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Nachdem sie sich mit ihren neuen Partnern Dain und Dustin angefreundet hat, hatte sie sich mit ihrem Schicksal abgefunden. Sie ist bereit ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen und ihr Leben in der Detektei zu leben. Doch ihre Vergangenheit ist noch nicht fertig mit ihr. Immer wieder wird sie mit den grausamen Szenen ihrer Erinnerungen konfrontiert.
So sinkt sie Stück für Stück tiefer in den Wahnsinn. Sie verliert nach und nach den Bezug zur Wirklichkeit. Zwischen Gegenwart und Vergangenheit gefangen, sieht sie keine Zukunft für sich. Um ihre Freunde zu beschützen geht sie sogar über Leichen. Unfähig den Tod ihres geliebten zu überwinden, versinkt sie immer mehr dem Wahnsinn. Sie hat nur noch ein Ziel vor Augen: Rache an der Person, die sie zu diesem Monster gemacht hat.
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Die Rache der Bloody Mary
Ich werfe eine weitere Hand voll Pillen ein und spüle das Ganze mit einem Glas Wasser runter. Wie üblich mach ich mich auf in die Büroräume. Ich öffne die Tür und lass mich in einen freien Sessel fallen. Ich schließe die Augen und atme tief durch. „Alles okay?“, will Dustin wissen und sieht mich besorgt an. Ich blinzle und sehe zu ihm. „ähm...sicher. Hab nur nicht gut geschlafen“, meine ich müde. „Immer noch Probleme mit dem schlafen? Hast du schon mal mit Dewn darüber gesprochen?“, fragt Dustin nach. „Ja, ich probiere auch mehrere Tabletten. Aber die wirken alle nicht“, meine ich mürrisch. „seltsam. Hat sich irgendetwas verändert was diese Schlafstörung ausgelöst haben könnte?“, fragt Dustin weiter.
„Ich wüsste nicht was“, gebe ich ehrlich zu. „Naja wird schon alles wieder werden. Mach dir da mal keinen Kopf“, meint er aufmunternd. Die Tür geht erneut auf und Dain betritt den Raum. „Gut. Ihr seid schon da. Dann können wir gleich anfangen“, meint er munter. Er setzt sich auf den dritten freien Stuhl und zieht einen Stapel Papiere unter dem Tisch hervor. „Was ist das alles?“, frage ich verwundert. „Nennt sich Papier. Ich weiß du kennst nichts was man nicht downloaden oder mit einem Knopfdruck löschen kann“, meint Dain grinsend. „Willst du sagen ich bin ein Handy Junkie?“, meine ich genervt. „Handy, Laptop, Tablett, Suchs dir aus“, meint er gelassen. „seid neusten auch noch ein Pillen Junkie“, meint Dustin fröhlich. Ich trete ihm gegens Schienbein und schenke ihm einen finsteren Blick.
„Wie war das?“, fragt Dain verwirrt. Dustin weiß ganz genau das ich Dain nicht davon erzählt habe das ich seit fast einem Monat Tabletten nehme. Er muss ja nicht alles herausfinden. „Nichts. Oder Dustin?“, meine ich und schiele zu Dustin hinüber. Der zuckt die Schultern und lehnt sich zurück. „Ich hab nichts gesagt“, meint er unbekümmert. „Ähm...okay. Jedenfalls möchte ich euch nur informieren das ich ab morgen für eine Woche weg sein werde. Ich muss auf eine Mission. Alles streng geheim. Das heißt ich überlasse euch die Verantwortung für die Detektei. Da hab ich wohl keine andere Wahl. Dewn muss die nächsten Tage genug arbeiten“, meint Dain. „Warte. Heißt das ich bin dich für eine Woche los?“, meine ich begeistert.
„Sieht so aus. Dustin trau ich zu das er das hier hinkriegt. Bei dir bin ich mir nicht so sicher. Du und dein Drache zerlegt uns noch die ganze Bude“, meint Dain mürrisch. „Da fällt mir ein ich wollte mir noch was wegen Flamme überlegen. Er wird langsam zu groß“, meine ich zu mir selbst. „Oh ja. Wie groß ist er mittlerweile? Ein Meter?“, rät Dustin. „Ein Meter neunzig“, korrigiere ich. „Viel zu groß“, meint Dain gelassen. „Na und? Dein Ego ist mindestens fünf Meter groß“, meine ich fauchend. „Schon gut, Kampfkarnickel. Ich geh dann mal packen.
Ach, und Reaper, geh mal zu Dewn und lass dich durchchecken. Du bist blass wie eine Hausfassade“, meint Dain und verlässt das Büro. „Der verhält sich irgendwie seltsam“, meine ich nachdenklich. „Er ist seltsam. Ist doch nichts neues“, meint Dustin munter. „Auch wieder wahr“, meine ich seufzend. „Ich glaub die Schlaflosigkeit macht mich dumm“, meine ich murrend. „Ja, sagen wir mal die Schlaflosigkeit ist daran schuld“, meint er grinsend. „Du bist so ein Arschloch“, meine ich mürrisch. „Danke, ich gebe mir auch mühe“, meint Dustin amüsiert. Seufzend verlasse ich das Büro wieder und steige die Treppen zum Keller hinunter. Wie üblich betrete ich das Labor und setz mich auf die Liege. Mir dröhnt der Kopf gerade gewaltig. Dewn betritt den Raum und legt eine Akte auf seinen Schreibtisch. Mit einem Seufzer lässt er sich auf seinen Stuhl fallen und sieht an die Decke. Ich lächle und stehe leise auf. Er scheint mich nicht bemerkt zu haben. Ich schleiche auf ihn zu und lege ihm die Hände auf die Augen.
