Praxis–Guide Betriebliches Gesundheitsmanagement - Cornelia Schneider - E-Book

Praxis–Guide Betriebliches Gesundheitsmanagement E-Book

Cornelia Schneider

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Beschreibung

Wie kann Arbeit zur Gesundheit beitragen?Betriebliche Gesundheitsförderung rechnet sich für alle!Erweitert ein Unternehmen seine Personal- und Organisationsentwicklung im Sinne der Gesundheitsförderung, so können erwünschte Nebenwirkungen auftreten: Gesteigerte Leistungsfähigkeit, eine erhöhte Motivation, Wohlempfinden, geringere Arbeitsunfähigkeitszeiten, eine stärkere Bindung an das Unternehmen – und natürlich Gesundheit!Die Autorin stellt ihre jahrelangen Erfahrungen als Beraterin zahlreicher Unternehmen praxisnah dar und motiviert zum Umdenken. Denn statt immer wieder zu beschreiben, dass Arbeit krank machen kann, lautet die sinnvollere Frage: "Wie kann Arbeit zur Gesundheit beitragen?"Dieser Praxis-Guide zeigt anhand vieler Beispiele, dass Maßnahmen der Personalentwicklung wie Führung, Kommunikation, Arbeitsorganisation und Arbeitstechniken im Sinne einer betrieblichen Gesundheitsförderung nachhaltig ergänzt und bereichert werden können.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 310

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Praxis-Guide Betriebliches Gesundheitsmanagement

Cornelia Schneider

Wissenschaftlicher Beirat Programmbereich Gesundheit

Ansgar Gerhardus, Bremen; Klaus Hurrelmann, Berlin; Petra Kolip, Bielefeld; Milo Puhan, Zürich; Doris Schaeffer, Bielefeld

Cornelia Schneider

Praxis-Guide Betriebliches Gesundheitsmanagement

Tools und Techniken für eine erfolgreiche Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz

3., aktualisierte und ergänzte Auflage

Cornelia Schneider Talstraße 49

D-66424 Homburg

E-Mail [email protected]

www.ggw-homburg.de

Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.dnb.de abrufbar.

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Kopien und Vervielfältigungen zu Lehr- und Unterrichtszwecken, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Anregungen und Zuschriften bitte an:

Hogrefe AG

Lektorat Gesundheit

Länggass-Strasse 76

3000 Bern 9

Schweiz

Tel: +41 31 300 45 00

E-Mail: [email protected]

Internet: http://www.hogrefe.ch

Lektorat: Susanne Ristea

Bearbeitung: Thomas Koch-Albrecht, Münchwald

Herstellung: Daniel Berger

Umschlagabbildung: © Todor Tsvetkov, iStockphoto

Umschlaggestaltung: Claude Borer, Riehen

Satz: Claudia Wild, Konstanz

Druck und buchbinderische Verarbeitung: Finidr s.r.o., Český Těšín

Printed in Czech Republic

3., aktualisierte und ergänzte Auflage.

© 2018 Hogrefe Verlag, Bern

© 2011/2012 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

1. und 2. Auflage: Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz

(E-Book-ISBN_PDF 978-3-456-95844-6)

(E-Book-ISBN_EPUB 978-3-456-75844-2)

ISBN 978-3-456-85844-9

http://doi.org/10.1024/85844-000

Nutzungsbedingungen

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Diese Bestimmungen gelten gegebenenfalls auch für zum E-Book gehörende Audio­dateien.

