Praxishandbuch Vertrieb - Julia Steiner - E-Book

Praxishandbuch Vertrieb E-Book

Julia Steiner

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  • Herausgeber: UVK
  • Kategorie: Fachliteratur
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Unternehmen sind bestrebt, qualitativ hochwertige Produkte oder besonders kundenorientierte Dienstleistungen anzubieten, um sich erfolgreich auf dem Markt zu platzieren. Doch der ganze Aufwand ist umsonst, wenn diese Produkte nicht den Weg zum Kunden finden. Das Handbuch beleuchtet alle zentralen und praxisrelevanten Vertriebsthemen und erläutert diese anhand von Fallstudien mit Lösungsskizzen verständlich und einprägsam. Basierend auf ihrer vielseitigen Erfahrung gibt die Autorin Antworten auf grundlegende Vertriebsfragen: Was bedeutet Vertriebsmanagement in der Konsumgüterindustrie? Wie ist der Vertrieb strukturiert? Welches Wissen wird in den einzelnen Vertriebsbereichen benötigt? Welche Karrierechancen bietet der Vertrieb? Und warum sind die vorherrschenden Vorurteile nicht mehr zeitgemäß? Ein Standardwerk für Studierende, Praktiker und Quereinsteiger, die einen schnellen Einstieg in das Thema Vertrieb suchen.

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Inhaltsübersicht

Vorwort

1 Vertriebsgrundlagen

2 Lebensmitteleinzelhandel Deutschland

3 Hersteller-Händler-Beziehung

4 Trade Marketing

5 Category Management

6 Außendienst und Key Account Management

7 Preismanagement

8 Promotionmanagement

Anhang

Glossar

Abkürzungen

Literatur

Abbildungen und Tabellen

Index

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Vertriebsgrundlagen

1.1 Bedeutung des Vertriebs

1.2 Verkaufsdefinition

1.3 Vertriebskanäle

1.4 Verkaufsform

1.5 Vertriebsorganisation

1.6 Aufgaben im Vertrieb: Sales Pyramide

1.7 Schnittstellen im Vertrieb: Sales Circle

1.8 Honorierungssysteme im Vertrieb

2 Lebensmitteleinzelhandel Deutschland

2.1 Handelsstruktur

2.2 Handelskonzentration

2.3 Discount

2.3.1 Entwicklung

2.3.2 Käuferverhalten

2.3.3 Erfolgsfaktoren

2.3.4 Ausblick

2.4 Handelsmarken

2.4.1 Definition

2.4.2 Markenpolitische Optionen der Handelsmarkenpolitik

2.4.3 Bedeutungswandel im Konsumgüterbereich

3 Hersteller-Händler-Beziehung

3.1 Grundlegende Zielkonflikte

3.2 Entwicklung der Hersteller-Händler-Beziehung

3.3 Gatekeeper-Funktion des Handels

3.4 Kooperationsansätze in der Hersteller-Händler-Beziehung

4 Trade Marketing

4.1 Marketing-Ansätze des Herstellers

4.2 Marketing-Vertrieb-Beziehung

4.3 Verantwortung für die Marketing-Mix-Instrumente

4.4 Aufgaben im Trade Marketing

4.4.1 Verkaufsunterlagen

4.4.2 Verkaufsförderungsaktionen

4.4.3 Begleitende Maßnahmen

4.4.4 Schnittstellenfunktion

4.5 Kennzahlen

4.6 Ergänzende Fallstudie Trade Marketing:

4.7 Ergebnis: Fallstudie Trade Marketing

5 Category Management

5.1 Einleitungskommentar: Dreisatz im Supermarkt – wenn die Wahl zur Qual wird

5.2 Definition und Entwicklung

5.3 Grundprinzipien

5.4 Nutzen

5.5 Acht-Schritte-Prozess

5.5.1 Einführung

5.5.2 Überblick über den Acht-Schritte-Prozess

5.5.3 Kategorie-Tatik: Sortiment

5.5.4 Kategorie-Taktik: Platzierung

5.6 Ergänzende Fallstudie Category Management:

5.7 Ergebnis: Fallstudie Category Management

6 Außendienst und Key Account Management

6.1 Definition Außendienstverkauf

6.2 Hauptaufgaben

6.2.1 Besuchsvorbereitung

6.2.2 Situationsanalyse

6.2.3 Verkaufsgespräch

6.2.4 Unterstützende Tätigkeiten

6.2.5 Berichterstattung

6.3 Nutzen

6.4 Entwicklung vom klassischen Verkauf zum Key Account Management

6.5 Hauptaufgaben und Kernkompetenzen

6.5.1 Hauptaufgaben

6.5.2 Kernkompetenzen

6.6 Auswahl der Schlüsselkunden

6.7 Integration des Key Account Managements in Unternehmen

6.8 Ergänzende Fallstudie Außendienst und Key Account Management:

6.9 Ergebnis: Fallstudie Außendienst und Key Account Management

7 Preismanagement

7.1 Bedeutung des Preises

7.2 Preisbildung

7.2.1 Externe und interne Einflussfaktoren

7.2.2 Preisstrategien

7.3 Vertikale Preisfestlegung

7.4 Preispromotions

7.4.1 Einführung Preispromotions

7.4.2 Kommentar: Preispromotions sind Gottes Weg, dir zu sagen, dass du zu viel Geld hast!?

7.5 Ergänzende Fallstudie Preismanagement:

7.6 Ergebnis: Fallstudie Preismanagement

8 Promotionmanagement

8.1 Grundlagen

8.1.1 Definition

8.1.2 Ebenen der Verkaufsförderung

8.2 Instrumente der Verkaufsförderung

8.3 Verkaufsförderungskonzept

8.3.1 Analyse

8.3.2 Planung

8.3.3 Durchführung

8.3.4 Kontrolle

8.4 Ausblick: Tailormade Promotion

8.5 Ergänzende Fallstudie Promotionmanagement:

8.6 Ergebnis: Fallstudie Promotionmanagement

Anhang

Glossar

Abkürzungen

Literatur

Abbildungen und Tabellen

Index

Vorwort

Vertrieb – Klinkenputzen oder Karrierechance?

