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Wahrscheinlich kennen Sie dieses Gefühl, wenn Sie durch einen alten Wald gehen. Es ist wie im Dschungel! Wälder sind faszinierend, bezaubernd und magisch. So überwältigend man sie mit dem Auge wahrnimmt, so chaotisch wirken sie jedoch oft auf einem Foto. Von allen Formen der Landschaftsfotografie ist die Waldfotografie vielleicht die schwierigste.
Lassen Sie sich nicht sofort entmutigen, denn wenn Sie erst einmal den Dreh raus haben, werden Sie merken, dass es süchtig macht! Ellen Borggreve und Daniël Laan haben sich auf die Fotografie von Wäldern spezialisiert und kennen alle Tricks, um zu ausdrucksstarken und magischen Bildern zu gelangen. In "Wälder fotografieren" führen Sie die beiden Schritt für Schritt von der Entwicklung einer persönlichen Bildidee über die ersten Erkundungen on Location bis hin zur Aufnahme und anschließenden Nachbearbeitung am Computer. Nach der Lektüre dieses Buches werden Sie sich nichts sehnlicher wünschen, als selbst spektakuläre Waldlandschaften einzufangen.
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Seitenzahl: 247
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Ellen Borggreve kehrte 2016 mit ihrer Fotografie in den Wald zurück, um ihn auf zeitlose und romantische Weise einzufangen, geleitet von Wetter und Licht. Ellen gibt ihr Wissen und ihre Leidenschaft in Workshops weiter. Dabei legt sie den Schwerpunkt auf die Entwicklung eigener Sichtweisen und Bildideen. Im Jahr 2019 wurde Ellen zu »einer der 25 besten Landschaftsfotografen aller Zeiten« ernannt.
Daniël Laan bezeichnet seine Fotografie als das Werkzeug, mit dem er sich selbst entdeckt. Ihm geht es um eine starke persönliche Sichtweise, die sich in seinem eigenen dunklen, geheimnisvollen Stil ausdrückt. Wälder mit alten knorrigen Bäumen fügen sich nahtlos ein und bilden oft wiederkehrende Themen. Neben dem Fotografieren schreibt Daniël gerne. Artikel aus seiner Feder sind weltweit in Zeitschriften und auf Websites erschienen. Seine Sichtweisen vermittelt er in internationalen Workshops und auf Fotoreisen.
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www.dpunkt.plus
Ellen Borggreve · Daniël Laan
Stimmungsvolle und märchenhafte Fotos zu jeder Jahreszeit
Übersetzung aus dem Niederländischen von Rolf Dräther
Ellen Borggreve · www.ellenborggreve.com
Daniël Laan · www.laanscapes.com
Lektorat: Rudolf Krahm
Lektoratsassistenz: Anja Weimer
Übersetzung: Rolf Dräther
Fachlektorat und Software-Lokalisierung: Frank Treichler
Copy-Editing: Alexander Reischert, www.aluan.de
Satz & Layout: Birgit Bäuerlein
Herstellung: Stefanie Weidner
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN:
Print978-3-86490-813-2
PDF978-3-96910-306-7
ePub978-3-96910-307-4
mobi978-3-96910-308-1
1. Auflage 2021
Translation Copyright für die deutschsprachige Ausgabe © 2021
dpunkt.verlag GmbH
Wieblinger Weg 17 · 69123 Heidelberg
Copyright der niederländischen Originalausgabe © 2020 by Uitgeverij Birdpix/Nederpix (PixFactory)
Copyright für die Fotos: Fotografen wie angegeben
Titel der Originalausgabe: Woodscapes: handboek spectaculaire bosfotografie
PiXFACTORY, Watergoorweg 104, 3861 MA Nijkerk
ISBN: 978-90-79588-27-5
Hinweis:
Der Umwelt zuliebe verzichten wir auf die Einschweißfolie.
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Fall Tango | Ellen Borggreve | 153 mm, 1/10 s, Blende 13, ISO 800, Polfilter | Dieses Foto wurde im Speulderbos an einem verträumt nebligen Wintermorgen aufgenommen. Als die Sonne durch den Wald drang, entstand eine magische Atmosphäre. Das Foto veranschaulicht treffend die Vergänglichkeit der Natur, denn die dargestellte Szene gibt es in dieser Form nicht mehr. Der stille und friedliche Wald ist ein Ort stetigen Wandels und zeigt je nach Jahreszeit ein anderes Gesicht.
Monstrous Growth | Daniël Laan | Focus-Stack aus 6 Aufnahmen bei 15 mm, 0,8 s, Blende 14, ISO 100
Wälder sind die vielleicht schönsten Motive der Landschaftsfotografie. Unabhängig davon, dass es in Belgien und den Niederlanden viele wunderschöne Waldgebiete gibt, sind Wälder zudem die einzigen Landschaften, die vollständig von lebenden Wesen geformt werden. Wir vergessen manchmal, dass Bäume leben. In unseren Augen sind sie statische Objekte. Unser Leben ist zu kurz, um das Wachstum eines Baumes wirklich würdigen zu können. Als Fotografen gehen wir damit etwas anders um. Wir versuchen, Bäume und Wälder so eindrucksvoll wie möglich ins Bild zu setzen. Dabei wollen wir nicht nur die Seele des Waldes einfangen, sondern auch unsere eigene, denn ohne den Künstler gibt es keine Kunst.
