Praxisanleitung in der generalistischen Pflegeausbildung - Jochen Martin - E-Book

Praxisanleitung in der generalistischen Pflegeausbildung E-Book

Jochen Martin

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Beschreibung

Die Pflegeausbildung hat durch neue gesetzliche Vorgaben einen Wandel vollzogen, der sich auf die Tätigkeit der Praxisanleitenden auswirkt und neue Strukturen vorgibt. Das Standardwerk vermittelt detailliertes Hintergrundwissen zu den Aufgabengebieten und Themen der Praxisanleitenden: gesetzliche Grundlagen für die Pflegeausbildung, Lernen, Methoden der Anleitung, psychologisches Wissen, Pflegewissenschaft, Qualitätsmanagement, kulturelle Vielfalt und viele weitere Inhalte. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Beziehung zwischen Anleitenden und Auszubildenden gelegt. Die Inhalte sind auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand und an den offiziellen Vorgaben für die Weiterbildung von Praxisanleitenden orientiert. Zahlreiche Praxisbeispiele, Formulare und Checklisten erleichtern die Umsetzung. Die 6. Auflage wurde vollständig überarbeitet und an die Erfordernisse der generalistischen Pflegeausbildung angepasst.

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Die Autoren

Jochen Martin, Dipl.-Pflegepädagoge und M. A. Erwachsenenbildung. War viele Jahre als Praxisanleiter tätig. Arbeitet seit über 20 Jahren am Evangelischen Bildungszentrum für Gesundheitsberufe als Leiter der Weiterbildung zur Praxisanleiterin/zum Praxisanleiter und als Lehrer.

Birte Stährmann, vormals Mensdorf, Krankenschwester, Lehrerin für Pflegeberufe, Kommunikationswirtin, Fundraiserin. Geboren 1967 in Flensburg, lebte 35 Jahre in Stuttgart, ist im Frühjahr 2022 mit ihrem Mann nach Eckernförde an der Ostsee gezogen. Schreibt und veröffentlicht Fachbücher und Romane. Mehr unter www.birte-staehrmann.de

Jochen Martin/Birte Mensdorf

Paxisanleitung in der generalistischen Pflegeausbildung

Hintergründe, Konzepte, Probleme, Lösungen

6., erweiterte und überarbeitete Auflage Schüleranleitung in der Pflegepraxis

Verlag W. Kohlhammer

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Piktogramme

Fallbeispiel             Gesetzestext

Empfehlung/Tipp    Merke

Definition

 

 

6., erweiterte und überarbeitete Auflage 2022

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-035028-1

E-Book-Formate:

pdf:           ISBN 978-3-17-035029-8

epub:        ISBN 978-3-17-035031-1

Vorwort

Jochen Martin

Als das Buch Schüleranleitung in der Pflegepraxis 1999 in der 1. Auflage erschien, hießen die Praxisanleiterinnen in den Pflegeberufen vielerorts noch Mentorinnen und ihre Tätigkeit als Ausbilderinnen war gesetzlich nicht geregelt. Die Qualifikation für die Tätigkeit wurde inhaltlich durch Weiterbildungseinrichtungen bestimmt, die Schulungen im Umfang von 80 bis 120 Stunden anboten. Literatur zum Thema Anleitung in der Pflege gab es wenig.

Das Buch führte damals den Begriff Schüler im Titel, weil die Absolventen der Pflegeausbildungen zu dieser Zeit bewusst nicht als Auszubildende bezeichnet wurden. Man wollte die Pflegeausbildungsgänge von der Berufsausbildung im dualen Ausbildungssystem abheben. Das Buch Schüleranleitung in der Pflegepraxis erlebte fünf Auflagen und vollzog dabei alle Neuerungen mit, die die Ausbildung im Laufe der Jahre veränderten. Dabei lag ein Schwerpunkt immer auf der Kommunikation zwischen Ausbilderin und Schülerin.

Mittlerweile hat sich viel verändert. Mit dem Pflegeberufegesetz, das seit 2020 die Berufsausbildung regelt, wurde nicht nur der Beruf neu ausgerichtet und die verschiedenen Pflegeausbildungen zu einem generalistischen Ausbildungsgang zusammengeführt. Auch die Praxisanleitung wurde auf eine neue Grundlage gestellt. Ein entscheidender Unterschied ist die Einführung einer inhaltlichen Vorgabe für die Praxisausbildung, die durch den Ausbildungsrahmenplan erfolgt. Jetzt muss die Praxisausbildung einer zeitlichen und inhaltlichen Struktur entsprechen, die durch bundes- und landesrechtliche Regelungen vorgegeben wird. Auch die Tätigkeit der Praxisanleitung wird aufgewertet, weil die Ausbildung jetzt eine vertiefte pädagogische Qualifikation erfordert, die in einer 300-stündigen Weiterbildung erworben werden muss.

Die neue Auflage des Buches nimmt diese Entwicklungen auf. Das bedeutet auch, dass sich der Titel verändert: Die Schüler werden zu Auszubildenden. Und auch der inhaltliche Aufbau des Buches ist neu. Er orientiert sich an den Empfehlungen und Verordnungen für die Weiterbildung in der Praxisanleitung, wie sie von einzelnen Bundesländern und auch von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (Deutsche Krankenhausgesellschaft, 2022) vorgegeben werden. Auf der anderen Seite bleibt aber auch vieles erhalten. Auch jetzt ist der wichtigste Faktor einer gelingenden Praxisausbildung eine gute Beziehung zwischen der Auszubildenden und der Praxisanleiterin, der sich vor allem in einer gelungenen Kommunikation widerspiegelt.

Das Buch ist als Lehrbuch für die Praxisanleiterweiterbildung konzipiert. Gleichzeitig soll es aber auch allen Praxisanleiterinnen, die ihr Wissen mit Blick auf die Veränderungen der neuen Gesetzgebung ergänzen wollen, als Nachschlagewerk dienen. Das Buch setzt das Werk »Schüleranleitung in der Pflegepraxis« fort, das von Birte Stährmann unter dem Namen Birte Mensdorf in fünf Auflagen veröffentlicht wurde. Jochen Martin hat die Aktualisierung vorgenommen und die Inhalte neu geordnet.

Wir hoffen durch dieses Buch den Praxisanleiterinnen eine hilfreiche Unterstützung zu bieten. Sie versuchen ihr Bestes, um die Ausbildung in der Pflege auf einen guten Stand zu bringen. Wir wünschen uns, dass auch die Auszubildenden profitieren, die in diesem wichtigen und herausfordernden Beruf arbeiten.

Im Buch wird zur besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Da allerdings die Praxisanleitenden überwiegend Frauen sind und auch die Mehrzahl der Auszubildenden weiblichen Geschlechts ist, wird immer dann, wenn von ihnen die Rede ist, die weibliche Schreibform verwendet. Natürlich sollen sich die Angehörigen des anderen Geschlechts ebenfalls angesprochen fühlen.

Jochen MartinStuttgart, im Juli 2022

Vorwort

Birte Stährmann

Liebe Leserinnen und Leser,

das vorliegende Werk erscheint nun in der 6. Auflage, dies freut mich sehr. In der heutigen, schnelllebigen Zeit ist das etwas Besonderes – die 1. Auflage gab es bereits im vorherigen Jahrtausend, im Jahr 1999. Niemals hätte ich damals gedacht, dass daraus ein Standardwerk zum Thema Praxisanleitung von Auszubildenden in der Pflege werden würde.

Damals arbeitete ich als Lehrerin für Pflegeberufe an der Krankenpflegeschule der Evangelischen Diakonissenanstalt Stuttgart. Für die »Pflegezeitschrift« des Kohlhammer Verlags hatte ich erste Artikel geschrieben. Die damalige Chefredakteurin fragte mich, ob ich einen Artikel zur Anleitung von Schülerinnen und Schülern schreiben könnte. Mit dieser Anfrage traf sie mein Herzensthema, denn die fundierte Anleitung von Schülern in der Praxis war mir ein besonders wichtiges Anliegen, sowohl in meiner Zeit als Krankenschwester als auch als Lehrerin für Pflegeberufe. Beim Schreiben fielen mir vielfältige Aspekte ein, die bei einer Anleitung von Pflegeschülern zu berücksichtigen sind. Schnell war mir klar, dass sie den Rahmen eines Artikels sprengen. So schrieb ich nicht nur ihn, sondern entwarf zudem ein Buchkonzept, das über die Chefredakteurin ins Pflegelektorat kam. Dort fanden meine Idee und die Probetexte Zustimmung und bald unterschrieb ich den Verlagsvertrag.

