2,49 €
DER PRINZ IN MEINEM BETT Überraschung: ein Prinz! Zum Geburtstag haben Marias Kollegen ihr beim Escort Service einen Mann bestellt. Doch was als frivoler Scherz gedacht war, entpuppt sich als gefährliche Versuchung, denn Antonio Boniface ist ein echter italienischer Adliger! Und so unerwartet kultiviert und charmant, dass Maria ihm kaum widerstehen kann. Allerdings sind auf keinen Fall mehr als ein paar süße Küsse erlaubt! Schließlich hat Maria sich geschworen, keinen Sex vor der Ehe zu haben. Aber was sind die besten Vorsätze gegen Antonios verlockende Verführungskünste? SEXY PRINZ GESUCHT! Was für ein Mann! Elly Anderson ringt nach Atem. Geschmeidig tritt er aus der Brandung auf sie zu. Die Wassertropfen glitzern auf seiner gebräunten Haut, mit seinen muskulösen Schultern und dem sexy Six-Pack ist er einfach umwerfend … Stopp! Elly muss sich mit aller Macht zusammenreißen. Denn sie ist nicht an den einsamen Strand gekommen, um von heißen Küssen und wildem Sex in den Dünen zu träumen. Sondern um im Auftrag der Fürstenfamilie von Danubia herauszufinden, ob Daniel Eastwood der vermisste Prinz ist, der ein Anrecht auf den Thron hat … AUF DEM SCHLOSS DES PLAYBOYS Dieser sexy britische Akzent, diese schwindelerregend blauen Augen! Der Schlossbesitzer Christopher Smythe hat etwas an sich, das die junge amerikanische Reiseleiterin Jennifer spontan um den Verstand bringt. Obwohl er im Ruf eines notorischen Playboys steht, kann sie seinen erregenden Küssen nicht lange widerstehen. Und gegen jede Vernunft hofft sie bald auf mehr als eine heiße Affäre. Vergeblich? Als Jennifer schon verzweifeln will, entdeckt sie zufällig Christophers Geheimnis. So tragisch es ist, verspricht es gleichzeitig, der Schlüssel zu seinem Herzen zu sein …
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 618
Kathryn Jensen
Prickelnde Nächte im Schloss
IMPRESSUM
BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2003 by Kathryn Pearce Originaltitel: „Mail-Order Prince in her Bed“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1878 - 2015 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Roman Poppe
Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 06/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733721244
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY, CORA CLASSICS
Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de
Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.
Die Lage war weitaus schlimmer, als er angenommen hatte.
Antonio Boniface trat aus dem Aufzug in der elften Etage des Wolkenkratzers in Washington, D. C., und starrte das Schild auf der schweren Eichenholztür ihm gegenüber an: Klein & Klein Public Relations and Advertising. Rasch überprüfte er die Adresse auf dem Zettel und seufzte. Das gefiel ihm gar nicht. Er hatte damit gerechnet, dass er bei dem Apartment dieser Frau landen würde.
Es wird sich schon alles klären, beruhigte er sich. Er musste dieser Maria McPherson nur eine Erklärung liefern. Um mehr ging es hier gar nicht. Es handelte sich bei ihr um die Kundin, die Marco hatte besuchen wollen, bevor er von der Einwanderungsbehörde festgenommen worden war.
„Scusi, Signorina …“ Nein! Nicht auf Italienisch, ermahnte er sich. „Entschuldigen Sie, Miss. Mr Serilo arbeitet nicht mehr für den Royal Escort Service. Wenn Sie mir verraten, wie viel Sie für seine Dienste bezahlt haben, werde ich Sie gerne entschädigen.“
Na also. War doch gar nicht so schwierig. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, der Frau die Neuigkeiten an ihrem Arbeitsplatz mitteilen zu müssen.
Aber es ging hier um zu viel, um jetzt einen Rückzieher zu machen. Er konnte nicht zulassen, dass Marco den glanzvollen Namen seiner Familie weiter in den Schmutz zog. Die Bonifaces d’Apulia waren einst so mächtig wie die Medici gewesen und hatten Künstler wie Michelangelo und Leonardo da Vinci unterstützt. Die aristokratischen Wurzeln der Bonifaces reichten bis ins zwölfte Jahrhundert zurück. Solange Antonio lebte, würde kein verbrecherischer Bediensteter diesen Ruf beflecken.
Entschlossen öffnete er die Tür und trat in einen hell und freundlich eingerichteten Raum ein. Der Empfang war jedoch nicht besetzt. Was sollte er nun tun?
Plötzlich hörte er Geräusche hinter einer halb geöffneten Tür zu seiner Rechten. Antonio drehte sich um, ging dorthin und blickte durch den Türspalt.
Er erblickte einen Konferenzraum, in dem sich einige Männer und Frauen in Geschäftskleidung befanden. Auf dem Ende eines langen Mahagonitisches stand eine Torte mit knallbuntem Zuckerguss und brennenden Kerzen. Hinter der Torte stand eine hübsche junge Frau mit kühlen grauen Augen und langem, welligem Haar. Sie beugte sich vor, um die Kerzen auszublasen. Anschließend lächelte die zierliche Blondine nervös in die Runde.
„So“, meinte sie. „Und jetzt nimmt sich bitte jeder ein Stück von der Torte. Ich muss wirklich wieder an die Arbeit zurück.“ Damit drehte sie sich um und wollte weggehen.
„Na, na. Nicht so schnell, Maria.“ Eine Frau mit kurzem schwarzen Haar lachte und trat nach vorne, um ihr den Weg zu versperren. „Dein Geschenk ist noch nicht da.“
Der Raum wurde von Gekicher erfüllt. Antonio nahm an, dass alle wussten, welches Geschenk Maria bekommen sollte.
Marco.
Ganz sicher wusste das Geburtstagskind nicht, was es erwartete.
Antonio musterte die arme Maria mitleidig. Plötzlich war ihm, als hätte er diese Gesichtszüge irgendwann schon einmal gesehen. Irgendwie kamen sie ihm vertraut vor. Er wusste allerdings nicht, wann und wo er diese Frau getroffen haben könnte.
Nervös schüttelte Maria den Kopf. „Tamara, ihr hättet euch meinetwegen keine Umstände machen sollen.“
„Oh, es ist uns eine Freude, meine Liebe. Ich glaube nämlich, dass wir beinahe genauso viel von deinem Geschenk haben werden wie du.“
„Nicht, wenn sie Glück hat“, rief einer aus der Menge, und alle brachen in Gelächter aus.
Das ist also ihr Plan, dachte Antonio. Diese raffinierten PR-Fuzzis hatten sich vorgenommen, etwas Spaß auf Kosten ihrer Kollegin zu haben. Sie hatten einen Prinzen auf Bestellung geordert, wie es in der geschmacklosen Anzeige des Escortservices lautete.
Zum Glück hatte ein guter Freund von Antonio die Anzeige gesehen und ihm eine Kopie davon geschickt. Dieser Schurke Marco hatte doch tatsächlich Antonios Namen und seinen offiziellen Titel Il Principe di Carovigno als seinen eigenen ausgegeben. Wenigstens war nicht noch Antonios Foto abgedruckt.
Immerhin hatte Miss McPherson Glück gehabt, dass er den Betrug seines ehemaligen Angestellten aufgedeckt und den Casanova nach Hause geschickt hatte. Die junge Frau, die gerade von ihrer Torte probierte, musste Marcos lächerliche Darbietung nun nicht mehr mit anschauen – wie auch immer diese ausgesehen hätte. Ganz sicher hätte Marco sich dabei ausgezogen und vielleicht noch schlimmere Dinge getan.
Aber würde es die Qual der jungen Frau nicht noch verlängern, wenn er jetzt einschritt und von der Verhaftung von Marco erzählte? Wahrscheinlich würde dann nur ein Ersatz bestellt werden. Er hatte Mitleid mit der jungen Frau. Gab es nicht eine Möglichkeit, sie aus dieser peinlichen Situation zu befreien?
Plötzlich fiel ihm ein, was er tun konnte.
Antonio öffnete die Tür und trat in den Konferenzraum hinein. Die Gespräche verstummten sofort. Er sah sich lächelnd um und wandte sich schließlich mit verträumtem Blick an das Geburtstagskind.
„Ah, Signorina“, sagte er und verbeugte sich vor ihr. Anschließend ergriff er ihre Hand und küsste sie. „Ich freue mich, Sie endlich kennenzulernen. Ich habe so viel von Ihnen gehört, cara mia.“ Ja, ihm war klar, dass er es mit dem Akzent ein wenig übertrieb. Aber genau das hätte Marco bestimmt auch getan.
Leicht besorgt lächelte Maria ihn an. „H-haben Sie das?“
„Si. Ihre Freunde haben dieses avventura für Sie arrangiert. Ich nehme an, Sie haben den Rest des Tages frei?“
Die schwarzhaarige Frau neben Maria nickte und sah ihn mit großen Augen, aber auch etwas neidisch an.
„Andiamo, cara. Mein Wagen wartet draußen auf uns.“
Maria sah sich panisch um. Schließlich ging sie auf Antonio zu und sah ihn flehend an. „Sie müssen das nicht tun“, flüsterte sie. „Ich weiß, dass es nur ein Scherz ist.“
„Aber Signorina McPherson, es ist mir eine große Freude“, erwiderte er laut und winkte ihr verschwörerisch zu. Entschlossen legte er ihr eine Hand auf den Rücken und führte Maria zur Tür. Sie trug ein konservatives schwarzes Kleid, das aussah wie ein zu groß geratener Pullover. Es war aus einem synthetischen Stoff und kratzte ein wenig.
