wahrheit durch Meinungen hingewiesen. Da werden Tatsachen zugunsten von Meinungen verdreht und umgekehrt Meinungen als Tatsachen dargestellt.
Kapitel 4 schaut mit der Philosophie der Politik und Macht auf die Strukturen und Mechanismen, mit deren Hilfe die Gesellschaftsorganisation danach strebt, Eudaimonia im aristotelischen Sinn zu erreichen oder zumindest den Schein davon aufrechtzuerhalten. Der französische Philosoph Michel Foucault (1926 –1984) erklärt: »Jede Gesellschaft hat ihr Wahrheitsregime«. Weiterhin empfiehlt er, es sei die eigentliche Pflicht der Philosophen, »die Mechanismen und Instanzen, die eine Unterscheidung von wahren und falschen Aussagen ermöglichen«, aufzudecken. Im aktuellen politischen und gesellschaftlichen Klima ist dies zunehmend schwieriger geworden, denn offenbar leben wir in einem Zeitalter, in dem die Suche nach einer überzeugenden Ausdrucksform der Wahrheit im historischen und authentischen Sinn dazu geführt hat, plausible Wege zu finden, nicht die Wahrheit zu sagen, sondern stattdessen die Art und Weise, wie Informationen dargestellt werden, zu kaschieren und zu verwischen (aber das ist lediglich eine Meinung, keine »Tatsache«). Für Foucault ist Macht »überall« – verborgen in Institutionen und Diskursen.
Die Religionsphilosophie (Kapitel 5) ist sowohl in historischer als auch in zeitgenössischer Hinsicht faszinierend, weil sie die aktuellen Debatten über die Lehre des Kreationismus oder »intelligenten Designs« in amerikanischen Schulen befördert. Insofern ist es auch ratsam, sich anzuschauen, wie überzeugend die Tugenden »Ehrlichkeit, Treue und Loyalität« gefördert werden.
In Kapitel 6 untersuchen wir mit der Sprachphilosophie, wie Wörter gebraucht werden. Wie lässt sich Bedeutung vermitteln, erfahren und verzerren? Angeblich leben wir ja im Zeitalter des »Postfaktischen«, das der aus Afrika stammende Philosoph A. C. Grayling (geb. 1949) als ein kulturelles Phänomen definiert, das »Meinungen höher schätzt als Tatsachen«. Urteile werden aufgrund von Gefühlen und Emotionen gefällt im Gegensatz zu konkreten, unbestreitbaren Tatsachen. Die Suche nach der Wahrheit geht weiter.
Und damit kommen wir zu den letzten zwei Kapitel, in denen es um die Philosophie der Liebe geht, was, wie ich anfangs hoffte, den Kurztrip durch die Geschichte des Denkens erfreulich ausklingen ließe. Leider haben die düsteren Gedankenspiele Jean Paul Sartres (1905–1980) und Friedrich Nietzsches (1844–1900) diesen Plan zunichte gemacht, und so beenden wir das Buch mit der Philosophie der Zukunft, einer verallgemeinerten Diskussion über zeitgenössisches Denken. Obendrein stellen wir uns vor, wie die Zukunft der Philosophie aussehen könnte.
Wie geht man mit Hegel um?
Das Werk von Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1779–1831) wird vermutlich einiges Stirnrunzeln auslösen. Sein Streben nach absolutem Realismus und seine dialektische Methode sind bekanntermaßen kompliziert, da sie sich auf der Suche nach der Synthese oder der höheren Wahrheit mit Gegensätzen und Widersprüchen beschäftigen (These und Antithese). Hegel ist schwer – wirklich schwer – zu verstehen und keine Lektüre, die man zum Vergnügen liest. Eine geläufige Kritik an seinem Werk zielt darauf ab, dass er häufig voraussetzt, die Leser hätten fundierte Grundkenntnisse der Geschichte des philosophischen Denkens. Außerdem ist sein Stil nicht gerade klar und prägnant, also eher ungeeignet für Leute, die nicht viel Zeit haben. Obwohl er fraglos die analytische Philosophie beeinflusst hat, wird ein Gelegenheitsleser mit Paul Feyerabends Wider den Methodenzwang oder mit Nietzsches unterhaltsamen Aphorismen in Menschliches, Allzumenschliches besser zum Nachdenken angeregt werden und viel mehr Spaß haben. Wenn Sie neugierig sind, versuchen Sie es mit Hegel, aber ich habe Sie gewarnt …
Alles Wissenswerte über die
Seit dem 5. Jahrhundert vor Christus haben Philosophen über das Glück nachgedacht, wie zum Beispiel darüber, was Glück bedeutet und wie wir es erreichen können. Des Weiteren möchten wir wissen, wann wir wirklich glücklich sind. Die Vorstellung vom Glück ist wichtig für den Sinn des Lebens und das Gegenmittel für Konflikte und Streit, und dennoch bleibt es schwer fassbar und abstrakt.