Ein Jahr der intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema begann. Im Zentrum stand die Frage: Was brauchen Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter an Wissen und Können, um die Anleitung von Auszubildenden in der Pflege fundiert und gut organisiert zu begleiten? Leitend waren dabei auch meine eigenen langjährigen praktischen Erfahrungen. Auch in den Folgeauflagen zog ich diese heran und hatte zudem Praxisanleiterinnen als Probeleserinnen und Beraterinnen.

Nicht zuletzt durch den großen Erfolg dieses Fachbuches qualifizierte ich mich in einer Weiterbildung zur Kommunikationswirtin. Viele Jahre arbeitete ich mit Dienstaufträgen in zwei Berufen: einerseits als Lehrerin für Pflegeberufe, zuletzt in der Altenpflege, andererseits als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

In diesen Jahren wurde mir das Schreiben immer wichtiger und so übernahm ich eine Vollzeitstelle in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie dem Fundraising. Der Pflege bin ich weiterhin eng verbunden, da ich diese Arbeit für Altenhilfeeinrichtungen mache. Aber ich habe keinen direkten Zugang mehr zu der praktischen Pflege- und Anleitungsarbeit. Mir war daher klar, dass ich für eine Folgeauflage meines Buches nicht mehr zur Verfügung stehe.

Die Suche nach einem Nachfolgeautor gestaltete sich nicht einfach, einige Zeit verging. Dass dies genauso sein musste, weiß ich nun. Denn mit dem Pflegepädagogen Jochen Martin hat der Kohlhammer Verlag nicht nur fachlich eine ausgezeichnete Wahl getroffen, sondern auch für mich. Ich habe das Gefühl, der Kreis schließt sich – schließlich arbeitet Jochen Martin am Evangelischen Bildungszentrum für Pflegeberufe (EBZ), dem Zusammenschluss dreier evangelischer Schulen in Stuttgart. Dazu gehört auch die Schule, an der ich früher als Lehrerin arbeitete.

Jochen Martin brennt genau wie ich für eine fundierte Anleitung von Auszubildenden. Als Leiter der Ausbildung für Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter hat er 2020 das neue Pflegeberufegesetz mit in die generalistische Pflegeausbildung am EBZ übertragen. Er verfügt über äußerst fundierte Sach- und Fachkenntnisse und über stimmige Ideen, um dieses Buch als Standardwerk in die Zukunft zu führen. Ich wünsche ihm und dem Buch dafür allen erdenklichen Erfolg.

Zum Schluss möchte ich den Dank nicht vergessen. Da wären an erster Stelle die Lektorinnen des Kohlhammer Verlags, die dem Werk so lange die Treue halten. Ein besonderer Dank geht an Alexandra Schierock für ihre Hartnäckigkeit bei der Nachfolgesuche.

Da sind aber vor allem Sie, unsere Leserinnen und Leser. Vielen Dank, dass Sie sich für dieses Anleitungsbuch entschieden haben. Ich wünsche Ihnen viele gewinnbringende Erkenntnisse sowie viel Freude und Kreativität bei Ihrem täglichen, so wichtigen Tun – der Praxisanleitung von Auszubildenden in der Pflege. Und ich wünsche Ihnen eine gute Balance von Tun und Lassen, damit Ihnen bei Ihren vielfältigen Aufgaben nicht die Kraft ausgeht und die Motivation. Sorgen Sie gut für sich!

Der letzte Dank gilt meinem Mann Martin Stährmann. Die Jahre mit ihm waren die wundervollsten meines Lebens. Wir teilen auch die Liebe zum Schreiben und machen uns damit zukünftig gemeinsam auf den Weg.

Alles Gute für Sie!

Birte Stährmann,im Juli 2022

Inhalt

 

 