Er könnte sie sich gut in einem Kleid aus Kaschmir vorstellen. Vielleicht in einem hellen Blau gehalten, um ihre Augen hervorzuheben. Das würde ihr viel besser stehen.
Tamara löste sich schließlich aus ihrer Schockstarre und eilte dem Paar hinterher. Sie übergab Maria ihre Tasche, ihren Mantel und eine Karte. „Viel Spaß, meine Liebe. Hier stehen die Leistungen, die dieses Date beinhaltet. Vergiss nicht, uns morgen jedes Detail zu erzählen.“
Maria errötete, griff nach ihren Sachen und sah sich nicht einmal um, als sie mit Antonio unter lautem Jubel den Raum verließ.
„Möchten Sie, dass mein Fahrer noch etwas für Sie nach unten trägt?“, erkundigte er sich mit einem weitaus schwächeren Akzent.
„Nein, nein“, entgegnete sie scharf. Lassen Sie uns einfach in den Aufzug steigen, wir klären dann gleich alles.“
„In Ordnung.“ Er ließ sie vorgehen und bewunderte den Anblick. Ja, Kaschmir würde ihr ganz bestimmt stehen. Sie hatte eine tolle Figur. Doch ihr Kleidungsstil ließ zu wünschen übrig. Vielleicht konnte sie sich einfach keine bessere Kleidung leisten.
Nachdem sich die Aufzugstüren geschlossen hatten, wandte Maria sich an ihn. „Hören Sie, ich weiß, das hier ist Ihr Job. Aber Sie können die aristokratische Show jetzt beenden. Meine Kollegen wollten sich nur über mich lustig machen. Sie haben Ihre Aufgabe getan.“ Maria hob das Kinn und sah ihn mit finsterer Miene an. Es schien sie viel Mut zu kosten, so mit ihm zu sprechen. Und nun fiel es ihr schwer, Augenkontakt mit ihm zu halten. „Ich weiß nicht, wofür man Sie noch bezahlt hat, aber Sie können das jetzt lassen. Ich gehe nicht mit fremden Männern aus. Und ich habe kein Interesse an einem romantischen … Abenteuer.“ Den letzten Satz sprach sie mit einer gewissen Nervosität aus.
„Haben Sie denn andere Pläne für Ihren Geburtstag?“, fragte Antonio. „Feiern Sie mit Ihrer Familie?“
„Nein.“ Sie lachte. Anscheinend schien es ihr unangenehm zu sein, dass er vom Thema abschweifte. „Es gibt keine Feier. Ich gehe nach Hause und genieße den Nachmittag bei einem guten Buch und einem heißen Bad.“
Er hob die Brauen. „Alleine?“
„Ja, alleine“, erwiderte sie irritiert. „Für was für eine Art von Frau halten Sie mich?“
„Für eine liebenswerte, intelligente und sensible.“ Schmeicheln wollte er ihr nicht. Das meinte er ehrlich.
Mit offenem Mund starrte die junge Frau ihn an. Dann spitzte sie die Lippen und warf ihm einen finsteren Blick zu. „Hören Sie doch endlich mit diesem Latino-Gehabe auf!“
Beleidigen ließ er sich nicht. Auch wenn die Arme nach all dem, was in den letzten zwanzig Minuten passiert war, sicher verwirrt war.
„Meine Name ist Antonio Boniface, Il Principe di Carovigno“, erklärte er stolz. „Ich wollte Sie nur vor weiteren Peinlichkeiten bewahren. Außerdem bin ich Italiener und kein Latino, wie Sie es …“
„Hören Sie“, unterbrach sie ihn entschlossen. „Mir ist klar, dass Sie hier nur Ihren Job machen. Was brauchen Sie, um zu beweisen, dass Sie erfolgreich waren? Eine unterschriebene Bestätigung? Eine Kundenbewertung? Geben Sie mir einfach das Formular, und ich unterschreibe es … Du meine Güte!“
Sie hatten das Gebäude verlassen und standen nun auf dem Bürgersteig. Neben ihnen wartete eine edle weiße Limousine. Antonios Fahrer hatte sich an der hinteren Tür positioniert. Er öffnete diese jetzt und verbeugte sich höflich vor Maria.
Maria drehte sich mit großen Augen zu Antonio um. Ihre Wangen waren leicht gerötet. Mit beinahe kindlicher Begeisterung sah sie ihn an. „Sagen Sie mir, dass das nicht Teil des Pakets ist.“
„Es ist Teil des Pakets. Das können Sie deuten, wie Sie möchten.“ Er zuckte mit den Schultern. Wenn er sich in fremden Städten aufhielt, reiste er immer mit einer Limousine mit Fahrer. Nur zu Hause genoss er es, seinen imposanten Ferrari über die Straßen zu steuern.
„Du meine Güte!“, wiederholte sie. „Ich bin noch nie in einer richtigen Limousine gefahren.“
Er lächelte und war fasziniert von ihrer unschuldigen Art.
„Ich darf Sie doch wenigstens nach Hause fahren, ja? Auf der Fahrt erkläre ich Ihnen alles.“
Sie zögerte. „Ich weiß nicht … Vielleicht sollten wir ab jetzt einfach getrennte Wege gehen.“
„An Ihrer Stelle würde ich das nicht tun“, murmelte er und ergriff erneut ihre Hand.
Fast hätte sie sie weggezogen. Doch dann folgte sie seinem Blick zu den Bürofenstern über ihnen. Unzählige Augen beobachteten sie.
„Möchten Sie wirklich, dass Ihre Kollegen denken, Sie haben …?“ Fragend sah er sie an. „Kalte Beine bekommen?“
Sie lachte plötzlich vollkommen gelöst. „Das heißt kalte Füße bekommen oder kneifen. Nein, die Genugtuung möchte ich denen ganz sicher nicht geben.“ Nachdem sie ein letztes Mal grimmig nach oben gesehen hatte, ließ sie sich von ihm in die Limousine helfen.
Als sie beide hinten saßen und auch der Fahrer hinter dem Steuer Platz genommen hatte, rief Maria diesem zu: „Ich wohne in Bethesda in Maryland. In der Mullen Street 755. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich dort rauslassen könnten.“
„Ich hoffe, es ist eine lange Fahrt“, meinte Antonio lächelnd. „Ich muss Ihnen einiges erklären, Miss McPherson.“
Seufzend schüttelte sie den Kopf. Doch sie schien mit sich zu kämpfen. „Eines muss man Ihnen lassen. Sie spielen Ihre Rolle wirklich gut. Hören Sie, natürlich sind Sie ein gut aussehender Mann. Aber ich bin einfach nicht an dieser Art von Gesellschaft interessiert.“
Ein fast nicht wahrnehmbarer Schauer durchlief sie, als sie die Karte von Tamara in ihre Manteltasche steckte. Zudem stand ein leichter Schweißfilm auf ihrer Stirn. Und ihre Augen leuchteten. Wahrscheinlich bemerkte sie nicht einmal, welche Signale ihr Körper aussendete.
„Vielleicht ist es besser, wenn wir um die Ecke fahren und Sie mich gleich rauslassen“, sagte sie. „Ich fahre einfach wie immer mit dem Bus nach Hause.“
„Nein“, erwiderte er entschlossen.
„Nein?“ Verängstigt musterte sie ihn.
„Wenn ich es mir richtig überlege …“, sagte er langsam, „… verdienen Sie eine richtige Feier. Möchten Sie ein paar Freunde einladen?“ Er konnte ihr auch später alles über Marco und seine wahre Identität erzählen.
„Freunde? Nein, nicht wirklich. Na ja, ich habe Freunde von meiner Zeit auf dem College. Aber die leben in Connecticut, wo ich aufgewachsen bin. Und meine Arbeitskollegen …“ Sie zuckte mit den Schultern. Ihr fehlten die Worte.
„Sie sind anders als Sie“, ergänze er sanft.
„Da haben Sie recht“, murmelte sie. „Sie sind nicht wie ich. Man muss nur den heutigen Tag betrachten. Meine sogenannten Kollegen haben sich einen Spaß daraus gemacht, mich an meinem Geburtstag bloßzustellen. Ich habe versucht, mir den Tag freizunehmen wie letztes Jahr. Aber meine Chefin hat darauf bestanden, dass ich zur Arbeit komme, weil sie mich braucht.“ Maria seufzte. „Sie wollten nur ihren Spaß. Allerdings stehe ich nicht gerne im Mittelpunkt.“
Er nickte. Selbstbewusst war sie nicht gerade. Die Frauen, die er sonst traf, waren da ganz anders. „Sollen wir also nur zu zweit feiern? Si?“ Er flog erst morgen früh zurück. Nur selten erlaubte er es sich, die Olivenhaine, die Mühle und die Fabrik alleine zu lassen. Und einen Abend mit einer attraktiven Amerikanerin zu verbringen, war eine nette Abwechslung. Nach der ganzen Katastrophe mit Marco hatte er sich eine kleine vacanza verdient.
Lachend verdrehte sie die Augen. „Nur wir beide? Alleine? Vergessen Sie es!“
„Warum nicht? Eine schöne Frau wie Sie verdient es, wenigstens ein gutes Essen an ihrem Geburtstag zu genießen. Warum gönnen Sie sich nicht diese Freude?“
Sie knurrte frustriert. Für ihn hörte sich das absolut sexy an.
„Es klingt verlockend“, meinte sie. „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal etwas Ordentliches gegessen habe.“
Immerhin zog sie es in Erwägung.
