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Wenn es Schwierigkeiten dabei gibt, Teams und Projekte zu leiten, liegt es oft daran, dass es 'menschelt'. Erst, wenn das Miteinander klappt, finden sich auch gute Lösungen für Sachprobleme. Dieses Buch greift daher die Knackpunkte häufiger Führungsherausforderungen auf und gibt Ihnen konkrete Antworten, wie sie bewältigt werden können. Mit praktischen Anleitungen, die Sie eher selten in Seminaren lernen. Diese Power-Tools helfen im zwischenmenschlichen Umgang sofort weiter, egal, ob Sie ein Neuling oder ein alter Hase in der Mitarbeiterführung sind.
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Seitenzahl: 168
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Almuth Wünsch
Power-Tools für den direkten Draht ins Team
Soforthilfe zur Mitarbeiterführung in wichtigen Bereichen wie Delegieren, Entscheiden, Kritik äußern, Konfliktmoderation, den Einstieg ins neue Team und Verhandlungsführung
managerSeminare Verlags GmbH – Edition managerSeminare
Almuth Wünsch
Power-Tools für den direkten Draht ins Team
Soforthilfe zur Mitarbeiterführung in wichtigen Bereichen wie Delegieren, Entscheiden, Kritik äußern, Konfliktmoderation, den Einstieg ins neue Team und Verhandlungsführung
© 2021 managerSeminare Verlags GmbH
Endenicher Str. 41, D-53115 Bonn
Tel: 0228-977910, Fax: 0228-9779199
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Der Verlag hat sich bemüht, die Copyright-Inhaber aller verwendeten Zitate, Texte, Abbildungen und Illustrationen zu ermitteln. Sollten wir jemanden übersehen haben, so bitten wir den Copyright-Inhaber, sich mit uns in Verbindung zu setzen.
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten.
ISBN: 978-3-98856-275-3
Herausgeber der Edition managerSeminare:
Ralf Muskatewitz, Jürgen Graf, Nicole Bußmann
Lektorat: Vera Sleeking
Coverfoto: ©depositphotos_olly18, Montage: Stefanie Diers
Illustrationen: Stefanie Diers
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt
Ihre Download-Ressourcen
Begleitend zum Buch stehen Ihnen Arbeitshilfen für die persönliche Verwendung zum Download im Internet zur Verfügung. Sie können die Vorlagen jederzeit in hoher Qualität abrufen und einsetzen.
www.managerseminare.de/tmdl/b,280807
Cover
Titel
Impressum
Einleitung
Darum geht’s
1Kommunikation und Haltung
1.1Die Interpretation von Kommunikation
1.2Der innere Kompass: Das Unbewusste
2Rollenteilung und Delegieren
2.1Rollenteilung
2.2Information
2.3Vertrauen und Kontrolle
2.4Empowerment und Zurückhaltung
3Feedback einholen und geben
3.1Feedback ohne Disziplinarmacht
3.2Feedback von Mitarbeitenden
3.3Feedback an Mitarbeitende
4Arbeitshindernisse erkennen
4.1Die Hindernisse finden
5Keine Kritik – lieber Veränderung
5.1Bevor Sie sich für das Kritikgespräch entscheiden
5.2Vorbereitung: Was genau wollen Sie erreichen?
5.3Leitfaden für ein Veränderungsgespräch
5.4Hinweise nach dem Veränderungsgespräch
6Moderation von Konflikten
6.1Die Situation einordnen
6.2Konfliktlösung am Beispiel
7Entscheiden
7.1Psychologische Fallstricke beim Entscheiden
7.2Und wer entscheidet jetzt?
7.3Eine Entscheidung zurücknehmen
8Verhandeln
8.1Was ist Ihre Ausgangsposition?
