Pikante Verführung in Monte Carlo - Caitlin Crews - E-Book

Pikante Verführung in Monte Carlo E-Book

CAITLIN CREWS

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Beschreibung

Selbstverständlich wird Sophie gehorsam den langweiligen Earl heiraten, den ihr Vater für sie ausgesucht hat. Sie kennt schließlich ihre gesellschaftliche Pflicht als Tochter und Erbin. Doch ihre Junggesellinnenparty in Monte Carlo ändert alles: Sie landet mit dem feurigen Renzo im Bett, der sie lustvoll ihre strenge Erziehung vergessen lässt. Zwar steht Sophie kurz darauf trotzdem als Braut in züchtigem Weiß vor dem Altar. Aber da stürmt ihr heißblütiger italienischer Liebhaber in die Kirche und entführt sie - der Skandal ist perfekt!

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Seitenzahl: 200

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2018 by Caitlin Crews Originaltitel: „The Bride’s Baby of Shame“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 2379 - 2019 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Juliane Zaubitzer

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 03/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733712051

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Renzo Crisanti hasste England.

Er war weder Fan von London, das förmlich überquoll von Pendlern, Touristen und roten Doppeldeckerbussen, noch gefiel es ihm auf dem dauerverregneten Land. Er bevorzugte seine Heimat Sizilien mit den Bergen und dem weiten Blick aufs Mittelmeer. Für jemanden, der es aus der Armut zu einem weltweit erfolgreichen Rennfahrer gebracht hatte, war England zu nüchtern, zu grau.

Zwar hatte er seine Karriere beendet, das änderte jedoch nichts daran, dass er Sizilianer war und somit ungeeignet für das, was die Engländer Sommer nannten.

Selbst an einem Abend wie diesem, Ende Juni, war es kalt und regnerisch.

Zu dieser Jahreszeit hielt er sich lieber in seinem kleinen Bergdorf in der Nähe von Taormina auf, überragt vom prächtigen Ätna, dazu strahlender Sonnenschein und in der Ferne das warme Meer.

Stattdessen fuhr er durch die Hügellandschaft in der Nähe von Winchester, so weit draußen auf dem Land, dass es kaum Beleuchtung gab. Zwar ragte über der mittelalterlichen Stadt eine Kathedrale auf, aber Renzo bevorzugte trotzdem die raue Landschaft Siziliens. Die übertrieben gepflegten Gärten lösten Beklemmungen bei ihm aus.

Er wünschte, er hätte vor ein paar Wochen auf sein Bauchgefühl gehört.

Denn Renzo hatte vom ersten Moment an gewusst, dass Sophie Carmichael-Jones nichts als Scherereien bringen würde. Seine innere Stimme hatte ihn gewarnt, doch er hatte sie ignoriert.

Renzo war zum jährlichen Autorennen in Monaco gewesen, allerdings nicht als Fahrer. Er hatte seine Karriere vor einigen Jahren auf dem Höhepunkt beendet und seine Berühmtheit genutzt, um eine Handvoll exklusiver Clubs und Hotels sowie ein Weingut in Sizilien zu gründen. Und wo ließ sich dafür besser Werbung machen als in Monaco? Er war gerade mit Freunden etwas trinken, als Sophie ihm ins Auge fiel.

Sie überstrahlte alle anderen. Zwar trug sie ein metallic-farbenes Kleid, doch das war nicht allein die Quelle des Lichts. Es kam aus ihrem Innern.

Renzo war der Umgang mit schönen Frauen durchaus vertraut. Er zog sie förmlich an und betrachtete sich als Kenner. Doch die hier… Ihr dunkles Haar war locker zum Zopf gebunden. Ein paar Strähnen hatte sich gelöst und schimmerten im Licht rötlich. Ihre Lippen waren sirenenrot, ihre Brauen dunkel, und sie trug große glitzernde Ohrringe, die trotz ihrer Größe zweifellos echt waren. Sie war elegant. Stilvoll. Endlose Beine, die ihr etwas Fohlenhaftes verliehen, und ein bezauberndes, unverkennbar aristokratisches Gesicht.

Doch ihre braunen, mit Gold durchwirkten Augen hatten so traurig ausgesehen.