„Das ist ja alles bereits bezahlt, oder?“, wollte sie wissen. „Also, Sie werden mir nach dem Essen ja keine Rechnung präsentieren, oder?“
Er lachte. Wie unschuldig und unterhaltsam sie war.
Eigentlich hatte er ihr nur alles über Marco erzählen und sie dann an der Tür stehen lassen wollen. Wenn er sie einfach mit der Limo nach Hause gefahren hätte, wären ihre Arbeitskollegen schon zufrieden gewesen. Doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass sie ihren Kollegen die Wahrheit erzählen würde, wenn er sie jetzt gehen ließ. Dann wäre Maria der Spott der ganzen Agentur sicher.
Wenn er sie nun aber zu einem romantischen Mittagessen ausführen würde, hätte sie wenigstens eine Geschichte zu erzählen. Sie wäre am Ende die Gewinnerin.
Die Idee gefiel ihm. Sie schien ein guter Mensch zu sein. Und er beschloss, ihr genug Stoff für eine gute Geschichte zu liefern.
Maria legte die Arme um sich und presste die verspannten Schultern in die weichen Ledersitze der Limousine. Hinter den verdunkelten Scheiben schoss die Großstadtlandschaft Washingtons vorbei. Die berühmten Kirschbäume blühten noch nicht, aber die rosa Knospen standen kurz davor, sich zu öffnen.
Sie fühlte sich seltsam – gar nicht wie sie selbst. Im Magen verspürte sie ein mulmiges Gefühl, als würde sie Achterbahn fahren. Sie war aufgeregt und wusste gar nicht, wo sie ihre Hände ablegen und wo sie hinschauen sollte. Einen Moment lang betrachtete sie sehnsüchtig die sinnlichen Lippen dieses Mannes. Dann wanderte ihr Blick zu seinen starken Händen, die auf seiner eleganten grauen Hose ruhten.
Sie kannte nicht einmal seinen richtigen Namen. Wieder musste sie seine Oberschenkel anstarren. Ganz bestimmt war er darauf aus, mit ihr zu schlafen. Er wurde ja anscheinend dafür bezahlt. Traute sie sich, die Dienstleistungen durchzulesen, die auf der Karte von Tamara standen?
Allein beim Gedanken wurde ihr ganz warm. Als sie versuchte, die Gebäude draußen zu erkennen, sah sie nur sein Spiegelbild im Fenster. Ihr Begleiter beobachtete sie und wusste nicht, dass sie es bemerkte hatte. Ein Schauer fuhr ihr über den Rücken.
„Ich sollte zuerst nach Hause fahren und mich umziehen“, sagte sie und sah an sich herab. „Falls wir in einem schickeren Restaurant zu Mittag essen.“
„Prego. Tragen Sie etwas, in dem Sie sich feminin und wohlfühlen“, meinte er heiser.
Sie versuchte zu ignorieren, wie ihr Körper auf seine tiefe Stimme reagierte. Doch es gefiel ihr auch.
Was sollte sie bloß anziehen? Beinahe alles, was sie besaß, war schwarz oder konservativ. Ihre Kleidung hatte sie so ausgewählt, dass sie ihr bei der Arbeit keine Aufmerksamkeit bescherte und sie nicht verwundbar machte. Am Wochenende trug sie meist Jeans und T-Shirt. Bisher hatte sie keinen Grund gehabt, sich etwas Schickeres zu kaufen. Vielleicht konnte ihre Nachbarin Sarah ihr etwas Angemessenes ausleihen. Etwas mit wenigstens ein bisschen Farbe.
„Ihnen würde ein Kleid von …“ Er schien nachzudenken. „Ungaro oder Dolce stehen. Oder eines der neuen Modelle von Positano.“
„Positano?“ Sie lachte und erinnerte sich an einen Artikel, den sie kürzlich in einem Modemagazin über diesen Edeldesigner gelesen hatte. „Den italienischen Modemacher? Sie müssen nicht weiter den italienischen Liebhaber für mich spielen.“
„Nein?“ Er hob die dunklen Brauen. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen.
„Natürlich nicht. Ich weiß, dass Sie hier aus der Gegend kommen und den Auftrag haben, mir einen schönen Tag zu bereiten.“ Sie zog die Karte hervor und schnipste sie ihm zu. „Das ist die nette Art zu sagen, dass Sie für mich bezahlt wurden.“ Versöhnlich lächelte sie. „Ein Prinz? Ihre Agentur verkauft Sie wirklich als das?“
„Ich bin einer“, erwiderte er gelassen und steckte die Karte in seine Jackettasche.
Sie schnaubte. „Ein Prinz? So etwas gibt es doch nur im Märchen. Weiß Ihre Agentur das nicht?“
„Keine Ahnung.“
Sie redete sich ein, dass sie ihn dafür hassen sollte, wie unverschämt er sie musterte. Aber sein Äußeres war einfach zu anziehend. Es war schwer, ihm einen Vorwurf zu machen.
Eine halbe Stunde später hielten sie vor Marias Apartmenthaus. Sie rutschte zur Autotür und bemerkte, dass auch Antonio aussteigen wollte. „Sie bleiben hier“, befahl sie mit strenger Stimme.
„Ich möchte aber ein Gentleman sein und Sie zur Tür bringen“, warf er enttäuscht ein.
„Tja, das ist mir egal. Sie bleiben, wo Sie sind.“ Sie würde doch keinen Callboy in ihr Apartment lassen. Die Situation war schon merkwürdig genug.
Zum Glück befanden sich die meisten ihrer Nachbarn bei der Arbeit. Irgendjemand war jedoch immer zu Hause. Bestimmt beobachtete Mrs Kranski aus 7B im Moment diese Szene. Möglicherweise konnte Maria die Frau davon überzeugen, dass sie auf dem Weg zu einer Beerdigung war.
Nachdem Maria sich von Antonios Fahrer beim Aussteigen hatte helfen lassen, eilte sie zur Tür und gab den Zugangscode ein. Kurz darauf betrat sie den Aufzug und tippte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden, bis der Fahrstuhl sich in Bewegung setzte. Oben angekommen rannte sie zu ihrer Apartmenttür und betrat atemlos ihr Zuhause.
War sie etwa wahnsinnig geworden? Sie hatte doch nicht tatsächlich zugestimmt, mit diesem Fremden ganz alleine ihren Geburtstag zu feiern? Doch sie musste das jetzt durchziehen. Nach dem Mittagessen würde sie ihm ein großzügiges Trinkgeld geben und noch vor achtzehn Uhr zu Hause sein. Dann kamen nämlich ihre Nachbarn von der Arbeit.
Zehn Minuten später hatte sie sich einen lilafarbenen Pullover und einen schwarzen Baumwollrock mit einer schwarzen Strumpfhose angezogen. Schließlich noch die passenden schwarzen Pumps sowie ihre goldenen Ohrringe dazu, und fertig. Natürlich trug sie zudem etwas Make-up auf, bevor sie das Apartment verließ.
Sie war bereit.
Als sie bei der Limousine ankam, sprang Antonio sofort heraus und half ihr erneut hinein.
„Die Agentur trainiert Sie jedenfalls sehr gut“, murmelte sie, als sie auf dem grauen Ledersitz Platz nahm.
„Mi scusi?“ Er setzte sich neben sie.
„Nun“, begann sie nervös. „Heute scheint ja keiner mehr die guten alten Manieren zu besitzen. Meine Mutter hat sich immer darüber aufgeregt.“ Maria wusste, dass sie zu viel redete. Aber sie musste etwas gegen ihre Nervosität tun. „Wie heißen Sie denn nun wirklich?“, fragte sie lächelnd.
Wieder sah er sie auf diese besondere Art und Weise an. Als würde sie ihn amüsieren. Nicht, dass sie nicht unterhaltsam sein wollte. Aber normalerweise waren die Männer in ihrer Nähe nicht so aufmerksam und neugierig.
„Antonio“, erwiderte er nach einer Weile. „Das ist mein richtiger Name.“
„Oh.“ Vielleicht log er tatsächlich nicht.
„Lebt Ihre Mutter in Ihrer Nähe?“
„Nein“, sagte Maria etwas traurig“, als die Limousine losfuhr. „Meine Mutter ist vor zwei Jahren an Krebs gestorben.“
„Das tut mir leid“, entgegnete er sanft.
Ihr war klar, dass er sofort mitbekommen würde, wenn ihr die Tränen in die Augen stiegen. Deshalb riss sie sich zusammen. „Es war sehr hart. Für uns beide. Wir standen uns sehr nahe.“
„Aber Sie haben ja noch den Rest Ihrer Familie.“
Sie schüttelte den Kopf. „Eine wirklich enge Beziehung habe ich zu niemandem. Aber das ist schon in Ordnung. Mein Vater war nie für mich da, und ich bin Einzelkind. Ich habe eine Tante in Connecticut. Wir schicken uns Karten zu Weihnachten, mehr nicht.“
„Sie sind also tatsächlich alleine.“
Als sie ihn ansah, hätte sie schwören können, ehrliches Mitgefühl in seinen Augen zu erkennen. Seltsam. Bei jemandem mit seinem Beruf hätte sie das nicht erwartet. Sie hatte angenommen, dass Männer wie er mit der Zeit immun gegen die persönlichen Probleme ihrer Klienten wurden. Wie Barkeeper.
„Ich habe meine Arbeit“, erklärte sie. „Die kann recht zufriedenstellend sein.“ Ein weiteres Mal sah sie ihn an und fragte sich, warum er plötzlich so still geworden war. Worüber dachte er wohl nach?
Einen Moment später beugte sich Antonio nach vorne und sprach mit seinem Fahrer. Maria konnte nicht hören, worüber.