8.2Verhandlungen vorbereiten
8.3Verhandeln als Frau
9Der Einstieg im neuen Team
9.1Die ersten 100 Tage
9.2Weitere Hilfestellungen für neue Führungskräfte
Service
Literatur und Webseiten
Stichwortverzeichnis
„Wo kann ich das nachlesen, was Sie uns gerade beigebracht haben?“ Diese Frage vieler meiner Workshop-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer* hat ab jetzt endlich eine Antwort: „Hier!“ Sie halten ein Buch über Mitarbeiterführung in den Händen, das keine interessanten Theorien vermittelt, sondern das Ihnen sofort wirksame, praktische Werkzeuge für Ihren Führungsalltag zur Verfügung stellt. Den notwendigen psychologischen Hintergrund gibt es jeweils kurz und knapp dazu. Für weiteren lebendigen und gut fundierten Hintergrund lege ich Ihnen auch das Buch meiner wunderbaren Kollegin Silke M. Jürgensen ans Herz: Ende der Machtposition?! Wie Mitarbeiterführung wirklich gelingt.
Was Sie in diesem Buch finden, sind „Power-Tools“, um die häufigen kleinen praktischen Probleme zu lösen, die Führungskräfte plötzlich herausfordern oder die ihnen teilweise jahrelang Steine in den Weg legen. In meinen Workshops zur Mitarbeiterführung ist einer der häufigsten Themenwünsche das Kritikgespräch. Und meine Beobachtung ist, dass viele Führungskräfte auch quasi mit der Kritik in die Führung ihres Teams einsteigen. Nach dem Motto „Solange alles läuft, muss ich ja nicht eingreifen“ ist das zwar durchaus nachvollziehbar. Wenn die Führungskraft dann aber doch eingreifen muss, laufen ihre Bemühungen häufig ins Leere, jedenfalls wenn man als Unbeteiligte von außen draufschaut. Da werden zwar Gespräche geführt, aber die Dinge ändern sich nicht so, wie die Führungskraft sich das wünscht. Dann wird der Druck erhöht, die Frustration auf beiden Seiten wächst – und die Zusammenarbeit wird schwierig und unangenehm. Das liegt weder an den „schwierigen“ Mitarbeitenden (so die Überzeugung der Führungskraft) noch an der „unfähigen“ Führungskraft (so die Meinung der Mitarbeitenden), sondern schlicht daran, dass vor der ersten „Kritik“ einige ganz andere Dinge gesagt und getan sein sollten. Dieser Erkenntnis folgt der Aufbau dieses Buches. Sie können den einzelnen Stufen folgen oder gezielt die Stellen herausgreifen, die Ihren persönlichen Draht ins Team verbessern.
Mit den ersten Kapiteln lernen Sie „Power-Tools“ kennen, um Missverständnisse schon präventiv aus dem Weg zu räumen. Wir beginnen im ersten Kapitel mit ein paar grundlegenden Aspekten zur Kommunikation, die Sie so meist nicht in Kommunikationsseminaren lernen. Sie sind eingeladen, dabei auch einen prüfenden Blick auf Ihren „Subtext“ zum gesprochenen Wort zu werfen. Der Blick auf den „eigenen Subtext“ kann auch gerade dann helfen, falls Sie schon öfter versucht haben, Ihr Verhalten in bestimmten Situationen zu ändern, aber mit dem Ergebnis noch nicht zufrieden sind, oder falls Sie es nicht schaffen, in Stresssituationen gute Vorsätze „durchzuziehen“.
Wenn Sie gerne schnell zur Sache kommen und direkt mit praktischen Anleitungen und Formulierungen beginnen möchten, dann machen Sie am besten gleich mit dem zweiten Kapitel „Rollenteilung und Delegieren“ weiter. Basierend auf der bitteren Erfahrung zahlreicher Mitarbeitender: „Der Anschiss hinterher war erheblich konkreter als der Auftrag“ beschäftigen wir uns mit wichtigen Aspekten des Delegierens. Erst klare Verhältnisse und sinnvolle Aufgabenpakete liefern den Maßstab für Erfolg und damit für Anerkennung oder eben auch Kritik.