Ihre Blicke hatten sich getroffen, dort im Casino von Monte Carlo. Renzo war vom Tisch aufgestanden und auf sie zugegangen, ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken.

Mitten in der Menge hatte er nur Augen für sie. Sie hatte die Luft angehalten. Er hatte gesehen, wie ihre Wangen sich röteten. Und er hatte gewusst, dass sie die elektrisierende, intensive Chemie zwischen ihnen ebenfalls spürte.

„Verrate mir zwei Dinge“, hatte er gesagt, als wären sie allein. Dass halb Europa um sie versammelt stand, war ihm herzlich egal. „Erstens, wie heißt du? Und zweitens, warum bist du so traurig? Das hier ist Monte Carlo, cara. Traurig zu sein ist hier verboten.“

„Ich bin gar nicht traurig“, erwiderte sie nach einer kurzen Pause, und irgendwie überraschte es ihn nicht, dass sie Engländerin war. Obwohl sie ihm auf Italienisch geantwortet hatte, sprach sie mit unverkennbarem Akzent. „Das wäre ein zu starkes Gefühl für meine Lage. Resigniert trifft es eher.“

„Du bist viel zu jung und viel zu schön, um resigniert zu sein.“

Sie verzog die bezaubernden Lippen zu einem Lächeln, und Renzo wünschte sich nichts sehnlicher, als diese roten Lippen zu küssen. Hier und jetzt.

„Du wirkst viel zu niveauvoll für so ein plattes Kompliment.“

Renzo war wie im Fieberrausch. Rückblickend war das die einzige Erklärung. Er hatte einfach ihre Hand genommen, und es war, als würde ein Blitz zwischen sie fahren.

Beide hatten bei der Berührung schwer geatmet.

Er spürte seinen eigenen Herzschlag, sah ihren Puls an ihrem Hals im selben, drängenden Rhythmus schlagen, und für einen Moment vergaß er seinen berüchtigten Charme. „Ich brauche dich, cara. Mir ist egal, wer du bist. Ich will dich. Ich will jeden Zentimeter deiner Haut schmecken, immer wieder, bis ich dich auch in der dunkelsten Nacht wiedererkennen würde. Ich will dich in meinem Mund schmecken. Ich will alles – und dann will ich es nochmal. Und nochmal. Bis von uns nichts mehr übrig ist.“

„Ich halte nichts von sinnlosen Opfern“, erwiderte sie, doch ihre Stimme klang heiser.

„Es wird dir gefallen.“

Ihr lief ein Schauer über den Rücken. Leicht schwankend sah sie über die Schulter in die Menge, ehe sie sich ihm wieder zuwandte.

Verlangen, mehr noch, Hingabe stand ihr ins Gesicht geschrieben.

Renzo hatte keine Zeit verloren. Er nahm ihre Hand und führte sie zum Hinterausgang, wo er, ungestört von Fans und Fotografen, seinen Wagen holen konnte. Wenige Augenblicke später rasten sie davon zu seiner Villa in den Hügeln, hoch über dem glitzernden Monaco und der Côte d’Azur.

„Ich bin Renzo Crisanti“, hatte er sich vorgestellt. „Und du hast mir deinen Namen immer noch nicht verraten, bellissima.“

Sie hatte neben ihm gesessen und diese stille Intensität wahrer Schönheit ausgestrahlt – ähnlich wie die Autos, die er liebte und die er mit derselben Sorgfalt behandelte, wie er sie behandeln würde. Mit derselben Leidenschaft, die ihn an die Spitze des Rennsports katapultiert hatte.

Es gab einen Grund, warum Renzo nie einen Unfall gehabt hatte. Und daran wollte er heute Nacht nichts ändern, nicht einmal für diese geheimnisvolle Frau, nach der er sich verzehrte, obwohl bis auf eine kurze Berührung ihrer Hände bisher nichts zwischen ihnen vorgefallen war.

Es war, als hätte es in seinem Leben nie eine andere Frau gegeben.

„Du kannst mich Elizabeth nennen“, hatte sie geantwortet.

