Primary Nursing - Primäre Pflege - Susan Wessel - E-Book

Primary Nursing - Primäre Pflege E-Book

Susan Wessel

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Beschreibung

Die Entwicklerinnen des Primary Nursing Systems beschreiben dessen historische Entwicklung. Sie erläutern, wie das System, auch gegen Widerstände, umgesetzt und angewendet werden kann. Sie klären die notwendige Veränderung des Rollenverständnisses einer primären Bezugsperson und betonen die Bedeutung der Beziehungsgestaltung durch Pflegepersonen im Primary Nursing System. Sie zeigen, wie eine Vielzahl von Problemen der beruflichen Pflege mit Hilfe von Primary Nursing gelöst werden können. Zu diesen Problemen zählen das geringe Ansehen des Pflegeberufs, seine ökonomischen Beschränkungen und seine Macht- und Einflusslosigkeit im Zusammenhang mit pflegerelevanten Entscheidungen. Ein Beitrag von Maria Mischo-Kelling bettet das Primary Nursing System in den deutschsprachigen Kontext von Bildung, Forschung und Praxis ein. Aus dem Inhalt I. Warum Primäre Pflege? 1 Primäre Pflege 2 Historie: Auf und Ab pflegerischer Autonomie II. Wie die Primäre Pflege implementiert wird? 3 Die Primäre Pflege verstehen 4 Die Vorbereitung der Implementierung 5 Funktionen bei der Implementierung 6 Die Rolle der Führungskraft 7 Übernahme der Prinzipien der Primären Pflege 8 Die Therapeutische Beziehung III. Erfolgreiche Methoden und Nachhaltigkeitsstrategien 9 Die besten Methoden der Primären Pflege 10 Partnerschaften im Pflegeteam der Primären Pflege 11 Methoden zur Vertiefung und Weiterentwicklung 12 Primäre Pflege im Kontext

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Susan Wessel

Marie Manthey

Primary Nursing – Primäre Pflege

Ein personenbezogenes Pflegesystem gestalten und umsetzen

4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage

Aus dem Amerikanischen von Gerhard Kelling

Deutschsprachige Ausgabe herausgegeben von Prof. Dr. P.H. Maria Mischo-Kelling

Ausgezeichnet mit dem American Journal of Nursing (AJN) Award im Jahr 2016

Primary Nursing – Primary Nursing

Susan Wessel, Mary Manthey

Wissenschaftlicher Beirat Programmbereich Pflege:

André Fringer, Winterthur; Jürgen Osterbrink, Salzburg; Doris Schaeffer, Bielefeld; Christine Sowinski, Köln; Angelika Zegelin, Dortmund

Susan Wessel. MBA, MS, RN, NEA-BC, Pflegewissenschaftlerin und -managerin, Beraterin bei Creative Health Care Management.

Marie Manthey. PhD, (hon), MNA, FAAN, FRCN. Pflegewissenschaftlerin und -managerin, Begründerin und Entwicklerin des Primary Nursing Konzepts. Beraterin für die Implementierung von Primary Nursing bei Creative Health Care Management.

Maria Mischo-Kelling (Hrsg.) Prof. Dr. P.H. Dipl. Soziologin, Dipl. Sozialwirtin, Krankenschwester

Hochschule Ravensburg-Weingarten

University of Applied Sciences Ravensburg-Weingarten

Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege

Doggenriedstrasse

88250 Weingarten

[email protected]

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt. Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

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Anregungen und Zuschriften bitte an:

Hogrefe AG

Lektorat Pflege

z.Hd. Jürgen Georg

Länggass-Strasse 76

3012 Bern

Schweiz

Tel. +41 31 300 45 00

[email protected]

www.hogrefe.ch

Lektorat: Jürgen Georg, Sandro Bomio, Johanna Hartner

Bearbeitung: Martina Kasper

Herstellung: René Tschirren

Übersetzung: Gerhard Kelling

Umschlagabbildung: Getty Images/Dean Mitchell

Umschlaggestaltung: Claude Borer, Riehen

Satz: punktgenau GmbH, Bühl

Das vorliegende Buch ist eine Übersetzung aus dem Amerikanischen. Der Originaltitel lautet «Primary Nursing – Person Centered Delivery System Design» von Susan Wessel und Marie Manthey.

© 2015. Creative Health Care Management, Inc., Mineapolis, Minnesota, USA, www.chcm.com

Format: EPUB

4., vollst. überarb. u. erw. Auflage 2024

© 2024 Hogrefe Verlag, Bern

© 2002/2005/2011 Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

(E-Book-ISBN_PDF 978-3-456-96238-2)

(E-Book-ISBN_EPUB 978-3-456-76238-8)

ISBN 978-3-456-86238-5

https://doi.org/10.1024/86238-000

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Diese Bestimmungen gelten gegebenenfalls auch für zum E-Book gehörende Download-Materialien.

Zitierfähigkeit: Dieses EPUB beinhaltet Seitenzahlen zwischen senkrechten Strichen (Beispiel: |1|), die den Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe und des E-Books im PDF-Format entsprechen.

Widmung

Dieses Buch widme ich Florence Marie Fisher, einer Krankenschwester, die für mich sorgte, als ich im Alter von fünf Jahren mit Scharlach-Fieber ins St. Joseph’s Hospital in Chicago kam. Obwohl ich sie später nie wiedergesehen habe, wurde die sehr persönliche und menschliche Art ihrer Pflege für mich ein Vorbild, dem ich durch mein ganzes Leben und auch auf meinem beruflichen Weg gefolgt bin.

Diese Widmung gilt ebenso allen jenen Pflegekräften, die erkannt haben, welche Bedeutung diese besondere Art der Pflege für das Leben ihrer Patienten hat, und die, indem sie diese selbst ausüben, die stolze Tradition und das unermessliche Erbe aller solcher Pflegekräfte wie Ms. Fisher bewahren, was sicher die höchste Anerkennung ist, die es geben kann.

Marie Manthey

Dieses Buch ist ebenso der ersten Organisation gewidmet, in die ich als frisch examinierte Krankenschwester eingetreten bin, dem Rush Presbyterian-St. Luke’s Medical Center in Chicago. Ich fing dort auf einer Station an, die gerade die Primäre Pflege einführte. Die Pflege im Rush erwies sich als ideale Einführung in eine professionelle Pflegepraxis. Ich habe gelernt, was es heißt, als Primäre Pflegekraft die Verantwortung für die Patientenversorgung zu übernehmen und ich habe ein Gefühl für die Zufriedenheit entwickelt, die darin liegt, diese besondere Bindung zu den Patienten zu haben. Das Vermächtnis von Luther Christman, dem außerordentlichen Pflegedienstleiter, und seiner Nachfolgerin Sue Hegyvary erwies sich als ideale Umgebung für den Beginn meiner beruflichen Karriere. Das Rush war mit seinen klinischen Führungskräften, seiner kollegialen Führung und mit der Primären Pflege seiner Zeit weit voraus. Ich werde immer eine „Rush-Krankenschwester“ bleiben.

