Polizei- und Ordnungsrecht -  - E-Book

Polizei- und Ordnungsrecht E-Book

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Beschreibung

Das Skript Polizei- & Ordnungsrecht NRW macht Sie zunächst mit allgemeinen Strukturen sowie Grundbegriffen des Gefahrenabwehrrechts vertraut. Durch die Arbeit mit dem Skript erlernen Sie die allgemeinen rechtlichen Grundlagen des ordnungsbehördlichen und polizeilichen Handelns und sind in der Lage, gutachterlich die Recht- und Zweckmäßigkeit von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und deren rechtliche Folgen beurteilen zu können. Dies beinhaltet insbesondere die Anwendung der Generalklausel und die Prüfung von Standardmaßnahmen. Auch die Prüfung von Rechtsverordnungen und staatshaftungsrechtlichen Folgen ist enthalten. Auch die praktische Umsetzung in einen Bescheid wird vermittelt. Ihr Wissen können Sie im Anschluss sofort an ausformulierten Klausurfällen testen!

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Seitenzahl: 134

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Einführung

Über uns – der SVP Verlag stellt sich vor!

Wir sind der Begleiter für ein erfolgreiches Studium an den Hoch- und Fachhochschulen für die öffentliche Verwaltung! Unser Konzept für beste Klausurergebnisse in den juristischen und wirtschaftswissenschaftlichen Fächern besteht aus der Kombination aus theoretischem Wissen und der Anwendung in Klausuren.

Alle Inhalte beruhen auf den Modulbeschreibungen der jeweiligen Studiengänge und sind nach umfassender Auswertung bisheriger Prüfungen entstanden.

Mit unseren Kurzlehrbüchern haben Sie die Möglichkeit, sich das notwendige Klausurwissen in kompakter Form anzueignen. Wir haben uns auf das Notwendigste beschränkt, weil wir wissen, dass Sie ihre Zeit für viele verschiedene Fächer einteilen müssen. Unser Schwerpunkt liegt auf verständlichen Erklärungen, Prüfungsschemata und Definitionen, die Sie in der Klausur nutzen können.

In jedem Kurzlehrbuch finden Sie im Anschluss an den theoretischen Teil Klausuren mit vollständig ausformulierten Lösungen. Zusätzlich haben wir nach Möglichkeit die notwendigen Vorüberlegungen und die Lösungsskizze formuliert, damit Sie nicht nur das fertige Ergebnis sehen, sondern auch die Entwicklung der Lösung nachvollziehen können.

Über dieses Buch

Das kompakte Lehrbuch Polizei- und Ordnungsrecht NRW macht Dich zunächst mit allgemeinen Strukturen sowie Grundbegriffen des Gefahrenabwehrrechts vertraut. Der Schwerpunkt liegt dabei stets auf dem Bundesland NRW. Durch die Arbeit mit dem Lehrbuch erlernen Sie die allgemeinen rechtlichen Grundlagen und sind in der Lage, gutachterlich die Rechtmäßigkeit polizeilicher und ordnungsbehördlicher Verfügungen im Einzelfall und deren rechtliche Folgen beurteilen zu können. Abgerundet wird der theoretische Teil durch die ordnungsbehördliche Verordnung und die staatshaftungsrechtlichen Ansprüche aus dem Bereich der Gefahrenabwehr. Im praktischen Teil erläutern wir den Aufbau einer praxisorientierten Ordnungsverfügung.

Das Polizei- und Ordnungsrecht ist besonderes Verwaltungsrecht. Es ist daher notwendig, Grundkenntnisse im allgemeinen Verwaltungsrecht zu besitzen. Auch staatsrechtliche Kenntnisse können erforderlich sein, um die Grundrechtskonformität oder Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen beurteilen zu können. Insoweit empfehlen wir bei Bedarf die Kurzlehrbücher „Staats- und Europarecht“ sowie das „Allgemeine Verwaltungsrecht NRW“.

Dieses Lehrbuch ermöglicht aber nicht nur eine Wiederholung der erlernten Wissens in komprimierter Form. Die ausformulierten Fälle erlauben es Ihnen, ihr Wissen für den Ernstfall zu testen und bieten Formulierungsbeispiele, die Sie für die Klausur nutzen können. Inhalte und Schwerpunkte sind nach Analyse der Abschlussklausuren der vergangenen Jahre gewählt worden.

