Psychodynamische Therapien und Verhaltenstherapie im Vergleich: Zentrale Konzepte und Wirkprinzipien - Cord Benecke - E-Book

Psychodynamische Therapien und Verhaltenstherapie im Vergleich: Zentrale Konzepte und Wirkprinzipien E-Book

Cord Benecke

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Beschreibung

Nach wie vor existiert eine starke Konkurrenz der "Schulen" im Bereich der Psychotherapie, nicht nur in Bezug auf die Krankenversorgung, sondern auch auf das, was konzeptuell und therapeutisch für angemessen und effizient gehalten wird. In diesem Buch geht es um einen Vergleich zwischen den beiden auch international bedeutsamsten Richtungen, den Kognitiven Verhaltenstherapien und den Psychodynamischen Therapien. Zentrale Konzepte in beiden Therapieverfahren wie Vorstellungen zum Unbewussten, zu Beziehungsmustern, zum therapeutischen Vorgehen, aber auch zum Menschenbild werden historisch hergeleitet und miteinander in Beziehung gesetzt. Auch die Konsequenzen für die therapeutische Praxis werden benannt.

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Herausgegeben vonFranz Resch und Inge Seiffge-Krenke

Cord Benecke

PsychodynamischeTherapien und Verhaltenstherapieim Vergleich:Zentrale Konzepteund Wirkprinzipien

Vandenhoeck & Ruprecht

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sindim Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-647-99798-8

Umschlagabbildung: Paul Klee, »Blumenanlage im Park von V.«, 1936, Bern,Zentrum Paul Klee/akg-images

© 2016, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG,Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen /Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A.www.v-r.deAlle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlichgeschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällenbedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Satz: SchwabScantechnik, Göttingen

Inhalt

Vorwort zur Reihe

Vorwort zum Band

Vorbemerkungen

1Divergenzen und Konvergenzen der Grundlagenmodelle

1.1Das Unbewusste in der Psychoanalyse und der Verhaltenstherapie

1.2Was macht »krank«? Triebe, Motive, Grundbedürfnisse – und Konflikte

1.3Affekte und Emotionen, Abwehr und Regulierungen

1.4Bedeutsame Beziehungsmuster: Repräsentanzen, Schemata, Übertragung

1.5Die Sicht auf den Menschen: Persönlichkeitstypologien und Strukturniveaus

1.6Fazit: Bedeutsame Differenzen trotz großer Annäherungen

2Divergenzen und Konvergenzen in aktuellen Veränderungstheorien und -methoden

2.1Funktion und Nutzung der therapeutischen Beziehung

2.2Gegenübertragungsanalyse oder Beachtung der emotionalen Resonanz

2.3Vermittlung von emotionaler Einsicht

2.4Arbeit am Strukturniveau oder Skill-Training, Mentalisierung oder Achtsamkeit

2.5Fazit zu den Veränderungskonzepten: Ist jetzt alles gleich?

3Implikationen für die Praxis: Kann man sich im konzeptuellen Gemischtwarenladen beliebig bedienen?

Literatur

Vorwort zur Reihe

Zielsetzung von PSYCHODYNAMIK KOMPAKT ist es, alle psychotherapeutisch Interessierten, die in verschiedenen Settings mit unterschiedlichen Klientengruppen arbeiten, zu aktuellen und wichtigen Fragestellungen anzusprechen. Die Reihe soll Diskussionsgrundlagen liefern, den Forschungsstand aufarbeiten, Therapieerfahrungen vermitteln und neue Konzepte vorstellen: theoretisch fundiert, kurz, bündig und praxistauglich.