Das war die erste Lüge, die sie ihm aufgetischt hatte, und bei Weitem nicht die letzte …

Noch immer in Gedanken versunken, hielt er am Straßenrand vor einer alten Scheune. Er stellte den Motor aus, stieg aus dem tiefer gelegten Sportwagen und zupfte an den Fingerspitzen der Handschuhe, die er aus alter Gewohnheit trug. Der Motor machte Geräusche, als wollte er sich beschweren, dass die Fahrt schon zu Ende war. Renzo schlug den Kragen seiner Lederjacke gegen die durchdringende Feuchtigkeit hoch und sah ungeduldig auf die Uhr.

Denn er hatte ein Hühnchen mit der Frau zu rupfen, die er hier mitten im Nirgendwo so spät in der Nacht in einem fremden Land treffen wollte.

Als würde er einem Rufe folgen. Als wäre er, Renzo Crisanti, so leicht beeinflussbar, dass er für eine Frau, mit der er längst geschlafen hatte, quer durch Europa reisen würde.

Seine Finger schmerzten, und er löste die Fäuste, zu denen er sie unbewusst geballt hatte.

Erst hielt er es für einen Schatten, der sich von einem der Herrenhäuser in der Ferne den Hang hinabbewegte. Ihre Wegbeschreibung war eindeutig gewesen. Die Landstraße bis zu der kleinen Nebenstraße, die durch hügelige Felder und Hecken vorbei an stattlichen Herrenhäusern führte. Doch als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten, erkannte er Sophie.

Sophie, die Renzo ihre Unschuld geschenkt hatte, ohne ihn vorzuwarnen.

Sophie, die sich selbst in jener heißen, unglaublich sinnlichen Nacht in Monaco als Elizabeth ausgegeben hatte.

Sophie, die ihn angelogen hatte. Ihn.

Sophie, die sich davongestohlen hatte, als er noch schlief. Die ihn mit nichts zurückgelassen hatte – nicht einmal ihrem wahren Namen. Bis sie beschloss, ihn auf schmählichste Weise zu enthüllen, indem sie ihm einen Zeitungsartikel zukommen ließ.

Über Sophie Carmichael-Jones, Tochter einer reichen britischen Familie, die einen Earl heiraten sollte.

Sophie, seine Sophie, würde morgen die Frau eines anderen sein.

Renzos Kiefer schmerzte. Er zwang sich, Kiefer und Fäuste zu entspannen. Dabei war er, geschäftlich und privat, bekannt für seine Besonnenheit. Es war sein Markenzeichen.

Es war eine Maske, die er sorgfältig kultiviert hatte, um die Wahrheit zu verbergen – dass er in jeder Hinsicht ein echter Sizilianer war, mit entsprechend feurigem Temperament.

Bei dieser Frau kannte er sich selbst nicht wieder.

Sie rutschte fast auf dem nassen Gras am Fuße des Hügels aus, fing sich jedoch.

Hier draußen gab es kein Licht, doch als sie auf ihn zukam, konnte Renzo sie klar und deutlich erkennen. Was er in Monte Carlo zu ihr gesagt hatte, war sein Ernst gewesen.

Er würde sie auch wiedererkennen, wenn er blind wäre.

Ihr Gang. Ihr Duft. Wie sie den Kopf hielt. Der kleine Laut, der ihrer Kehle entwich, wenn er …

Doch dies war nicht der richtige Zeitpunkt für solche Gedanken. Es gab viel zu besprechen, am Tag vor der Hochzeit des Jahres.

Sie trug schlichte Leggings, die sie in hohe Stiefel gesteckt hatte, und etwas, das aussah wie zwei langärmelige Shirts übereinander. Ihre Kleidung schmiegte sich an ihren schlanken Körper und betonte die sanfte Rundung ihres Pos und diese unendlich langen Beine, die er um seine Schultern geschlungen hatte, als er tief in sie eingedrungen war und sie beide zum Stöhnen gebracht hatte. Ihr dunkles, kastanienbraunes Haar sah im Dunkeln aus wie ein schwarzer Vorhang.

Sie blieb vor ihm stehen, und für einen Moment konnte er an nichts anderes denken als an jene Nacht. Sie hatte nackt in seinem Bett gesessen und über etwas gelacht, das er gesagt hatte, während sie sich das Haar hochsteckte.

So unschuldig. So unbewusst sexy. Damals und jetzt, da er sie besser kannte.