„Was haben Sie für ein Bild vor Augen, wenn Sie an den Vertrieb denken?“ Mit dieser Frage konfrontiere ich für gewöhnlich die Studenten, die meine Vorlesungsreihe Sales Management besuchen. Erstaunlich ist, dass jedes Jahr mehrheitlich die gleiche Reaktion zu beobachten ist: Fast alle haben gedanklich einen Staubsaugerverkäufer vor Augen, der von Haustüre zu Haustüre zieht und seine Haushaltsgeräte ahnungslosen Kunden aufschwatzt.

„Vertrieb – Igiittt, das will ich nicht!“

Das war auch meine erste Reaktion auf alles, was mit dem Bereich Sales zu tun hat. Mein Studium der internationalen Betriebswirtschaftslehre war vor allem auf die Schwerpunkte Marketing und Finanzen ausgerichtet – von Vertrieb keine Spur. In dem festen Glauben, es gäbe auch nur diese beiden Bereiche als mögliche Berufsfelder für BWL-Absolventen entschied ich mich für das Marketing und nahm einen Praktikumsplatz bei einem sehr begehrten, sicherlich weltweit bekannten Energydrink-Hersteller im Trade Marketing an. Wohl wissend, dass Trade Marketing wohl mit Marketing zu tun hat, startete ich hoch motiviert in meinen ersten Praktikumstag und Sie ahnen es, die Begeisterung hielt nicht einmal bis zur Mittagspause. Denn zu diesem Zeitpunkt stellte ich fest: Ich hatte gar keine Praktikumsstelle im Marketing angenommen, sondern im Vertrieb! Vertrieb?! Ich wusste zwar nicht, was sich dahinter verbirgt, aber mir war klar, es wird sicherlich furchtbar!

Aber das wurde es gar nicht. Den Beweis halten Sie gerade in Ihren Händen. Bis heute bin ich im Vertrieb tätig und zwar mit voller Begeisterung und Überzeugung. Ich bin wirklich – wenn auch nur zufällig – ein Vertriebs-Fan geworden. Leider gibt es noch nicht genug solcher Fans. Dies liegt zumeist daran, dass die Vermittlung von praxisrelevantem Grundlagenwissen im Vertrieb an deutschen Universitäten immer noch stiefmütterlich behandelt wird. Wie soll man den Vertrieb gar als Karrierechance erkennen, wenn man keine hinreichenden Informationen über dieses interessante – und glauben Sie mir, das ist es – Berufsfeld vermittelt bekommt?

Das Marketing steht ganz klar im Fokus vieler, während der Vertrieb vernachlässigt wird. Dabei ist das Marketing die Kehrseite des Vertriebs. Genau deshalb ist es essenziell, beides zu verstehen und anwenden können. Sie werden nie ein erfolgreicher Marketeer werden, wenn Sie den Vertrieb nicht verstehen und umgekehrt. Denn immerhin müssen die Produkte, die Sie entwickeln, erst an den Handel verkauft werden, bevor der Endkonsument auf diese zugreifen kann. Letztendlich werden Ihre Kunden zu Fans, wenn beide absatzgerichteten Funktionen, das Marketing als auch der Vertrieb, abgestimmt zusammenarbeiten.

Genau diese Fragestellung hat mich dazu veranlasst, sämtliches praxisrelevante Vertriebswissen, welches Sie benötigen, um sich einen komprimierten Überblick über den Vertrieb in der Konsumgüterindustrie zu verschaffen, in dem Ihnen vorliegenden Buch zusammenzufassen. Basierend auf meiner vielseitigen Vertriebserfahrung habe ich genau die Vertriebsschwerpunkte dargestellt, mit denen Sie bei Ihrem Studium und Berufseinstieg im Vertrieb konfrontiert werden. Neben der reinen Lektüre haben Sie anhand von praxisnahen Fallstudien zusätzlich die Möglichkeit, Ihr erlerntes Wissen zu erweitern. Für alle überzeugten Marketeers unter Ihnen dient das Buch als Wissensergänzung, um sicherzustellen, dass sich Ihre Marketingkonzepte stets einer nachhaltigen Umsetzung erfreuen.

Machen Sie Ihre Kunden zu Fans. Ich würde mich freuen, wenn auch Sie dabei zu einem Vertriebs-Fan werden.

Zuletzt sei noch gesagt, dass ich in diesem Buch der Einfachheit halber immer das Maskulinum verallgemeinernd für die Bezeichnung von Personengruppen verwende und natürlich explizit alle Frauen dabei einschließe.

Ihre Julia Levenig

1 Vertriebsgrundlagen

In diesem Kapitel werden Sie …

verstehen, warum das Image des Vertriebs als Klinkenputzen schon lange überholt ist,sich überlegen, welche Karrierechancen der Vertrieb für Sie bereithält,lernen, was der Unterschied zwischen Verkauf und Vertrieb ist,die verschiedenen Vertriebskanäle und Verkaufsformen anschauen,erfahren, wie eine Verkaufsorganisation strukturiert werden kann,sehen, welche Aufgaben die einzelnen Verkaufsabteilungen wahrzunehmen haben,die unterschiedlichen Honorierungssysteme mit ihren Vor- und Nachteilen betrachten.

Stichworte

Klinkenputzen Staubsaugerverkäufer Vertriebspolitik (in)direkter Vertrieb (im)materielle Honorierungssysteme Face-to-Face Voice-to-Voice Listung Distribution Schnittstellenfunktion

1.1 Bedeutung des Vertriebs

Der Unternehmenserfolg hängt im Wesentlichen von der Umsetzung im Markt unter Wettbewerbsbedingungen ab. Damit ist der Vertrieb zentral für den Unternehmenserfolg. „Ein Unternehmen kann über ein noch so gutes Angebot verfügen, der Absatzerfolg wird unbefriedigend sein, wenn der Verkauf versagt.“1 Die Bedeutung des Vertriebs für den Geschäftserfolg des Unternehmens rangiert dabei mit deutlichem Abstand vor den Bereichen Marketing sowie Forschung und Produktentwicklung. Vor allem in Krisenzeiten wird der Vertrieb als entscheidender Erfolgsfaktor gesehen.2

Trotz essenzieller Bedeutung existiert in der deutschsprachigen Literatur kein einheitliches Begriffsverständnis des Vertriebs. Meinungsverschiedenheiten bestehen nicht nur hinsichtlich der Zuordnung des Vertriebs in den Marketing-Mix, sondern auch bezüglich der Definition der Funktionen, die zum →Verkauf gehören.3 In der folgenden Abbildung sind die unterschiedlichen Lehrmeinungen zum Thema →Vertrieb aufgeführt.