Als Begründer der abendländischen Philosophie lebte Sokrates von 469 bis 399 v. Chr. sein ganzes Leben lang in Athen und konfrontierte seine Zeitgenossen mit Fragen nach Wahrheit und Gerechtigkeit. Er folgte zwei wesentlichen Grundsätzen. Erstens sei »ein unerforschtes Leben nicht lebenswert« und zweiten sei die Grundlage seiner Weisheit auf der Erkenntnis gegründet, dass er eigentlich »nichts« wisse.
Allerdings spielte der Glücksbegriff eine zentrale Rolle in Sokrates’ Gedanken- und Ideenwelt und kreiste um die Vorstellung, das Glück sei erreichbar, indem der Mensch das eigene Begehren in den Griff bekomme und dadurch Harmonie in seiner Seele erzeuge. Dieser Prozess, so behauptete er, riefe schließlich einen göttlichen Zustand innerer Ruhe hervor, frei von den zerstörenden Kräften der Außenwelt. Auch wenn Sokrates seine Ideen nicht niederschrieb, hatte sein enormer Einfluss auf seinen Schüler Platon und wiederum dessen Schüler Aristoteles dauerhafte Auswirkungen auf die Entwicklung der abendländischen Philosophie.
PLATONS AKADEMIE
Platon gründete seine Philosophenschule in einem dem Helden Akademus gewidmeten Hain, was erklärt, warum sie als Akademie bekannt wurde, was wiederum verdeutlicht, warum Gelehrte Akademiker genannt werden.
Die vorherrschende Auffassung von Glück war zur Zeit des Sokrates metaphysischen Vorstellungen vom Schicksal und dem Willen der Götter verpflichtet. Sokrates behauptete, dass Glück tatsächlich nichts mit Zufall zu tun hatte, sondern durch menschliches Bemühen und sorgfältiges Nachdenken über die Kräfte, die das Leben der Menschen beeinflussen, erreicht werden konnte. Glück wurde als ein Segen betrachtet, der demjenigen verliehen wurde, den die Götter liebten, sodass die Suche danach anmaßend und arrogant sei und nur im persönlichen Niedergang enden konnte. Diese Ansicht wird üblicherweise in klassischen griechischen Tragödien dramatisiert, wo die Hauptfiguren zu ahnungslosen Architekten ihres eigenen Schicksals werden.
Außerdem argumentierte Sokrates, dass der Schlüssel zum Glück die Verlagerung des Schwerpunkts weg von den Freuden des Körpers und weltlicher, materieller Anliegen hin zu einer Konzentration auf die Seele sei. Er behauptete, wir könnten durch die Harmonisierung unserer Begierden lernen, unseren Geist zu befrieden und einen göttergleichen Zustand der Gelassenheit erreichen.
Platon (428–347 v. Chr.) stellte die Ansichten des Sokrates in einer Reihe von Schriften dar, die als Dialoge bekannt sind.
Diese Werke sind:
•Sokrates’ Gespräche mit zahlreichen unterschiedlichen Menschen: mit Politikern, Dramatikern, prominenten Mitgliedern der Athener Gesellschaft, Schülern und Freunden
•In jedem Dialog fordert Sokrates diese Menschen auf, die Grundlagen ihrer Überzeugungen zu erklären.
•Durch eine verlängerte Vorgehensweise von Fragen und Antworten – das ist die sokratische Methode – nimmt Sokrates ihre Argumente und Behauptungen auseinander, um die falsche Logik in ihren Gedankengängen zu entlarven und die Mängel und Widersprüche hervorzuheben.
•Der als das Symposion bekannte Dialog ist sowohl für die sokratische Methode als auch für die Vorstellungen des Sokrates vom Glück ein treffendes Beispiel.