So unaufrichtig, erinnerte er sich.

Doch viel stärker in Erinnerung war ihm geblieben, dass sie es dreimal getan hatte.

Es war ein Hunger, den er nicht zügeln konnte, den er nicht wegdiskutieren konnte, der auch danach nicht gestillt war, als er sich anderen Dingen zuwenden wollte. Es war Wochen her, doch da war er wieder, unersättlich und gierig wie in jener Nacht in Monaco.

Schlimmer noch sogar, weil er sie inzwischen gekostet hatte. Weil er wusste, was er verpasste.

Renzo hatte das Gefühl, vor Verlangen nach ihr zu vergehen, und das machte ihn ebenso wütend wie hart.

„Renzo …“

Sie sprach leise und neigte den Kopf zurück, um ihm in die Augen sehen zu können.

Dass ihre Augen traurig waren oder resigniert, war ihm herzlich egal, redete er sich ein.

„Wie schön, dich wiederzusehen, Sophie“, sagte er auf Englisch, eine Sprache, in der sie nie zuvor miteinander gesprochen hatten.

Er sah, wie sie schauderte, doch er blieb unbeeindruckt. Er war nur aus einem Grund hier: um sie büßen zu lassen.

„Herzlichen Glückwunsch zu deiner bevorstehenden Hochzeit. Ich habe alles darüber in der Zeitung gelesen“, sagte er gedehnt, unfähig, seine Wut zu verbergen. „Morgen ist es so weit, oder?“

Sophie war übel.

Sie wollte es auf die schockierenden Neuigkeiten schieben, die sie vor zwei Wochen von ihrem Arzt erhalten hatte, doch sie wusste es besser.

Es lag nicht an dem Fehler, den sie begangen hatte.

Nicht an dem wunderbaren kleinen Wesen, das in ihr heranwuchs – der Beweis, dass die heimlichen Stunden in Monaco doch kein Traum gewesen waren.

Das war nicht der Grund, warum sich ihr jetzt der Magen zusammenzog.

Nein, es war die Art, wie Renzo sie ansah.

Als würde er sie hassen.

Was sie nachvollziehen konnte. Sophie mochte sich selbst im Moment nicht besonders, seit sie erfahren hatte, was der Grund für die Kopfschmerzen der letzten Wochen war, die ungewohnte Übelkeit …

Doch sie war nicht sicher, ob sie es ertrug.

Von ihrem distanzierten Vater, vielleicht. Von ihrem introvertierten, desinteressierten Verlobten auch.

Doch Renzo war der eine Mensch in ihrem Leben, der nichts mit diesem harten Gang der Pflichterfüllung zu tun hatte, zu dem sie von Geburt an bestimmt war. Ihr ganzes Leben war auf die morgige Trauung ausgerichtet gewesen. Man hatte sie eindringlich gewarnt, sich vor der Verantwortung ihrer Familie gegenüber zu drücken, ihr mit Geschichten von irgendwelchen Ahnen gedroht, die sich aus ihren Gräbern erheben würden, sollte irgendein Skandal ihren Namen beschmutzen.

Da war nie ein Licht am Ende des Tunnels, keine Hoffnung in ihrem Leben und schon gar keine Leidenschaft.

Sophie war so kalt, immer und bei jedem Wetter.

Weil ihr von klein auf bewusst war, dass alles, was den Körper wärmte – Schnaps, wilde Leidenschaft, knappe Dessous – für die Carmichael-Jones-Erbin verboten war.

Sie musste unbefleckt sein. Rein und unschuldig, bis sie ihrem Ehemann übergeben wurde, ein Mann, den ihr Vater für sie ausgesucht hatte, noch bevor sie laufen konnte.

Alles war Eis, und sie war die Eiskönigin.

Doch Renzo war all das Licht, die Hoffnung, die Leidenschaft gewesen, an die sie nicht mehr geglaubt hatte, in einer einzigen Nacht.

Jeder wilde, unbeschwerte Sommer, den Sophie je verpasst hatte, jeder starke Drink, den sie sich verwehrt hatte, jedes Dessert, auf das sie verzichtet hatte, damit sie als Aushängeschild ihrer reichen Familie in feinsten Designerkleidern eine perfekte Figur machte.

