RACHE - Vertrauen ist tödlich - J. S. Frank - E-Book

RACHE - Vertrauen ist tödlich E-Book

J. S. Frank

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Beschreibung

RACHE - die fesselnde Thriller-Serie von J.S. Frank!

Folge 3: Kommissarin Laura Stein steht kurz davor, den Ex-Gangster Wolf Berger als V-Mann beim Gangsterboss Victor Hansen einschleusen - als dessen rechte Hand. Doch Hansen tut nichts ohne das Einverständnis der kalabrischen Mafia. Dann werden Anschläge auf Laura verübt. Und die Mafia verlangt einen Vertrauensbeweis von Wolf ...

Über die Serie:

Laura Stein ist eine Getriebene. Die junge Kommissarin ging als Jugendliche durch die Hölle und überlebte. Aber die Vergangenheit verfolgt sie bis heute. Unerbittlich jagt sie seit Jahren dem Gangsterboss Victor Hansen hinterher. Um ihn zu stellen, ist ihr jedes Mittel recht. Selbst wenn sie einen Mörder als V-Mann rekrutieren muss ...

RACHE - die sechsteilige Thriller-Serie um Kommissarin Laura Stein und Ex-Gangster Wolf Berger. Knallhart, überraschend, nichts für schwache Nerven!

eBooks von beTHRILLED: Mörderisch gute Unterhaltung.

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Seitenzahl: 143

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Inhalt

CoverRACHE – Die SerieÜber diese FolgeÜber den AutorTitelImpressumPROLOGMITTWOCH, 23. DEZEMBER1 FREUNDE DER ITALIENISCHEN OPERVIERZEHN TAGE VORHER – MITTWOCH, 09. DEZEMBERDONNERSTAG, 10. DEZEMBER2 DON TEGANO3 FIDE, SED CUI, VIDE – TRAU, SCHAU, WEMFREITAG, 11. DEZEMBERSAMSTAG, 12. DEZEMBER4 IM AUGE DES HURRIKANSSONNTAG, 13. DEZEMBERDONNERSTAG, 17. DEZEMBERFREITAG, 18. DEZEMBERDIENSTAG, 22. DEZEMBER5 MÖRDER UND IHRESGLEICHENMITTWOCH, 23. DEZEMBER6 DIE RICHTSTÄTTE7 SHOTGUN JINGLE BELLS8 ABSOLUTION9 HEILIGABENDHEILIGABEND. DONNERSTAG, 24. DEZEMBERLeseprobe

RACHE – Die Serie

Laura Stein ist eine Getriebene. Die junge Kommissarin ging als Jugendliche durch die Hölle und überlebte. Aber die Vergangenheit verfolgt sie bis heute. Unerbittlich jagt sie seit Jahren dem Gangsterboss Victor Hansen hinterher. Um ihn zu stellen, ist ihr jedes Mittel recht. Selbst wenn sie einen Mörder als V-Mann rekrutieren muss …

Über diese Folge

Laura ist einen Schritt weiter: Wolf soll wieder für Hansen arbeiten – aber dafür braucht der Gangsterboss das Okay der kalabrischen Mafia. Doch bald werden Anschläge auf Laura verübt. Und die Mafia verlangt einen Vertrauensbeweis von Wolf …

Über den Autor

J. S. Frank hat nach seinem Germanistik-Studium mehr als zwanzig Jahre für ein internationales Medien-Unternehmen gearbeitet. Seit 2013 ist er freier Autor mit einem ungebrochenen Faible für die anglo-amerikanische und französische Literatur. J. S. Frank ist ein Pseudonym des Autors Joachim Speidel, der mit seinen Kurzgeschichten bereits zweimal für den Agatha-Christie-Krimipreis nominiert war. RACHE ist bereits seine zweite Thriller-Serie bei »be«.

