Rainer Maria Rilke, Liebesgedichte. Schmuckausgabe mit Kupferprägung - Rainer Maria Rilke - E-Book

Rainer Maria Rilke, Liebesgedichte. Schmuckausgabe mit Kupferprägung E-Book

Rainer Maria Rilke

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Beschreibung

Menschliches Empfinden in das Gewand der Sprache zu kleiden ist seit jeher Spielfeld und Aufgabe der Poesie. Nur wenigen ist dies in ähnlicher Weise gelungen wie dem in Prag geborenen Dichter Rainer Maria Rilke. Besonders seine Liebesgedichte sind Manifestationen des Gefühls, von ungewöhnlichem Bildreichtum und einzigartiger Musikalität. Über Rilkes verschiedene Schaffensphasen hinweg präsentiert dieser Band die bedeutendsten und ergreifendsten Liebesgedichte eines der größten Dichter deutscher Sprache.

  • »Du musst Dein Ändern leben« Rainer Maria Rilke
  • 320 Seiten, gebunden in Surbalin linea mit Kupferprägung

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Seitenzahl: 143

Veröffentlichungsjahr: 2023

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RAINER MARIARILKE

Liebesgedichte

Ausgewählt von Kim Landgraf

 

 

Anaconda

 

Dieser Band erschien zuerst 2014 unter dem Titel In einer Rose steht dein Bett, Geliebte bei Anaconda in Köln.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2023 by Anaconda Verlag, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagmotiv: Flower silhoutte, Adobe Stock / Gizele

Umschlaggestaltung: www.katjaholst.de

Satz und Layout: InterMedia – Lemke e. K., Heiligenhaus

ISBN 978-3-641-31151-3

www.anacondaverlag.de

Früher, wie oft, blieben wir, Stern in Stern,

wenn aus dem Sternbild der freiste,

jener Sprech-Stern hervortrat und rief.

Stern in Stern staunten wir,

Er, der Sprecher des Stern-Bilds,

ich, meines Lebens Mund,

Nebenstern meines Augs.

Und die Nacht, wie gewährte sie uns

die durchwachte Verständigung.

Noch Eines

Auch dem blonden Kinde kam es

in sein Herz, sein waldseereines,

wie das dunkle Ahnen eines

großen Glückes oder Grames.

Und die Mutter ließ das Rädchen

stocken. – »Kind, was macht dich leiden?«

Stürmisch schluchzend schwieg das Mädchen:

doch verstanden sich die beiden.

Kurz darauf: Am Pförtchen pochte

junger Herr. – »Wollt ihr euch?« – Pause. –

Ob! – Wer da noch fragen mochte!? –

So geschahs im alten Hause.

 

Mir ist so weh, so weh, als müßte

die ganze Welt in Grau vergehn,

als ob mich die Geliebte küßte

und sprach: Auf Nimmerwiedersehn.

Als ob ich tot wär und im Hirne

mir dennoch wühlte wilde Qual,

weil mir vom Hügel eine Dirne

die letzte, blasse Rose stahl …

 

Das war der Tag der weißen Chrysanthemen, –

mir bangte fast vor seiner schweren Pracht …

Und dann, dann kamst du mir die Seele nehmen

tief in der Nacht.

Mir war so bang, und du kamst lieb und leise, –

ich hatte grad im Traum an dich gedacht.

Du kamst, und leis wie eine Märchenweise

erklang die Nacht …

 

Einen Maitag mit dir beisammen sein,

und selbander verloren ziehn

durch der Blüten duftqualmende Flammenreihn

zu der Laube von weißem Jasmin.

Und von dorten hinaus in den Maiblust schaun,

jeder Wunsch in der Seele so still …

Und ein Glück sich mitten in Mailust baun,

ein großes, – das ists, was ich will …

 

Im Frühling oder im Traume

bin ich dir begegnet einst,

und jetzt gehn wir zusamm durch den Herbsttag,

und du drückst mir die Hand und weinst.

Weinst du ob der jagenden Wolken?

Ob der blutroten Blätter? Kaum.

Ich fühl es: du warst einmal glücklich

im Frühling oder im Traum …

Pfauenfeder:

In deiner Feinheit sondergleichen,

wie liebte ich dich schon als Kind.