Im Namen des gesamten Teams vom SVP Verlag wünschen wir Ihnen viel Erfolg bei der Prüfungsvorbereitung!

Inhalt

Das Recht der Gefahrenabwehr

Gefahrenabwehr in Nordrhein-Westfalen

I. Ordnungsbehörden

II. Sonderordnungsbehörden

III. Polizei

Rechtmäßigkeit einer ordnungsbehördlichen Maßnahme zur Gefahrenabwehr

I. Ermächtigungsgrundlage für die Maßnahme (EGL)

1. Spezialgesetze

2. Standardmaßnahmen: § 24 I OBG NRW i.V.m. §§ 9 ff. PolG NRW

3. Generalklausel: § 14 I OBG

II. Formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahme

1. Zuständigkeit

2. Verfahren

3. Form

III. Materielle Rechtmäßigkeit der Maßnahme

1. Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage

2. Verantwortlichkeit (teilweise auch genannt: Pflichtigkeit, Störereigenschaft oder richtiger Adressat): §§ 17 - 19 OBG NRW

3. Rechtsfolge

Rechtmäßigkeit einer polizeilichen Maßnahme zur Gefahrenabwehr

I. Ermächtigungsgrundlage für die Maßnahme (EGL)

1. Spezialgesetze

2. Standardmaßnahmen: §§ 9 ff. PolG NRW

3. Generalklausel: § 8 I PolG NRW

II. Formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahme

1. Zuständigkeit

2. Verfahren

3. Form

III. Materielle Rechtmäßigkeit der Maßnahme (am Beispiel der Generalklausel)

1. Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Schutzgüter)

2. Verantwortlichkeit/Pflichtigkeit/Adressat: §§ 4-6 PolG NRW

3. Rechtsfolge

Rechtmäßigkeit einer polizeilichen oder ordnungsbehördlichen Standardmaßnahme, §§ 9 ff. PolG NRW (ggf. i.V.m. § 24 I OBG)

Ordnungsbehördliche Verordnung, §§ 25 ff. OBG NRW

I. Ermächtigungsgrundlage für die Verordnung

II. Formelle Rechtmäßigkeit der Verordnung

1. Zuständigkeit

2. Verfahren

3. Form

IIII. Materielle Rechtmäßigkeit der Verordnung

1. Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Schutzgüter)

2. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht

3. Bestimmtheit

4. Rechtsfolge

Staatshaftung im Gefahrenabwehrrecht aus § 39 I OBG (ggf. i.V.m. § 67 PolG NRW bei polizeilichem Handeln)

I. Entschädigungsanspruch nach rechtswidriger Inanspruchnahme

1. Anspruchsvoraussetzungen

2. Anspruchsumfang

II. Entschädigungsanspruch nach Inanspruchnahme als nichtverantwortliche Person

III. Entschädigungsanspruch nach Inanspruchnahme als Anscheins- oder Verdachtsstörer

Verwaltungsvollstreckungsrecht

Klausuren

„Der Flitzer“ – Sachverhalt und Lösung„Major Laser“ – Sachverhalt und Lösung„Falsch geparkt?“ – Sachverhalt und Lösung„Das verordnete Verbot“ – Sachverhalt und Lösung„Napoleon“ – Sachverhalt und Lösung„Pappelapap“ – Sachverhalt und Lösung„The Lion sleeps tonight“ – Sachverhalt und Lösung

