PSNV - Michael Dohmen - E-Book

PSNV E-Book

Michael Dohmen

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Beschreibung

Das PSNV-Ausbildungsbuch für Feuerwehren dient der Unterstützung von Einsatzkräften in der PSNV-Ausbildung. Dabei ergänzt es die theoretische und praktische Ausbildung durch Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte, die praxisbezogen dargestellt werden.

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Seitenzahl: 98

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Inhaltsverzeichnis

Einführung

Das Kontinuum zwischen Gesundheit und Krankheit

Grundlagen der Kommunikation

3.1 Personenzentrierte Gesprächsführung

3.2 Mehrdimensionalität einer Nachricht

3.3 Aspekte menschlicher Kommunikation

3.4 Aktives Zuhören

3.5 Fragen

3.6 Fragearten

3.7 Fragetechnik

3.8 Spiegeln / Paraphrasieren / Reflexion der Emotionen

Emotionen

Bedürfnisse und Identität eines Menschen

Unser Gehirn

Grundlagen Stress und Stressbewältigung

7.1 Stress allgemein

7.2 Allgemeine Empfehlungen zur Stressbewältigung

7.3 Einsatzstress

7.4 Stressbewältigung

7.5 Traumatischer Stress

Grundlageninformation zu Trauma

8.1 Was ist ein Trauma?

8.2 Umgang mit Traumata

8.3 Maßnahmen

8.4 Landkarte der Traumatisierung

Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

Einführung in die Geschichte der Psychotraumatologie

Krisenintervention

11.1 Werkzeuge und Techniken der Krisenintervention

11.2 Kriseninterventionsmaßnahmen nach CISM

11.3 Kritik an CISM-Interventionen

11.4 Klienten-orientierte Beratung

11.5 Methoden in der Krisenintervention

Helfersyndrom

Burn-out Syndrom

Grundinformationen zum Thema Tod, Sterben, Suizid und Trauer

14.1 Sterbephasen

14.2 Suizid

14.3 Trauerphasen

Grundinformationen zu Alkohol bei der Feuerwehr

Deeskalierend handeln

Rechtliche Grundlagen PSNV

Fürsorgepflicht

Arbeitsschutzgesetz

Unfallverhütungsvorschrift

Unfallkasse

Typischer Einsatzablauf

Einführung in die Einsatztaktik

Erkundungsanalyse

Leitungsaufgabe Krisenintervention

Dokumentation Leitung Krisenintervention

1. Einführung

Die PSNV-Ausbildung ist umfangreich und das Aufgabenfeld vielfältig.

Da es oft vorkommt,

dass man in der PSNV-Ausbildung nicht immer gleich aufmerksam ist, da der Thalamus gerade von dem unter ihm sitzenden Hypothalamus hört: „Info ans Großhirn: Du hast Hunger, schau dass der Dohmen da vorne eine Pause macht!“ oder

dass man arbeitsbedingt Situationen händeln soll, die man zwar vor Jahren einmal gelernt hat, aber das Wissen gerade in dem Moment nicht adäquat im Hippocampus abgreifbar ist,

kam es zu der Kopfentscheidung, dass ich dieses Lehrbuch als Seminarunterstützung schrieb.

Ich hoffe, du hast Freude beim Lesen. Ich habe versucht, das Buch in sich schlüssig aufzubauen, das ist aber nicht die gleiche Reihenfolge, wie ich den Aufbau des Lehrgangs als didaktisch schlüssig ansehe.

Das Buch ist nur eine Ergänzung zur Fortbildung und das Lesen kann niemals Ersatz für eine ordentliche Ausbildung sein.

Ich war bemüht das Buch so zu schreiben, dass du es motiviert liest, gleichzeitig aber auch alle wesentlichen Informationen bereitgehalten werden. Bei diesem Spagat verzichtete ich auf eine 100 Prozent wissenschaftliche Darstellung, sondern versuche die Inhalte motivierend-informierend darzustellen.

Wer das Buch mag, darf es gerne weiterempfehlen und wer es nicht mag, ist eingeladen ein besseres Werk zu verfassen und dieses auf seinen Heizwert zu reduzieren.

Zuletzt ein Satz für Jäger und Sammler: Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.

2. Das Kontinuum zwischen Gesundheit und Krankheit

Gesundheit und Krankheit sind, sobald man sie genau definieren möchte, schwierige Begriffe.