VERTRAUEN IST TÖDLICH

Folge 3

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Uwe Voehl

Lektorat/Projektmanagement: Lukas Weidenbach

Covergestaltung: Massimo Peter-Bille unter Verwendung von Motiven von © Shutterstock: charnsitr | Nejron Photo | Steve Collender

eBook-Erstellung: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-8534-2

Dieses eBook enthält eine Leseprobe des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes »Infiziert – Überleben in Zone 0« von J. S. Frank.

be-ebooks.de

lesejury.de

PROLOG

MITTWOCH, 23. DEZEMBER

Laura Stein zählte fünf Männer mit Pumpguns. Die Männer unterhielten sich, grinsten, lachten, einer warf eine Zigarette zu Boden und trat sie aus, ein anderer bohrte in der Nase.

Eine lustige Männerrunde.

Nummer eins und zwei hielten ihre Pumpguns in der Armbeuge, die Finger nahe am Abzug, als hätten sie alle Zeit der Welt. Nummer drei und vier hielten sie wie Aktenkoffer in der Hand, die Gewehrläufe waren auf Laura gerichtet.

Nummer fünf hatte seine Pumpgun geschultert, als wollte er auf die Jagd gehen.

Dabei war die Jagd bereits beendet.

Und zur Strecke gebracht worden war sie, Laura.

Sie hatte keine Angst vor dem Tod. Sie hatte schon öfters mit dem Leben abgeschlossen gehabt. Sie war als Jugendliche durch die Hölle gegangen und wollte zu jener Zeit nur eins: sterben. Sie sehnte sich damals richtiggehend nach dem Tod, sie hoffte jeden Tag, er würde bald kommen und sie holen.

Doch sie war aus dieser Hölle befreit worden, hatte eine zweite Chance bekommen und wusste nicht recht warum. Sie hatte anschließend mehrfach Versuche unternommen, sich umzubringen, hatte blutige Furchen in ihre Handgelenke geschnitten, sie liebte den Schmerz und das Blut, das dick aus den Wunden herausquoll.

Sie hatte ein Gespür dafür entwickelt, wie es war, schwach und schwächer zu werden, wie die Sinne schwanden, wie sich eine unendliche Müdigkeit und Schwere, wie sich die große Leere in ihr ausbreitete.

Und das war auch gut so.

In diesen düsteren Momenten bedeutete ihr das Leben nichts. Es kam ihr wie ein Irrtum vor, ein Fehler der Schöpfung. Sie fühlte sich überflüssig, unnütz, ungewollt. Das Leben erschien ihr grau bis schwarz, als tägliche Tortur.

Und der Tod versprach ihr in diesen Augenblicken eine Erlösung von ihren Qualen.

Doch bis jetzt hatte sie immer, kurz bevor sie das Bewusstsein verlor, zu zweifeln begonnen. Was, wenn es etwas gab, für das es sich zu leben lohnte? Was, wenn doch mehr Farben als nur Grau oder Schwarz existierten? Was, wenn das Leben auch etwas Besonderes, etwas Außergewöhnliches, etwas Großartiges für sie bereithielt?

Sie hatte sich dann stets – sozusagen kurz vor Torschluss – fürs Leben entschieden, einfach um es noch einmal auszutesten.

Aber die ganze Austesterei würde nun bald ein Ende haben.

Ihre Handgelenke waren mit dickem Klebeband hinter ihrem Rücken zusammengebunden.

Sie kniete auf dem harten Fliesenboden.

Der Raum – eine ehemalige Kneipe. Der Name: WESTERN-CLUB. Schaler, abgestandener Biergeruch hing in den Wänden, in der abgegriffenen hölzernen Theke mit den abmontierten Zapfhähnen, in den kaputten Hängeschränken, in dem letzten Tisch, der einsam in die Ecke gerückt dastand.

Laura war hierhergebracht worden, als die Nachmittagssonne noch schien. Aber sie wusste nicht, wie viel Uhr es gerade war. Die Rollläden waren heruntergelassen, eine einzelne Neonröhre flackerte an der Decke.

Es war eisig kalt im Raum.

Von den Männern mit den Pumpguns stiegen bei ihren launigen Gesprächen kleine Atemwölkchen empor.

Die Männer warteten.

Laura wartete.