Renzo war Lachen und Leidenschaft, intensiv und überwältigend, und so viel mehr als alles, worauf sie vorbereitet gewesen war, dass sie immer noch nachts mit klopfendem Herzen aufwachte.

„Warum bin ich hier?“

Er klang ungeduldig. Fast gelangweilt. Unwillkürlich schreckte sie zurück, denn sie kannte diesen Tonfall. Ihr Vater benutzte ihn. Und ihr Verlobter. Sie waren vielbeschäftigte, ernste Männer, die keine Zeit für die belanglosen Sorgen der Frauen hatten, die sie als ihr Hab und Gut betrachteten.

Sie war kein Mensch, sagte ihr dieser Tonfall. Sie war ein Spielball der Erwartungen anderer. Ihr Leben kein Leben, sondern eine Liste mit Verpflichtungen und heftigen Konsequenzen, falls sie diese nicht erfüllte.

Die alte Sophie hätte sich kleinlaut davongeschlichen. Sie wäre gar nicht erst hergekommen.

Doch diese Sophie gab es seit Monaco nicht mehr. Sie war in jeder Hinsicht ruiniert.

„Du hast mich kontaktiert.“

„Dieses Spiel willst du spielen, cara?“ Renzo zuckte träge die Schultern. „Du hast mir den Zeitungsausschnitt über deine Hochzeit geschickt. Die Hochzeit des Jahres heißt es. Ich gratuliere natürlich. Dein Verlobter kann sich glücklich schätzen.“

„Zeitungsausschnitt …?“

Noch während sie die Frage stellte, dämmerte es ihr.

Sie hatte Renzo nichts geschickt. Das wäre ihr gar nicht in den Sinn gekommen, egal wie oft sie nachts mit seinem Geschmack im Mund aufwachte. Doch sie wusste, wem so etwas zuzutrauen war.

Poppy.

Die liebe gute Poppy, Sophies Freundin aus Schultagen. Die romantische, verträumte Poppy, die sich nichts mehr wünschte, als dass Sophie glücklich war.

Und die nie verstand, dass Glück – trotz aller Vorteile, die Sophie genoss – nicht im Angebot war.

„Sei nicht albern“, hatte ihre Mutter vor Jahren geseufzt, als Sophie gewagt hatte zu fragen, warum sie keine Wahl hatte. „Die Wahl haben nur Leute, die sonst nichts haben. Versuch, ein bisschen dankbar zu sein.“

Sophie hatte es versucht. Und im Lauf der Jahre hatte sie es aufgegeben, sich nach Dingen zu sehnen, die für sie unerreichbar waren.

Poppy war da anders.

„Du wolltest mich hier treffen“, sagte Renzo, sein Tonfall klang verändert. „Und da habe ich natürlich alles stehen und liegen lassen, um an deine Seite zu eilen.“

Sie sah sich um, doch da war nichts als meilenweit Felder und Hecken. Keine neugierigen Blicke. Keine besorgten Verwandten, die schworen, nur das Beste für Sophie zu wollen.

Das stattliche Haus, in dem ihre Hochzeit stattfinden würde, lag hinter dem nächsten Hügel, und Sophie, die vor jener Nacht in Monaco noch nie weggelaufen war, hatte eine ekelhafte Mischung aus Vorfreude und Angst verspürt, als sie aus ihrem Zimmer geschlichen war.

Wieso war ihr in den letzten sechsundzwanzig Jahren nicht aufgefallen, wie erbärmlich ihr Leben war?

Renzo war noch nicht fertig. „Wo wir schon mal hier sind, vielleicht kannst du mir sagen, welche Rolle für mich in dieser letzten Episode deines chaotischen, melodramatischen Lebens vorgesehen ist?“

Sophie schluckte. Chaotisch und melodramatisch konnte man ihr Leben wahrhaftig nicht nennen. Jedenfalls nicht bis zu dem Zeitpunkt, wo sie Renzo begegnet war. Sie machte den Mund auf, doch es kam nichts heraus.

Ihr Herz schlug so laut, dass sie meinte, Renzo müsse es hören.

Er verzog den Mund, doch es wurde nicht wirklich ein Lächeln daraus. Dann nahm er ihr Kinn in die Hand, und das butterweiche Leder der Handschuhe, die er trug, machte die Berührung noch intensiver.

