RACHE - Ein Tier in der Falle - J. S. Frank - E-Book

RACHE - Ein Tier in der Falle E-Book

J. S. Frank

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Beschreibung

RACHE - die fesselnde Thriller-Serie von J.S. Frank!

Folge 4: Victor Hansens Macht in der Unterwelt schwindet - ein verfeindeter Rockerclub will ihn tot sehen. Hansen macht Kommissarin Laura Stein ein Angebot: Er will über die kriminellen Machenschaften der Rockerbande auspacken, wenn die Kommissarin ihn im Gegenzug aus der Schusslinie nimmt. Doch was hat Hansen wirklich vor?

Über die Serie:

Laura Stein ist eine Getriebene. Die junge Kommissarin ging als Jugendliche durch die Hölle und überlebte. Aber die Vergangenheit verfolgt sie bis heute. Unerbittlich jagt sie seit Jahren dem Gangsterboss Victor Hansen hinterher. Um ihn zu stellen, ist ihr jedes Mittel recht. Selbst wenn sie einen Mörder als V-Mann rekrutieren muss ...

RACHE - die sechsteilige Thriller-Serie um Kommissarin Laura Stein und Ex-Gangster Wolf Berger. Knallhart, überraschend, nichts für schwache Nerven!

eBooks von beTHRILLED: Mörderisch gute Unterhaltung.

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Seitenzahl: 145

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Inhalt

CoverRACHE – Die SerieÜber diese FolgeÜber den AutorTitelImpressum1 DAS ATTENTATDONNERSTAG, 07. JANUAR2 HACKFRESSESONNTAG, 10. JANUAR3 SHOW ME THE WAY TO THE NEXT WHISKY BAR4 HELP5 FREEZIN’ IN HELLMONTAG, 11. JANUARDIENSTAG, 12.JANUAR6 WIEDERSEHEN UNTER FEINDENMITTWOCH, 13. JANUAR7 DIE PARLAMENTÄREDONNERSTAG, 14. JANUARFREITAG, 15. JANUAR8 GIVE PEACE A CHANCEMITTWOCH, 20. JANUAR9 CLEARING10 AUSKLANGSONNTAG, 24.JANUARLeseprobe

RACHE – Die Serie

Laura Stein ist eine Getriebene. Die junge Kommissarin ging als Jugendliche durch die Hölle und überlebte. Aber die Vergangenheit verfolgt sie bis heute. Unerbittlich jagt sie seit Jahren dem Gangsterboss Victor Hansen hinterher. Um ihn zu stellen, ist ihr jedes Mittel recht. Selbst wenn sie einen Mörder als V-Mann rekrutieren muss …

Über diese Folge

Victor Hansens Macht schwindet – ein verfeindeter Rockerclub will ihn tot sehen. Hansen macht Laura ein Angebot: Er will über die kriminellen Machenschaften der Rockerbande auspacken, wenn die Kommissarin ihn im Gegenzug aus der Schusslinie nimmt. Doch was hat Hansen wirklich vor?

Über den Autor

J. S. Frank hat nach seinem Germanistik-Studium mehr als zwanzig Jahre für ein internationales Medien-Unternehmen gearbeitet. Seit 2013 ist er freier Autor mit einem ungebrochenen Faible für die anglo-amerikanische und französische Literatur. J. S. Frank ist ein Pseudonym des Autors Joachim Speidel, der mit seinen Kurzgeschichten bereits zweimal für den Agatha-Christie-Krimipreis nominiert war. RACHE ist bereits seine zweite Thriller-Serie bei »be«.

EIN TIER IN DER FALLE

Folge 4

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Uwe Voehl

Lektorat/Projektmanagement: Lukas Weidenbach

Covergestaltung: Massimo Peter-Bille unter Verwendung von Motiven von © Shutterstock: charnsitr | Nejron Photo | Steve Collender

eBook-Erstellung: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-8535-9

Dieses eBook enthält eine Leseprobe des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes »Das Lazarus-Syndrom« von Guido M. Breuer.

be-ebooks.de

lesejury.de

1DASATTENTAT

DONNERSTAG, 07. JANUAR

Jemand schüttelte Victor Hansen unsanft an der Schulter. Er tauchte aus einem tiefen, traumlosen Schlaf empor. Widerwillig. Sein erster Reflex – zuschlagen. Doch sein Körper war noch schwer wie ein Vierzigtonner, die Hand wollte sich nicht zur Faust ballen.