Ich hielt dich für ein Liebeszeichen,

das sich an silberstillen Teichen

in kühler Nacht die Elfen reichen,

wenn alle Kinder schlafen sind.

Und weil Großmütterchen, das gute,

mir oft von Wünschegerten las,

so träumte ich, du Zartgemute,

in deinen feinen Fasern flute

die kluge Kraft der Rätselrute –

und suchte dich im Sommergras.

 

Lehnen im Abendgarten beide,

lauschen lange nach irgendwo.

»Du hast Hände wie weiße Seide …«

Und da staunt sie: »Du sagst das so …«

Etwas ist in den Garten getreten,

und das Gitter hat nicht geknarrt,

und die Rosen in allen Beeten

beben vor seiner Gegenwart.

 

Einmal möcht ich dich wiederschauen,

Park, mit den alten Lindenalleen,

und mit der leisesten aller Frauen

zu dem heiligen Weiher gehn.

Schimmernde Schwäne in prahlenden Posen

gleiten leise auf glänzendem Glatt,

aus der Tiefe tauchen die Rosen

wie Sagen einer versunkenen Stadt.

Und wir sind ganz allein im Garten,

drin die Blumen wie Kinder stehn,

und wir lächeln und lauschen und warten,

und wir fragen uns nicht, auf wen …

 

Wenn wie ein leises Flügelbreiten

sich in den späten Lüften wiegt, –

ich möchte immer weiter schreiten

bis in das Tal, wo tiefgeschmiegt

an abendrote Einsamkeiten

die Sehnsucht wie ein Garten liegt.

Vielleicht darf ich dich dorten finden,

und zage wird dein erstes Mühn

die wehen Wünsche mir verbinden,

du wirst mich führen tief ins Grün –

und heimlich werden weiße Winden

an meinem staubigen Stabe blühn.

 

Ich mußte denken unverwandt,

wie ich einst zwischen schwarzen Pinien

den tiefen Frühling sinnen fand,

als ich vor deiner Schönheit stand,

und durch der Scheitel dunkle Linien

dein Antlitz träumte wie ein Land.

Es schlich von deiner Lippen Saum

ein Lächeln auf verlornem Pfade –

ganz leis. Die andern merktens kaum.

So weht ein Blatt vom Blütenbaum:

nur Einer schaut die Frühlingsgnade,

und der sie schaut, ist wie im Traum.

 

Fremd ist, was deine Lippen sagen,

fremd ist dein Haar, fremd ist dein Kleid,

fremd ist, was deine Augen fragen,

und auch aus unsern wilden Tagen

reicht nicht ein leises Wellenschlagen

an deine tiefe Seltsamkeit.

Du bist wie jene Bildgestalten,

die überm leeren Altarspind

noch immer ihre Hände falten,

noch immer alte Kränze halten,

noch immer leise Wunder walten –

wenn längst schon keine Wunder sind.

 

Du bist so fremd, du bist so bleich.

Nur manchmal glüht auf deinen Wangen

ein hoffnungsloses Heimverlangen

nach dem verlornen Rosenreich.

Dann sehnt dein Auge, tief und klar,

aus allem Müssen, allem Mühen

ins Land, wo nichts als stilles Blühen

die Arbeit deiner Hände war.

 

Weißt du, ich will mich schleichen

leise aus lautem Kreis,

wenn ich erst die bleichen

Sterne über den Eichen

blühen weiß.

Wege will ich erkiesen,

die selten wer betritt

in blassen Abendwiesen –

und keinen Traum, als diesen:

Du gehst mit.

 

Bei dir ist es traut:

Zage Uhren schlagen

wie aus weiten Tagen.

Komm mir ein Liebes sagen –

aber nur nicht laut.

Ein Tor geht irgendwo

draußen im Blütentreiben.

Der Abend horcht an den Scheiben.

Laß uns leise bleiben:

Keiner weiß uns so.

 

Die Nacht holt heimlich durch des Vorhangs Falten

aus deinem Haar vergeßnen Sonnenschein.

Schau, ich will nichts, als deine Hände halten

und still und gut und voller Frieden sein.

Da wächst die Seele mir, bis sie in Scherben

den Alltag sprengt; sie wird so wunderweit:

An ihren morgenroten Molen sterben

die ersten Wellen der Unendlichkeit.

 

Will dir den Frühling zeigen,

der hundert Wunder hat.