Viele meiner Seminarteilnehmer und -teilnehmerinnen erleben die Mitarbeit in Projekten und die Zusammenarbeit ohne Weisungsbefugnis häufig als sehr frustrierend, eben weil es niemanden gibt, der eine klare Ansage machen kann. Dabei ist so eine Ansage häufig gar nicht nötig. Hier geben Ihnen Grundkenntnisse typischer „Ketten-“Reaktionsmuster neue und zieldienlichere Handlungsmöglichkeiten. Die dazu im dritten Kapitel erklärten Vorgehensweisen für Feedback – in beide Richtungen – bringen alle Beteiligten schneller wieder zur Sache zurück. Feedback gehört zu den Führungsaufgaben, in denen man sein Leben lang besser werden kann und die einen noch viel größeren Einfluss haben, als die meisten Führungskräfte wissen.
Ist gar nicht genau zu erkennen, „woran es eigentlich hakt“? Dafür stellt Ihnen das vierte Kapitel vor, wo genau Sie systematisch Hindernisse aufdecken und wie Sie sie lösen können, falls ein Teammitglied „nicht tut was es soll“.
In den vorherigen Kapiteln werden die Tools vorgestellt, die präventiv wirken können und Ihnen die Mitarbeiterführung erleichtern. Nun geht es um den Zeitpunkt, an dem ein erstes Gespräch unumgänglich ist. Das fünfte Kapitel erklärt Fallstricke und bietet Ihnen einen Leitfaden für das Mitarbeitergespräch, nach dem Motto: Keine Kritik, lieber Veränderung!
Die nun folgenden Kapitel beschäftigen sich mit besonderen Herausforderungen für Führungskräfte. Dazu gehören Konflikte im Team: Wo reagieren wir wie? Und wie wäre es vielleicht hilfreicher? Im sechsten Kapitel finden Sie Hintergründe und praktische Anleitungen zu Ihrer Rolle bei Teamkonflikten.
Das siebte Kapitel beleuchtet das Thema Entscheidungssituationen. Was entscheide ich als Führungskraft alleine? Was lasse ich das Team oder einzelne Mitglieder entscheiden? Und wie binde ich das Team am besten in die Entscheidungen ein, die ich am Ende doch selbst treffen will und muss?
Je komplexer und arbeitsteiliger das Unternehmen, je weniger hierarchisch geprägt die Führung, umso wichtiger wird es, gute Lösungen im Sinn des Gesamtunternehmens auszuhandeln. Meine Seminarteilnehmer und -teilnehmerinnen staunen immer wieder, wie viel Effekt professionelle Vorbereitung hat. Daher finden Sie im achten Kapitel sowohl wesentliche Hintergründe als auch eine Checkliste und einen Leitfaden für erfolgreiches Verhandeln.
Schließlich beschäftigen wir uns im neunten Kapitel mit der besonderen Situation, selbst neue Führungskraft eines Teams zu sein, und diesen „Change“ mit den Mitarbeitern gemeinsam anzugehen: mit den Menschen statt über sie hinweg und gegen sie. Checklisten und konkrete „Aufgaben“ helfen Ihnen und Ihrem Team zu einem richtig guten Start miteinander.
Wenn Sie nach etwas Bestimmtem auf der Suche sind oder das ein oder andere vertiefen wollen, helfen Ihnen die Literaturliste und das Stichwortverzeichnis im Service-Teil weiter.
Zu einigen der Power-Tools aus dem Buch steht Ihnen außerdem unterstützendes Material zum Herunterladen zur Verfügung. Download-Ressourcen sind auf den Seiten durch das nebenstehende Pfeilsymbol gekennzeichnet. Den Link zu den Download-Ressourcen finden Sie im Impressum dieses Buches.
Meine Seminarteilnehmer und -teilnehmerinnen sind oft erfahrene Führungskräfte, Top-Manager und Unternehmer. Die haben bereits viel theoretisches Wissen und auch schon einiges ausprobiert. Und sie wissen, dass man in der Führung von Mitarbeitenden nie auslernt. Genau wie die Spieler des FC Bayern, die immer noch trainieren, obwohl sie schon auf höchstem Niveau Fußball spielen. Oder wie die Berliner Philharmoniker, die üben und Stücke, die sie schon tausend Mal gespielt haben, immer wieder neu und womöglich noch präziser einstudieren. Gerade Profis bleiben dran.