Dieses Buch führt den Gedanken fort, dass Sie als Fotograf kein Foto vom Wald, sondern mit dem Wald machen. Durch jede Ihrer bewussten Handlungen – vom Entwickeln einer Vision bis hin zum Fotografieren, vom Auswählen der Bilder bis zu deren Bearbeitung – werden Fotos einzigartig. Jedem dieser Schritte werden Sie im vorliegenden Buch über Waldfotografie wiederbegegnen. Vielleicht inspirieren Sie die Fotos auf den folgenden Seiten, diese vermeintlich statischen Objekte anders zu sehen. Doch zuallererst geht es um Sie: um Ihre Vision und Ihre Fotos. Denn das ist unsere Art zu arbeiten. Willkommen in unserer Welt, in der die Landschaft atmet.
Daniël & Ellen
1Die Vision
1.1Selbstausdruck versus Ablichten
Die Kamera als Werkzeug
Ihre eigene Impression
Die eigene Vision nutzen
1.2Katharsis: Was Fotografie für Sie bedeuten kann
Frustration
Wenn alles perfekt ist
Sich selbst ausdrücken
Was Fotografie für uns bedeutet
Kopieren
1.3Inspiration: Wofür begeistern Sie sich?
1.4Ein eigener Stil
Der Unterschied zwischen Vision und Stil
Die Reise
Popularität vs. Qualität
Beispiele für einen eigenen Stil
2Vorbereitung
2.1Wald- und Parzellentypen
Der Gutswald
Wälder mit natürlichem Aussehen
Laub- und Nadelwälder
Überraschende Plätze
2.2Einen Wald erkunden
Über Jahreszeit und Umstände hinausdenken
Potenzielle Kompositionen
Am Chaos vorbeidenken
2.3Bäume auf Satellitenbildern erkennen
Die Landschaft der Niederlande und Belgiens
2.4Monumentale Bäume
Monumentale Bäume – und nun?
Die Naheinstellgrenze
2.5Praktische Apps und Websites
2.6Die Wetterbedingungen
Bewölkung
Nebel
Regen
Sonnenstrahlen
Dämmerung
Exkurs: Absichtliches Schwenken der Kamera
Schnee und Eis
Wind
2.7Die Jahreszeiten
Blüten und junges Grün
Exkurs: Weißabgleich im grünen Wald
Die sommerliche Wildnis
Der Herbst und seine Gesichter
Exkurs: Der instabile Waldboden
Winterliche Silhouetten
2.8Der richtige Moment
3Fotografieren
3.1Die richtige Ausrüstung
Die verschiedenen Kameras
Was braucht man wirklich?
Objektive
Wichtiges Zubehör
3.2Auf der Suche nach einer Komposition
Der richtige Standort
Schlichtheit versus Chaos
Der Effekt von Licht auf eine Komposition
Die Bedeutung von Balance
Die Schönheit der Details
Die Elemente eines schönen Waldfotos (Linien und Formen)
3.3Das beste Format
Hochformat oder Querformat?
Ein anderes Bildformat
3.4Sehen statt suchen
Ein Spaziergang ohne Kamera
3.5Mit Fotos Geschichten erzählen
Eine Geschichte entsteht aus der Vision
3.6Kontrast
3.7Das Farbschema
Analoges Farbschema
Komplementäres Farbschema
Doppeltes Farbschema
Monochrom
Fazit
3.8Kameraeinstellungen: Faustregeln und Ausnahmen
Unbedingt Raw
Belichtung
Schärfe
Die Vorteile eines manuellen Weißabgleichs
3.9Arbeiten mit mehreren Aufnahmen vor Ort
Focus-Stacking
Panoramas aufnehmen
4Nachbearbeitung
4.1Analyse einer Raw-Datei
Schärfe
Ausrichten
Das Histogramm
Sensorflecken
Chromatische Aberration und Verzerrung
Rauschen
Farbstich
Kameraprofil
Farbraum
Kontrast
4.2Die Kunst der Nachbearbeitung
Wann ist es genug?