Vorwort

Jochen Martin

Vorwort

Birte Stährmann

1   Einführung

2   Die gesetzlichen Grundlagen der Pflegeausbildung

2.1   Das Pflegeberufegesetz

2.2   Die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung

2.3   Die Rahmenlehrpläne

2.3.1   Der Begründungsrahmen der Rahmenlehrpläne

2.3.2   Die Rahmenlehrpläne für die schulische Ausbildung

2.3.3   Die Rahmenausbildungspläne für die praktische Ausbildung

3   Lernen

3.1   Lernen aus neurobiologischer Sicht

3.1.1   Was geschieht beim Lernen von Informationen im Gehirn?

3.1.2   Lerntechniken zur Informationsverarbeitung

3.1.3   Wissen aufbauen: Die Verarbeitung von Informationen

3.2   Voraussetzungen des Lernens

3.2.1   Intelligenz

3.2.2   Selbstregulation – Lernen lernen

3.2.3   Motivation

3.2.4   Die Rolle des sozialen Milieus

3.3   Kompetenzen

3.3.1   Der Deutsche Qualifikationsrahmen

3.4   Lernen heißt Verstehen: Die Bedeutung des Pflegeverständnisses

4   Anleiten

4.1   Die Finanzierung der Anleitung

4.2   Organisation und Strukturierung des Anleitungsprozesses

4.2.1   Vorbereitung des Einsatzes

4.2.2   Das Erstgespräch

4.2.3   Das Zwischengespräch

4.2.4   Das Abschlussgespräch

4.2.5   Einsatzauswertung durch die Auszubildende

4.3   Praxis der Anleitung

4.3.1   Der erste Einsatztag

4.3.2   Die Situation von Neueinsteigern in der Pflege

4.3.3   Die »Vier-Stufen-Methode«

4.3.4   Die Leittextmethode

4.3.5   Situiertes Lernen und Cognitive Apprenticeship: Lernen von Experten

4.3.6   Reflexion von Pflegesituationen

4.3.7   Medien in der Praxisanleitung nutzen

4.3.8   Ausbildung in einer simulierten Arbeitsumgebung: Das Lernlabor

4.3.9   Lernen in Gruppen

4.3.10 Problemorientiertes Lernen

4.3.11 Ausbildungsstation

4.4   Organisationshilfen für die Praxisanleitung

4.4.1   Das Handbuch für den Pflegebereich

4.4.2   Auszubildendenblitzlicht

4.4.3   Anleitungskarten

4.4.4   Pflegestandards

4.4.5   Anleiterarbeitskreis

4.5   Dokumentation der Anleitung

4.6   Anleitung studierender Auszubildender

4.7   Haftungsrecht und Praxisanleitung

4.7.1   Die Delegation ärztlicher Tätigkeiten

5   Beurteilen und prüfen

5.1   Die gesetzlichen Rahmenbedingungen

5.2   Maßstab und Funktion von Beurteilungen

5.3   Kompetenzorientierte Beurteilung von Einzelleistungen

5.4   Der Beurteilungsbogen zur Beurteilung eines Einsatzes

5.5   Notengebung

5.6   Beurteilungsfehler

5.7   Die Zwischenprüfung

5.8   Die praktische Abschlussprüfung

5.8.1   Gesetzliche Grundlagen

5.8.2   Ablauf der praktischen Abschlussprüfung

5.8.3   Prüfer in der praktischen Prüfung

6   Kommunikation: Gespräche führen, Konflikte lösen

6.1   Grundlagen der Kommunikation

6.1.1   Selektive Wahrnehmung

6.1.2   Die Bedeutung der Beziehung

6.2   Konflikte

6.2.1   Soziale Konflikte in der Praxisanleitung

6.2.2   Reaktionen auf soziale Konflikte in der Praxisanleitung

6.2.3   Ressourcen zur Bewältigung sozialer Konflikte in der Praxisanleitung

6.2.4   Strategien zur Konfliktlösung in der Praxisanleitung

6.3   Das Kritikgespräch

6.3.1   Kritikfelder

6.3.2   Das Kritikgespräch in Form eines negativen Feedbacks

6.3.3   Das Kritikgespräch in Form eines positiven Feedbacks

6.4   Metakommunikation als Instrument zur Konfliktlösung

6.5   Konfliktsituationen im Anleitungsalltag: Ausblick

6.5.1   Strategien der Konfliktlösung für Praxisanleiterinnen

7   Die Rolle der Praxisanleiterin

7.1   Rollenbeschreibung

7.2   Praxisanleitung: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

7.3   Die Praxisanleiterin in der Führungsrolle

7.3.1   Die Praxisanleiterin in der Rolle der Gestalterin von Lernprozessen

7.3.2   Die Praxisanleiterin als Beziehungsgestalterin

7.3.3   Die Praxisanleiterin als Helferin bei Lernproblemen

7.3.4   Die Praxisanleiterin als Strukturgeberin bei Disziplinproblemen

7.3.5   Die Praxisanleiterin als Brückenbauerin: Lernortkooperation

7.4   Resilienz

8   Pflegewissenschaft und Praxisanleitung

8.1   Wissenschaft als Verbündete: Kritisches Denken – Critical Thinking

8.2   Die Wissenschaft – grundlegende Fragen

8.3   Grundannahmen des wissenschaftlichen Arbeitens

8.4   Forschungsdesigns

8.5   Forschungsmethoden

8.6   Wissenschaftliche Erkenntnisse recherchieren

8.7   Wissenschaftliche Studienergebnisse beurteilen

8.8   Evidence-Based Nursing (EBN)

8.9   Evidenzbasierte Praxisanleitung

9   Qualitätsmanagement in der Praxisanleitung

9.1   Grundlagen

9.2   Strukturqualität der praktischen Ausbildung

9.3   Prozessqualität der praktischen Ausbildung

9.4   Ergebnisqualität der praktischen Ausbildung

9.5   Eine Ausbildungskonzeption

9.6   Analyse und Evaluation von Pflegequalität

9.7   Sicherung und Weiterentwicklung von Pflegequalität

9.8   Qualitätsmanagementsysteme

9.8.1   Total Quality Management und PDCA-Zyklus

9.8.2   Qualitätsmanagementsysteme im Gesundheitswesen

10 Praxisanleitung und kulturelle Vielfalt

10.1 Migration und Pflegeausbildung

10.1.1 Sprache

10.1.2 Kultur

10.1.3 Interkulturelle Konflikte in der Praxisanleitung

10.2 Interkulturelle Kompetenz in der Praxisanleitung

10.3 Subjektive Theorien und interkulturelle Kompetenz

Literatur

Stichwortverzeichnis

1          Einführung

 

 

 

 

Praxisanleiterinnen brauchen Motivation, Energie, Fachwissen, Geduld, pädagogisches Geschick, Kommunikationsfähigkeit, Frustrationstoleranz und noch einiges mehr. Diese Eigenschaften und Kompetenzen müssen gelernt, in der Praxis trainiert und durch Erfahrung gefestigt werden.

Praxisanleiterinnen sind die Pädagoginnen in der Pflegepraxis. Wie ihre Kollegen in den Schulen für Pflegeberufe sollen sie mit Auszubildenden eine tragfähige Beziehung herstellen, mit ihren besonderen biografischen und kulturellen Prägungen umgehen können, sie für den Beruf gewinnen und Fachinhalte, Pflegehandlungen und organisatorische Prozesse vermitteln. Und sie sollen »Leitwölfe« sein, an denen sich die Neulinge orientieren können.

Das sind keine einfachen Aufgaben. Die Weiterbildungen für Praxisanleiterinnen umfassen mittlerweile 300 Stunden, in denen das benötigte Wissen und die benötigten Fertigkeiten vermittelt und auf die Rolle der Ausbilderin vorbereitet werden soll. Seit einigen Jahren gibt es Vorgaben für diese Weiterbildungen, die den Kursen einen inhaltlichen Rahmen geben. Richtungsweisend sind die Weiterbildungsempfehlungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (2022), aber auch Weiterbildungsverordnungen einzelner Bundesländer. Das dort geforderte Basiswissen werden Sie in diesem Buch finden. Darüber hinaus werden aber auch konkrete Anleitungen in den Blick genommen, Probleme, die zwischen Anleiterin und Auszubildender entstehen können und ihre Lösungsansätze, Projektideen für die Anleitung und viele weitere Themen.

Dieses Buch richtet sich an Neulinge in der Praxisanleitung und Weiterbildungsteilnehmerinnen ebenso wie an erfahrene Kollegen, die ihr Wissen erweitern wollen, weil ihnen eine gute Ausbildung am Herzen liegt. Nachfolgend werden die Inhalte grob skizziert.

Das neue Pflegeberufegesetz hat die Pflegeausbildung grundlegend verändert. Die generalistische Ausbildung und die Ausrichtung auf Kompetenzen sind inhaltlich folgenreich. Erstmalig sind Vorbehaltsaufgaben formuliert, die den Pflegeprozess deutlicher in den Fokus der Ausbildung rücken. Es gibt erstmalig bundeseinheitliche curriculare Empfehlungen für die schulische und die praktische Ausbildung. Die geforderten Anleitungsstunden in der Praxis sind deutlich ausgeweitet.

Das Thema Lernen spielt für Praxisanleiterinnen einerseits eine Rolle für ihre eigene Entwicklung. Individuelle Lernstrategien können den Wissenserwerb erleichtern. Andererseits sind Praxisanleiterinnen auch mit den Lernstrategien der Auszubildenden befasst. Der Erfolg von Anleitungen hängt oft davon ab, inwieweit sie den Lernwegen der Auszubildenden entsprechen.

Die praktischeAnleitung nimmt den größten Raum in diesem Buch ein. Hier geht es um erprobte Methoden wie gezielte Anleitungen, Regelgespräche und Leittexte, aber auch um weniger bekannte Anleitungsformen wie das Modelling mit Metalog im Rahmen des Cognitive-Apprenticeship-Modells, Lernformen im Rahmen der Lernortkooperation, wie Lernwerkstatt, Lerninsel und Schulstation, Gruppenanleitungen und POL. Am Ende des Kapitels werfen wir einen Blick auf die haftungsrechtliche Situation, in der sich Praxisanleiterinnen im Rahmen der Ausbildung befinden.

Das Thema BewertenundBeurteilen wird in einem eigenen Kapitel behandelt. Dieser Bereich verursacht in der Praxisanleitung oft besondere Schwierigkeiten und spielt doch gleichzeitig eine zentrale Rolle.

Eine der wichtigsten Herausforderungen für Praxisanleiterinnen ist die Beziehungsgestaltung mit den Auszubildenden. Eine tragfähige Beziehung ist für Pädagogen (und somit auch für Praxisanleiterinnen) eine unabdingbare Voraussetzung. Besonders Konflikte mit Auszubildenden sind belastend. Im Kapitel Kommunikation wird eine gelingende Interaktion zwischen Auszubildenden und Praxisanleiterinnen thematisiert.

Die Rolle derPraxisanleiterin ist innerhalb des Pflegeberufs immer schon vielschichtig und teilweise auch belastend gewesen. In diesem Kapitel sollen die verschiedenen Erwartungen an die Berufsrolle und die Handlungsfelder der Praxisanleiterinnen in den Blick genommen werden.

Die Wissenschaft ist als Thema in der Pflegeausbildung nicht mehr wegzudenken. Und auch die Praxisanleitung muss pflege- und bezugswissenschaftliche Erkenntnisse in ihr Tätigkeitsspektrum integrieren. Gleichzeitig gibt es auch pädagogische Forschung, die Aussagen zur Anleitungsmethodik macht und dadurch für Anleiterinnen wichtig ist. Besonders wichtig ist die Wissenschaft aber als Verbündete, wenn es darum geht, kritisch zu denken.