Praxisteil I: Struktur einer Ordnungsverfügung

1. Absender

2. Bescheidinformationen

3. Adressierung und Überschrift

4. Tenor

5. Begründung

6. Rechtsbehelfsbelehrung

7. Unterschrift bzw. Grußformel

Praxisteil II: Bescheidklausur

Das Recht der Gefahrenabwehr

Die Gefahrenabwehr ist wegen des Gewaltmonopols des Staates eine seiner vornehmsten Aufgaben. Die Rechtsordnung erlaubt nur in wenigen Einzelfällen, dass Bürger legal zu Mitteln der „Selbstjustiz“ greifen dürfen (z.B. Notwehr). Die Abwehr von Gefahren ist somit letztlich die präventive Aufrechterhaltung und Durchsetzung der Rechtsordnung durch den Staat. Präventiv bedeutet dabei, dass die Gefahr sich durch Maßnahmen der Gefahrenabwehr gar nicht erst realisieren soll. Selbstverständlich können und müssen aber auch bereits eingetretene Gefahren noch abgewehrt werden. Repressive Maßnahmen wiederum sind solche im Bereich der Strafverfolgung. Sie werden zwar auch durch die Polizei (nicht aber durch die Ordnungsbehörden) wahrgenommen, erfolgen dann jedoch als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 GVG) nach Maßgabe der StPO (vgl. § 163 StPO).

Die Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz für die Gefahrenabwehr liegt grds. bei den Ländern (Art. 70 und 83, 84 GG). Es existieren daher nur vereinzelte Bundesgesetze und Bundesbehörden im Bereich der Gefahrenabwehr (z.B. das BPolG oder das WaffG, die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt). Letztere haben jeweils einen spezifischen Aufgabenbereich. Eine allgemein zuständige Bundespolizei wäre hingegen verfassungsrechtlich unzulässig.

Maßnahmen der Gefahrenabwehr unterliegen regelmäßig dem Vorbehalt des Gesetzes, da sie belastender Natur sind. Die notwendigen formell-gesetzlichen Rechtsgrundlagen müssen zudem besonderen Anforderungen genügen, wenn Maßnahmen in Grundrechte mit qualifiziertem Gesetzesvorbehalt oder vorbehaltlose Grundrechte eingreifen. Gesetze zur Gefahrenabwehr dienen also auch dazu, verfassungsrechtlichen Anforderungen an belastende Maßnahmen zu wahren und auf diese Weise rechtmäßiges behördliches Handeln überhaupt erst zu ermöglichen.

Gefahrenabwehr in Nordrhein-Westfalen

In NRW erfolgt die Gefahrenabwehr „zweigleisig“, d.h. sie erfolgt durch Ordnungsund Sonderordnungsbehörden auf der einen und durch die Polizei auf der anderen Seite. Für beide bestehen jeweils eigene Rechtsgrundlagen und Aufgaben. Wenn vom Gefahrenabwehrrecht die Rede ist, kann dies als Oberbegriff bzw. synonym zum Polizei- und Ordnungsrecht verstanden werden.

Die folgende Übersicht stellt zunächst grob die Aufgaben und Rechtsgrundlagen sowie den Behördenaufbau dar.

I. Ordnungsbehörden

Maßgebliche Rechtsgrundlage für Ordnungsbehörden und ihr Handeln ist das OBG NRW. Gemäß § 1 I OBG NRW haben die Ordnungsbehörden die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren (Gefahrenabwehr). Diese sachliche Zuständigkeit gilt zunächst uneingeschränkt, weshalb die allgemeine Gefahrenabwehr stets grds. bei den Ordnungsbehörden liegt. Neben der Gefahrenabwehr können den Ordnungsbehörden nach § 1 III OBG NRW auch sonstige Aufgaben übertragen werden.

Die Ordnungsbehörden sind instanziell gegliedert. Es existieren örtliche Ordnungsbehörden, Kreisordnungsbehörden und Landesordnungsbehörden. Konkret handelt es sich nach § 3 OBG um die Gemeinden, die Kreise und kreisfreien Städte sowie die Bezirksregierungen. Für die Gemeinden, Kreise und kreisfreien Städte handeln jeweils ihre Organe, d.h. konkret die (Ober-)Bürgermeister (§§ 62 III, 63 I GO NRW) und Landräte (§ 42 KrO NRW). Damit es nicht zu Überschneidungen der Zuständigkeit kommt, bestimmt § 5 I 1 OBG grds. die örtlichen Ordnungsbehörden für zuständig. Örtlich zuständig ist dabei stets die Ordnungsbehörde, in deren Bezirk die zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden (§ 4 I OBG NRW).