Dewn zuckt zusammen und fällt dabei fast vom Stuhl. Ich nehme meine Hände weg und er sieht mich überrascht an. Seufzend legt er den Kopf in den Nacken und legt sich die Hände über die Augen. „Prinzessin, willst du das ich einen Herzinfarkt bekomme?“, meint er müde. „Wer weiß, vielleicht“, meine ich fröhlich. Dewn sieht zu mir und lächelt müde. Dann zieht er mich mit einer schnellen Bewegung auf seinen Schoß. Er legt seinen Kopf auf meine Schulter und schlingt seine Arme fester um mich. „Was zum Teufel soll das werden?“, frage ich und sehe ihn über meine Schulter hinweg an. Dewn hat die Augen geschlossen und brummt verstimmt. „Ich hab die ganze Nacht durch gearbeitet. Ich will mindestens fünf Minuten schlafen“, meint er müde. „Dann geh doch ins Bett“, meine ich murrend.
„Nur wenn du mitkommst“, meint er lächelnd. „Nein. Ich muss später nach Flamme sehen. Und...ich muss noch was im Garten machen“, meine ich genervt. „Wenn du nicht mit mir ins Bett kommst bleib eben hier“, meint er im Halbschlaf. „Wieso muss ich sitzen bleiben, weil du müde bist?“, meine ich mürrisch. „Weil du gerade bequem bist. Und wenn du aufstehst muss ich auch aufstehen. Und dafür bin ich einfach zu müde“, meint er murrend. „fünf Minuten, keine Sekunde mehr“, gebe ich schließlich nach. „Jo, geht klar“, meint er gähnend. Nach fünf Minuten löse ich seine Arme von mir und stehe auf. Als ich auf die Tür zugehe, drehe ich mich nochmal zu ihm um. Er scheint tatsächlich zu schlafen. Aber ich bin ja ein eigentlich netter Mensch.
Darum geh ich zu ihm zurück und lege einen von seinen Armen um meine Schulter. Mit mühe hebe ich ihn hoch und trage ihn aus dem Labor zu seinem Zimmer. Ich öffne die Tür und lege ihn in sein Bett. Dann lege ich ihm die Decke drüber und verlasse das Zimmer wieder. Leise schließe ich die Tür hinter mir und atme tief durch. Ich scheine nicht der Einzige zu sein der mit Arbeit überschüttet wird. Ich gehe in den Garten und setzte mich ins taufrische Gras. Ich sehe in den Himmel und beobachte Flamme, der in Luft seine Kreise zieht. Ich schließe die Augen und atme die frische Luft ein. Die Kopfschmerzen lassen etwas nach und für einen Moment wirkt es als wäre endlich alles wieder normal. Ich lasse mich ins Gras fallen und genieße einfach den Moment. Ich höre Schritte neben mir und öffne die Augen wieder. Flamme steht neben mir und schnurrt.
„Hey mein Süßer. Alles klar bei dir?“, frage ich lächelnd und sehe zu meinem geflügelten Freund. Flamme legt sich neben mich und stupst mich mit seiner Schnauze an. Ich lehne mich gegen ihn und er wedelt mit dem Schwanz. Wieder schließe ich die Augen und kuschle mich an meinen geflügelten Freund. Wieder ertönen Schritte, doch ich ignoriere es. Als sich jemand räuspert öffne ich murrend die Augen. Dain steht vor mir und sieht auf mich herab. Auf dem Rücken trägt er einen blauen Rucksack. „Morgen. Was ist los? Du wirkst noch energieloser als sonst“, stellt er fest. „Nichts. Ich bin einfach nur müde“, meine ich platt. „Das sehe ich. Aber von was? Du arbeitest doch nie“, meint er schmunzelnd. „Geh arbeiten“, knurre ich. „Gleich Prinzessin. Wollte nur fragen was Dewn gesagt hat wegen dir. Du wirkst in letzter Zeit echt platt“, meint Dain besorgt.
„Dewn? Denn kannst du voll vergessen. Der ist selbst übermüdet. Hat der etwa so viele Aufträge?“, frage ich nach. „Nein nur einen. Aber der ist ihm halt sehr wichtig“, meint Dain ernst. „Und was? Er sah nämlich aus als wäre er die ganze Nacht wach geblieben“, meine ich bedenklich. „Er will einem Menschen helfen, der ihm sehr wichtig ist. Mehr musst du nicht wissen“, meint Dain kühl. „Ich muss los. Rodko wartet auch nicht ewig“, meint er seufzend. Ich stehe auf und Flamme hebt verwundert den Kopf. „Ich begleite dich zur Kutsche“, meine ich etwas munterer.
Ich laufe neben ihm her und wir gehen aus dem Haupteingang der Detektei. Rodko lehnt an der Kutsche und tippt auf seinem Handy herum. Dain wirft seinen Rucksack in die Kutsche und Rodko hebt den Blick von seinem Display. „Auch mal soweit?“, meint er grinsend. „Jop“, meint Dain gelassen. Dann dreht er sich zu mir um. „Pass auf dich auf“, meint er und umarmt mich. Ich merke, wie mein Kopf knallrot anläuft. Bevor er mich los lässt, lehnt sich Dain noch näher zu mir und flüstert mir etwas mit rauer und doch dominierender Stimme ins Ohr. „Wenn du was mit Dewn anfängst, während ich weg bin, kehre ich sofort um und töte dich“. Ich sehe ihn erstaunt an. Das ist wieder typisch für ihn. Rodko schließt die Tür hinter Dain und sieht mich amüsiert an. Er zwinkert mir noch kurz zu, bevor er auf den Bock steigt und die Pferde antreibt. Als die Kutsche verschwunden ist seufze ich. Ich muss irgendwie den Kopf frei kriegen. Also entschließe ich mich etwas Motorrad zu fahren.
Ich setzte meinen Helm auf und drehe den Schlüssel im Zündschloss. „Du willst nicht wirklich in deinem Zustand fahren, oder?“, fragt Dewn der plötzlich vor mir steht. „Mir geht’s doch gut, also was soll´s“, meine ich gelassen. Durch den Helm klingt meine Stimme gedämpfter. „Du hast seit Wochen nicht mehr geschlafen. Du kannst nicht fahren“, meint er streng. „Du hast mir nichts zu sagen“, meine ich etwas schroffer als beabsichtigt. Dewn sieht mich mit trüben Blick an und greift nach dem Lenker. „Ich will nur nicht das dir etwas passiert. Du bist schließlich das wichtigste in meinem Leben und ich will dich nicht verlieren“, meint er traurig. Ich lächle schwach. Wieso macht er sich solche Sorgen?