Der Frühling ist waldeigen

und kommt nicht in die Stadt.

Nur die weit aus den kalten

Gassen zu zweien gehn

und sich bei den Händen halten –

dürfen ihn einmal sehn.

 

Mir ist: ich muß dir den Brautnachtstrauß

weit aus dem Abend bringen.

Ich geh in die goldene Stunde hinaus,

und die Fenster leuchten am letzten Haus,

drin spielende Kinder singen.

Und ich geh an dem einsamen Haus vorbei,

drin singende Kinder wohnen,

und mein Wandern wächst und wächst in den Mai

und kann nicht zurück, – und die Blüten, verzeih,

die wind ich mir alle zu Kronen.

 

Bist du so müd? Ich will dich leise leiten

aus diesem Lärm, der längst auch mich verdroß.

Wir werden wund im Zwange dieser Zeiten.

Schau, hinterm Wald, in dem wir schauernd schreiten,

harrt schon der Abend wie ein helles Schloß.

Komm du mit mir. Es solls kein Morgen wissen,

und deiner Schönheit lauscht kein Licht im Haus …

Dein Duft geht wie ein Frühling durch die Kissen:

Der Tag hat alle Träume mir zerrissen, –

du, winde wieder einen Kranz daraus.

 

Purpurrote Rosen binden

möcht ich mir für meinen Tisch

und, verloren unter Linden,

irgendwo ein Mädchen finden,

klug und blond und träumerisch.

Möchte seine Hände fassen,

möchte knieen vor dem Kind

und den Mund, den sehnsuchtblassen,

mir von Lippen küssen lassen,

die der Frühling selber sind.

 

Ein Händeineinanderlegen,

ein langer Kuß auf kühlen Mund,

und dann: auf schimmerweißen Wegen

durchwandern wir den Wiesengrund.

Durch leisen, weißen Blütenregen

schickt uns der Tag den ersten Kuß, –

mir ist: wir wandeln Gott entgegen,

der durchs Gebreite kommen muß.

 

Du willst dir einen Pagen küren?

Mich komm erküren, Königin.

Mir klingt aus alten Aventüren

ein Sang in Saitenspiel und Sinn.

Ich will ins weiße Schloß dich führen,

in dem ich selber König bin, –

und singen hinter tausend Türen

für meine weiße Königin.

 

Mir war so weh. Ich sah dich blaß und bang.

Das war im Traum. Und deine Seele klang.

Ganz leise tönte meine Seele mit,

und beide Seelen sangen sich: Ich litt.

Da wurde Friede tief in mir. Ich lag

im Silberhimmel zwischen Traum und Tag.

 

Wie meine Träume nach dir schrein.

Wir sind uns mühsam fremd geworden,

jetzt will es mir die Seele morden,

dies arme, bange Einsamsein.

Kein Hoffen, das die Segel bauscht.

Nur diese weite, weiße Stille,

in die mein tatenloser Wille

in atemlosem Bangen lauscht.

 

Und du warst schön. In deinem Auge schien

sich Nacht und Sonne sieghaft zu versöhnen.

Und Hoheit hüllte wie ein Hermelin

dich ein: So kam dich meine Liebe krönen.

Und meine nächteblasse Sehnsucht stand,

weißbindig wie der Vesta Priesterin,

an deines Seelentempels Säulenrand

und streute lächelnd weiße Blüten hin.

 

Wenn ich dir ernst ins Auge schaute,

klang oft dein Wort so kummerkrank

wie eine leise Liebeslaute,

die einsam einst ein Meister baute,

als seine Seele Sehnsucht sang.

Sie lernte seither leichte Lieder

und tönte gern zu Tag und Tanz, –

da greift ein Träumer ihre Glieder:

und wie erwachend weint sie wieder

das Heimweh ihres Heimatlands.

 

Ja, früher, wenn ich an dich dachte,

wie Wunder wars: ein Mai erwachte

um dich im Aureolenglanz,

und meine Sehnsucht träumte sachte

um deine Stirne einen Kranz.

Jetzt seh ich dich: du senkst dein Weinen

ins Herz den herbstverhangnen Hainen,

und dir zuseiten, wegentlang,

schleicht an den bleichen Meilensteinen

ein wunder Sonnenuntergang.

 

Ich ging durch ein Land, durch ein trauriges Land.

