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Die meisten Fotografen packen ihre Kamera weg, sobald die Sonne untergegangen ist. Doch der Nachthimmel bietet ausreichend Licht für die Fotografie und ist eines der fotogensten Motive der Landschaftsfotografie. Die Nachtfotografie kann mit einer relativ einfachen Kamera und einem Stativ durchgeführt werden, erfordert allerdings ein durchdachtes und systematisches Vorgehen mit technischem Wissen, gestalterischem Blick, Beharrlichkeit und Kenntnissen der Bildbearbeitung. Das "Praxisbuch Nachthimmel fotografieren" inspiriert Sie dazu, nachts mit Ihrer Kamera loszuziehen und spektakuläre Fotos vom Himmel und von der Landschaft im Licht der Sterne festzuhalten. Rutger Bus ist leidenschaftlicher Astrofotograf und hat sich auf spektakuläre Nachtaufnahmen spezialisiert, in denen die Milchstraße, Meteoritenschauer, Kometen, aber auch "Deep-Sky-Objekte" die Hauptrolle spielen. Mit diesem Praxisbuch gelingen auch Ihnen beeindruckende Fotos, denn es werden alle wesentlichen Kenntnisse und Fähigkeiten für die ultimative Nachtfotografie vermittelt, von der Vision und der Vorbereitung bis zur Ausführung und Bildbearbeitung.
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Seitenzahl: 167
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Rutger Bus ist Chemiker. Mit seinem prall gefüllten Terminkalender versucht er, seine nächtlichen Fotomöglichkeiten so gut wie möglich zu planen, indem er die Standorte auskundschaftet, die Wettervorhersage prüft, den Mond und die Sterne im Auge behält und besondere Ereignisse weit im Voraus in seinem Terminkalender notiert. Mit seinen Nachtbildern macht Rutger die Öffentlichkeit auf die Schönheit und Bedeutung der Nacht aufmerksam.
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Rutger Bus
Spektakuläre Bilder von Milchstraße, Sternspuren, Planeten und Sternbildern
Übersetzung aus dem Niederländischen von Rolf Dräther
Rutger Bus · [email protected]
Lektorat: Rudolf Krahm
Lektoratsassistenz: Anja Ehrlich
Übersetzung: Rolf Dräther
Copy-Editing: Alexander Reischert, www.aluan.de
Layout & Satz: Birgit Bäuerlein
Herstellung: Stefanie Weidner
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de, unter Verwendung eines Fotos des Autors
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN:
978-3-86490-932-0
978-3-96910-966-3
ePub
978-3-96910-967-0
mobi
978-3-96910-968-7
1. Auflage 2023
Translation Copyright für die deutschsprachige Ausgabe © 2023 dpunkt.verlag GmbH
Wieblinger Weg 17
69123 Heidelberg
Copyright der niederländischen Originalausgabe © 2020 by PiXFACTORY
Copyright Fotos: Rutger Bus
Titel der Originalausgabe: Nightscapes: Handboek spectaculaire nachtfotografie
PiXFACTORY, Watergoorweg 104, 3861 MA Nijkerk
ISBN: 978-9079588381
Bildnachweis: Alle Fotos wurden vom Autor aufgenommen, sofern nicht anders angegeben.
Hinweis:
Der Umwelt zuliebe verzichten wir auf die Einschweißfolie.
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Eine zusammengefügte Aufnahme der Konjunktion von Komet 46P/Wirtanen mit dem offenen Sternhaufen Plejaden (rechts) inmitten der interstellaren Staub- und Gaswolken im Sternbild Stier
Leuchtende Nachtwolken, kombiniert mit Sternenspuren, über dem Watt bei Ternaard
Liebe Leserin, lieber Leser,
für mich ist mit Erscheinen dieses Buches, in dem ich mit Ihnen mein Wissen über die Nachthimmelfotografie leicht und verständlich teilen möchte, ein Traum in Erfüllung gegangen. Oft legen Menschen eine Stunde nach Sonnenuntergang die Kamera aus der Hand – und das ist schade. Auf den folgenden Seiten möchte ich Sie inspirieren und zeigen, wie Sie bereits mit verhältnismäßig einfachen Mitteln nachts ein ausgesprochen schönes Foto aufnehmen können. Zudem möchte ich Ihnen die Bedeutung eines wirklich dunklen Nachthimmels vor Augen führen, sodass vielleicht auch Sie ihn schätzen lernen.