Ihre Knie schmerzten. Ihr Blick war auf die Tür gerichtet.

Sie öffnete sich.

Das Warten hatte ein Ende.

Victor Hansen betrat die Kneipe. Schwer, massig, hellbrauner Kaschmirmantel. Hellbraune Haare, Dreitagebart. Rote Designerbrille.

Drei Männer waren bei ihm.

Zwei hatten Pumpguns in den Händen.

Der dritte hatte die Hände in seiner grauen Cordjacke vergraben. Wolf Berger. Etwa gleich groß, nicht ganz so massig wie Hansen, aber mit breiteren Schultern. Nach hinten gekämmte schwarze Haare, grau melierter Vollbart.

Hansen begrüßte die fünf Männer, die auf seine Ankunft gewartet hatten, mit einem kurzen Nicken.

Danach wandte sich Hansen Laura zu. Rückte seine Brille auf der Nase zurecht. Blickte auf sie hinab. Höhnisch, spöttisch, triumphierend.

Sie senkte den Kopf.

Er begann zu reden.

Sie spürte einen warmen, gekrümmten Zeigefinger unter ihrem Kinn. Er drückte ihren Kopf hoch. Sie blickte Hansen in die Augen. Sie war hellwach. Hörte jedes Geräusch, jedes Füßescharren, jeden Atemzug, ein einsames Nasehochziehen. Ein kurzes Hüsteln. Ein Räuspern.

Er sah sie lange an. Taxierte sie ganz genau.

Schließlich seufzte er. »Tja, Frau Stein, ich schätze, wir müssen uns nun leider von Ihnen verabschieden.«

Sie sah ihm in die Augen. »Und tschüss«, sagte sie.

Er blickte mit einem Anflug von Respekt auf sie hinab. »Wissen Sie was, Frau Stein, Sie gefallen mir. Sie gefallen mir wirklich. Sie sind zäh. Sie lassen sich nicht unterkriegen. Sie haben vor niemandem und nichts Angst. Sie kommen auf den Punkt. Unter anderen Umständen, in einem anderen Leben könnten wir, Sie und ich, glaube ich, richtig gute Freunde werden. Wir würden die Welt aus den Angeln heben.«

»Dummerweise haben wir nur dieses eine Leben«, sagte Laura.

»Dummerweise«, sagte er und drehte sich zu Berger um. »Bist du so weit, Wolf? Oder hast du ein Problem damit, sie zu erschießen?«

Laura nahm erst jetzt wahr, dass Berger eine Pistole, eine schwere Glock, in der Hand hielt. Sie schätzte, eine Glock 40, Kaliber 10 mm.

Berger schritt gemächlich auf Laura zu. »Wieso sollte ich ein Problem damit haben?«

Die Männer mit den Pumpguns grinsten.

Hansen lächelte zufrieden.

Berger richtete die Glock auf ihren Kopf.

Laura war sich sicher: Die 10-mm-Kugel würde ihn wie eine Melone zerfetzen.

1FREUNDE DER ITALIENISCHEN OPER

VIERZEHNTAGEVORHER – MITTWOCH, 09. DEZEMBER

Victor Hansen könnte kotzen, wenn er daran dachte, dass alle Welt annahm, dass er, bloß weil er Geschäfte mit der ’Ndrangheta, der kalabrischen Mafia, machte, ganz selbstverständlich auch italienische Musik und Pizza mochte.

Gut, okay, gegen eine gute Pizza war ab und an nichts einzuwenden, aber italienische Musik … italienische Oper. Für ihn ein No-Go. Diese Pseudodramatik. Diese Pseudotheatralik. Dicke Frauen schmachteten dicke Männer mit ihren Kreissäge-Stimmen an, und dicke Männer rülpsten ihnen als Antwort ihre Gefühle ins Gesicht. Oder italienischer Schlager! Pomade, die aus Lautsprechern troff.