„Ich weiß was ich tue. Mir passiert schon nichts“, meine ich zuversichtlich. Ich nehme seine Hand vom Lenkrad und fahre los. Ich höre, wie er meinen Namen ruft und sehe in den Seitenspiegel. Dewn sieht mir nach. Traurigkeit und Angst stehen in seinen Augen. Ich merke wie mir Tränen in die Augen steigen und ich beschleunige. Was ist momentan nur mit Dain und Dewn los? Wieso verhalten sie sich so seltsam. Mich überkommt plötzlich ein Hustenanfall und ich muss mich konzentrieren damit ich überhaupt noch etwas sehe. Immer mehr Tränen steigen mir in die Augen und meine Sicht verschwimmt mehr und mehr. Als ich ein hupen höre schrecke ich auf. Ich blinzle die Tränen aus dem Gesicht und sehe mit schrecken einen Lastwagen auf mich zurasen. Ich reiße den Lenker zur Seite und versuche auszuweichen. Dann wird mir schwarz vor Augen und ich höre nur noch etwas Schweren auf den Asphalt poltern, bevor ich das Bewusstsein verliere.
Verzerrte Stimmen dringen zu mir durch. Ich merke das ich immer noch meinen Helm aufhabe. Ich spüre einen Schmerz in der Magengrube der mich durchflutet. Wie aus weiter Ferne höre ich eine Stimme schreien. Mit mühe schaffe ich es meinen Helm abzunehmen und hebe den Kopf. Eine Stoßstange steckt in meinem Bauch. Blut fließt aus der Wunde und auf den Straßenasphalt. Mein Kopf donnert wieder auf den Straßenteer. „Scheiße! Ich habe Jemanden überfahren!“, höre ich eine Männerstimme schreien. Ein Mann bleibt neben dem Lastwagen stehen und sieht mich schockiert an. Schnell zieht er ein Handy aus der Hosentasche und dreht mir den Rücken zu. Sonst ist weit und breit niemand zu sehen. Ich greife nach der Stoßstange und ziehe sie unter Schmerzen aus meinem Körper. Langsam und kraftlos lege ich sie zur Seite und Rappel mich auf. „Hallo?! Ich brauche sofort einen Krankenwagen! Schnell es geht um Leben und Tod!“, höre ich den Mann in sein Telefon schreien. Unter höllischen schmerzen stehe ich auf und laufe in gebeugter Haltung auf einen Wald zu, der hinter mir liegt. Ich kann nicht in ein Krankenhaus, Niemand soll wissen was ich bin.
Ich merke wie das Blut in Pfützen auf den Boden tropft, doch ich schleppe mich weiter tiefer in den Wald hinein. Das knacksen von Ästen dröhnt mir in den Ohren und Dornen stechen sich durch meine Kleidung in die Haut. Ich verliere bald wieder das Gleichgewicht und ich merke, wie ich stürze. Ich höre das heulen von Sirenen und etwas wirft ein seltsames blaues Licht vor mich auf den Waldboden. Ich Rappel mich auf Hände und Knie und ringe nach Atem. Meine Hände sind kreidebleich und meine Arme zittern extrem. Schweißperlen rennen mir übers Gesicht und mir ist extrem heiß. Mein Magen zieht sich zusammen und ich muss Blut spucken. „Ich verstehe das nicht. Sie hat vor wenigen Minuten noch hier gelegen. Die kann unmöglich noch gelebt haben. I.…ich meine...die Stoßstange hatte sie doch...“, höre ich die Stimme des Fahrers laut sagen.
Mit letzter Kraft stehe ich auf und wanke einen Schritt zur Seite. Als ich mich umdrehe erblicke ich ein Polizeiauto vor dem Lastwagen stehen. Dem Fahrer stehen zwei Beamte gegenüber. Etwas entfernt steht neben dem Polizeiauto ein Krankenwagen. Die Türen stehen sperrangelweit offen und zwei Sanitäter leuchten mit Taschenlampen die Gegend ab. „Hier ist Blut. Und da…die Spur führt in den Wald“, meint einer der Sanitäter und sieht zu seinen Kollegen. Ich reiße die Augen auf, das darf nicht sein. Das darf einfach nicht wahr sein.
Ich drehe mich um und laufe tiefer in den Wald hinein. Die Baumstämme werfen das Licht der Taschenlampen zurück. Mein Kopf dröhnt und alles dreht sich vor mir. Ich erkenne gar nichts mehr. An den Bäumen abstützend, schleppe ich mich durch den Wald. Doch plötzlich ist da kein Boden mehr unter meinen Füßen und ich stürze in die Tiefe. Immer wieder knallt mein Kopf gegen etwas hartes, bis ich schließlich liegen bleibe. Ich spüre mein Handy vibrieren, doch mir fehlt die Kraft um es aus der Hosentasche zuziehen. Meine Glieder schmerzen und ich spüre warmes Blut aus meinem Mund und meinen Augenlidern fließen. Mein Atmen geht in ein schwaches röcheln über und ich merke wie sich meine Kehle mit Flüssigkeit füllt. Meine Kräfte schwinden immer mehr und ich schaffe es nicht mehr die Augen offen zu halten.
Obwohl meine Lider schwer sind schaffe ich es meine Augen ein Stück zu öffnen. Mein Kopf dröhnt schmerzhaft. Ich hebe den Blick etwas und sehe ein verzerrtes Gesicht. Ich spüre starke Arme, die mich zu tragen scheinen. Langsam schärft sich mein Blick und ich erkenne ihn schemenhaft. Sein Blick ist fest nach vorne gerichtet und sein Gesicht wirkt ernst. Ich merke wie seine ganzen Muskeln angespannt sind. Ich öffne den Mund, um etwas zu sagen, doch ich bringe kein Wort heraus. Nach einer Weile bleibt er stehen und setzt mich vorsichtig auf den Boden ab. Er lehnt mich gegen einen kalte Wand und sieht mir entschlossen in die Augen. Ich erkenne den Ernst, der darin liegt, die Entschlossenheit. Aber wegen was ist er entschlossen? Edward Hyde lächelt aufbauend und steht langsam wieder auf. Der Mond scheint auf ihn und lässt sein braunes Haar glänzen. Ohne ein Wort zu sagen, dreht er sich um und geht davon. Ich sehe ihm noch eine Weile hinterher als er in der Finsternis der Nacht verschwindet. In der Ferne höre ich eine Eule rufen.