Sie fuhren über die Wisoncin Avenue ins Stadtzentrum. Schließlich blieb die Limo vor einem Geschäft stehen, an dem Maria bereits viele Male vorbeigelaufen war, in das sie allerdings niemals einen Fuß setzen würde.
„Seit wann kann man bei Versace zu Mittag essen?“, fragte sie skeptisch.
„Gar nicht. Ich habe meine Pläne geändert. Dort, wo wir hingehen, brauchen Sie etwas, in dem Sie sich wohler fühlen.“
Sie sah an sich hinab. „Ist das nicht schick genug?“
Mit erhobenen Brauen musterte er sie. „Es wird Ihnen nicht gerecht. Kommen Sie. Wenn Ihnen nichts gefällt, müssen wir nichts kaufen.“
Sie schnaubte. „Dieser Teil kann nicht im Paket inbegriffen sein. Meine Kollegen würden niemals so viel für mich springen lassen. Wissen Sie überhaupt, wie teuer dieser Laden ist?“
„Das bekommen wir schon hin“, sagte er schlicht.
Sie starrte ihn an und lächelte. Langsam wurde sie wagemutig. „Na gut. Wenn Sie so risikofreudig sind, will ich es ebenfalls sein. Aber keiner bei Versace kommt auch nur in die Nähe meiner Kreditkarte.“
Lachend schüttelte er den Kopf. „Einverstanden, cara.“
Eine Stunde später verließen sie das Geschäft mit einer edlen goldenen Schachtel, in der Marias alte Sachen unter mehreren Lagen Papier versteckt worden waren. Sie trug nun ein elegantes hellblaues Kleid aus Kaschmir mit einer goldenen Brosche und schmale italienische Lederschuhe mit winzigen Absätzen.
All diese Dinge hatte Antonio gekauft, ohne auch nur einen Dollar oder eine Kreditkarte zu zücken. Er hatte einfach etwas unterschrieben. Und als sie gegangen waren, hatten die Mitarbeiterinnen sogar einen Knicks vor ihm gemacht.
Maria glaubte ihm langsam. Fast.
Falls er kein Adliger war, besaß er zumindest ein unbegrenztes Kreditkartenlimit. Und beides war wohl ungewöhnlich für einen einfachen Callboy.
Vielleicht musste sie ihre Meinung über ihn tatsächlich ändern.
Als Nächstes hielten sie vor I Matti, einer gehobenen toskanischen Trattoria in der achtzehnten Straße. Antonio bestellte für sie beide, und Maria war höchst angetan von seiner Auswahl. Sie aßen Lamm mit Pasta in einer schmackhaften Tomatensoße mit Olivenöl. Dazu tranken sie einen köstlichen Barolo.
„Sie sind also wirklich Italiener“, schloss sie, als sie zur Limousine zurückkehrten.
„Ja.“
„Und reich?“
„Sehr.“ Er schien eher amüsiert als beleidigt über ihre Fragerei zu sein.
Sie lachte und dachte an die Zeiten, als viele sie für leichtgläubig gehalten hatten.
Im Alter von sieben Jahren war sie beispielsweise auf Donny Apericcios Doktorspielchen hereingefallen wie kein anderes Mädchen. Aber diese Dinge gehörten der Vergangenheit an. Es waren Peinlichkeiten, über die sie längst hinweg war. Deshalb würde sie auf keinen Fall zulassen, dass ein Fremder sie verführte. Egal, ob er reich war oder nicht.
„So“, meinte sie und schob Antonios Hand von ihrem Knie, wo sie seit der Weiterfahrt ruhte. „Da Sie ein so ehrlicher Prinz sind, haben Sie bestimmt eine perfekte Erklärung dafür, dass Sie sich in Amerika aufhalten und für einen Callboy eingesprungen sind.“
„Si, mein ehemaliger Kammerdiener hat sich für mich ausgegeben und damit dem Ruf meiner Familie geschadet.“
„Kammerdiener“, wiederholte sie nachdenklich. „Was tun Sie in Italien? Besitzen Sie ein Weingut oder so etwas in der Art?“
„Einige Olivenhaine, eine Mühle zur Herstellung des Öls und eine Fabrik zur Abfüllung der Flaschen.“ Er lächelte stolz. „Das alles ist schon seit Generationen in Familienbesitz.“
„Hören Sie, ich hoffe, Sie verstehen meine Verwirrung. Ich kenne Sie nicht, aber dafür meine Kollegen. Die haben einmal einem Mann, der in Rente ging, eine Stripperin in einem Pizzakostüm geschenkt. Und dann gab es da auch noch das singende Känguru.“
„Känguru?“
„Das wollen Sie nicht wirklich wissen“, versicherte Sie und verdrehte die Augen. „Ich mache das hier alles nur, um mir die Schmach im Büro zu ersparen.“
Er wirkte ein wenig enttäuscht. „Ich dachte, Sie sind mitgekommen, weil Sie nie zuvor in einer Limousine gefahren sind.“
„Das war ein weiterer Grund“, gab sie rasch zu. Dabei gefiel es ihr gar nicht, dass er sich an ihre kindische Reaktion von vorhin erinnerte. „Ich brauche allerdings nicht dieses Siegergefühl und dieses tolle Essen, um glücklich an meinem Geburtstag zu sein. Ein gutes Buch und ein heißes Bad reichen mir völlig. Es macht mir nichts aus, alleine zu sein“, fügte sie hinzu, als er etwas sagen wollte. „Ich genieße die Zeit für mich.“
Das entsprach der Wahrheit. Fast jedenfalls.
Sie hatte sich immer schon viel Zeit für sich selbst gegönnt. Zeit, um zu lesen, in ihr Tagebuch zu schreiben, im Garten zu arbeiten und ungestört CDs ihrer Lieblingsoper zu hören. Einem leidenschaftlich singenden Tenor zu lauschen, während sie mit einer Tasse Tee in der Badewanne lag, fühlte sich himmlisch an.
Doch manchmal sehnte sie sich danach, jemandem beim Abendessen von ihrem Tag zu erzählen und dann später eng an ihn gekuschelt einzuschlafen.
Sex? Das Wort kam wie aus dem Nichts. Ja, Sex wäre schön.
Alle sagten, dass er ein unverzichtbarer Teil des Lebens wäre. Aber ihrer Meinung nach wurde Sex zu viel Bedeutung zugemessen. Eines Tages würde sie sich ihre eigene Meinung bilden. Doch erst, wenn sie den richtigen Mann zum Heiraten gefunden hatte.
Sie hatte sich das Versprechen gegeben, bis dahin ihre Unschuld zu behalten. Ihre Mutter hatte sich der Lust hingegeben und am Ende allein mit einem Baby dagestanden. Natürlich war Maria neugierig. Und je mehr Jahre vergingen, desto mehr machte sie sich Sorgen, dass sie zu alt für Nachwuchs wurde. Trotzdem würde sie keine Dummheit begehen.
Erneut landete Antonios Hand auf ihrem Knie. Diesmal musterte Maria seine Hand nachdenklich, anstatt sie sofort wegzuschieben. „Wo geht es als Nächstes hin?“, fragte sie.
„Als Nächstes fahren wir zum Espazio Italia. Als ich das letzte Mal hier war, habe ich dort die schönsten Terrakottagefäße außerhalb Italiens gefunden. Ich möchte gerne Geschenke für meine Familie kaufen. Und wenn Sie möchten, auch etwas für Sie.“
Sie zuckte mit den Schultern. Mittlerweile war ihr klar, dass es einfacher war, diesem sturen Mann nicht zu widersprechen. „Hört sich nett an. Warum nicht?“
Weshalb fühlte es sich trotzdem an, als würde sie gerade eine Dummheit begehen?
Warum hatte sie das Gefühl, dass es falsch war, einfach mit diesem Mann mitzugehen und die Kontrolle zu verlieren?
Maria war sehr angetan von den beeindruckenden Tonwaren aus Sizilien, Taormina und Grottaglie. Die strahlenden Farben erinnerten sie an die wunderschöne Landschaft am Mittelmeer. Allein der Anblick erfreute sie.
Antonio kaufte eine schöne glasierte Schüssel und ein kleines schwarzes Pferd. Er ließ alles für die Reise einpacken. Es wirkte etwas seltsam, dass er Dinge kaufte, die aus seinem eigenen Land stammten. Aber vielleicht ließ ihm die Arbeit einfach keine Zeit, zu Hause einkaufen zu gehen.
Auch für Maria wollte er eine hübsche Vase kaufen, die ihr gefiel. Aber nachdem sie das Preisetikett gelesen hatte, lehnte sie höflich ab. „Ich spare dafür und komme eines Tages hierher zurück“, meinte sie. Doch sie wusste genau, dass sie sich die Vase niemals leisten konnte. Alles in diesem Geschäft war sündhaft teuer.
Bei Sonnenuntergang fuhren sie zurück nach Washington. Maria kuschelte sich in den bequemen Sitz. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so entspannt und zufrieden gewesen war. Falls ihre Kollegen sie erniedrigen wollten, war dieser Plan gründlich schief gegangen. Dieser Tag mit Antonio war ein wunderbares Geschenk.
Als die Limousine vor Marias Apartmentgebäude stehen blieb und sie sich zur Tür wenden wollte, umfasste Antonio Marias Nacken und presste sie näher an sich.
„Sei bellissima“, murmelte er und küsste sie ganz sanft auf die Lippen.
Das alles passierte so schnell, dass ihr keine Zeit blieb zu protestieren. Als er sich von ihr löste, war sie erst mal sprachlos.
