Raffgier, Filz und Klüngelei - Wilhelm Schlötterer - E-Book

Raffgier, Filz und Klüngelei E-Book

Wilhelm Schlötterer

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Beschreibung

Die aktuellen Maskenskandale erschüttern wieder einmal das öffentliche Bild von der Rechtschaffenheit verschiedener Unionspolitiker. Dabei sind sie nur Momentaufnahmen in einer ganzen Reihe von teils fragwürdigen, teils rundheraus illegalen Geschäften. Gerade die nach wie vor verehrten Lichtgestalten der CSU/CDU, der übergroße Landesvater Franz Josef Strauß und der »Jahrhundertkanzler« Helmut Kohl, sorgten durch undurchsichtige Geldgeschäfte für Vertrauensschwund bei den Bürgern. Während seiner Tätigkeit im Finanzministerium wirkte Dr. Wilhelm Schlötterer maßgeblich an der Aufdeckung zahlreicher großer Steuerskandale mit. Sein aufrichtiges Engagement und sein Empfinden für Recht und Gerechtigkeit führte immer wieder zu Konflikten mit F. J. Strauß. Dieses Buch bringt mit Dokumenten unterlegte Erkenntnisse zu den geheimen Konten von Strauß, Kohl und Kirch im Ausland. Es legt das unfassbare Maß an Korruption und Steuerhinterziehung offen, beschreibt das skrupellose Vorgehen der Akteure und deren Scheinheiligkeit und liefert bestürzende neue Fakten zum mysteriösen Tod des früheren schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel, die dem Fall eine überraschende Wendung geben dürften. Es zeichnet zudem ein zuverlässiges Bild von der Rechtstreue bayerischer CSU-Justizminister, wenn es um politische Interessen geht.

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Originalausgabe, 1. Auflage 2021

© 2021 by FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Montasser Medienagentur, München.

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Sämtliche Inhalte dieses Buchs wurden – auf Basis von Quellen, die der Autor für vertrauenswürdig erachtet – nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und sorgfältig geprüft. Der Verlag haftet für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind. Sämtliche Textstellen, die direkt oder indirekt Zitate wiedergeben und nicht anderweitig belegt sind, stammen aus persönlichen Gesprächen des Autors mit den betreffenden Personen.

Redaktion: Daniel Bussenius

Korrektorat: Anja Hilgarth

Umschlaggestaltung: Catharina Aydemir

Umschlagabbildung: F.J. Strauß: picture-alliance/FOTOAGENTUR SVEN SIMON, H. Kohl: picture-­alliance/dpa/Tom Maelsa, L. Kirch: ullstein bild/Sven Simon

Satz und E-Book: Daniel Förster, Belgern

ISBN Print 978-3-95972-511-8

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-971-0

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-972-7

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Inhalt

Vorwort

Einführung

I. TeilDie geheimen Konten des F. J. Strauß

1. KapitelDer Strafantrag der Geschwister Strauß

2. KapitelDie Verdachtsgründe des Amtsgerichts München und des Landgerichts München I

3. KapitelDie Geschwister Strauß scheitern beim Landgericht Hamburg

4. KapitelMax Strauß klagt beim Landgericht Köln

5. KapitelBericht des Stern: »Das Millionenrätsel«

6. KapitelEine Todesdrohung aus dem arabischen Raum

7. KapitelEin Dokument mit gewaltiger Sprengkraft

8. KapitelDer öffentliche Eklat und der Milliardenkredit an die DDR

9. KapitelAufhellung früherer Affären

10. KapitelDie Aussage der Zeugin Andrea Fuchs

11. KapitelDer Brief des Deutsche-Bank-Chefs Dr. Alfred Herrhausen

12. KapitelDr. Franz Dannecker und andere Mitwisser geheimer Konten

13. KapitelWeitere Hinweise auf illegale Geldzuflüsse

14. KapitelEin Rückblick: Strauß und Bestechung bei der Bundeswehr

15. KapitelLeistung und Gegenleistung

16. KapitelDer CSU-Vorsitzende und das Christlich-Soziale

17. KapitelDer Patriot und die Staatsgeheimnisse

18. KapitelDer Gewinn aus dem Fortbestand des DDR-Regimes

19. KapitelDer abgewiesene Fälschungsvorwurf der Geschwister Strauß

20. KapitelDie Hörigkeit der Staatsanwälte

21. KapitelPolitischer Denkmalschutz

22. KapitelDas Wissen der CSU-Spitze und die Angst

II. TeilDer geheime Geldschatz des Medienmoguls Leo Kirch

1. KapitelBestechung als Geschäftsprinzip

2. KapitelPolitische Schutzherren und Profiteure

3. KapitelDer Nachlass des Leo Kirch

4. KapitelPeter Gauweiler, das Geld und die Justiz

5. KapitelSchatzfund

III. TeilDas obskure Geld des Bundeskanzlers Helmut Kohl

1. KapitelEin Schließfach und viel Bargeld

2. KapitelEin persönlicher Schock

3. KapitelDie Memoiren des Bundeskanzlers a. D.

4. KapitelDer DG-Prüfbericht vom 4. April 1994

5. KapitelOffene Fragen

6. KapitelDas Verhältnis von Kohl und Kirch

7. KapitelTödliche Entgleisungen

IV. TeilMarkus Söder und die CSU-Skandale

1. KapitelDie Maut-Affäre

2. KapitelDie Grundstücks-Affäre

3. KapitelDie Masken-Affäre

4. KapitelDie Wirecard-Affäre

5. KapitelDie Gauweiler-Affäre

6. KapitelDie Erleuchtung des Markus Söder

Bilanz und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Vorwort

Die Bürger eines Landes sehen stets nur die Fassade ihrer Regierung. Was sich dahinter abspielt, wird vor ihnen sorgfältig verborgen gehalten. Man muss nicht alles und jedes erfahren über das Treiben der Spitzenpolitiker, vieles ist einfach menschliche Unzulänglichkeit. Aber manche Sachverhalte sind so schwerwiegend, dass sie ans Tageslicht geholt werden müssen. Nicht nur um der historischen Wahrheit willen, sondern um für die Zukunft vorzubeugen. Vielleicht kann man Nachfolger von Gaunereien abhalten, indem man aufzeigt, dass selbst das noch so Geheime sich nicht auf Dauer zudecken lässt. Blindes Vertrauen in gewählte Politiker ist verfehlt, kein Amt garantiert Ehrlichkeit. Gerade Spitzenpolitiker sind versucht, die Straftaten von Parteikollegen zuzudecken oder ihre Aufklärung zu blockieren, schon im Eigeninteresse des Machterhalts.

