Rack - Geheimprojekt 25: Episode 4 - Ann-Kathrin Karschnick - E-Book

Rack - Geheimprojekt 25: Episode 4 E-Book

Ann-Kathrin Karschnick

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Beschreibung

19. Jahrhundert Victoria in Großbritannien Nach und nach schalten Rack und seine Bande Operationen von "The Stick" aus. Anscheinend können sie tatsächlich so etwas wie Erfolg gegen ihn verzeichnen. Doch Racks geheime Sucht macht ihnen bei einem wichtigen Einsatz einen Strich durch die Rechnung. Als obendrein Lady Cunningham bedroht wird, scheint der Zusammenhalt der Bande vollends auseinanderzubrechen.

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RACK

Geheimprojekt 25

Episode 4

 

 

 

Ann-Kathrin Karschnick

 

 

Weitere Fantasyromane der Autorin:

 

Stollenbruch

Phoenix – Aschegeboren (Teslapunk-Dystopie-Krimi, Band 1)

Phoenix – Flammenmeer (Teslapunk-Dystopie-Krimi, Band 2)

Phoenix – Himmelsbrand (Teslapunk-Dystopie-Krimi, Band 3)

Feuerritter – Lauernde Mächte (High Fantasy)

Feuerritter – Kampf um Teinemaa (High Fantasy)

Ein alter Hut (phantastisches Jugendbuch)

Weltenamulett – Das Erbe der Trägerin (Urban/Portal Fantasy)

Weltenamulett – Geister der Vergangenheit (Urban/Portal Fantasy)

Weltenamulett – Gezeitenwinter (Urban/Portal Fantasy)

Splittermond – Jenseits der Seidenstraße (Rollenspielroman)

Assassin’s Wood – Bürokratie kann tödlich sein (FUNtasy)

Im Namen des Ordens – Staffel 1-5 (Paranormal Crime, Hörbuch)

 

 

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 - Rack

Kapitel 2 – Theo

Kapitel 3 – Rack

Kapitel 4 – Theo

Kapitel 5 – Rack

Kapitel 6 – Theo

Kapitel 7 – Rack

Kapitel 8 – Theo

Epilog - Rack

 

Kapitel 1 - Rack

 

»Verstehen mich alle?«, fragte ich. Das Knacken in den winzigen Handgeräten irritierte mich, doch je öfter ich die Kommunikatoren benutzte, desto weniger knackten sie. Als ob sie sich jedes Mal wieder neu daran erinnern mussten, was ihre Aufgabe war. Ach ja: Knacken.

»Klar und deutlich«, ertönte die Stimme von Marcus aus dem Lautsprecher, der nicht größer als mein Daumen war.

Lady C hatte uns diese Technik mit den Worten besorgt: »Ein guter Detektiv braucht Gadgets, die er während seiner Einsätze benutzen kann.« Meine Erwiderung, dass Theo an meiner Seite arbeitete, war mit einem Schlag gegen den Oberarm gewürdigt worden. Theo hatte ebenso breit gegrinst, wie ich.

»Verstanden. Auch wenn ich nicht weiß, weshalb ich dir nicht da drinnen helfen darf.« Theo hatte ich zur Überwachung im Velocar eingesetzt. Er sollte draußen vor dem Hafen unsere Augen sein, uns warnen, falls jemand auf uns zukam.

»Ruhe!«, ging ich dazwischen. Dieser Raufbold hatte ihn erkannt und etwas von Schulden gesagt. Theo war wie ein Sohn für mich, aber ich wusste nicht, warum einer von The Sticks Leute seinen Namen kannte. Solange er mir nicht die Wahrheit sagte, landete er im Velocar, wo er keine Schwierigkeiten machen konnte. »Leonora?«, fragte ich, da sie sich noch nicht gemeldet hatte.

»Ich bin auf Position.«

»Jean?«, erkundigte ich mich nach der jungen Diebin. In den letzten Tagen hatte sich ihr Fuß so weit erholt, dass sie voll einsatzbereit war.