Ihre Fragen und Praxisbeispiele finden sich in diesem Buch genauso wieder wie die Fragen von jungen Führungskräften, die gerade die ersten Praxiserfahrungen im Umgang mit Mitarbeitenden sammeln. Sie alle finden hier Antworten auf die Führungssituationen, „die man doch auch einfacher lösen können müsste“.
Herzlich willkommen!
* Übrigens verwende ich in Beispielen und in der Leseransprache standardmäßig die weibliche Form. Männer und alle anderen sind damit selbstverständlich genauso gemeint.
„Man kann nicht nicht kommunizieren“
(Paul Watzlawick)
Dieses berühmte Axiom zur Kommunikation kennen Sie sicher. Ich rufe es zu Beginn besonders ins Bewusstsein, weil Führung immer nur in Kommunikation geschieht. Dabei wirkt diese Kommunikation nur teilweise als das im Moment gesprochene Wort. Natürlich geht es in der Kommunikation mit Mitarbeitenden auch um konkrete Formulierungen. Viel bedeutsamer sind aber ihre anderen Ebenen.
Ihre Mitarbeitenden interpretieren das Gesprochene oder Geschriebene immer vor dem Hintergrund Ihrer restlichen Kommunikation. Ihre restliche Kommunikation ist sozusagen Ihre „Grundmelodie“. Im Zweifelsfall ist es wie im echten Leben: Wir sagen „Die Melodie passt aber nicht zur Stimmung“ oder eben „Was die da gerade sagt, passt überhaupt nicht zu ihrem übrigen Verhalten“ – und wir glauben der Stimmung oder dem Verhalten mehr als dem aktuellen Text. Auf diese Weise kann Kommunikation mal harmonisch und stimmig wirken, mal eher atonal – und manchmal passen auch Stimmung und Melodie überhaupt nicht zusammen, zumindest in der Wahrnehmung der anderen.
Sie können das übrigens an sich selbst ganz leicht praktisch ausprobieren: Stellen Sie sich in Siegerpose hin, Sie wissen schon: Kopf hoch, Brust raus, breites Grinsen im Gesicht, und dann sagen Sie laut „Ich bin eine totale Versagerin“ und spüren mal der Wirkung nach. Dann lassen Sie sich zusammensinken, Kopf nach vorne unten, Schultern hängend, Mundwinkel nach unten und sagen laut: „Ich bin die Heldin der Nation!“ Wenn Sie die beiden Situationen vergleichen: Welcher Ebene glauben Sie mehr? Dem Körper oder dem gesprochenen Wort?
Deswegen ist es wichtig, sich der eigenen Wirkung in der Kommunikation bewusst zu sein. Was strahle ich als Führungskraft aus? Bin ich „der Fels in der Brandung“? Oder das „Fähnchen im Wind“? Die „Radfahrerin“ oder die „Räuberhauptfrau“? Oder etwas ganz anderes? Und sehen die Mitarbeitenden das genauso wie ich? Auf welche „Trigger“ reagiere ich wie? Werde ich nervös, wenn der Druck oder das Tempo steigen? Reagiere ich auf Probleme reflexhaft mit Lösungs- oder eher mit Schuldigen-Suche? Wenn meine Mitarbeiterin richtig gute Leistung abliefert, fühle ich mich dadurch eher gestärkt oder insgeheim gefährdet? Und wie reagiere ich dann ganz konkret? Woran erinnern sich meine Mitarbeiter oder Kollegen noch recht genau, während ich es schon vergessen habe oder jetzt nicht mehr so wichtig finde? Sind sie vielleicht frustriert, weil sie mit Hochdruck eine Aufgabe erledigt haben, die ich letzte Woche mit höchster Priorität erteilt hatte, deren Ergebnis mich jetzt aber nicht mehr sonderlich interessiert? Oder hat sich jemand darauf verlassen, dass er den Brückentag freinehmen kann, und jetzt durfte plötzlich doch jemand anderes? Und dann geht es natürlich auch noch um konkrete Formulierungen – passen sie zur Stimmung? Zur Körperhaltung?