Dass er in eine Pizzeria eingeladen werden würde, hatte er schon kommen sehen. Ablehnen wollte er nicht, man musste seinen Geschäftspartnern nicht gleich mit dem Arsch ins Gesicht springen. Aber warum gerade in diese Billigpizzeria Napoli? Alles in Grün-Weiß-Rot. Wandbilder vom Strandleben, mit hellblauem Meer. Als er die letzten Takte von Felicita hörte, die dann nahtlos in Azurro übergingen, hätte er am liebsten gleich wieder kehrtgemacht.

Was er aber anständigerweise nicht tat.

Luigi Schäfer, sein Gastgeber, hatte eine Nische für zwei Personen in der Nähe des Holzofens für sie reserviert. Es war warm im Raum. Für Victor Hansen zu warm. Er hätte am liebsten das Jackett ausgezogen und die Ärmel seines weißen Hemdes hochgekrempelt. Aber so was gehörte sich nicht.

Luigi Schäfer hatte sich Pasta Frutti di Mare bestellt und rollte sich die Nudeln elegant auf seine Gabel. Dabei redete er ununterbrochen, ließ die Augenbrauen hüpfen – synchron, asynchron –, zeigte in einem Moment eine sorgenvoll gerunzelte Stirn, im nächsten eine absolut glatt gebügelte, zog die Mundwinkel wohlgemut nach oben – präsentierte dabei ebenmäßige schneeweiße Zähne –, zog sie tiefbetrübt nach unten, kurzum: Er grimassierte ohne Unterlass. Und zu allem Überfluss gestikulierte er die ganze Zeit mit der freien, der linken Hand herum, als würde er kalligrafische Zeichen in die Luft schreiben.

Seine Mutter stammte aus einer italienischen Gastarbeiterfamilie, die Anfang der Sechzigerjahre nach Deutschland gekommen war. Sein deutscher Vater verdiente gutes Geld in einer hiesigen Automobilfirma.

Luigi hatte BWL studiert und war bei einem deutsch-italienischen Logistik-Unternehmen tätig. Er war schlank, gut aussehend, hatte schwarze Haare, die auf seinem Hinterkopf zu einem winzigen Zopf zusammengebunden waren, und verstand etwas davon, wie man sich geschmackvoll kleidete.

Was er nicht verstand, war, dass ein Gespräch auch darin bestand, dass man sein Gegenüber auch mal zu Wort kommen ließ.

Luigi Schäfer quasselte ununterbrochen. Und gestikulierte ununterbrochen. Sogar mit der Gabel, an der noch Nudeln hingen.

Victor Hansen selbst hatte Scaloppine mit gedünstetem Gemüse geordert, kaute aber nur lustlos auf dem Fleisch herum.

Luigi Schäfer ging ihm einfach auf die Nerven.

Hansen wartete eine günstige Gelegenheit ab, als Luigis linke Hand für einen Sekundenbruchteil regungslos neben seinem Teller auf dem Tisch lag. Hansen packte sein spitzes Messer und rammte es in die Hand des gut gekleideten Deutsch-Italieners.

Es waren nur wenige Gäste in der Pizzeria anwesend. Und die Nische, in der Hansen und Luigi saßen, war so gut wie nicht einsehbar.

Niemand drehte sich nach ihnen um. Niemand sah zu ihnen hin.

Luigi klappte der Unterkiefer herunter, und eine angekaute, vollgespeichelte Nudelmasse quoll ihm aus dem Mund, platschte auf seinen Teller, auf die Tischdecke, auf Hemd und Hose.

Er starrte das Messer an, das in seiner Hand steckte, wurde bleich und würgte ein »Oh Gott, oh Gott« heraus. Sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz, er stöhnte laut auf und versuchte, mit der anderen Hand das Messer herauszuziehen.

»Lass es stecken«, sagte Victor Hansen über den Tisch hinweg zu ihm. »Das ist mein Messer. Und du rührst es nicht an, kapiert?«

Luigi Schäfer kapierte gar nichts. Sein Gesicht war grau, eine reine Schmerzensmaske. »Warum …?«, jammerte er.