II. Sonderordnungsbehörden

Nach § 12 I OBG NRW sind Sonderordnungsbehörden solche Behörden, denen durch Gesetz oder Verordnung auf bestimmten Sachgebieten Aufgaben der Gefahrenabwehr oder in ihrer Eigenschaft als Sonderordnungsbehörden andere Aufgaben übertragen worden sind. § 12 II OBG NRW bestimmt, dass auch in diesem Fall die Sonderordnungsbehörden nach den Vorschriften des OBG NRW handeln, soweit nicht Abweichendes bestimmt ist. Es handelt sich somit letztlich um eine deklaratorische Bezugnahme auf den Vorrang des spezielleren Gesetzes. Beispiele für sonderordnungsbehördliche Zuständigkeiten sind § 14 III LImSchG NRW oder auch §§ 57 I, 58 I 1 BauO NRW. Sonderordnungsbehörden nehmen somit im Wesentlichen spezialgesetzliche Gefahrenabwehr wahr.

III. Polizei

Neben den Ordnungsbehörden ist auch die Polizei für die Gefahrenabwehr zuständig. Das POG NRW regelt Aufbau und Zuständigkeit der Polizei. Da nach § 1 POG NRW die Polizei ausschließlich eine Angelegenheit des Landes ist, existieren keine kommunalen Polizeibehörden. Vielmehr legt § 2 I, II POG NRW i.V.m. der Verordnung über die Kreispolizeibehörden des Landes Nordrhein-Westfalen (KreispolizeibehördenVO NRW) fest, dass die Polizei aus dem Landeskriminalamt, dem Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste, dem Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei und den Kreispolizeibehörden besteht.

Letztere unterteilen sich nach Maßgabe der KreispolizeibehördenVO NRW in Polizeipräsidien und Landräte. Die Landräte werden in diesem Fall im Wege der Organleihe für das Land NRW und nicht für einen Kreis tätig. Polizeibehörden – im Zweifel sind die Kreispolizeibehörden gemeint (§ 10 S. 2 POG NRW) – haben nach § 10 S. 1 POG NRW diejenigen Aufgaben zu erfüllen, die ihnen durch Gesetz oder Rechtsverordnung übertragen werden. Nach § 11 I Nr. 1 POG NRW sind die Kreispolizeibehörden insbesondere für die Gefahrenabwehr nach dem PolG NRW sowie nach § 11 I Nr. 3 POG NRW für die Überwachung des Straßenverkehrs zuständig (Ordnungsbehörden sind demgegenüber nach § 48 II 1 OBG lediglich für die Überwachung des ruhenden Straßenverkehrs zuständig).

Die Zuständigkeit nach dem PolG NRW wird in § 1 I 1 PolG NRW aufgegriffen, wonach die Polizei die Aufgabe hat, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren (Gefahrenabwehr). Die Abgrenzung zur ordnungsbehördlichen Gefahrenabwehr leistet § 1 I 3 PolG NRW. Die Polizei ist danach jenseits des § 1 I 2 PolG NRW, der Verhütung und vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, nur subsidiär zuständig, namentlich soweit ein Handeln anderer Behörden nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Ordnungsbehörde die erforderlichen Befugnisse, die Mittel zur Durchsetzung einer Maßnahme oder die erforderliche Sachkenntnis fehlen oder aber die Ordnungsbehörde nicht rechtzeitig erreichbar ist.

Rechtmäßigkeit einer ordnungsbehördlichen Maßnahme zur Gefahrenabwehr

Häufig ist in Prüfungen die Rechtmäßigkeit einer ordnungsbehördlichen Maßnahme zur Gefahrenabwehr zu prüfen. Hierbei ist das folgende Schema anzuwenden, das zunächst unabhängig davon greift, ob die Maßnahme einen Verwaltungs- oder einen Realakt darstellt. Es orientiert sich am Grundschema der Rechtmäßigkeitsprüfung einer belastenden Maßnahme. Eine Maßnahme zur Gefahrenabwehr ist rechtmäßig, soweit sie auf eine Ermächtigungsgrundlage gestützt werden kann, von der in formell und materiell rechtmäßiger Weise Gebrauch gemacht wurde.