Wieso hat er mich gerettet? Ich merke wie mir wieder schwummrig wird und mir zum dritten Mal die Augen zufallen. „Reaper“. Ich öffne langsam die Augen. Ein komischer Pfeifton klingt mir in den Ohren. Langsam erhebe ich mich und sehe mich um. Ich befinde mich in einer Höhle. Wasser tropft von der Decke und kalter Wind weht zu mir herein. „Reaper“. Höre ich die Stimme wieder raunen. Verwundert sehe ich mich um. Doch hier ist niemand. Woher kommt diese Stimme. „Komm zu mir. Komm zu mir“. Es scheint das der Wind die seltsame Stimme mit sich trägt. Und es klingt als käme die Stimme aus dem innerem der Höhle. Ich gehe tiefer in die Höhle und stütze mich an der Wand ab. Die Wunde brennt immer noch höllisch. Am Ende der Höhle bleibe ich stehen und sehe mich um. Die Wände sind voll mit Spiegel. Jeder wirft das Licht des anderen in die Höhle. Die Lichtstrahlen bündeln sich in der Mitte des Raumes.
„Komm zu mir“, meint die Stimme wieder. Zögernd gehe ich in die Mitte des Raumes und sehe in den großen Spiegel vor mir. Zuerst sehe ich nichts, dann erscheint langsam und schemenhaft eine Gestalt vor in dem Spiegel. Das Bild schärft sich immer mehr. Eine Frau mit langen silbernen Haaren und goldenen Augen erscheint vor mir. Sie trägt ein bodenlanges weißes Kleid mit schwarzen Spitzenbändern und einem komplizierten goldfarbenen Muster an der Seite. Ihre Haut ist weiß wie reiner Zucker. Sie wirkt beinah...makellos. Erst als ich genauer hinsehe erkenne ich sie, es handelt sich um Königin Josephine. Wie versteinert sehe ich sie an. Aber das ist unmöglich sie ist… „Du spürst es, nicht wahr?“, spricht die Gestalt plötzlich. Ihre blühten roten Lippen verformen sich zu einem zarten lächeln. Doch dieses lächeln ist es was mir das Blut in den Adern gefrieren lässt.
„W.…was meinst du?“, frage ich zögerlich. „Du spürst das deine Zeit schwindet, oder? Sie wissen es auch. Sie wussten es die ganze Zeit“. Ich würde am liebsten widersprechen, doch ich bekomme kein Wort heraus. Wen meint sie? Wer weiß das ich sterben werde? „Sie haben dich belogen und hintergangen. Deine sogenannten Freunde. Sie kennen die Ursache, doch sie haben es dir nicht verraten. Sie wollen deinen Tod. Sie wollen das du büßt für das was du getan hast“, spricht Josephine weiter. Ich sehe sie mit starren Augen an. „Das...das stimmt nicht. Sie wollen nicht das ich sterbe. Du lügst!“, schreie ich den Spiegel an. Josephine lacht und es scheint das ihr lachen von allen Wänden auf mich nieder prallt. Sofort sehe ich zu den Spiegeln. In jedem erscheint plötzlich ihr Spiegelbild. „Sie trachten dir nach dem Leben! Deine Zeit läuft ab und es interessiert sie nicht. Du hast so viele Leben beendet. Sie wollen das du dafür bezahlst“. Mein Herz rast in meiner Brust.
Schlagartig wird der ganze Raum dunkel und ich stehe mitten in der Finsternis. Vor mir stehen nur die Spiegel. Jeder zeigt eine andere Szene aus meinem Leben. In einem sehe ich meine Eltern. Sie schreien mein jüngeres ich mal wieder an. In einem anderen sehe ich mich wie ich als acht Jährige in unserem Garten ein Grab aushebe. Neben mir liegt der tote Körper meiner kleinen Schwester. In einem anderen sehe ich eine Frau tot am Boden liegen. Sie liegt in einer Pfütze aus Blut, das in einen Gully fließt. Einer der Spiegel auf der rechten Seite zeigt die Zeit in der Anstalt. Sechs Angestellte in weißen Kitteln liegen auf dem Boden. Das Blut klebt an den Wänden und auf dem Boden. Der Spiegel daneben zeigt Hannibal und seine Tochter. Wie er gefesselt an seine tote Tochter in dem kleinen Raum sitzt. Wie versteinert sitzt er da und scheint etwas vor sich hin zu murmeln. Als ich wieder in den Spiegel vor mir sehe. Zeigt dieser Argurata und Darkwood die im Erdboden verschwinden.
Schreie verängstigter Einwohner schallen durch den Raum. Das Bild flackert und verschwindet. Jetzt steht Josephine wieder im Rahmen. Neben ihr steht mein acht Jähriges Ich und meine sechsjährige Schwester. Mein jüngeres ich ist voller Blut. In der einen Hand hält sie ein Messer, mit der anderen hält sie die Hand meiner kleinen Schwester. Emalia sieht mich traurig mit ihren Kinderaugen an. Beide tragen ein weißes Kleid das voller Blutflecken ist. Plötzlich holt mein jüngeres ich mit dem Messer auf und rammt es Emalia ins Herz. Deren Körper löst sich in Luft auf und mein ich sieht mich mit zornigem Blick an. „Wieso hast du das zugelassen? Wieso hast du zugelassen das ich sie töte?“, fragt mein Ich wutentbrannt. Schockiert starre ich das Spiegelbild an. „Ich...war das nicht. Ich hab Emalia nicht getötet“, spreche ich wie in Trance. Mein Ich verschwindet und Josephine sieht mich lächelnd an. Plötzlich verzerrt sich ihr Körper. Ihr Gesicht wird zu einer Monster ähnlichen Form und ihre Zähne sind haifischartig.
