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Die Inklusion von Schülern mit sozialem und emotionalem Förderbedarf stellt für viele Lehrkräfte eine erhöhte Schwierigkeit dar und ist Anlass starker Besorgnis. Sie stellen fest, - dass deren Anzahl an der Förderschule Emotionale und Soziale Entwicklung ebenso steigt wie im gemeinsamen Unterricht des Primarbereichs und der Sek. I - dass es aber an didaktischen, unterrichtsmethodischen und -organisatorischen Inklusionskonzepten mangelt, da sich die vorhandenen überwiegend auf die Schüler mit dem Förderschwerpunkt Lernen in den Integrativen Lerngruppen oder mit Sinnesbeeinträchtigungen beziehen. Auch in der Fachliteratur findet der Unterricht mit Schülerinnen und Schülern mit sozialem und emotionalem Förderbedarf kaum Beachtung. Viele Lehrer empfinden diese Schüler deshalb als besonders schwierig. Dieses Gefühl der „Schwierigkeit“ entsteht sicherlich vor allem dadurch, dass Interventions- und Handlungsmöglichkeiten bzw. Handlungsalternativen nicht bekannt sind. Die wenigen vorhandenen Empfehlungen reduzieren sich zudem oftmals darauf, dass Geduld, Verständnis, Toleranz und ein positives Weltbild genügen. Das wird von vielen Lehrerinnen und Lehrern nicht als ausreichend empfunden. Die Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Soziale und Emotionale Entwicklung hält jedoch ein Repertoire an Handlungskompetenzen bereit, die weit über die oben genannten Aspekte der Akzeptanz und Wertschätzung hinausgehen. Diese müssen den Kolleginnen und Kollegen in inklusiv arbeitenden Systemen vermittelt werden.
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Seitenzahl: 127
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Einleitung zur Gesamtausgabe
Grundlagen
Unterschiede zwischen Integration und Inklusion
Emotionen
Motivation
Regeln
Diagnostik
Fragen zur Diagnostik
Agressionsanalyse
Handlungsebene Kollegium
Kollegiale Fallberatung
Elternarbeit
Netzwerkarbeit
Handlungsebene Schüler
Beziehungsdidaktik
Classroommanagement
Streitschlichtung
Deeskalation
Umgang mit Provokationen
Erlebnispädagogik
Tiergestützte Pädagogik
Konfrontative Pädagogik
Spezielle Themen
AD(H)S
Autismusspektrumsstörung
Trauma
Beziehungsstörungen
Schulabsentismus
Mobbing
Kindeswohlgefährdung
Spezialsysteme
Hart-Lern-Café
Familienklasse
Inklusionskritik
Erlebnisspiele
Erlebnisspiele im Klassenzimmer
Bälle jonglieren (Warming up)
Impulse (Wahrnehmung)
Count-down (Wahrnehmung)
Wie viele Hände spürst du? (Wahrnehmung)
Menschliches Pendel (Vertrauen)
Vertrauensfall (Vertrauen)
Stifteparcours (Kooperation)
Der große Eierfall (Kooperation)
Zentimeterarbeit ( Kooperation)
Flipper (Kooperation)
Abgehoben (Abenteuer)
Die Sumpfdurchquerung (Abenteuer)
Erlebnisspiele für den Schulhof
Rushhour in Tokio (Warming up)
Shopping Mall (Warming up)
Planspiel (Warming up)
Barfußlabyrinth (Wahrnehmung)
Förderband (Wahrnehmung)
Jurtenkreis (Vertrauen)
Vertrauensspalier
Seilspannung (Kooperation)
Eimer auf Füßen (Kooperation)
Flugzeugabsturz am Mount McConfidence (Abenteuer)
Eiwache (Abenteuer)
Über die Autoren
Michael Dohmen
Daniel Esser
Danksagung
Die Inklusion von Schülern mit sozialem und emotionalem Förderbedarf stellt für viele Lehrkräfte eine erhöhte Schwierigkeit dar und ist Anlass starker Besorgnis.
Obwohl schon viele Förderschulen geschlossen wurden, fehlt es oft in den inklusiven Settings an didaktischen, unterrichtsmethodischen und – organisatorischen Konzepten für die sogenannten schwierigen Schülerinnen und Schülern.
Auch haben viele Lehrer das Gefühl, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit diesem Förderbedarf steigt.
„Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“
Ob die Zahl dieser Schüler tatsächlich steigt, ist unklar. Das oben genannte Zitat wird übrigens dem vor 2500 Jahren lebenden Sokrates zugeschrieben.