Ihre Vision verwirklichen
4.3Software, Plug-ins und Tools
Nachbearbeitung mit Adobe-Programmen
Luminanzmasken automatisieren
Nik Collection 3 by DxO
Topaz Labs
Skylums Luminar 3 und 4
Exportieren fürs Web: Nachschärfen und Format anpassen
4.4Arbeiten mit mehreren Aufnahmen in der Nachbearbeitung
Focus-Stacking
Panoramen zusammenfügen
4.5Vorbeugen und Bereinigen von Color Banding und Sensorflecken
4.6Verträumte Effekte
Überlaufendes Licht
Diffuses Licht
Funkelnde Glanzlichter
Samtige Töne
Schwarzweiß-Konvertierungen
5Fallbeispiel »Shelter«
5.1Planung und Reise
5.2Vorbereitung und Ausrüstung
Focus-Stacking vor Ort
5.3Raw-Vorbereitung
5.4Vorbereitung von Photoshop
5.5Focus-Stacking in Photoshop
Den Focus-Stack mit Ebenenmasken reparieren
Weitere Reparaturen am Focus-Stack
5.6Die eigentliche Nachbearbeitung
Kreatives Verformen
Luminanzmasken
Teiltonung
Farbig abwedeln (Color Dodging)
Abwedler-Werkzeug
5.7Lichteffekte
Der Orton-Effekt
Diffuses Licht
Überlaufendes Licht
Funkelnde Glanzlichter
Der letzte Schliff
5.8Nachschärfen
5.9Ihre Arbeit speichern
Exportieren für Web und soziale Medien
Index
Sanctum | Daniël Laan | Focus-Stack aus 8 Aufnahmen bei 14 mm, 0,6 s, Blende 7,1, ISO 100 | Täuschung oder kreativer Selbstausdruck? Solange Sie als Fotograf tun, was Sie mögen, brauchen Sie sich über die Meinung anderer über Ihre Arbeit keine Gedanken zu machen.
Fotografie war seit jeher ein wenig das Stiefkind der Kunstwelt. Sie wurde – und wird manchmal noch heute – als ein rein dokumentarisches Medium angesehen, bei dem der Fotograf lediglich das Vorhandene festhält. So bleibt wenig Raum für individuelle Interpretation: Das Foto darf nichts als die Wahrheit wiedergeben. Manipulation wird schnell als Täuschung angesehen. Im Journalismus ist es natürlich wichtig, dass Fotos ein objektives und wahrheitsgetreues Bild wiedergeben. Aber nur weil man mit der Ausrüstung eines Fotografen etwas dokumentieren kann, das als die Wahrheit angesehen wird, sollte man sich nicht davon abhalten lassen, die Kamera auch anderweitig zu nutzen.
Fotografie kennt neben der rein dokumentarischen auch noch eine andere Seite. Als Form des Selbstausdrucks, als Kunst, wenn auch noch nicht vollends akzeptiert. Aus welchem Grund sollte man lediglich natürliche Bilder machen? Die Kunst ist frei, sodass jeder mit seiner Kamera und in der Nachbearbeitung erschaffen darf, was er will. Zwar ist die Kamera unser Werkzeug, doch sie sollte uns nicht einengen. Wie für den Maler der Pinsel nur eine untergeordnete Rolle spielt, gilt das auch für den Fotografen bezüglich der Kamera. Auch wenn diese selbst viel Aufmerksamkeit erfährt – ihre Marke und ihre Megapixel –, so ist sie doch lediglich ein Werkzeug, mit dem der Fotograf seine Vision verwirklicht.
Eine Aufnahme beginnt beim Fotografen. Die Fotos, die eine Person macht, werden bestimmt durch ihre Art, die Welt zu sehen, und durch die Erfahrungen, die ihre Vision geprägt haben. All unsere Vorlieben, Erfahrungen, Charakterzüge, aber auch die Dinge, die wir nicht mögen, beeinflussen unser Bild. Jeder von uns reagiert ganz individuell auf Dinge, die im Prinzip neutral sind. Zeigt man zehn Menschen ein Bild von einem dunklen Wald, erhält man zehn verschiedene Reaktionen – von unheimlich und gruselig bis still und mystisch. Es ist derselbe Wald und dasselbe Foto. Die Szene war neutral: einfach eine Gruppe Bäume im Nebel. Und doch unterscheiden sich die Assoziationen gewaltig.
All of Us | Ellen Borggreve | 102 mm, 0,3 s, Blende 13, ISO 100 | Diese zwei Bilder mit völlig identischer Komposition zeigen, wie sehr die kleinsten Entscheidungen die Wirkung eines Bildes beeinflussen können (das obere Foto ist unterbelichtet mit einem sehr kalten Weißabgleich von 4000 K, das andere wurde neutral belichtet mit einem Weißabgleich von 6200 K).
Fotografie als Kunst ist somit eine Form des Selbstausdrucks, bei der sich der Fotograf seiner eigenen Assoziationen und Vorlieben bewusst ist. Sie ist, ebenso wie das Malen, ein Weg, sein innerstes Selbst zum Ausdruck zu bringen – ganz ohne den Einsatz von Worten. Als Fotograf erzählen Sie Ihre Geschichte, indem Sie eine Vision in ein Bild verwandeln.