Zeitig im Frühjahr steht die Milchstraße wie ein Bogen niedrig am nördlichen Himmel.
Ich heiße Rutger Bus und wurde 1978 in Groningen geboren. Zurzeit wohne ich mit meiner lieben Frau und zwei hübschen Töchtern im Dorf Roden in der Region Kop van Drenthe. Seit 2005 arbeite ich mit viel Freude als Forscher auf dem Gebiet der organischen Chemie beim Biotech-Unternehmen Symeres (früher Synchom).
Ich bin kein gelernter Fotograf. Das Fotografieren habe ich mir durch viel Übung und Experimentieren, vor allem aber durch das Betrachten der Arbeiten anderer Fotografen beigebracht. Meine großen Vorbilder sind erfahrene Landschaftsfotografen wie Bas Meelker, Ron ter Burg oder Albert Dros. Als ich mich stärker der Astrofotografie zuwandte, erregten Trevor Jones von Astro-Backyard und Dylan O’Donnell vom YouTube-Kanal »Star Stuff« meine Aufmerksamkeit, denen ich über ihre Social-Media-Kanäle folgte.
Anfangs fotografierte ich vor allem Landschaften. Dadurch habe ich mich viel mit Wetterbedingungen beschäftigt und bekam einen Blick dafür, wie man eine interessante Komposition aufbaut. Später lernte ich, dass man bei guter Vorbereitung auch nachts die schönsten Fotos aufnehmen kann. Ich hatte das einige Male nur so für mich ausprobiert, als mir auffiel, dass meine Fotos auf den unterschiedlichsten sozialen Plattformen recht viel Beachtung fanden. So habe ich mir ein Herz gefasst und erste Nachtfotografie-Workshops angeboten. Das erwies sich als Volltreffer. Einige Teilnehmer nahmen eine fünfstündige Anreise in Kauf, um an den Workshops teilnehmen zu können. Da wurde mir bewusst, dass ein wirklich dunkler Himmel offenbar sehr geschätzt, vor allem aber auch sehr vermisst wird. Aus diesem Grund versuche ich mit meinen Workshops auch die Botschaft zu vermitteln, dass wir weniger Energie vergeuden sollten und sicher noch etliche Lampen nachts abschalten können. Das kommt sowohl Mensch, Tier als auch der Umwelt zugute.
Im Laufe der Jahre vertiefte sich mein Interesse für alles, was am Nachthimmel zu sehen ist. Ich verlegte mich mehr und mehr auf Aufnahmen von wirklichen Deep-Sky-Objekten und nutze inzwischen mein Teleskop mit zugehöriger Astrokamera viel häufiger als eine normale Kamera mit Objektiv. Der Nachthimmel ist eine faszinierende Welt, von der ich einfach nicht genug bekommen kann.
Rutger Bus
1Visualisieren
1.1Lernen Sie, das Ergebnis zu sehen
1.2Nutzen Sie das Internet
1.3Schreiben Sie Ihre Ziele auf
1.4Visualisieren Sie detailliert
1.5Zeigen Sie sich geduldig und bereit, zu improvisieren
1.6Visualisieren aus gutem Grund
1.7Abschließende Gedanken
2Einführung in die Nachtfotografie
2.1Einen dunklen Ort finden
2.2Die Position des Mondes
2.3Dämmerungsphasen
Die zivile oder bürgerliche Dämmerung
Die nautische Dämmerung
Die astronomische Dämmerung
Die Nacht
2.4Orientierung am nächtlichen Himmel
2.5Die Milchstraße
2.6Die Milchstraße ohne technische Hilfsmittel lokalisieren
Der Schwan
Das Sommerdreieck
Das Sternbild Kassiopeia
Der Orion
2.7Die Milchstraße mittels Apps lokalisieren
PhotoPills (für iOS und Android)