Nicht nur zwischen Körperhaltung und Aussage bestehen diese unterschiedlichen Ebenen der Kommunikation. Sie bestehen auch zwischen den eigenen Überzeugungen, also einer inneren Haltung, und mehr oder weniger antrainiertem Verhalten. Sie kennen das: Da kommt eine sehr gut trainierte Vermögensberaterin o.Ä. und berät Sie sehr professionell. Und obwohl gegen den Inhalt zunächst nicht mal was einzuwenden ist, werden Sie das Gefühl nicht los, dass da etwas nicht stimmt. Woran das liegen kann: Sie sagt, dass das alles gut für Sie ist – und hat dabei vor allem ihren eigenen Kontostand im Blick.
Ihre innere Haltung spiegelt sich nicht nur in Ihrer Kommunikation mit den Mitarbeitenden wider, Sie ist auch der Schlüssel zum nachhaltigen Lernen neuer Verhaltensweisen. Bevor wir uns in den nächsten Kapiteln mit praktischem Führungs-Handwerkszeug beschäftigen, konkrete Vorgehensweisen und Formulierungen anschauen und ausprobieren, möchte ich Ihnen diesen Schlüssel ans Herz legen: eine passende, zieldienliche Haltung für die Situationen, in denen Sie sich anders verhalten möchten als bisher, und zwar ohne dabei „künstlich“ oder „nicht authentisch“ zu wirken.
Dass es nicht reicht, sich neues Verhalten einfach nur fest vorzunehmen, kennt jeder aus eigener Erfahrung. Ein paar beliebte Vorsätze:
Vorsatz allein genügt nicht
Dieses Jahr mache ich aber wirklich mehr Sport!
Drei Kilo abnehmen ist ja wohl kein Problem!
Wenn ich bei der Chefin was präsentieren soll, bleibe ich diesmal aber wirklich ganz ruhig!
Ich lasse mich von meinen pubertierenden Kindern nicht mehr provozieren!
Den nächsten Vortrag halte ich total souverän, ich weiß ja, was ich sagen will und bin perfekt vorbereitet!
Und dann kommt genau die Situation und irgendwie läuft sie doch wieder wie vorher und wie wir das überhaupt nicht wollten. Obendrein merken wir das meist erst hinterher, wenn alles schon gelaufen ist: Da ist die Woche und der Monat um und der Sport kam wieder zu kurz. Die Verlockungen bei und zwischen den Mahlzeiten waren wieder stärker als der Wille oder spätestens am Abend eines disziplinierten Tages hat man sich dann zur Belohnung doch noch was Gutes gegönnt. Die Präsentation bei der Chefin begann ganz ordentlich, aber schon bei der ersten Nachfrage sind einem die vorbereiteten guten Argumente einfach nicht mehr eingefallen. Die Kinder haben einen irgendwie doch zum Brüllen gebracht und das Lampenfieber ist weiterhin ein treuer Begleiter bei den Vorträgen, spätestens sobald man die Bühne betritt.
Unser Verstand ist ein wunderbares „Organ“, eine sensationelle Fähigkeit, die allerdings nur so lange funktioniert, wie wir uns halbwegs sicher fühlen. Sobald unser Organismus Gefahr wittert, schaltet er schlicht in einen anderen Zustand.
In „leichteren Fällen“ wird der Flucht- oder Angriffs-Modus aktiviert.
Wenn die Lage aussichtslos erscheint, gehen wir in den „Shutdown“, erstarren und hoffen, dass wir so irgendwie heil durch die Situation kommen.