Möglicherweise fällt es Ihnen am Anfang schwer, herauszufinden, was genau Sie fotografieren wollen. Ich möchte Ihnen gern mit ein paar Fragen dabei helfen. Weshalb nehmen Sie eigentlich die Kamera zur Hand? Was fällt Ihnen im Bild auf? Wie können Sie erreichen, dass das Bild Ihr Gefühl für die Szene wiedergibt?
Ice Oak | Ellen Borggreve | 146 mm, 1/10 s, Blende 13, ISO 100 | Diese Eiche sah einfarbig, verzaubert und beinahe wie eine Skizze aus, als ich ihr an einem sehr kalten, nebligen Tag begegnete. Der Reif auf den Ästen war getaut und dann wieder gefroren, sodass jeder Ast von Eis bedeckt war. Mehr Farbe hätte der Stimmung, die ich mit dem Foto heraufbeschwören wollte, entgegengewirkt.
Sleepy Hollow | Daniël Laan | Focus-Stack aus 5 Aufnahmen bei 90 mm, 5 s, Blende 11, ISO 100 | Ein Weg in unmittelbarer Nachbarschaft, den ich von klein auf kenne. Doch noch nie hatte ich ihn unter solchen Bedingungen gesehen. Ich verwendete ein Teleobjektiv und einen kühlen Weißabgleich, um mein momentanes Gefühl zu beschreiben und sowohl die Enge als auch die Stimmung der Blauen Stunde zu unterstreichen.
Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einer bizarren Eiche. Nun könnten Sie sich die Frage stellen, welches Wort Ihnen als Erstes in den Sinn kommt. Dieses Wort sagt viel darüber, wie Sie das Foto gestalten möchten. Beispielsweise könnte Ihnen »unheimlich«, »majestätisch« oder »märchenhaft« durch den Kopf schießen. Das entsprechende Wort gilt es nun in der Komposition herauszuarbeiten. Wenn Ihnen ein Baum »majestätisch« erscheint, bietet es sich an, einen tiefen Standpunkt zu wählen, sodass der Baum groß wirkt. Und um seine Größe gegenüber den anderen Bäumen noch weiter zu unterstreichen, entscheiden Sie sich zum Beispiel für ein Weitwinkelobjektiv, das die Perspektive verzerrt. War Ihre erste Assoziation »gruselig«, dann liegt es nahe, ein weniger farbenfrohes Bild aufzunehmen und den Baum beispielsweise als Silhouette im Nebel an einem düsteren Wintertag zu fotografieren. Dachten Sie jedoch an »märchenhaft«, so sollten Sie sich für etwas mehr Farbe entscheiden. Finden Sie heraus, weshalb Sie eine bestimmte Assoziation haben, und beuten Sie diese Erkenntnis für Ihre Komposition aus.
Was haben wir doch für ein schönes Hobby: immer zur besten Tageszeit draußen, um schöne Bilder zu kreieren. Zumindest vermittelt die Landschaftsfotografie von außen betrachtet diesen Eindruck. In Wirklichkeit bedeutet draußen zu fotografieren harte Arbeit, denn in 90 % der Fälle kommt man ohne ein Foto nach Hause, das den eigenen Auswahlkriterien genügt. Sintflutartiger Regen, dichter Nebel und Starkwind können nicht nur das Fotografieren herausfordernd machen, sondern auch dazu führen, dass Sie manchmal völlig am Ende sind. Das aber ist überhaupt nicht tragisch.
Vielleicht haben Sie auch schon einmal das schönste Licht knapp verpasst. Sie kommen spät zu einer Location, das Stativ klemmt wieder einmal und irgendwie fällt Ihnen gerade nicht ein, wie Ihre Kamera genau funktioniert. Frustration kommt auf und Sie fallen aus dem Flow. Dann beginnt es noch zu tröpfeln und Sie haben keine Regensachen dabei. Schon ist Ihnen die Lust am Fotografieren vergangen. Sie kennen sicher solche Momente, doch kein Außenstehender würde erwarten, dass sie beim Fotografieren so häufig auftreten.
Einmal alle Jubeljahre passiert es: Alles ist perfekt. Die Stimmung im Wald passt, der Nebel bleibt hängen, Sonnenstrahlen durchdringen das Blätterdach und der Wald präsentiert sich in schönsten Herbstfarben. Man muss sich richtig anstrengen, um jetzt schlechte Fotos zu machen! Kennen Sie das Gefühl, den Wald voller Begeisterung mit einer Speicherkarte voller Top-Fotos verlassen? Wenn Sie sich so fühlen, kann man das oft auch in Ihren Fotos erkennen. Sie verströmen positive Energie, ganz gleich, ob die Technik perfekt war. Doch Tage später, wenn Sie sich die Bilder erneut anschauen, ist diese Begeisterung verflogen. Die Bilder sehen vielleicht etwas blass aus, manche sind unscharf und der Horizont ist auch nicht immer gerade. Heute sind Sie Ihr eigener unerbittlicher Kritiker. Am besten, Sie hören jetzt auf, sich die Bilder weiter anzuschauen. Bei so viel Kritik an der eigenen Arbeit kann es passieren, dass Sie den größten Teil Ihrer Bilder löschen.