Praxisanleiterinnen sind mit dem Thema Qualitätsmanagement sowohl als Pflegende als auch als pädagogisch Tätige konfrontiert. Qualitätsmanagement kann dabei helfen, die Rahmenbedingungen der Anleitung zu verbessern und die Position der Praxisanleiterinnen zu stärken.

Ein zunehmend wichtigeres Thema in der Praxisanleitung ist die kulturelleVielfalt – nicht nur der Pflegeempfänger, sondern auch der Auszubildenden. Dieses Kapitel behandelt die Möglichkeiten, aber auch die Probleme in der interkulturellen Zusammenarbeit zwischen Praxisanleiterinnen und Auszubildenden.

Das Inhalts- und Stichwortverzeichnis hilft, gezielt Informationen aufzufinden. Wer sich jedoch das breite Spektrum der Praxisanleitung erschließen möchte, dem sei die vollständige Lektüre des Buchs empfohlen. Jedes Kapitel bildet eine in sich geschlossene Einheit. Dennoch bildet die Gliederung des Buchs eine in sich schlüssige Struktur und die Kapitel bauen aufeinander auf.

Die Kapitel beginnen mit Fallbeschreibungen1, die zentrale Elemente des folgenden Themas aufgreifen. Nach einem einführenden Text werden die Inhalte anschließend ausführlich bearbeitet. Nach dem letzten Kapitel findet sich ein ausführliches Literaturverzeichnis. Es kann Anregungen liefern, die Inhalte des Buches weiter zu vertiefen.

1     Alle Beispiele und Namen sind anonymisiert.

2          Die gesetzlichen Grundlagen der Pflegeausbildung

 

 

Rita Abramov ist Praxisanleiterin in einem mittelgroßen Krankenhaus. Sie kümmert sich schon seit vielen Jahren um die Auszubildenden auf ihrer Station. Dass sie nicht mehr Schüler heißen, hat sie mittlerweile verinnerlicht, allerdings glaubt sie nicht, dass neue Bezeichnungen auch eine Verbesserung der Ausbildung bewirken. Sie hat im Rahmen ihrer Anleitungstätigkeit viele Erfahrungen gesammelt und ist dem neuen Gesetz gegenüber skeptisch: »Wenn die grundlegenden Probleme des Pflegeberufs nicht gelöst werden, und damit meine ich besonders den Personalmangel, wird sich nichts zum Positiven verändern.« Auf ihrer Station sehen das nicht alle so. Ursula Jäger, ebenfalls eine altgediente Praxisanleiterin, ist optimistisch: »Ich glaube, das neue Gesetz verbessert die Rahmenbedingungen für die Anleitung. Wenn wir es so schaffen, dass die Ausbildung attraktiver wird, bekommen wir auch mehr Nachwuchs und so mittelfristig eine bessere Besetzung.«

Das Gesetz über die Pflegeberufe (Pflegeberufegesetz – PflBG) von 2017 und die dazugehörige Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe (Pflegeberufe-Ausbildungs- und -Prüfungsverordnung – PflAPrV) von 2018 sowie die Rahmenlehrpläne der Fachkommission nach § 53 PflBG von 2019 sollen die theoretische und die praktische Pflegeausbildung tiefgreifend verändern. Sie stellen einen hohen fachlichen Anspruch an die Schulen und an die Träger der praktischen Ausbildung. Praxisanleiterinnen und Auszubildende werden mit Vorgaben konfrontiert, die sich aus den Gesetzestexten herleiten und in einen fachlichen und pädagogischen Kontext eingebettet sind. Diese Zusammenhänge zu verstehen ist für die professionelle Anleitung zentral. Wenn z. B. ein wichtiger Zielpunkt der Ausbildung, die im Pflegeberufegesetz formulierten Vorbehaltsaufgaben, bekannt ist, kann die Praxisanleitung darauf ausgerichtet werden und der Pflegeprozess mit seinen aufeinander aufbauenden Schritten zum Gegenstand konkreter Anleitungen werden. Ein anderes Beispiel sind die in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung genannten Kompetenzen, die die Auszubildenden erwerben sollen. Sie stellen umfassendere Vorgaben dar und sind mit den bisher in Lernangebotskatalogen formulierten Fertigkeitszielen nicht vergleichbar. Der Rahmenausbildungsplan nennt Kompetenzniveaus, die in den einzelnen Einsätzen erreicht werden sollen.

Gleichzeitig haben die Pflegeschulen ihre Curricula verändert. Fallorientierung, Wissenschaftsorientierung und Subjektorientierung sind nur einige Schlagwörter, die den Unterricht in den Schulen verändern. Mit ihren so gewonnenen Theorieerfahrungen kommen die Auszubildenden in die Pflegepraxis und erwarten zurecht, dass dieses Wissen und dieses Pflegeverständnis auch bei den Anleitenden bekannt sind.

In diesem Kapitel werden die gesetzlichen Grundlagen der Ausbildung zur Pflegefachfrau und zum Pflegefachmann behandelt. Die Gesetzes- und Verordnungstexte werden mit ihren wichtigsten Aussagen und Konsequenzen für die Praxis vorgestellt.

2.1       Das Pflegeberufegesetz

Die Pflegeberufe mit dreijähriger Ausbildung gehören zu den bundesrechtlich geregelten Heilberufen.Heilberufe befassen sich im weitesten Sinn mit der Heilung von Krankheiten bzw. mit den Unterstützungsleistungen für Kranke. Rechtlich geregelt bedeutet, dass das Führen der Berufsbezeichnung geschützt ist. Außerdem gehören die Pflegeberufe zu den Gesundheitsfachberufen. Darunter versteht man nichtakademische Berufe im Gesundheitswesen, wie z. B. auch der Beruf der Logopädinnen und Ergotherapeutinnen. Dass es für einen Beruf ein Berufsgesetz gibt, ist nicht selbstverständlich und verweist bei den Gesundheitsberufen darauf, dass der Gesetzgeber einen Qualitätsstandard vorgeben möchte, der nicht unterschritten werden darf. Die Einzelheiten zur Ausbildung in diesen Berufen und zur jeweiligen staatlichen Prüfung sind in den Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen geregelt, die im Zusammenhang mit den entsprechenden Berufsgesetzen erlassen werden.

Das Pflegeberufegesetz (PflBG) wurde 2017, die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (PflAPrV) 2018 erlassen, nach einem intensiven, teilweise erbittert geführten Diskussionsprozess. Die Berufsgruppe der Pflegenden war an diesen Diskussionen wesentlich beteiligt und konnte viele wichtige Inhalte einbringen. Gleichzeitig trägt der endgültige Gesetzestext aber auch Züge eines Kompromisses zwischen den unterschiedlichen Interessengruppen.

Im Pflegeberufegesetz sind folgende Punkte besonders wichtig:

•  DieBerufsbezeichnung(§ 1 PflBG): Die Pflegenden, die eine dreijährige generalistische Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, werden als Pflegefachfrau oder Pflegefachmann bezeichnet. Ihre Berufszulassungsurkunde beinhaltet außerdem einen Hinweis auf den durchgeführten Vertiefungseinsatz in der Langzeitpflege, in der Akutpflege oder in der Kinderkrankenpflege. Daraus lässt sich in der Regel ableiten, bei welchem Ausbildungsträger (Pflegeheim, Krankenhaus usw.) der Ausbildungsvertrag abgeschlossen wurde.

•  VorbehalteneTätigkeiten(§ 4 PflBG): Erstmalig werden im Pflegeberufegesetz »vorbehaltene Tätigkeiten« genannt, die nur von Pflegenden mit der im Gesetz genannten Qualifikation ausgeübt werden dürfen. Es handelt sich um die Erhebung des Pflegebedarfs, die Organisation, Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses und die Evaluation, Sicherung und Entwicklung der Qualität der Pflege. Ausdrücklich nicht als Vorbehaltstätigkeiten zählt die Durchführung der Pflege und die Dokumentation.