Klar ist somit nur, wir suchen nach Lösungen für ein uraltes Problem. Die Fachliteratur hilft uns auch nur bedingt, denn viel zu oft empfiehlt sie nur, dass der Lehrer Geduld, Verständnis, Toleranz und ein positives Weltbild haben muss. Unsere Erfahrung ist aber, dass das alleine nicht ausreicht.
Der alte Sokrates hätte vielleicht noch mit Autorität versucht die Schüler zum Lernen zu befehlen. Eine Motivationshilfe die bis in die Neuzeit in konfrontativen Ansätzen versucht wurde und von dem weniger für seine Pädagogik bekannten Al Capone auf den Punkt gebracht wurde:
„Mit einem freundlichen Wort und einem Gewehr kommt man viel weiter, als mit einem freundlichem Wort alleine!“
Bei unseren Aufsätzen nutzen wir eine steinbruchartige Methode. Für uns gilt:
Einfach schauen was passt,
mitnehmen und ausprobieren,
egal wo es vorher stand oder wofür es entwickelt wurde.
Unsere Inhalte basieren auf erlernter Theorie, erfahrener Praxis aus Förderschule und Inklusion, sowie einer regelmäßigen Reflexion.
Für uns sind das Best-Practice-Beispiele. Wir haben natürlich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit und absoluter Wahrheit. Vielmehr wollen wir mit den Handwerkzeugen, Tipps und Tricks geben, Ideen zur Weiterarbeit anstoßen, so dass jeder sein eigenes Repertoire entwickeln und erweitern kann. Denn wenn man nur einen Hammer hat, dann sieht jedes Problem wie ein Nagel aus.
Um einen authentischen Charakter nicht einer schlechteren Lesbarkeit zu opfern, verzichten wir auf die in der Fachliteratur übliche Vorgehensweise mit Hinweisen zu Quellen und wissenschaftlichen Zitaten.
Vielmehr ist uns eine leichte, unterhaltsame Lesbarkeit wichtig, Wir hoffen, dass so das Lernen interessanter wird.
Bleibt nur noch zu sagen: Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.
Integration
Oft werden die Begriffe Integration und Inklusion auch von offiziellen Stellen synonym verwandt. Dabei stehen hinter den Begriffen unterschiedliche Ansätze.
Bei der Integration geht es darum das Maßnahmen getroffen werden, die einen Menschen mit einer Behinderung befähigen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.
Wesentlich ist hierbei, dass der Mensch integrierbar ist! Die Maßnahmen sind personenabhängig.
Inklusion
Die Inklusion stellt einen Paradigmenwechsel dar.
Bei der Inklusion geht es darum, dass das gesellschaftliche Leben seine Rahmenbedingungen so verändert, dass ein Mensch bereits ein Teil davon ist.
Wesentlich ist hier, dass das System inklusiv ist! Die Maßnahmen auf dem Weg zur Inklusion sind systemverändernd.
Eigentlich müssten nun alle Lehrer glücklich sein, denn während in der Integration sie maßgeblich gefordert waren, steht nun den Schülern mit Förderbedarf ein System zur Verfügung welches sie bereits mitdenkt!
Doch leider wird oft das inklusive System nicht vorgehalten. Vielmehr sollen die Lehrer die Inklusion stemmen. Das kann nicht funktionieren!
Ein inklusives Setting für Schülerinnen und Schüler mit sozial-emotionalem Förderbedarf ist komplett verschieden als das frühere Regelschulsetting. Inklusion ist mehr als nur die Abschaffung der Förderschulen und die Verfrachtung der Schüler in ein System, welches sie vorher aus guten Gründen nicht fördern konnte.
Nachfolgend ein paar Denkanstöße zur Schaffung eines inklusiven Settings für Schülerinnen und Schüler mit sozial-emotionalem Förderbedarf:
Prinzipien:
Klassenlehrerprinzip ist besser als Fachlehrerprinzip
Viele Schüler mit S-E- Förderbedarf benötigen feste und verlässliche Ansprechpartner. Oft ist dies mit weniger Lehrern leichter zu gestalten.
Klassenraumprinzip vor Lehrerraumprinzip
Diese Schüler benötigen oft eine räumliche Sicherheit. Außerdem kommt es auf langen Wegen oft zu schwerer kontrollierbaren Situationen. Das gefährdet ein Regelwerk
Echtes Teamteaching
Nur mit echter Teamarbeit sind oft die vielfältigen Probleme zu bewältigen.