»Ich kann’s ums Verrecken nicht brauchen, wenn jemand mit Gabeln und sonstigem Besteck oder mit bloßen Fingern vor meinem Gesicht herumfuchtelt«, sagte Hansen. »Und jetzt lass mich in aller Ruhe fertig essen, ja?«

Schäfer ächzte.

Hansen suchte mit der Zunge nach einem Fleischfetzen zwischen den Zähnen.

Schäfer schloss vor Schmerz die Augen.

Hansens Suche war erfolgreich. Er nahm einen Schluck von dem eher mittelmäßigen Pinot Grigio und rückte dann seine rote Designerbrille auf der Nase zurecht.

Schäfer öffnete wieder die Augen. Sie glänzten feucht.

Hansen spießte ein Broccoli-Röschen auf und zeigte ihm, wie genüsslich er kauen konnte.

Schäfers Gesicht verwandelte sich in eine Heulsusen-Grimasse.

Hansen zielte mit den Zinken seiner Gabel auf ihn. »Untersteh dich! Fang jetzt bloß nicht an herumzuflennen, ja!«

Schäfer senkte den Kopf. Er zitterte am ganzen Leib.

Hansen aß langsam das gedünstete Gemüse auf, legte die Gabel weg, trank den Weißwein aus, wischte sich den Mund mit seiner Serviette ab, zerknüllte sie und warf sie auf seinen Teller.

Er warf Schäfer einen verächtlichen Blick zu. »Jetzt hör mir zu, mein Junge: Bei dem ganzen verfickten Herumgerudere von dir habe ich gar nicht richtig mitbekommen, was du mir eigentlich sagen wolltest. Du hast nur gequatscht und gequatscht und gequatscht. Und ich hab kein Wort verstanden. Also los – sag mir, was wolltest du mir erzählen?«

Luigi hob den Kopf, das Gesicht war tränenfeucht. »Ich verstehe nicht …«, brachte Schäfer mühsam hervor. Sein Brustkorb hob und senkte sich, als hätte er einen Vierhundert-Meter-Hürdenlauf hinter sich gebracht.

»Was verstehst du nicht?«

»Warum du mir – das Messer …?«

Victor Hansen verdrehte die Augen. »Habe ich dir doch schon gesagt, Mann. Jetzt konzentrier dich, ja? Weswegen hast du mich herbestellt? Was wolltest oder was solltest du mir sagen?«

Luigi zeigte mit der rechten Hand und mit ausgesuchter Theatralik auf das Messer, das immer noch in seiner linken Hand steckte. »Ich wollte doch nur mit Ihnen reden … Francesco, also mein Cousin … er hat mich gebeten, ich solle mit Ihnen reden und … aber Sie haben … ich habe …« Er war nahe daran zu hyperventilieren.

Seine Rechte fing an, in der Luft Pirouetten zu drehen.

Victor Hansen schnaubte: »Jetzt hör mit dem Scheiß auf, ja? Sonst nagle ich dir diese verfickte Hand auch noch auf den Tisch! Hast du verstanden?«

Schäfer starrte ihn mit offenem Mund an. Er ließ die Hand sinken. Im nächsten Moment bäumte sich sein Körper auf, und er kotzte auf seinen Teller.

Zu den Klängen von Ti amo.

DONNERSTAG, 10. DEZEMBER

Hansens Jaguar hielt direkt vor dem Irish Pub am Straßenrand. Wolf Berger wartete schon im Eingangsbereich. Es pfiff ein kalter, unangenehmer Winterwind, vor dem er hier einigermaßen geschützt war. Es war zehn Uhr morgens. Das Pub hatte noch nicht geöffnet.

Mit der mehrfach genähten Platzwunde an der rechten Schläfe, dem kurzen Vollbart und der dicken Cordjacke sah er aus wie jemand, der es kaum erwarten konnte, den Tag mit einem Guinness einzuläuten.

Normalerweise begann Wolf Bergers Arbeitstag um zehn in der Zweiradwerkstatt Profi-Schrauber. Nachdem sein Chef und Freund Felix Rauball aber gesundheitlich noch nicht wieder auf der Höhe war, hielt er den Laden allein am Laufen. Das hieß, dass er die Öffnungszeiten gelegentlich auch flexibel gestaltete. An diesem Morgen hatte er ein Schild in die Tür gehängt, auf dem stand, dass er die Werkstatt erst nachmittags gegen zwei Uhr aufmache.