Bundeskanzler a. D. Helmut Kohl wurde der Ehrenvorsitz der CDU aberkannt, als seine gesetzwidrigen Machenschaften hinsichtlich unerklärter Parteispenden in Höhe von 2,1 Millionen DM und das jahrzehntelange System schwarzer Kassen, gespeist von heimlichen Zahlungen des Flick-Konzerns, publik wurden. Im Dezember 1999 distanzierte sich Angela Merkel, damals Generalsekretärin der CDU, in einem harschen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von Helmut Kohl. Sie empfahl der CDU, sich von Kohl zu lösen, von ihm werde fortan nur noch in der Vergangenheitsform gesprochen. Selbst als Kohl im Frühjahr 2015 seinen 85. Geburtstag feierte, blieb die Bundeskanzlerin konsequent. Auf die Frage, ob man ihm nicht doch wieder den Ehrenvorsitz zuerkennen sollte, antwortete sie, die Frage stelle sich nicht. Diese Haltung zeugt von ihrem Format und ihrer Lauterkeit.

Ganz anders handhabten die Obristen der CSU den »Problemfall« F. J. Strauß. Obwohl sie von seiner vielfach bezeugten unsäglichen Korrupt­heit wissen mussten, wollten sie allen Ernstes 2008 seine Büste in der Ruhmeshalle der großen Deutschen aufstellen, in der Walhalla bei Regensburg. Peter Ramsauer, seinerzeit Chef der CSU-Landesgruppe in Berlin, kündigte einen solchen Antrag bei der Staatsregierung an (der dann aber unterblieb). Markus Söder postulierte, Strauß gehöre in die Heldengalerie, im Franz-Josef-Strauß-Flughafen München stellte er im August 2015 eine Büste von ihm auf – zur Verehrung durch das Volk. Edmund Stoiber rühmte Strauß als »Bayerns größter politischer Sohn des 20. Jahrhunderts« (Festrede zum Gedenken des 100. Geburtstags von Strauß, SZ-Bericht vom 7. September 2015). Sie schufen einen Mythos Strauß. Sie priesen ihn als erhabenen Schöpfer des modernen Bayern und als unentwegten Kämpfer für das Wohl Deutschlands. Als später feierlich die Büste von Heinrich Heine in der Walhalla aufgestellt wurde, erklärte Ministerpräsident Seehofer in seiner Festrede, dass eigentlich auch Franz Josef Strauß dorthin gehöre. Diese Haltung zeugt weder von Format noch von Lauterkeit.

Nun gibt es Personen in der Gesellschaft, die zur Wahrheitsfindung beitragen können, so auch der Autor. Er kann berichten: Es gibt verstörende Neuigkeiten zu Helmut Kohl und Franz Josef Strauß! Von politischer Seite werden sie ignoriert und abgeblockt. Da es aber um maßloses Fehlverhalten und um Täuschung der Öffentlichkeit geht, müssen die Dinge ans Licht.

Einführung

Die weitaus längste Zeit meiner beruflichen Tätigkeit fand im bayerischen Finanzministerium statt. Von 1969 bis 1998, also fast 30 Jahre, war ich dort in verschiedenen Sachgebieten tätig. Von Mitte 1973 bis Mitte 1975 war ich Vertreter des Finanzministeriums an der Bayerischen Landesvertretung in Bonn, dann bis August 1977 Leiter des Steuerreferats, das für Abgabenordnung, Steuerfahndung, Steuerstrafrecht, Steuererlasse, Doppelbesteuerungsabkommen und Außensteuerrecht zuständig war.

Alsbald stellte sich heraus, dass dieses Referat wohl das heikelste Sachgebiet war, das es in den bayerischen Ministerien gab. Denn da ging es nicht um kleine Lohnsteuerzahler, sondern um hochmögende Leute, zumal solche, die sich bester Beziehungen zu F. J. Strauß erfreuten wie zum Beispiel der »Wienerwald«-Unternehmer Friedrich Jahn. Da ich nicht bereit war, solche Fälle anders zu behandeln als nach Recht und Gesetz, erregte ich rasch den Zorn von Strauß, damals noch nicht Ministerpräsident, ebenso das Missfallen seiner Ehefrau Marianne. Deshalb sah sich Finanzminister Max Streibl gezwungen, mich abzulösen, ich wurde Leiter des Referats für Verteidigungslasten. Dagegen setzte ich mich zur Wehr, ich wandte mich an den Bayerischen Landtag. Dabei verwies ich darauf, dass der Steuerabteilungsleiter Lothar Müller, ein Strauß-Günstling, kurz zuvor im Auftrag von Strauß dem Bundesrechnungshof ein Prüfungsverbot für alle bayerischen Finanzämter erteilt hatte. Zuvor hatte der Bundesrechnungshof die rechtswidrige Begünstigung verschiedener Prominenter durch das Finanzministerium gerügt.

Es kam zu einem Riesenskandal, der Landtag setzte einen Untersuchungsausschuss ein. Strauß, außer sich vor Wut, verlangte von Finanzminister Streibl, mich für geisteskrank erklären zu lassen und mich aus dem Ministerium zu werfen, zudem ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Als dies scheiterte, blockierte er rechtswidrig über Jahre hinweg meine Beförderung vom Regierungsdirektor zum Ministerialrat. Nach seiner erfolglosen Kanzlerkandidatur im Jahr 1980 politisch geschwächt, sah er sich gezwungen nachzugeben. Auf heftiges Drängen von Finanzminister Streibl unterschrieb er widerstrebend meine Beförderungsurkunde.