Es haben sowohl die unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen als auch das subjektive Empfinden einzelner Menschen unterschiedliche Wahrnehmungen von den Phänomenen, die wir als gesund und krank bezeichnen.

Schnell wird klar, dass es oft

vom Alter,

vom Geschlecht,

von der Bildung,

vom kulturellen Hintergrund,

vom sozio-ökonomischen Status,

von der Krankenversicherung,

abhängt, was wir als krank oder gesund bezeichnen.

Dabei wird Gesundheit oft als Gegenbegriff zur Krankheit definiert und stellt einen wünschenswerten „Normal“-Zustand in Abwesenheit von Krankheit her.

Jedoch ist der „Normal“-Zustand für einen 80jährigen und einen 8jährigen unterschiedlich. Und er ist oft auch unterschiedlich für einen Westeuropäer und einen Ostafrikaner, einen Millionär und einen Bettler und selbst in unserem Land oft unterschiedlich zwischen einer Frau und einen Mann.

Und was bedeutet Abwesenheit von Krankheit?

für viele ist dies unterschiedlich bei der Betrachtung von Menschen mit und ohne Behinderung

für viele unterschiedlich bei entdeckten und unentdeckten „Veränderungen“ z.B. Tumore und

genauso unterschiedlich bei gefühlten Schmerzen, betäubten Schmerzen oder nicht vorhandenen Schmerzen.

Gesundheit und Krankheit scheinen vielmehr dynamische Prozesse zu sein, die sowohl von Anderen als auch von dir selbst mit subjektiven Bewertungskriterien festgelegt werden.

3. Grundlagen der Kommunikation

Kommunikation ist das wichtigste Werkzeug in der PSNV. Dabei ist Kommunikation mehr als nur sprechen. Gute Kommunikation ist gekennzeichnet durch das Schaffen von guten Rahmenbedingungen und dem Zuhören.

3.1 Personenzentrierte Gesprächsführung

Wesentlich für die Erforschung und die konzeptionelle Entwicklung guter Kommunikation war Carl Rogers. Rogers wurde 1902 in den USA geboren und war Professor für Psychologie. Er entwickelte neben Freud ein neues psychotherapeutisches Verfahren.

Rogers stellte fest, dass es häufig in Gesprächen

zu richtungsdrängenden Fragen kommt

Probleme und Gefühle bagatellisiert werden

Ratschläge gegeben, bzw. Lösungen erteilt werden

zudem wird der Ratsuchende oft kritisiert oder es werden Werturteile abgegeben.

Dem gegenüber entwickelte Rogers die personenzentrierte Gesprächsführung. In der personenzentrierten Gesprächsführung geht es darum, dass der Ratsuchende selbst befähigt wird, seine Lösung zu finden. Der Berater hat somit nicht die Aufgabe, das Problem zu lösen, sondern erstmal eine Beziehung zum Ratsuchenden aufzubauen, um so das Problem aus der Sicht des Ratsuchenden zu verstehen und in ihm das Entwicklungspotential zu wecken, so das der Ratsuchende selbst, die für ihn beste Lösung findet.

Die Verantwortung für das Problem und die Lösung des Problems liegen beim Ratsuchenden. Die Verantwortung des Beraters liegt bei der Gesprächsführung.

Um dies zu schaffen, bedarf es laut Rogers:

Echtheit und innere Stimmigkeit

Berater und Ratsuchender sind ehrlich zueinander. Sie müssen „keine Maske tragen oder Fassade aufbauen“. Man ist sich seiner eigenen Gefühle und Empfindungen bewusst und ist gegenüber dem anderen transparent. Diese Eigenschaft, die beide Positionen (Ratsuchender und Berater) für eine gelingende Beratung benötigen, muss zunächst einmal vom Berater vorausgesetzt werden. Beim Ratsuchenden kann es durchaus sein, dass dieser zu Beginn einen Schutzpanzer, bis Vertrauen entstanden ist, hochhält.

Positive Wertschätzung

Ratsuchender und Berater müssen sich gegenseitig wertschätzen. Selbstverständlich dürfen sie zu Themen unterschiedliche Meinungen haben und die ggf. auch kontrovers diskutieren, jedoch muss auf der Beziehungsebene die Wertschätzung immer gegeben sein. Dies sollte durch Mimik, Gestik, Körperhaltung, Stimme unterstützt werden.