Oak Frame | Ellen Borggreve | 70 mm, 1,3 s, Blende 13, ISO 100 | Eichen sind wegen ihrer bizarren Äste meine Lieblingsbäume. Diese Szene fasst zusammen, weshalb ich Wälder fotografiere: In ihr findet sich die innere Stille und Verzauberung, die ich suche.
Tun Sie das auf gar keinen Fall! Legen Sie die Fotos noch einmal zur Seite. Lassen Sie die Bilder ruhen. Am besten holen Sie die Fotos von diesem Morgen im Wald erst dann wieder hervor, wenn Sie dasselbe fühlen wie damals dort draußen. Das fällt vor allem Einsteigern schwer. Zudem klingt es reichlich nebulös, denn woher sollen Sie wissen, wie Sie sich gefühlt haben, als Sie das Bild aufnahmen? Wenn Sie Musik mögen, gibt es einen Trick. Hören Sie doch einmal in sich hinein, welche Melodien Ihnen durch den Kopf gehen, während Sie durch den Wald laufen. Wenn das nicht funktioniert, können Sie auch leise Musik hören (natürlich mit Ohr- oder Kopfhörern). Und wenn Sie dann zum Betrachten der Bilder diese Musik erneut einlegen, werden Sie in jene Stimmung versetzt, die Sie während der Wanderung gespürt haben. Auf diese Weise können Sie Ihre Bilder mitunter monatelang ruhen lassen und haben dennoch das Gefühl, als hätten Sie sie erst gestern aufgenommen. Das ist ideal für die Nachbearbeitung!
Künstlerische Fotografie ist eine Form, sich selbst auszudrücken. Unsere Fotos sind nur zur Hälfte Abbild der Außenwelt, die andere Hälfte zeigt eine Welt tief in unserem Inneren. Fotografie kann einfach ein schönes Hobby bleiben, sie kann aber auch sehr viel mehr werden. Vor allem die Wald- und Landschaftsfotografie bietet immer wieder Raum, sich eine kleine Auszeit zu nehmen, zur Ruhe zu kommen und den Alltagssorgen für einen Augenblick zu entfliehen.
Doch allzu oft fühlt sich Fotografieren nicht so an, denn Ihr Kopf ist eigentlich mit etwas anderem beschäftigt, das volle Aufmerksamkeit erfordert. Was kann man in einem solchen Fall tun? Lassen Sie es zu! Das Leben besteht nicht nur aus Sonnenschein. Es ist in Ordnung, wenn Sie sich gehetzt, traurig oder kaputt fühlen. Die alten Griechen nutzten das Schauspiel als Ventil für negative Gedanken. Beim Spiel konnten sie den Gefühlen einen Platz zuweisen, wodurch emotionaler Raum entstand. Das nennt man Katharsis. Fotografieren kann in Ihrem Leben eine vergleichbare Funktion übernehmen. Fragen Sie sich doch einmal: Warum fotografieren Sie? Weshalb kehren Sie wieder und wieder, bepackt wie ein Lastesel, an dieselbe Stelle zurück, obwohl Sie tief in Ihrem Inneren wissen, dass es das perfekte Bild nicht gibt?
Ein Foto besteht aus Recherche, aus Komposition und Technik, und auch aus Nachbearbeitung. Und bei alledem bleiben wir immer nah bei uns selbst. Was ist für Sie ein interessantes oder schönes Fotomotiv? Warum? Wie wollen Sie es fotografieren? Warum genau so? Und wie wollen Sie das Foto nachbearbeiten, um Ihr Gefühl darin stärker zum Ausdruck zu bringen? Wenn Sie sich diese Warum-Fragen immer wieder stellen, wird sich Ihre eigene Vision stetig weiter herausbilden. Und aus dieser Vision erwächst ein visueller Stil.
Daniël: Mein visueller Stil ist durchweg dunkel und mystisch, weil für mich die Fotografie ein Ventil für meine negativen Gedanken darstellt. Sobald ich im Wald mein Stativ aufgebaut habe, tauche ich in eine Fantasiewelt voller düsterer Figuren und eines immerwährenden Kampfs zwischen Gut und Böse ein. Ich lege dann immer ein Stück von mir mit in das Bild hinein. So fühle ich mich nach dem Fotografieren besser als zuvor – vor allem, wenn alles klappt.
Ellen: Meine Fotografie dreht sich immer um meine Suche nach innerer Stille und die magische Seite der Realität. Von klein auf war die Kamera für mich der Weg, um meinen Sorgen zu entfliehen und mich daran zu erinnern, dass dieser Planet bezaubernd schön ist. Wann immer ich die Kamera zur Hand nehme, verschwindet die Welt um mich her und mich überkommt eine Beseeltheit, die ich so bei nichts anderem erlebe. Meine Fotos sind Ausdruck dieser Suche, sind der rote Faden in meinem Leben. Sobald ich im Wald bin, suche ich eigentlich nach diesem Moment voller Zauber. Ich spüre es sofort, wenn ich ihn gefunden habe. In diesem Augenblick wird meine innere Erlebniswelt eins mit dem, was ich im Wald sehe. Das ist es, wofür sich all die Mühe lohnt.