I. Ermächtigungsgrundlage für die Maßnahme

1. Spezialgesetze: z.B. § 58 II 2 BauO NRW oder § 15 I 1 LImSchG NRW

2. Standardmaßnahmen: § 24 I OBG NRW i.V.m. §§ 9 ff. PolG NRW

3. Generalklausel: § 14 I OBG

II. Formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahme

1. Zuständigkeit

2. Verfahren

3. Form

III. Materielle Rechtmäßigkeit der Maßnahme (am Beispiel der Generalklausel)

1. Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung

a) Öffentliche Sicherheit

b) Öffentliche Ordnung

c) Gefahr

2. Verantwortlichkeit: §§ 17-19 OBG

a) Verhaltens- und Zustandsverantwortlichkeit: §§ 17, 18 OBG

b) Notstandspflichtigkeit: § 19 OBG

3. Rechtsfolge

a) Entschließungsermessen

b) Auswahlermessen (bzgl. Mittel und Adressat)

I. Ermächtigungsgrundlage für die Maßnahme (EGL)

Beim Auffinden der Ermächtigungsgrundlage ist der lex specialis-Grundsatz zu beachten.

Zunächst sind spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlagen anzudenken, im Anschluss Standardmaßnahmen und zuletzt die ordnungsbehördliche Generalklausel.

1. Spezialgesetze

Für die (Sonder-)Ordnungsbehörde existieren spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlagen (z.B. § 58 II 2 BauO NRW, § 14 I 1 LImSchG NRW). Auch eine Ermächtigung aus einer Rechtsverordnung ist denkbar, wenn diese eine EGL beinhaltet.

Eine Ermächtigungsgrundlage zeichnet sich dadurch aus, dass sie eine Behörde zu einem Handeln ermächtigt. Sie muss daher über eine Rechtsfolge verfügen. Keine EGL sind deshalb bloße Gebote oder Verbote, z.B. § 5 II LHundG NRW. Handeln Behörden gestützt auf Spezialgesetze, die ihnen eine Aufgabe der Gefahrenabwehr übertragen oder sie als Sonderordnungsbehörden bezeichnen, werden sie Sonderordnungsbehörden genannt (§ 12 I OBG). Für Sonderordnungsbehörden gilt ergänzend zum Spezialgesetz das OBG NRW (§ 12 II OBG NRW). Lesen Sie als Beispiel § 14 III LImSchG NRW.

2. Standardmaßnahmen: § 24 I OBG NRW i.V.m. §§ 9 ff. PolG NRW

Das OBG NRW enthält selbst keine Standardmaßnahmen, sondern erlaubt über § 24 OBG NRW den Rückgriff auf einige Standardmaßnahmen aus dem PolG NRW. Achten Sie auf die genaue Nummer und den Anwendungsbereich des Verweises. § 24 I Nr. 12 OBG NRW verweist z.B. nur auf § 34 I und nicht § 34 II PolG NRW. Standardmaßnahmen sind Ermächtigungsgrundlagen, die auf Rechtsfolgenseite spezielle Grundrechtseingriffe erlauben und dafür besondere Tatbestandsmerkmale oder Verfahrensvoraussetzungen vorsehen. Sie ermöglichen somit verfassungskonforme Grundrechtseingriffe, entfalten aber eine Sperrwirkung zulasten der Generalklausel. Eine Wohnungsdurchsuchung dürfte z.B. nicht auf § 14 I OBG NRW gestützt werden, wenn die Voraussetzungen des § 24 I Nr. 12 OBG NRW i.V.m. § 41 PolG NRW nicht vorliegen. Einzelne Standardmaßnahmen sowie eine Systematisierung findet sich im weiteren Verlauf dieses Lehrbuchs.

3. Generalklausel: § 14 I OBG

Soweit kein Spezialgesetz und auch keine Standardmaßnahme in Betracht kommt, ist auf die ordnungsbehördliche Generalklausel zurückzugreifen. Diese findet sich in § 14 I OBG NRW.

Die folgenden Ausführungen beziehen sich jeweils auf die Generalklausel, da diese häufig Gegenstand von Prüfungen ist und Spezialgesetze und Standardmaßnahmen abweichende formelle und materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen aufweisen können.

II. Formelle Rechtmäßigkeit der Maßnahme

Von der Ermächtigungsgrundlage muss zunächst in formell rechtmäßiger Weise Gebrauch gemacht werden. Soweit das OBG NRW keine speziellen Regelungen enthält, ist auf die Vorschriften des VwVfG NRW zurückzugreifen.