Nachdem ich pensioniert war, schrieb ich nieder, was ich erlebt hatte, und Etliches mehr. Im Juli 2009 erschien mein Buch Macht und Missbrauch. Es wurde ein Bestseller. Ein hoch angesehener früherer CSU-Minister schrieb an den Fackelträger-Verlag: »Das Buch ist notwendig und wichtig.« Der frühere CSU-Innenminister Bruno Merk sprach mir bei einer CSU-Veranstaltung seine Anerkennung aus. Dr. Erich Riedl, früher CSU-Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und langjähriger enger Weggefährte von Strauß, antwortete auf meine Frage, ob ich irgendetwas in dem Buch falsch dargestellt hätte: »Nein, es sind die Fakten, nur die Fakten. Das Buch ist okay.« Da ich schlimme Dinge über Strauß geschrieben hatte, vor allem über die von ihm kassierten Schmiergelder und seine geheimen Konten in der Schweiz, war mir diese überraschende Bestätigung wertvoll. Einige Wochen nach Erscheinen des Buches rief er mich an und sagte: »Keiner aus der CSU hat mir gesagt, dass die Dinge, die in dem Buch drinstehen, falsch sind.« Er fügte hinzu: »Sie haben viel für die Demokratie und den Staat getan!« Dann prophezeite er süffisant: »Sie werden jetzt bald das zweite Buch schreiben: Es geht weiter so.«

Dr. Riedl erzählte mir: »Strauß hat in der Wirtschaft unendlich viele Möglichkeiten zu privaten Einnahmen gehabt.« Es ging somit nicht um Parteispenden, sondern um Gelder, die er für sich kassierte. Zuvor schon hatte mir der frühere CSU-Bundesminister Alois Niederalt eröffnet: »Über solche Töpfe hat Strauß zuhauf verfügt.«

Anfang 2010 suchte mich ein früherer CSU-Bundestagsabgeordneter zu einem vertraulichen Gespräch auf. Er berichtete mir empört über eine Reihe skandalöser Finanzvorgänge innerhalb der CSU. Auf meine Frage, ob es zutreffe, dass Strauß für die atomare Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf Schmiergeld kassiert habe, war die Antwort: »Ja, ich weiß es.« Von anderer Seite hatte ich gehört, dass Strauß 50 Millionen DM erhalten habe. Diese horrende Summe erklärte, warum er die Errichtung dieser Anlage gegen die vehementen Proteste der Bevölkerung mit Brachialgewalt durchsetzen wollte. Da waren ihm die radioaktiven Gefahren der Anlage, dargelegt von Professoren der Universität Regensburg, völlig egal. Auf die protestierenden Bürger wurde von der Polizei, die Weisung hatte, hart durchzugreifen, eingeprügelt und mit Gasgranaten gefeuert. Und es macht nachvollziehbar, warum er beim Besuch der Redaktion einer großen Zeitung auf den Vorhalt, dass in Wackersdorf gegen die teils gewalttätigen Demonstranten 400 Polizisten eingesetzt seien, als Antwort gab: »Ja, das weiß ich. Aber wenn es nach mir ginge, würden vier Polizisten und ein Maschinengewehr ausreichen!«

Die Tragweite dessen, was im Buch Macht und Missbrauch stand, erkannte sofort auch Horst Seehofer, Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender. Wie reagierte er? Er gab, wie es hieß, die Order aus, über das Buch zu schweigen. So kam es, dass sowohl die Staatsregierung als auch die CSU (was der Landtagsabgeordnete Dr. Sepp Dürr, früherer Fraktionschef der Grünen, öffentlich herausstellte) die geschilderten Vorgänge und Vorwürfe nicht einmal dementierten. Bei meinem zweiten Buch Wahn und Willkür, erschienen 2013, in dem ich wiederum Belastendes über Strauß sowie über andere CSU-Größen offenlegte, wiederholte sich das Schweigen, wiederum gab es kein Dementi.

Ein Abschnitt des ersten Buches befasste sich unter anderem mit der Höhe und der Herkunft des Vermögens von Strauß, das zweite Buch (Taschenbuchausgabe) verwies auf sich aufdrängende Fragen zum Vermögen des Bundeskanzlers a. D. Helmut Kohl. Hatte ich gedacht, dass es mit diesen meinen Darlegungen sein Bewenden hätte, so sollten sich in der Folge derart frappierende Erkenntnisse einstellen, dass es geboten erscheint, sie den Bürgern im Lande mitzuteilen. Sie haben einen Anspruch darauf, nicht dadurch entmündigt zu werden, dass ihnen Umstände vorenthalten werden, die für ihr politisches Urteil wichtig sind.

Erst recht gilt es der Glorifizierung entgegenzutreten. Es ist unfassbar, wie Stoiber, Seehofer und Söder einen CSU-Vorsitzenden Strauß verherrlichen, der unentwegt donnernde Moralpredigten hielt, selbst aber kein Quäntchen an Moral besaß. Die Wahrheit über diesen Mann dürfen die Mitglieder der CSU nicht erfahren, um Gottes willen nicht, sie könnten sonst vom Glauben abfallen. Markus Söder: »Für mich und jeden echten CSUler ist Strauß das große Vorbild.« Weiter sagte er: »Strauß ist das Vorbild der modernen CSU.«1 Er forderte sogar, Strauß einen Platz unter den größten Deutschen im Walhalla-Ruhmestempel nahe Donaustauf zu verschaffen – durch Aufstellung einer Büste.2

1 Neuer Deutschland vom 12. August 2010; Nürnberger Nachrichten vom 22. April 2009.

2https://www.sueddeutsche.de/bayern/bayerns-finanzminister-soeder-franz-josef-strauss-in-die-ruhmeshalle-walhalla-1.2429256; https://www.wochenblatt.de/archiv/und-er-geistert-schon-wieder-franz-josef-strauss-in-die-walhalla-115126 Ist das sein Programm für die Zukunft unseres Landes?

I. TeilDie geheimen Konten des F. J. Strauß

1. KapitelDer Strafantrag der Geschwister Strauß

In Macht und Missbrauch hatte ich geschrieben: »Nach dem Tode von Strauß kursierte das abenteuerliche Gerücht, dass er ein Vermögen von 300 Millionen Mark hinterlassen habe.« (S.142)

In Wirklichkeit hatte es sich nicht als bloßes Gerücht dargestellt, sondern als eine als Sensation gehandelte Information, die ich etwa 1992 in einem Kreis von Kollegen aus verschiedenen Ministerien erhalten hatte. Hinzu kam, dass zum gleichen Zeitpunkt auch der frühere CSU-Bundesminister Alois Niederalt von diesen 300 Millionen DM erfahren hatte, höchstwahrscheinlich aus der CSU-Spitze. In meinem Beisein regte er sich über Strauß auf: »Mit seinem Ministergehalt kann er das nicht verdient haben!«

Woher die Information kam, war mir unklar, ich fragte nicht nach. Viele Jahre später, nämlich 2016, war ich mir sicher, dass sie ihren Ursprung in der Bayerischen Landesbank hatte (siehe im Anhang den Prüfbericht der DG Bank vom 4. April 1994). Im Verwaltungsrat der Landesbank saßen mehrere CSU-Minister sowie Spitzenbeamte des Finanz-, Wirtschafts- und Innenministeriums. Wenn schon Niederalt von der angeblichen 300-Millionen-Erbschaft wusste, dann hatten in jedem Fall auch diese CSU-Minister Kenntnis.