Anmerkung

Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Inhaltsverzeichnis
Geleitwort
Warum und wie Sie dieses Buch lesen sollten
Einleitung
Teil 1: Wissen und Verstehen
1 Den Begriffsnebel lichten
1.1 Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)
1.2 Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)
1.3 Private Gesundheitsförderung (PGF)
1.4 Weitere wichtige Begriffe
2 Gesundheitsmodelle bestimmen Denken und Handeln
2.1 Das biomedizinische Modell
2.2 Das salutogenetische Modell
2.3 Das biopsychosoziale Modell
2.4 Gesundheitsförderung durch Bedürfnisbefriedigung
2.5 Check-up
3 Signale verstehen statt Symptome beklagen
4 Gesundheitsberatung ohne Ratschlag
4.1 Belehrungen aktivieren nicht
4.2 Experte, Helfer und Coach – drei Rollen und drei innere Haltungen
4.3 Check-up
5 Die Welt hinter den Zahlen erkunden
5.1 Stress und psychische Belastungen differenziert betrachten
5.2 Ihrem Körper ist es egal, ob Ihr Stress beruflich oder privat verursacht ist
5.3 Check-up
Teil 2: Beachten und Beleben
6 Vom Wissen zum Tun
6.1 Sensibilisierung für das Thema ist immer der erste Schritt
6.2 Selbstreflexion fördert das Verständnis für die eigene Verhaltenssteuerung
6.3 Modelle zur Verhaltensänderung in die BGF als festen Bestandteil integrieren
6.4 Das transtheoretische Modell nach Prochaska und Di Clemente
6.5 Das Zürcher Ressourcenmodell nach Storch und Krause
6.6 Die Haltung bestimmt die Handlung
6.7 Selbstregulation ist angenehmer als Selbstkontrolle
6.8 Bilder und Objekte unterstützen den Veränderungsprozess
6.9 Check-up
7 Gesundheit zur Chefsache machen
7.1 Die vier Ebenen der Einflussnahme einer Führungskraft
7.2 Wertschätzung und Biochemie
7.3 Selbstmanagement – die eigene Gesundheit beachten
7.4 Führungskräfte überzeugen
7.5 Check-up
8 Die drei Ebenen der betrieblichen Gesundheitsförderung
8.1 Freiwillige oder verbindliche Teilnahme an Maßnahmen der BGF
8.2 Check-up
9 Interne und externe Experten auf Herz und Nieren prüfen
9.1 Anbieter von BGM- und BGF-Maßnahmen
9.2 Eigene Experten ausbilden
10 Den demografischen Wandel berücksichtigen
10.1 Alt werden wollen alle, aber niemand will alt sein
10.2 Das Bild von den älteren Mitarbeitern verändert sich nur langsam
10.3 Individuelles Expertenwissen besteht vor allem aus Erfahrungsdaten
10.4 Handlungsfelder für alterssensible Gesundheitsförderung
10.5 Ältere Arbeitnehmer – alles Einstellungssache!
10.6 Check-up
11 Humor hilft (fast) immer
11.1 Humor als Bestanteil der BGF
11.2 Witze zur Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz
11.3 Check-up
Teil 3: Strukturieren und Organisieren
12 Vorab die Finanzierung sichern
12.1 Ein Budget für BGM und BGF im Jahresplan einstellen
12.2 Die Fördermöglichkeiten durch Krankenkassen nutzen
12.3 Mit den Unfallversicherungsträgern kooperieren
12.4 Vorhandene Budgets nutzen
12.5 Steuerliche Vorteile mitnehmen
12.6 Fördermöglichkeiten aus Landes- und Bundesmitteln prüfen
12.7 Kooperationen mit Hochschulen und anderen öffentlichen Institutionen
13 Die Analyse ist die Grundlage für die Zielformulierung
13.1 Mitarbeiterbefragungen
13.2 Formen der Gruppenarbeit
13.3 Weitere Ressourcen
14 Eine sorgfältige Maßnahmenplanung erspart Enttäuschungen
14.1 Die acht Arbeitsbereiche im Team Management System
15 Endlich passiert etwas: kreative Maßnahmendurchführung
16 Die Bewertung
16.1 Langfristig: der objektive ökonomische Nutzen
16.2 Kurz- und langfristig: der subjektiv erlebte Nutzen
16.3 Weitere Kriterien
16.4 Die Verhältnismäßigkeit der Mittel wahren
Teil 4: Erfahren und Entwickeln
17 Projektbeispiel kommunaler Entsorgungsverband: vom Turnschläppchen-Image zur Personalentwicklung
18 Projektbeispiel Industrie: Top-down statt Bottom-up
19 Projektbeispiel Mittelstand: „Tue Gutes und rede darüber“ – Verknüpfung von Gesundheitsförderung und Marketing
20 Projektbeispiel Kleinunternehmen: Gesundheit ist unser Geschäft
21 Projektbeispiel Mittelstand: Reflexion vor Aktion
22 Die fünf häufigsten Stolpersteine
22.1 Die Strategien und Maßnahmen beruhen mehr auf dem Glauben und eigener Erfahrung der Akteure als auf gesichertem Wissen
22.2 Die Führungskräfte sind nicht mit im Boot
22.3 Der Funktionszyklus des BGM wird nicht beachtet
22.4 Die interne Öffentlichkeitsarbeit wird unterschätzt
22.5 Das Thema Verhaltensänderung wird überhaupt nicht benannt oder vernachlässigt
Nachwort
Dank
Literatur
Empfehlenswerte Websites
Sachwortregister

Geleitwort

Gesundheitsmanagement ganzheitlich begreifen!

Yoga am Arbeitsplatz? Schön und gut. Doch betriebliches Gesundheitsmanagement beinhaltet weit mehr als sportliche Aktivitäten während der Arbeitszeit. Die Gesundheit von Mitarbeitern wird nicht nur von Faktoren wie Bewegung oder Ernährung bestimmt: gerade auch Führungsqualität und die Arbeitsorganisation im Betrieb haben großen Einfluss. Wertschätzung im Umgang miteinander trägt wesentlich dazu bei, dass Mitarbeiter fit bleiben und motiviert bei der Sache sind. Gerade deshalb ist es wichtig, die Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz tief in der Unternehmensphilosophie zu verankern. Für Unternehmen und ihre Mitarbeiter ist das eine klassische Win-win-Situation.

Noch aber nutzen zu wenige diese Chance: In einer neuen Studie des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung, der Techniker Krankenkasse und der Haufe Gruppe geben nur 37 Prozent der Befragten an, dass in ihrer Organisation ein ganzheitliches betriebliches Gesundheitsmanagement eingerichtet ist. Vereinzelte Programme finden sich in rund drei von zehn Betrieben, dort dann vor allem in den Bereichen Ergonomie und Entspannung. In jedem elften Unternehmen fehlt sogar jegliches Angebot zur Gesundheitsförderung der Mitarbeiter. Bei der Frage nach den größten Hürden wurden an erster Stelle die Führungskräfte benannt. Unternehmer und leitende Mitarbeiter müssen sich klarmachen, dass Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz kein Randthema, sondern Chefsache ist. Nur wer dies berücksichtigt, kann ein ganzheitliches Konzept nachhaltig umsetzen.