SkySafari (für iOS und Android)
Weitere Apps
2.8Die Planeten
Merkur
Venus
Erde
Mars
Jupiter
Saturn
Uranus
Neptun
Pluto
2.9Sternschnuppen
2.10Der Mond
Fotografieren bei Mondlicht
Mondfinsternis
2.11Kometen
2.12Sternbilder
2.13Satelliten
Elon Musk und das Starlink-Projekt
2.14Sternensysteme
2.15Das Nordlicht
2.16Leuchtende Nachtwolken
2.17Airglow
2.18Zodiakallicht
3Ausrüstung
3.1Das Belichtungsdreieck
3.2Objektive
3.3Abbildungsfehler von Objektiven
3.4Bezahlbare Objektive
3.5Die Kamera
3.6Das Stativ
3.7Die Fernbedienung
3.8Filter
3.9Vermeiden von Kondensation
3.10Stromversorgung
3.11Beleuchtung
3.12Nachführungen oder »Star Tracker«
3.13Kleidung
3.14Meine Fototasche
4Fotografieren
4.1Gute Vorbereitung
Legen Sie Ihre Angst vor der Nacht ab
Lernen Sie, im Dunkeln zu arbeiten
Sie sollten wissen, was Sie wollen
Informieren Sie sich über das Wetter
Testen Sie Ihre Komposition
4.2Ihre Kamera einstellen
Das Dateiformat
Der Bildwinkel
Manuelles Scharfstellen
Manuelle Belichtung
Rauschunterdrückung
Weißabgleich
Das Histogramm
Ein letzter Check
4.3Scharfstellen
Scharfstellen mit Live View
Scharfstellen mit einer Bahtinov-Maske
Auf eine weit entfernte Lichtquelle scharfstellen
Sternenspuren vermeiden
4.4Startrails aufnehmen
4.5Sternschnuppen fotografieren
Ausrüstung
Komposition
Kameraeinstellungen
Bildbearbeitung
4.6Der Einsatz externer Lichtquellen
Die Taschenlampe
LED-Panels, Lichtwürfel und andere Lichtquellen
Externe Blitzgeräte
5Bildbearbeitung
5.1Einleitung
5.2Einzel-Nachtaufnahmen und Lightroom
Schritt 1: Belichtung
Schritt 2: Details und Kontrast
Schritt 3: Lichter und Tiefen
Schritt 4: Klarheit, Dynamik und Sättigung
Schritt 5: Die Gradationskurve
Schritt 6: Rauschreduzierung
Das Ergebnis
5.3Sternenspuraufnahmen
Die Software
Schritt 1: Dateien importieren und synchronisieren
Schritt 2: Dateien als Ebenen in Photoshop öffnen
Schritt 3: Beginn Ihrer Startrails-Komposition
Schritt 4: Ebenen zusammenfügen
Schritt 5: Anpassungen mit Lightroom
5.4Rauschreduzierung in Photoshop
Schritt 1: Mehrere Fotos vom Vordergrund aufnehmen
Schritt 2: Bilder als separate Ebenen in Photoshop importieren
Schritt 3: Ebenen automatisch ausrichten
Schritt 4: Das Median-Stacking
Das Ergebnis
5.5Fotos mit Starry Landscape Stacker stapeln
Schritt 1: Fotos auswählen
Schritt 2: Sterne anpassen
Schritt 3: Maske für den Himmel anpassen
Schritt 4: Bild speichern
5.6Eine Komposition mit Sternschnuppen in Photoshop
Schritt 1: Dateien in Photoshop öffnen
Schritt 2: Ebenen ausschalten
Schritt 3: Ebenen aktivieren und maskieren
Schritt 4: Meteore auswählen
Schritt 5: Auswählen und Maskieren wiederholen
Schritt 6: Drehen und Zusammenfügen
Das Ergebnis
6Deep-Sky-Fotografie
6.1Das Teleskop
6.2Die Montierung
6.3Die Kamera
6.4Die Aufnahmen
6.5Bildbearbeitung
7Inspiration
7.1Vom Astrovirus infiziert
7.2Sub-Zero
7.3Wildcampen
7.4Komet Neowise
7.5Mystical Forest
7.6The King and the Queen
7.7Warten auf die Fähre
Schlusswort
Index
Auch das Warten auf die Dunkelheit kann schön sein, wie hier bei Paal 12 am Strand von Texel.