Das Symposion findet bei einem Gastmahl statt und das Thema Glück taucht auf, weil jeder eingeladene Gast aufgefordert wird, eine Ansprache zu Ehren von Eros zu halten, den Gott der Liebe und des Begehrens. Eryximachus, ein prominenter Athener Arzt, behauptet, Eros sei der Gott, der am geeignetsten sei, Glück zu verleihen, während der Dramatiker Aristophanes zwar einverstanden ist, aber geltend macht, dass »Eros den Menschen ein Helfer und ein Arzt für diejenigen Übel ist, deren Heilung dem Menschengeschlecht die größte Geselligkeit gewähren dürfte«. Eryximachus vertritt die Auffassung, Eros repräsentiere als Liebesgott die Kraft, die allen Dingen Leben spendet. Dazu gehöre auch das menschliche Begehren, weshalb er die Quelle des Guten in der Welt sei. Aristophanes weitet diesen Punkt aus, indem er vorbringt, Eros sei die Stärke, die die Menschen durch Liebe und insbesondere durch Sex zusammenbringt. Sokrates hingegen hat ein Problem mit Eros.
Er legt nahe, dass Eros eine dunkle Seite habe, da er sich als Repräsentant des Begehrens stets in einem Zustand des Sehnens befindet, das niemals befriedigt oder gesättigt werden kann. In diesem Sinn könne Eros nicht als ein wahrhaftiger Gott betrachtet werden, weil Göttlichkeit per definitionem ewig und unabhängig sein müsse. Dann aber verlagert Sokrates den Schwerpunkt und behauptet, Eros sei für die Suche des Menschen nach Glück lebenswichtig, da er den Übergang vom Menschlichen zum Göttlichen darstelle. Eros stellt den Antrieb hinter dem Begehren bereit, der mit der Suche nach körperlichen Freuden beginnt, aber in Schranken gehalten und ins Streben nach höheren Geistesperspektiven umgelenkt werden kann.
Sokrates’ Standpunkt lautet, die Liebe zu den schönen Dingen sei flüchtig und oberflächlich, der Begriff des Schönen aber gleichzeitig der Schlüssel zu Glück und Erfüllung. Und das Nachdenken über Schönheit an und für sich bedeutet, dass sich die Seele mit sich selbst im Einklang befinden wird. Sokrates hält diesen Prozess für einen Augenblick der Glückseligkeit oder Erleuchtung, weil man die Wahrheit seines eigenen Daseins erkennt:
Auf dem Höhepunkt des Lebens (...) auf welchem er das Schöne selbst betrachtet, hat das Leben des Menschen, wenn irgendwo, einen wahrhaften Wert. Wenn du dieses Schöne einstmals erblicken solltest, dann wird es dir nicht mit der Schönheit des Goldes und der Kleidung vergleichbar erscheinen (...) bei deren Anblicke du jetzt außer dir gerätst (...) wenn er das Schöne mit dem Auge anschaut [wird er]nicht bloße Schattenbilder der Tugend gebären (...) sondern die wahre Tugend.
SOKRATES
Da Sokrates die anerkannte Weisheit und weit verbreitete Überzeugungen ständig infrage stellte, geriet er mit den Athener Behörden in Konflikt, bis er schließlich angeklagt und wegen des »Verderbens der Jugend« und der »Leugnung der Götter« vor Gericht gestellt wurde.
Sokrates wurde schuldig gesprochen, wenn auch nur von einem Scheingericht. Man ließ ihm die Wahl zwischen einem Leben im Exil oder der Todesstrafe. Er blieb seinen Überzeugungen treu und entschied sich für den Tod, weil er glaubte, ein Leben im Exil verletzte seine Prinzipien der Freiheit des Denkens. Er starb an einem Schierlingstrunk und soll seine Philosophie bis zu seinem Ende in heiterer Stimmung vertreten haben
Siddhārtha Gautama war ein spiritueller Führer und Philosoph aus dem östlichen Teil des alten Indiens (des heutigen Nepal), der um 500 v. Chr. lebte. Die Lehren des Siddhārtha bilden die Grundlage des Buddhismus und folgen einem Weg, der als »der mittlere Pfad« zur Erleuchtung bekannt ist. Er strebt ein harmonisches Gleichgewicht zwischen Sinnesfreuden und Askese an.