1. Zuständigkeit

Grds. zuständig ist der Bürgermeister (kreisangehörige Gemeinde) bzw. der Oberbürgermeister (kreisfreie Stadt) als örtliche Ordnungsbehörde gem. §§ 1 I, 3 I, 4 I, 5 I 1 OBG NRW. Die Normenkette erfasst die sachliche (§ 1 I OBG), örtliche (§ 4 I OBG NRW) und instanzielle Zuständigkeit (§§ 3 I, 5 I 1 OBG NRW).

Geht es ausschließlich um den Schutz zivilrechtlicher Rechtspositionen, sind die Ordnungsbehörde (und die Polizei) grds. unzuständig. Stattdessen ist Rechtsschutz bei den Zivilgerichten zu suchen. Eine Ausnahme gilt ausdrücklich nur für die Polizei unter den engen Voraussetzungen des § 1 II PolG NRW. Die Norm wird aber entsprechend auch bei den Ordnungsbehörden angewendet, weil es keinen sachlichen Grund gibt, diese anders zu behandeln als die Polizei.

Verursacht ein Hoheitsträger eine Gefahr, ist er selbst für die Gefahrenabwehr zuständig und nicht die Ordnungsbehörde oder die Polizei. Eine Ausnahme gilt bei Gefahr im Verzug.

Beachten Sie auch die besonderen Zuständigkeiten nach § 48 OBG NRW und dabei insbesondere die Überwachung des ruhenden Straßenverkehrs nach § 48 II 1 OBG NRW.

2. Verfahren

Vor Erlass einer ordnungsbehördlichen Verfügung zur Gefahrenabwehr ist ein gewöhnliches Verwaltungsverfahren anhand der §§ 9 ff. VwVfG NRW zu durchlaufen. Es gelten also die allgemeinen Regeln. Insbesondere ist eine Anhörung nach § 28 I VwVfG NRW erforderlich, d.h. dem Adressaten ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Ausnahmen nach § 28 II VwVfG NRW sind jedoch möglich und insb. nach § 28 II Nr. 1 VwVfG NRW denkbar.

3. Form

Ordnungsbehörden haben die Form des § 20 I 1 OBG NRW einzuhalten, sofern nicht die Ausnahme nach § 20 I 2 Hs.1 OBG NRW greift. Schriftliche (oder elektronische) Verfügungen sind nach § 39 I VwVfG NRW, vorbehaltlich der Ausnahmen des § 39 II VwVfG NRW, zu begründen.

III. Materielle Rechtmäßigkeit der Maßnahme

Eine Ordnungsverfügung erweist sich als materiell rechtmäßig, soweit die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt sind, der Adressat ordnungspflichtig ist und eine rechtmäßige Rechtsfolge gesetzt wurde.

1. Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage

§ 14 I OBG NRW setzt tatbestandlich eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung voraus.

a) Öffentliche Sicherheit

Die öffentliche Sicherheit umfasst die Unverletzlichkeit der gesamten geschriebene Rechtsordnung, der Individualrechtsgüter sowie den Bestand und die Funktionsfähigkeit des Staates sowie seiner Einrichtungen und Veranstaltungen.

(1) Die „gesamte geschriebene Rechtsordnung“ ist wörtlich zu verstehen, d.h. jeder drohende oder bestehende Verstoß gegen ein beliebiges Gesetz ist umfasst. Insbesondere Straf- und Ordnungswidrigkeitsvorschriften (z.B. § 118 I OWiG) sowie sonstiges öffentliches Recht, soweit nicht bereits eine spezielle Ermächtigungsgrundlage für seine Durchsetzung vorhanden ist, kommen in Betracht. Das Feiertagsgesetz NRW beispielsweise enthält eine Reihe von Ge- bzw. Verboten, jedoch keine Ermächtigungsgrundlage zwecks ihrer Durchsetzung. Bei einem Verstoß gegen z.B. das Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen (§ 3 Feiertagsgesetz NRW) kann nur auf Grundlage von § 14 OBG NRW eingeschritten werden, da § 3 Feiertagsgesetzt Teil der öffentlichen Sicherheit ist. Die BauO NRW wiederum hat