Die Psychoanalyse hat nicht nur historisch beeindruckende Modellvorstellungen für das Verständnis und die psychotherapeutische Behandlung von Patienten hervorgebracht. In den letzten Jahren sind neue Entwicklungen hinzugekommen, die klassische Konzepte erweitern, ergänzen und für den therapeutischen Alltag fruchtbar machen. Psychodynamisch denken und handeln ist mehr und mehr in verschiedensten Berufsfeldern gefordert, nicht nur in den klassischen psychotherapeutischen Angeboten. Mit einer schlanken Handreichung von 60 bis 70 Seiten je Band kann sich der Leser schnell und kompetent zu den unterschiedlichen Themen auf den Stand bringen.

Themenschwerpunkte sind unter anderem:

–Kernbegriffe und Konzepte wie zum Beispiel therapeutische Haltung und therapeutische Beziehung, Widerstand und Abwehr, Interventionsformen, Arbeitsbündnis, Übertragung und Gegenübertragung, Trauma, Mitgefühl und Achtsamkeit, Autonomie und Selbstbestimmung, Bindung.

–Neuere und integrative Konzepte und Behandlungsansätze wie zum Beispiel übertragungsfokussierte Psychotherapie, Schematherapie, Mentalisierungsbasierte Therapie, Traumatherapie, internetbasierte Therapie, Psychotherapie und Pharmakotherapie, Verhaltenstherapie und psychodynamische Ansätze.

–Störungsbezogene Behandlungsansätze wie zum Beispiel Dissoziation und Traumatisierung, Persönlichkeitsstörungen, Essstörungen, Borderline-Störungen bei Männern, autistische Störungen, ADHS bei Frauen.

–Lösungen für Problemsituationen in Behandlungen wie zum Beispiel bei Beginn und Ende der Therapie, suizidalen Gefährdungen, Schweigen, Verweigern, Agieren, Therapieabbrüchen; Kunst als therapeutisches Medium, Symbolisierung und Kreativität, Umgang mit Grenzen.

–Arbeitsfelder jenseits klassischer Settings wie zum Beispiel Supervision, psychodynamische Beratung, Arbeit mit Flüchtlingen und Migranten, Psychotherapie im Alter, die Arbeit mit Angehörigen, Eltern, Gruppen, Eltern-Säuglings-Psychotherapie.

–Berufsbild, Effektivität, Evaluation wie zum Beispiel zentrale Wirkprinzipien psychodynamischer Therapie, psychotherapeutische Identität, Psychotherapieforschung.

Alle Themen werden von ausgewiesenen Expertinnen und Experten bearbeitet. Die Bände enthalten Fallbeispiele und konkrete Umsetzungen für psychodynamisches Arbeiten. Ziel ist es, auch jenseits des therapeutischen Schulendenkens psychodynamische Konzepte verstehbar zu machen, deren Wirkprinzipien und Praxisfelder aufzuzeigen und damit für alle Therapeutinnen und Therapeuten eine gemeinsame Verständnisgrundlage zu schaffen, die den Dialog befördern kann.

Franz Resch und Inge Seiffge-Krenke

Vorwort zum Band

Nach wie vor existiert eine starke Konkurrenz der »Schulen« im Bereich der Psychotherapie, nicht nur in Bezug auf die Krankenversorgung, sondern auch in Bezug auf das, was konzeptuell und therapeutisch für angemessen und effizient gehalten wird. In diesem Buch geht es um einen Vergleich zwischen den beiden auch international bedeutsamsten Richtungen, die Kognitiven Verhaltenstherapien und die Psychodynamischen Therapien. Zentrale Konzepte in beiden Therapieverfahren wie Vorstellungen zum Unbewussten, zu Beziehungsmustern, aber auch zum Menschenbild und zum therapeutischen Vorgehen werden historisch hergeleitet und miteinander in Beziehung gesetzt und die Konsequenzen für die therapeutische Praxis illustriert.