Da die 300 Millionen DM sozusagen öffentlich bekannt waren, somit auch dem Finanzministerium, ging ich davon aus, dass die Geschwister Strauß entsprechend Erbschaftsteuer gezahlt hatten. Der Gedanke, dass sie insoweit Steuerhinterziehung begangen hätten, wäre mir abwegig erschienen.

In der zitierten Buchpassage hatte ich ferner geschrieben:

»In einer Fernsehsendung von einem Journalisten mit diesem Gerücht konfrontiert, bestritt Monika Hohlmeier, dass der Nachlass so hoch sei, vielmehr sei es ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag.«3

Diese Äußerung wertete ich so, dass die Strauß-Tochter keinen übermäßigen Neid erwecken wollte und deshalb nur diesen recht »niedrigen« Betrag nannte. Jedenfalls war mit der Wiedergabe ihrer Stellungnahme dem rechtlichen Erfordernis einer zulässigen Verdachtsberichterstattung Genüge getan; in der Regel muss dabei auch die betroffene Seite zu Wort kommen, um richtigstellen zu können.

Als Spekulation über die Nachlasshöhe zitierte ich auch aus dem Buch des Strauß-Biografen Wolfram Bickerich4, ein Vertrauter von Strauß habe das hinterlassene Vermögen auf 300 bis 400 Millionen Mark geschätzt. Außerdem verwies ich auf den Bäder-König und engen Strauß-Spezi Eduard Zwick, der von 250 Millionen DM sprach, die Strauß in der Schweiz liegen habe (zitiert im Spiegel5). Gleichwohl wollte ich mangels einer gesicherten Grundlage die 300 Millionen DM nicht als Tatsache hinstellen, sprach daher lediglich von einem Gerücht, das ich auf Anraten des Anwalts des Fackelträger-Verlags sogar noch zu einem »abenteuerlichen« Gerücht abschwächte.

Wie hoch der Nachlass wirklich war, dazu bedürfte es der Nachfor­schung durch einen Untersuchungsausschuss und durch die Staatsanwaltschaft, was diese aber geflissentlich unterließ und unterlässt (siehe dazu unten die wiedergegebenen Beschlüsse des Amtsgerichts München und des Landgerichts München I). In Prozessen von Max Strauß vor dem Landgericht Köln gegen den Autor sowie gegen den Stern gaben die Geschwister Strauß an, der Nachlass habe etwas weniger als 6 Millionen DM betragen. Dies steht allerdings erheblich im Widerspruch dazu, dass die Strauß-Tochter Monika im Fernsehen von einem niedrigen »zweistelligen Millionenbetrag« gesprochen hatte. Das war doch wesentlich mehr.

Die Anrufung der Staatsanwaltschaft als Helfer in der Not

Nach dem Erscheinen von Macht und Missbrauch unternahmen die Geschwister Strauß mehr als neun Monate lang keine rechtlichen Schritte, sie verhielten sich mucksmäuschenstill. Doch dann, am 8. März 2010, stellten sie plötzlich gegen mich Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft München I wegen Verleumdung ihres Vaters und wegen Verleumdung ihrer selbst.

Der Hauptpunkt des Strafantrags: Das zitierte abenteuerliche Gerücht, der Nachlass habe 300 Millionen DM betragen, sowie meine Angaben zur möglichen Herkunft dieser Riesensumme und zu Konten von Strauß bei fünf Schweizer Banken. Augenscheinlich trieb die Geschwister Strauß die Angst um, es könnte zu strafrechtlichen Ermittlungen und zur Einziehung des geerbten Vermögens kommen, wie hoch dies auch sein mochte. Amüsanterweise pochten sie in der Begründung ihres Strafantrages geradezu beschwörend darauf, es sei doch alles längst verjährt, auch gebe es keine rechtliche Grundlage für eine Einziehung:6

»Darauf zu warten, dass eine öffentliche Untersuchung angestellt wird, widerspricht angesichts der genannten Summen jeder rechtlichen Grundlage [...]

Der Hinweis auf eine öffentliche Untersuchung, also eine solche durch Presse und gegebenenfalls das Parlament, bei gleichzeitiger Vermeidung jedweder dienstlichen Vorgehensweise, ist juristischer Unsinn.

Dasselbe gilt der scheinheiligen Frage nach etwaiger Einziehung des genannten Vermögens. Diese ist juristischer Unfug, denn selbst wenn es das Vermögen gäbe – was durch die Unterzeichner ausdrücklich und vehement bestritten wird! – gäbe es aufgrund von Verjährungsregelungen mehr als 20 Jahre nach seinem Entstehen keine rechtliche Handhabe auf seine Einziehung.

Schlötterer selbst hätte aufgrund seiner dienstlichen Stellung […] ggf. die Verpflichtung gehabt, auf dienstlichem Wege die gebotenen Maßnahmen zu ergreifen. […] dass dies nicht geschah, sondern er mehr als 20 Jahre gewartet hat, bis alle Zeugen verstorben und alle rechtlichen Möglichkeiten, die er [...] hätte ergreifen müssen, aufgrund längst erfolgter Verjährung obsolet sind, beweist, dass es ihm nicht um Aufklärung von Tatsachen geht [...]

Diese Kenntnis von der Unwahrheit wird auch dadurch indiziert, dass er Jahrzehnte gewartet hat, bis alle möglichen Zeugen verstorben und die vorgeworfenen Straftaten verjährt waren [...] Das Untätigbleiben Schlötterers hat deshalb den Grund, dass es das vorgeworfene Vermögen nicht gibt.

Wahr ist jedoch, dass Herr Dr. Schlötterer dienstlich davon Kenntnis hatte, dass die Kinder Strauß ein solches Vermögen niemals versteuert haben, da es ja nie existierte.«

Entgegen ihrer Hoffnung waren jedoch keineswegs alle Zeugen verstorben, damit sollten sie alsbald konfrontiert werden.