Autoren ordnen den Vertrieb/Verkauf...… der Kommunikationspolitik zu… der Distributionspolitik zu… der Kommunikations-und der Distributionspolitik zu… einem eigenständigen Instrumentalbereich zuBruhnPepelsTietzVossbeinWeissZentesAhlertBackhausBeckerGodefroidLauer, GemlNieschlag, Dichtl, HörschgenOlbrichPothScharf, SchubertSpechtWesser-KrellAlbersKotlerMeffertBelz, ReinholdDehr, DonathGutenbergHillWinkelmann

Abb. 1: Lehrmeinungen zur Einordnung des Vertriebs in den Marketing-Mix4

Es wird deutlich, dass der Vertrieb unterschiedlichen Bereichen zugeordnet wird. Die wissenschaftliche Sichtweise konzentriert sich vor allem auf die Einordnung des Vertriebs als ein Instrument des Marketing-Mix.

Diese marketingzentrierte Vertriebsauffassung wird durch das Zitat „Der Verkauf ist die Spitze des Marketing“5 verdeutlicht, das den Verkauf als Grundfunktion des Vertriebs dem →Marketing unterordnet. Oftmals wird der Vertrieb als „Anhängsel der Kommunikationspolitik“6 bezeichnet und in Buchgliederungen erst nachgelagert zu Werbung und Verkaufsförderung behandelt. Zu erkennen ist auch, dass der Vertrieb mit dem Begriff der →Distribution gleichgesetzt oder in engen inhaltlichen Zusammenhang gebracht wird. Die Behandlung des Verkaufs als Unternehmensinstrument der Distribution reduziert die Vertriebsfunktion auf eine rein physische Verteilungsfrage, den Griff ins Regal. Dadurch wird eine nur nachgelagerte Aufgabe des Vertriebs in den Vordergrund gestellt.7

Winkelmann hingegen sieht den Vertrieb als eigenen Instrumentalbereich, der die Gestaltung des Vertriebssystems, der Verkaufspolitik, der Vertriebskanalpolitik8 sowie der Vertriebslogistik umfasst. Diese Einordnung ist wesentlich praxisorientierter und löst den verstaubten Distributionsbegriff, der auf den reinen Warenverteilungsgedanken reduziert ist, ab. Der Vertrieb wird als eigenständiger Organisationsbereich betrachtet und erhält somit auch aus institutioneller Sicht eine zentrale Bedeutung für den Unternehmenserfolg.9

Trotz Wandlung des Vertriebsansehens in den letzten Jahren wird der Vertrieb tendenziell noch immer mit einem negativen Klinkenputzen-Image assoziiert.10 Die Vorstellung, vom Kunden abfällig behandelt zu werden, im schlimmsten Fall sogar weggeschickt und als reiner Distributionsfaktor gesehen zu werden, ruft in vielen Hochschulabsolventen den Leitsatz „Igittigitt, verkaufen will ich nicht“11 oder „Klinkenputzen? Dafür habe ich nicht studiert!“ 12 hervor.

Für viele Studenten scheint der Einstieg in kundennahe Abteilungen nicht denkbar. Zu stark ist der Wunsch, nach Abschluss im Marketing einzusteigen. Grund für das dem Vertrieb anhaftende negative Image ist vor allem die stiefmütterliche Behandlung in Lehre und Forschung. Somit wird gar nicht erst in Betracht gezogen, den Vertrieb, in dem in Deutschland rund sechs Millionen Menschen arbeiten, als Berufsfeld zu wählen.13

Dabei wird übersehen, dass der Vertrieb enorme Karrierechancen als Führungskraft bietet. Hier wird nicht nur das Geld verdient, sondern die Vertriebsjobs liegen auch vor den Marketingjobs beim Berufseinstieg von Wirtschaftsabsolventen. Kein anderer Einsatzbereich offeriert Nachwuchskräften bessere Einstiegschancen als der Vertrieb, wie nach einer Arbeitsmarktstudie von Staufenbiel in der folgenden Abbildung dargestellt wird.14

Abb. 2: Berufliche Einstiegschancen für BWL-Hochschulabsolventen15

Die erlernten Vertriebsfertigkeiten können dabei auch in anderen betrieblichen Bereichen Nutzen bringend eingesetzt werden. Selbst für eine Marketingkarriere in renommierten Unternehmen ist Kundenerfahrung essenzielle Voraussetzung. Der Vertrieb bietet eine fundierte Grundlage für die berufliche Weiterentwicklung und stellt zugleich ein wichtiges Sprungbrett für die persönliche Karriere dar.16

Ein weiterer Grund, der die Arbeit im Vertrieb attraktiv macht, ist das Gehalt. Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern zahlen ein Einstiegsgehalt von durchschnittlich 43.750 Euro im Jahr. Wer aufsteigt und verantwortungsvolle Aufgaben in einer Führungsposition einnimmt, verdient mehr. Spitzenverdiener kommen auf einen Jahresverdienst von mehr als 139.700 Euro, in vielen Branchen werden dabei Extra-Provisionen für Abschlüsse gezahlt.17

Abb. 3: Karriereleiter Vertrieb – Verdienstmöglichkeiten18

Um im Vertrieb erfolgreich zu sein, sind eine ausgeprägte Produktkenntnis, eine umfassende Markt- und Kundenorientierung sowie eine aufgeschlossene Persönlichkeit essenziell. Die Kenntnis von Markt und Kunde setzt profunde analytische Fähigkeiten voraus, um die verschiedenen Informationsquellen zu kombinieren und darauf basierend kundenorientierte Konzeptionen entwickeln zu können. Die Fachsprache der Branche zu beherrschen, ist ein Muss und auch an guten IT-Kenntnissen im Bereich Data Warehouses oder Customer Relationship Management kommen Berufseinsteiger nicht vorbei. Vertriebsmitarbeiter können aus den verschiedensten Fachrichtungen kommen. Wer im Vertrieb Karriere machen will, sollte ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, Verhandlungsgeschick sowie die Bereitschaft, selbstständig Verantwortung zu übernehmen, mitbringen.19

1.2 Verkaufsdefinition

Der Verkauf im engeren Sinne ist personenbezogen. Er umfasst alle Aktivitäten, die direkt auf einen Verkaufsabschluss gerichtet sind und konzentriert sich somit auf die reine Kundenbearbeitung.20

Der Verkauf im weiteren Sinne ist system- bzw. organisationsbezogen und wird auch als Vertrieb (auch: Vertriebspolitik; Vertriebsmanagement) bezeichnet.