„Wer war es dann? Warst nicht du es der eure Eltern anrief? Hast du nicht ihnen gesagt das ihre süße, kleine Emalia im Garten verscharrt liegt? Warst nicht du es der ihr Grab ausgehoben hat? Du wolltest sie beschützen. Doch schlussendlich warst du es der ihr den Tod gebracht hat. Du hast Leben genommen. Du hast dich damit belogen das es Gerechtigkeit wäre. Du hast getötet, ohne zu zögern. Du bist eine Mörderin“, meint das Wesen und steigt aus dem Spiegel. Ich kann mich nicht mehr bewegen. Doch ich merke wie sich mein Herz zusammen zieht. ...Ruf sie an! Diese Worte schallen mir immer wieder durch den Kopf.
„Ich war das nicht. Das war dieser Mann. Er hat sie getötet. Er hat mich zu dem Monster gemacht was ich heute bin“, meine ich. Das Wesen bleibt vor mir stehen und verzieht sein abartiges Maul zu einem Grinsen.
„Hat er das? Oder hattest du nicht einfach gewartet um zu dem Monster werden zu können was du schon immer warst? Hattest du dich nicht einen Tag vorher mit deinen Eltern gestritten? Weil du nicht ihre wahre Tochter warst? Weil sie dich Tagtäglich auf den Straßenstrich schickten? Warst du nicht froh, dass sie endlich weg war? Du hast die Aufmerksamkeit bekommen, nach der du dich so lange gesehnt hattest. Und deinen sogenannten...Freunden bist du egal. Sie nutzen dich aus. Er braucht dich für seine Drecksarbeit. Und er hat es nur auf deine abgesehen. Was weißt du schon über sie? Gar nichts. Aber ich weiß es. Hör auch es zu verstecken. Sieh es endlich ein. Du bist ein Monster und deswegen behandeln sie dich auch wie eins. Du solltest sie auslöschen. Lass sie bezahlen dafür das sie dich benutzt haben“, meint das Etwas.
Ich merke wie mir schwindelig wird. Alles dreht sich. Sie wussten es? Sie haben mich verraten. So wie mich alle verraten haben.
„Lass mich dich führen und du wirst nie wieder Schmerz empfinden. Ist es das was du möchtest? Möchtest du das ich sie töte? Sag Reaper, was ist es? Was ist es was du mehr als alles andere willst?“, nehme ich ihre Stimme wie aus weiter Ferne wahr. Ich merke nur noch, wie ich zu Boden sinke. Dann verliere ich das Bewusstsein.
Leicht verwirrt setzte ich mich auf und sehe mich um. Wo bin ich hier? Und...Wer bin ich? Ich Rappel mich auf und sehe in den Spiegel, der vor mir steht. Meine schulterlangen silbernen Haare schimmern in dem Licht, das hinter mir gegen den Spiegel scheint. Und meine smaragdgrünen Augen strahlen mein Ich an. Die schwarze Jeans, die ich trage, ist mit Aufnähern bedeckt. Die meisten davon sind Namen von Bands. Zudem trage ich ein rotes Top und eine schwarze ärmellose Weste. Mir entgeht auch nicht der große rote Fleck mitten auf dem Bauchbereich meines Tops. Woher kommt der nur? Ich seufze und drehe mich um. Ich scheine mich in einer Art Höhle zu befinden. Aber wie bin ich hierhergekommen? Ich verlasse die Höhle und ziehe eine Braue hoch. Vor dem Eingang sehe ich einen schwarzen Helm liegen.
Ich hebe ihn auf und gehe weiter. Irgendwann steige ich einen steilen Hang hinauf. Ich befinde mich in einem Wald. Ich spüre etwas vibrieren und greife in meine Hosentasche. Plötzlich halte ich ein IPhone in der Hand. Es hat eine schwarze Hülle mit einem kleinen Skelett als Anhänger. Ist das etwa meins? Neugierig wische ich über den Display. Ich habe fünf Nachrichten und zehn verpasste Anrufe. Alle von einem gewissen Dewn. Ich öffne die erste Nachricht und lese sie mir dann der Reihe nach durch.
Hey, kleines alles okay bei dir?
Wo bist du denn?
Reaper, bitte melde dich doch!
Verdammt, geh endlich an dein Handy!
Wenn du das liest, bitte melde dich sofort bei mir!
Ich ziehe eine Braue hoch. Wer ist dieser Dewn? Und wieso hinterlässt er so viele Nachrichten? Doch er scheint sich sorgen zu machen. Ich sollte mich jedenfalls melden. Auch wenn ich mich nicht mehr erinnern kann. Und diese Reaper...bin das ich?
Hey Dewn. Tut mir leid, wenn ich mich so spät melde. Hab mein Handy auf dem Weg verloren. Hoffe hast dir nicht zu viele Sorgen gemacht. :-)
Keine drei Sekunden später kommt schon die nächste Nachricht von ihm.
Ich hab mir natürlich Sorgen gemacht, Prinzessin :-/ komm einfach schnell wieder zurück, ja? Ich muss mit dir sprechen
Zurück kommen? Aber wo ist zurück?
Ähm ja...hör mal ich hab mich eventuell...ein wenig verirrt :3
Ich stecke das Handy ein und suche den Ausgang des Waldes. An einem Baum sehe ich eine schwarze Davidson stehen und gehe darauf zu. Darin steckt ein Schlüssel und an dem klebt ein gelber Zettel. Tu das nie wieder! Ich ziehe eine Braue hoch und schiebe die Maschine vor die Straße. Wieder ein vibrieren und ich ziehe das Handy aus der Hosentasche.