Back-Up-Systeme müssen vorgehalten werden
Exklusive Settings für Schüler mit besonderem Bedarf müssen vorgehalten werden, damit Schüler kurzfristig inklusive Systeme verlassen können, bevor sie diese überlasten. (In der freien Wirtschaft wird jedes wichtige Instrument durch eine Back-up Ebene geschützt, damit die Ausnahme nicht das Gesamtregelwerk zerstört.) Dieses Back-Up-System sollte folgendes mindestens erfüllen:
Auszeit
Krisenintervention
Deeskalation
Streitschlichtung
Raumausstattung:
Schüler mit S-E-Förderbedarf benötigen oft mehr Platz, Bewegungsfreiheit, Sicherheit und Strukturhilfen. Das sollte bei der Raumplanung beachtet werden.
Mindestbedarf:
Einzeltische
Persönliches Schülerfach
Zusatz:
Nebenraum
Sofa (möglichst abwischbar Leder / Kunstleder)
… alles was den Raum heimisch (Beziehungsebene) und nicht nur schulisch macht!
Schulhöfe mit ausreichenden Platz für Spiel und Sportangebote, aber auch damit „Streithähne“ sich ausweichen können.
Sicherstellung von Grundbedürfnissen
Hunger muss ggf. auch kostenarm gestillt werden können. Möglichst schon vor dem Unterricht.
Ruhe Räume
Bewertungsfreie Gesprächsangebote (Krisenintervention)
Personal
Gut ausgebildetes Personal in multiprofessionellen Teams
Netzwerke
Zeit für Netzwerkarbeit
Diese Beispiele machen deutlich: Inklusion kostet Geld! Inklusion kann nur durch die gesamte Gesellschaft sichergestellt werden und kann nicht auf die Lehrer abgewälzt werden.
Vom Steinzeitvorfahren und vom prügelnden Schüler
Emotionen als Auslöser für sozial unerwünschtes, nicht pathologisches, vielmehr natürliches Verhalten
Jan prügelt auf Philipp ein. Er lässt sich erst stoppen, als er mit körperlicher Kraft von Philipp weggezerrt wird. Ist Jans Verhalten krank? Ist er gestört? Oder kann sozial unerwünschtes Verhalten eine natürliche Reaktion sein? Alles was nicht gewünscht ist, scheint auffällig, besonders dann, wenn es gesellschaftlich nicht häufig beobachtbar ist. Aber was heißt das dann? Wer muss reagieren? Ist das nur ein Fall für Psychiater oder ist es vielleicht gar nicht pathologisch und vielmehr ein Fall für Erzieher und Pädagogen?
Um diese Frage zu beantworten ist es wichtig, sich mit Gefühlen zu beschäftigen und zu erkennen, dass unsere Gehirnstrukturen 10.000 Jahre alt sind und vielleicht bei modernen Problemen nicht immer gleich die ideale Lösung für die heutige Zeit finden.
Der Mensch wünscht sich ein Gefühl des absoluten Glücklich-Seins. Diese 100 Prozent erreichen wir in der Regel nicht lange. Wir verwenden aber nicht viel Energie um von 95 Prozent zum Beispiel auf 100 Prozent zu kommen. Es stellt sich ein Gefühl der Zufriedenheit ein. In einem gewissen Maße tolerieren wir also ohne weiteren Antrieb zur Veränderung eine Zufriedenheit, auch wenn es noch nicht perfekt ist. Doch was passiert, wenn wir gestresst sind? Wenn etwas unser Glücklich-Sein stört oder wenn ein Schmerzreiz auftritt?
Gehen wir auf eine kleine Zeitreise:
Nehmen wir an: Unser Steinzeitvorfahre, nennen wir ihn Huga, trat in einen Dorn, der seinen Fuß durchbohrte. Was mag Huga getan haben? Was würden wir tun?
Eventuell würden wir schreien und nehmen wir deshalb einfach einmal an, Huga schrie auch. Seine ganze Gruppe konnte auf ihn aufmerksam werden. Sie konnten ihm zur Hilfe kommen, ihm den Dorn ziehen, ihm beim Laufen stützen und ihn ggf. in den nächsten Tagen pflegen und helfen.