Susan Wessel

|7|Danksagung

Zuerst und vor allen anderen möchten wir den sieben Primären Pflegekräften danken, die uns erlaubt haben, sie zu ihrer Arbeit zu befragen und ihre Antworten für dieses Buch zu verwenden. Wir denken, dass ihre Worte die Leserinnen und Leser mehr als alles andere inspirieren können, und dass sie von uns, die wir dieses Buch zusammengestellt haben, gar nicht überschätzt werden können. Sie waren dabei so inspiriert, dass die überwältigende Bestätigung der Arbeit, die aus diesen Interviews spricht, uns sprachlos machte. Diese von ihren Stationsleitungen ausgesuchten Primären Pflegekräfte sind Jane Czekajewski, BSN, RN, CNOR; Kathleen Fowler, BSN, RN; Kelly Lehmkuhl, BSN, RN, OCN; Kirsten Roblee, BSN, RN, OCN; und Dena Uscio, BBA, RN, OCN, der Ohio State University Comprehensive Cancer Center—Arthur G. James Cancer Hospital und Richard J. Solove Research Institute (OSUCCC—James), sowie Heidi Nolen, BSN, RN; und Nicole Vance, BSN, RN, des UC Davis Medical Center in Sacramento, California.

Ein herzlicher Dank gilt unserer Herausgeberin Rebecca Smith für die inhaltliche und formale Arbeit an diesem Buch. Sie ließ sich von dem mutigen Gedanken leiten, dass jeder, der es zur Hand nehmen würde, zu einem überzeugten Vertreter der Primären Pflege würde.

Zahlreiche andere Leute haben zu dem doppelten Ziel beigetragen, den Leserinnen und Lesern die grundlegende Bedeutung der Primären Pflege für eine Kultur der beziehungsbasierten oder patientenzentrierten Pflege nahezubringen und damit zugleich die praktische Implementierung der Primären Pflege. Wir danken Chris Bjork für die Projektleitung, Jay Monroe für ihre Hilfe bei der Text- und Umschlagsgestaltung, Marty Lewis-Hunstiger, BSN, RN, MA, und Mary Koloroutis, MSN, RN, für ihre Hilfe bei der Herausgabe sowie Fred Dahl, Cathy Perrizo und Kary Gillenwaters für ihre Hilfe beim Korrekturlesen.

|8|Auch möchten wir Mary Koloroutis und Michael Trout für jedes Wort in ihrem Buch See Me as a Person, Creating Therapeutiv Relationships with Patients and Their Familys danken sowie für die großzügige Erlaubnis, uns im siebten Kapitel des vorliegenden Buchs auf ihre Inhalte zu beziehen. Unser Dank gilt ebenfalls den Mitarbeitenden des Creative Health Care Managements Mary Griffin Strom und Janet Weaver für ihre Beiträge zu den in Kapitel 7 und besonders im Epilog dargestellten Geschichten.

Schließlich möchten wir all den talentierten Menschen danken, die sich in den 1970er Jahren so entschieden für die Professionalisierung der Krankenhauspflege eingesetzt haben. Nur einige wenige sollen hier genannt werden. Anfang der 1970er haben June Werner im Evanston Hospital in Evanston und Joyce Clifford im Beth Israel Deacones Medical Center in Boston die Primäre Pflege mit einer solchen Entschiedenheit implementiert, dass das Niveau der von ihnen erreichten professionellen Praxis für immer wie ein Leuchtfeuer für alles das steht, was der Begriff Führung bedeutet. In neuerer Zeit sind es Carol Robinson vom UC Davis Medical Center in Sacramento, Georgia Persky am New York-Presbyterian Hospital/Columbia University Medical Center in New York City und Susan Brown und Jamie Ezekielian am OSUCCC-James in Columbus, die die Primäre Pflege nachhaltig und umfassend und mit überragenden Ergebnissen implementiert haben.

Inhaltsverzeichnis

Widmung

Danksagung

Teil I: Warum Primäre Pflege?