Die Weisheit des Buddhas wurde nach seinem Tod ursprünglich mündlich von seinen Jüngern weitergegeben und erschien in schriftlicher Form erst einige Jahrhunderte später. Für Siddhārtha ist das Glück kein Selbstzweck, sondern ein Vorgang: »Es gibt keinen Pfad zum Glück: der Pfad ist das Glück!« Mit anderen Worten, genieße den Weg und den Augenblick und finde darin Erfüllung, strebe nicht nach einem idealisierten Ziel.
Diese Auffassung legt nahe, dass Glück unbeständig und vergänglich ist, nicht imstande, dauerhafte Zufriedenheit zu bieten und stattdessen tatsächlich zu Leid und der buddhistischen Vorstellung von samsāra führt – einem endlosen Zyklus von Wiedergeburt, Leid und Tod. Um samsāra hinter sich zu lassen und Nirvana zu erreichen – einen Zustand spiritueller Vollkommenheit – lehrt der Buddha, schädliche Begierden zu vermeiden und zwar durch besinnliche Meditation, die zu »befreiender Einsicht« führt. Entscheidend dabei ist, Möglichkeiten zu finden, den Weg dahin, nämlich die gegenwärtig durchlebten Erfahrungen, zu genießen und zerstörerische Sorge um Zukünftiges oder Vergangenes zu vermeiden.
Jon Kabat-Zinn und die Achtsamkeit
Das Praktizieren besinnlicher Meditation in der Philosophie von Siddhārtha Gautama und der buddhistischen Lehren hat bedeutsame Auswirkungen auf moderne Ansätze zur Psychotherapie wie etwa die Kognitive Verhaltenstherapie und Achtsamkeit.
Der amerikanische Gelehrte Jon Kabat-Zinn interessierte sich in den späten 1970er-Jahren für den Buddhismus und forschte nach Möglichkeiten für die Anwendung meditativer Praktiken in der Medizin. An der University of Massachusetts Medical School gründete er eine Klinik zur Stressreduzierung und entwickelte ein achtwöchiges Programm für Meditation und Hatha-Yoga. Er nannte es Mindfulness Based Stress Reduction (MBSR: Stressreduzierung auf der Grundlage von Achtsamkeit) zur Bekämpfung von Stress und Angst. MBSR erwies sich als großer Erfolg, sodass Kabat-Zinn daraufhin Achtsamkeit als ein therapeutisches Werkzeug entwickelte, um andere Beschwerden zu bekämpfen wie zum Beispiel Depression, Psychose und chronischen Schmerz.
Das Leitbild der Achtsamkeit besteht darin, Raum in unserem Leben zu schaffen, um klarere Entscheidungen zu treffen, durch entspannte Reflexion mehr Kontrolle zu gewinnen und schließlich durch Beachtung positiver Details im Leben und in unseren Beziehungen Glück zu finden.
Auch wenn Jon Kabat-Zinn (siehe Kasten oben) den Einfluss buddhistischer Philosophie auf seine Therapien heruntergespielt hat und stattdessen lieber behauptet, Achtsamkeit sei in einem wissenschaftlichen und medizinischen Rahmen integriert und keine religiöse Weltanschauung, gibt es eindeutige Spuren von Siddhārtha Gautamas Mantra: »Der Pfad ist das Glück«.
Ähnliche Vorstellungen über die Philosophie des Glücks und die Kraft positiven Denkens findet man in den Lehren des Konfuzius (551–479 v. Chr.). Konfuzius ist bekannt für seine gern zitierten Aphorismen und mancher Gelehrte behauptet, sie seien die Grundlage für einen weltlichen Moralkodex, bekannt als Konfuzianismus. Die Analekten, eine Sammlung von Gesprächen zwischen Konfuzius und seinen Jüngern, die nach seinem Tod von seinen Schülern zusammengestellt wurden, bilden das Zentrum des Konfuzianismus. Als Konfuzius gebeten wurde, das Wesen des Glücks zu beschreiben, antwortete er: »Je mehr der Mensch über gute Gedanken meditiert, umso besser wird seine Welt und die Welt im Allgemeinen sein.«
Dieses Mantra wurde von seinem Zeitgenosse Laozi (was »Alter Meister« bedeutet) in seinem klassischen philosophischen Text Daodejing