„Ich frage mich, welche Lügen du mir heute auftischen wirst“, fragte er unheilvoll.

„Du hast mich gefunden“, erwiderte Sophie und versuchte, das Feuer, das er in ihr entfachte, zu ignorieren. „Ich … ich wollte nicht …“

Sie war von der Situation überfordert.

Soweit sie wusste, hatte er ihr aus heiterem Himmel eine SMS geschickt.

Ich bin’s, Renzo. Du willst dich sicher mit mir treffen …

Jetzt musste Sophie sich fragen, was sie eigentlich erwartet hatte. Dass er sie erpressen wollte?

Tatsächlich hatte sie das befürchtet. Deshalb war sie gekommen.

Doch als er sie jetzt berührte, begriff sie, dass sie sich selbst belogen hatte.

Und jetzt musste sie ihn belügen. Schon wieder.

Sophie hatte noch nie zuvor in ihrem Leben so viele Lügen erzählt. Wozu auch? Zu viele Leute wussten zu viel über sie und tauschten eifrig ihre Meinungen darüber aus, was das Beste für sie war, ohne sie zu fragen. Und sie hatte stets getan, was von ihr erwartet wurde, beispielsweise eine gute Schülerin zu sein.

„Intelligente Konversation und Esprit sind nicht angeboren, Sophie“, hatte ihr Vater gemahnt, als sie gerade dreizehn war. „Er sind Waffen, und ich erwarte von dir, dass du sie beherrscht.“

Nach der Schule hatte sie sich in Wohltätigkeitsorganisationen engagiert, damit weder ihr Vater noch ihr zukünftiger Ehemann ihr den Vorwurf machen konnte, sie habe ihre Zeit vergeudet. Oder ihren Namen in den Dreck gezogen.

Keine durchgemachten Nächte. Keine Skandale.

An ihrem achtzehnten Geburtstag hatte sie sich sogar bereit erklärt, einen Mann zu heiraten, den sie heimlich als Eisblock bezeichnete: Randall Grant, der sechste Earl of Langston, den ihr Vater für sie ausgewählt hatte, als sie selbst noch in der Wiege lag.

Dal, wie Randall von Freunden und Familie genannt wurde, hatte ihr den Familienring der Langstons überreicht. Mit ein paar unterkühlten Worten über die Vereinigung ihrer Familien, denn nur darum ging es.

Nicht um Sophie. Nicht um ihre Gefühle.

Schon gar nicht um Liebe, an die weder ihre noch Dals Familie zu glauben schien.

Und ihre Trotzreaktion angesichts eines Lebens, das ihr als vollendete Tatsache präsentiert wurde, hatte darin bestanden, eine Sekunde zu zögern, als Dal ihr den Ring vor die Nase hielt.

Nur eine Sekunde, in der sie sich vorstellte, was passieren würde, wenn sie ihn ablehnte …

Aber genau das war das Problem. Sie konnte es sich nicht vorstellen. Allein bei dem Gedanken, sich ihren Eltern zu widersetzen, wurde ihr schwindelig.

Und so hatte sie Ja gesagt.

Alles, worum sie gebeten hatte, war eine ausgedehnte Verlobungszeit, damit sie wenigstens für eine Weile so tun konnte, als hätte sie ein ganz normales Leben.

Doch es hatte nicht funktioniert. Sie hatte sich nicht getraut. Sie hatte nur die Zeit abgesessen.

Bis sie Renzo begegnet war.

2. KAPITEL

„Na los“, brummte Renzo und holte Sophie damit zurück in die Gegenwart. Die dunkle Straße. Der Mann, der vor ihr stand, eine Hand an ihrem Kinn. „Lüg mir wieder ins Gesicht. Mal sehen, was passiert.“

Sophie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Sie war so sicher gewesen, dass seine SMS eine Drohung war. Dass er gekommen war, um ihr etwas anzutun.

Hast du ernsthaft geglaubt, er will dir drohen?, fragte eine leise Stimme in ihrem Kopf, die der ihrer Mutter verdammt ähnelte. Oder hast du nicht gehofft, dass Renzo dich rettet?

Aber genau das war das Problem. Niemand konnte sie retten.