Cord Benecke versteht es, sehr differenziert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Grundannahmen der unterschiedlichen Therapieschulen herauszuarbeiten. Dabei kann er verblüffende Ähnlichkeiten aufweisen, die allerdings stärker durch eine Annäherung der Verhaltenstherapie an die Psychoanalyse als umgekehrt zustande gekommen sind. Auch zeigt seine sorgfältige Analyse, dass die Benutzung der gleichen Konzepte (wie Unbewusstes, Übertragung) noch lange nicht meint, dass dasselbe darunter verstanden wird oder gar das Gleiche therapeutisch getan wird. Es gibt zwar viele Berührungspunkte, aber keineswegs wird in der therapeutischen Praxis alles aus einem einzigen Grundgedanken gespeist. Diese Komplexität ist wichtig, dennoch: Es gibt keine verbindliche Metatheorie, die alle Unterschiede der Therapieschulen aus übergeordneter Sicht aufhebt. Gleichmacherei löst die alten Konflikte nicht. Trotz aller Annäherungen bleiben also interessante und bedeutsame Differenzen bestehen, und Therapeuten sollten gewarnt sein, sich gedankenlos aus dem »Warenkorb« zu bedienen. Was bleibt, ist der fruchtbare Dialog der Therapieschulen jenseits der wechselseitigen existenziellen Infragestellung. Ein sehr lesenswertes Buch für ein Grundverständnis der jeweils anderen Seite!

Inge Seiffge-Krenke und Franz Resch

Vorbemerkungen

Von den beiden bedeutsamsten Therapierichtungen, den Kognitiven Verhaltenstherapien (KVT) und den Psychodynamischen Therapien (PT), gilt die KVT als die mit Abstand am besten hinsichtlich ihrer Wirksamkeit untersuchte Psychotherapie. Allerdings hat die PT diesbezüglich in den letzten Jahren stark aufgeholt, was sich auch darin niederschlägt, dass PT mittlerweile wieder in verschiedenen Behandlungsleitlinien zu finden ist. Dass wir aber dennoch weit entfernt davon sind, dass die unterschiedlichen Ansätze gegenseitig anerkannt werden, zeigt sich zum Beispiel darin, dass nahezu jede Studie und jede Metaanalyse, die die Wirksamkeit Psychodynamischer Therapien zeigt, erbitterte Gegenpositionen von Vertretern der KVT nach sich zieht (z. B. Bhar u. Beck, 2009; Schramm u. Berger, 2011). Dabei gibt es an der allgemeinen Äquivalenz der Verfahren bezüglich der generellen Wirksamkeit kaum ernsthafte Zweifel (Wampold u. Imel, 2015).

Angesichts der theoretischen und behandlungstechnischen Weiterentwicklung in allen Verfahren stellt sich die Frage, worin sich die Krankheitsmodelle und die ihnen zugrunde liegenden Konzepte, im folgenden Grundlagenmodelle genannt, und die darauf aufbauenden Behandlungsstrategien überhaupt noch unterscheiden. Ursprünglich hatte ich für dieses Buch eine Gegenüberstellung von Kognitiven Verhaltenstherapien, Psychodynamischen Therapien und Humanistischen Therapien geplant, sowohl in Bezug auf die Grundlagenmodelle als auch auf die Therapietechnik. Dies hätte den Rahmen aber vollständig gesprengt. Da es sich um eine Buchreihe zur Psychodynamischen Therapie handelt, will ich stattdessen von den psychodynamischen Konzepten ausgehen und diese mit denen der Kognitiven Verhaltenstherapie vergleichen. Dieser Vergleich wird in zwei Bereichen vorgenommen: den Grundlagenmodellen sowie den Veränderungstheorien und -methoden. Insbesondere in Bezug auf die Behandlungsmethoden wird jeweils der Stand der Prozess-Ergebnis-Forschung dazu betrachtet.

Das Buch schließt mit einem kurzen Fazit zu Gemeinsamkeiten, nach wie vor bestehenden Unterschieden sowie aus der Forschung ableitbaren zentralen Wirkprinzipien.