Dank der prominenten Rolle der sozialen Medien in der heutigen Fotografie ist es deutlich einfacher geworden, eine Top-Location auszuwählen. Man schaut aufs Datum oder die Ortsangaben eines fremden Fotos, und schon kann man losziehen. Auch der Wissenstransfer ist durch das Internet viel einfacher geworden. Schauen Sie sich nur einmal an, wie viele Online-Tutorials über Landschaftsfotografie es allein auf YouTube gibt. Durch diese Verbreitung von Wissen und Können ist die Anzahl von Fotografen explosionsartig gewachsen. Plötzlich kann jeder lernen, wie man schöne Fotos macht. Doch dahinter verbirgt sich eine Falle, in die viele Anfänger zu tappen drohen: Sobald man jemandes Fan ist, werden die eigenen Fotos höchstwahrscheinlich denen des Idols ähneln.
Sie können versuchen, ein Foto oder einen Fotografen bestmöglich nachzuahmen. Weil aber Fotografie mehr bedeutet, als nur auf einen Knopf zu drücken, werden Sie das Foto eines anderen nie perfekt kopieren können. Wir wollen Sie nicht entmutigen. Im Gegenteil! Wir wollen Sie regelrecht ermuntern, einzigartige Bilder zu machen! Schließlich geht es um Ihr Gefühl und Ihre Vision. Wie wollen Sie den Wald präsentieren? Zeigen Sie uns eine Welt, die wir noch nicht kennen. Je mehr Diversität, desto besser.
Fotografieren heißt, etwas zu tun. Es geht um die Reise; das »Endergebnis« ist »lediglich« eine hübsche Zugabe. Sobald Ihnen bewusst wird, dass nicht die Kamera das Foto aufnimmt, sondern Sie, werden Sie erkennen, dass Fotografie viel mehr für Sie sein kann, als sie je zu träumen gewagt haben.
Woraus schöpfen Sie Ihre Inspiration? Aus Fotos? Aus Filmen? Aus den Arbeiten anderer Fotografen? Manchmal ist man von einem Bild so beeindruckt, dass man Lust bekommt, auch einmal so etwas zu machen. Hier verraten wir Ihnen unsere wichtigsten Inspirationsquellen.
Daniël: Ein Foto zu machen ist für mich lediglich ein Teil der Kunstform, die sich Fotografie nennt. Fotografie ist mehr als das. Das Entdecken verrückter Foto-Locations, die Nachbearbeitung, bei der ich mich völlig ausleben kann – all das zusammen macht Fotografie zu einer Form von Selbstausdruck, die perfekt zu mir passt.
Ganz am Anfang ließ ich mich von den Fotos anderer inspirieren. Meine frühen Arbeiten glichen deshalb sowohl in Komposition und Ausschnitt als auch in der Art ihrer Nachbearbeitung Bildern von Fotografen, die mich faszinierten. Mit Erscheinen des Filmepos »Der Herr der Ringe« eröffnete sich mir eine neue Inspirationsquelle. Ich weiß nicht, wie oft ich die drei Filme gesehen habe. Beim zwanzigsten Mal habe ich aufgehört zu zählen. Ich habe mir die Filme nicht nur deshalb so oft angesehen, weil mich die Abenteuer so sehr begeisterten, sondern vor allem wegen der Art und Weise, wie sie ins Bild gesetzt sind, wie jede Szene über bestimmte Farben und Kompositionen Gefühle auszulösen vermag. Der Kameramann Andrew Lesnie beherrschte das meisterhaft. Er gewann mit »Der Herr der Ringe: Die Gefährten« einen Oscar für die beste Kameraarbeit. Seine Arbeiten zeigen, wie eine dunkle, bläulich getönte Szene eine beklemmende Stimmung hervorrufen kann, die unsere tiefsten Ängste anspricht, während eine warme Röte mit viel weichem Licht entgegengesetzte Gefühle weckt.
Dem begegnet man auch in der Malerei und in digitalen Zeichnungen. Eine große Inspirationsquelle sind für mich die Bilder auf den Karten des Sammelkartenspiels »Magic: The Gathering«. Das Kartenspiel gibt es nun schon seit Jahrzehnten und noch immer erscheinen neue Karten zu unterschiedlichsten Themen. Es wird Sie vielleicht nicht überraschen, dass mich die düstersten Themen am stärksten ansprechen. Auf den Spielkarten werden, wie in den Filmaufnahmen von »Der Herr der Ringe«, Farben ganz gezielt eingesetzt. Manchmal wird eine solche Karte von einem frischen Grünton dominiert, der Lebendigkeit ausdrücken kann. Eine aktuellere Inspirationsquelle ist der Science-Fiction-Film »Prometheus«, in dem auffallend selten leuchtende Farben zu sehen sind und sich ein eisig blaugrüner Farbton von den dunklen Schatten abhebt.