Für eine vernünftige Balance zwischen Beruf, Familie und Freizeit

Eine zeitgemäße Arbeitsorganisation und flexible Arbeitszeiten sind das Gebot der Stunde im dritten Jahrtausend und im Zeitalter der digitalen Revolution: Moderne Wirtschaft braucht und ermöglicht gleichermaßen eben diese Flexibilität. Ein wichtiges Handlungsfeld ist dabei die Gestaltung der Arbeitsabläufe. Die Herausforderung besteht darin, eine vernünftige Balance zwischen Beruf, Familie und Freizeit herzustellen. Studien belegen, dass sogenannte „Heimarbeiter“ zufriedener mit ihrem Berufsleben und mit ihrem Leben im Allgemeinen sind. Auch wenn das natürlich nicht heißen muss, dass dies für jeden das richtige Rezept ist: Arbeiten von zu Hause oder irgendeinem anderen Ort bei flexibler Zeiteinteilung kann für Beschäftigte und Unternehmen gleichermaßen gewinnbringend sein. Entscheidend ist es, herauszufinden, welche Arbeitsform und Arbeitsgestaltung die effizienteste ist – so dass beide, Unternehmen und Mitarbeiter, profitieren. Jeder Mensch weiß selbst, wann er produktiv ist – morgens, abends oder in der Nacht. Warum lassen wir ihn darüber nicht mit entscheiden?

Allzu häufig stößt man beim Thema flexible Arbeitsgestaltung noch immer auf Zurückhaltung und Skepsis. Hier müssen wir umdenken, um jungen Menschen attraktive Perspektiven zu bieten – eben jenen Fachkräften, die unsere Wirtschaft dringend braucht.

Damit Betriebliches Gesundheitsmanagement im ganzheitlichen Sinne erfolgreich für Arbeitgeber und Arbeitsnehmer wird, braucht es Wissen, Tools und Techniken sowie einiges an Erfahrung aus bereits realisierten Projekten. Alles das zeigt das vorliegende Buch von Cornelia Schneider ganz pragmatisch auf. Ich freue mich, dass die Best-Practice-Beispiele im Buch überwiegend aus saarländischen Betrieben stammen. Das Saarland kann somit Impulsgeber und Innovationsmotor für das zukunftsweisende Handlungsfeld BGM in der Personal und Organisationsentwicklung sein.

Dr. Hanno Dornseifer

Präsident der IHK des Saarlandes

Warum und wie Sie dieses Buch lesen sollten

Sie planen ein Projekt zur betrieblichen Gesundheitsförderung und wollen sich einen Überblick über das Thema verschaffen. Sie möchten mit Ihren Kollegen ein gemeinsames Verständnis für Begrifflichkeiten, Ziele und Strategien entwickeln.Sie haben schon gute Grundstrukturen des betrieblichen Gesundheitsmanagements in Ihrem Unternehmen, aber es läuft noch nicht „rund“, und es gibt immer wieder Umsetzungsprobleme.Sie suchen Anregungen, das bestehende System zu optimieren, und möchten die Arbeit Ihrer Gremien (Gesundheitszirkel, Lenkungskreise und Arbeitskreise Gesundheit) professionalisieren.Sie sind externer Berater im betrieblichen Gesundheitsmanagement oder auch Anbieter in der betrieblichen Gesundheitsförderung und suchen Vergleiche sowie Beispiele dazu, wie Kollegen die Herausforderungen angehen.Sie interessieren sich für das Thema Arbeit, Leistungsfähigkeit und Gesundheit.

In all diesen Fällen kann Ihnen das Buch nützlich sein.

Sollten Sie ganz am Anfang stehen und bisher keine oder wenige Erfahrungen in der betrieblichen Gesundheitsförderung und im betrieblichen Gesundheitsmanagement gesammelt haben, empfehle ich Ihnen, das Buch wie üblich von vorne nach hinten zu lesen.

Sollten Sie schon ein „mittelalter Hase“ sein, können Sie auch bei den Beispielen zu den Einzelmaßnahmen oder bei den Beispielen zu den Gesamtprojekten beginnen und – je nach Laune – anschließend die theoretischen Hintergründe zu diesen Beispielen bearbeiten. Die Einzelfallbeispiele stehen jeweils am Ende des theoretischen Kapitels, mit dem sich der jeweilige Fall am besten verknüpft. Bitte beachten Sie beim Lesen, dass jedes der vorgestellten Einzelbeispiele immer nur einen Mosaikstein eines Gesamtprojekts darstellt. Der jeweilige Effekt sollte daher nur im Kontext der übrigen Maßnahmen betrachtet werden.

Für die Professionalisierung der Arbeit in verschiedenen Gremien können Sie das Buch als Leitfaden nutzen: Sie lesen nach Absprache jeweils einen Beitrag und diskutieren diesen Beitrag in der Sitzung. So reichern Sie Ihr Wissen von Sitzung zu Sitzung kontinuierlich an und erhöhen das Selbstverständnis in der Arbeitsgruppe. Gleichzeitig können Sie die im Buch vorgestellten Strategien auf ihre Alltagstauglichkeit hin in Ihrem Betrieb, in Ihrer Institution überprüfen bzw. anpassen.

Die Einzelbeiträge in diesem Buch sind so gefasst, dass Sie die Vorbereitung und Reflexion eines bestimmten Unterthemas innerhalb kurzer Zeit (ca. 45 Minuten) leisten können. Ich wünsche Ihnen Freude und Anregung beim Lesen.

Teil 1Wissen und Verstehen

1 Den Begriffsnebel lichten

Das Missverständnis ist das Allgemeine, das Verstehen die Ausnahme.

Arthur Schopenhauer

Jedes Handlungsfeld hat seine Sprache. Fachbegriffe, alte Wörter, die mit neuen Sinnzusammenhängen angereichert werden, und Wortneuschöpfungen tummeln sich auf dem Firmengelände und mischen sich unter die Alltagssprache im Betrieb. Im Idealfall verhelfen neue Begrifflichkeiten, auch neu zu denken und zu handeln. Denn jeder Gedanke braucht das Wort, um überhaupt gedacht werden zu können. Veränderungen im Handeln basieren immer auf der Veränderung des Denkens und damit wohl auch im Gebrauch der Worte.