•  Ausbildungsziele(§ 5 PflBG): Die Pflegeausbildung soll dazu qualifizieren, Pflegemaßnahmen selbständig auszuführen, bestimmte ärztlich angeordnete Maßnahmen eigenständig durchzuführen und interdisziplinär mit anderen Berufsgruppen zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Vermittelt werden sollen dazu fachliche, soziale, personale, methodische, kommunikative und interkulturelle Kompetenzen sowie die Lernkompetenz, die Fähigkeit zur Selbstreflexion und zum Wissenstransfer. Diese Kompetenzen sind in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung inhaltlich konkretisiert und werden dort (Kap. 2.2) aufgegriffen. Beschrieben wird in diesem Paragrafen auch, was Pflegemaßnahmen sind, in welchem Kontext sie stattfinden und welchen Qualitätskriterien sie entsprechen sollen. Auch das Pflegeverständnis und das berufliche Selbstverständnis werden thematisiert.

§ 5 PflBG Ausbildungsziele

»(1) Die Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann vermittelt die für die selbstständige, umfassende und prozessorientierte Pflege von Menschen aller Altersstufen in akut und dauerhaft stationären sowie ambulanten Pflegesituationen erforderlichen fachlichen und personalen Kompetenzen einschließlich der zugrunde liegenden methodischen, sozialen, interkulturellen und kommunikativen Kompetenzen und der zugrunde liegenden Lernkompetenzen sowie der Fähigkeit zum Wissenstransfer und zur Selbstreflexion. Lebenslanges Lernen wird dabei als ein Prozess der eigenen beruflichen Biographie verstanden und die fortlaufende persönliche und fachliche Weiterentwicklung als notwendig anerkannt.

(2) Pflege im Sinne des Absatzes 1 umfasst präventive, kurative, rehabilitative, palliative und sozialpflegerische Maßnahmen zur Erhaltung, Förderung, Wiedererlangung oder Verbesserung der physischen und psychischen Situation der zu pflegenden Menschen, ihre Beratung sowie ihre Begleitung in allen Lebensphasen und die Begleitung Sterbender. Sie erfolgt entsprechend dem allgemein anerkannten Stand pflegewissenschaftlicher, medizinischer und weiterer bezugswissenschaftlicher Erkenntnisse auf Grundlage einer professionellen Ethik. Sie berücksichtigt die konkrete Lebenssituation, den sozialen, kulturellen und religiösen Hintergrund, die sexuelle Orientierung sowie die Lebensphase der zu pflegenden Menschen. Sie unterstützt die Selbstständigkeit der zu pflegenden Menschen und achtet deren Recht auf Selbstbestimmung.

(3) Die Ausbildung soll insbesondere dazu befähigen

1.  die folgenden Aufgaben selbstständig auszuführen:

a)  Erhebung und Feststellung des individuellen Pflegebedarfs und Planung der Pflege,

b)  Organisation, Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses,

c)  Durchführung der Pflege und Dokumentation der angewendeten Maßnahmen,

d)  Analyse, Evaluation, Sicherung und Entwicklung der Qualität der Pflege,

e)  Bedarfserhebung und Durchführung präventiver und gesundheitsfördernder Maßnahmen,

f)  Beratung, Anleitung und Unterstützung von zu pflegenden Menschen bei der individuellen Auseinandersetzung mit Gesundheit und Krankheit sowie bei der Erhaltung und Stärkung der eigenständigen Lebensführung und Alltagskompetenz unter Einbeziehung ihrer sozialen Bezugspersonen,

g)  Erhaltung, Wiederherstellung, Förderung, Aktivierung und Stabilisierung individueller Fähigkeiten der zu pflegenden Menschen insbesondere im Rahmen von Rehabilitationskonzepten sowie die Pflege und Betreuung bei Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten,

h)  Einleitung lebenserhaltender Sofortmaßnahmen bis zum Eintreffen der Ärztin oder des Arztes und Durchführung von Maßnahmen in Krisen- und Katastrophensituationen,

i)  Anleitung, Beratung und Unterstützung von anderen Berufsgruppen und Ehrenamtlichen in den jeweiligen Pflegekontexten sowie Mitwirkung an der praktischen Ausbildung von Angehörigen von Gesundheitsberufen,

2.  ärztlich angeordnete Maßnahmen eigenständig durchzuführen, insbesondere Maßnahmen der medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilitation,

3.  interdisziplinär mit anderen Berufsgruppen fachlich zu kommunizieren und effektiv zusammenzuarbeiten und dabei individuelle, multidisziplinäre und berufsübergreifende Lösungen bei Krankheitsbefunden und Pflegebedürftigkeit zu entwickeln sowie teamorientiert umzusetzen.

(4) Während der Ausbildung zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann werden ein professionelles, ethisch fundiertes Pflegeverständnis und ein berufliches Selbstverständnis entwickelt und gestärkt.«

Die Struktur der Ausbildung (§ 6–10 PflBG)

Die Ausbildung dauert im Regelfall drei Jahre und findet an Pflegeschulen und an praktischen Einsatzorten statt. Während die Schulen ein schulinternes Curriculum, orientiert an den Rahmenlehrplänen, zur Grundlage des Unterrichts machen sollen, müssen die Träger der praktischen Ausbildung, also die Krankenhäuser oder Pflegeinrichtungen, einen Ausbildungsplan erstellen. Dieser muss den Anforderungen des Curriculums der Pflegeschule entsprechen. Hier wird deutlich, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Schule und Praxis unerlässlich ist. Die ausbildenden Einrichtungen müssen für die Praxiseinsätze 10 % der Ausbildungszeit als Praxisanleitung sicherstellen.

Die Praxiseinsätze sind als Orientierungs-, Pflicht- und Vertiefungseinsätze zu planen. Sie finden überwiegend beim Träger der praktischen Ausbildung statt, also bei der Institution, mit der die Auszubildende ihren Ausbildungsvertrag geschlossen hat. Dort muss auch der Vertiefungseinsatz durchgeführt werden, der die fachliche Ausrichtung innerhalb der Generalistik bestimmt. Darüber hinaus können auch Einsätze in anderen Einrichtungen durchgeführt werden (z. B. Psychiatrie), wenn mit ihnen ein entsprechender Kooperationsvertrag geschlossen wurde und die Einrichtungen Mindeststandards für die Ausbildung erfüllen. Am Ende des zweiten Ausbildungsdrittels findet eine Zwischenprüfung statt.

Die Pflegeschule trägt die Gesamtverantwortung für die Ausbildung. In Bezug auf die praktische Ausbildung muss sie nicht nur kontrollieren, ob der praktische Ausbildungsplan den Anforderungen der theoretischen Ausbildung entspricht, sondern auch ob die praktische Ausbildung gemäß dem Ausbildungsplan der Praxiseinrichtung durchgeführt wird.

Fehlzeiten (§ 13 PflBG) und Pflichten der Auszubildenden

Auszubildende dürfen im Regelfall nicht mehr als 10 % der angebotenen Ausbildungsstunden in der Theorie und nicht mehr als 10 % der Einsatzstunden in der praktischen Ausbildung versäumen. Das bezieht sich nicht auf einzelne Einsätze, sondern auf die Gesamteinsatzdauer in der Praxis. Deswegen kommt der genauen Dokumentation von krankheitsbedingten Fehlzeiten eine große Bedeutung zu.

Die Auszubildenden werden u. a. verpflichtet, »die ihr oder ihm im Rahmen der Ausbildung übertragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen« (§ 17 PflBG), d. h. sie müssen ein Qualitätsmaß erfüllen. Ebenfalls müssen sie die Rechte der Pflegeempfänger achten und die Schweigepflicht wahren.

Pflichten des Trägers der praktischen Ausbildung (§ 18 PflBG)

Der Ausbildungsträger wird verpflichtet, die Ausbildung so zu gestalten, dass das Ausbildungsziel erreicht werden kann. Dazu gehört auch, dass er die Praxisanleitung von 10 % der Ausbildungszeit gewährleisten muss.

Ein wichtiger Abschnitt im Gesetzestext nennt die Aufgaben, die den Auszubildenden übertragen werden dürfen: Sie müssen dem Ausbildungszweck und dem Ausbildungsstand entsprechen und den psychischen und physischen Kräften der Auszubildenden angemessen sein.