Sein Schmerzschrei löste eine soziale Reaktion in der Gruppe aus. Es war nicht mehr nur sein Empfinden. Dadurch dass er seinem Gefühl Ausdruck gegeben hatte, konnte er durch die Kraft der Gruppe schneller wieder gesund und glücklich werden.
Ist das heute auch noch so? Als Student fuhr ich mit einem Einkaufswagen meinem Freund im Supermarkt in die Fußhacke. Er schrie wie am Spieß. Eine Kundin reagierte daraufhin wütend und schrie ihn an, er solle sich zusammenreißen und nicht so einen Lärm machen.
Oder was ist mit dem Erwachsenen, der einem Kind sagt: „Weine nicht, Indianer weinen auch nicht.“ Warum weinen in unserem Kulturkreis so wenig Menschen auf Beerdigungen?
Ist es aus der Mode gekommen, Gefühle zu zeigen?
Sicherlich macht es Sinn, mitunter keine Gefühle zum Ausdruck zu bringen und sich hinter einer Fassade zu verstecken.
Hätte unser Vorfahre Huga immer in Schmerzsituationen geschrien, so wären sicherlich Raubtiere auf ihn eher aufmerksam geworden, die seine Not z.B. nicht weglaufen zu können, ausgenutzt hätten.
Also die Unfähigkeit einen Alternativplan zu entwickeln, hätte dazu geführt, dass Huga evolutionär ausgestorben wäre, bevor er unser Vorfahre werden konnte.
Also konnte Huga sich sicherlich auch zusammenreißen und die Zähne zusammen-beißen.
Jedoch konnte er somit nicht mehr auf die volle Hilfe seiner Gruppe zählen, um schnell gesund und damit glücklich zu werden. Es war ein Notfallplan, der sinnvoll war, wenn von der direkten instinktiven Reaktion des sofortigen Ausdrucks eines Schmerzreizes abgewichen werden musste, um das eigentliche Überleben zu sichern. Außerdem konnte dieses Verhalten bei der Partnerwahl Vorteile haben, da Huga mit einer sichtbaren Verletzung, die er sich aber nicht anmerken ließ, besonders stark wirkte.
Wenn wir unsere Erstgefühle nicht zum Ausdruck bringen können, wechseln wir zu neuen Gefühlen, den Sekundärgefühlen. Diese haben in der Regel den Charakter von Wut und Zorn.
Wenn Huga von einem Tiger angegriffen wurde, machte ein Weinen und Schreien mitunter weniger Sinn, als Wut und Zorn, ggf. mit einer absoluten Tötungsabsicht, um das eigene Überleben zu sichern, was nichts anderes bedeutet, als alles zu unternehmen, um wieder glücklich zu werden.
Wut und Zorn lässt uns oft richtig handeln, wenn der Ausdruck des Erstgefühls lebensgefährlich sein kann.
Liegen wir unter einer umgestürzten Betonplatte, außerhalb des Bereichs wo wir Hilfe erfahren können, können wir nur darauf hoffen, genug Kraft und Aggression zu entwickeln, um uns selbst zu befreien. Oder stellen wir uns Feuerwehrmänner vor, die vor einem brennenden Haus mit dem Besitzer weinen und nicht ihre ganze Kraft und positive Aggression dem Kampf gegen das Feuer entgegenstellen.
Das schnelle Wegschubsen einer Person, die auf unseren Fuß tritt, kann effektiver sein, als zu schreien und darauf zu warten, dass sie sich von unserem Fuß runter bewegt.
Doch was ist, wenn wir unsere Gefühle nicht zeigen wollen, weil wir uns verletzlich fühlen aber gleichzeitig nicht emotional reagieren dürfen. Huga musste sich nur entscheiden, ob er seinem Erstgefühl Ausdruck gab oder seinem Zweitgefühl. Falls er sich für das Zweitgefühl entschied, galt es zu flüchten, anzugreifen oder sich tot zu stellen.
In der modernen Welt ist es da etwas schwieriger. Vor dem Chef wegzulaufen, bzw. ihn zu verprügeln ist nicht mehr angemessen. Im Gegensatz zum Tiger besteht keine akute Lebensgefahr und wir sind für unser Glück auf einen lebendigen Chef angewiesen.
Dies war wohl der Punkt, „an dem Huga sich für die Entwicklung einer Großhirnrinde entschied“ und auch das Zweitgefühl unterdrückte für eine vernünftigere Lösung, die zwar nur selten komplett emotionsfrei ist, aber doch begründbar besser erschien.