Zudem hörte er die Stimme seiner Frau am Ohr. Sie flüsterte: »Victor, wach auf. Da stimmt was nicht.«

Er öffnete die Augen. Hatte ihr Gesicht über sich. Sie sah besorgt auf ihn hinunter.

»Was’n los?«, fragte er.

»Ich glaube, da ist jemand im Garten.«

Victor Hansen brauchte eine Weile, bis er die Worte richtig einordnen konnte.

Er schaute auf den Radiowecker. Acht Uhr sieben. Sie lagen noch im Bett, Lizzie und er waren lange auf gewesen. Die Kinder, Otis und Sarah, schliefen noch. Nächstes Jahr würde es ernst werden. Jedenfalls für Otis. Dann hieß es Schule. Er sollte die Zeit bis dahin noch genießen.

»Hast du was gehört?«, fragte er seine Frau, zu seiner eigenen Verwunderung ebenfalls flüsternd.

»Ich weiß nicht«, sagte sie. »So was wie Schritte. Oder wie wenn jemand sich unterhält.«

Victor Hansen war auf einmal hellwach. Er drehte sich im Bett, einem Boxspring-Bett, ein Herzenswunsch seiner Frau, bis er halb auf dem Bauch, halb auf der Seite lag, und suchte mit der Hand zwischen Matratze und Bettrahmen nach seiner Waffe. Einer Glock, Kaliber 45.

Er wollte keine Waffe im Nachttisch deponieren. Sie könnte viel zu leicht von viel zu neugierigen Menschen inklusive seiner Kinder dort gefunden werden. Nachdem Lizzie sich mit dem Boxspringbett durchgesetzt hatte, hatte er sich unter die Matratze eine kleine Tasche für die Pistole nähen lassen.

»Was machst du da?«, fragte Lizzie. An der Stirn und an den Schläfen stachen pochende dunkelblaue Adern hervor.

»Sekunde«, sagte er.

Seine Hand fühlte den kalten Stahl, im nächsten Moment hatte er die Waffe in der Hand.

Lizzie strich sich mit zitternden Fingern die blonden Haare aus dem Gesicht.

Er legte den Zeigefinger auf die Lippen. Beide lauschten. Beide blickten hinüber zum Fenster. Die Rollläden waren heruntergelassen. Durch die Lüftungsschlitze drang das Licht der Morgensonne.

Baukompressoren fingen an zu dröhnen und zu wummern. Sekunden verstrichen. Dann wurde der erste Presslufthammer gestartet. Der nächste folgte, und schon bald erzeugte eine ganze Armee an Bohr- und Abbruchhämmern einen kakofonen Lärm.

Das Haus der Hansens fing an zu beben.

»Scheiße, verfluchte«, murrte Victor Hansen. »Das kann doch nicht sein. Wollen die Idioten etwa die Lehmann-Villa heute abreißen?«

Die Lehmann-Villa befand sich gute fünfzig Meter entfernt von ihnen. Beide Häuser lagen weit außerhalb der Stadt, nahe einem Naturschutzgebiet, nur erreichbar durch eine einspurige Straße. Die Villa war ein Gebäude, das nie fertiggestellt worden war. Die Tochter des Großindustriellen Lehmann hatte es sich in den Kopf gesetzt, auch hier im Grünen ein Domizil zu errichten. Am Ende war ihr alles zu viel geworden, sie schmiss hin, und die Villa blieb als Rohbau stehen und verschandelte die Natur.

»Hast du etwas gehört, dass die Villa bald plattgemacht wird?«, fragte Hansen.