Visualisieren ist vielleicht eines der einfachsten Dinge – und zugleich ein schwieriger Aspekt der Fotografie. Visualisieren kann zunächst jeder. Es ist nichts anderes, als sich bereits im Vorfeld zu überlegen, wie ein Foto aussehen soll. Man entwirft dabei im Kopf ein Bild, das man unter günstigen Bedingungen aufzunehmen hofft. Visualisieren kann den Unterschied ausmachen zwischen dem einen, perfekten Foto, bei dem jedem der Mund offen stehen bleibt, und einer durchschnittlichen Aufnahme, von der es schon viele gibt. Für Ihr Foto können Sie beispielsweise einen bestimmten Lichteinfall oder eine spezielle Atmosphäre visualisieren und zu Hause bleiben, wenn die Bedingungen für das gewünschte Ergebnis nicht ideal sind. Aber wie macht man das – Visualisieren? Oder anders gefragt: Wie bringt man sich selbst bei, ein Foto vorab zu visualisieren?
Um auf ein bestimmtes Bild hinarbeiten zu können, müssen Sie den Effekt der verschiedenen Einstellungen an Ihrer Kamera auf das Foto kennen. So entsteht bei offener Blende ein völlig anderes Bild von einem Motiv als bei geschlossener. Mit einem Teleobjektiv entsteht ein Bild, in dem Vorder- und Hintergrund näher zusammenrücken, wohingegen ein Weitwinkelobjektiv die Perspektive weitet. Wenn Sie häufig fotografieren, können Sie schon bald vorhersehen, wie ein Foto mit bestimmten Kameraeinstellungen und Objektiven aussehen wird. Visualisieren beruht deshalb auf Erfahrung, die Sie erwerben, wenn Sie viel und auf unterschiedliche Weise fotografieren und Ihre Bilder anschließend gründlich analysieren. Nutzen Sie dieses erworbene Wissen und finden Sie heraus, welche Anforderungen das, was Sie fotografieren wollen, an die dafür erforderliche Technik stellt.
Im Internet finden Sie unzählige Fotos, Locations, Tutorials, Tipps und Tricks sowie natürlich Webseiten wie Google Maps, Regenradar, Nebelradar oder Informationen zu Wasserständen. Damit lassen sich die notwendigen Informationen zu Ihrem Foto-Spot zusammentragen, beispielsweise an welcher Stelle die Sonne an einem bestimmten Tag im Jahr untergeht, wann Ebbe herrscht oder Nebel vorhergesagt ist. All diese hilfreichen Informationen können Sie sich zunutze machen und machen das Visualisieren ein Stück einfacher. Und obwohl Sie so den größten Teil der Vorbereitung bequem vom Sofa aus erledigen können, empfehle ich doch, sich die Gegend auch vor Ort anzuschauen. So vermeiden Sie unerwartete Überraschungen wie zum Beispiel mit dem einen fotogenen Baum, der letztes Jahr hier noch stand, nun aber offensichtlich dem letzten Herbststurm zum Opfer gefallen ist. Externe Quellen sind eine praktische Hilfe, denen Sie aber nicht blind vertrauen sollten. Schauen Sie sich Ihre Foto-Location immer auch vor Ort an.
Sie sollten wissen, was unterschiedliche Objektive aus Ihrem Bild machen. So ist mit einem 12-mm-Weitwinkelobjektiv der Bildausschnitt viel größer als mit einem 50-mm-Standardobjektiv.
Wenn Sie vor Ort sind, sollten Sie die Umgebung erkunden und Fotos von interessanten Motiven machen. So ist Ihnen klar, womit Sie rechnen können, wenn Sie für Ihr perfektes Foto bei günstigen Bedingungen im Dunkeln dorthin zurückkehren.
Das mag jetzt vielleicht banal klingen, und dennoch: Wenn Sie eine gute Idee für ein bestimmtes Foto haben, dann schreiben Sie diese in ein (digitales) Notizbuch, auf ein Stück Papier oder ein Post-it. So können Sie sicher sein, dass sie nicht in Vergessenheit gerät. Halten Sie das mit allen Ihren Ideen so, wird sich Ihr Kopf sofort an die Arbeit machen und jede Menge kreativer Lösungen ersinnen, die es braucht, um das angestrebte Foto zu ermöglichen. Notieren Sie all diese Überlegungen sofort zusammen mit Ihrer Idee, zum Beispiel welcher Lichteinfall erforderlich, welcher Wettertyp dafür am besten geeignet, welcher Stand der Milchstraße oder des Mondes günstig und welche Ausrüstung dafür erforderlich ist.