Niemand hatte sie je retten können.

Sophie versuchte vergeblich, ihr Kinn aus seinem Griff zu befreien. Noch ein Mann, der sie zu etwas zwang, das sie nicht wollte.

Und plötzlich war Sophie es leid, sich zu beugen. Sie war es leid, einfach alles hinzunehmen und das Beste daraus zu machen.

„Warum bist du gekommen?“, wollte sie von Renzo wissen. „Stalkst du alle Frauen, mit denen du eine Nacht verbracht hast?“

In der Dunkelheit blitzten seine Zähne weiß auf. „Nein, aber die geben sich in der Regel auch nicht als jemand anders aus.“

„Woher willst du das wissen?“

Der Ausdruck in seinen Augen veränderte sich.

„Mir fällt nur ein Grund ein, warum eine Frau sich am Tag vor ihrer Hochzeit mit einem anderen Mann treffen will“, sagte Renzo kalt. Doch sein Blick brannte. „Denkst du, das bin ich? Ein Gigolo? Und du brauchst nur mit den Finger zu schnipsen und schon bin ich da, um dir jeden Wunsch von den Augen abzulesen?“

Diesmal ließ er ihr Kinn los, als sie den Kopf zurückneigte.

„Du bist hier, oder?“

„Allerdings“, erwiderte Renzo mit drohendem Unterton. „Niemand soll sagen, ich wüsste nicht, wo mein Platz ist.“

„Ich verstehe nicht, was …“

„Ich hätte es besser wissen sollen, als mich mit jemandem aus besseren Kreisen einzulassen.“ Sein Tonfall war beißend.

Sophies Herz schlug so heftig, dass sie fürchtete, eine Rippe könnte brechen. „Ich weiß nicht, wovon du redest.“

„Was bin ich schon für dich? Der uneheliche Sohn einer Sizilianerin, die mich allein aufziehen musste und dafür ein Leben in Schimpf und Schande in Kauf nahm. Und froh war, wenn sie die schmutzige Wäsche der Reichen waschen durfte.“

„Du weißt nichts über mich …“, begann sie, um sich zu verteidigen. Doch in Wahrheit gab es keine Entschuldigung für das, was sie getan hatte. Sie konnte noch immer nicht fassen, dass es wirklich geschehen war.

„Ich wusste, dass du Jungfrau bist, Sophie“, unterbrach er sie. Sie hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, wie er ihren Namen sagte. Es klang wie eine Liebkosung, und an seine Liebkosungen erinnerte sie sich nur zu gut. Ein freudloses Lächeln huschte über seine Lippen, doch es machte ihn keinen Deut unattraktiver. „Ich bin selbst schuld, dass ich angenommen habe, du wärst auch unschuldig.“

„Ich weiß nicht, was du von mir willst.“

„Noch eine Lüge.“ Renzo lachte bitter auf. „Du weißt genau, was ich von dir will.“

„Dann bin ich froh, dass wir endlich die Gelegenheit haben, uns zu unterhalten“, erwiderte Sophie und schaffte es irgendwie, ruhig zu klingen. „Ich entschuldige mich dafür, dass wir dieses Gespräch nicht damals schon geführt haben.“

„Weil du dich einfach davongeschlichen hast, feige, zurück zu deinem Earl und deiner Verlobung und deinem hübschen kleinen Leben im goldenen Käfig. Ist es nicht so?“

Das war so eine passende Beschreibung ihres Verhaltens an jenem Morgen danach in Monaco, dass sie kurz durchatmen musste. Und dabei fiel ihr ein, dass es ganz egal war, wie er sie nannte oder was er von ihr hielt, so weh es auch tat. Es gab Wichtigeres.

„Renzo“, begann sie, doch er schien nicht im Geringsten geneigt, ihr zuzuhören.

„Wie kommst du nur darauf“, sagte er so düster, dass die Nacht dagegen transparent wirkte, „dass du nur mit den Fingern schnipsen musst, und schon komme ich angerannt.“

„Ich weiß nicht“, sagte sie leise und spürte so etwas wie Angst in sich aufsteigen, „aber du bist hier.“

Sophie wurde erst bewusst, dass sie zurückgewichen war, als sie das Auto hinter sich spürte.