Du bist ganz schön vergesslich, meine Liebe -. -
na gut, ich werde dein Handy orten und dir dann eine Nachricht mit der Wegbeschreibung schicken :-)
Aber dann beeil dich auch :-D
Ich muss lächeln. Er scheint ein seltsamer Mann zu sein. Nach ein paar Sekunden vibriert mein Handy erneut. Ich setze den Helm auf und drehe den Schlüssel im Schloss. Als ich mir die Beschreibung durchgelesen habe, mach ich mich auf den Weg. Vor einem riesigen Haus halte ich an. Der Eingang ist eine riesige Glastür. Ich betrete das Haus und sehe mich darin um. In einem Raum stehen viele Stühle und ein paar Bänke. Ich gehe weiter und sehe mich auf einen langen Flur um. Überall sind Türen, die verschlossen sind. Ich gehe weiter über den Flur und gehe eine Treppe hinunter die in den Keller zu führen scheint. Unten sehe ich mich um. Alle Türen scheinen hier aus schwerem Metall zu bestehen. Nur eine Tür steht offen. „Er weiß es. Er weiß was dir fehlt, doch er wird es dir nicht sagen. Du musst ihn auslöschen“, meint eine Stimme in meinem Kopf. Was? Warum? Auf einmal spüre ich eine Eiseskälte, die sich in mir ausbreitet. Es ist als würde eine fremde Macht Besitz von mir ergreifen. Langsam gehe ich auf die offene Tür zu.
Dabei greife ich nach einem Dolch, der in meinem Gürtel steckt. In der Tür bleib ich stehen und sehe mich in dem Raum um. An einem Schrank steht ein metallener Aktenschrank. An einer anderen Wand steht ein Tisch auf dem lauter Werkzeug liegt. Neben der Tür steht ein Metallener Tisch, auf dem Jemand zu liegen scheint. Die Person ist mit einem weißen Laken abgedeckt. Vor dem Tisch steht ein Mann und scheint irgendwas an der Person herum zu operieren. Der Mann hat kurze blaue Haare und trägt einen weißen Mundschutz im Gesicht. Als ich einen Schritt hinein mache, knarrt eine Bodendiele und der Mann sieht auf.
Er dreht seinen Kopf in meine Richtung und legt das Werkzeug weg. Dann nimmt er die Maske ab und lächelt munter. Seine nussbraunen Augen mustern mich schelmisch. „Hallo Reaper. Du bist schon da?“, fragt er fröhlich. Das muss dieser Dewn sein. „Öhm...hey“, meine ich überrollt. Er kommt auf mich zu und umarmt mich. Eigentlich könnte ich ihn einfach erstechen, aber ich kann meine Hand nicht bewegen. Er lässt mich los und geht wieder zu dem Tisch. „Wo um alles in der Welt bist du gewesen? Ich hab mindestens zehn Mal versucht dich anzurufen“, meint er und sieht zu mir. Ich setzte ein Lächeln auf und gehe langsam auf ihn zu. „Ich sagte doch ich hab mein Handy verloren. Hat gebraucht bis ich es wieder gefunden hab“, meine ich fröhlich. Er seufzt und konzentriert sich wieder auf seine Arbeit. Langsam ziehe ich den Dolch aus der Scheide.
Ich muss aufpassen das er es nicht hört. Ich hole Schwung und in dem Moment als ich ihm den Dolch in den Rücken stoßen will, greift er nach hinten und hält die Klinge fest. Ruckartig dreht er sich zu mir und schlägt mir die Faust in den Bauch. Mit einem jaulen lasse ich den Dolch fallen und weiche einen Schritt zurück. Ich halte mir den Bauch und sehe Dewn giftig an. „Reaper...deine Augen...glühen rot“, meint er fassungslos. Ich knurre und gehe wieder zum Angriff über. Doch Dewn packt meinen Arm und dreht ihn mir auf den Rücken. „Reaper, was ist los mit dir? Das bist doch nicht du“, meint er und drückt mich gegen eine Wand.
„Lass mich los!“, meine ich fauchend. „Nicht wenn du dich nicht beruhigst“, meint er streng. Ich schlage meinen Kopf gegen seinen und er weicht zurück. Ich dreh mich zu ihm um und versuche wieder ihn mit dem Dolch zu erstechen. Doch Dewn schlägt mir den Dolch aus der Hand und er greift meine Hände. Dann zieht er mich hinter sich her und ich versuche mich aus seinem Griff zu befreien. Er öffnet eine der Türen und schubst mich hinein. Schnell knallt er die Tür wieder zu und ich höre, wie er die Tür von außen verriegelt. Ich merke wie mir plötzlich kalt wird. Meine Unterlippe fängt an zu zittern und ich laufe von einer Stelle auf die andere. Mein Atem steigt in Form von Wölkchen in die Luft. Herrje, wo bin ich hier? Als ich mich umdrehe schlage ich mir die Hand gegen die Stirn. Na toll, ich stehe mitten in einem Kühlhaus. Ich muss hier raus, bevor ich noch als Eiswürfel ende. Ich werfe mich mit der Schulter gegen die Tür doch nichts passiert. Immer wieder werfe ich mich gegen die Tür, bis meine Schulter schmerzt.
Schließlich trete ich immer wieder gegen die Tür. Mit einem lauten gepolter fliegt die Tür aus den Angeln und diese donnert gegen die gegenüberliegende Wand. Schnell gehe ich aus dem Kühlhaus und versuche mich wieder aufzuwärmen. „Kalt kalt kalt kalt. Wieso gibt’s keine warmen Kühlhäuser?“, murre ich. Ich laufe bibbernd über den Flur als ich in jemanden hinein laufe. Erstaunt sehe ich auf und in das maskierte Gesicht eines Mannes. Er hat mittellange blonde Haare und trägt eine goldene Maske über den Augen. Zudem trägt er ein weißes Top und eine schwarze Jeans mit passenden schwarzen Schuhen. Ich weiche einen Schritt zurück und sehe ihn erstaunt an. „Reaper, alles in Ordnung?“, fragt der Mann verwirrt.
„Bring ihn um!“, meint die Stimme wieder. Wie von selbst greife ich ein Messer, das in meinem Gürtel steckt und gehe auf ihn los. Der Mann weicht schwankend aus und sieht zu mir. „Reaper, was ist los mit dir?“, fragt er verwirrt. „Fahr zur Hölle!“, meine ich und geh wieder zum Angriff über. Doch er packt meinen ausgestreckten Arm und schleudert mich von sich weg. Ich krache auf den Boden und merke wie mich zwei Arme auf diesen drücken. „Dain, du bist schon wieder da?“, ertönt Dewns Stimme hinter mir. Er drückt mir die Arme auf den Rücken und ich merke, wie er Handschellen daran befestigt. „Was ist denn hier los?“, fragt der andere Mann, der wohl Dain heißt. Dewn zieht mich hoch und ich sehe den Blonden hasserfüllt an. „Keine Ahnung. Sie hat den Verstand verloren“, meint Dewn.