„Sie glauben mir immer noch nicht“, meinte er. „Ich sehe es in Ihren Augen.“
Maria zuckte mit den Schultern und flüsterte: „Ich glaube Ihnen, dass Sie Antonio Boniface aus Italien sind. Nur das mit dem Prinzen erscheint mir etwas zu märchenhaft.“
„Schade, dass Sie so eine vorsichtige Frau sind.“ Mit einem Finger berührte er ihr Kinn und strich zuerst über ihre Wange und dann zu ihrem empfindlichen Ohrläppchen.
„Was ist falsch daran, vorsichtig zu sein?“ Sie war wie hypnotisiert von seiner Stimme und seinen Berührungen.
„Dadurch entgehen Ihnen viele Freuden des Lebens.“
Sie lachte nervös. Ihr Herz pochte wie wild in der Brust. „Ich nehme an, Sie reden nicht von einem Schokoladenkuchen oder einem guten Film?“
„Nein“, erwiderte er amüsiert.
„Hören Sie, ich weiß, worauf Sie anspielen. Ich schlafe eben nicht mit jedem.“
„Das ist mir klar.“ Er streichelte jetzt ihre Lippen.
Sie schluckte. „Ach, ja?“
Langsam nickte er. „Sie sind leicht zu durchschauen, Maria McPherson. Sie waren ein folgsames Kind und sind eine vorsichtige Frau. Sie verführen keine Männer – jedenfalls nicht absichtlich. Ich …“ Nachdenklich musterte er sie und fuhr mit den Fingern zu ihrem Nacken, wo er ihr das Haar zerzauste.
Maria war wie elektrisiert.
„Ich habe fast das Gefühl, dass Sie etwas zu vorsichtig sind“, beendete er den Satz.
„Wie … Wie meinen Sie das?“, fragte sie atemlos.
„Sie vermeiden jegliche Befriedigung, da Sie vor Männern wegrennen.“
Wollte er damit sagen, dass sie noch Jungfrau war? „Das Ganze wird mir langsam etwas zu persönlich“, stammelte sie.
Er lächelte entschuldigend, zog die Hand jedoch nicht zurück, sondern spielte weiter mit ihren blonden Locken.
„Ich bewundere Ihre Entscheidung“, sagte er. „Es ehrt Sie sehr, dass Sie auf den Richtigen warten möchten. Jeder Mann sollte das respektieren. Trotzdem frage ich mich, warum eine wunderschöne Frau wie Sie nicht etwas experimentieren möchte.“
„Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht neugierig bin“, platzte sie heraus und bereute es sogleich. Wo war eigentlich der Fahrer? Er saß weder hinter dem Steuer, noch schien er draußen zu warten. „Natürlich fragt man sich, wie es ist und warum alle darüber sprechen. Immerhin gibt es kaum einen Film, in dem nicht eine solche Szene vorkommt. Es ist etwas ganz Natürliches.“
„Ganz genau. Es ist etwas Natürliches.“ Wieder war da dieses mysteriöse Lächeln.
„Hören Sie.“ Sie schuldete ihm keine Erklärung, wollte ihm aber trotzdem eine liefern. „Dass ich nicht mit Ihnen schlafen möchte, hat nichts mit Ihrem Äußeren zu tun. Glauben Sie mir, wenn ich jetzt jemanden auswählen würde, wären Sie meine erste Wahl. Außerdem benehmen Sie sich sehr höflich und haben diesen tollen Akzent. Mit Ihnen kann man bestimmt viel Spaß haben.“
„Aber Sie würden nicht mit mir schlafen?“, zog er sie auf. Trotzdem blieb er ernst dabei. Der Ausdruck in seinen unglaublich blauen Augen war schwer zu deuten.
„Nein!“, erwiderte sie nach Luft schnappend. „Ich kenne Sie doch gar nicht, Antonio. Woher weiß ich, dass Sie nicht verheiratet sind?“
„Ich war sehr ehrlich zu Ihnen. Ich habe Ihnen meinen Namen verraten und Ihnen gesagt, woher ich komme. Verheiratet bin ich übrigens nicht. Dio! Ihnen ist anzusehen, dass Sie mir noch immer nicht glauben.“ Er wirkte frustriert. „Wie können wir uns denn wenigstens ein wenig näherkommen? Sagen Sie es mir.“
Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. Seine Gefühle wollte sie nicht verletzen. „Kommen Sie am besten mit hoch auf einen Kaffee. Ich glaube, ich habe auch einen Kuchen im Kühlschrank. Aber wir reden nur, okay? Alles andere ist ausgeschlossen.“
„Einverstanden.“
Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass er ihre Vorbehalte nicht ernst genug nahm. Das gefährliche Funkeln in seinen Augen bereitete ihr Sorgen. Allerdings war sie bereits zu dem Schluss gekommen, dass er keine Bedrohung für sie darstellte. Und falls doch, gab es ja noch ihre Nachbarn. Da die Wände recht dünn waren, würden die sofort mitbekommen, wenn sie schrie. Hier in Bethesda achtete man auf seine Nachbarn.
Nachdem sie die Tür zu ihrem Apartment geöffnet hatte, wollte sie sich umdrehen, um diese wie gewohnt hinter sich abzuschließen. Da spürte sie Antonio hinter sich. Sein Atem fühlte sich warm an auf ihrem Nacken. Es war ein sehr angenehmes Gefühl.
Sie musste aufpassen, dass er sie nicht wieder küsste. Deshalb trat sie einen Schritt zur Seite, ging um ihn herum und schloss dann die Tür ab. Anschließend machte sie sich auf den Weg in die Küche.
Zum Glück folgte er ihr nicht. Stattdessen schlenderte er durch das kleine Apartment und sah sich ihren Krimskrams an: ihre Muschelsammlung, die Mokkatassen und die Untertassen auf dem Wandregal. Währenddessen kochte sie Kaffee und versuchte, ruhig zu bleiben.
Schließlich setzten sie sich zusammen auf die Couch, tranken Kaffee und schwiegen. Ihr Herzschlag dröhnte Maria in den Ohren. Ihre Hände waren warm und feucht.
Am Ende war sie es, die das vorherige Gespräch wieder aufgriff. „Meiner Meinung nach ist Sex nur ein Aspekt einer komplexen Beziehung, die sich mit der Zeit zu einer Ehe entwickelt. Meine Mutter hat mich in sehr jungen Jahren bekommen. Meinetwegen konnte sie nicht aufs College gehen. Ihr ganzes Leben lief anders ab, weil ich auf die Welt gekommen bin. Und weil mein Vater abgehauen ist, als meine Mutter ihm erzählt hat, dass sie ein Kind von ihm erwartet.“
„Sie hat Sie beide alleine durchgebracht?“
„Ja. Das muss unglaublich schwer für meine Mutter gewesen sein. Ich will einfach nicht, dass mir das Gleiche passiert. Dass ich alleine ein Kind großziehen muss. Ich möchte zuerst heiraten und dann irgendwann Kinder bekommen. Alles soll in der richtigen Reihenfolge ablaufen. Verstehen Sie?“
Er aß ein Stück vom Kuchen und nickte nachdenklich. „Ja.“
„Aber Sie haben recht. Jeder Mensch ist neugierig. Sie müssen wissen, dass meine Kollegen mir bei der Arbeit regelmäßig Witze erzählen und mich im Anschluss dann immer mustern, um herauszufinden, ob ich sie verstanden habe. Die wissen irgendwie, dass ich … unerfahren bin. Und es amüsiert sie.“
„Sie sind reizend“, murmelte Antonio und lächelte.
„Und Sie haben immer nur das Eine im Kopf.“ Sie verdrehte die Augen und lachte über seinen gekränkten Gesichtsausdruck.
Im nächsten Moment stellte er den Kuchenteller auf den Tisch und beugte sich mit beiden Händen auf den Knien zu ihr. „Ich bin nicht nur auf Sex aus. Ich hatte einfach lange keine Zeit, mit einer schönen Frau zusammen zu sein. Es ist Jahre her.“
Sie aß einen Happen von ihrem Kuchen. Antonio war ganz sicher ein ungewöhnlicher Mann. Er war schwer zu durchschauen. Es war Jahre bei ihm her? „Wollen Sie mir etwa erzählen, dass Sie Ihren ehemaligen Angestellten nun nicht mehr vertreten? Ist das Ganze jetzt persönlich für Sie geworden?“
„Das war es von Anfang an.“ Er wandte sich ab, sodass sie seine Miene nicht sehen konnte. „Was wird passieren, wenn Sie zur Arbeit zurückkehren?“, fragte er.
Maria verzog das Gesicht. „Na ja, man wird mich mit Fragen bombardieren. Sie werden jedes Detail von mir wissen wollen.“
„Und werden Sie ihnen alles verraten?“
„Ich werde ihnen von dem Restaurant und dem köstlichen Essen erzählen. Und von den Designerklamotten und den schönen Keramiken.“
„Aber Ihre Kollegen werden nach mehr gieren. Sie werden wissen wollen, was später passiert ist.“
„Ja, so wird es wohl sein.“ Allein der Gedanke daran war ihr unangenehm. „Ich werde ihnen erzählen, dass nichts passiert ist.“
Er nickte. „Si. Und die Kollegen werden lachen. Wie zuvor.“
„Ganz sicher werden sie das.“ Sie starrte ihren halb aufgegessenen Kuchen an und stellte den Teller mit einem frustrierten Seufzen auf den Tisch. Da kam ihr ein Gedanke. „Ich könnte etwas erfinden. Was denken Sie? Vielleicht lassen die Kollegen mich ja in Ruhe, wenn ich ihnen von einem Techtelmechtel mit Ihnen im Bett erzähle. Dann begreifen sie, dass der Schuss für sie nach hinten losgegangen ist.“
„Wie gut sind Sie denn im Lügen?“
Mit gespitzten Lippen dachte sie nach. „Nicht besonders.“
„Das ist ein Problem.“ Er stand auf und ging zum einzigen Fenster im Raum. Wahrscheinlich langweilte sie ihn langsam. „Rufen Sie im Büro an und hinterlassen Sie die Nachricht, dass Sie morgen nicht kommen können“, sagte er plötzlich.