»Liege bereit.«

Gut, dachte ich. Alle an Ort und Stelle. »Ab sofort Funkstille, bis ich mich erneut melde. Teil A des Plans ausführen!«

Damit war Lady C gemeint. Sie sollte als Drogenjunkie in eines der Verkaufshäuser eindringen und dort nach Stoff fragen. Wenn sie es richtig machte, würden Marcus und ich folgen. Wir hatten ein Zeichen vereinbart. Zwei Mal die Sprechtaste des Kommunikators betätigen. Dann kämen wir hinterher. Ich stand auf der anderen Straßenseite und konnte Lady C’s Bewegungen nachvollziehen. Allerdings verstand ich kein Wort von dem, was sie sagte. Die gesamte Straße schien trotz der späten Nachtstunde noch auf den Beinen zu sein. Überall liefen Menschen herum, trafen sich oder verließen einander. Es war der Umschlagplatz für Drogen in Victoria.

Lady C hatte sich an dem Kleidungsfundus im Luftschiff bedient und eine Zusammenstellung gefunden, die ihrer Rolle entsprach. Jean hatte ihr geholfen, die Kleidungsstücke anzupassen, sie an den richtigen Stellen zu zerreißen und zu beschmutzen.

Sie stolperte auf den Eingang des Hauses zu, den wir uns ausgesucht hatten. Marcus wartete zwei Hauseingänge weiter und sollte von dort aus eingreifen, falls ich keinen Erfolg haben würde.

Vor der Tür des niedrigen Einfamilienhauses standen zwei Kerle. Sie waren in dicke Jacken gehüllt, um gegen den aufkommenden Nebel und die schleichende Kälte gewappnet zu sein. Ich trug meinen üblichen, schwarzen, knielangen Mantel, die Weste und ein Hemd. Sie brachten mir Glück und darauf hoffte ich an diesem Abend.

Lady C hielt vor den Männern an. Ich konnte immer noch nichts verstehen, aber die Körperhaltung der beiden Türsteher blieb entspannt. Sie nickten. Einer ließ Lady C vorbei und öffnete ihr die Tür. Den Schlüssel trug er um seinen Hals, den er zum Aufschließen dank der langen Kette nicht einmal abnehmen musste.

Lady C verschwand im Innern. Hoffentlich hatte sie an alles gedacht. Marcus trat aus den Schatten des Hauseingangs und torkelte mit tief in den Manteltaschen vergrabenen Händen die Straße entlang. Dabei schmetterte er lauthals ein Lied:

 

Schöne Maid, schenk mir ein,

Wein und Wärme soll es sein.

Deine Umarmung will ich spüren,

lass mich dich zum Bette führen.

 

Immer wieder sang er die Zeilen. Bei jeder Wiederholung mit mehr Inbrunst, als ob er so die Maid herbeirufen könnte, über die er dort sang. Es war ein altes Piratenlied, zu dem es noch weitere Zeilen gab, aber entweder kannte Marcus sie nicht oder er wollte sie nicht singen. Der dunkle Bariton des Söldners hallte durch die schmale Straße.

Ein Gefährt passte nicht hinein, es musste alles zu Fuß bewältigt werden. Zwar war die Gasse nicht lang, durch unterschiedlich vorstehende Häuser jedoch äußerst schwer zu überblicken. Es gab viele Versteckmöglichkeiten.

»Freunde!«, brüllte Marcus und zog damit die Aufmerksamkeit der Türsteher auf sich. Er war nur noch zwei Schritte von den beiden entfernt.

»Geh weiter!«, wehte eine fremde Stimme zu mir herüber. Auch ich schälte mich aus den Schatten und lief mit strammen Schritten auf das Drogenhaus zu.

Die Männer beachteten mich nicht. Mit tief eingezogenem Kopf huschte ich über die Straße, auf die drei zu. Marcus stolperte auf den ersten zu und fiel ihm in die Arme.

»Upps, verzeihung!«, lallte er. Lady C hatte ihm eine Flasche Whiskey gegeben, auch wenn er sich die Flüssigkeit nur auf die Kleidung geschüttet und den Mund damit ausgespült hatte. Warum er ihn nicht trank, hatte er nicht erklärt.

»Wärst du nur ein bisschen hübscher, könntest du meine Maid sein!«, kicherte Marcus und stieß dem Kerl, in dessen Armen er hing, mit dem Finger auf die Nase.

Der ließ ihn los, so dass Marcus runterfiel und vor ihm kniete. In der Sekunde kam ich vor der Tür an. Der Türsteher, der nicht mit Marcus beschäftigt war, wandte sich mir zu.

»Passwort?«, fragte er.

»Schwertfisch«, erwiderte ich.