Ich lasse meinen Kopf gegen seinen preschen und mit einem fluchen lässt er mich los. Doch dafür packt mich Dain und sieht zu seinem Kollegen. „Ich kann euch nicht mal für zwei Tage allein lassen ohne das irgendwas passiert“, meint er mürrisch. „Wieso bist du überhaupt schon wieder da?“, will Dewn wissen. „Hatte den Auftrag schneller erledigt als gedacht. Aber was ist hier los? Warum sind ihre Lippen so blau?“, fragt Dain. Ich versuche mich aus seinem Griff zu befreien, doch er ist stärker. „Was sollen wir jetzt mit ihr machen?“, fragt Dewn besorgt und mustert mich. „Ich hab keine Ahnung was hier vor sich geht. Aber solange sie sich so aufführt müssen wir sie wohl einsperren“, meint Dain bedenklich. Ich merke wie mir schwindelig wird und ich wanke einen Schritt zur Seite.
„Was zum...ihre Augen sind wieder grün“, meint Dewn verpeilt. Ich sehe zu Dain und der seufzt nur. „Was geht hier ab?“, meint er verpeilt. „Ich hab keine Ahnung. Reaper...alles...okay?“, fragt Dewn besorgt. Ich richte mich auf und sehe ihn verwundert an. „Kenne ich euch irgendwoher?“, frage ich verwirrt. Dewn fällt die Kinnlade runter und seine Augen werden so groß wie Fußbälle. „Sag mal, kannst du dich an nichts mehr erinnern?“, fragt er ehrlich besorgt. Ich sehe zwischen den Beiden hin und her. „Keinen Schimmer“, gebe ich ehrlich zu. „Warte...du...kannst dich wirklich an nichts mehr erinnern?“, fragt Dewn nach. Ich höre den Schock in seiner Stimme. „Nein“, gebe ich ehrlich zu. Dewn atmet tief durch und dreht sich dann weg. „Ich bring sie auf ihr Zimmer“, meint Dain. Dewn nickt, ohne sich umzudrehen. Widerwillig folge ich ihm über den Gang. „Töte sie...lass mich dich besitzen“. Die Stimme geht mir immer wieder durch den Kopf. Dain öffnet eine Tür und schließt sie wieder hinter sich. „Kannst du dich an gar nichts mehr erinnern?“, will er wissen. „Töte ihn! Jetzt!“. Die Stimme wird aggressiver. „Nein. Wer bin ich? Und...warum bin ich hier?“, frage ich verpeilt.
„Du heißt Codosa Gordesaro. Aber dir ist es lieber, wenn dich alle Reaper nennen. Du arbeitest seit fast zwei Jahren für mich. Und du hast gesagt, bis du deine Schuld beglichen hast, wirst du für mich arbeiten“, gibt er mir die Kurzvision. Ich sehe ihn forschend an. Kann ich ihm glauben? „Und...wer bist du?“, frage ich verpeilt. Er lächelt was ihn sympathischer erscheinen lässt. „Dain Dawnes. Aber du kannst mich einfach Dain nennen. Ich hab diese Detektei gegründet. Du, Dustin und ich sind oft im Einsatz und lösen die kniffligsten Fälle“, meint er munter. „Wer ist Dustin? Und...wieso hab ich Schulden bei dir? Und viele? Ich versteh das alles nicht“, meine ich neben mir. „Ganz ruhig. Dustin ist für Planungen bei Reisen zuständig. Außerdem sorgt er dafür das die technischen Geräte funktionieren. Das mit den Schulden...ist etwas kompliziert. Aufjedenfall schuldest du mir neunzig Millionen Euro“, Ich sehe ihn erstaunt an.
„Töte ihn! Er betrügt dich! Bring es zu ende!“, meldet sich die Stimme wieder zu Wort. Ich habe das Gefühl sie wird immer lauter und lauter. Ein stechender Schmerz durchflutet mich und ich halte mir eine Hand an den Kopf. „Alles okay?“, fragt Dain besorgt. Die Stimme wird lauter und lauter. Ich habe das Gefühl, das ich die Kontrolle verliere. „Geh einfach, bitte“, meine ich und sehe ihn mit Tränen in den Augen an. Er sieht mich eine Weile lang an. Dann nickt er und geht davon. Mit schweren Gliedern schleppe ich mich zum Fenster und öffne es. Ich springe hinaus und stürme davon. Ich darf dieser Stimme nicht die Kontrolle überlassen. Doch ich stolpere und fliege über einen Ast. Ich knalle auf den harten Waldboden und um mich herum wird alles schwarz.
Ich murre als ich mich von dem Waldboden erhebe. Diese kleine Göre ist zäher als ich gedacht habe. Schlechtgelaunt überquere ich die Straße und gehe durch den Wald. Wie kann ihr Geist so stark sein? Sie ist doch nur ein normaler Mensch. Als ich die Höhle betrete, muss ich lächeln. Das klopfen das von tief drinnen der Höhle kommt gefällt mir. Ich betrete das Ende der Höhle und gehe auf den Spiegel zu, der darin steht. Die Seele dieser Frau steht im Spiegel und sieht mich mit leeren Augen an. Ihre Seele ist gefangen was mich begeistert. „Du hast einen erstaunlichen Geist. Ich hab es nicht geschafft deine komplette Persönlichkeit zu löschen. Der Teil, der überlebt hat, ist ganz schön widerspenstig“, meine ich lächelnd. Sie sieht mich einfach nur an, ihr Blick geht ins Leere. „Damit kommst du nicht durch“, meint eine Stimme im Unterbewusstsein. „Das klingt ja so als wäre ich die Böse. Ich zeige dir nur deinen rechten Weg. Alles was du tun musst ist mir die Kontrolle zu überlassen“, meine ich munter. Ein Schmerz durchflutet meinen Körper und ich verziehe das Gesicht. Ihr Geist ist wirklich stark. Das wird alles nicht so einfach wie ich gedacht habe.