Unter dem Begriff Vertrieb wird jene organisatorische Einheit im Unternehmen verstanden, die für die Koordination und Umsetzung der Verkaufsziele, -strategien und -maßnahmen verantwortlich ist.

Aus funktioneller Sicht geht der Vertrieb über die reine Verkaufsfunktion hinaus und betrachtet alle auf aktuelle und potenzielle Absatzmittler ausgerichteten Maßnahmen zur unmittelbaren Gewinnung von Aufträgen sowie zur Warenbereitstellung.21

Abb. 4: Definition Vertrieb22

Die Vertriebspolitik erstreckt sich über die Bereiche der Vertriebssystempolitik und der Vertriebskanalpolitik, die das Management und die Steuerung des Vertriebs umfassen sowie über die Bereiche der Verkaufspolitik und der Vertriebslogistik.

Die

Vertriebssystempolitik

ist auf die effiziente Gestaltung der Verkaufsform, der Vertriebsorganisation und der Vertriebssteuerung ausgerichtet.

Die

Vertriebskanalpolitik

legt die Art und Anzahl der Vertriebspartner fest, damit das Produkt optimal vom Hersteller zum Endkunden kommt.

Im Rahmen der

Verkaufspolitik

steht die Gewinnung, Pflege und Bindung der Kunden im Vordergrund.

Entscheidungen über die physischen Bewegungen wie Lieferservice, Auftragsabwicklung, Lagerhaltung und Transport sind im Rahmen der

Vertriebslogistik

zu treffen, um die Waren in der richtigen Menge und am richtigen Ort bereit zu stellen.

23

Aufgrund ihrer Bedeutung als langfristig wirkende strategische Entscheidung werden die Vertriebskanalpolitik24 sowie die Vertriebssystempolitik25 im Folgenden schwerpunktmäßig behandelt.26

1.3 Vertriebskanäle

Im Rahmen der Vertriebskanalpolitik ist eine koordinierte Steuerung der verschiedenen Vertriebswege und Vertriebspartner unabdingbar, um die Vertriebsprozesse optimal zu gestalten. Die Vertriebskanalpolitik unterscheidet grundsätzlich zwei Grundformen des Vertriebs, den direkten und den indirekten Vertrieb. Wesentliche Entscheidungsmerkmale für die Wahl des Vertriebskanals sind die Vertriebskosten, der gewünschte Distributionsgrad, Wachstumsmöglichkeiten, Lieferantentreue sowie die Beeinflussbarkeit bzw. Kontrolle der Absatzmittler.27

Merkmal des →direkten Vertriebs ist, dass der Hersteller seine Produkte unmittelbar an den Endabnehmer verkauft. Der Distributionsprozess vollzieht sich damit allein zwischen dem Hersteller und dem Verwender der betreffenden Leistung ohne Zwischenschaltung eines Absatzmittlers. Grundlegende Voraussetzung für die Gestaltung eines direkten Vertriebssystems ist, dass der Hersteller über eigene Vertriebsorgane verfügt, die die Distributionsaufgaben übernehmen können. Diese Vertriebsorgane sind sowohl wirtschaftlich als auch rechtlich unselbstständig und als „Handlungsgehilfen“ beauftragt, für ein Unternehmen Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. In der Konsumgüterindustrie führt der →Vertriebsaußendienst die externen Vertriebsaufgaben durch und besucht die Kunden persönlich in deren Unternehmen, der Vertriebsinnendienst ist für die Umsetzung der internen, vertriebsunterstützenden Aufgaben zuständig. Zentraler Vorteil des Direktvertriebs ist, dass die eigenen Mitarbeiter weisungsgebunden und somit für das Unternehmen steuerbar sind.28

Merkmal des →indirekten Vertriebs ist die Mehrstufigkeit des Vertriebsweges, da mindestens eine Zwischenstufe zwischen Hersteller und Endkunde geschaltet ist. Der Handel tritt im Rahmen der indirekten Absatzkanalgestaltung als Absatzmittler zwischen Hersteller und Endabnehmer auf. Als rechtlich und wirtschaftlich selbstständiges Unternehmen nimmt er dem Hersteller die Distribution der erstellten Waren und Leistungen ab, wobei neben dem Absatz der Handelsware noch weitere Dienstleistungen wie zum Beispiel das Umpacken der Ware erbracht werden können.

Je nach Kunden des Handelsunternehmens ergibt sich eine Differenzierung in Großhandel und Einzelhandel.29

Die Kunden des →

Einzelhandels

sind überwiegend Endverbraucher, also private Haushalte.

Der →

Großhandel

als zweite Gruppe der Absatzmittler umfasst Handelsunternehmen, die ihre Handelswaren nicht an private Endverbraucher, sondern an geschäftliche Abnehmer wie an andere Handelsunternehmen, Weiterverarbeiter oder gewerbliche Verwender absetzen.

In der Praxis erfolgen im Rahmen der Konsumgüterindustrie der Verkauf und die Distribution der Waren an den Endverbraucher oftmals über den Einzelhandel, der wiederum durch den Großhandel beliefert wird. In diesem Fall wird von einem Mehrstufenkanal gesprochen, da zwei Absatzmittler, der Großhandel und der Einzelhandel, nacheinander geschalten sind.30