Das ist der Grund, warum alles „Jetzt sei doch mal vernünftig“ in solchen konkreten Situationen nicht weiterhilft. Das „Notfallprogramm“ ist unwillkürliches Verhalten und entzieht sich unserer bewussten Steuerung. Wir alle haben quasi einen „Autopilot“ an Bord, der uns durch alle Situationen steuert, die unser emotionales Erfahrungsgedächtnis als „potenziell gefährlich“ bewertet. Und der Verstand kommt schlicht nicht zum Zug, weil sich das evolutionär nicht bewährt hat. Der Neurowissenschaftler Stephen Porges beschreibt in seiner „Polyvagaltheorie“, wie unser autonomes Nervensystem strukturiert ist und wie diese Reaktionen zustande kommen.
Das Unbewusste einbeziehen
Eher psychologisch und hypnosystemisch formuliert: Das Unbewusste ist höchst pflichtbewusst damit beschäftigt, uns sicher durch die gefährlichen Situationen des Lebens zu bringen. Und weil der Verstand viel langsamer ist, immer nur eine Sache gleichzeitig erledigen kann und außerdem vergleichsweise viel Energie verbraucht, wird er in den „gefährlichen“ Situationen schlicht vom Netz genommen (s. S. 36). Das ist insgesamt extrem hilfreich, natürlich nur „gut gemeint“ – und trotzdem in manchen Situationen deutlich kontraproduktiv. Das ist der Grund, warum wir das Unbewusste im Boot brauchen, wenn wir auch für solche Situationen neues Verhalten lernen wollen, in denen bisher der „Autopilot“ gesteuert hat und der Verstand nicht beteiligt war.
Das von Maja Storch und Frank Krause an der Uni Zürich entwickelte sogenannte „Zürcher Ressourcenmodell“ beschreibt sehr hilfreich und anschaulich, wie sich Haltungsziele mit Spaß entwickeln und dauerhaft verankern lassen. Wenn Sie Verfechterin von „SMARTen“ Zielen sind, also Zielen, die „Specific“, „Measurable“, „Achievable“, „Reasonable“ und „Time Bound“ sind, dann müssen Sie jetzt vielleicht tapfer sein. Machen Sie gedanklich sozusagen einen Schritt zurück, zum „vor-rationalen“ Teil. Was Sie hier finden, ist der Schlüssel zu echten Fortschritten, die Sie dann ja auch messen oder jedenfalls deutlich feststellen können. Das, was nun zunächst schwammig und unkonkret daherkommen mag, entpuppt sich – richtig umgesetzt – als extrem wirksam und dabei praktisch.
Statt sich konkrete Verhaltensweisen für bestimmte Situationen vorzunehmen („Mehr Sport machen“, „Drei Kilo abnehmen“, „Mich im Meeting nicht provozieren lassen“) machen Sie sich eine innere Haltung zu eigen. Der Unterschied? – Sie wird nicht nur vom Verstand, sondern genauso von Ihrem Unbewussten positiv bewertet. Was im Lauf der Zeit automatisch dazu führt, dass Sie sich in den relevanten Situationen mit einer viel höheren Wahrscheinlichkeit so verhalten, wie Sie das gerne möchten. Und zwar ohne dass Ihnen der „Autopilot“ reingrätscht, sondern es ist ganz im Gegenteil quasi ein neues Programm für diesen „Autopiloten“.
Körpersignale beachten
Woran erkennen wir aber, ob das Unbewusste „einverstanden“ ist? Fragen lässt es sich bekanntlich nicht direkt. Es gibt aber zwei Wege, auf denen wir mit ihm kommunizieren und die wir gezielt nutzen können: über den Körper und über Bilder. „Somatische Marker“ sind körperliche Reaktionen wie das berühmte „Bauchgefühl“, aber auch ein spontanes „glückseliges Grinsen“ oder ähnliche unwillkürliche Reaktionen. Sie sind leicht zu erkennen und zu spüren und zeigen uns sofort und unmittelbar, ob ein Vorhaben von unserer ganzen Person und eben auch vom Unbewussten gutgeheißen wird, oder ob es eher ein Neujahrs-Vorsatz ist, der spätestens an Dreikönig schon wieder vergessen wird.