Hansen fuhr den Jaguar nicht selbst. Ein Wuschelkopf stieg auf der Fahrertür aus, ging um den Wagen herum. Mitte zwanzig, schlank, breitschultrig. Maxim.

Berger und er waren sich auf Siegfried Mahlkes Beerdigung begegnet. Nach Mahlkes Tod war Maxim Hansens neues Faktotum.

Maxim hielt die hintere Tür für Berger auf.

»Mehr kann ich nicht für dich tun. Einsteigen musst du schon selbst«, sagte er zu Berger.

Er sagte das mit so einem unverschämt charmanten Grinsen, dass Berger ihm nicht gleich auf die harte Tour kommen wollte. »Ich werd mir Mühe geben«, sagte er und stieg ein.

Es war warm im Wageninnern. Es roch nach Zitrusfrüchten. Hansen, im offenen Kaschmirmantel, schälte gerade eine Mandarine mit seinen dicken Fingern und reichte sie an Berger weiter. Berger lehnte ab. »Nein danke.«

»Ach, hör doch auf! Du musst auf deine Gesundheit achten, Wolf. Vitamine! Schon irgendwann was davon gehört? Vitamin C? In Mandarinen gibt es verteufelt viel Vitamin C. Hast du das gewusst? Lebensnotwendiges Vitamin C. Gut auch für die Pumpe.«

Er schlug leicht mit dem Handrücken gegen Bergers Brust, zerpflückte danach die Mandarine und steckte sich ein paar Schnitze in den Mund.

Maxim startete den Motor. Fuhr los, fädelte sich in den morgendlichen Stadtverkehr ein.

»Mach dir um mich keine Sorgen«, sagte Berger. »Mir geht’s gut. Aber du scheinst gerade gut im Futter zu stehen.«

Hansen hörte mit Kauen auf. Seine Augen hinter den Gläsern der roten Designerbrille wurden klein, die Lippen dünn. Sein bulliges Gesicht rückte näher an Berger heran. »Echt jetzt? Findest du mich zu fett?«

Berger patschte ihm auf den prallen Bauch. »Es gab Zeiten, da warst du besser in Form.«

Hansen zuckte mit den Achseln, lehnte sich zurück und schob sich die restlichen Schnitze in den Mund. Zu seinen Füßen hatte er eine Stofftasche gefüllt mit Mandarinen. Berger erinnerte sich: Hansen hatte sie früher kistenweise vertilgen können.

»Nach den Feiertagen gehe ich wieder ins Fitnessstudio. Hab da ein paar Trainer, die mich so antreiben, dass mir das Wasser im Arsch kocht.«

Die dicken Wangen zogen sich zu einem Grinsen hoch.

Berger deutete auf Maxim, der lässig den Jaguar durch den Verkehr lenkte. »Was ist mit dir, Maxim? Gehörst du auch zu seinen Antreibern?«

Maxim warf einen kurzen verschmitzten Blick nach hinten. »Als Trainer wär ich eine Niete. Muss selbst schauen, dass ich kein Fett ansetze.«

»Du und Fett? Wie viel wiegst du? Fünfundsechzig Kilo? Achtundsechzig?«

»Schön wär’s. Hab gerade zu viel auf den Rippen. Ich wieg dreiundsiebzig.«

Berger pfiff durch die Zähne. »Du warst doch Weltergewichtler, oder?«

»War ich. Aber dann haben die Knie nicht mehr mitgemacht.«

»Wie das?«

»Die Bänder sind gerissen. Ich bin ganz gut im Oberkörper. Da bin ich richtig schnell. Schlage immer noch hart. Von neun Siegen hab ich früher acht durch K. o. gewonnen. Aber unter der Gürtellinie, was die Beine angeht – da bin ich zu langsam. Da halte ich keinen Kampf mehr durch.«