Im Rahmen des indirekten Vertriebs überträgt der Hersteller die Erbringung bestimmter Leistungen auf den Händler. Dies können zum Beispiel spezifische Aufgaben sein, für die der Hersteller keine Expertise bzw. Ressourcen hat.. Der Hersteller verlagert die Absatzfunktion auf den Absatzmittler und kann durch den verbesserten Marktzugang eine flächendeckende Marktpräsenz seiner Produkte sicherstellen, wodurch Kostenersparnisse und Effizienzsteigerungen realisiert werden. Als Gegenzug für die erbrachten Distributionsleistungen muss der Hersteller einen Teil des Erlöses in Form von Provisionen und Handelsspanne an den Handelspartner abtreten. Neben der Vorteilhaftigkeit eines solchen Konzeptes ist jedoch auch zu beachten, dass der indirekt vertreibende Hersteller vom Handelspartner als Distributionsorgan abhängig ist, da dieser im Wesentlichen die Verfügbarkeit der Herstellerprodukte steuert.31Der Hersteller selbst hat im Rahmen des indirekten Vertriebs nur einen mittelbaren Kontakt mit dem Kunden. Neben der Distribution der Produkte legt er auch die Verkaufspreisgestaltung sowie die Vermarktung am →Point of Sale (PoS), also am Verkaufsort der Handelsfiliale, in die Hände des Handelspartners und hat sich nach seinen Vorgaben zu richten. Die optimale Steuerung der Vertriebspartner ist somit für den Hersteller von entscheidender Bedeutung im Rahmen des indirekten Vertriebs.32

1.4 Verkaufsform

Die Verkaufsform legt dar, in welcher Art und Weise der Verkäufer an den Kunden herantritt. Nach der Art des Kontaktes bzw. des zur Kontaktaufnahme eingesetzten Mediums können drei wesentliche Erscheinungsformen des Verkaufs differenziert werden.33

Persönlicher Verkauf (face-to-face)Semipersönlicher Verkauf (mediengestützter Verkauf) (voice-to-voice)Unpersönlicher Verkauf (mediengeführter Verkauf)AußendienstverkaufHaustürverkaufStrukturvertriebsverkaufInnen(dienst)verkaufCall-Center-VerkaufLadenverkaufBeratungsverkaufAktionsverkaufAuslieferungsverkaufDienstleistungsverkaufTelefonverkaufVideokonferenzverkaufAutomatenverkaufPrintmedial - Mailings- KatalogElektronisch - TeleshoppingMultimedial - CD-ROM- Internet

Abb. 5: Typologie der Verkaufsformen34

(1) Der persönliche Verkauf

Der persönliche Verkauf ist durch eine unmittelbare physische Präsenz beider Gesprächspartner an einem Ort gekennzeichnet. Aufgrund des zwischenmenschlichen Kontaktes zwischen Verkäufer und Kunde wird diese Verkaufsform auch als Face-to-face bezeichnet.35

Je nach Ort des Verkaufsgesprächs mit dem Kunden ist der persönliche Verkauf in den stationären und den nicht-stationären Verkauf zu unterscheiden.36

Beim

stationären Verkauf

ist der Verkäufer an einen Point of Sale gebunden, was dem klassischen Ladenverkauf (Handel) sowie dem Schalterhallenverkauf (Banken) entspricht. Beraten und verkauft wird demnach in den eigenen Verkaufsräumen.

37

Beim

nicht-stationären Verkauf

ist der Verkäufer nicht an einen Point of Sale gebunden. Die mit Abstand wichtigste Form des nicht-stationären Verkaufs besteht im Treffen des Kunden in dessen Geschäftsräumen. Der Außendienstverkauf, der auch als persönlicher Verkauf im engeren Sinne bezeichnet wird, enthält den Besuch des Kunden durch Reisende oder Handelsvertreter. Während Reisende als angestellte Mitarbeiter des Arbeitgebers zum unternehmenseigenen Verkaufspersonal gehören, sind Handelsvertreter rechtlich selbstständige Gewerbetreibende, die im fremden Namen auf fremde Rechnung die Verkaufsgabe des Unternehmens übernehmen.

38

Der persönliche Verkauf ermöglicht den zwischenmenschlichen Kontakt zwischen Verkäufer und Käufer und bietet somit eine gute Möglichkeit zum Aufbau und zur Pflege von Geschäftsbeziehungen. Durch die Faceto-face-Situation kann der Verkäufer gezielt auf die Bedürfnisse des Kunden eingehen und Einfluss auf die Einstellung und Imagebildung beim Kunden nehmen.39

Faustregel für die Wahl des persönlichen Verkaufs als Verkaufsform:

Je erklärungsbedürftiger ein Produkt ist,

je langwieriger der Kaufprozess abläuft,

je riskanter der Kauf vom Kunden empfunden wird,

je teurer ein Produkt ist,

je stärker der Dienstleistungscharakter des Produktes ist,

desto wichtiger ist der persönliche Verkauf.

Abb. 6: Faustregel für die Wahl des persönlichen Verkaufs40

Besonders effizient ist diese Verkaufsform bei erklärungsbedürftigen, beratungsintensiven oder hochpreisigen Artikeln, da Produkte im Rahmen des persönlichen Verkaufsgesprächs gezeigt und erklärt werden. Der Verkäufer kann einen direkten Zusammenhang zwischen Preis und Leistung herstellen und Vertrauen zum Kunden aufbauen. Infolgedessen ist der persönliche Verkauf vor allem im Vertrieb von teuren oder komplexen Produkten oder Dienstleistungen von herausragender Bedeutung.41

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der persönliche Verkauf umso bedeutsamer ist, je erklärungsbedürftiger das Produkt ist und je langwieriger der Kaufprozess abläuft, wie es Abbildung 6 darstellt.

(2) Der semipersönliche Verkauf

Der semipersönliche Verkauf ist durch einen interaktiven Dialog gekennzeichnet, der online über ein bestimmtes Kommunikationsmedium geführt wird. Deshalb wird diese Verkaufsform auch als mediengestützer Verkauf bzw. Voice-to-voice bezeichnet.42

Im Gegensatz zum direkt persönlichen Verkauf erfolgen die Verkaufskontakte im Rahmen des mediengestützten Verkaufs indirekt. Eine überragende Stellung nimmt der Telefonverkauf ein, der einen Frage-Antwort-Dialog ohne kostenspieligen Außendiensteinsatz ermöglicht. Die Ergänzung des Telefonverkaufs um das Element der Bildkommunikation wird als Videokonferenzverkauf bezeichnet, der zunehmend an Bedeutung gewinnt. Im Videokonferenzverkauf können zwar Mimik und Gestik Einfluss auf das Verkaufsgespräch nehmen, jedoch fehlt auch bei dieser Verkaufsform die persönliche Nähe eines Face-to-face-Gesprächs.43