Bilder sind Projektionsflächen des Unbewussten, die das ganze Vorhaben auf den Punkt bringen und uns im Gedächtnis halten können. Unser emotionales Erfahrungsgedächtnis arbeitet mit Bildern und Assoziationen und steuert auf dieser Grundlage unser Verhalten in konkreten Situationen – vor allem, wenn der Verstand vom Netz genommen wurde.
Gehen wir noch mal zurück zu den eingangs beschriebenen Vorsätzen und spielen wir damit. Ihre Aufgabe: Spüren Sie mal in sich rein, wie unterschiedlich Ihr Körper auf verschiedene Formulierungen desselben Ziels reagiert. Vielleicht ist da schon eine Formulierung dabei, die Ihr Unbewusstes richtig gut findet, vielleicht brauchen Sie eine ganz andere? – Das werden Sie direkt spüren. Und ja, die Formulierungen, die das Unbewusste mag, klingen oft für den Verstand seltsam. Aber das ist umgekehrt genauso. Stellen Sie sich vor, was das Unbewusste zum Thema „abnehmen“ denkt: „Was? Substanzverlust? Verzicht? Nicht mehr genießen? Geht gar nicht! Wo ist die nächste Schokolade?“
– Ich tue mir was Gutes
– Ich verschönere meinen Körper
– Ich gönne meinem Körper Auslauf
3 Kilo abnehmen ist ja wohl kein Problem!– Ich beschütze meine gute Figur
– Ich gönne mir einen leichten Magen
– Leichtigkeit ist mein Genuss
Wenn ich bei der Chefin etwas präsentieren soll, bleibe ich diesmal aber wirklich ganz ruhig!– Meine Ideen sind ein Angebot
– Fragen bringen uns alle voran
– Man darf mich auch blöd finden
Ich lasse mich von meinen pubertierenden Kindern nicht mehr provozieren!– Als Mutter bin ich einfach auch mal der „Kratzbaum“, an dem sich meine Kätzchen die Krallen schärfen
– Ich bin mal gespannt, welche pubertären Ideen sie heute haben
– 5 Minuten Ruhe bewahren ist schon ziemlich gut. Schließlich gehört es zu meinem Job als Mutter, auch mal „echt ätzend“ zu sein
Den nächsten Vortrag halte ich total souverän, ich weiß ja, was ich sagen will und bin perfekt vorbereitet!– Mein Vortrag ist ein Angebot, das man annehmen oder ablehnen darf
– Ich bin mal gespannt auf mein Publikum und konzentriere mich auf die freundlichen Gesichter
– Ich gönne meinen Zuhörerinnen und mir eine gute Zeit
Innere Bewertungssysteme
Übrigens arbeiten Verstand und Unbewusstes auch noch mit zwei völlig unterschiedlichen Bewertungssystemen. Der Verstand bewertet nach „Richtig“/„Falsch“, das Unbewusste nach „Mag ich“/„Mag ich nicht“. Es lohnt sich also, sich etwas vorzunehmen, das beide Instanzen bejahen.
Und das wirklich Geniale daran ist: Haben wir ein Bild, eine innere Haltung gefunden, die zu uns passt und zieldienlich ist, dann können wir es getrost dem Unbewussten überlassen, uns im richtigen Moment daran zu erinnern. Das überrascht Sie? Erinnern Sie sich noch, als Sie das letzte Mal wahlweise ein neues Auto kaufen wollten oder Ihre Wohnung renoviert haben oder Nachwuchs erwartet haben? In dieser Zeit sind Ihnen ganz von alleine und ohne dass Sie gezielt darauf achten mussten, lauter Autos des gewünschten Typs oder Fußbodenbeläge, Wandfarben, Möbel oder eben Kinderwagen, Babykleidung etc. ins Auge gesprungen. Das war Ihr Unbewusstes, das mit dem Ziel „Autokauf/Wohnungsrenovierung/Nachwuchs ausstatten“ wie ein automatisierter Scanner die Umgebung nach Informationen absucht, die zu dem Ziel passen und alles ausblendet, was Ihr Ziel gefährden könnte.