Probezeit, Kündigung und Ende des Ausbildungsverhältnisses (§ 20–22 PflBG)

Die Probezeit für Auszubildende beträgt, anders als in Anstellungsverhältnissen üblich, sechs Monate. Eine Kündigung während der Probezeit ist im Benehmen mit der Pflegeschule möglich. Nach der Probezeit muss ein wichtiger Grund vorliegen, der unter Umständen auch vor Gericht Bestand haben muss. In diesem Fall muss eine Kündigung unmittelbar nach Bekanntwerden des Ereignisses, das zur Entlassung führen soll, auf den Weg gebracht werden.

Das Ausbildungsverhältnis endet mit Ablauf der im Ausbildungsvertrag festgelegten Ausbildungszeit. Besteht die Auszubildende einen oder mehrere Teile der Prüfung nicht, kann sie eine Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses bis zum Zeitpunkt der Wiederholungsprüfung(en) beim Träger der praktischen Ausbildung verlangen.

Finanzierung (§ 26–36 PflBG)

Pflegeschulen und Träger der praktischen Ausbildung erhalten ihre Kosten von einem länderspezifischen Ausbildungsfonds erstattet. In diesen Fonds zahlen alle Pflegeeinrichtungen, also Krankenhäuser, Einrichtungen der Langzeitpflege und ambulante Pflegeeinrichtungen, ein, nicht nur diejenigen, die ausbilden. Die Schulen bekommen über den Fonds alle Betriebskosten erstattet. Die Träger der praktischen Ausbildung erhalten Geld für die Ausbildungsvergütungen. Weil Auszubildende mit einem bestimmten Schlüssel auf die Zahl der Vollkräfte angerechnet werden (vollstationärer Bereich 9,5:1, ambulanter Bereich 14:1), fällt ein Teil der Ausbildungsvergütung unter die von der Einrichtung zu finanzierenden Lohnkosten (z. B. 1/9,5 der Vergütung einer Vollkraft). Der Rest wird erstattet. Im ersten Ausbildungsjahr erfolgt keine Anrechnung, d. h. der Fonds erstattet die gesamte Ausbildungsvergütung. Darüber hinaus erhalten die Einrichtungen Geld für sonstige Ausbildungskosten, z. B. die Qualifikation, Freistellung, Weiterbildung und Zusatzvergütung für Praxisanleiterinnen.

Grundständiges, primärqualifizierendes Studium der Pflege an einer Hochschule (§ 38–39 PflBG)

Mit dem neuen Pflegeberufegesetz wird ein grundständiges Studium des Pflegeberufs an einer Hochschule ermöglicht. Das Studium gibt über die übliche Ausbildung hinausgehende Ausbildungsziele vor. Es ist hier u. a. von »hochkomplexen Pflegesituationen«, einem vertieften Wissenschafts- und Forschungsbezug, einer vertieften Auseinandersetzung mit Berufswissen und von Qualitätsmanagement die Rede. Dabei hat die Hochschule die Aufgaben, die bei der nichtakademischen, »normalen« Ausbildung die Pflegeschule innehat. Die praktische Ausbildung entspricht im Prinzip derjenigen der dreijährig Auszubildenden. Allerdings können Teile der praktischen Ausbildung an der Hochschule durch praktische Lerneinheiten ersetzt werden. Die Regelungen beziehen sich nicht auf die dualen Pflegestudiengänge, deren theoretische Pflegeausbildung teils an einer Pflegeschule, teils an einer Hochschule durchgeführt wird.

2.2       Die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung

Die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe konkretisiert die Bestimmungen des Pflegeberufegesetzes. Sie regelt die Anforderungen an die Ausbildung und Inhalte und Verfahren der staatlichen Prüfungen. Das Ziel der generalistischen Pflegeausbildung wird über Kompetenzen bestimmt, die im Laufe der Ausbildung erworben werden sollen und die Gegenstand der staatlichen Prüfungen sind.

Umfangund Gliederung derAusbildung(§ 1 PflAPrV): Die Ausbildung umfasst 2.100 Stunden schulische und 2.500 Stunden praktische Ausbildung. Ab der zweiten Ausbildungshälfte sollen 80–120 Stunden Nachtwache abgeleistet werden. Fehlzeiten dürfen 25 % eines Pflichteinsatzes nicht überschreiten. Ansonsten gilt die Fehlzeitenregel von 10 % der theoretischen und 10 % der praktischen Ausbildungsdauer als Grenze (Kap. 2.1).

Die schulische und die und praktische Ausbildung sollen Kompetenzen(§ 2 und 3 PflAPrV) vermitteln. Der Kompetenzerwerb soll zwischen den Ausbildungsteilen aufeinander abgestimmt werden. Es wird ein Ausbildungsplan(§ 3 PflAPrV) erstellt. Während der praktischen Ausbildung sollen mindestens 1.300 Stunden beim Träger absolviert werden.

Die Auszubildenden müssen einen Ausbildungsnachweis(§ 3 PflAPrV) führen, aus dem sich die Absolvierung der Ausbildungsteile und die Kompetenzentwicklung ablesen lässt.

Wie die Praxisanleitung zu gestalten ist, wird in § 4 PflAPrV genauer beschrieben. Die Einrichtungen, die die praktische Ausbildung durchführen, stellen die Praxisanleitung sicher. Die Praxisanleitung muss von Praxisanleiterinnen durchgeführt werden, die entsprechend qualifiziert sind, d. h. seit dem 01.01.2020 eine berufspädagogische Qualifikation von mindestens 300 Stunden erhalten haben. Da für die Weiterbildungen bis 2019 eine Stundenzahl von mindestens 200 Stunden vorgeschrieben war,

Tab. 1: Praktische Einsätze in der generalistischen Ausbildung (vgl. PflAPrV Anlage 7)

Tab. 1: Praktische Einsätze in der generalistischen Ausbildung (vgl. PflAPrV Anlage 7) Einsätze in den ersten beiden AusbildungsdrittelnEinsätze im letzten Ausbildungsdrittel

werden auch so qualifizierte Praxisanleiterinnen anerkannt. Vorgegeben ist darüber hinaus eine einjährige Berufserfahrung. Sie soll im jeweiligen Einsatzgebiet erworben worden sein. Alle Praxisanleiterinnen müssen 24 Stunden Fortbildungen pro Jahr nachweisen. Diese Fortbildungen sollen überwiegend eine berufspädagogische Ausrichtung haben, also nicht nur z. B. pflegefachliche Fortbildungen sein. Die Verpflichtung, dass Anleitung nur von so qualifizierten Praxisanleiterinnen durchgeführt werden darf, entfällt nur in besonderen Fällen, z. B. an bestimmten Einsatzorten, die im Rahmen der Wahleinsätze besucht werden.

Aufgaben der Praxisanleiterinnen sind folgende: Die Auszubildenden sollen »schrittweise an die Wahrnehmung der beruflichen Aufgaben als Pflegefachfrau oder Pflegefachmann« (§ 4 PflAPrV Absatz 1) herangeführt werden. Außerdem sollen die Auszubildenden zum Führen des Ausbildungsnachweises angehalten werden. Und schließlich soll eine Verbindung zur Pflegeschule gehalten werden. Die Praxisanleitung soll »im Umfang von mindestens 10 Prozent der während eines Einsatzes zu leistenden praktischen Ausbildungszeit, geplant und strukturiert auf der Grundlage des vereinbarten Ausbildungsplanes« (§ 4 PflAPrV Absatz 1) erfolgen.

§ 4 PflAPrV

»(1) Die Einrichtungen der praktischen Ausbildung stellen die Praxisanleitung sicher. Aufgabe der Praxisanleitung ist es, die Auszubildenden schrittweise an die Wahrnehmung der beruflichen Aufgaben als Pflegefachfrau oder Pflegefachmann heranzuführen, zum Führen des Ausbildungsnachweises nach § 3 Absatz 5 anzuhalten und die Verbindung mit der Pflegeschule zu halten. Die Praxisanleitung erfolgt im Umfang von mindestens 10 Prozent der während eines Einsatzes zu leistenden praktischen Ausbildungszeit, geplant und strukturiert auf der Grundlage des vereinbarten Ausbildungsplanes.