Wenn ich von einem Bild beeindruckt bin, sehe ich mir sehr genau an, welche visuellen Effekte dafür sorgen, dass ich so empfinde. Auch Sie sollten versuchen, Bilder, die Sie ansprechen, zu analysieren. Ob es sich nun um ein Foto, einen Film, ein Gemälde oder eine Zeichnung handelt – das Bild eines anderen kann Sie inspirieren. Spüren Sie den Emotionen nach, die solch ein Bild weckt, und finden Sie heraus, was das Bild ausmacht. Solange Sie darin nicht geübt sind, kann es ziemlich anstrengend sein, visuelle Bildelemente in Worte zu fassen. Aus diesem Grund gehen wir in einem folgenden Kapitel genauer auf die Sprache eines Bildes ein.
Nepenthe | Daniël Laan | Focus-Stack aus 5 Aufnahmen bei 90 mm, 1/60 s, Blende 9, ISO 100 | Ich realisierte, dass ich mit hängendem Kopf herumlief. Ich war in Gedanken ganz woanders. Plötzlich fiel mir auf, wie schön der Reif doch zwischen all den welken und chaotischen Blättern aussah.
Domain | Daniël Laan | 14 mm, 0,5 s, Blende 14, ISO 100
Into the Pit | Daniël Laan | 23 mm, 1,3 s, Blende 18, ISO 100
Hier ein Beispiel für die große Bandbreite an Gefühlen, die ein Bild wecken kann: Düsternis und Chaos auf der einen Seite, Wärme und räumliche Ordnung auf der anderen. Der größte Unterschied besteht im gewählten Motiv. Es ist also nicht immer nur eine Frage des Weißabgleichs oder wie Sie das Bild nachbearbeiten.
Rocky Road | Ellen Borggreve | 55 mm, 0,8 s, Blende 11, ISO 100 | Dieses Foto zeigt deutlich, wie sehr mich die klassischen Landschaftsmaler beeinflusst haben. Die Farben dieser Gemälde finden sich oft auch in meinen Bildern wieder.
Land of Dreams | Ellen Borggreve | 166 mm, 0,8 s, Blende 14, ISO 100 | Die Geschichte einer kleinen Szene finde ich weitaus interessanter als das große Ganze. Hier hilft mir der Nebel, Farben zu simulieren, wie man sie in alten Bilderbüchern findet.
Ellen: Mein Leben begann gleichsam im Wald. Als Kind habe ich mich zwischen den Bäumen, hinter denen sich wer weiß was verstecken konnte, oft unsicher gefühlt. Dennoch führte mich meine lebenslange Suche nach den magischsten Seiten der Realität zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder in den Wald zurück.
Schon mein ganzes Leben bin ich von all den Wundern fasziniert, die auf dieser Welt zu finden sind: Mineralien, Fossilien, Pilze, Vulkane, Berge und – ja, auch Bäume. Allzu oft haben wir ein Bild von der Wirklichkeit, wie es uns die Nachrichten täglich vermitteln. Mich hat immer die andere, die weniger flüchtige und viel schönere Seite der Realität fasziniert. Noch heute ist das für mich der wichtigste Beweggrund zu fotografieren. Es geht nicht darum, ein Foto zu machen, sondern eine Verbindung zu den ewigen und magischen Dingen auf diesem Planeten herzustellen. Deshalb suche ich nach unberührten Orten, was in unserem Land recht schwierig, aber nicht unmöglich ist.
Mag sein, dass wir Niederländer schnurgerade Alleen und Wassergräben lieben. Mich hingegen erfreut am meisten der Eigensinn der Natur, der die Herrschaft des Menschen stillschweigend ignoriert. Ein Baum, der außerhalb der Reihe wächst, macht mich viel glücklicher als all die anderen, die sich an unsere Regeln gehalten haben und ordentlich gerade stehen. Die abweichenden Elemente in einem Wald sind für mich immer die interessantesten. Sie werden häufig zum Ausgangspunkt meiner Fotos.
Inspiration funktioniert für jeden anders. Während manche Menschen Musik und Leben um sich haben müssen, brauche ich als introvertierter Mensch Ruhe und Stille. In unruhigen Zeiten will sich die Verbindung zu meiner Inspiration nicht einstellen. Inspiration ist schwer zu fassen und flüchtig. Sobald sie sich zeigt, muss ich ihr folgen, denn am nächsten Tag kann die mit ihr verbundene Begeisterung schon wieder verflogen sein.