Ein hochkarätiger Zeuge

Über ihren Strafantrag informierten die Geschwister Strauß geschwind auch die Presse, sie erklärten, sie wollten mich einer gerechten Bestrafung zuführen. Noch am selben Tag, an dem die Süddeutsche Zeitung darüber berichtete,7 wandte sich Bernd Linz (Name geändert), früherer Vicepresident der Citibank in Deutschland, per E-Mail vom 28. Mai 2010 an den Fackelträger-Verlag. Er schrieb, ich möge mich mit ihm in Verbindung setzen, er verfüge aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit über Informationen, die den Strafantrag der Strauß-Erben völlig absurd erscheinen ließen. Als ich ihn anrief, erzählte er, kurzgefasst, Folgendes: Die von mir als Strauß-Nachlass genannten 300 Millionen DM würden exakt zutreffen! Er sei früher bei der Citibank, der größten Bank der Welt, tätig gewesen. In dieser Zeit habe er ein Telefonat mit Max Strauß geführt, in dem dieser ihm eröffnet habe, er wolle 300 Millionen DM zur Citibank nach Luxemburg transferieren. Es handle sich um das von seinem Vater Franz Josef Strauß hinterlassene Erbe. Das Telefonat sei dadurch zustande gekommen, dass es zuvor eine entsprechende Anfrage seitens Max Strauß bei seiner Luxemburger Kollegin Manette Schumann gegeben habe.

Weiter erzählte er: Als später der Prozess gegen Max Strauß in Augsburg wegen Steuerhinterziehung lief, habe er den Sachverhalt in einem anonymen Brief dem Leiter der dortigen Staatsanwaltschaft mitgeteilt – mit Hinweisen, wo nachzuforschen sei (wegen weiterer Einzelheiten siehe unten seine Aussage vor dem Landgericht Köln).

Da mich die Mitteilung des früheren Bankers völlig entlastete, umgekehrt die Geschwister Strauß aber belastete, informierte mein damaliger Anwalt Dr. Bosbach davon die Staatsanwaltschaft München I, um Vernehmung des Zeugen bittend. Doch welche Überraschung: Der zuständige Staatsanwalt Lutz lehnte ab! Als sich der Anwalt sodann mit Schreiben vom 12. August 2010 an die Justizministerin Beate Merk wandte, erhielt er ebenfalls eine Abfuhr. Daraufhin ersuchte er eine außerbayerische Staatsanwaltschaft, die Staatsanwaltschaft Bochum, um die Vernehmung. Mit Erfolg. Bernd Linz gab dort am 11. November 2010 detailliert das Gleiche auf sieben Seiten zu Protokoll, was er mir zuvor mitgeteilt hatte.

In einem Aktenvermerk vom 12. November 2010 bezeichnete die Staatsanwaltschaft Bochum seine Angaben als glaubhaft, gab dann aber, weil sie für ein Ermittlungsverfahren nicht zuständig war, die Sache an die Staatsanwaltschaft München I ab. Diese sah sich nunmehr gezwungen, die von Bernd Linz zitierte Luxemburgerin Manette Schumann im Wege der Rechtshilfe durch die dortige Polizei vernehmen zu lassen. Die Zeugin bestätigte seine Angaben. Laut Protokoll vom 19. Mai 2011 sagte sie unter anderem aus:

»Ich habe mit dem Zeugen Bernd Linz8 über diese Angelegenheit telefoniert. Mein Chef hatte mir damals mitgeteilt, dass Bernd Linz Kontakt mit der Anwaltskanzlei Max Strauß hatte. Die CitiBank hat das Geld nicht angenommen.«

Nun hätte die Münchner Staatsanwaltschaft gegen die Geschwister Strauß ein Verfahren wegen falscher Anschuldigung sowie wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung einleiten müssen. Das tat sie jedoch nicht. Stattdessen führte sie rechtswidrigerweise das Verfahren gegen mich fort. Zugleich informierte der zuständige Staatsanwalt Lutz – der Ermittlungsakte zufolge – telefonisch die Geschwister Strauß über die sie sehr belastenden Angaben des früheren Bankers Bernd Linz – dies nur einen Tag, nachdem mein Anwalt Dr. Bosbach die Justizministerin Merk davon in Kenntnis gesetzt hatte! Dies war nichts anderes als eine strafbare Vorwarnung, gewiss auf Anweisung oder mit Rückendeckung »von oben«. Als Sprecher der Geschwister Strauß äußerte Franz Georg Strauß telefonisch gegenüber dem Staatsanwalt, bei den 300 Millionen DM dürfte es sich um »Mandantengelder« seines Bruders Max gehandelt haben. Das Telefonat mit Bernd Linz bestritt er demzufolge nicht, es erfolgte auch kein schriftliches Dementi gegenüber der Staatsanwaltschaft München. Überdies hielt der Staatsanwalt Dörfer von der Staatsanwaltschaft Bochum in dem erwähnten Aktenvermerk vom 12. November 2010 fest, auf Vorhalt habe der Zeuge Linz angegeben, Max Strauß habe »nicht von Mandantengeldern, sondern vom Erbe des F. J. Strauß« gesprochen.

Als Max Strauß später Strafanzeige gegen Bernd Linz wegen Falschaussage bezüglich des bekundeten Telefonats mit ihm stellte, hielt ihm die Staatsanwaltschaft entgegen, eine Falschaussage sei nicht nachweisbar: »Insbesondere würden die Angaben der Zeugin Schumann und des Zeugen Rukavina [seinerzeit Europachef der Citibank, der Verf.] entsprechende Gespräche des Beschuldigten [Linz] möglich erscheinen lassen« (Verfügung vom 26. April 2018).

Im Dezember 2012 fragte dann die Landtagsfraktion der Freien Wähler die Justizministerin Beate Merk nach dem Verbleib der an die Staatsanwaltschaft Augsburg gerichteten anonymen Anzeige von Bernd Linz. Die Antwort der Justizministerin:

»Es gab eine anonyme Anzeige, die am 26. Januar 2004 bei der Staatsanwaltschaft Augsburg einging. [...] In diesem Schreiben war von einem dreistelligen Millionenvermögen der Familie Strauß die Rede. Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat mit Verfügung vom 30. Januar 2004 von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach Paragraf 152 der Strafprozessordnung abgesehen, da keinerlei Anhaltspunkte dafür bestanden, dass Max Strauß oder dessen Familie über ein derartiges Vermögen, noch dazu in bar, verfügten.«

Den Hinweisen von Linz, wo nachzuforschen sei, war die Staatsanwaltschaft gemäß dieser Auskunft der Justizministerin nicht gefolgt!