Der semipersönliche Verkauf spielt somit vor allem als ergänzende Verkaufsart wie etwa bei der Vor- oder Nachbereitung von direkten Verkaufskontakten eine wichtige Rolle. Der Telefonverkauf wird im Rahmen des Direktmarketings eingesetzt, um das Kundenpotenzial und Kaufinteresse von Interessenten zu ermitteln, bevor Besuchstermine mit einem Außendienstmitarbeiter vereinbart werden.44

(3) Der unpersönliche Verkauf

Der unpersönliche Verkauf ist durch einen Kundenkontakt, der ausschließlich über Medien geführt wird, gekennzeichnet und wird auch als mediengeführter Verkauf bezeichnet.45

Beim mediengeführten Verkauf besitzt das Medium eine unmittelbare Verkaufsfunktion. Die dominierende Verkaufsform, der Versandhandel, umfasst schriftliche, telefonische und internetgetragene Kontakte zwischen dem Verkäufer und Käufer. Zum unpersönlichen Ansatz zählt ferner der Verkauf über das Internet (E-Commerce) mit den speziellen Handelsformen der Internet-Auktionen und der Internet-Marktplätze. Neben dem webbasierten Vertrieb gehören noch der Vertrieb über das Fernsehen in Kombination mit dem Telefon (Teleshopping) sowie der Automatenverkauf zu diesem Segment, die ebenfalls ohne persönliche Kommunikation zwischen Anbieter und Nachfrager auskommen.46

Da im Rahmen des mediengeführten Verkaufs die persönliche Nähe als interaktives Element vollständig fehlt, gibt es keine Möglichkeit, den Verkaufsabschluss zu steuern. Besonders für erklärungsbedürftige und hochpreisige Produkte ist diese Verkaufsform weniger geeignet, da kein unmittelbares Gespräch geführt werden kann und das Produkt nicht in Wirklichkeit betrachtet wird.47

Welche Verkaufsform für den Vertrieb gewählt wird, hängt von zahlreichen Faktoren ab, die für jedes Unternehmen unterschiedlich beurteilt werden. Der persönliche Verkauf ist in der Konsumgüterindustrie besonders im Rahmen des Schlüsselkundenmanagements von zentraler Bedeutung. Einkaufszentralen und Handelsoutlets, die eine Schlüsselposition für das Unternehmen einnehmen, werden im Rahmen des Key Account Managements48 und des Außendienstes Face-to-face durch einen Verkäufer betreut.

KriterienDefinitionBeispieleFlexibilitätWie flexibel muss die Verkaufsform im Hinblick auf Markt-, Nachfrage-, und Konkurrenzveränderungen sein?Der persönliche Verkauf kann durch Schulungen des Verkaufspersonals relativ leicht an Nachfrageveränderungen angepasst werden.AktivitätsgradWelcher Aktivitätsgrad wird vom Nachfolger gewünscht bzw. besteht Interaktionsbedarf seitens des Nachfragers?Bei niedrigem Interaktionsbedarf des Nachfragers kann der mediale Verkauf im Vergleich zum persönlichen Verkauf empfehlenswert sein.KostenaspektIn welcher Höhe sollten Kostenvorteile ausgeschöpft werden?Durch Einsatz des medialen Verkaufs können im Vergleich zum persönlichen Verkauf Kostenvorteile realisiert werden, da ein wesentlich geringerer Personalbedarf von Nöten ist.

Abb. 7: Kriterien zur Bestimmung der Verkaufsform49

In der vorstehenden Abbildung sind weitere Entscheidungskriterien für eine adäquate Auswahl der Verkaufsform zusammenfassend dargestellt.50

1.5 Vertriebsorganisation

Die Vertriebsorganisation stellt die Gesamtheit der unternehmensinternen und unternehmensexternen Kräfte und Einrichtungen, die sich um die Anbahnung und Abwicklung von Aufträgen bemühen.

Ziel der Vertriebsorganisation ist, durch formale Strukturen und Abläufe innerhalb des Vertriebs die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Verkaufsaufgaben bestmöglich durchgeführt werden können. Im Hinblick auf eine effiziente Organisation stellt sich für jedes Unternehmen die Frage, wie der Vertrieb sinnvollerweise strukturiert werden sollte. Es gibt im Wesentlichen drei unterschiedliche Möglichkeiten, den Verkäufer dem Kunden zuzuordnen.51

Abb. 8: Zuordnung des Verkäufers zu den Kunden52

(1) Struktur nach Verkaufsgebieten

Der Verkäufer ist für den Verkauf aller Produkte an alle Kundengruppen in dem ihm zugeteilten Verkaufsgebiet zuständig.53

Vorteil

der gebietsorientierten Organisation ist die Berücksichtigung von regionalen Besonderheiten im Kundenverhalten. Nach dem Prinzip „one-face-to-the-customer“ bekommt der Kunde alle Leistungen des Lieferanten aus einer Hand. Somit kann das Unternehmen Cross-Selling Potenziale realisieren, indem zusätzliche Produkte und Dienstleistungen an den Kunden verkauft werden, die mit dem bereits vermarkteten Produkt in Verbindung stehen.

54

Nachteil

der gebietsorientierten Organisation ist die Schwierigkeit einer Spezialisierung des Verkäufers auf Produkte und/oder Kundengruppen. Der Verkauf der gesamten Produktpalette (auch: Artikel, stock keeping unit (→

sku

)) an alle im Verkaufsgebiet ansässigen Kunden macht eine individuelle Kundenbetreuung sowie die Ausrichtung an den Kundenbedürfnissen nahezu unmöglich. In der Praxis wird deshalb oftmals eine Gebietsoptimierung vorgenommen, um die Zuordnung der Kunden mit deren Umsätzen zu den einzelnen Außendienstmitarbeitern zu verbessern. Der Besuchsrhythmus wird für die Kunden nach quantitativen und qualitativen Kriterien festgelegt, um die in einem Verkaufsgebiet definierten Abnehmer entsprechend ihrer Bedeutung und ihrem Absatzpotenzial im Rahmen der Gebietsorientierung bestmöglich zu betreuen.