Einfühlendes Verstehen

Hierbei handelt es sich mehr um eine innere Haltung. Die Bereitschaft, sich auf die Gefühls- und Gedankenwelt des Ratsuchenden einzulassen und zu versuchen, die Empfindungen empathisch nachzufühlen.

Neben dem, was man tun sollte, sollte man auf die kommunikativen Todsünden

Bagatellisieren

„Es ist nicht so schlimm…”„Anderen geht es viel schlimmer.”„Du solltest das einfach vergessen.”

Richtungsdrängende Fragen

„hast du schon einmal folgendes versucht?“„Du meinst doch wie ich, dass …, oder?“

Lösungsvorschläge

„Mache ab heute …“

Phrasen

„Ich weiß, wie du dich fühlst…”„Es war Gottes Wille.”„Du hast dein Bestes getan.”

Bewertungen

„Das siehst du ganz falsch, das ist …“

verzichten.

3.2 Mehrdimensionalität einer Nachricht

In der Kommunikation kann es schnell zu Missverständnissen kommen. Ein gutes Erklärungsmodell entwickelte Friedemann Schulz von Thun mit dem Modell der Mehrdimensionalität einer Nachricht. Schulz von Thun, geb. 1944 war Hochschullehrer an der Universität Hamburg im Fachbereich Psychologie.

Die Mehrdimensionalität einer Nachricht meint, dass jede Nachricht vier Seiten hat. Schulz von Thun unterscheidet in

einen Sachinhalt

Diese Seite sendet die reinen Sachinformationen (z.B. Zahlen, Daten, Fakten).

eine Beziehungsaussage

Diese Seite sendet, was der Sender über den Empfänger denkt. Auf diesem Ohr sind wir oft sehr empfänglich. Wir hören Lob, Kritik selbst wenn sie nur subtil gesendet wird.

einen Appell

Diese Seite sendet eine Aufforderung. Wenn diese subtil gesendet wird, hat sie oft eine hohe manipulierende Wirkung.

eine Selbstoffenbarung

Diese Seite sendet das bewusste oder unbewusste Selbstverständnis des Senders.

Da jeder Sender seine Nachricht mit vier Seiten sendet, sollte der Zuhörer vier Ohren haben und im Besten Fall verstehen, welche Seite nun für den Sender entscheidend ist.

Klar ist, dass das eine Quelle für Missverständnisse ist. Hilfreich ist, wenn Ratsuchender und Berater sich kennen und respekt- und vertrauensvoll miteinander umgehen, da sie sich so eher einschätzen können. Ich persönlich kenne einen Menschen, der fast immer im Befehlston spricht, selbst wenn es aus ihrer Sicht kein Befehl ist. Ohne dieses Wissen liefe ich Gefahr, sie falsch zu verstehen, da ich mit dem falschen Ohr höre.

Das kommunikationspsychologische Wissen um die „Anatomie einer Nachricht“ und den „vierohrigen Empfänger“ kann nicht nur helfen, Nachrichten besser zu verstehen und Missverständnisse aufzuklären, sondern kann diese evtl. ganz verhindern, wenn das Wissen dazu führt, dass der Empfänger sich durch Nachfragen versichert, dass er die Nachricht richtig verstanden und richtig interpretiert hat.

3.3 Aspekte menschlicher Kommunikation

Prof. Paul Watzlawik, geb. 1921 in Österreich und forschend und als Psychotherapeut tätig in El Salvador und den USA machte weitere Aspekte der Kommunikation deutlich.

Watzlawik erklärte als Grundlage für die menschliche Kommunikation folgende Aspekte:

Es ist unmöglich nicht zu kommunizieren

Auch Schweigen oder Ignorieren ist Kommunikation.

Kommunikation hat einen Sach- und Beziehungsaspekt

Der Sachaspekt liefert die Daten und der Beziehungsaspekt liefert den „Schlüssel“, wie die Daten zu verstehen sind.

Es gibt digitale und analoge Aspekte in der Kommunikation

Beides passiert gleichzeitig. Der Inhaltsaspekt wird meist digital (Sprache, Grammatik, Logik etc.) geliefert und der Beziehunsaspekt analog mittels Mimik, Gestik, Haltung. Selbst bei Textnachrichten können wir oft „zwischen den Zeilen lesen“. Wenn die Beziehungsebene in der Kommunikation dominiert (Liebe, Feindschaft), dann ist es fast egal, was digital gesendet wird.