Wie auf leerer Wiege ein Wiegenband

lag der blasse Fluß auf dem flachen Sand,

darüber aus nassem Nebelgewand

reckte die Weide die Totenhand.

Mir war so traurig. Ich starrte und stand.

Ich sah dich kauern am Wegesrand.

Einst hab ich dich und das Glück gekannt.

Du weintest wühlend und unverwandt,

und ich fragte dich: Ist das dein Heimatland?

Du nicktest, du nicktest wie traumgebannt …

Da hab ich dich wieder wie einst genannt;

doch dein Bild zerrann mir, dein Bild entschwand.

Die Pappeln kohlten im Abendbrand,

und der Tod ging rot durch dein Heimatland.

 

Weißt du, daß ich dir müde Rosen flechte

ins Haar, das leis ein weher Wind bewegt –

Siehst du den Mond, wie eine silberechte

Merkmünze, und ein Bild ist eingeprägt:

ein Weib, das lächelnd dunkle Dornen trägt –

Das ist das Zeichen toter Liebesnächte.

Fühlst du die Rosen auf der Stirne sterben?

Und jede läßt die Schwester schauernd los

und muß allein verdarben und verderben,

und alle fallen fahl in deinen Schoß.

Dort sind sie tot. Ihr Leid war leis und groß.

Komm in die Nacht. Und wir sind Rosenerben.

 

Kannst du die alten Lieder noch spielen?

Spiele, Liebling. Sie wehn durch mein Weh

wie die Schiffe mit silbernen Kielen,

die nach heimlichen Inselzielen

treiben im leisen Abendsee.

Und sie landen am Blütengestade,

und der Frühling ist dort so jung.

Und da findet an einsamem Pfade

vergessene Götter in wartender Gnade

meine müde Erinnerung.

 

Wo sind die Lilien aus dem hohen Glas,

die deine Hand zu pflegen nie vergaß? Schon tot?

Wo ist die Freude deiner Wangen hin,

die wie ein ganzer Lenz zu prangen schien – Verloht?

Und wo ist unser Glück, so groß und rein,

das hell dein Haar wie ein Madonnenschein umspann?

Auch das ist tot. Heut weinen wir ihm nach,

und morgen kommt der Frost uns ins Gemach – Und dann?

 

Ich möchte dir ein Liebes schenken,

das dich mir zur Vertrauten macht:

aus meinem Tag ein Deingedenken

und einen Traum aus meiner Nacht.

Mir ist, daß wir uns selig fänden

und daß du dann wie ein Geschmeid

mir löstest aus den müden Händen

die niebegehrte Zärtlichkeit.

 

Du meine Hohe, weise

mich weiter auf deiner Bahn;

komm und tu mir leise

Wunder um Wunder an.

Ich habe viel gelitten,

vieles starb und brach, –

jetzt geh ich mit blinden Schritten

deinem Leben nach.

Sehr alte Schmerzen rücken

zurück in ein Verzeihn,

mir baun sich goldne Brücken

zu deinem Gütigsein.

 

Ob auch die Stunden uns wieder entfernen:

wir sind immer beisammen im Traum

wie unter einem aufblühenden Baum.

Wir werden die Worte, die laut sind, verlernen

und von uns reden wie Sterne von Sternen, –

alle lauten Worte verlernen:

wie unter einem aufblühenden Baum.

 

Ich möchte Purpurstreifen spannen

und möchte füllen bis zum Rand

mit Balsamöl aus Onyxkannen

die Blumenlampen, die entbrannt

im Mittag flammen, und verbrennen

bis wir uns mit dem Namen nennen,

der Sterne ruft und Tage bricht;

die Täler taun, die Winde fallen

den Dingen in den Schoß und allen

ist bang nach deinem Angesicht.

 

Mein Leben ist wie leise See:

Wohnt in den Uferhäusern das Weh,

wagt sich nicht aus den Höfen.

Nur manchmal zittert ein Nahn und Fliehn:

aufgestörte Wünsche ziehn

darüber wie silberne Möven.

Und dann ist alles wieder still …

Und weißt du was mein Leben will,

hast du es schon verstanden?

Wie eine Welle im Morgenmeer

will es, rauschend und muschelschwer,

an deiner Seele landen.

 

Leise ruft der Buchenwald.

Winkt mit seinen jungen Zweigen

weit hinaus ins Wiesenschweigen.