Sie lachte. „Warum sollte ich das tun?“
Als er sich zu Maria umdrehte, war da wieder dieses mysteriöse Funkeln in seinen Augen. „Weil Sie eine Liebesaffäre haben.“
„Wie bitte?“
„Weil Sie sich nicht von dem Mann trennen können, mit dem Sie einen Nachmittag voller Leidenschaft im Bett verbracht haben.“
„Sie spinnen ja!“
Er eilte zu ihr, ergriff Maria an den Schultern und zog sie hoch. „Wollen Sie als die lammfromme, eingeschüchterte Maria ins Büro zurückkehren? Das hilflose Opfer Ihrer Kollegen?“
„Nun ja, nicht wirklich. Aber früher oder später muss ich ja wieder zur Arbeit. Immerhin verdiene ich mit diesem Job mein Geld. Und wenn meine Kollegen mir in die Augen sehen, wissen sie sofort, dass nichts passiert ist.“
„Genau.“
Nachdenklich kaute sie auf ihrem Fingernagel, doch es beruhigte sie nicht. „Gibt es nicht eine Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln, ohne es wirklich zu tun?“
„Es gibt da gewisse Filme, aber die sollte eine Frau wie Sie nicht unbedingt sehen.“
„Ich weiß auch nicht, ob ich andere dabei beobachten möchte.“ Sie spürte, wie sie errötete. „Jedenfalls werde ich mich keinem Mann hingeben, bevor ich nicht verheiratet bin. Punkt.“
„Nicht so voreilig.“
Kurz schielte sie nach ihm. Plötzlich musste sie an Donny Apericcio denken. „Falls das ein Trick sein soll, mit dem Sie mich ins Bett …“
„Es ist kein Trick, sondern ein Vorschlag.“
Sie starrte ihn nur an.
Er schien zu merken, wie wenig begeistert sie war. „Ich nehme an, Sie haben das Alter von zweiundzwanzig Jahren nicht erreicht, ohne geküsst zu werden?“
„Ich bin fünfundzwanzig, danke. Natürlich wurde ich geküsst. Und ich habe die Küsse viele Male erwidert.“
„Gut. Haben Sie einen Mann berührt und zugelassen, dass er Sie berührt?“
„Meinen Sie Petting?“ Ihre Wangen mussten mittlerweile glühen. „Natürlich. Ein wenig. Es war okay.“
„Wenn es nur okay war, sind Sie nicht wirklich angefasst worden“, erwiderte er mit heiserer Stimme.
Er stand zwar auf der anderen Seite des Raumes, doch trotzdem durchfuhr ein Stromstoß ihren ganzen Körper. Sie zuckte zusammen und versuchte, sich zusammenzureißen. „Ich bin mir nicht sicher, was Sie meinen.“
„Ich würde Ihnen gerne zeigen, wie es zwischen einem Mann und einer Frau sein kann – ohne dass Sie dabei Ihre Unschuld verlieren. Ich könnte Ihr Lehrer sein, cara.“
Sie schluckte und wurde ganz starr. „Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist. Selbst darüber zu reden, ist keine gute Idee.“
Sie ging zur Tür. Gerade hatte Maria beschlossen, ihn hinauszubitten. Aber Antonio war schneller als sie. Wie der Blitz eilte er zu ihr und versperrte ihr den Weg. Er war ihr plötzlich so nahe, dass sie seinen warmen Körper spüren konnte.
„Ich würde nichts tun, was Sie verletzen könnte“, versprach er. „Ich würde sofort aufhören, wenn Ihnen etwas unangenehm ist.“
Sie runzelte die Stirn. Das klang so, als würden sie beide etwas davon haben. Nur warum zog sie so eine dumme Aktion überhaupt in Betracht?
Weil sie ihn mochte. Und weil sie neugierig war. Sie wusste gar nicht, seit wann sie sich schon fragte, wie es wohl wäre, mit einem Mann zu schlafen oder intim zu werden.
Sie wollte wissen, wie ein nackter Mann aussah und was ihr Zukünftiger in der Hochzeitsnacht mit ihr tun würde. War es nicht besser, wenn sie darauf vorbereitet war und wusste, wie sie reagieren sollte?
Am Anfang hatte sie sich eingeredet, dass es ein aufregender Teil des Heiratens war – das Unbekannte. Man freute sich auf das Unvorhersehbare und das Neue. Doch als die Zeit vergangen und kein Mann auch nur annähernd zum Heiraten in Betracht gekommen war, hatte sie sich gefragt, ob sie wirklich das Richtige tat. Wartete sie vielleicht nur, weil sie Angst hatte?
Sie sah Antonio an. Er musterte sie aufmerksam.
„Wenn wir uns länger kennen würden, könnte ich Ihren Vorschlag in Betracht ziehen“, meinte sie. „Denn dann würde ich Ihnen vertrauen.“
„Rufen Sie im Büro an“, flüsterte er. „Geben Sie Bescheid, dass Sie morgen nicht kommen.“
Sie konnte nicht den Blick von ihm wenden und vergaß fast, zu atmen. Seine Aura war vollkommen vereinnahmend.
Dieses Date mit Antonio war völlig verrückt – und ein wenig beängstigend. Aber es war auch unglaublich aufregend!
Sie musste sich eingestehen, dass sein Vorschlag mehr als verführerisch war. Und auch wenn es sich merkwürdig anhören musste, vertraute sie diesem Mann doch ein wenig. Er war seriös, gebildet und intelligent. Alles in allem hatte sie ein gutes Gefühl bei ihm.
Allerdings hatte sie nie zuvor einen Mann getroffen, der so attraktiv war und gleichzeitig wusste, welche Macht er über Frauen besaß. Ihr waren die Blicke nicht verborgen geblieben, die mehrere Frauen ihm im Restaurant und in den Geschäften zugeworfen hatten. Maria war nicht die Einzige, die sich zu ihm hingezogen fühlte. Er wusste das. Doch er hatte es sich kaum anmerken lassen.
Wenn irgendjemand etwas über den Akt der Liebe wusste, dann war es Antonio.
„Ich rufe an“, platzte es aus ihr heraus. Sogleich schaltete sie jedoch einen Gang zurück. „Wir können den morgigen Tag zusammen verbringen und nette Dinge tun, so wie heute. Aber der Rest …“ Sie schüttelte den Kopf.
Gelassen nickte er. Was er dachte, sah man ihm nicht an. „Wie Sie wünschen. Morgen können wir ein oder zwei Museen besuchen, zu Mittag essen und über das Leben philosophieren.“ Er lächelte ermutigend.
„Hört sich gut an.“ Sie seufzte erleichtert. „Kein Gerede mehr über Sex?“
„Nicht ein Wort.“
Sie musterte ihn einen Moment lang. Langsam begann sie, ihm wirklich zu vertrauen.
Plötzlich musste sie daran denken, wie es wäre, wenn er sie mit seinen starken Händen streicheln würde. Warum hatte sie das Gefühl, dass sie beide gerade einen stillen Pakt eingegangen waren, dessen Bedingungen sich erst später herausstellen würden?
Antonio stand vor dem Gemälde, auf das er sich am meisten gefreut hatte. Es gehörte zu einer Sammlung von Portraits italienischer Frauen aus der Renaissance, die vorübergehend in der Nationalen Kunstgalerie ausgestellt wurden. Als er Maria zum ersten Mal gesehen hatte, war ihm sofort die Frau auf diesem Bild eingefallen.
Nun musterte Maria die feinen Gesichtszüge der stolzen Frau, und Antonio freute sich über Marias Interesse an dem Bild. Konzentriert legte sie die Stirn in Falten und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Was geht Ihnen gerade durch den Kopf?“, wollte er wissen.
„Ich weiß nicht genau. Das Bild wirkt so real. Ich kann aber nicht sagen, warum das so ist.“
„Was sehen Sie, wenn Sie das Bild anschauen?“
„Sie trägt ein sehr schönes Kleid.“
„Das ist ein Symbol ihres Reichtums.“
„Da ist noch etwas anderes.“
Er beugte sich näher zu Maria und berührte fast mit den Lippen ihr Ohr. „Sehen Sie es denn nicht?“
Ihre Augen wurden größer. „Sie denken doch nicht, dass es eine Ähnlichkeit zwischen der Frau und mir gibt, oder?“
„Die gibt es ganz sicher“, erwiderte er erfreut. Spontan nahm er mehrere ihrer Strähnen zwischen die Finger und legte sie wie einen Kranz auf ihren Kopf. „Sehen Sie mich an, cara.“
„Antonio“, flüsterte sie. „Die Leute beobachten uns.“
„Das macht nichts.“ Er lächelte. „Ich betrachte gerade eine Frau aus der Renaissance. Wie die auf dem Bild.“
Peinlich berührt lachte sie und schob seine Hände weg. „Ich hatte heute sehr viel Spaß. Dabei habe ich vergessen, wie gerne Sie Frauen schmeicheln.“
Sie irrte sich. Wie lange war es her, dass er sich überhaupt für eine Frau interessiert hatte? Seit Annas Tod hatte er sich kaum amüsiert. Aber bei Maria spürte er etwas Besonderes. Sie war nicht nur attraktiv. Seit ihrer ersten Begegnung fühlte er sich ihr ganz nahe. Erst später war ihm der Grund dafür klar geworden.