Das Passwort hatten wir von einem meiner Kontakte aus dem Brodelnden Pulverfass. Es änderte sich jede Woche und war stets ein Tier aus dem Meer. Warum auch immer aus dem Meer. Denn das war kilometerweit entfernt.

»Du darfst hinein.«

Der Kerl drehte sich um, wollte die Tür öffnen, da sprang Marcus auf. Ich pfiff nur ganz kurz, ohne die Finger zu benutzen, gab Jean damit das Startsignal und erlangte damit die Aufmerksamkeit des Türstehers. Er drehte sich irritiert zu mir um. Sein Fehler.

Ein kräftiger Schlag und er knallte mit dem Kopf gegen die Tür. Sein Gewicht drückte die Tür auf, in die Lady C zuvor ein Blatt Papier geschoben hatte, um zu verhindern, dass das Schloss einrastete.

Auch der Türsteher vor Marcus fiel auf die Seite wie ein gefällter Baum. Ich packte meinen Gegner und schob ihn in den Eingang des Hauses, während Marcus seinen neben ihn setzte.

»Nach dir«, sagte ich und deutete eine Verbeugung in Marcus‘ Richtung an. Dieser nickte mir zu und stieg über den Türsteher hinweg, den ich vor der Tür abgesetzt hatte. Er sah aus, als ob er ein Nickerchen hielt. Nichts, was auffällig wirken würde, wenn man nicht genauer hinsah.

»Ach du heilige …« Marcus stand vor mir und ich erkannte nicht, was er meinte. Als ich jedoch neben ihn trat, roch ich ebenfalls die Kräutermischungen, die durch die Luft waberten und sie so dick machten, dass ich sie beinahe kauen konnte.

Marcus zog sich das Tuch über den Mund, das er sich um den Hals gebunden hatte, und nickte mir zu. Das Haus bestand aus jeder Menge Türen, die allesamt geschlossen waren. Ein Kerl saß am Ende des Gangs auf einem Stuhl und schien ein Zimmer besonders im Auge zu behalten.

Das Dämmerlicht in dem Gebäude kam uns zugute. Wir konnten ohne Probleme so tun, als ob wir nur Drogenabhängige wären, die ihren nächsten Trip erwerben wollten. Marcus zog unauffällig den Stoff von den Lippen und schob sich hinter mich. Ich schwankte weiterhin mit einer grazilen Unsicherheit auf dem unebenen Boden auf den Mann zu.

»Welches Zeug braucht ihr?«, fragte der gelangweilt und hob erst den fleischigen Kopf, als wir direkt vor ihm standen. Zweiter Fehler von The Sticks Leuten. Ich hätte erwartet, dass wir überall sofort von den Häschern ausgemacht werden würden, doch bisher schien niemand auf uns vorbereitet zu sein.

»Eigentlich wollen wir gar nichts«, sagte ich mit klarer Stimme, streckte mein Kreuz durch und schlug zeitgleich mit Marcus zu.

Gleich nachdem der Kerl zusammengesackt war, packten wir ihn unter den Achseln und ließen ihn sanft zu Boden gleiten. Vor der Tür zu meiner Linken lag ein blauer Ohrring im Türrahmen. Lady C hatte ihn als Zeichen für uns hinterlassen. Damit wussten wir genau, wo sie sich befand. Diesen Raum würden wir uns zuletzt vornehmen.

Ich konzentrierte mich auf das Gesicht des Fleischigen. Marcus war mein menschlicher Spiegel. Er sagte mir, ob alles stimmte oder ob ich etwas übersehen hatte.

Es brannte wie Feuer. Aber während ich mich verwandelte, zog er die Jacke des Fleischigen aus und reichte sie mir. Ich tauschte meinen Mantel gegen die Jacke, zog aber vorher noch die Pillendose aus der Innentasche. Die Schmerzen durften mich nicht daran hindern, den Auftrag durchzuziehen.

»Bereit?«, fragte ich und legte eine Hand an den Griff zu der Tür rechts von mir.

Marcus schüttelte den Kopf, hängte meinen Mantel zunächstüber den Stuhl und stellte sich dann mit einem Nicken neben mich.

Mit flüsternder Stimme zählte ich von drei rückwärts, dann öffnete ich die Tür und tat so, als ob alles in Ordnung wäre. Zwei Männer standen links an einem Schreibtisch, einer saß davor. Vor Tisch: Kunde, dahinter: The Sticks Leute.