1 Primäre Pflege – direkter Weg zur besseren Gesundheitsversorgung

2 Historie: Auf und Ab pflegerischer AutonomieMarie Manthey

2.1 Pendelschlag von tätigkeits- zu beziehungsbasierter Pflege

2.2 Die Zuspitzung

2.3 Das Pendel schwingt zurück

2.4 Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft

Teil II: Wie die Primäre Pflege implementiert wird

3 Die Primäre Pflege verstehen

3.1 Was heißt Primäre Pflege?

3.2 Zu erwartende Ergebnisse der Primären Pflege

3.3 Die Verpflichtung zur dezentralen Entscheidungsfindung

3.4 Beziehungsbasierte Pflege

3.5 Grundlegende Elemente eines Pflegesystems

3.5.1 Verantwortung für Beziehungen und Entscheidungsfindung

3.5.2 Arbeitszuweisung und Patienten- bzw. Patientinnenzuweisung

3.5.3 Die Kommunikation unter den Mitarbeitenden

3.5.4 Management und Führungsphilosophie

3.6 Pflegesysteme, Organisationsmodelle und Professionelle Praxismodelle

3.7 Primäre Pflege und professionelle Praxisrollen

3.8 Zusammenfassung

3.9 Fragen zur Reflexion

4 Die Vorbereitung der Implementierung

4.1 Klare Vorstellungen und Visionsentwicklung

4.2 Die Komponenten des I2E2-Modells

4.2.1 Inspiration

4.2.2 Infrastruktur

4.2.3 Erziehung/Bildung

4.2.4 Evidenz/Belege

4.3 Zusammenfassung

4.4 Fragen zur Reflexion

5 Funktion des Stationsberatungsgremiums bei der Implementierung

5.1 Praxisentwicklung auf Stationsebene – Steuerung auf Unternehmensebene

5.2 Planung

5.2.1 Prinzipien Primärer Pflege leiten die Planung

5.2.2 Arbeitsblatt-Auszug des Plans für die Implementierung

5.2.3 Der Plan zur Implementierung im Überblick

5.3 Die Schulung der Kolleginnen und Kollegen

5.4 Die Verbesserung der Ergebniskennzahlen

5.5 Evaluation der Fortschritte: Eigenverantwortung und Ideenaustausch

5.6 Die Vorstellung Ihres Plans

5.6.1 Der Prozess der Vorstellung

5.6.2 Zum Ablauf der Präsentation

5.6.3 Vorbereitung und letzter Feinschliff

5.7 Tag der Aktivierung: der Starttag

5.8 Aufgaben des SBG

5.8.1 Stärkung der Primären Pflege

5.8.2 Initiierung von Fallpräsentationen

5.9 Tipps zur Implementierung

5.10 Zusammenfassung

5.11 Fragen zur Reflexion

6 Die Rolle der Führungskraft

6.1 Die dezentrale Entscheidungsfindung

6.2 Die Haltung der Mitglieder des Führungsteams

6.3 Führungsverantwortung

6.4 Führungsverantwortung für die Primäre Pflege

6.4.1 Führungsprinzipien der Primären Pflege

6.4.2 Fragen zur Entwicklung eines Handlungsplans

6.4.3 Verfeinerung der Ergebnismessung

6.4.4 Treffen zur Messung des Fortschritts

6.5 Vorstellung Ihres Managementplans

6.5.1 Fallbesprechungen

6.6 Die Ermächtigung Ihres Teams ist der Schlüssel zum Erfolg

6.7 Zusammenfassung

6.8 Fragen zur Reflexion

7 Übernahme der Prinzipien der Primären Pflege durch andere

7.1 Beispiele für klinische Dienste

7.2 Beispiele für unterstützende Dienste

7.3 Zusammenfassung

7.4 Fragen zur Reflexion

8 Die therapeutische Beziehung

8.1 Vier praktische Vorgehensweisen

8.2 Primäre Pflege und therapeutische Grenzen

8.3 Eine therapeutische Beziehung

8.4 Primäre Pflege und therapeutische Beziehung

8.5 Zusammenfassung

8.6 Fragen zur Reflexion

Teil III: Erfolgreiche Methoden und Nachhaltigkeitsstrategien

9 Die besten Methoden der Primären Pflege

9.1 Patientenzuweisung und Kontinuität der Pflege-Patient-Beziehung

9.2 Persönliche Vorstellung

9.3 Funktionsstärkung Primärer Pflegekräfte

9.4 Aufgabe und Bedeutung zugeordneter Pflegekräfte

9.5 Die elektronische Krankenakte

9.6 Interprofessionelle Kommunikation und Übergabe

9.7 Emotionale Belastung Pflegender

9.8 Bereitschaft zur kontinuierlichen Anpassung

9.9 Zustimmung vom Team

9.10 Fragen zur Reflexion

10 Partnerschaften im Pflegeteam der Primären Pflege

10.1 Paarweise und partnerschaftliche Zuweisungen

10.2 Die Prinzipien der Delegation

10.3 Zusammenfassung

10.4 Fragen zur Reflexion

11 Methoden zur Vertiefung und Weiterentwicklung der Primären Pflege

12 Primäre Pflege im Kontext von Bildung, Forschung und PraxisMaria Mischo-Kelling

12.1 Einleitung

12.2 Entwicklungen im Bereich der Pflegebildung

12.3 Wissens- und Forschungsstand zu pflegerischen Organisationssystemen

12.3.1 Englischsprache Studien zur Primären Pflege

12.3.1.1 Heterogene Studiendesigns und Ergebnisse

12.3.1.2 Einschätzung der Umsetzung von Primärer Pflege

12.3.1.3 Einfluss von Ökonomisierung und Akademisierung

12.3.1.4 Hybride Systeme und Corona-Pandemie

12.3.1.5 Zusammenfassende Betrachtung

12.3.2 Deutschsprachige Arbeiten und Studien

12.3.2.1 Rolle von Berufsverbänden

12.3.2.2 Forschungslage zu Pflegesystemen

12.3.2.3 Zusammenfassende Betrachtung

12.4 Ansätze zur Gestaltung eines professionellen Praxisumfelds

12.4.1 Magnet-Hospitals und Professionelle Praxismodelle

12.4.2 Praxisentwicklung und Person-Centred Care

12.4.2.1 Praxisentwicklung

12.4.2.2 Personenzentrierte Pflege bzw. Gesundheitsversorgung

12.4.3 Zusammenfassung

12.5 Ausblick

Nachwort

Anhang

13 Literatur

14 Weiterführende Literatur

Autorinnenverzeichnis

Anhang A

Anhang B

Anhang C

Anhang D

Anhang E

Anhang F

Anhang G

Anhang H

Sachwortverzeichnis

|15|Teil I: Warum Primäre Pflege?

Ich war von den Rückmeldungen der Patienten bei den Audits überwältigt. Ich erinnere mich, dass ich einen älteren Herrn fragte, ob er wisse, wer seine Primäre Pflegekraft sei und ob er sie sofort kannte. Ich fragte ihn, was für einen Unterschied das gemacht habe und ob er mir irgendetwas über die besondere Art der Pflege sagen könne, mit der sie ihn versorgte. Er war so bewegt, dass er kaum sprechen konnte. Man könne sich nichts Besseres wünschen. Er war tief gerührt von den Dingen, die wir hier tun. Er war so dankbar für alles.

Kelly Lehmkuhl, BSN, RN, OCN, Primäre Krankenschwester an der OSUCCC-James

|17|1  Primäre Pflege – direkter Weg zur besseren Gesundheitsversorgung

Als wir darangingen, „Primary Nursing: Person-Centered Care Delivery System Design“ (Primäre Pflege: Ein personenbezogenes Pflegesystem gestalten und umsetzen), zu schreiben, waren wir von dem ungeheuren Unterschied beeindruckt, wenn es darum ging, über ein Pflegesystem kaum zehn Jahre nach seiner Erfindung zu schreiben oder über eines, dass seit mehr als vier Jahrzehnten überall auf der Welt nicht nur adäquat, sondern auch in seiner ganzen Schönheit praktiziert wird.

Es ist längst nicht mehr nötig, irgendwelche Tinte darauf zu verschwenden, all die mit der Primären Pflege verbundenen Mythen und Fehlurteile zu widerlegen. Auch wenn seinen Erfolgen als pflegerischem System für manche, die es nicht aus erster Hand kennen, immer noch etwas Mysteriöses anhaftet, hat es sich für die Hunderttausende, die es kennen, als keineswegs mysteriös erwiesen.

[Anm. zum Begriff „care delivery system“: Er wird im Englischen wie im Deutschen höchst unterschiedlich verwendet. Unter Bezugnahme auf frühere Übersetzungen der Arbeiten von Marie Manthey haben der Übersetzer und die Herausgeberin sich für den Begriff „Pflegesystem“ entschieden, weil hier zwei Dimensionen von Arbeitsorganisationsformen zusammengefasst werden: zum einen die organisatorische Zuständigkeit – die Organisationsform – und zum anderen die inhaltliche Orientierung der Pflege – das Pflegeprinzip. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Formen der Organisation pflegerischer Arbeit findet sich in Mischo-Kelling und Schütz-Pazzini (2007), Anm. d. Hrsg.]