1Divergenzen und Konvergenzen der Grundlagenmodelle

Unter »Grundlagenmodelle« sollen hier die grundlegenden Konzeptionen über die Psyche des Menschen verstanden werden. Auf dieser Theorieebene werden grundlegende Aussagen über die das menschliche Verhalten und Erleben konstituierenden Prozesse gemacht, aus denen sich dann sowohl allgemeine Persönlichkeitstheorien ableiten als auch allgemeine Störungstheorien. Im Folgenden möchte ich – ausgehend von den aktuellen psychoanalytisch-psychodynamischen Kernkonzepten – prüfen, welche dieser Kernkonzepte sich auch in den Grundlagenmodellen anderer »Schulen«, insbesondere der modernen Verhaltenstherapie, wiederfinden und welche nicht.

Die psychoanalytischen Grundlagenmodelle – auch Metatheorie genannt – haben sich seit Freuds Zeiten immer weiter entwickelt und sind mittlerweile recht heterogen (ausführlich Ermann, 2008, 2012b, 2012a). Trotz der theoretischen Vielfalt innerhalb der Psychoanalyse lassen sich einige zentrale Aussagen finden, die weitgehend geteilt werden (vgl. Westen, 1998). Folgende Konzepte können als zentral für die psychoanalytischen Modelle benannt werden: das dynamische Unbewusste; eine Trieb- bzw. Motivationstheorie, damit verknüpfte Konflikte, Affekte und Abwehrprozesse; eine Theorie über basale psychische Funktionen; die zentrale Bedeutung von Beziehungserfahrungen (ausführlich Benecke, 2014a).

1.1Das Unbewusste in der Psychoanalyse und der Verhaltenstherapie

Das Unbewusste galt lange Zeit als das zentrale konzeptuelle und klinische Merkmal der Psychoanalyse. Allerdings ist zu bemerken, dass auch die Verhaltenstherapie konzeptuell Aspekte des Unbewussten einbezieht, die im Folgenden genauer beleuchtet werden.

1.1.1Das Unbewusste in der Psychoanalyse

Die These Freuds (1900, S. 617 f.), dass das Seelenleben im Wesentlichen unbewusst ist, bildet bis heute die fundamentale Grundannahme der Psychoanalyse. Im sogenannten »topischen Modell« unterscheidet Freud (1923) drei Bereiche des Bewusstseins: das Unbewusste, das Vorbewusste, das Bewusstsein. Im Bereich des Nicht-Bewussten wird eine für die Psychoanalyse wesentliche Unterscheidung getroffen:

–Deskriptiv unbewusst (Freud: »vorbewusst«) sind mentale Prozesse, die zum Beispiel durch die Fokussierung der Aufmerksamkeit leicht ins Bewusstsein gelangen können. Auch das sogenannte »Kognitive Unbewusste« (Kihlstrom, 1999), mit dem zahlreiche kognitive Prozesse ohne Beteiligung bewusster Wahrnehmung (z. B. Priming) bezeichnet werden, gehört eher in diesen Bereich.

–Dynamisch unbewusst meint hingegen, dass die unbewusst ablaufenden Prozesse der Regulierung von inneren Konflikten dienen und die Unbewusstheit dieser Regulierungen inklusive der darin wirkenden Impulse, Vorstellungen und Emotionen ein Ziel dieser Regulierungen darstellt. Als »Inhalte« des dynamischen Unbewussten finden sich Gedanken, Gefühle, Phantasien, Impulse, Wünsche, die im Laufe des Lebens aus dem Bewusstsein verbannt wurden; diese lösen bei ihrer Aktivierung Abwehr aus, damit sie unbewusst bleiben.

Zu den weiteren Annahmen gehört, dass im Unbewussten gespeicherte Erfahrungen laut Freud nicht verloren gehen, sie bleiben »unzerstörbar«: »Im Unbewußten ist nichts zu Ende zu bringen, ist