»Rechts«, murmelte Marcus und ich wandte mich dem linken zu.

»Was willst du hier drin? Wir haben noch Kundschaft.«

Ich nickte, wollte die beiden so lange wie möglich in Sicherheit wiegen.

Erst als ich direkt vor dem Linken stand, wurde dieser misstrauisch und griff zu der Waffe an seinem Gürtel.

»Was …?« Weiter kam er nicht, da ich ihm mein Knie in den Magen rammte. Er kippte vornüber und ich gab seinem Kopf noch mehr Schwung, so dass er mit voller Wucht auf die die Tischplatte schlug. Die Lampen in seinem Oberstübchen wurden ebenso finster wie die draußen im Gang.

Marcus brauchte ein paar Sekunden länger, um seinen Gegner auszuschalten, aber schließlich blieb auch der liegen. Der Kunde vor dem Tisch war in der Zwischenzeit aufgesprungen.

Mit zwei großen Schritten war ich bei ihm. »Verschwinde hier und komm nicht zurück, wenn dir dein Leben lieb ist!«, zischte ich mit der düstersten Stimme, die ich aufbringen konnte.

Dieser nickte, wirkte dabei leicht verängstigt und verschwand durch die Tür. Mission eins erfüllt.

Also gingen wir auf den Flur zurück und bauten uns vor der nächsten Tür auf. Das Zimmer dahinter war leer, doch die nächsten mussten wir freiräumen. Marcus schlug den einen Mann nieder, der hinter der Tür wartete, während ich schon die nächste auskundschaftete. Innerhalb von fünf Minuten leerten wir sechs von den sieben Räumen. Es blieb nur noch einer übrig: Der, in dem sich Lady C aufhielt. Jean war nirgendwo zu sehen, was ein gutes Zeichen war.

Ich stellte mich an die Tür. Bis zu diesem Moment hatten wir es geschafft, die anderen Bereiche lautlos zu betreten und zu verlassen. Doch hinter diesem herrschte Stimmgewirr, was bedeutete, dass sich dort mehr als nur ein oder zwei Gefolgsleute von The Stick befanden.

»Wieder wie eben?«, fragte Marcus und deutete auf mein Gesicht.

Ich nickte. »Warte hier. Ich schaue erst mal rein.« Um Marcus nicht zu sehr zu verwirren, sprach ich mit meiner Stimme. Er ließ sich zwar nichts anmerken, doch sein Blick wechselte zwischen mir und dem Fleischigen hin und her, wann immer wir auf den Flur traten. Der General mochte in seinem Leben viel gesehen haben, aber trotzdem irritierte ihn mein Äußeres.

Ich öffnete die Tür und lugte hinein. Der Raum wirkte heller als die anderen. Überall an den Wänden standen es Regale. Die darin eingelassen Schubladen standen offen und Frauen wie auch Männer beugten sich darüber, um anscheinend die Ware zu inspizierten.

Der Kräutergeruch, der mir die ganze Zeit über in die Nase gestiegen war, stammte eindeutig aus diesem Raum. Die Schwere der Luft ließ mich husten und ich musste das Kratzen im Hals unterdrücken. Der Fleischige hustete je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit mit Sicherheit nicht mehr.

Zunächst beachtete mich niemand. Lady C saß zusammengesunken auf einer durchgesessenen Couch, die Arme vor der Brust verschränkt und die Augen halb geöffnet. Als ob sie unter Drogen stand. Entweder konnte sie wirklich, wirklich gut schauspielern oder sie hatte sich zu sehr in die Rolle hineingespielt und etwas probiert.

Ich zählte die Männer, von denen ich vermutete, dass sie Verkäufer von The Stick waren. Es schienen sieben zu sein, die sich alle auf den weiträumigen Salon verteilten. Jedoch versperrte mir eine der Wände den Großteil einer dunklen Ecke im hinteren Bereich.

Ich zog meinen Kopf aus dem Raum zurück und presste die Lippen aufeinander.

»Wie viele?«, fragte Marcus und drehte sich einmal herum, für den Fall, dass sich jemand von hinten an uns herangeschlichen hätte.

»Mindestens Sieben.«

Einen Moment lang schwiegen wir uns an. Das waren mehr, als wir vermutet hatten. Zwei konnten wir ausschalten, vielleicht auch drei.