Die Primäre Pflege ist unmittelbar aus der Enttäuschung heraus geboren, die eine Handvoll Pflegekräfte in ihren professionellen Rollen erlebt und erfahren hatten. Sie erkannten viel zu klar, um sich länger darüber hinwegtrösten zu können, dass die Funktions- und Gruppen- bzw. Bereichspflege auf die Bedürfnisse der Pflegekräfte und ihrer Vorgesetzten zugeschnitten waren, nicht aber auf die |18|der Patienten und Patientinnen und ihrer Angehörigen. In einer Art kollektivem Erkenntnisblitz begriff eine kleine Gruppe gleichgesinnter Pflegekräfte, dass nicht nur den Patienten und Patientinnen und den Familien vorenthalten wurde, was sie am meisten brauchten – die unverrückbare Gewissheit, dass eine erfahrene und fähige Person die Verantwortung für ihre Versorgung übernommen hätte –, sondern dass auch sie selbst in einer Umgebung arbeiteten, in der die Systeme und Prozesse, die das Handeln auf der Station bestimmten, sich negativ auf ihre Fähigkeiten auswirkten, sich als Professionelle zu beweisen und die Verantwortung für etwas anderes als Regeln und Vorschriften zu übernehmen. Wir werden nie wissen, wie viele Pflegekräfte damals sagten: „Diese Dinge sind nicht in Ordnung“, als jene kleine externe Versammlung stattfand, während der die Primäre Pflege geboren wurde. Die Welt der Pflege veränderte sich kaum merklich, aber unwiderruflich, als eine Gruppe von Pflegekräften der Abteilung 32 des University of Minnesota Hospital Marie Manthey vorschlugen, eine neue Art der pflegerischen Versorgung zu versuchen. Marie sagte ja und ging das Risiko ein. Sie war klug genug, das neue Pflegesystem von wissenschaftlicher Seite beobachten und seine Auswirkungen von Anfang an einschätzen zu lassen. Die Primäre Pflege war geboren, und es zeigte sich schnell, dass sie weder teurer war noch irgendwelche Veränderungen hinsichtlich des Personalschlüssels oder der individuellen Kompetenzen voraussetzte.

Wir alle haben inzwischen einen langen Weg zurückgelegt. Die Widerstände, die jene ersten Pflegekräfte überwinden mussten, um die Primäre Pflege zu entwickeln und zu praktizieren, überstiegen alles, was denen, die die Primäre Pflege heutzutage umsetzen möchten, jemals begegnen wird. Und doch, wenn man sich mit Pflegekräften unterhält, die die Primäre Pflege heute einführen, ist die Aussicht, alles das zu verändern, was die Pflege auf ihren Stationen ausmacht, kein bisschen weniger aufregend als es für jene war, die alles erfunden haben. Selbst auf Stationen, wo sich die Primäre Pflege wegen der neuen Initiativen oder wegen anderer Faktoren, die drohen, sie scheitern zu lassen, in der Krise befindet, unternehmen die Pflegekräfte, die sie verstanden haben, die allergrößten Anstrengungen zu ihrer Rettung. Wir haben immer wieder gesehen, dass Pflegekräfte, die die Primäre Pflege praktiziert haben, nie mehr wirklich damit zufrieden waren, in einem weniger auf Personen zentrierten Pflegesystem zu arbeiten. Und es ist unbestreitbar, dass alle anderen Pflegesysteme weniger personenzentriert sind als die Primäre Pflege.

Bei der Vorbereitung auf den mit Spannung erwarteten Nachfolger von Marie Mantheys bahnbrechendem Werk „The Practice of Primary Nursing“ befragten wir sieben Pflegekräfte, die von ihren Führungskräften als beispielhafte Primäre |19|Pflegekräfte ausgesucht worden waren. Bei diesen Interviews fiel uns etwas auf, das sich in allen Gesprächen wiederholte. Als die Pflegekräfte über die logistischen Gegebenheiten der Primären Pflege sprachen, erzählten sie uns pflichtschuldigst von den Algorithmen der Patientenzuweisung, von farbig eingeteilten Teams und anderen Zuweisungsmethoden, die sich auf ihren Stationen bewährt hätten. Als wir sie in den Interviews aber dann nach den Auswirkungen der Primären Pflege auf die Patienten und Patientinnen und die Familien fragten, atmeten sie hörbar auf, lächelten und fingen an, uns eine Geschichte nach der anderen darüber zu erzählen, welchen Unterschied jene für die Patienten und Patientinnen macht. Als wir sie fragten, welche Auswirkungen sie auf die Pflegekräfte habe, bekamen wir eine ganz ähnliche Antwort. Ihre Dankbarkeit für das Privileg, ihre Patientinnen und Patienten als Menschen kennenzulernen und die Befindlichkeit jedes einzelnen Patienten bzw. Patientin wirklich zu verstehen, war immer wieder in jedem Interview zu spüren. Sie werden von allen Mitgliedern des Teams – besonders von den ärztlichen – respektiert, weil sie ihre Patienten und Patientinnen genau kennen. Sie erleben die Zufriedenheit, die nur derjenige kennt, der für das Privileg bereit ist, die Verantwortung für die Pflege eines anderen Menschen zu übernehmen. Wir wissen, dass es nicht leicht ist, das zu verstehen, wenn man es nicht aus erster Hand erfahren hat. Das ist die besondere Herausforderung dieses Buchs.

Vielleicht sollten Sie über die Primäre Pflege mehr von denen erfahren, die sie jeden Tag praktizieren:

Primäre Pflege und Stationskultur

Kirsten Roblee, BSN, RN, OCN: In einer sehr stressgeladenen Situation kennst du die Patienten so gut, dass du ihre Geschichte herunterrasseln kannst, ohne lange in den Kurven nachsehen zu müssen. Wir wissen so viel über sie, weil wir mit der Behandlung und Versorgung unserer Patienten so vertraut sind. Wenn man das Team in kritischen Situationen perfekt zusammenarbeiten sieht, schafft das gegenseitigen Respekt auf der Station.

Primäre Pflege und Patientensicherheit

Kathleen Fowler, BSN, RN: Ich habe eine Patientin, die mich nur „Meine Katie“ nennt. Ich habe sie jetzt sechzehn Mal in Folge versorgt und kenne sie daher sehr gut. Wenn sie hereinkäme und wäre irgendwie anders – sagen wir, sie hätte Übelkeit –, wäre das für jemand anderen vielleicht kein Frühwarnzeichen, für mich aber schon, weil es in ihrem Fall etwas Neues wäre. Die Primäre Pflege ermöglicht eine sicherere Versorgung, weil du manches früher kapierst. Das ist für mich das Wichtigste an der Primären Pflege; sie erlaubt dem Patienten eine bessere Versorgung.

|20|Dena Uscio, BBA, RN, OCN: Wir hatten einen Fall von Medikation, wo sie einem Patienten möglicherweise eine zu hohe Dosis gegeben hatten. Die Primäre Pflegekraft wusste jedoch, wie hoch die Dosis zu Hause war und konnte das richtigstellen, sodass wir uns die Kosten für das ganze Testen sparen und die dadurch entstehenden Verzögerungen vermeiden konnten, weil die Primäre Pflegekraft wusste, was die Ursache war.