55

(2) Struktur nach Produkten

Der Verkäufer ist für den Verkauf bestimmter Produkte an alle Kundengruppen zuständig.56

Vorteil

der produktorientierten Organisation ist die hohe Produktkenntnis des Außendienstmitarbeiters, wodurch produktspezifische Verkaufsmethoden angewendet werden können. Dies erleichtert besonders den Vertrieb von komplexen und erklärungsbedürftigen Produkten. Der Spezialisierungsgrad der Verkäufer minimiert gleichzeitig den Koordinationsaufwand innerhalb der Vertriebsorganisation und gewährleistet eine hohe Effizienz. Grundlage für den Erfolg dieser Strukturierungsform ist ein ausreichend großes Umsatzpotenzial der Produktgruppe, um die im Verkauf eingesetzten Spezialisten zu finanzieren.

57

Nachteil

der produktorientierten Organisation ist die mangelnde Kundenorientierung. Da die Außendienstmitarbeiter primär für die Vermarktung bestimmter Produktgruppen zuständig sind, werden die Kundenbedürfnisse sowie das Anwendungsumfeld des Produktes nur unzureichend durchleuchtet. Ein weiterer Nachteil ist die Zuständigkeit mehrerer Außendienstmitarbeiter für einen Kunden, wenn dieser verschiedene Produkte des gleichen Lieferanten bezieht. Die damit verbundene Abkehr von dem Prinzip „one-face-to-the-customer“ verursacht durch den erhöhten Koordinationsaufwand nicht nur Mehrkosten, sondern kann auch zu einem diffusen Auftritt gegenüber dem Kunden führen, wenn dieser von verschiedenen Mitarbeitern des gleichen Unternehmens betreut wird. Mit dem Vorteil des hohen Spezialisierungsgrades seitens der Außendienstmitarbeiter geht zeitgleich die Gefahr der Inflexibilität einher, da die Mitarbeiter schwer austauschbar sind und keine Produktkenntnis außerhalb ihres Tätigkeitsbereiches haben. Somit können sich die Mitarbeiter beispielsweise in Krankheitsfällen gegenseitig nicht vertreten.

58

(3) Struktur nach Kunden

Der Verkäufer ist für den Verkauf aller Produkte an bestimmte Kundengruppen zuständig.59

Vorteil

einer kundenorientierten Organisation ist eine auf die Bedürfnisse des Kunden ausgerichtete Betreuung, es entsteht ein Vertrauensverhältnis zwischen beiden Parteien. Die hohe Kundenspezialisierung macht zudem ein frühzeitiges Anbieten von speziellen Lösungen sowie eine gezielte Produktsteuerung möglich.

60

Nachteil

der kundenorientierten Organisation ist der hohe Kostenaufwand. Da mehrere Außendienstmitarbeiter das gleiche Gebiet betreuen, erhöhen sich die Verkaufsanstrengungen und die damit verbundenen Kosten. Gleichzeitig entsteht eine geringe Flexibilität im Mitarbeitereinsatz, da das Unternehmen von den auf die Kunden spezialisierten Vertriebsmitarbeitern abhängig ist.

61

Die Vertriebsstruktur nach Kunden basiert auf einer vom Unternehmen festgelegten Unterscheidung verschiedener Kundengruppen. Umfasst der Kundenkreis eines Unternehmens bedeutende Großkunden, die eine Schlüsselposition für den langfristigen Erfolg des Unternehmens einnehmen, wird ein eigenes Verkaufsteam eingerichtet. Insbesondere aufgrund der hohen Konzentration im Lebensmittelhandel und der damit verbundenen Nachfragemacht empfiehlt sich

die Einführung des →Key Account Managements als zusätzliche Verkaufsebene in die Vertriebsorganisation. Das Key Account Management konzentriert sich auf den Aufbau eines systematischen Beziehungsmanagements, wodurch eine eindeutige Orientierung an den Bedürfnissen der sogenannten Schlüsselkunden möglich ist. Schlüsselkunden sind die Kunden, die für das Unternehmen von herausragender Bedeutung sind.62

Grundsätzlich ist zu beachten, dass es kein generell bestes Prinzip zur Gestaltung der Verkaufsorganisation gibt. Wie in Abbildung 9 aufgeführt, haben alle hier vorgestellten Organisationsformen ihre Vor- und Nachteile. Jedes Unternehmen muss deshalb individuell entscheiden, welche der drei Organisationsformen die Vorteilhafteste ist, um den Markt optimal mit Verkaufsleistungen zu versorgen und welche Zuordnung nachhaltig wirtschaftlichen Erfolg verspricht. Im Vordergrund sollte dabei die gleichmäßige Auslastung der Außendienstmitarbeiter unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Kundenstrukturen und der Entfernungen in den Verkaufsgebieten stehen.63

Differenzierung nachVorteileNachteileRegionenAlles aus einer Hand - "one-face-to-the-customer"-PrinzipBerücksichtigung regionaler Marktbesonderheiten"Physische Nähe" zum KundenKurze Entscheidungswege innerhalb des RegionalteamsGute Vergleichbarkeit der Ergebnisse innerhalb des RegionalteamsRegionsspezifische Einsatzmöglichkeit der MitarbeiterVerkäufer forcieren ihre "Liebling-sprodukte"Zuständigkeitskonflikte in Grenzgebieten möglichEinheitliche Vertriebsführung schwierigProblematische Koordination zwischen den RegionenHöhere Vertriebskosten durch Regionalteams, da Funktionen mehrfach vorgehalten werden müssenHöherer AusbildungsaufwandProduktenUmfassendes produktspezifisches KnowhowHohe Kompetenz und Motivation durch ExpertiseLeichtere Produktsteuerung und gezieltes Produktmarkting möglichSchnelle und flexible Marktanpassung bei sich rasch ändernden MarktbedingungenDiffuser Auftritt gegenüber Kunden, die mehrere Produkte des Lieferanten beziehenKaum Nutzung von Synergieeffekten: Verkäufer kennt nur sein Produkt und seine TechnologieSteigende Komplexität bei zunehmender ProduktanzahlGeringe Ausschöpfung von Cross-Selling PotenzialenKundenGezielte Kundenbearbeitung entsprechend der Kundenbedürfnisse möglichHohe Kundenbindung durch besondere VertrauensstellungImage des Branchenexperten beim KundenUnterstützung von Cross-SellingSchnelle und flexible Reaktion auf Marktveränderungen und NachfragetrendsFokussierte Kundenbetreuung kann neue Impulse verhindernWenige SynergieeffekteHohe Abhängigkeit durch starke persönliche Bindung des Kunden an SpezialistenÜberproportional hohe Kosten bei kleinen KundenBei der Zuordnung der Kunden kann es zu Kompetenzproblemen der Mitarbeiter kommen