Im ungünstigen Fall entwickelt sich eine Sprache, die von vielen genutzt, aber sehr unterschiedlich interpretiert wird. Die Kommunikation ist erschwert, die Missverständnisse sind vorprogrammiert. Sie stellen sich ein, wenn Fachbegriffe sich aus Worten der Alltagssprache neu zusammensetzen. Ein Beispiel hierfür ist der Begriff des „betrieblichen Gesundheitsmanagements“. Wir kennen die Begriffe Gesundheit, Management und betrieblich; und schon konstruiert unser Gehirn einen Sinnzusammenhang mit dem Ergebnis einer Wortbedeutung, die so nicht stimmen muss. Obwohl gerade dieser Begriff „betriebliches Gesundheitsmanagement“ in vielen Fachbüchern ausreichend definiert und beschrieben ist, findet man in der Praxis sehr unterschiedliche Bedeutungen und Inhalte dafür. Das wäre nicht weiter dramatisch, wenn man im Gespräch doch nur wüsste, dass unser Gesprächspartner zwar dieselben Worte wie man selbst nutzt, aber diesen Worten eine andere Bedeutung zuweist. Und dann geht auch jeder noch selbstverständlich davon aus, dass seine Interpretation die richtige sei – oder aber er denkt gar nicht daran, dass es auch andere Definitionen als die eigene dazu geben könnte.

Daher die dringende Empfehlung, in der Frühphase von Projekten Fachbegriffe zu klären und nicht ihre Bedeutung als selbstverständlich vorauszusetzen. Dabei geht es nicht um die wissenschaftlich exakte Definition, sondern vielmehr um ein einheitliches Verständnis und die Erleichterung der Kommunikation, entweder firmenintern oder auf die Projektgruppenarbeit bezogen.

Erfahrungsgemäß hinterfragen Mitarbeiter und auch die Mitglieder von Arbeitsgruppen selten die Begriffe, was häufig zu Missverständnissen, Konflikten oder einfach zu Erschwernissen bei der Umsetzungsarbeit führt.

So kann zu Beginn der Arbeit eine Zusammenstellung mit den wichtigsten Begriffen und deren Definition die Zusammenarbeit sehr erleichtern, wenn sie sie nicht überhaupt erst ermöglicht.

Merke

Die inhaltlich saubere Trennung von betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM) und betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF) sowie privater Gesundheitsförderung (PGF) ist für den Experten selbstverständlich, findet in der Praxis aber längst nicht überall statt.

Dies hat weitreichende Folgen für die Projektplanung und -durchführung. Die drei Arbeitsfelder unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Zielgruppe, ihrer Maßnahmen, ihrer Strategien und ihrer zeitlichen Abfolge: Zunächst müssen die Strukturen des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) geschaffen werden, und erst danach können Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) zielorientiert und erfolgreich umgesetzt werden. Die private Gesundheitsförderung (PGF) kann, muss aber keineswegs zwingend ein zusätzliches Angebot des Arbeitgebers sein.

Beispiel

Hier ein Beispiel dafür, wie sich mangelnde Sorgfalt bei der Verwendung von Begrifflichkeiten in der alltäglichen Arbeit auswirken kann:

In einem neu gegründeten „Arbeitskreis Gesundheit“ einer mittelständischen Firma kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen zwei Gruppen. Die erste Gruppe drängt auf schnelle Umsetzung von Maßnahmen, die zweite möchte sich mehr mit der strukturellen Ausgestaltung des Gesamtprojekts auseinandersetzen. Die Personen der ersten Gruppe werfen der zweiten unnötigen Bürokratismus vor – der Handlungsbedarf sei schließlich offensichtlich. Die zweite Gruppe warnt vor übertriebenem Aktionismus und mangelnder Nachhaltigkeit. Nach einigen erfolglosen Sitzungen bittet man einen externen Moderator hinzu. Er erläutert die klassische Vorgehensweise im Arbeitskreis und er definiert (obwohl der Bedarf auf beiden Seiten dazu verneint wird!) die wichtigsten Fachbegriffe. Dabei wird den Beteiligten deutlich, dass die Mitglieder der ersten Gruppe die Begriffe BGM, BGF und PGF inhaltlich bisher nicht voneinander abgegrenzt hatten. Die Mitglieder der zweiten Gruppe hatten einige Monate zuvor an einer Informationsveranstaltung teilgenommen, die sich exakt mit dieser begrifflichen Trennung beschäftigte. Keiner der Teilnehmer des Arbeitskreises hatte in Betracht gezogen, dass die Differenzen hinsichtlich ihrer Vorgehensweise lediglich in der Interpretation der Begriffe „Gesundheitsförderung“ und „Gesundheitsmanagement“ sowie „betrieblich“ und „privat“ liegen könnten. Klare Definitionen verhalfen der Gruppe zu einer einheitlichen Sprache und ermöglichten so erst ein weiteres strukturiertes Vorgehen in der Sache.

1.1Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) bildet die strukturelle Voraussetzung für eine nachhaltig wirksame betriebliche Gesundheitsförderung. Daher ist das BGM erste und vordringliche Aufgabe im Gesamtprozess. Das BGM zielt darauf ab, Rahmenbedingungen, Strukturen und Prozesse zu entwickeln, die die Grundlage für die betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) darstellen. Es handelt sich um eine Managementaufgabe mit dem Ziel, Arbeitsplätze, -inhalte und -bedingungen nachhaltig gesundheitsfördernd zu gestalten und gesundheitsgerechtes Verhalten der Mitarbeiter zu unterstützen. Zielgruppe des BGM sind die Führungskräfte und je nach Fragestellung speziell ausgewählte Akteure. Sie sind dafür verantwortlich, Ziele und Vorgehensweisen zu vereinbaren sowie Verantwortlichkeiten zu definieren und deren Überwachung zu gewährleisten.