Nicole Vance, BSN, RN: Wir hatten Kinder, die von wechselnden Pflegekräften versorgt wurden, die nichts weiter von ihnen wussten, und ein Kind verschlechterte sich rapide. Zufällig kam jemand ins Zimmer, der das Kind kannte und der sagte: „Moment mal, so sollte dieses Kind aber wirklich nicht aussehen.“ Ein Arzt hätte vielleicht gesagt: „Naja, das kann immer noch sein Normalzustand sein…“ Vielleicht wäre es ja ein spät entwickeltes Kind, so dass man es nicht so genau wüsste. Einer der großen Vorteile der Primären Pflege ist, dass es jemanden gibt, der sagt: „Nein! Das ist kein Normalzustand; so wie dieses Kind aussieht, das ist gefährlich, und wenn wir nicht sofort etwas machen, liegt es in zwei Stunden auf der Intensivstation.“

Ein sicherer Hafen für Patientinnen und Patienten sowie ihre Familien

Heidi Nolan, BSN, RN: Du brauchst oft wirklich eine ganze Schicht, nur um eine Familie davon zu überzeugen, mit dir zu reden und dir zu vertrauen. Und wenn sie jeden Tag mit einer anderen Pflegekraft zu tun haben, wird es im Krankenhaus nie zu einer vertrauensvollen Beziehung und zu einem Gefühl von Sicherheit kommen. Wenn die Beziehung aber erst einmal hergestellt ist und sie meine Rolle und die Bedeutung, die diese für sie hat, verstehen, fühlen die Eltern sich sicher und vertrauen darauf, ihr Kind bei mir lassen zu können, um sich ihren anderweitigen Verpflichtungen widmen und für sich selbst sorgen zu können. Und wenn es nur darum geht, sich einen Kaffee zu holen oder zu frühstücken, ist da die Sicherheit, dass ich ihrem Kind die richtigen Medikamente gebe – und dass ich, jawohl, ihr Kind liebe und dass sie wissen, dass auch wenn sie mal nicht da sind, alles okay ist.

Pflegekraft-Arzt-Beziehung, Professionalität und Anwaltschaft

Nicole Vance, BSN, RN: Nichts hat größeren Einfluss auf das Denken eines Spezialisten als ein respektvolles Nichteinverstanden-Sein, das sich auf sechs Jahre Erfahrung mit dem Patienten und seiner Familie gründet. Die Ärzte wollen sowas hören. Die Kontinuität, die Zeit mit der Familie, das ist etwas, das sie nicht haben. Sie haben gerade mal 15 Minuten für einen Patienten, und sie wissen, dass je|21|mand, der Stunden und Stunden und Stunden mit ihnen verbringt, Dinge weiß, die für sie Gold wert sind. Wir haben erlebt, dass Primäre Pflegekräfte mit einer einzigen Information, die sie auf dem Gang von den Großeltern bekommen hatten, den Verlauf eines ganzen Krankenhausaufenthalts verändert haben.

Kelly Lehmkuhl, BSN, RN, OCN: Die Ärzte bemerken, was für starke Interessensvertreter wir sind und wie sehr wir uns einsetzen. Sie sehen die großartigen Beziehungen, die wir mit den Patienten eingehen, und dass wir bereit sind, die Extra-Meile für sie zu gehen. Ich glaube, dass die Rolle der Primären Pflegekraft unsere Autonomie, unser Selbstbewusstsein und unsere Entscheidungsfindung definitiv gestärkt hat. Die Ärzte sehen, wie wir in unserer Rolle auftreten, und das schafft Vertrauen. Das ist nicht über Nacht passiert, aber nachdem wir erstmal den Zusammenhalt im Team verbessert hatten, und als die Ärzte unsere Kompetenz und unser Engagement gesehen hatten, fassten sie nach und nach ein größeres Zutrauen zu uns.

Kirsten Roblee, BSN, RN, OCN: Bei uns waren die Beziehungen zwischen Pflegekräften und Ärzten immer schon gut. Die Oberärzte erklären den Assistenzärzten: „Ihr müsst auf die Pflegekräfte hören, sie helfen euch, den Nagel auf den Kopf zu treffen. Nachdem die Ärzte unsere Rolle als Primäre Pflegekräfte einmal verstanden hatten, ist der Respekt gegenüben den Pflegekräften noch größer geworden. Sie beteiligen uns an längeren, in die Tiefe gehenden Gesprächen. Es kommt zu mehr Miteinander. Statt nur oberflächlich mit uns über die Patientenversorgung zu reden, erzählen uns die Ärzte nun, welche Erreger sie im Blut der Patienten gefunden haben und erklären uns, wie sich die jeweiligen Stämme auswirken. Wir haben nicht nur mehr Einfluss, weil wir die Geschichte der Patienten kennen, wir haben auch mehr Grundkenntnisse in den Labor- und Testergebnissen etc. Unsere Entwicklung auf der Beziehungsseite ist offensichtlich. Dasselbe entsteht jetzt auch auf der technischen Seite. Wir spielen eine größere Rolle bei der Versorgung der Patienten.

Einfachheit der Primären Pflege

Dena Uscio, BBA, RN, OCN: Anfangs war unser Ansatz, um den Mitarbeiterinnen die Primäre Pflege ‚zu verkaufen‘, folgender: „Es geht bei der Primären Pflege nicht darum, mehr zu tun, sondern mehr zu sein.“ Das funktionierte, weil es wahr ist. Wir fügen keine neuen Aufgaben hinzu. Es gibt nicht mehr Arbeitsgänge. Es handelt sich darum, stärker involviert zu sein. Für die Schichtleitung ist es einfacher, Zuweisungen zu machen, da alle Fragen nach den jeweiligen Voraussetzun|22|gen entfallen, weil der Bezugsrahmen für die Zuweisung schon da ist. Für dich als Primäre Pflegekraft ist das einfacher, weil du die Patienten kennst. Du weißt um ihre Vorlieben, du kannst ihren Bedarf antizipieren und du kannst den Ärzten helfen; es hilft wirklich, dir den Tag leichter zu machen.

Heidi Nolan, BSN, RN: Es kann passieren, dass ich vier Primäre Patienten auf der Station habe und mich frage, wie ich es schaffen soll, alle vier gleichermaßen aufgrund ihrer Komplexität zu versorgen. Oftmals ist es so, jedenfalls bei mir persönlich, dass ich bei gleicher Komplexität gegenüber den Bedürfnissen solcher Patienten offener bin, die ich schon als Primäre Patienten hatte, einfach, weil ich sie kenne, was oft schon die halbe Miete ist. Manchmal besteht ein Großteil der Arbeit einfach darin, die familiären Zusammenhänge und Erwartungen zu kennen, sodass ich mich bei gleicher Komplexität doch mehr um sie kümmere, einfach, weil die Beziehung zu ihnen schon steht.

Bedeutung Primärer Pflege für Betroffene und Familien

Kirsten Roblee, BSN, RN, OCN: Es ist tröstlich für die Patienten zu wissen, dass es eine Pflegekraft gibt, die ein zuverlässiger Bestandteil ihrer pflegerischen Versorgung ist. Auf unserer Station wechseln die Oberärzte alle zwei Wochen und die Nurse Practitioners alle zwei Tage, was bei vielen Patienten Ängste hervorruft. Die Primäre Pflegekraft ist während ihres Krankenhausaufenthalts die am ehesten beständige Person und alle sagen immer wieder, wie wichtig das für sie ist. Sie wissen, wer auf ihrer Seite ist, sie müssen sich nicht mit den Zuständigkeiten ihrer Pflegekräfte herumschlagen, was das Letzte ist, das sie tun möchten. Unser Name steht auf der Tafel, unser Bild hängt vielleicht sogar im Zimmer, jeder weiß, wer wir sind.