Abb. 9: Die Vor- und Nachteile der Organisationsformen im Überblick64

In der betrieblichen Praxis werden die Organisationsformen oftmals kombiniert. Als ein strategisch wichtiger Erfolgsfaktor ist vor allem die kundenorientierte Struktur zu bewerten, die aufgrund der wachsenden Kundenanforderungen und der zunehmend wichtigen Ausrichtung an den Kundenbedürfnissen an Bedeutung gewinnt. Im Konsumgütergeschäft dominiert diese Struktur im Rahmen des Key Account Managements zur Betreuung der Einkaufszentralen in Verbindung mit einer parallel geschalteten Gebietsorganisation im Außendienst.65

1.6 Aufgaben im Vertrieb: Sales Pyramide

Der Vertrieb umfasst eine Vielfalt von Teilaufgaben, die in fünf Aufgabengebieten zusammengefasst werden können. Hierarchisch eingegliedert in die Sales Pyramide bauen die fünf Bereiche aufeinander auf, wobei in Abhängigkeit von branchen- und produktspezifischen Faktoren unterschiedliche Schwerpunkte zu beobachten sind. 66

Abb. 10: Sales Pyramide – Kernschritte der erfolgreichen Vertriebsumsetzung67

(1) Listung

Ziel des Herstellers ist, mit seinen Produkten im Sortiment des Händlers vertreten zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, muss zunächst eine →Listung des Produktes erfolgen, sprich die Aufnahme des Artikels in den →Ordersatz des Handelsunternehmens. Der Ordersatz listet die lieferbaren Artikel unter Berücksichtigung von Verpackungseinheiten und Verkaufspreisen auf und kann den Verkaufsstellen des Handelsunternehmens in Form von papierbasierten Listen bis hin zu elektronischen Katalogen, die per →EDI übermittelt werden, zugänglich gemacht werden. Der Ordersatz ist das zentrale Medium zur Übermittlung sämtlicher verkaufsrelevanter Informationen, die die Verkaufsfilialen zur Durchführung der operativen Tätigkeiten (vor allem zur Disposition der Produkte) benötigen.68

(2) Distribution

Ist die Listung des Produktes (auch: Artikel; stock keeping unit (sku)) durch die Aufnahme in den Ordersatz des Handelsunternehmens abgeschlossen, ist die Distribution des Produktes erforderlich, damit der Artikel dem Endverbraucher über das Sortiment des Handels zugänglich gemacht werden kann. Dazu muss der Artikel von der jeweiligen Handelsfiliale disponiert (auch: bestellt, geordert) und im Händlersortiment geführt werden. Eine diesbezügliche Kenngröße ist der sogenannte Distributionsgrad (auch: Distribution). Die Distribution gibt den Anteil der Geschäfte (auch: Verkaufsstellen; Einkaufsstätten; Filialen) an, der den Artikel einer bestimmten Produktart (auch: Warengruppe; Kategorie) führt. Als Geschäfte gelten dabei keine Handelsketten, sondern die einzelnen Filialen, die als eigenständiges Geschäft betrachtet werden. Es kann zwischen der numerischen und der gewichteten Distribution unterschieden werden.69

Mithilfe der →

numerischen Distribution

kann der Marktdurchdringungsgrad eines Produktes bewertet werden. Die numerische Distribution gibt an, wie viele Geschäfte einen Artikel verkaufen, gemessen an allen im Markt vorhandenen Geschäften, die die Warengruppe führen. Anhand der numerischen Distribution wird die vertriebsmäßige Präsenz auf dem Markt widergespiegelt und bemessen, wie erreichbar ein Produkt für die Zielgruppe ist.

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DistributionskennziffernNumerische Distribution

Formel:

Prozentualer Anteil der Geschäfte in denen der Artikel verkauft wird, gemessen an der Gesamtanzahl Geschäfte, die die jeweilige Warengruppe führen.

Fragestellung: „Wird mein Artikel in einer ausreichenden Anzahl von Geschäften verkauft?“

Gewichtete Distribution*

Formel:

Umsatzanteil der einen Artikel verkaufenden Geschäfte gemessen am Warengruppenumsatz aller Geschäfte, die die jeweilige Warengruppe führen.

Fragestellung: „Wird mein Artikel in den für die Warengruppe wichtigen (umsatzstarken) Geschäften verkauft?“

* Die Gewichtung richtet sich standardmäßig nach dem Warengruppenumsatz der Geschäfte.

Abb. 11: Distributionskennziffern71

Mithilfe der →

gewichteten Distribution

kann die Umsatzbedeutung der Geschäfte, in denen ein Produkt verkauft wird, bewertet werden. Die gewichtete Distribution gibt an, wie groß der Umsatz der Verkaufsstellen ist, die das Produkt führen, gemessen am Produktumsatz aller Verkaufsstellen, die die

→Kategorie

(auch: Warengruppe) führen, zu der das Produkt gehört. Anhand der gewichteten Distribution wird die Bedeutung der zu wählenden oder gewählten Geschäfte wiedergespielt und bemessen, ob das Produkt in den für die Warengruppe bedeutenden Verkaufsstellen verfügbar ist.

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Abb. 12: Beispielrechnung Distribution73

(3) Platzierung74

Aus der Kundenverhaltensforschung ist bekannt, dass rund 70 Prozent der Kaufentscheidungen erst in der Einkaufsstätte und damit vor dem Regal getroffen werden. Damit ist die Regalplatzierungsqualität der distribuierten Produkte von herausragender Bedeutung für die Käuferentscheidung. Mehr als 30.000 neue Artikel drängen in der Lebensmittelbranche jedes Jahr in den Handel und lassen die verfügbare Regalfläche zum Engpassfaktor werden. Folgewirkungen dieser Entwicklung sind eine sinkende Umschlagsgeschwindigkeit sowie steigende Kapitalbindungskosten für den Handel. Gleichzeitig entsteht ein negatives Einkaufserlebnis für den Kunden, welches durch überbesetzte und unübersichtliche Regale hervorgerufen wird.75

Eine →shoppergerechte