Seine Frau schüttelte den Kopf. »Hätte man uns nicht vorher fragen müssen? Ich meine, bevor die ganze Abbruchindustrie hier anrückt?«

»Keine Ahnung«, sagte Hansen und merkte, wie er sich langsam wieder entspannte. »Kenn mich nicht so aus mit dem, was die Abbruchunternehmen machen müssen oder nicht. Anständig wär’s aber gewesen.«

»Jetzt sind die Kinder auch wach«, seufzte seine Frau, die sich wieder aufs Bett zurücksinken ließ. »Wenn sie es nicht schon vorher waren.«

»Scheiße«, murrte Hansen und verstaute die Waffe wieder unter der Matratze.

Im nächsten Moment explodierten die Rollläden, die Fensterscheiben platzten. Kugeln stanzten Löcher in die Wände des Schlafzimmers, rissen den Verputz herab, die Reproduktion des Klimt-Gemäldes »Der Kuss« wurde zerfetzt, der Rahmen splitterte, das Bild krachte zu Boden.

Lizzie Hansens Schminktisch wurde durchlöchert, der Schminkspiegel zerbarst in tausend Teile.

Schubladen wurden zerfetzt. Holzstücke wurden aus dem Möbel gerissen.

Victor Hansen warf sich auf seine Frau, packte sie, presste sie an sich, drehte sich um die eigene Achse, ließ sich vom Bett fallen, krachte mit dem Rücken auf dem Boden auf. Die Luft blieb ihm kurz weg. Seine Frau lag auf ihm. Nackte Angst in den Augen. Den Mund weit offen. Er barg ihren Kopf an seiner Brust, drehte sich mit dem Rücken zum Bett, drehte sich so, dass er sie mit seinem Körper beschirmte. Die Kugeln perforierten die Bettdecken und die Matratzen, zerrissen die Kissen, Federn wurden in die Luft gewirbelt.

Querschläger pfiffen durchs Zimmer.

Der Kleiderschrank wurde unter Beschuss genommen. Der Spiegelschrank zerbarst. Splitter regneten herab. Eine Schranktür wurde von dem Kugelhagel aus den Angeln gehoben, krachte zu Boden. Die Kleidungsstücke wurden zerfleddert.

Die Rollläden wurden aus den Halterungen gerissen, die Lamellenbahnen stürzten hinunter, Licht, immer mehr Licht flutete herein.

Dann endete das Schießen. Hörte plötzlich auf. Von einer auf die andere Sekunde.

Der infernalische Lärm der Abbruchgeräte hielt an. Die Kompressoren schnauften, die Hämmer hämmerten, das Haus bebte.

Victor Hansen hob den Kopf.

War das alles? War das Schießen vorbei? Oder kamen die Dreckschweine jetzt ins Haus? Er würde sie nicht hören können bei dem ganzen Scheißlärm. Er zog die Glock wieder unter der Matratze hervor. Lud durch. Entsicherte sie. Seine Hand war schweißnass. Er blickte in das Gesicht seiner Frau. Ihre Augenlider flatterten, ihre Lippen bebten. Sie atmete schwer. Sie wirkte auf einmal so verdammt zerbrechlich.

Seine Lizzie – und zerbrechlich.

So was gab’s eigentlich nicht. Sie war durch nichts so leicht zu erschüttern. Normalerweise.

Er sah ihr an, dass sie Todesangst hatte.

Die hatte er aber auch.

Victor Hansen schätzte, dass zwei, vielleicht drei Maschinengewehre im Garten postiert waren. Eventuell hinten bei den Birken. Dort hatten sie die Holztische stehen, an denen sie im Sommer so gerne saßen. Die bildeten jetzt eine feine Auflage. Mit freier Sicht ins Schlafzimmer.

»Bist du okay?«, flüsterte Victor Hansen seiner Frau zu.

Sie nickte.

Dann hörte er die Stimme von Sarah, der vierjährigen Tochter. »Papa?«

Victor Hansen rief: »Geh weg, Sarah! Geh weg von der Tür! Schnell!«

»Mama?«

Die Türklinke wurde nach unten gedrückt.

»Mein Gott«, schluchzte Hansens Frau.

»Bleib von der Tür weg, Sarah!«, schrie Victor Hansen.

Er war schon dabei, auf allen vieren zur Tür zu kriechen, als das Schießen wieder einsetzte.