Jane Czekajewski, BSN, RN, CNOR: Ich finde es gut, dass wir nach der OP rübergehen und nach unseren Patienten sehen können. Es schafft eine Art Verbindung zur Primären OP-Pflegekraft, weil es schön ist, wenn man vermitteln kann: „Ich war zehn Stunden lang für Sie da … – und Sie haben nichts davon mitgekriegt.“ So arbeiten wir an der Beziehung, und die Menschen sind wirklich gerührt, dass die Pflegekräfte die Verbindung halten.

Kathleen Fowler, BSN, RN: Wir pflegen hier sehr gute Beziehungen, und das ist der Grund, warum unsere Patienten immer wieder persönlich bei uns vorbeikommen. Sie sind draußen in der Gemeinde, und die Angehörigen machen sich Sorgen um sie, und alles läuft darauf hinaus, dass die Patienten diejenigen trösten |23|müssen, die wegen ihres Zustands in Sorge um sie sind. Aber sie können hierherkommen, ich bin da, und solange sie hier sind, müssen sie sich um niemanden auf der Welt sorgen. Manchmal weinen wir zusammen, oder sie weinen mit jemandem aus dem Team, weil sie mit ihren Liebsten nicht weinen können. Das ist krass. Es ist nicht so, dass sie mit irgendeiner Pflegekraft weinen möchten, es geht darum, dass wir eine Beziehung haben. Sie weinen sich bei uns aus, weil wir „Familie“ sind, und weil wir eine „Familie“ sind, um die sie sich nicht sorgen müssen.

Dena Uscio, BBA, RN, OCN: Ich habe Patienten weinen sehen, wenn ich ihnen erklärt habe, was ich als Primäre Pflegekraft für sie sein werde. Viele unserer Patienten kommen zu uns mit einer neuen Diagnose. Sie haben einen Husten, der nicht weggeht, und plötzlich haben sie die Diagnose Krebs. Sie sind besorgt, sie sind verletzlich, und wir sagen ihnen: „Ich bin für Sie da. Sie werden hier drinnen unterstützt. Hier ist jemand, den Sie befragen können. Hier ist jemand, der Ihnen helfen wird, all die verrückten medizinischen Dinge zu verstehen, die Sie überfordern. Dieser Vorgang dem Patienten zu sagen: „Ich bin Ihre Primäre Pflegekraft“ – ich habe Familien weinen sehen. Das waren starke Reaktionen.

Würden Sie sagen, dass die Pflege in Ihrem Haus so aussieht?

Wenn Sie anfangen, mit Ihren Kollegen auf allen Ebenen über die Primäre Pflege zu diskutieren, werden Sie Folgendes feststellen: Alle, die die Primäre Pflege aus erster Hand kennengelernt haben, werden dazu tendieren ihre enthusiastischen Befürworter zu sein, und die, die sie nicht aus erster Hand kennen, können ganz schön ablehnend reagieren. „Das ist zu schwierig,“ werden jene sagen, die sie nie versucht haben.

Im Jahr 1980 veröffentlichte Marie Manthey die erste Ausgabe von The Practice of Primary Nursing. Einer der am meisten befriedigenden Aspekte ihrer langen Karriere bestand darin, starken und fähigen Pflegeführungskräften dabei zu helfen, die Primäre Pflege auf ihren Stationen und in ihren Häusern einzuführen. Über diese lange Zeitspanne haben sie und ihre Beraterkolleginnen erlebt, wie Pflegefachkräfte auf unterschiedlichen Qualifikationsstufen unüberwindlich scheinende Schwierigkeiten gemeistert haben, weil sie um den Wert ihrer Anstrengungen wussten, die auf die Errichtung und Vertiefung einer Infrastruktur abzielten, die die Zeit und den Raum schaffen sollte, um die Beziehung zu den Patienten und Patientinnen und ihren Familien vertiefen und die Teams zu erfolgreichen Partnerschaften entwickeln zu können.

Das 35 Jahre später geschriebene Primary Nursing: Person-Centered Care Delivery System Design ist ein neues Buch für eine neue Generation von Pflegekräften. |24|Die Konzepte sind dieselben, die Arbeit ist die gleiche, und derselbe Grad von Engagement und Ausdauer ist erforderlich, doch die Welt hat sich verändert, und die Pflegekräfte haben sich verändert und verändern sich weiter.

Wir verbringen viel Zeit mit Pflegekräften jeden Alters. Wir wissen, was sie denken, weil wir sie danach fragen. Was wir bei der gegenwärtigen Generation von Pflegekräften beobachten, ist, wie die oben wiedergegebenen Beispiele zeigen, eine Vertiefung des Engagements, das es in bestimmten Ausmaßen immer schon gegeben hat, wenn es um den authentischen Kontakt zu den zu pflegenden Menschen und ihren Familien geht. Häufig weist nichts in der Erfahrung dieser Pflegekräfte darauf hin, dass die Zeit für eine authentische Kommunikation mit den Patienten und Patientinnen und Familien vorhanden wäre. Offenbar wissen diese Pflegekräfte aber intuitiv, dass es schlicht um ihre professionelle Existenz geht, wenn es ihnen nicht gelingt, eine sinnvolle Beziehung zu den zu versorgenden Menschen und Familien zu entwickeln und aufrechtzuerhalten, wie auch untereinander. Die Pflegekräfte waren daran gewöhnt, schlechte kollegiale Beziehungen zu tolerieren, weil sie dachten, es müsse so sein. Die Pflegekräfte waren daran gewöhnt, eine unpersönliche aufgabenorientierte Pflegepraxis zu tolerieren, weil sie nicht wussten, dass etwas Anderes möglich ist. Aber die Dinge verändern sich. Viele Pflegekräfte sehnen sich danach, Sinn und Freude in ihrem Beruf zu finden.

Dieses Buch wurde geschrieben, um auf die Veränderungen hinzuweisen, die wir im Gesundheitswesen, in der Pflege und bei den Pflegekräften selbst wahrnehmen. Neues Wissen ist hinzugekommen, das auf den Myriaden von Erfahrungen aufbaut, die in der Primären Pflege gemacht wurden, nachdem diese sich in neuen Praxisfeldern wie im ambulanten oder im chirurgischen Bereich, aber auch auf interdisziplinären Stationen durchgesetzt hat. Nachdem brillante und willensstarke Pflegekräfte seit den sechziger Jahren in der ganzen Welt damit begonnen haben, die Primäre Pflege für sich zu entdecken und sie zu praktizieren, ist der gesamte Wissensbereich deutlich gewachsen.