Hatte die Staatsanwaltschaft Augsburg wirklich noch nie von irgendwelchen Vorwürfen oder Gerüchten gehört, dass F. J. Strauß korrupt gewesen sei und überall mitkassierte? In dem 2004 in Augsburg anhängigen Strafprozess gegen Max Strauß ging es doch um ein von dem Waffenhändler Karlheinz Schreiber beim Schweizer Bankverein für F. J. Strauß geführtes Konto mit dem Namen »Master«, wo kurz vor dem Tod von F. J. Strauß 3.125.000 US-Dollar eingingen9 – als Provision für ein Airbus-Geschäft mit Kanada. Dazu hatte der Schweizer Wirtschaftsprüfer Giorgio Pelossi als Zeuge bei der Staatsanwaltschaft Augsburg bekundet, Schreiber habe ihm mitgeteilt, dass das Geld für Strauß bestimmt sei. Hierzu führte der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 16. Oktober 2005 zur (aufgehobenen) Verurteilung von Max Strauß aus:

»Angesichts der festgestellten maßgeblichen Beteiligung des Vaters des Angeklagten an dem Airbus-Geschäft mit Kanada [...] erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die [...] von Schreiber verteilten Provisionen vom Vater des Angeklagten ›verdient‹ waren.«

Indem der BGH das Wort »verdient« süffisant in Anführungszeichen setzte, wollte er offensichtlich ausdrücken, dass es sich um illegales Schmiergeld handelte. Und hatte nicht schon 1994 der Strauß-Spezi Eduard Zwick gegenüber dem Spiegel (Heft 14/1994)10 geäußert, Strauß habe einen »dreistelligen Millionenbetrag« an der Steuer vorbei bei einer Schweizer Bank untergebracht! Er schätzte das Vermögen von Strauß in der Schweiz auf 250 Millionen DM – die Presse berichtete groß darüber. Waren das etwa keine Anhaltspunkte?

2. KapitelDie Verdachtsgründe des Amtsgerichts München und des Landgerichts München I

DieEntscheidungdes Amtsgerichts München

Wie ging nun die von Manfred Nötzel geleitete Staatsanwaltschaft München I mit dem gegen den Autor gestellten Strafantrag der Geschwister Strauß um? Von Gesetzes wegen hätte sie die Wahrheit ermitteln müssen, davon aber nahm sie Abstand. Die Vernehmung von Bernd Linz hatte sie hartnäckig verweigert, sie unterließ aber auch die Vernehmung der anderen von meinem Anwalt angebotenen Zeugen. Nein, sie konnte nichts gebrauchen, was Strauß und seine Abkömmlinge belastet hätte. Doch als fünf Jahre verstrichen waren und die Verjährung unmittelbar bevorstand, fasste die Staatsanwaltschaft einen den Geschwistern Strauß und der CSU-Spitze wohlgefälligen Entschluss. Meine Schuld einfach unterstellend, beantragte sie am 19. März 2015 beim Amtsgericht München den Erlass eines Strafbefehls »wegen Verunglimpfung des Andenkens des am 03.10.1988 verstorbenen ehemaligen Ministerpräsidenten Dr. h.c. Franz Josef Strauß«. Die beantragte Geldstrafe: 7800 Euro. Die Staatsanwaltschaft tat das flugs auch der Presse kund, sodass ich davon bei der Lektüre der SZ erfuhr.

Der Schuss ging jedoch nach hinten los. Die zuständige Richterin stellte in einer Verfügung vom 15. Juli 2015 (Az: 851 Cs 115 Js 10673/10) fest, dass mangels Ermittlungen für einen Strafbefehl die rechtliche Grundlage fehle. Sie forderte die Staatsanwaltschaft auf, entweder die Ermittlungen nachzuholen oder aber ihren Strafbefehlsantrag zurückzuziehen. Als weder das eine noch das andere geschah, wies die Richterin mit Beschluss vom 15. Dezember 2015 den Antrag zurück, und das mit einer geharnischten Begründung.

Hatte sie zuvor schon in der besagten Verfügung gerügt, dass das Strafverfahren gegen mich wenigstens drei Jahre zu lange gedauert habe (was den Vorwurf strafbarer Rechtsbeugung bedeutete), so rügte sie nunmehr, dass die Staatsanwaltschaft »über Jahre hinweg aus unbekannten Gründen nahezu keine eigenen Ermittlungen tätigte«. Obwohl den beigezogenen Akten keine »vollumfängliche Aufstellung des Vermögens, insbesondere des offensichtlich vorhandenen Auslandsvermögens« von Strauß zu entnehmen sei, habe die Staatsanwaltschaft weder die Geschwister Strauß als Anzeigeerstatter noch die von mir angebotenen und teils zuvor schon von dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel zitierten Zeugen vernommen.

Weiter beanstandete die Richterin: Ebenso wenig wurden die schweizerischen Finanzinstitute Bär, Deutsche Bank (Schweiz), Ernst & Cie, Pictet und Vontobel, bei denen Strauß und seine Ehefrau Marianne angeblich Bankkonten eventuell unter Tarnnamen unterhielten und Bareinzahlungen vornahmen, gemäß dem Abkommen der EU mit der Schweiz um Auskünfte ersucht.

Hinsichtlich der an Strauß während seiner Amtszeit als Ministerpräsident von der Friedrich-Baur-Stiftung gezahlten Testamentsvollstrecker-Vergütung von bis zu 300.000 DM pro Jahr hätte, so die Richterin, die Staatsanwaltschaft ermitteln müssen, ob er insoweit Steuerhinterziehung beging.

»Entsprechende Nachforschungen drängen sich auf angesichts des Umstandes, dass der verstorbene Dr. Franz Josef Strauß immer wieder unterschiedlichen Korruptionsverdächtigungen ausgesetzt war, und der Tatsache, dass zumindest die neuesten von dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel in der Ausgabe 35/201511 und dem Buchautor Peter Siebenmorgen in der Biografie ›Franz Josef Strauß – Ein Leben im Übermaß‹ [...] erhobenen konkreten Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der Eureco Büro für Wirtschaftsberatung GmbH & Co. KG noch nicht abschließend durch einen Untersuchungsausschuss oder ein Gericht geklärt sind. Gleichwohl wurden solche Nachforschungen bisher nicht ansatzweise durchgeführt«, lautete der Vorwurf der Richterin.