Neue Löcher in der Wand, im Bett, im Schrank und im Schminktisch. Verputz krachte großflächig zu Boden. Die Zimmertür wurde getroffen. Die Kugeln rissen das Türblatt auf, trafen die Klinke, ein Querschläger pfiff an Victor Hansens Ohr vorbei. Er war wieder mit einem Satz bei seiner Frau, beim Bett, warf sich auf sie.

Der geballte Kugelhagel zerstörte den Schlafzimmerschrank, Kleidungsstücke wurden zu Boden gewirbelt. Kugeln perforierten den Parkettboden.

Dann hörte das Schießen wieder auf.

Victor Hansen hatte genug. Er konnte nicht länger am Boden im Schutz des Boxspringbettes liegen und warten, bis ihm die Kugeln wieder um die Ohren flogen oder bis die Dreckskerle sein Haus stürmten.

Er ließ seine Frau los, packte die Pistole. Lizzie flüsterte: »Was hast du vor?«

»Lage peilen«, knurrte er.

Er robbte ans Fußende des Bettes. Legte sich flach auf den Boden. Schob sich Zentimeter um Zentimeter vorwärts. Rollte sich auf den Rücken, hielt die Pistole mit beiden Händen umklammert, zielte auf die zerschossenen Fenster.

Kommt doch, ihr Scheißer!

Im Licht der Sonnenstrahlen schneiten die Daunen der zerschossenen Kissen und Bettdecken zu Boden. Verputz-, Holz- und Glasstaub sank unendlich langsam herab.

Die kalte Winterluft drückte herein.

Hansen behielt die Augen starr auf die Fenster gerichtet.

Es tat sich nichts.

Auf einmal hörte der Lärm der Abbruchgeräte auf.

Die plötzlich eintretende Stille war kaum auszuhalten.

Er drehte sich wieder auf den Bauch und robbte, so schnell er konnte, zum Fenster. Erhob sich langsam. Zentimeter um Zentimeter.

Lugte hinaus in den Garten.

Erblickte unzählige Fußspuren auf der verschneiten Wiese. Dort hinten bei den Birken – die Tische. Sie waren vom Schnee frei geräumt worden. Er hatte richtig vermutet. Sie hatten als Ablage für Schnellfeuerwaffen gedient.

Er verschaffte sich vorsichtig einen Überblick. Sah niemanden.

Ein Motor startete. Ein Baufahrzeug. Es stand tatsächlich bei der Lehmann-Villa. Hansen konnte nicht sehen, wie viele Leute drinsaßen. Der Lkw setzte zurück. Das Sonnenlicht wurde von der Windschutzscheibe reflektiert. Hansen konnte immer noch niemanden erkennen. Der Laster wendete. Fuhr dann die Straße hinunter Richtung Stadt.

Rascheln.

Er blickte zurück.

Seine Frau kroch zur Schlafzimmertür. Ihm fiel augenblicklich seine Tochter ein. Er meinte, sein Herzschlag würde aussetzen.

»Lizzie, lass! Ich mach das.«

Sie hörte nicht auf ihn. Ihre Hand griff hoch zur Türklinke, drückte sie hinunter. Die Tür klemmte. Offensichtlich wegen der vielen Treffer.

Dann bekam sie sie auf. Schlüpfte hinaus.

Victor Hansen rappelte sich auf, presste sich an die Wand, schielte hinaus in den Garten. Er traute der Sache noch nicht ganz.

Im Flur waren Lizzie und Sarah und wahrscheinlich auch Otis.

Er konnte nicht ewig hier warten, bis etwas geschah.

Er hörte, wie seine Frau aufschluchzte.

Mit seiner Tochter Sarah im Arm nahm Victor Hansen die Treppe ins Untergeschoss. Lizzie folgte ihm mit Otis an der Hand.

Den beiden Kindern war bei dem Anschlag zum Glück nichts passiert. Sie hatten sich im Bad eingeschlossen.