Nach wie vor wird die Pflege jedoch überwiegend in weitgehend bürokratischen Institutionen praktiziert, und diese Institutionen funktionieren wie mehr oder weniger die ganze entwickelte Welt unter einem „Dominanz-Paradigma“ (Eisler & Potter, 2014). Wer in der Welt des Gesundheitswesens arbeitet, hat in aller Regel erfahren, dass diese Organisationen hierarchisch aufgebaut sind. Was indessen nicht so leicht bemerkt wird ist, dass es die Hierarchien auch im eigenen Denken gibt. Jemand, der mit einem Dominanz-Paradigma aufwächst, wird höchstwahrscheinlich die Welt mit den Augen dieses Dominanz-Paradigmas sehen, ohne es selbst zu bemerken, es sei denn er hat hartnäckig daran gearbeitet, dieses Paradigma für sich und sein eigenes Denken zu verändern.

|25|In Primary Nursing: Person-Centered Care Delivery System Design soll die Pflege statt als Dominanz-Paradigma als Partnerschafts-Paradigma untersucht werden. Mit Partnerschafts-Paradigma ist jedoch kein flaches Organigramm gemeint; Hierarchien gibt es auch innerhalb eines Partnerschafts-Paradigmas. Der Unterschied besteht in der Art, wie die Beteiligten sich verhalten. Jeder weiß, ob er partnerschaftlich behandelt oder ob er dominiert wird. Viel schwieriger ist zu verstehen, dass man manchmal selbst – auf subtile Weise (vielleicht auch nur um des „großen Ganzen“ willen) der Dominierende ist.

Wenn wir die Primäre Pflege mit den Augen des Partnerschafts-Paradigmas betrachten, wird sie auf ganz neue Weise lebendig. In der Primären Pflege geht es und ging es immer darum, eine gesunde Partnerschaft zwischen den Pflegekräften und den anderen klinischen Berufsgruppen zu schaffen, um die beste Versorgung der Patienten und Patientinnen und ihrer Familien zu ermöglichen. Wenn wir uns dieser Aufgabe mit all dem, was wir über die Partnerschaft im Kopf haben, nähern, erinnert uns das an das sprichwörtliche: „So wie ich eines tu, tu ich auch alles andere.“ Wenn es Ziel der Primären Pflege ist, produktive, befähigende und inspirierende Partnerschaften mit den Patienten und Patientinnen und ihren Familien einzugehen, muss das System, das diese Partnerschaften ermöglichen soll, von einer Gruppe produktiver, befähigender und inspirierender Partner geschaffen werden. Das Herzstück der Primären Pflege ist die therapeutische Partnerschaft mit dem Patienten, der Patientin. Wenn eine Station oder eine Organisation genau das wollen, dann müssen sie die Einführung von Systemen und Prozessen aktiv vorantreiben, die diese Beziehungen auf jeder Stufe des Weges unterstützen.

|27|2  Historie: Auf und Ab pflegerischer Autonomie

Marie Manthey

Übernommen aus The Practice of Primary Nursing – 1980, 2002, überarbeitet 2015

Die Primäre Pflege ist ein auf der Stationsebene angesiedeltes Pflegesystem, das die Ausübung einer professionell ausgeführten Pflege auch innerhalb bürokratischer Krankenhausstrukturen ermöglicht. Die Ausübung eines Berufs bzw. einer Profession gründet auf der unabhängigen Einschätzung des Bedarfs eines Menschen, aus dem sich Art und Umfang der zu erbringenden Dienstleistung ergeben: Bürokratisch geregelte Dienstleistungen werden gewöhnlich nach vorher festgelegten Routinen erbracht, ohne auf die gegebenen Unterschiede im Bedarf einzugehen. In bürokratischen Strukturen werden die Aufgaben in Service-Linien oder Abteilungen zusammengefasst, die von Führungskräften geleitet werden, die normalerweise die Entscheidungsbefugnis innehaben.

An dieser Stelle kommt die Primäre Pflege ins Spiel: Damit eine professionelle Pflegekraft in einer bürokratischen Umgebung erfolgreich arbeiten kann, muss das Pflegesystem darauf ausgerichtet sein, den bürokratischen Aufwand zu minimieren und die Ermächtigung, die Verantwortung/Rechenschaftspflicht und die Autorität der professionellen Pflegkräfte zu maximieren.

Innerhalb einer bürokratischen Struktur können viele verschiedene Organisationssysteme nebeneinander bestehen, um die zahlreichen unterschiedlichen Aufgaben der Abteilungen zu erfüllen. Diese Systeme können sowohl bürokratischen wie professionellen Wertvorstellungen folgen, was weitgehend von der Ausgestaltung des Systems und der Philosophie der Führung in der Organisation abhängt. Bevor die Primäre Pflege 1968 im Universitätskrankenhaus von Minnesota eingeführt wurde, stand das Pflegesystem des Krankenhauses eher für bürokratische als für professionelle Werte. Sowohl das System der Funktionspflege (in dem eine Pflegekraft für alle Medikamente, eine andere für alle Therapien und verschiede|28|ne andere für das Waschen der Patienten zuständig sind), als auch die Gruppenpflege orientierten sich an Modellen der Massenproduktion, wobei die am wenigsten komplexen Aufgaben den am wenigsten ausgebildeten Mitarbeitenden, die komplexeren Tätigkeiten den besser Ausgebildeten übertragen wurden, und so weiter im Sinn einer Hierarchie der Komplexität der Aufgaben. In diesen Systemen wurden den examinierten Pflegekräften zwei Aufgabenbereiche zugewiesen: 1) die komplexeren Tätigkeiten selbst durchzuführen und 2) die Arbeit der geringer qualifizierten Kräfte zu koordinieren und zu überwachen. Examinierte Pflegekräfte waren in diesem System keine professionell Pflegenden, sondern sie waren „Kontrolleure für Hilfskräfte“. Eine solche Arbeitsdynamik mag für die Fabrikarbeit sinnvoll sein, in der Hilfsarbeiter stundenweise als Aushilfe eingesetzt werden, aber im Bereich der Pflege, wo kritisches Denken und Erfahrung zentrale Werte sind, wäre das eine verantwortungslose Vergeudung von Talent. Außerdem lässt ein solches System keinen Platz für den Aufbau einer therapeutischen Beziehung zum Patienten.

Die Primäre Pflege ist ein Organisationssystem, das Pflegekräften ermöglicht, ihre professionelle Rolle zu entwickeln, in der ihre fachlichen (technischen) und ihre beziehungsbezogenen Fähigkeiten gleichermaßen unterstützt und gewürdigt werden. Einfach gesagt, kann ein Pflegesystem die Pflegekräfte entweder aktiv bei der vollumfänglichen Ausgestaltung ihrer professionellen Rolle unterstützen, oder es führt zur Deprofessionalisierung der Pflege.

Im Allgemeinen gibt es vier von der Soziologie definierte charakteristische Merkmale, die eine Profession von anderen Bestrebungen oder Berufen unterscheiden. Diese sind:

ein identifizierbarer Wissensstock, der am besten in einer formalisierten Ausbildung vermittelt werden kann

eine autonome Entscheidungsfindung

eine kollegiale Überprüfung der Praxis (peer-review)

die Identifikation mit einem Berufsverband, der die Standards setzt und als Schlichter fungiert.