Ich schöpfe meine Inspiration nicht aus den Arbeiten anderer (Wald-)Fotografen, sondern zum Beispiel aus Gemälden der romantischen Zeit. Die Arbeiten von Albert Bierstadt, William Turner, John Constable, Johan Christian Dahl, Caspar David Friedrich und Barend Cornelis Koekkoek können mich tief berühren. Daneben hole ich mir gern Inspiration bei Fotografen anderer Disziplinen, zum Beispiel aus der Fine-Art-Porträtfotografie.
Ich vertiefe mich in die Arbeiten von Malern, die ich bewundere, belese mich zu ihren Beweggründen und analysiere immer wieder die Bilder, die mich am stärksten berühren. Erst wenn ich weiß, was genau mich an ihnen so anspricht, kann ich die Inspiration auch in etwas Greifbares verwandeln.
Zudem habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, jedes Jahr mehrere Weiterbildungen in anderen Kunstformen zu belegen, um aus unterschiedlichen Perspektiven auf meine Fotografie blicken zu können. Inspiration gehört mit zum Wichtigsten in meinem Leben. Ich fühle mich leer, wenn ich ohne Inspiration bin. Fotografieren ist dann anstrengend und basiert eher auf Willensstärke als auf Begeisterung. Begeisterung ist für mich lebenswichtig.
Aus meiner Erfahrung als Designerin von Stofftieren weiß ich, welche Linien eine bestimmte Assoziation wachrufen und wie ich mit etwas, das keine Worte kennt, eine Geschichte erzählen kann. Geschichten allein mit Bildern zu erzählen, ist mir sehr wichtig und ein beständiger Quell meiner Inspiration. So wird es kaum jemanden überraschen, dass meine größte Inspirationsquelle alte Bilderbücher sind, in denen es den Illustratoren gelungen ist, mit einem einzigen Bild eine ganze Geschichte zu erzählen. Das ist die Essenz meiner Fotografie: ohne Worte eine Geschichte erzählen.
Heutzutage, da es einfacher ist denn je, technisch perfekte Bilder aufzunehmen, und wir durch die sozialen Medien täglich mit Fotos bekannter Hotspots in fabelhaftem Licht förmlich überschwemmt werden, ist es wichtiger denn je, dass wir in unseren Bildern eine eigene Vision verwirklichen. Je häufiger ich mehr von demselben sehe, desto mehr neige ich dazu, in meine eigene Arbeit noch mehr Individualität einfließen zu lassen. Kreieren bedeutet schließlich, etwas Neues zu erschaffen, denn sonst wird es lediglich eine Nachbildung oder – im schlimmsten Fall – eine Kopie. Fotografiert man mit dem Ziel, eine eigene Vision zu verwirklichen, erfordert das zwar Hingabe, muss jedoch nicht in eine krampfhafte Suche nach einem eigenen Stil ausarten.
Vision und Stil werden häufig synonym benutzt, doch es gibt einen Unterschied zwischen beiden. Eine Vision beruht auf der ganz spezifischen Sicht jedes einzelnen Individuums auf die Welt selbst und alles in ihr: Sie ist eine persönliche Interpretation und Absichtserklärung. Sie ist die Übersetzung der Wirklichkeit in die individuelle Wahrnehmung des Fotografen, der sich dann entscheidet, diese Wirklichkeit auf eine bestimmte Weise aufzunehmen. Diese Art und Weise, wie etwas aufgenommen wird, fällt dann unter persönlichen Stil. Daran erkennt man, dass die Fotos zum Werk eines bestimmten Fotografen gehören. Und das wiederum resultiert daraus, wie etwas, das als Vision entstanden ist, zum Ausdruck gebracht wird.
Eine eigene Vision ist einzigartig. Aufgrund all Ihrer Vorlieben, Erfahrungen, Prinzipien und der Dinge, die Sie durch Ihre Erziehung mit auf den Weg bekommen haben, schauen Sie in einer ganz eigenen Weise auf die Dinge. Es erfordert Mut, in Ihren Fotos zum Ausdruck zu bringen, was Sie so einzigartig macht.
Ein eigener Stil entwickelt sich von selbst, wenn Sie erst einmal wissen, welche Geschichte Sie erzählen wollen, wo Ihre Leidenschaft liegt und was Ihre Vision ist. Ein Stil äußert sich in der Art Ihrer Komposition, in der Platzierung der verschiedenen Elemente, vielleicht sogar in Ihrer Ausrüstung – und am Ende in den Entscheidungen, die Sie bei der Nachbearbeitung treffen.
In der Fotografie, ob Hobby oder Beruf, sollte eher die Reise im Vordergrund stehen als der Zielort. Falls Sie dennoch ein Ziel vor Augen benötigen, dann könnte es beispielsweise darin bestehen zu lernen, den Betrachter mit Ihren Bildern wirklich zu erreichen. Es lässt sich mit einem Bild eine wundervolle Geschichte erzählen, doch wenn die Ihr Publikum nicht berührt, wird dieses Foto nie wirklich ankommen. Den Betrachter zu erreichen, beginnt mit Ihrer Vision und zieht sich durch alles bis zur endgültigen Präsentation.