Kommunikation kann symmetrische und komplementäre Interaktion bedeuten

Eine symmetrische Kommunikation basiert auf Gleichheit. Es wird „auf Augenhöhe“ miteinander kommuniziert. In der komplementären Interaktion steht das Unterscheidende im Vordergrund.

3.4 Aktives Zuhören

Aktives Zuhören hilft Kommunikation im Sinne von Rogers gelingen zu lassen. Missverständnisse auf Grund der Mehrdimensionalität von Nachrichten können ausgeräumt werden und Problemaspekte der menschlichen Kommunikation verhindert werden.

Aktives Zuhören bedeutet,

dass der Berater aufmerksam zuhört und das Gehörte mit Mimik, Gestik und Haltung zurückspiegelt

und regelmäßig mit eigenen Worten zusammenfassende Rückmeldungen gibt, was er verstanden hat.

Das heißt auch, dass eigene Gedanken, Überlegungen, Meinungen vom Berater zurückgestellt werden.

Auch hier wirken die oben genannten Todsünden besonders gesprächsstörend.

Sinnvoll ist

echtes Nachfragen (nicht richtungsdrängend)

weitergeben von Denkimpulsen

das Ansprechen von beobachteten oder selbst gespürten Emotionen

und wenn man als Zuhörer dem Sprecher hilft inhaltliche Punkte in Beziehung zu setzen.

Deshalb

stelle einen ruhigen, offenen Blickkontakt her.

nehme eine offene, entspannte und zugewandte Sitzposition und Körperhaltung ein. Schaue, dass nichts Störendes zwischen euch ist.

Spreche ruhig, aber so, dass es zu dir passt (nicht langsamer, leiser oder sonst eine Art, die nicht authentisch ist).

Nutze adressatenangepasste Türöffner:

z.B.: „Ich sehe, du hast ein Thema. Magst du sagen was ist?“ Passt für viele besser, als eine morgendliche Krankenschwesterfloskel „wie geht es uns heute?“

Ermuntere zum Weitersprechen:

Hilfreich kann sein: Blickkontakt, Kopfnicken, ja-sagen, mmh-Laute und Aussagen, die dein Interesse mehr zu hören, deutlich machen, z.B. „Wahnsinn“, „echt“.

Halte Pausen aus. Dein Gegenüber muss Zeit haben, Gedanken vor dem Aussprechen zu sortieren und Worte zu finden.

Fasse das Gehörte sinnvoll zusammen.

Achte auf Mimik und Gestik. Nutze auch diese Beobachtungen für deine Rückmeldungen, z.B. „Ich sehe, wie schwer es dir fällt, darüber zu reden. Brauchst du eine Pause?“

Wenn diese Forderungen umgesetzt werden, stellt sich leichter Vertrauen ein, sodass der Ratsuchende keine Vorwürfe, Kritik oder Unfähigkeit spürt. Das ist eine wesentliche Voraussetzung dafür Vertrauen in die eigenen Kräfte zu haben, sodass er sich selbst helfen kann.

3.5 Fragen

Die Aufgabe des Beraters ist es gute Rahmenbedingungen und ein gutes Gesprächssetting zu schaffen. Viele Menschen, die die Gesprächsführung übernehmen möchten, wissen nicht, dass ein Gespräch durch Fragen und nicht durch Antworten geführt wird. Antworten sind nur die Reaktion auf die führende Frage.

3.6 Fragearten

Bei Fragen unterscheiden wir offene und geschlossene Fragen.

Offene Fragen schränken den Antwortenden nicht ein. Sie können somit das Denken weit öffnen und Selbsterkenntnisse erhöhen. Jedoch sind sie, da sie das Denken und ausführlichere Antworten anregen, mitunter sehr anstrengend.

Offene Fragen fangen oft mit Wörtern wie z.B. „Was“, „Wie“, „Wo“ an.

„Was hast du gedacht, als du das gehört hast?“

„Wie würdest du heute deine Reaktion bewerten?“

„Wo siehst du dich in fünf Jahren?“

Offene Fragen können gut mit Aufforderungen frei zu erzählen kombiniert werden. Typische Formulierungen sind dabei: „Beschreibe …“, „Erzähle …“

Geschlossene Fragen