Merke

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist eine Managementaufgabe und umfasst die Steuerung und Integration aller betrieblichen Prozesse mit dem Ziel der Erhaltung und Förderung der Gesundheit, der Motivation und des Wohlbefindens der Mitarbeiter. Ohne ein gut strukturiertes BGM gibt es keinen nachhaltigen Erfolg in der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF).

Das BGM leistet seinen Beitrag beispielsweise mit:

Betriebsvereinbarung oder auch nur eine Zielvereinbarung zum Thema GesundheitLenkungskreis oder andere Arbeitskreise zur Steuerung der ProzesseZeitregelungen wie z.B.: Arbeitsfreistellungen für Maßnahmen der BGF (betrieblichen Gesundheitsförderung) und keine Freistellung bei Maßnahmen der PGF(privaten Gesundheitsförderung)firmeninterne Budgets oder Beteiligung externer Stellen, z.B. Förderprogramme des jeweiligen Bundeslandes oder der EUklare Verantwortlichkeiten – Organigramm im BGMZielvereinbarungen mit den inner- und außerbetrieblichen AkteurenEntscheidung zur Beteiligung und Mitsprache externer Kooperationspartner wie bspw. Krankenkassen und BerufsgenossenschaftenVerknüpfung der BGF mit Bildungsmaßnahmen, z.B. die Sicherung der Beteiligung der Führungskräfte durch regelmäßige Schulungsmaßnahmen zum ThemaAuswahl und Festlegung der Analysetools (Gesundheitszirkel, Gesundheitswerkstätten, Mitarbeiterbefragungen, Arbeitsplatzanalysen) sowie die Definition der Zeitintervalle, innerhalb derer Analysen durchgeführt werden sollenEntwicklung eines firmeninternen Handbuchs zum BGM

Die Implementierung eines soliden und tragfähigen BGM-Systems nimmt in der Regel viele Monate in Anspruch. Es empfiehlt sich, in dieser Phase mit der Unterstützung und Begleitung eines erfahrenen Beraters/Moderators zu arbeiten.

1.2Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)

Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) umfasst alle unmittelbaren Maßnahmen, die auf die Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit sowie Leistungsfähigkeit aller Mitarbeiter abzielen. Die Ergebnisse in der BGF sollen sowohl zum Nutzen des Mitarbeiters als auch des Betriebes messbar sein. Man unterscheidet hier verhältnis-, verhaltens- und systembezogene Aktivitäten. Die Maßnahmen resultieren aus den Daten einer vorgeschalteten Analyse zu den potenziell gesundheitsbelastenden Faktoren. Maßnahmen der BGF sind immer arbeitsplatzspezifisch. Ein Beispiel: In einer Abteilung gibt es eine überdurchschnittlich hohe Anzahl von Fehltagen wegen Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystem. Eine weitergehende Analyse zeigt, dass einerseits teilweise schwierige ergonomische Bedingungen vorliegen, anderseits im Team Konflikte zwischen Mitarbeitern und Führungskräften die Zusammenarbeit sehr erschweren. Die Maßnahmen konzentrieren sich somit

auf die Verhältnisse: Die Ergonomie wird optimiert.auf das Verhalten der Mitarbeiter und Vorgesetzten: Sie erlernen Ausgleichbewegungen zu ihrer körperlich belastenden Tätigkeit und führen regelmäßige Bewegungspausen am Arbeitsplatz durch. Und: Sie lernen in einer geführten Konfliktmoderation ihre zwischenmenschlichen Probleme zu lösen.auf das System: Die Arbeitsorganisation und Arbeitsabläufe werden mitarbeitergerecht überarbeitet und verbessert. Die Maßnahmen der BGF sind für die Mitarbeiter verbindlich und werden selbstverständlich in der Arbeitszeit durchgeführt.

Merke

Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) umfasst alle Maßnahmen, die direkt oder indirekt Verhalten, Verhältnisse und das gesamte Arbeitssystem im Sinne der Gesundheitsförderung beeinflussen (die Begriffe Verhalten, Verhältnisse und System müssen nun ebenfalls definiert werden).

Weitere Beispiele für Maßnahmen in der BGF:

arbeitsplatzspezifisches Resilienztrainingkollegiale Beratung GesundheitSelbstmanagement und ArbeitsorganisationBewegungsangebote für spezifische Arbeitssituationen (z.B. Heben und Tragen von Lasten, bei überwiegend sitzenden Tätigkeiten im Büro, in stressreichen Situationen …)Umgang mit schwierigen KundenKonfliktbewältigungergonomische MaßnahmenVereinbarkeit Familie und Berufgesunde Selbstführung in beruflich fordernden Zeitenlebensphasenorientiertes Führenalternsgerechtes ArbeitenEinzelcoaching in besonderen BelastungssituationenVerhaltenstraining für Schichtarbeiter (Schlafhygiene, Bewegung, Entspannung und Ernährung bei Schichtarbeit)Einführung eines neuen Schichtsystems zur Belastungsreduzierung

Die Auswahl der Maßnahme ist immer von den Analyseergebnissen abhängig. Nach Ablauf der Maßnahme wird deren Effizienz gemessen und dokumentiert.

Zielgruppe der BGF sind alle Mitarbeiter eines Betriebes.

Die betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) sollte deutlich von der privaten Gesundheitsförderung (PGF) abgegrenzt werden.