Manchmal heißt es im Bereich der organischen Chemie über chemische Reaktionen: »Shit in is shit out.« Mit anderen Worten: Ohne guten Ausgangspunkt wird es schwieriger, etwas erfolgreich zu Ende zu bringen. Das gilt auch für das Visualisieren eines Fotos. Wenn Sie etwas nicht detailliert visualisieren können, werden Sie merken, dass sich Ihr gewünschtes Ziel schwieriger erreichen lässt. Um klar und deutlich visualisieren zu können, bietet sich beispielsweise die Verwendung eines Moodboard für Ihre Foto-Location an. Machen Sie einfach mit Ihrem Handy vor Ort ein paar Schnappschüsse der Umgebung und von einem interessanten Motiv. Drucken Sie diese Fotos aus und kleben sie auf ein Stück Papier, eine Tür oder eine Wand. So haben Sie immer eine klare Vorstellung davon, wie Ihre Location und Ihr Motiv aussehen. Damit wird das detaillierte Visualisieren um einiges einfacher.
In den Dünen von Texel, nahe Paal 28, wird es noch richtig dunkel.
Kreativer Umgang mit Licht auf dem Deich bei Lauwersoog
Es wäre einfach zu schön, wenn jedes Bild, das Sie vorab visualisiert haben, auch direkt zum gewünschten Foto führt. Es ist und bleibt jedoch ein Prozess voller Rückschläge.
Lernen Sie aus Ihren Misserfolgen, besuchen Sie mehrere Male denselben Ort und haben Sie es nicht zu eilig, das gewünschte Bild aufzunehmen. Warten Sie geduldig auf die richtigen Bedingungen, bleiben Sie vor allem kritisch gegenüber sich selbst, und früher oder später werden Sie das gewünschte Foto machen.
Und wenn ein sorgfältig geplantes und vorbereitetes Foto-Shooting platzt, weil sich die Bedingungen plötzlich doch noch verändern, sollten Sie den Kopf nicht hängen lassen, sondern das Beste draus machen. Schließlich sind Sie ja nun schon einmal unterwegs, nutzen Sie deshalb doch die Situation! So erging es mir auch bei obigem Foto. Mein Plan war, Aufnahmen von einem Kometen am nördlichen Horizont zu machen. Dazu musste ich zum Deich bei Lauwersoog fahren, denn nur dort hatte ich ohne Lichtverschmutzung ungehinderte Sicht auf den nördlichen Horizont. Vor Ort angekommen, herrschte auflandiger Wind, der plötzlich dicke Nebelschwaden heranwehte. Die Kometenfotos konnte ich also vergessen, aber ich hatte viel Freude mit meinem LED-Panel und ein paar Gegenlichtaufnahmen auf dem Deich.
Falls die Bedingungen nicht optimal sind, können Sie sich immer noch kreativ auf die Situation einlassen.
Bis hierher sollte klar geworden sein, dass Visualisieren hilft, Ihre Fotografie auf ein höheres Niveau zu heben. Wenn Sie im Vorfeld bereits genau wissen, was Sie fotografieren wollen, können Sie so eine Menge Energie sparen, wenn der richtige Augenblick gekommen ist. Sie gehen dann viel zielstrebiger vor, da Sie die meisten Optionen bereits einmal durchdacht haben. Sie können sich auf Momente vorbereiten, in denen der nächtliche Himmel etwas Besonderes zu bieten hat – zum Beispiel einen Meteorschauer (siehe Abschnitt 2.9 auf Seite 32) oder die Konjunktion des Mondes mit einem Planeten. Darüber hinaus lassen sich Mondaufgang und -untergang präzise mit einer App wie PhotoPills planen, in der Sie auch erfahren können, wann der Mond hinter einem speziellen, schönen Kirchturm in Ihrer Nachbarschaft aufgeht. Bei Nachtaufnahmen ist es übrigens empfehlenswert, die Foto-Location tagsüber schon einmal zu erkunden. Das verschafft Ihnen einen Eindruck von der Umgebung und Sie können potenziell gefährliche Objekte identifizieren, beispielsweise einen umgestürzten Baum, Baumstümpfe oder auch kleine, flache Kanäle oder Gräben, über die Sie mitten in der Nacht stolpern könnten. All das lässt sich bereits im Vorfeld erledigen, sodass Sie sich perfekt vorbereitet Ihrer Herausforderung stellen können.