Außerdem verwies die Richterin darauf, dass Strauß schon früher von verschiedenen Seiten Korruptionsvorwürfen ausgesetzt war:

»Insbesondere wurde von dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel bereits erstmals in der Ausgabe 14/196512 die Äußerung des damaligen Mitgliedes des Bundestages Hellmut Kalbitzer in seinem offenen Brief vom 08.10.1963, der zwischenzeitlich verstorbene Dr. Franz Josef Strauß habe ein Vermögen erworben, wie es ein Politiker seit 1945 nicht auf normalem Wege erlangen konnte, veröffentlicht und bereits in früheren Ausgaben die Behauptung, der zwischenzeitlich verstorbene Dr. Franz Josef Strauß sei ein der Korruption schuldiger Minister, der während seiner Ministerzeit Geld annahm, das ihm nicht gehörte, aufgestellt.

Diese Behauptungen wurden zwar von dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel in der Ausgabe 12/1970 aufgrund des durch eine Klage des zwischenzeitlich verstorbenen Dr. Franz Josef Strauß erwirkten Urteils des Oberlandesgerichts München vom 28. Juli, 1966, Az: 1 U 674/66, widerrufen. Bezüglich dieses Widerrufs war jedoch seitens des Nachrichtenmagazins Der Spiegel bereits in der Ausgabe 14/199413 gleichfalls ein Widerruf erfolgt und zusätzlich die Behauptung, der verstorbene Dr. Franz Josef Strauß war ein der Korruption schuldiger Ministerpräsident, aufgestellt worden.

Zeitgleich wurde von dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel erstmals unter Berufung auf angebliche Äußerungen von Dr. Eduard Zwick und Dr. Walter Schöll berichtet, dass der zwischenzeitlich verstorbene Dr. Franz Josef Strauß trotz eines Jahresgehalts als Bayerischer Minister­präsident von nur etwa 300.000 DM bei den schweizerischen Finanzinstituten Pictet und Bär persönlich Kunde war, dass er daher offensichtlich über reichlich Geld verfügte, da man schon ein paar kräftige Millionen dabeihaben sollte, um sich bei einem eidgenössischen Bankhaus dieser Güte als Kunde sehen zu lassen. Weiter wurde von dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel geäußert, dass Dr. Eduard Zwick schon vor Jahren zu einem Vertrauten sagte, der zwischenzeitlich verstorbene Dr. Franz Josef Strauß habe, seiner Kenntnis nach, einen dreistelligen Millionenbetrag in der Schweiz.

In der Ausgabe 15/1994 wurde von dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel veröffentlicht, dass Dr. Eduard Zwick und Angelika Zwick mitteilten, ihr gemeinsamer Sohn Johannes Zwick hätte die Anzeigeerstatterin Monika Hohlmeier nach dem Tod von Dr. Franz Josef Strauß auf die Strauß-Konten in der Schweiz hingewiesen und diese gefragt, ob die Erben darüber Bescheid wüssten sowie ob sie informiert seien, dass es dafür Tarnnamen gebe. Gegen diese Berichterstattung gingen die Anzeigeerstatter nicht gerichtlich vor. Sie erwirkten lediglich eine teilweise Gegendarstellung, der wiederum das Nachrichtenmagazin Der Spiegel entgegentrat.

In den folgenden mehr als fünfzehn Jahren wurde von weiten Teilen sowohl der Medien als auch der Bevölkerung vielfach vermutet, behauptet und verbreitet, dass der verstorbene Dr. Franz Josef Strauß ein immenses Vermögen auf teilweise illegale Weise erwirtschaftete und hinterließ. Entsprechende Gerüchte waren mithin bereits vor dem 09.12.2009 allgemein bekannt.«

Schließlich verwies die Richterin darauf, dass Strauß bereits nach den Feststellungen des Landgerichts München I in seinem Urteil vom 15. Juli 1965 (Az: 18 O 680/14) zweifellos »der Geruch der Korruption« anhaftete.

Die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts München I

Der Beschluss des Amtsgerichts ging mir kurz vor Weihnachten 2015 zu. Ich überlegte: Die Staatsanwaltschaft war eine »von oben« gesteuerte Behörde. Würde der Justizminister Winfried Bausback so töricht sein, gegen die wohlbegründete Entscheidung des Amtsgerichts Beschwerde beim Landgericht München I einzulegen und sich damit gegebenenfalls eine Bestätigung des für die CSU-Spitze so schmerzlichen Beschlusses des Amtsgerichts einhandeln? Man legte Beschwerde ein!

Die mit drei Berufsrichtern besetzte Kammer des Landgerichts machte kurzen Prozess. In ihrem Beschluss vom 25. Januar 2016 stellte sie trocken fest:

»Die angefochtene Entscheidung entspricht der Sach- und Rechtslage.«

Die Begründung der Richter lautete:

»Es ist nicht ersichtlich, dass und gegebenenfalls inwieweit die verfahrensgegenständlichen Äußerungen des Angeschuldigten nicht erweislich sind. Insbesondere ergeben sich vorliegend auch aus der erfolgten Beiziehung von Nachlass-, Zivil-, Straf- und (Vor-)Ermittlungsakten [...] keine hinreichend tragfähigen Feststellungen zum tatsächlichen Umfang und Wert des Erbes des Verstorbenen; erst recht nicht dazu, aus welchen Einnahmequellen dieses stammte und ob und gegebenenfalls inwieweit die betreffenden Vermögenswerte versteuert wurden.«

Damit fiel die Behauptung der Geschwister Strauß, der Nachlass habe etwas weniger als sechs Millionen DM betragen, in sich zusammen.

Die Presse berichtete breit über das Scheitern der Strauß-Kinder mit ihrer Strafanzeige und über die scharfe Kritik der beiden Gerichte an der Staatsanwaltschaft. Die Nürnberger Nachrichten titelten: »Münchner Gerichte watschen Staatsanwälte ab.« Diese waren allerdings nur die ausführenden Hilfskräfte der Justizministerin Beate Merk und ihres Nachfolgers Bausback, der, wie seine Pressesprecherin gegenüber der Süddeutschen Zeitung einräumte, regelmäßig über den Fortgang des Verfahrens informiert worden war.