Das Gemälde.
Maria erinnerte ihn an diese adlige italienische Frau, die sogar verwandt mit seiner eigenen Familie gewesen war. Er konnte sich gut vorstellen, wie Maria ebenfalls ein perlenbesticktes Haarband trug. Genau wie die Frau auf dem Bild. Die Vorstellung weckte Begierde in ihm.
Er schloss die Augen und fragte sich, warum er sich zwei Jahre nach Annas Tod erlaubte, eine Frau aus einem anderen Land zu begehren. Es war nicht ratsam, mit einer Frau wie ihr eine Affäre zu führen. Sie würde seine geplagte Seele nicht heilen können. Sie suchte einen Mann zum Heiraten. Aber genau das würde Antonio niemals wieder tun.
Er öffnete die Augen und ging zur Büste einer Patrizierin. Maria folgte ihm und stellte sich schweigend neben ihn. Woran dachte sie jetzt nur?
Von da an sagte keiner mehr etwas, und beide hingen ihren eigenen Gedanken nach, während sie gemeinsam durch das Museum gingen.
Als Nächstes fuhren sie zu der privaten Corcoran Gallery of Art. Antonio führte Maria schweigend durch die Räume voller griechischer und römischer Antiquitäten.
Als sie mehrere glasierte Majolika-Schalen entdeckte, strahlte sie. „Die sind wunderschön. Allein vom Ansehen bekommt man gute Laune.“
Erstaunt musterte er Maria. Brauchte es so wenig, um diese Frau glücklich zu machen? Eine einfache Schale reichte, um sie zum Lächeln zu bringen. Er wünschte, sein Leben wäre so einfach wie ihres.
Auf einmal fiel ihm das Atmen schwer. Das Atrium, das sie gerade betreten hatten, wurde schwarz um ihn herum. Er starrte in die Gärten, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Die Traurigkeit überwältigte ihn.
Nach einer Weile bemerkte er, dass Maria neben ihm stand. Er hatte sie nicht kommen hören.
„Ist alles in Ordnung?“, erkundigte sie sich. „Habe ich etwas Falsches gesagt?“
Einen Moment lang fehlten ihm die Worte. „Nein. Tut mir leid, dass ich Ihnen die Laune verdorben habe.“
Sie lachte. „Das haben Sie ganz sicher nicht. Hören Sie, so viel Spaß wie heute hatte ich seit Ewigkeiten nicht mehr. Vielleicht noch nie. Und das liegt ganz an Ihrer netten Gesellschaft. Ich wünschte, ich hätte öfter Zeit fürs Museum. So teuer ist es ja nicht.“
„Ich sollte auch häufiger ins Museum gehen.“ Er war froh, dass seine Stimme nicht mehr stockte. „Ich sollte wieder leben.“
„Wie bitte?“
„Ach, nichts, cara. Lassen Sie uns zu Mittag essen. Ich kenne ein fantastisches Restaurant. Es wird Ihnen gefallen.“
Er fuhr mit ihr zum Coeur de Lion, einem beliebten Restaurant in der Stadt, in dem er seinen ersten amerikanischen Kunden gewinnen wollte. Antonio plante, Boniface Olive Oils auf dem amerikanischen Markt einzuführen. Und das wollte er mithilfe edler Restaurants wie diesem hier erreichen.
Die gewölbte Decke des Speiselokals, durch dessen Fenster Sonnenlicht in den Saal fiel, hob Antonios Stimmung. Er hatte sich vorgenommen, Marias Laune nicht weiter zu trüben. Immerhin feierten sie auch heute noch ihren Geburtstag.
Sie saßen auf gepolsterten Stühlen an einem abgelegenen Tisch, der mit einer schweren Damastdecke bedeckt war. Antonio erzählte Maria Geschichten aus Apulien, seiner Heimat in Italien. Und Maria hörte gespannt zu.
Morgen bin ich nicht mehr da, dachte er. Er hatte seinen Flug erneut umgebucht. Länger würde er aber nicht mehr bleiben können. Da die Sache mit Marco nun erledigt war, konnte er sich wieder um seine Olivenhaine kümmern. Es gab dort viel zu tun.
Nachdem sie das Restaurant verlassen hatten, fuhren sie zu Marias Apartment. Es war fast drei Uhr nachmittags.
„Ich hätte nicht so viel Wein trinken sollen“, stellte Maria leicht angeheitert fest und versuchte, ihren Schlüssel aus der Tasche zu fischen. „Ich werde wohl vor dem Abendessen einschlafen. Allerdings weiß ich sowieso nicht, ob ich noch etwas essen kann. Ich bin pappsatt. Das Essen war köstlich.“
Lächelnd nahm er ihr den Schlüssel ab und öffnete die Tür zu ihrem Apartment. Wie ein kleines Kind drehte sie sich zweimal im Kreis und fiel lachend auf die Couch. „Sie verlassen nun die Stadt, richtig?“, fragte sie mit geschlossenen Augen.
„Ja. Es ist besser so.“
Sie nickte. „Sie haben wahrscheinlich recht.“
„Wahrscheinlich?“ Er runzelte die Stirn. Hatte sie ihre Meinung etwa geändert? „Ich dachte, Sie möchten nicht noch mehr Zeit mit mir verbringen.“
„Ich war … bin … mir da nicht mehr so sicher.“ Sie seufzte und öffnete die Augen. „Das muss wohl am Wein liegen, dass ich so etwas sage. Gestern Nacht, als Sie gegangen sind, habe ich nachgedacht … Nein, das kann ich nicht sagen.“
„Was denn?“, fragte er lächelnd. Ihre Verwirrung amüsierte ihn.
Ihre Wangen röteten sich. „Nicht, dass Sie mich falsch verstehen, aber Ihre Idee … Ihr Vorschlag mit dem Lehren … Nun, er gefällt mir.“
Er lachte sanft. Gleichzeitig spürte er, wie die Begierde in ihm erwachte. „Tatsächlich? Aber Sie haben doch gesagt, dass Sie mich nicht gut genug kennen würden, um mir vertrauen zu können.“
„Das habe ich. Und der Meinung bin ich nach wie vor. Man muss einem Menschen vertrauen, um intim mit ihm werden zu können, oder?“
„Das wäre sehr vernünftig.“ Er ging zu ihr und warf den Schlüssel auf den Couchtisch vor ihr.
„Ja, und insbes…“ Es fiel ihr schwer, das Wort auszusprechen. „Ins-be-sondere wenn die andere Person weitaus mehr Erfahrungen gesammelt hat. Da gibt es ja auch viele Krankheiten, die man sich einfangen kann. Darüber sollte man Bescheid wissen. Kann ja sehr gefährlich sein.“
„Da brauchen Sie sich bei mir keine Sorgen zu machen.“
„Warum nicht?“
Ihr skeptischer Blick gefiel ihm. Sie verzog die Lippen zu einem Schmollmund und zog die Brauen hoch. Ein bisschen wie ein kleines Mädchen. Er sehnte sich danach, diese Frau zu küssen. Allerdings wollte er die Situation nicht ausnutzen. Die Wirkung des Weins hatte noch nicht bei ihr nachgelassen.
„Weil ich sehr vorsichtig bin“, erwiderte er. Und weil er in den letzten Jahren mit keiner Frau zusammen gewesen war. Außerdem war er in den fünf Jahren vor Annas Tod kein einziges Mal fremdgegangen. „Sagen wir einfach, ich bin gesund. Aber wenn es so weit kommen sollte, würde ich zu Ihrer Beruhigung trotzdem ein Kondom benutzen.“
„Natürlich.“ Sie griff nach einem Kissen und presste es so fest an sich, dass er dachte, die Nähte würden gleich platzen. Skeptisch blickte sie ihn an. „Wenn es so weit kommen sollte … Diese Lehrstunde würde aber nicht beinhalten, dass ein gewisses Körperteil sich vergrößert, oder?“
Er lachte herzhaft. „Signorina, das würde ganz sicher geschehen. Aber weiter würden wir trotzdem nicht gehen.“
Sie wirkte erleichtert. „In Ordnung. Das würden wir bestimmt nicht. Es gäbe also keinen Grund zur Sorge, oder?“
„Nein.“
„Gut.“ Plötzlich schien sie vollkommen nüchtern zu sein. „Dann lassen Sie es uns angehen.“ Sie lächelte.
Er war schockiert. „Aspetta un momento! Ich dachte, Sie wollten nicht … Möchten Sie nicht auf den Richtigen warten?“
„Das will ich nach wie vor. Ich möchte nur, dass Sie mir zeigen, was ich wissen muss. Alles, außer dem letzten Teil.“ Ernst sah sie ihn an.
Erneut lachte er. „Sie wissen nicht, was Sie da sagen. Wahrscheinlich hatten Sie zu viel Wein, Maria. Morgen bereuen Sie bestimmt, was Sie da gerade von sich gegeben haben.“
„Glauben Sie das wirklich?“ Wieder verzog sie die Lippen zu einem Schmollmund. Am liebsten würde er Maria auf der Stelle in die Arme ziehen und küssen.
„Ja“, entgegnete er sanft, setzte sich neben sie und ergriff ihre Hand. „Wir bleiben hier so lange sitzen, bis die Wirkung des Weins verflogen ist. Wenn Sie es nach einer Stunde immer noch möchten, tun wir, was Sie wollen.“
Vertrauensvoll blickte sie ihn an. „Einverstanden.“
Maria bekam gar nicht mit, wie ihr die Augen zufielen und sie schließlich wieder aufwachte. Sie nahm den zarten Geruch eines Aftershaves und Bewegungen unter sich wahr.