Für diese Lösung entscheiden sich häufig Menschen, die Angst haben die Kontrolle zu verlieren, schließlich gilt es häufig die Fassung zu bewahren.
Diese Menschen scheinen heute in unserem Kulturkreis besonders gefragt zu sein. Wir treffen sie in fast jedem Beruf an und sind stolz, dass sie so rational handeln. Leider haben diese Menschen einen langen Weg, wenn sie Stress erfahren, um wieder glücklich zu werden. Ob das immer richtig und notwendig ist?
Die frühen Nachfolger von Huga brauchten ein vernünftiges, planvolles Handeln, weil es mehr Glück versprach, als blinde Wut oder eine schnelle Rache.
Doch was ist, wenn es keine vernünftigen Gründe gibt, wie wir wieder glücklich werden.
Dann schaffen wir uns eine Meinung! Diese Meinung ist zwar begründet, aber häufig wenig objektiv. Sie ist geprägt von Egoismus, Vorurteilen und von dem Gefühl, dass wir nicht leicht unterdrückt bekommen: Hass!
Typische Formulierungen die in dieser Phase auftreten, können sein:
„Was soll ich auch anderes von dem Erwarten!“
„Die, die schon so auftreten, sind alle asozial!“
Auch wenn uns diese Aussagen moralisch nicht zusagen, sind es trotzdem natürliche und gesunde Vorgänge, um glücklich zu werden. Denn ist ein Mensch von einem noch so sachlich falschem Vorurteil überzeugt, hat er eine Erklärung und sein Weltbild ist hergestellt und im Hass kann er sich zum Ausdruck bringen.
Ein Mensch der so etwas zeigt, muss nicht unbedingt zu einem Arzt.
Pathologisch wird es erst, wenn wir keine Meinung mehr bilden und selbst den Hass nicht mehr spüren, wie in einer Depression oder uns andere Dinge krank machen.
Leider können diese Personen häufig nicht mehr selber in die rationale Phase wechseln, da auch zwischen dieser Stufe eine Schwellenangst ist mit häufig irrationalen Ängsten.
Wenn es pathologisch wird, sind die Ärzte gefordert. Aber bei den vorherigen Prozessen, handelt es sich um natürliches Verhalten, welches sicherlich mitunter sozial unerwünscht ist. Es bleibt somit eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft, natürlich im Besonderen für Erzieher, Lehrer, Sozialarbeiter, Eltern, etc.
Was ist aber zu tun?
Der erste Schritt ist, sich bewusst zu machen, dass Emotionen auch ungewünschtes Verhalten hervorbringen können.
Danach ist es sinnvoll, sich den Ablauf vertraut zu machen. Was passiert, wenn wir die Schwellenängste schüren, anstatt diese Ängste anzusprechen und zu reflektieren?
Zurück zu Jan der im Ausgangsbeispiel auf Philipp einprügelt. Was ist Jan für ein Mensch?
Jan ist in seiner Klasse meist beliebt. Er ist cool. Er zeigt selten Gefühle, weder positive noch negative. Auf die Frage, warum er bei guten Witzen nicht laut lacht, sagt er: „Das ist doch peinlich.“ Aber Jan hat eine Charaktereigenschaft, die ihm in der Vergangenheit häufiger Probleme bereitet hat: Er äußert sich sehr abfällig über alle Menschen, die sich aus seiner Sicht „gehen lassen“. Er hasst z.B. dicke Menschen. Er hat eine sehr abfällige Meinung über die Mehrzahl seiner Mitschüler. „Das sind nur dumme Förderschüler.“ Er selbst sieht sich ungerechterweise auf einer Förderschule.
Jan hat keine richtigen Zukunftsziele. Ihm ist wichtig viel Geld zu verdienen, die Frage was er sich davon kaufen möchte, kann er nicht konkret beantworten. Aber er möchte etwas Positives darstellen.
Aus meiner Sicht befindet Jan sich überwiegend in der dritten Phase:
Er muss wahnsinnig viel Energie aufbringen, um glücklich zu sein. Es ist ihm peinlich (= Schwellenangst) Gefühle (selbst positive Gefühle) zu zeigen.
Nun ist Schule ein Zwangkontext. Viele Dinge müssen Schüler als äußerlich gesetzt hinnehmen.
Bei Jan:
Schulart
Mitschüler
Lehrer
Unterrichtsinhalte
Unterrichtsmethoden
etc.
Und was macht Jan, wenn es ihm im Zwangskontext nicht gut geht,
er schweigt,