(2) Während des Orientierungseinsatzes, der Pflichteinsätze in Einrichtungen nach § 7 Absatz 1 des Pflegeberufegesetzes und des Vertiefungseinsatzes erfolgt die Praxisanleitung nach Absatz 1 Satz 2 durch Personen, die über mindestens ein Jahr Berufserfahrung als Inhaberin oder Inhaber einer Erlaubnis nach § 1 Absatz 1, nach § 58 Absatz 1 oder Absatz 2 oder nach § 64 des Pflegeberufegesetzes in den letzten fünf Jahren und die Befähigung zur Praxisanleiterin oder zum Praxisanleiter nach Absatz 3 verfügen; die Berufserfahrung soll im jeweiligen Einsatzbereich erworben worden sein. Während der weiteren Einsätze der praktischen Ausbildung soll die Praxisanleitung nach Absatz 1 Satz 2 durch entsprechend qualifizierte Fachkräfte sichergestellt werden.

(3) Die Befähigung zur Praxisanleiterin oder zum Praxisanleiter ist durch eine berufspädagogische Zusatzqualifikation im Umfang von mindestens 300 Stunden und kontinuierliche, insbesondere berufspädagogische Fortbildung im Umfang von mindestens 24 Stunden jährlich gegenüber der zuständigen Behörde nachzuweisen. Für Personen, die am 31. Dezember 2019 nachweislich über die Qualifikation zur Praxisanleitung nach § 2 Absatz 2 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für den Beruf der Altenpflegerin und des Altenpflegers in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung oder § 2 Absatz 2 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung verfügen, wird diese der berufspädagogischen Zusatzqualifikation gleichgestellt.«

Die Lehrenden an Pflegeschulen haben die Aufgabe, die Auszubildenden durch Praxisbegleitungen fachlich zu betreuen und zu beurteilen. Darüber hinaus sollen sie die Praxisanleiterinnen unterstützen (§ 5 PflAPrV). Die Beurteilungpraktischer Leistungen (§ 6 PflAPrV) muss bei jedem Einsatz erfolgen. Zusätzlich werden durch die Pflegeschule Jahreszeugnisse am Ende eines jeden Ausbildungsjahres erstellt. Die Auszubildenden erhalten in den Jahreszeugnissen eine Note für die theoretischen und eine Note für die praktischen Leistungen. Die Notengebung für die praktischen Leistungen erfolgt dabei in Absprache zwischen Schule und Praxis.

Zum Ende des zweiten Ausbildungsdrittels erfolgt eine Zwischenprüfung(§ 7 PflAPrV). Sie soll den Leistungsstand der Auszubildenden erfassen und bezieht sich auf die Kompetenzbeschreibungen in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (Anlage 2 PflAPrV). Auch wer diese Prüfung nicht besteht, kann die Ausbildung fortsetzen. In diesem Fall besprechen die Auszubildende, Vertreter der praktischen Ausbildung und die Pflegeschule, was getan werden kann, damit das Ausbildungsziel erreicht wird.

Die Examensprüfung(§ 9 PflAPrV) besteht aus einem schriftlichen, einem mündlichen und einem praktischen Teil. Alle Prüfungsteile haben die unten genannten Kompetenzen zum Thema. Im Prüfungsausschuss sind Praxisanleiterinnen zwingend vorgeschrieben. Für alle Prüfungsteile werden Vornoten bestimmt, die zu jeweils 25 % in die Endnote einfließen. Alle Prüfungsteile müssen einzeln mindestens mit »ausreichend« bestanden werden. Jeder Teil der Prüfung kann einmal wiederholt werden, wenn er nicht bestanden wurde.

Im Folgenden wird der praktischePrüfungsteil(§ 16 PflAPrV) betrachtet: Die praktische Prüfung soll in der Einrichtung abgelegt werden, wo die Auszubildende ihren Vertiefungseinsatz absolviert hat. Das dürfte in der Regel die Einrichtung sein, mit der die Auszubildende ihren Ausbildungsvertrag geschlossen hat. Inhaltlich werden die Kompetenzbereiche I bis V abgeprüft (s. u.). Dabei soll die Auszubildende alle Aufgaben einer prozessorientierten Pflege selbständig und umfassend übernehmen. Sie soll den Pflegebedarf erheben, die Pflege planen, durchführen und den Pflegeprozess evaluieren. Besonders erwähnt werden dabei das kommunikative Handeln, die Qualitätssicherung und die Vorbehaltsaufgaben der Pflege. Die Prüfung findet in realen Pflegesituationen statt, also nicht im Demonstrationsraum einer Schule oder in einer Lernwerkstatt. Versorgt werden sollen mindestens zwei Pflegeempfänger, von denen einer einen höheren Pflegebedarf aufweisen soll.

Der Ablauf soll folgendermaßen sein: Der Prüfling erarbeitet in einer angemessenen Vorbereitungszeit eine Pflegeplanung und stellt dann seine Pflegeempfänger innerhalb von maximal 20 Minuten den Prüfern vor. Er führt dann die Pflege praktisch durch. Zum Abschluss erfolgt eine Reflexion des Prüfungsablaufs. Die Gesamtdauer der Prüfung (allerdings ohne Vorbereitungszeit) darf 240 Minuten nicht überschreiten. Geprüft wird von einer Lehrerin und einer Praxisanleiterin. Beide Prüferinnen geben eine Note. Die Vorsitzende der Prüfungskommission bildet daraus bei der Notenkonferenz die Note für die praktische Prüfung.

Kompetenzen

Als Anlage zur Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (Anlage 1 und 2 PflAPrV) werden Kompetenzen genannt, die sich die Auszubildenden aneignen sollen. Diese fünf Kompetenzbereiche werden in zwei Differenzierungsstufen detailliert aufgelistet: Beschrieben werden die Kompetenzerwartungen am Ende des zweiten Ausbildungsdrittels und am Ende der Ausbildung sowie die jeweiligen Anteile am Umfang der theoretischen Ausbildung.

Tab. 2: Kompetenzbereiche der generalistischen Ausbildung (vgl. PflAPrV Anlage 2)

Tab. 2: Kompetenzbereiche der generalistischen Ausbildung (vgl. PflAPrV Anlage 2) Nr.KompetenzbereicheStunden

2.3       Die Rahmenlehrpläne

In der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung wird bestimmt, dass eine Fachkommission, in Kooperation mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung, Rahmenlehrpläne für die schulische und für die praktische Ausbildung erarbeiten soll. Sie werden auf der Grundlage der Kompetenzbereiche und der Zeitvorgaben (Tab. 1; Tab. 2) der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung erstellt. Die Rahmenlehrpläne haben eine empfehlende Wirkung und sollen eine Hilfestellung für die Entwicklung schulinterner Curricula und Ausbildungspläne für die Praxis sein. Für die Pflegeausbildung ist eine bundesweit gültige Empfehlung für Theorie und Praxis ein Novum.

Die Rahmenpläne (Fachkommission nach § 53 Pflegeberufegesetz, 2020a) bestehen aus einem Begründungsrahmen, dem Rahmenlehrplan für den schulischen Unterricht und dem Rahmenausbildungsplan für die praktische Ausbildung.

2.3.1     Der Begründungsrahmen der Rahmenlehrpläne

Hier wird das Pflege- und Berufsverständnis erläutert, das den Lehrplänen zugrunde liegt. Es bezieht sich wiederum auf die Ausbildungsziele des Pflegeberufegesetzes und die Erläuterungen in der PflAPrV.

Zum pädagogischen Verständnis verweisen die Autoren auf die Kompetenzorientierung, die eng mit dem Konzept der Handlungsorientierung verknüpft sei. Ergänzt werden diese Konzepte durch einen subjektorientierten Bildungsbegriff. Ein weiteres leitendes Prinzip ist das des exemplarischen Lernens.