Hansen ging davon aus, dass die Attentäter über alle Berge waren, aber er wollte kein Risiko eingehen. Es konnte immer noch ein Killer mit einem Scharfschützengewehr gut versteckt im Garten oder im nahen Wald hocken und nur darauf warten, bis er die Familie Hansen ins Fadenkreuz bekam.

Jede Treppenstufe war eine Tortur für ihn. Bei der Schießerei letztes Jahr, am Tag vor Heiligabend, hatte er vier Schrotkugeln in den rechten Oberschenkel abgekriegt. Sie hatten die Muskulatur verhärtet. Er hatte zurzeit noch ein steifes Bein.

Gerade er. Er war früher Motorrad gefahren in einem Alter, wo er es noch gar nicht durfte. Er hatte sich unzählige Knochen gebrochen, und sie waren im Nu wieder zusammengewachsen.

Die Schrotkugeln waren zwar alle rechtzeitig entfernt und die Wunden sorgfältig behandelt worden, doch der Oberschenkel machte immer noch nicht so mit, wie er wollte.

Victor Hansen hatte im Untergeschoss einen Partykeller, einen kleinen Konferenzraum und ein Büro eingerichtet. Im Büro waren sie um einiges sicherer. Es war innen liegend und wie ein großes Wohnzimmer mit Polstergarnitur und Schreibtisch eingerichtet. Hier befand sich auch der Waffenschrank mit zwei Glock Kaliber 45, einem Colt-Magnum-Revolver und einem M16-Sturmgewehr mit vier Magazinen à dreißig Patronen.

Er gab seiner Frau eine Glock. Sie konnte verdammt gut damit umgehen. Nach allem, was oben im Schlafzimmer vorgefallen war, wirkte sie jetzt gefasst und hoch konzentriert.

»Ich muss noch ein paar Anrufe erledigen«, sagte Hansen zu ihr. Er ging in die Knie, um seinen Kindern in die Augen sehen zu können. »Alles wird wieder gut, versprochen. Das da oben war ein Feuerwerk, so wie bei Silvester, nur dass es ein wenig zu laut war und zu viel Schaden angerichtet hat. Da muss ich jetzt ein paar Handwerker rufen. Das versteht ihr doch sicher?«

Die Kinder nickten zögerlich.

Er strich den beiden mit der Hand über den Kopf. »Bin gleich wieder bei euch.«

Er stand auf. Lizzie deutete auf seinen rechten Oberarm. Der Ärmel seines schwarzen Pyjamas glänzte feucht. In dem Moment, als er es sah, folgte ganz langsam ein ziehender Schmerz bis vor zu den Fingerkuppen. Er nickte ihr kurz zu und ging ins nahe Badezimmer.

Er begutachtete die Wunde. Ein Querschläger hatte ihn am Bizeps getroffen, ein Stück Haut und Fleisch weggefetzt. Er wusch sich den Arm, trocknete ihn ab. Anschließend schüttete er Rasierwasser über die Wunde, klatschte sich mehrere Lagen Kosmetikpapier darauf, zog sich vorsichtig einen Bademantel über und ging zurück ins Büro. Erst danach rief er bei der Hard-Stuff-Security an, einem Sicherheitsdienst, den er vor zehn Jahren ins Leben gerufen hatte, um Diskotheken, Bordelle, Bars, Lokale, Clubs zu schützen. Sie hatte zwar regionale Geschäftsführer, aber der Inhaber war immer noch er.

Er gab die Order aus, sie sollten alle verfügbaren Leute herschicken. Und aufpassen, dass die Bullen nichts davon mitbekämen. Und flüsternd fügte er hinzu, damit die Kinder es nicht hörten, dass sie auch alles, was sie an Waffen auftreiben konnten, mitbringen sollten.

Lizzie, die bis jetzt den Kindern vorgelesen hatte, ließ die beiden allein auf der Couch zurück.

Sie machte ein ernstes Gesicht. »Denkst du, das reicht?«

»Fürs Erste schon.«

»Das sind nur Angestellte von dir. Du brauchst jemanden, dem du vertrauen kannst.«

»Wenn du jemanden kennst, sag es mir.« Hansen betastete die Wunde an seinem Arm. Sie pochte noch.