»Theo?«, schlug Marcus vor.

Ich schüttelte entschieden den Kopf. Theo wollte ich nicht dort haben. Wenn er sich auf The Stick eingelassen hatte, konnte ich ihn nicht der Gefahr aussetzen, sich auch noch in der Höhle des Löwen blicken zu lassen. Geschweige denn mich.

»Wir machen das. Jean ist gleich fertig. Dann sind wir schon zu dritt. Wir locken die ersten raus und kümmern uns um sie. Mit Glück können wir so zwei oder drei ausschalten«, erklärte ich leise.

Marcus legte eine Hand an die Tür und drückte sie auf. »Dann los.«

Ich suchte mir denjenigen aus, der am weitesten entfernt stand und winkte ihn zu mir herüber. Dazu noch einen zweiten, mit dem er sich gerade unterhielt. Ihre Gesichter waren nicht eingefallen und sie wirkten auf mich nicht wie Drogenabhängige, auch wenn sich das nicht immer sagen ließ. Das Stimmengewirr in dem Raum und die seltsame Mischung aus Kräutern benebelten meine Sinne, während ich darauf wartete, dass die Verkäufer nähertraten.

Marcus lauerte hinter der Tür mit erhobener Faust. Doch der erste Mann blieb vor der Tür stehen, kam nicht auf den Flur hinaus. »Komm mal eben. Der Boss will dich sprechen«, sagte ich und nutzte dabei die Stimme des Fleischigen.

»Was ist mit deiner Stimme los, Alfie?«, fragte der vordere.

»Erkältung im Anmarsch«, krächzte ich und rieb mir über den speckigen Hals.

»Der Boss ist hier?«, fragte der andere und riss die Augen weit auf. Sofort straffte er den Rücken und steckte sein Hemd zurück in die Hose. »Das war er noch nie. Was will er denn von uns?«

»Keine Ahnung. Komm schon oder willst du ihn warten lassen?« Ich deutete mit dem Kopf auf den Flur und ließ die zwei an mir vorbeilaufen. Kaum waren sie aus dem Salon raus, zog ich die Tür zu und drehte mich um. Ich nutzte den Schwung der Drehung, um den ersten der beiden auf den Boden zu schicken. Er fiel gegen einen Stuhl, der unter Gepolter ebenfalls umkippte. Scheiße! Der Lärm war mit Sicherheit auch in dem Raum zu hören gewesen.

Zu allem Überfluss merkte ich, wie meine Hand schmerzte. Das Stechen vom Schlag zog sich durch den Knöchel und mein Handgelenk hinauf. Wirken die Pillen etwa nicht mehr?, fragte ich mich. Mir blieb keine Zeit, um eine zusätzliche zu nehmen.

Marcus zog seinen bewusstlosen Gegner in eines der Zimmer, die vom Flur abgingen, als sich hinter mir die Tür öffnete. Die schummrige Beleuchtung im Gang verbarg vieles, aber die zwei Männer zu meinen Füßen nicht. Erst recht nicht, da ich wie einer der beiden aussah.

»Was geht hier vor, Alf…?« Weiter kam der schlaksige Kerl mit der Hakennase nicht. Ich zerrte ihn aus dem Salon heraus und warf ihn zu Boden.

»Deiner!«, rief ich zu Marcus und hoffte, dass er zeitnah darauf reagierte.

Die Tür stand offen und jeder verstand nun, was im Flur los war. Unruhe brach aus. Einige Kunden blieben einfach stehen und inspizierten ihre Ware, doch die meisten wichen zurück an eine Wand, als ob sie darin verschwinden könnten.

Jetzt gab es nur noch eine Möglichkeit: Frontalangriff.

Wir gegen vier. Oder mehr. Zwei Schritte und ich war beim nächsten, der wie einer von The Sticks Männer aussah. Ich packte ihn am Kragen und hob ihn von den Beinen, um ihn an die Wand zu schleudern. »Lassen Sie mich runter. Ich habe nichts getan!«, rief der Kerl.

Er siezte mich, wusste nicht, wer Alfie war, also keiner von The Sticks Männern.

In der Sekunde fiel ein Schuss. Jemand schoss auf mich, verfehlte mich um Haaresbreite. Ich ließ den Kunden fallen und ging hinter einem Stuhl in Deckung.

---ENDE DER LESEPROBE---