1.3Private Gesundheitsförderung (PGF)

Private Gesundheitsförderung (PGF) beinhaltet alle Maßnahmen, die jeder Einzelne in eigener Verantwortung zur allgemeinen Gesundheitsförderung, zum Schutz oder zur Verbesserung seiner Gesundheit individuell umsetzen kann. Diese Maßnahmen sind unabhängig von der konkreten Arbeitsplatzsituation und unterliegen der Selbstbestimmung eines jeden Einzelnen. Diese Form der Gesundheitsförderung kann nicht von außen „verordnet“ werden. Jeder Mensch bestimmt und wählt freiwillig, welche Maßnahme für ihn geeignet erscheint, die eigene Gesundheit, Erholungsfähigkeit und Zufriedenheit zu fördern.

PGF unterscheidet sich von der BGF durch folgende Faktoren:

Die Maßnahmen haben keinen Arbeitsplatzbezug (Beispiel: Rückenschule in der Freizeit ist PGF, arbeitsplatzbezogenes Verhaltens- und Bewegungstraining im Büro ist BGF).Sie unterliegen vollständig dem Ermessen und der Eigenverantwortlichkeit der Person und sind somit freiwillig (im Gegensatz zu dem Beispiel der Konfliktmoderation im BGF. Hier ist die Teilnahme für die Mitarbeiter verbindlich).Sie werden in der Freizeit und nicht in der Arbeitszeit durchgeführt.Sie werden nicht grundsätzlich vom Arbeitgeber bezahlt, können aber durchaus von ihm unterstützt oder gefördert werden.Die Ergebnisse müssen weder gemessen werden noch müssen Sie auch Vorteile für den Arbeitgeber bringen.BGF basiert auf der Datengrundlage einer Analyse, PGF benötigt dies nicht.

Beispiele für PGF-Maßnahmen:

Yoga-KurseRaucherentwöhnungsprogrammeAllgemeine Stressbewältigungsprogramme ohne konkreten ArbeitsplatzbezugSportAllgemeine ErnährungsberatungFaszien-TrainingPilatesRückenschuleEntspannung

Abbildung 1-1: Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM), betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) und private Gesundheitsförderung (PGF) voneinander abgrenzen.

Merke

Die Abgrenzung zwischen BGF und PGF ist einerseits wichtig und andererseits nicht immer ganz eindeutig. Die drei wichtigsten Kriterien erleichtern die Differenzierung:

BGF hat Arbeitsplatzbezug.BGF findet in der Arbeitszeit statt und wird vom Arbeitgeber finanziert.BGF ist überwiegend verbindlich für den Arbeitnehmer.

Obwohl die klare Definition der beiden Begriffe wichtig ist, zeigt sich in der Praxis, dass die Abgrenzung zwischen ihnen nicht immer ganz eindeutig zu treffen ist. Selbstverständlich sollen die Maßnahmen der BGF Mitarbeiter stimulieren, sich auch aktiver in der PGF einzubringen. Daher auch die offene Tür in Abbildung 1-1 von den Räumen der BGF zum Anbau der PGF. Je besser BGF didaktisch vermittelt wird, desto größer die Chance für Auswirkungen auf die PGF. Hier handelt es sich also um eine erwünschte „Nebenwirkung“. Dies sollte in der Konzeption der BGF-Maßnahmen unbedingt berücksichtigt werden. Denn gut aufbereitete BGF-Maßnahmen gewährleisten die verstärkte Selbstverantwortung der Mitarbeiter auch im privaten Bereich. Anderseits gibt es auch BGF-Maßnahmen, die nicht streng unter der „Teilnehmerpflicht“ geführt werden sollten. Ein Beispiel dazu: Eine Firma stellt aufgrund der Analyse fest, dass die Arbeitsverdichtung, die häufigen Veränderungsprozesse und steigende Komplexität die Mitarbeiter psychisch stark belasten. Daraufhin organisiert man Kurse zum Selbstmanagement und zur verbesserten Arbeitsorganisation. Anfänglich will die Geschäftsführung die Teilnahme – gemäß der Definition von BGF – verpflichtend für alle Mitarbeiter ausschreiben. Nach eingehender Diskussion allerdings entschließt man sich, die Teilnahme freizustellen. Einige Mitarbeiter lehnten die Teilnahme vehement ab, mit der Begründung, dass sie dies allein in den „Griff bekommen“ wollten. Im Sinne der Stärkung der Selbstverantwortlichkeit kann es durchaus sinnvoll sein, die Verbindlichkeit zu prüfen. Klar sollte aber auch sein, dass diejenigen, die die Teilnahme an BGF-Maßnahmen ablehnen, die Verantwortung für ihre subjektiv erlebte Belastung selbst tragen müssen.

Ich halte es für legitim, dass Betriebe und Organisationen den oben genannten Definitionen auch eigene Besonderheiten hinzufügen. So könnte die eine Firma unter BGF nur Maßnahmen verstehen, die einen direkten Arbeitsplatzbezug herstellen – die andere Firma würde aber auch Maßnahmen zulassen, die sich mehr im privaten Feld abspielen oder auswirken. Das könnte z.B. bedeuten, dass im ersten Fall eine Maßnahme zur Stressbewältigung eng an der konkreten beruflichen Situation und deren Herausforderungen geplant und durchgeführt wird. Im zweiten Fall wäre auch ein Angebot für die Mitarbeiter möglich, das mehr allgemeiner Natur und eher unabhängig von der konkreten Arbeitsplatzsituation ist. Für manche Firmen bedeutet das „B“ im BGF genau den ersten Fall, andere möchten sich hier nicht ausschließlich auf eine berufliche Dimension festlegen lassen – eine Frage der Definition. Die BGM-Verantwortlichen im Betrieb haben natürlich alle Freiheiten, ihre Angebote zu konzipieren. Sie sollten sich lediglich im Vorfeld untereinander darüber verständigen, inwieweit PGF und BGF getrennt werden sollten bzw. wo Überschneidungen sinnvoll und nützlich sein können. Wichtig zu wissen ist noch, dass es bisher keine Belege dafür gibt, dass sich reine PGF im Betrieb „rechnet“. Für die professionelle BGF, die auf einem soliden BGM aufbaut, existieren mittlerweile eine Fülle von Untersuchungen, die einen Return of Investment mit Zahlen untermauern können.