Einfach gesagt, verfügt die Pflege über einen identifizierbaren Wissensstock, eine kollegiale Überprüfung der Praxis und eine Identifikation mit einem entsprechenden Berufsverband. Es ist in der Regel das Ausmaß, bis zu dem ein Krankenhaus das zweite Charakteristikum – die Autonomie der Entscheidungsfindung – unterstützt, das darüber entscheidet, ob die Primäre Pflege gefördert oder behindert wird. Die Unterstützung darf kein Lippenbekenntnis sein. Nochmal: Entweder fördert das Pflegesystem eines Krankenhauses bzw. eines Gesundheitsunterneh|29|mens die autonome Entscheidungsfindung durch die professionelle Pflege oder es führt zur ihrer Deprofessionalisierung.

Die Deprofessionalisierung ist nach wie vor ein Hauptproblem nicht nur der Pflege, sondern auch anderer Professionen. In den letzten vier Jahrzehnten haben makropolitische und ökonomische Veränderungen die Gesellschaft, die Gesundheitsversorgung und die Pflege gründlich verändert. Die drei wichtigsten Triebkräfte dieser Veränderungen waren finanzielle, rechtliche und technologische Faktoren. Die Gesundheitsversorgung in den Vereinigten Staaten wurde mehr zu einem Geschäft als zu einem sozialen Anliegen. Profitgetriebene Krankenhäuser, die Entstehung von Krankenhausverbünden bzw. Gesundheitskonzernen durch Fusionen und Übernahmen sowie komplexe Vergütungssysteme und ausgearbeitete Marketingstrategien wurden zu den sichtbaren Zeichen der Systemveränderungen der 1980er und 1990er Jahre. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts brachten uns die ökonomische Rezession und eine umfangreiche Reform des Gesundheitssystems die zentralisierte Entscheidungsfindung zurück. Integrierte Gesundheitssysteme und Accountable Care Organisationen haben sich vervielfacht, um die gesamte Versorgung in einer einzigen Struktur zu fassen. Die große Zahl der Nichtversicherten und ein intensivierter Wettbewerb unter den Gesundheitssystemen drücken auf die Einkommen, während die Kosten der Gesundheitsversorgung nach wie vor schneller steigen als das Bruttoinlandsprodukt als Ganzes. Vergütungssysteme lenken klinische Entscheidungen und reduzieren die Autonomie der Ärzte und Ärztinnen und anderer Angehöriger der Gesundheitsberufe. Krankenhausbezogene Standards sowie finanzpolitische Regulierungen erodieren die professionelle Autonomie aller Angehörigen der Gesundheitsberufe. Auf diese Weise erleben die Angehörigen vieler Berufe innerhalb und außerhalb des Gesundheitssystems genau die Deprofessionalisierung, die die Pflegekräfte als erste erlebten, als ihre Arbeit sich in die Krankenhäuser verlagerte.

2.1  Pendelschlag von tätigkeits- zu beziehungsbasierter Pflege

Die Geschichte der Pflege von den 1870er bis zu den 1930er Jahren markiert den allmählichen Übergang von einer autonomen und ganzheitlichen Pflegepraxis, die für die Private Duty-Pflege charakteristisch ist, hin zu einer Pflege in bezahlten Arbeitsverhältnissen in bürokratischen Institutionen.

Die früheste Periode der Pflege in den Vereinigten Staaten von den 1870er Jahren bis zur großen Depression trug insofern paradoxe Züge, als eine tätig|30|keitsorientierte Pflege ausschließlich in den Krankenhäusern vorkam, wo die Pflegeausbildung stattfand und die Pflege in der Regel von Auszubildenden ausgeführt wurde. Die große Mehrzahl der examinierten Pflegekräfte waren in dieser Zeit als private Pflegekräfte für Einzelpersonen in Privathaushalten angestellt, eine aus sich heraus beziehungsbasierte Tätigkeit. In den späten 1930er Jahren, als eine große Zahl dieser Pflegekräfte von der Private Duty-Pflege wieder in die Krankenhäuser zurückkehrte, muss ihnen das vorgekommen sein, als ob sie in professioneller Hinsicht einen großen Schritt zurück gemacht hätten, weil sie sich alle irgendwann buchstäblich von der tätigkeitsorientierten Pflege, die sie als Auszubildende kennengelernt hatten, zu der beziehungsbasierten Praxis als Private Duty-Pflegekräfte emanzipiert hatten. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Pendelbewegung von einer beziehungsbasierten zu einer tätigkeitsorientierten Praxis durch die Rückkehr der Pflege in ein bürokratisches Praxisfeld vorangetrieben.

Dabei ist wichtig zu verstehen, dass die Pflegekräfte nicht freiwillig in das System zurückkehrten. Aufgrund der Großen Depression, die die Ursache für die Entlassung dieser Private Duty-Pflegekräfte war, arbeiteten viele von ihnen zunächst ohne Lohn in den Krankenhäusern, gerade mal für Unterbringung und Ernährung. Manchmal erhielten sie ein Gehalt von nicht einmal fünf Dollar im Monat. Weil sie in diese bürokratischen Institutionen in einer Position der völligen Machtlosigkeit eintraten, machten sie, was ihnen befohlen wurde und sie machten es so, wie es ihnen gesagt wurde, oder sie sahen sich disziplinarischen Maßnahmen ausgesetzt. Die Betonung lag auf der Aufrechterhaltung der Ordnung.

So stellen sich die Dinge in einem Dominanz-Paradigma dar. Zu diesem geschichtlichen Augenblick schien es niemandem ratsam, eine Gruppe von Frauen und ihr kollektives Wissen in die Belegschaft zu integrieren, unabhängig davon, wie kompetent oder erfahren sie waren. Selbst Frauen in Leitungspositionen wagten nicht, die ungeschriebenen Gesetze eines rigide durchgesetzten hierarchischen Paradigmas zu brechen, denn wenn sie es getan hätten, hätten sie ihre eigene Autorität und damit ihren Lebensunterhalt aufs Spiel gesetzt.

Die meisten führenden Pflegekräfte glaubten, dass, sobald die Große Depression vorbei wäre, diese Pflegekräfte wieder in die Private Duty-Pflege zurückkehren würden. Stattdessen traten die Vereinigten Staaten bekanntlich in den Zweiten Weltkrieg ein, und die gesamte Situation der Pflege änderte sich dramatisch.

Die Veränderungen des Gesundheitssystems während und nach dem Zweiten Weltkrieg können wie folgt zusammengefasst werden:

Die Komplexität der Versorgung wuchs mit den technologischen Fortschritten exponentiell.

|31|Den Angestellten wurden von den Arbeitgebern Krankenversicherungen angeboten, um dem während der schweren Kriegsjahre bedingten Arbeitskräftemangel zu begegnen, woraufhin die Hospitalisierungsraten anstiegen.

Eine große Zahl zusätzlicher Hilfskräfte wurde während des Kriegs ausgebildet, und die pflegerischen Versorgungssysteme wurden darauf ausgerichtet, diese weniger gut ausgebildeten Pflegekräfte in die Patientenversorgung einzubeziehen.