Durch Reflexionen auf einer Wasseroberfläche entstehen oft zusätzliche Details im Vordergrund und ein schöner Tiefeneffekt in Ihrem Foto.
Die bittere Wahrheit ist, dass es Sie Zeit kosten wird, Visualisieren zu lernen, dass Sie dranbleiben und die nötige Geduld aufbringen müssen. Es gibt dafür kein Rezept. Der beste Tipp lautet, so viele Fotos wie möglich zu machen, diese anschließend gründlich zu analysieren, in verschiedenen Foren zu veröffentlichen und dort Feedback und Kritik einzuholen. Ebenso hilft der Vergleich der eigenen Fotos mit denen anderer Fotografen, die eigenen Visualisierungsfähigkeiten auf ein neues Level zu heben.
Visualisierung ist das Zusammenwirken sowohl physischer Aspekte als auch mentaler Flexibilität. Ich möchte Ihnen als Beispiel ein Foto beschreiben, das ich während einer Abendwanderung mit Frau und Kindern in der Nachbarschaft »sah«. Am Ende dieses Wegs steht ein Transformatorhäuschen. Dieses Häuschen, dachte ich, und darüber prächtig die Milchstraße – das könnte eine interessante Komposition ergeben. Mit der Augmented-Reality-Funktion der App PhotoPills (mehr dazu in Abschnitt 2.7 auf Seite 26) prüfte ich, wann die Milchstraße für die Umsetzung meiner Idee günstig steht. Zum Glück war die folgende Nacht schon klar und die Milchstraße stand genau dort, wo ich sie haben wollte, sodass ich das Foto unten rechts aufnehmen konnte. So kombiniert man seine Wahrnehmungen vor Ort (1) mit dem eigenen Wissen und der Nutzung von Apps auf seinem Handy, um eine spektakuläre Komposition (2) zu entwickeln, die man zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich in ein Foto (3) umsetzen kann. Das klingt möglicherweise kompliziert – und am Anfang ist es das sicher auch, doch mit reichlich Übung wird es schnell einfacher. Ich betrachte das Ganze meist als großes Puzzle, bei dem die einzelnen Stücke erst zusammengesucht werden müssen und irgendwann ihren Platz finden. Dann erlebt man einen persönlichen »Wow-Moment«, wenn das visualisierte Bild tatsächlich auf dem Display der Kamera erscheint.
Die totale Mondfinsternis sorgte für reges Interesse auf dem Aussichtsturm in De Onlanden.
Viele Menschen packen die Kamera weg, sobald die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist. Das ist schade, denn auch nachts gibt es viel zu fotografieren. Sie werden erleben, dass sich eine ganz neue Welt voller Möglichkeiten öffnet. Während Sie selbst im Dunkeln nicht die Hand vor Augen sehen, sieht Ihre Kamera unglaublich viel. Beim heutigen Stand der Technik lässt sich mit einer Kamera die Nacht beinahe zum Tag machen. Aber was kann man nun eigentlich im Dunkeln fotografieren und worauf muss man beim Einsatz seiner Ausrüstung achten?
Moddergat bei Nacht. Zeitig im Frühjahr steht die Milchstraße beinahe waagerecht über dem Horizont. | Sony Alpha 7R III mit Samyang 24 mm, 13 s, Blende 1,4, ISO 6400
Wenn Sie weder Erfahrung mit der Nachtfotografie haben noch grob wissen, wie der Nachthimmel aufgebaut ist, kann sich Fotografieren im Dunkeln überwältigend anfühlen. Da ist so viel zu sehen – Sterne, die Sternbilder formen, der Mond, die Planeten, die Milchstraße – und alle erscheinen und verschwinden zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr und an verschiedenen Stellen am Himmel. Deshalb sollten Sie wissen, wo und vor allem wann Sie unterwegs sein müssen, um das schönste Nachtfoto aufzunehmen. Gestützt auf meine langjährige Felderfahrung werde ich Ihnen zeigen, wie Sie sich bestmöglich am Nachthimmel orientieren und wann Sie ihn fotografieren sollten. Das gilt insbesondere für die Milchstraße. Wir beginnen mit einigen wichtigen Aspekten, denen Sie als Nachfotograf Rechnung tragen müssen.