1.4Weitere wichtige Begriffe

So wie diese grundlegend wichtigen Begriffe sollten im Vorfeld alle Fachwörter klar definiert werden. Dazu gehören Begriffe des Arbeitsschutzes und der Arbeitsmedizin, aber auch Begriffe aus benachbarten Disziplinen, wie beispielsweise der Pädagogik und der Psychologie. Diese Vorgehensweise soll nicht dazu führen, dass eine neue Fachsprache entsteht, sondern sie soll die Kommunikation erleichtern und mehr Transparenz für alle Beteiligten im Prozess herstellen.

So wichtig es für die internen Experten ist, die Begriffe des betrieblichen Gesundheitsmanagements und der Gesundheitsförderung mit Inhalt zu füllen, genauso wichtig ist es für externe Experten, die begriffliche Vielfalt innerhalb einer Firma kennenzulernen: Abkürzungen für Abteilungen, Bezeichnungen für Produktionsprozesse sowie firmenspezifische Namen und Begriffe. Je früher sich der externe Experte auch sprachlich in der Welt des Unternehmens zu Hause fühlt, desto besser kann er auch diese Welt verstehen und Mitarbeiter in Veränderungsprozessen begleiten.

Auch alltagssprachliche Begriffe sollten im Kontext der betrieblichen Gesundheitsförderung überdacht und auf ihre Anwendbarkeit hin sorgfältig geprüft werden. Zugegeben, das ist schwierig, sind wir es doch gewohnt, Begriffe, die von Fachleuten benutzt werden, selten infrage zu stellen. So finden es Politiker – wohl auch viele Bürger – in Deutschland nicht merkwürdig, ein Wort wie „Gesundheitsreform“ zu formulieren. Was soll hier reformiert werden? Die Gesundheit? Die Arbeitsweise im Gesundheitssystem? Die Kosten des Systems? Der Patient und seine Krankheiten? Gut, dass das Wort auf nichts festgelegt und doch alles zu sagen scheint. Beliebigkeit hat Vorrang. Aber das gibt es nicht nur in der Politik.

So hat sich auch der Anglizismus Work-Life-Balance mittlerweile fest in der deutschen Sprache etabliert, ohne dass der Sinn dieser Wortschöpfung ausreichend hinterfragt wird. Wenn wir eine Balance herstellen können zwischen Work (Arbeit) und Life (Leben), dann bedeutet dies, dass Arbeit und Leben Gegensätze seien – andernfalls gäbe es ja nichts auszubalancieren. Wenn also Arbeit nicht gleich Leben ist, wir aber einen großen Teil unserer Zeit mit der Erwerbstätigkeit verbringen (hoffentlich!), bedeutet das dann, dass wir in dieser Zeit nicht leben oder diese Zeit gar nicht sinnvoll nutzen? Worte wirken keinesfalls nur auf der Bewusstseinsebene, sondern vielfach auch unbewusst. Das könnte bei dem Begriff „Work-Life-Balance“ fatale Folgen haben. Statt unterschwellig zu suggerieren – und das tut dieser Begriff –, dass Arbeit nicht unser wirkliches Leben sei, müsste es hier nicht viel mehr darum gehen, zu vermitteln, wie Arbeit gestaltet werden kann, dass sie für uns auch gutes Leben bedeutet? Für diesen Zweck braucht es auch neue Begrifflichkeiten, denn Denken und Sprechen bilden die Grundlage für das Handeln.

Zwei weitere Worte, die überproportional häufig im Kontext BGM und BGF fallen, sind Nachhaltigkeit und Ganzheitlichkeit.

Der Begriff Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft und beschreibt, dass immer nur so viel Holz gefällt werden sollte, wie in derselben Zeit nachwächst, sodass der Waldbestand sich durch das Abholzen nicht verringert. Später hat man diesen Begriff dann auf politische, ökonomische, betriebswirtschaftliche und Managementthemen übertragen. Der englische Begriff „Sustainability“ hat sich in den letzten Jahren gerade im Management einen festen Platz erobert, sodass viele Entscheidungen durch die „Nachhaltigkeitsbrille“ betrachtet werden. Da die allgemeine Wortbedeutung mit „anhaltend, dauernd, zukunftsfähig und lange nachwirkend“ gut beschrieben wird, ist gegen die Forderung der Nachhaltigkeit selbstverständlich nichts einzuwenden. Leider verkommt der Begriff häufig zur Worthülse. Allzu vollmundig bieten Beratungsfirmen „Nachhaltigkeit“ ihrer Angebote an, ohne aber näher zu definieren, was damit genau gemeint ist. Das Zauberwort Nachhaltigkeit scheint ein Garant für die Qualität von Maßnahmen zu sein. Und in der Tat ist es ein bedeutsames Qualitätskriterium, wenn zuvor folgende Fragen geklärt sind:

Was bedeutet für die Firma Nachhaltigkeit?An welchen Kriterien wird Nachhaltigkeit festgemacht? An der Projektlänge und -struktur? An der Veränderung des Verhaltens der Mitarbeiter? An der Veränderung von Strukturen innerhalb der Firma? An den Arbeitsunfähigkeitsquoten? Am Kosten-Nutzen-Verhältnis?Wie soll die Nachhaltigkeit gemessen werden? Wer wird sie messen?Welcher Zeitraum soll definiert werden?Welche Instrumente sollen zur Sicherung der Nachhaltigkeit eingesetzt werden?

Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, kann der Begriff der Nachhaltigkeit mit Leben und Sinn gefüllt werden. So gewinnen Strukturen, Prozesse und Ergebnisse erst die Qualität, die die Voraussetzung für ein seriöses Vorgehen im BGM und in der BGF darstellt.

Auch der Begriff der Ganzheitlichkeit wird viel benutzt, um nicht zu sagen überstrapaziert. Er scheint für viele so klar zu sein, dass er einer allgemeingültigen Definition überhaupt nicht bedarf. Und die wird man auch vergeblich suchen, da jeder hierzu eine andere, eigene Definition und Beschreibung hat. Man kann also davon ausgehen, dass Ganzheitlichkeit genau das ist, was jeder Einzelne sich darunter vorstellt. Der Begriff der ganzheitlichen Medizin hat sicherlich auch Auswirkungen auf den Gedanken der Gesundheitsförderung, im Individuellen sowie auf betrieblicher Ebene. In der Praxis findet man einen bunten Strauß von Vorstellungen dazu, und das Wort ganzheitlich wird in ganz unterschiedlichen Kontexten selbstverständlich angewandt:

der Physiotherapeut, der neben Knochen, Muskeln und Gelenken auch innere Organe in seine Arbeitsweise einbeziehtder Mediziner, der neben der Schulmedizin auch Homöopathie anbietetder Psychologe, der in seine Psychotherapie auch Körperarbeit integriertder Ernährungsberater, der seine Beratungen um Entspannungs- und Bewegungsangebote ergänztder Berater in der betrieblichen Gesundheitsförderung, der biologische, psychische und soziale Aspekte bei seiner Arbeit verknüpft.

Für jeden dieser Fachleute beginnt der Begriff der Ganzheitlichkeit dort, wo das Selbstverständnis seiner Disziplin endet. Genau betrachtet beinhaltet der Begriff der Ganzheitlichkeit eine gewisse Anmaßung. Aus welcher Disziplin haben wir wirklich Einblick in das „Ganze“? Wenn wir das Individuum mit seiner Gesundheit in das Zentrum der Betrachtungen stellen und es als offenes System verstehen, das in dauernder Interaktion mit anderen Systemen (anderen Menschen, Menschengruppen, Gesellschaft, Arbeitsbedingungen, Umweltbedingungen, kulturellen Bedingungen usw.) Informationen austauscht und sich so kontinuierlich verändert, dann wird schnell klar, dass eine Ganzheitlichkeit in der Gesundheitsförderung nur bedingt herzustellen ist. Selbstverständlich brauchen wir Begriffe, die der Komplexität und den vielfältigen Wechselwirkungen in der Gesundheitsförderung gerecht werden. Die gewählten Worte sollen dazu dienen, ein besseres Verständnis zu ermöglichen und auf die Vielfalt der möglichen Handlungsstrategien hinzuweisen. Das Wort Ganzheitlichkeit könnte präventive Omnipotenzfantasien fördern, die den Realitäten dann aber nicht standhalten können. Daher sollten die Verantwortlichen in Betrieben und vor allem die externen Experten mit solchen Formulierungen zurückhaltend sein.

Statt von einem ganzheitlichen Konzept zu sprechen, wäre es also nicht ratsamer, es als „erweitertes Konzept“ zu bezeichnen, und zu beschreiben, was genau die Erweiterung ausmacht?

Die oben genannten Begriffe sind nur Beispiele dafür, wie aus häufig benutzten Worten Stimmungen, Erwartungshaltungen, Bewertungen oder schlicht Marketinginstrumente erzeugt werden. Sie sollten daher Fachbegriffe definieren und häufig benutzte Worte sorgfältig klären, damit es nicht zu vermeidbaren Missverständnissen oder Fehletikettierungen kommt.

In Tabelle 1-1 finden Sie eine Auflistung mit Fachbegriffen aus der Prävention und deren Definitionen. Erweitern Sie die Liste nach Bedarf und diskutieren Sie sie im Kollegenkreis.

Worte alleine erzeugen noch kein Verständnis für komplexe Zusammenhänge. Dieses Verständnis entsteht erst durch die Vernetzung von Wortbedeutungen, Fach- oder Faktenwissen und eigenen Erfahrungen. Je mehr sich ein Konzept oder ein Wort in der Alltagssprache wiederfindet, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen sich eigene Theorien auf der Basis ihrer Erfahrung gebildet haben. So verbinden sich mit dem Begriff Gesundheit ganz unterschiedliche Fach- und Laienmodelle, wie Gesundheit oder auch Krankheit entsteht und verhütet werden kann. Die Diskussion darüber, welches Gesundheitsmodell in den Köpfen von Verantwortlichen und Mitarbeitern handlungsbestimmend ist oder welches sinnvoll wäre, sollten Sie möglichst früh führen.

2 Gesundheitsmodelle bestimmen Denken und Handeln

Die Theorie bestimmt, was du beobachtest.

Albert Einstein

Zum Thema Gesundheit kann jeder etwas sagen. Jeder weiß – oder glaubt zu wissen –, was gesund und ungesund ist, wie man sich im Idealfall verhalten sollte und wie nicht, welche Ernährung, welche Sportarten, welche Entspannungsarten und Arbeitsbedingungen