Lizzie sagte: »Ich kenne jemanden.«

Hansen sah ihr ein paar Sekunden in die Augen. »Ich hoffe, du meinst nicht Wolf.«

»Ihr wart Freunde. Du hast doch erzählt, ihr habt euch ein paarmal getroffen, seit er wieder aus der Haft entlassen worden ist.«

Hansen schüttelte den Kopf. »Nicht Wolf. Unter keinen Umständen.«

»Er hat dir früher immer geholfen. Er hat dir immer beigestanden. Und in seiner Haftzeit hat er dich nie hängen lassen.«

Hansen grinste abfällig. »Ich ruf nicht Wolf an. Vergiss es! Zum einen würde er mir nicht helfen; zum anderen würde ich auch nicht wollen, dass er mir hilft.«

2HACKFRESSE

SONNTAG, 10. JANUAR

Das Work-out war höllisch gewesen. Laura Stein hatte die Hälfte des Trainings in dem Fitnesscenter ihres Vertrauens mit zusammengebissenen Zähnen, Pressatmung und mörderischen Schmerzen hinter sich gebracht. An der Latissimus-Maschine konnte sie kaum die Arme in die Höhe heben. Die rechte Schulter war blockiert. Wollte sie den Arm strecken, rasten Stromschläge hoch in ihr Hirn. Bei der klassischen Übung des Bankdrückens rebellierte der linke Ellenbogen. Ein lockeres Lauftraining auf dem Laufband war eine Tortur. Ein Hüftgelenk war geprellt, ein Knie zwickte. Beim Boxtraining spürte sie jeden Schlag auf den Boxsack. Die Knöchel waren noch steif, der kleine und der Ringfinger der rechten Hand waren getapt.

Sie erinnerte sich nur vage an die Schlägerei an Heiligabend auf dem Weihnachtsmarkt, als sie gemeint hatte, sie müsse sich mit dem gesamten Kegelclub Bangkok – Superhengste Halvermünster anlegen. Sie war heillos besoffen gewesen und hatte am Ende nur noch wild um sich gehauen, damit die Arschlöcher sie nicht zwischen all den Lebkuchen, Glühweintassen, Currywürsten und Sauerkraut-Tellern totschlugen.

Sie war hierhergekommen, um sich so richtig auszupowern. Es klappte nicht. Das rhythmische Atmen fiel ihr schwer. Zwei Rippen waren gebrochen. Sie duschte wie immer in der Behindertendusche, zog sich um, stampfte voller Wut und Ärger in die Sonntagnacht hinaus, die so beißend kalt war, dass sie dachte, die Lungenbläschen würden beim nächsten Atemzug zerplatzen. Fröstelnd zog sie sich eine Wollmütze über den Kopf.

Es war zwanzig vor zehn. Es war Nacht. An der nahen Kreuzung jaulten die Motoren zweier BMWs auf, die Abgase stiegen im Scheinwerferlicht zum Himmel hoch. Als die Ampel umschaltete, jagten die Wagen davon.

Zwei Mädchen, dünne, schlaksige Girlies, die auch im Fitnesscenter trainiert hatten, staksten in hochhackigen Stiefelchen vor ihr in Richtung U-Bahn. Eingemummelt in aufgeplusterte Glitzerjäckchen.

Ein Wagen hielt neben ihnen. Ein tiefer, röhrender Sound. Ein schwarzer Lamborghini Aventador.

Der Beifahrer sprang heraus. Dick gepolsterte Lederjacke mit Aufnähern. Sonnenbrille auf den Augen, selbst im Winter, selbst bei Nacht.

Er baute sich vor einem der beiden Mädchen auf. »He, Sabrina, du kannst mich doch nicht allein hier auf der Welt zurücklassen.«

Das Mädchen warf die wasserstoffblonden Haare zurück. »Kann ich gut. Ist ganz einfach.«

»Aber ich lieb dich doch. Ich kann ohne dich nicht leben.«

Inzwischen war auch der Fahrer ausgestiegen. Passgenauer Anzug. Schicke Krawatte.

»Du liebst mich nicht«, sagte das Mädchen zu dem Typ mit der Lederjacke.