2.3.2     Die Rahmenlehrpläne für die schulische Ausbildung

Das Konstruktionsprinzip der Rahmenlehrpläne für die theoretische Ausbildung beruht neben den oben beschriebenen pädagogischen Prinzipien auf folgenden Elementen:

•  Verantwortungsübernahme der Pflegenden, besonders sichtbar an der Pflegeprozessverantwortung im Zusammenhang mit den Vorbehaltsaufgaben

•  die Orientierung an Pflegesituationen, z. B. werden die curricularen Einheiten durch beispielhafte Pflegesituationen eingeleitet und strukturiert

•  eine entwicklungslogische Strukturierung der Lehrpläne, d. h. die Inhalte der Ausbildung werden spiralig im Laufe der Ausbildung wieder aufgegriffen und vertieft

•  Das Wissenschaftsprinzip berücksichtigt die Theorien und Erkenntnisse der Pflegewissenschaften und von Bezugswissenschaften.

•  Das Persönlichkeitsprinzip legt Wert auf die Persönlichkeitsbildung der Auszubildenden.

•  Das exemplarische Lernen verzichtet auf Vollständigkeit bei den Unterrichtsinhalten und versucht vielmehr über prägnante Beispiele eine vertiefte Auseinandersetzung mit Themen zu erreichen. Gleichzeitig ist hier eine Transferkompetenz notwendig, um das Gelernte auf andere Situationen übertragen zu können.

Der Rahmenlehrplan für die schulische Ausbildung umfasst 11 Curriculare Einheiten (CE). Sie sind nach zwei verschiedenen Ordnungsprinzipien strukturiert. Die CE 01–03 und 10–11 sind auf bestimmte Einsatzabschnitte bzw. auf den Pflegebedarf spezifischer Pflegeempfänger ausgerichtet. Die CE 01–03 betreffen den Ausbildungsbeginn, die CE 10 die Pflege bei Kindern und Jugendlichen und die CE 11 die Pflege bei Menschen mit psychischen Problemstellungen.

Die anderen CEs sind »Querschnittsthemen«, die auf verschiedene Handlungsfelder bezogen werden können. Sie fokussieren die Ausrichtung

Tab. 3: Ordnungsprinzipien der curricularen Einheiten in den Rahmenlehrplänen (in Anlehnung an Fachkommission nach § 53 Pflegeberufegesetz: Rahmenpläne der Fachkommission nach § 53 PflBG. o. O. 2020a, S. 14, https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16560, Zugriff am 24.06.2022)

Tab. 3: Ordnungsprinzipien der curricularen Einheiten in den Rahmenlehrplänen (in Anlehnung an Fachkommission nach § 53 Pflegeberufegesetz: Rahmenpläne der Fachkommission nach § 53 PflBG. o. O. 2020a, S. 14, https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16560, Zugriff am 24.06.2022) CETitelAusbildungsbeginnAusbildungseinsätze in spezifischen BereichenÜber- greifende Themen

des Pflegehandelns: Gesundheitsförderung und Prävention (CE 04), medizinorientierte Kuration (CE 05 und 06), die Rehabilitation (CE 07), die palliative Pflege (CE 08) und die Sozialpflege mit Schwerpunkten in der ambulanten und Langzeitpflege (CE 09).

2.3.3     Die Rahmenausbildungspläne für die praktische Ausbildung

Hier werden drei Lernformen des arbeitsbezogenen Lernens unterschieden:

•  Das arbeitsorientierte Lernen: Es bezeichnet Lernformen, die in simulierten Lernumgebungen stattfinden, also im Lernlabor oder im sogenannten 3. Lernort.

•  Das arbeitsverbundene Lernen: Dabei werden Lernaufgaben für die Pflegepraxis gestellt, entweder von den Pflegeschulen oder von den Praxisanleiterinnen. Diese Lernaufgaben sollen idealerweise an den schulischen Unterricht anschließen und im Theorieblock nach dem praktischen Einsatz reflektiert werden.

•  Das arbeitsgebundeneLernen steht im Zentrum der Rahmenausbildungspläne. Es umfasst das Lernen in realen Pflegesituationen, also die zentralen pädagogischen Tätigkeiten der Praxisanleiterinnen.

Auch für die Rahmenausbildungspläne sind die Vorbehaltstätigkeiten, also die Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Pflegeprozess (Pflegebedarfserhebung, Steuerung, Evaluation), zentrale Elemente. Auch die Prinzipien der Persönlichkeits- und Wissenschaftsorientierung sind für die Rahmenausbildungspläne leitend. Die Entwicklungslogik, also der spiralige Aufbau der Ausbildung, ist an Tab. 4 ablesbar: Der Verantwortungsbereich, der Grad der Selbständigkeit und die Komplexität der Aufgabenstellungen nehmen im Laufe der Ausbildung zu.

Die Rahmenausbildungspläne geben für bestimmte Ausbildungsabschnitte Ziele und Kompetenzen vor. So werden z. B. für den Orientierungseinsatz zu Beginn der praktischen Ausbildung Kompetenzen benannt, die in diesem Einsatz anzustreben sind. Strukturiert werden die Kompetenzen entsprechend der fünf Kompetenzbereiche der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (Tab. 2).

Tab. 4: Unterschiedliche situative Anforderungen an die Auszubildenden in den verschiedenen Ausbildungsabschnitten (in Anlehnung an Fachkommission nach § 53 Pflegeberufegesetz: Rahmenpläne der Fachkommission nach § 53 PflBG. o. O. 2020a, S. 19, https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16560, Zugriff am 24.06.2022)

Tab. 4: Unterschiedliche situative Anforderungen an die Auszubildenden in den verschiedenen Ausbildungsabschnitten (in Anlehnung an Fachkommission nach § 53 Pflegeberufegesetz: Rahmenpläne der Fachkommission nach § 53 PflBG. o. O. 2020a, S. 19, https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/16560, Zugriff am 24.06.2022) AusbildungsabschnittSituative Anforderungen an die Auszubildenden

Folgende Ausbildungsabschnitte werden für die generalistische Pflegeausbildung auf diese Weise aufgeführt:

•  Orientierungseinsatz

•  Pflichteinsätze im ersten Ausbildungsjahr (gilt für alle drei Ausbildungsbereiche)

•  Pflichteinsätze im zweiten Ausbildungsjahr (gilt für alle drei Ausbildungsbereiche)

•  Pflichteinsatz in der Pädiatrie

•  Pflichteinsatz in der Psychiatrie

•  Vertiefungseinsatz im dritten Ausbildungsjahr

Wichtig für die Praxisanleitung: Das Praxiscurriculum für eine Einrichtung wird entsprechend dieser im Rahmenausbildungsplan vorgegebenen Inhalte erarbeitet. Was also z. B. im Orientierungseinsatz Anleitungsthemen sein sollen, wird aus den Kompetenzbeschreibungen für diesen Ausbildungsabschnitt im Rahmenausbildungsplan abgeleitet.

Im Rahmenausbildungsplan für die generalistische Pflegeausbildung werden Kompetenzen formuliert, die in den verschiedenen Ausbildungsabschnitten erreicht werden sollen. Für den Orientierungseinsatz am Anfang der Ausbildung sind zunächst unter den fünf Kompetenzbereichen zwei weitere Differenzierungsstufen aufgeführt. Anhand dieser Formulierungen wird deutlich, was von Auszubildenden im Orientierungseinsatz gefordert wird. Im Beispiel soll das Thema Vitalzeichen messen nachvollzogen werden.

 

Kompetenzbereich I (PflAPrV Anlage 1): Pflegeprozesse und Pflegediagnostik in akuten und dauerhaften Pflegesituationen verantwortlich planen, organisieren, gestalten, durchführen, steuern und evaluieren

•  1. Differenzierungsebene (der Kompetenzbereich I wird in sechs Unterpunkte differenziert: I.1 bis I.6): I.2 Pflegeprozesse und Pflegediagnostik bei Menschen aller Altersstufen mit gesundheitlichen Problemlagen planen, organisieren, gestalten, durchführen, steuern und evaluieren (bewerten) unter dem besonderen Fokus von Gesundheitsförderung und Prävention

•  2. Differenzierungsebene (im Orientierungseinsatz werden sechs Unterpunkte bei I.2 aufgeführt):