Sie öffnete die Augen. „Antonio!“
„Ja?“
Sie rollte sich zur Seite und bemerkte, dass ihre Wange auf seinem Schoß gelegen hatte. Abrupt richtete sie sich auf, sodass er den Arm wegziehen musste, den er um sie gelegt hatte.
„Sie sind noch hier?“, fragte sie. „Wie spät ist es?“
„Fast halb sechs.“
„Ich habe über zwei Stunden geschlafen?“
„Si. Auch ich habe ein kleines Nickerchen gemacht.“
Sie hatte mit einem Fremden in einem Raum geschlafen. In seinen Armen. Die Vorstellung bereitete ihr ein angenehmes Gefühl.
„Danke, dass Sie geblieben sind“, flüsterte sie.
„Ich wäre nicht gegangen, ohne mich zu verabschieden.“
„Das heißt, Sie verlassen die Stadt?“
„Das wollten Sie doch, oder?“ Zärtlich berührte er ihre Nasenspitze. „Erinnern Sie sich daran, was Sie gesagt haben, bevor Sie eingeschlafen sind?“
Das tat sie. Klar und deutlich.
Komischerweise hatte sich ihre Meinung nicht geändert. Sie war sich sogar noch sicherer, dass Sie es wollte. „Ich erinnere mich. Nach wie vor möchte ich, dass Sie mir eine Lehrstunde geben. Ich weiß nur nicht, wie genau wir das bewerkstelligen sollen.“
Er musterte sie lange, bevor er antwortete. „Lassen Sie das meine Sorge sein. Sie müssen nur Ja oder Nein sagen.“
Ihr wurde warm. Sie wollte etwas äußern, doch ihr Hals war trocken. Schließlich brachte sie die unglaublichen Worte über die Lippen. „Ich sage … Ja.“
Ernst nickte er und stand auf. „Wir sollten das richtig anstellen.“
Sie beobachtete, wie er sich den Mantel anzog und zur Tür ging. „Was haben Sie vor?“
„Ich gehe einkaufen.“ Er griff nach ihrem Schlüssel. „Ich bin in einer Stunde zurück. Während ich weg bin, nehmen Sie eines ihrer langen heißen Bäder. Aber lesen Sie kein Buch.“
„Warum nicht?“
„Denken Sie stattdessen an mich.“ Er kam zu ihr, sah ihr in die Augen und küsste sie rasch. „Stellen Sie sich meinen und Ihren Körper zusammen vor. Denken Sie an Küsse, die so lange andauern, dass es Ihnen den Atem raubt.“
Damit drehte er sich um und verließ ihr Apartment.
Maria starrte die Tür an. Ihre Hände zitterten, und ihr Herz schlug wie verrückt.
Du meine Güte. Was hatte sie nur getan?
Das Badewasser dampfte immer noch, als Maria hörte, wie die Tür ihres Apartments geöffnet und wieder geschlossen wurde. Rasch richtete sie sich auf und lauschte.
Schlüssel wurden auf den Couchtisch geworfen. Tüten raschelten. Schritte. Jemand ging in ihre Küche. Vor Nervosität musste Maria mehrmals schlucken.
Ein sanftes Klopfen an der Badezimmertür. Schnell tauchte Maria ihren Körper wieder unter den Badeschaum. „Ja?“
„Wenn Sie fertig sind, hätte ich etwas zum Anziehen für Sie.“ Eine Hand erschien im Spalt der Tür. Antonio legte eine Schachtel auf das Handtuchregal. Anschließend stellte er ein Glas Champagner daneben. „Lassen Sie sich Zeit.“
Als er weg war, stieg sie neugierig aus der Wanne, trocknete sich ab und öffnete die Schachtel. Um mutiger zu werden, trank sie schnell noch einen Schluck Champagner.
Sie war Antonios Anweisungen gefolgt und hatte sich mit geschlossenen Augen in der Badewanne seinen nackten Körper vorgestellt. Vor ihrem inneren Auge hatte sie gesehen, wie Antonio sie an Stellen berührte, die nur sie kannte.
Sie erschauerte wohlig vor Vorfreude.
In der rosa Schachtel fand sie ein unglaublich feines eierschalenfarbenes Dessous-Kleid mit Spitze. Auf dem Etikett las sie, dass es sich um Seide handelte. Und wie es schimmerte.
Nachdem Maria ein wenig Körperpuder benutzt hatte, zog sie das kostbare Stück an, das von ihren Brüsten bis zu ihren Knöcheln reichte. Ihre Konturen und vor allem ihr Busen waren äußerst sichtbar durch den dünnen Stoff. Nie zuvor hatte sie so etwas Sinnliches getragen.
Als ihr Haar trocken war, trug sie Lippenstift und etwas Mascara auf. Schließlich atmete sie tief durch, griff nach dem Glas Champagner und trat aus dem Bad.
Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte. Einen Antonio in knappen Boxershorts? Oder gar einen nackten Antonio? Sie fand ihn jedenfalls angezogen auf der Couch. Er saß so da wie vorhin. Als er sie hörte, stand er auf und sah sie zufrieden an.
Er hob sein Glas. „Sei bellissima. Sie sind eine wunderschöne Frau, Maria.“
Sie blinzelte ihm zu. Ob er es ernst meinte oder nicht – seine Worte schmeichelten ihr. „Auch Sie haben sich umgezogen.“
Er trug nun eine beigefarbene Hose und einen karamellfarbenen Pullover, der ganz bestimmt aus Kaschmir gefertigt war.
„Ich war kurz in meinem Hotelzimmer, um mich zu duschen und umzuziehen“, erklärte er. „Ich wollte mich frisch für Sie machen.“
„Das ist nett von Ihnen. Und danke für das Dessous und den Champagner. Ich werde die Kosten dafür begleichen. Sie sind sehr großzügig, aber es wäre falsch …“
Er winkte ab. „Vergessen Sie die Kosten. Kommen Sie.“
Er ging zum Küchentresen voran, der das Wohnzimmer von der Küche trennte, und bedeutete Maria, ihm zu folgen. Er hatte eine große Schüssel mit Erdbeeren gefüllt und eine Schale mit Sahne vorbereitet. Ohne zu zögern, nahm er eine Erdbeere, tauchte sie in die Sahne und begann, Maria damit zu füttern.
„Das ist Teil der Lektion“, erklärte er.
Die Früchte waren reif, saftig und köstlich. Doch schon bald hob Maria die Hand.
„Haben Sie es sich anders überlegt?“, wollte er wissen.
„Nein“, antwortete sie rasch. Vielleicht hatte sie das tatsächlich. Sie wusste, dass dies eine einzigartige Gelegenheit war, um Erfahrungen zu sammeln. Trotzdem war sie nicht sicher, ob sie es am Ende nicht bereuen würde.
Ermutigend berührte er ihre Schulter. „Wenn Sie möchten, können wir auch einfach nur reden.“
Sie musterte seine Hand. Er trug keinen Ehering, und es gab auch keine Anzeichen dafür, dass er kürzlich einen abgestreift hatte. Trotzdem fiel es ihr schwer zu glauben, dass keine schöne Frau an seiner Seite lebte. Er sah einfach zu gut aus, um alleine zu sein.
„Sagen Sie, Antonio“, begann sie nervös. „Was tun Sie zuerst, wenn Sie eine Frau lieben wollen?“
„Wir reden und genießen ein leichtes, schmackhaftes Essen – so wie wir es gerade tun. Vielleicht trinken wir Wein und hören Musik.“ Plötzlich zog er sie in die Arme und begann, mit ihr einen Walzer zu tanzen. „Wir bewegen uns zur Musik.“
Entzückt lachte sie auf – obwohl keine Musik spielte. „Und dann?“
„Das kommt drauf an. Vielleicht berühre ich sie sanft. Hier.“ Zärtlich streichelte er ihren Rücken und ihre Schulter. Anschließend fuhr er mit der Hand zu ihrem Ausschnitt. Ihre Haut wurde ganz warm unter seinen Berührungen. Ohne es zu wollen, seufzte Maria leise.
„Dann achte ich auf ihre Reaktion“, fuhr er fort.
Sie lächelte. „Auf diese?“
Zufrieden nickte er. „Si.“
„Und als Nächstes?“
„Wenn sie positiv auf meine Berührungen reagiert …“ Er sah sie nachdenklich an.
Sie blickte fasziniert in seine dunkelblauen Augen und fragte sich, was er dachte und warum er noch zögerte. Sie hatte ihm doch versichert, dass sie es wollte.
„Wenn sie zugänglich erscheint“, sagte er. „Würde ich sie küssen.“
„Auf den Mund?“
„Für den Moment, ja.“ Geheimnisvoll sah er sie an.
Sie tanzten weiter. Und mittlerweile schien sie Antonio zu führen. Dabei sollte doch er als der Erfahrene sie leiten. Es ergab keinen Sinn. Aber vielleicht wollte er ihr dadurch nur ein gutes Gefühl geben. Sie fühlte sich tatsächlich zu nichts gedrängt. Er wollte wahrscheinlich, dass sie ihm das Zeichen gab, wenn sie bereit für den nächsten Schritt war.
„Wie genau würden Sie sie küssen?“, flüsterte sie.
Sein Blick wanderte zu ihren Lippen. „Cara. Ich weiß nicht, ob ich das kann …“ Er brach ab.
„Was können Sie nicht?“