Kommt mein blonder Liebling bald

mir die tiefen Wege zeigen,

wo die Lichter wie Elfen reigen?

Kommt mein blonder Liebling bald?

Grüßend wird meine Seele sich neigen.

Meine Seele ist maieneigen

wie der rufende Buchenwald.

 

Ich geh dir nach, wie aus der dumpfen Zelle

ein Halbgeheilter schreitet: in der Helle

mit hellen Händen winkt ihm der Jasmin.

Ein Atemholen hebt ihn von der Schwelle, –

er tastet vorwärts: Welle schlägt um Welle

der großbewegte Frühling über ihn.

Ich geh dir nach in tiefem Dirvertrauen.

Ich weiß deine Gestalt durch diese Auen

vor meinen ausgestreckten Händen gehn.

Ich geh dir nach, wie aus des Fiebers Grauen

erschreckte Kinder gehn zu lichten Frauen,

die sie besänftigen und Furcht verstehn.

Ich geh dir nach. Wohin dein Herz mich führe

frag ich nicht nach. Ich folge dir und spüre

wie alle Blumen deines Kleides Saum ..

Ich geh dir nach auch durch die letzte Türe,

ich folge dir auch aus dem letzten Traum …

 

Leise hör ich dich rufen

in jedem Flüstern und Wehn.

Auf lauter weißen Stufen,

die meine Wünsche sich schufen,

hör ich dein Zu-mir-gehn.

Jetzt weißt du von dem Gefährten,

und daß er dich liebt … das macht:

es blühen in seinen Gärten

die lang vom Licht gekehrten

Blüten, blühn über Nacht …

 

Das Land ist licht und dunkel ist die Laube,

und du sprichst leise und ein Wunder naht.

Und jedes deiner Worte stellt mein Glaube

als Betbild auf an meinen stillen Pfad.

Ich liebe dich. Du liegst im Gartenstuhle,

und deine Hände schlafen weiß im Schoß.

Mein Leben ruht wie eine Silberspule

in ihrer Macht. Lös meinen Faden los.

 

Deine Stube mit den kühlen

Rosen in den vielen Vasen,

drinnen wir in tiefen Stühlen

lehnten, leise Lieder lasen –

und mein Auge sehnte zag:

ist die einsame Kapelle,

welche Zuflucht mir bedeutet;

warten will ich an der Schwelle,

bis mir deine Stimme läutet

meinen Lebensfeiertag.

 

Wir lächeln leis im Abendwind,

wenn sich die Blumen schwankend küssen

und wenn die Vögel müde sind.

Weil wir nicht mit der Sonne müssen,

die breit auf flachen Abendflüssen

aus unsern Wiesentalen rinnt.

Wir bleiben, und wir sehn die Nacht

aufwachsen, weit und Wunder werden,

sehn Berge, Bilder und Gebärden

viel größer als wir je gedacht.

Sehn, was die Blüten nicht ertrügen,

was Vögel erst nach langen Flügen

erreichen würden, stellt sich nah

und was am Morgen schon erstarrt

in Stille ist und Gegenwart,

wir kannten es, als es geschah …

 

Unsere Liebe hat keine Gewalten.

So will uns unsere Liebe sehn:

daß wir uns bei den Händen halten

und durch Gesichte und Gestalten

ihrem Garten entgegengehn.

Keine Tore dürfen wir sprängen

auf dem weiten Wandern ins Glück;

aber, wenn uns in Gartengängen

reife Ranken den Weg verhängen,

drängen wir sie zärtlich zurück.

 

Ich bin so still, du Traute,

und immer schweigen wir.

Du bist eine schlanke Laute,

der Frühling spielt auf dir.

Drum bin ich so still, du Ziere,

weil oft mir Angst geschieht,

daß ich einen Laut verliere

aus deinem lieben Lied.

 

So milde wie Erinnerung

duften im Zimmer die Mimosen.

Doch unser Glaube steht in Rosen,

und unser großes Glück ist jung.

Sind wir denn schon vom Glück umglänzt?

Nein, uns gehört erst dieses Rufen,

dies Stillestehn auf weißen Stufen,

an die der tiefe Tempel grenzt.

Das Warten an dem Rand des Heut.

Bis uns der Gott der reifen Keime

aus seinem hohen Säulenheime