Hinzuzufügen ist: Die Staatsanwälte und ihre befassten Vorgesetzten haben sich strafbar gemacht wegen Rechtsbeugung und Verfolgung eines Unschuldigen (Paragrafen 339, 344 Strafgesetzbuch). Am 20. September 2010 hatte der Staatsanwalt Hans-Joachim Lutz meinem Anwalt Dr. Bosbach mitgeteilt, er habe von den Geschwistern Strauß Unterlagen, zumal Bankunterlagen (der genannten Schweizer Banken), als Beleg für die Richtigkeit ihrer Anschuldigungen angefordert. Diese Unterlagen wurden jedoch, trotz Anmahnung, ausweislich der Ermittlungsakte nicht vorgelegt. (Wie das Amtsgericht rügte, wurden die Geschwister Strauß nicht einmal zu ihren Vorwürfen vernommen, siehe oben). Daraufhin beantragte die Staatsanwaltschaft den Erlass des Strafbefehls eben ohne Beweise, und ignorierte dabei noch dazu von meinem Anwalt benannte Zeugen! Verantwortlich: Justizminister Winfried Bausback.

Die Parallele zum Fall von Gustl Mollath, der jahrelang zu Unrecht in der Psychiatrie weggesperrt wurde, ist ersichtlich.

Der gute Ruf der Geschwister Strauß und die Staatsanwaltschaft

Dass die Staatsanwaltschaft trotz der verweigerten Ermittlungen eine Geldstrafe von 7.800 Euro gegen mich beantragt hatte, war umso verwerflicher, als sie wusste, dass Max Strauß 2006 wegen Betrugs in der WABAG-Affäre14 zu einer Geldstrafe von 300.000 Euro verurteilt worden war. Viele Anleger hatten ihr Geld verloren, der Verbleib von ca. 200 Millionen DM blieb ungeklärt.

Max Strauß hatte die Geldstrafe von 300.000 Euro nicht überwiesen, sondern in bar (!) bei der Justizkasse einbezahlt – ein unglaublicher Vorgang, über den die Presse berichtete. Einem Bargeldbetrag in dieser Größenordnung haftete fraglos der dringende Verdacht der Steuerhinterziehung und Geldwäsche an. Das wäre für die Staatsanwaltschaft ein rechtlich zwingender Grund gewesen, seine Herkunft zu ermitteln, insbesondere zu prüfen, ob dieser Betrag ein Teil des abgestrittenen 300-Millionen-DM-Nachlasses war. Doch sie tat schlichtweg nichts: Sie ermittelte nicht, sie schaltete die Steuerfahndung nicht ein und sie unterließ die nach dem Geldwäschegesetz vorgeschriebene Meldung an das Bundeskriminalamt, die bereits bei 15.000 Euro beginnt. Damit war der Straftatbestand der Begünstigung und Strafvereitlung im Amt verwirklicht.

Verantwortlich war allzumal die Justizministerin Beate Merk. Der Fall Max Strauß/WABAG-Affäre war für die Staatsanwälte nach oben berichtspflichtig, die unglaubliche Bareinzahlung von 300.000 Euro wegen des Verdachts der Geldwäsche und Steuerhinterziehung erst recht. Da die Zeitungen den aufsehenerregenden Vorgang aufgegriffen hatten, war Merk sicher auch von ihrer Pressestelle informiert worden.

Zwei Jahre zuvor hatte Merk, obwohl durch mehrere Eingaben Gustl Mollaths auf von ihm vergeblich angezeigte Schwarzgeldverschiebungen der HypoVereinsbank hingewiesen, gesetzeswidrig keine Ermittlungen anstellen lassen. (Mollath wurde für siebeneinhalb Jahre in der Psychiatrie weggesperrt.) Das wiederholte sich hier. Vorrang hatte das Interesse der CSU-Spitze.

Als 2019 der Journalist Helmut Reister von der Abendzeitung bei der Justiz anfragte, was die Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Bareinzahlung von 300.000 Euro unternommen habe, wurde ihm die Auskunft verweigert. Unverfrorene Begründung: Die Sache sei verjährt! Der Journalist war empört, zu Recht: Nach dem bayerischen Pressegesetz sind Behörden zur Auskunft verpflichtet – Verjährung ist kein Weigerungsgrund. Dass sich die Justiz dennoch darauf berief, beweist, dass sie nicht den geringsten Rechtfertigungsgrund für ihr Nichtstun hatte. Überdies: Was sollte denn hier verjährt sein? Die Straftat der Staatsanwaltschaft? Die Einziehung gegebenenfalls in strafbarer Weise erlangter Geldmittel unterliegt jedenfalls nicht der Verjährung (Paragraf 76a II Strafgesetzbuch, StGB).

Die Grünen-Landtagsabgeordnete Susanna Tausendfreund rief in einer öffentlichen Versammlung in Wolfratshausen am 21. Oktober 2011 aus: »Kein Mensch hat gewusst, woher dieses Bargeld kam!« Es drängt sich auf, dass es Teil des 360-Millionen-DM-Betrages war, der nach dem Tod von Strauß von dessen Konto bei der DG-Bank Schweiz in bar abgehoben wurde (siehe unten), bzw. Teil der Bargeldsumme von 300 Millionen DM, von der Bernd Linz von Max Strauß erfahren hatte. Vor ­Gericht wiederholt mit dieser Schlussfolgerung konfrontiert, blieb Max Strauß stumm wie ein Fisch.

Die Staatsanwaltschaft, von meinem Anwalt Hildebrecht Braun ebenfalls damit konfrontiert, stellte sich taub, befragte Max Strauß weiterhin nicht. Verantwortlich hierfür war und ist auch der jetzige Justizminister Georg Eisenreich.

Im Jahr 2005 hatte die Strauß-Tochter Monika Hohlmeier als Kultusministerin und Münchner CSU-Vorsitzende wegen ihrer Verstrickung in eine Wahlfälschungsaffäre in der Münchner CSU, bei der es um gefälschte Mitgliedschaftsanträge und um Stimmenkauf ging, zurücktreten müssen. Pro Stimme wurden bis zu 500 Euro gezahlt. Woher das Geld stammte, blieb erstaunlicherweise angeblich ungeklärt! Hohlmeier wurde von maßgeblichen CSU-Mitgliedern als Drahtzieherin beschuldigt. Hans Podiuk, Vorsitzender der CSU-Fraktion im Münchner Stadtrat, warf ihr öffentlich einen »Abgrund von Lüge und Täuschung« vor, sie sei die Organisatorin dieser Machenschaften gewesen (AZ vom 15. April 2005). Und der spätere Kultusminister Ludwig Spaenle äußerte zornig nach ihrer Aussage im eingesetzten Untersuchungsausschuss des Landtags, wo sie alles abstritt: »Frau Hohlmeier lügt wie gedruckt!« (SZ