Seufzend gebe ich die Pinnummer meines Kontos ein und drücke auf den Display. Ich entnehme die Karte und warte ungeduldig. Dann nehme ich den Zettel und sehe ihn mir an. Ich hab tatsächlich neunzig Millionen Euro überwiesen. Gut, dass auf dem Handy noch die Kontodaten von diesem Dain waren. Ich finde es trotzdem seltsam das ich mich an nichts mehr erinnern kann. Ich verlasse die Bank wieder und mache mich auf den Heimweg. Ich bin in meinem Handy vertieft als ich in Jemanden hinlaufe. Verdattert sehe ich auf. Ein Mann mit kurzen braunen Haaren und grauen Augen steht vor mir. „Prinzessin, ich hab dich gar nicht gesehen. Heute mal ohne deine Partner unterwegs?“, fragt er lächelnd. Ich lege den Kopf schief und sehe ihn ahnungslos an. „Kennen...wir uns?“, frage ich zögernd.
Schlagartig verfinstert sich sein Gesicht und er mustert mich misstrauisch. „Wie war das?“, fragt er nach. „Ich...hab vor kurzem mein Gedächtnis verloren. Ich weiß gar nichts mehr“, gebe ich zu. Er packt meinen Arm und zieht mich nah zu sich hin. „Du erinnerst dich nicht mehr an mich mein Engel? Vielleicht hilft das deinem Gedächtnis auf die Sprünge“. Er zieht mich fest gegen sich und drückt seine Lippen auf meine. Plötzlich kehren einige meiner Erinnerungen zurück. Wie Dain, ich und Dustin gegen Elosaxus kämpfen. Und wie Jekyll und Hyde versuchen uns aufzuhalten. Auch erinnere ich mich an die Dämonenschwestern Kim und Taleja. Ich blinzle und mach einen Schritt zurück. „Edward“, meine ich leise. Hyde lächelt und sieht mich amüsiert an. „Gut, du weißt es wieder“, meint er lächelnd. Ich sehe ihn verpeilt an. „Was machst du hier?“, will ich wissen. „Ich war zufällig in der Gegend. Wieso hast du dein Gedächtnis verloren?“, will er wissen und mustert mich. „Keine Ahnung. Das Letzte an was ich mich erinnere. Ist das ich in einen Höhle aufgewacht bin. Dort standen überall Spiegel“, meine ich bedenklich. „Spiegel? seltsam. Ich hoffe es war nicht die Ruhestätte von Mary“, meint er bedenklich. Ich ziehe eine Braue hoch. „Wer ist Mary?“, frage ich neugierig.
„Mary war eine Frau, die in einer Höhle in einem Wald wohnte. Sie war so eitel, dass Sie überall in der Höhle Spiegel aufstellte, um sich betrachten zu können. Es heißt ein Jäger hätte sie erschossen als sie nach Kräutern suchte. Er hätte ein Reh gesehen und sie getroffen. Damit ihm keiner auf die Schliche kam, vergrub er sie in ihren blutigen Sachen neben der Höhle. Deswegen nennt man sie Bloody Mary. Es gibt ein Gerücht. Und zwar wenn man die Höhle betritt und in den Spiegel sieht. Erscheint sie und übernimmt die Kontrolle über die Person, die in den Spiegel sieht. Sie hasst alle Männer seid der Jäger sie erschossen und vergraben hat. Deswegen wird sie versuchen jedes männliche Lebewesen auf diesen Planeten auszulöschen“, erzählt Hyde. Ich sehe ihn erstaunt an.
Könnte es die Höhle sein, wo ich aufgewacht bin? „Ach was, wie hoch stehen die Chancen schon?“, meine ich lachend. Doch eigentlich wäre es logisch. „Edward, wo bist du?“, höre ich eine Stimme rufen. „Oh nein das ist Taleja. Ich muss los. Wir sehen uns, Prinzessin“, verabschiedet sich Edward und eilt davon. Ich sehe ihm eine Zeit lang nach. Er ist echt seltsam. Ich mache mich auf den Weg zu meiner Wohnung und versinke in Gedanken. Wer war ich früher? War ich einer von den Guten oder von den Bösen? Seufzend öffne ich die Tür meiner kleinen Wohnung und schließe sie hinter mir wieder. Was hab ich früher für ein Leben geführt? Murrend lass ich mich auf die Couch fallen. Irgendwie krieg ich diesen Dain nicht mehr aus meinem Kopf.
Ich muss immerzu an ihn denken. Er wirkt so...seltsam. Ich frage mich was es mit ihm auf sich hat. Er scheint irgendwas zu verheimlichen. Es ist schwer normal zu leben, wenn man nicht weiß wer man ist. Aber vielleicht ist das Ganze nicht so schlimm. Vielleicht sollte ich neu anfangen. Gedankenverloren gehe ich in die Küche und mach mir etwas zu essen. Eigentlich hab ich keinen Hunger, aber ich hab so das Gefühl als müsste ich jetzt etwas zu mir nehmen. Ich mache mir einen kleinen gemischten Salat und setzte mich ins Wohnzimmer. Mit einem lautem Seufzer lass ich mich auf die Couch fallen und schalte den Fernseher an.
Ich laufe durch die Stadt und denke über einiges nach als mein Handy vibriert. Ich zieh es aus meiner Hosentasche und lese die SMS.
Meine Süße was ist los? Man hört gar nichts mehr von dir. Geht es dir gut? Soll ich dich irgendwo abholen? Wann kommst du wieder? Bist du wegen irgendwas sauer auf mich? :(
LG
Joshidazu
Ich merke wie mir eine Träne übers Gesicht rollt. Joshidazu? Wieso kommt mir dieser Name so bekannt vor? Und wieso hab ich das Gefühl das ich ihm dringend Antworten muss? Ich will mein Handy schon wieder wegstecken als eine weitere SMS eingeht.
Hey, du willst es wahrscheinlich nicht hören, aber du fehlst mir. Du fehlst uns. Du bist schon eine Woche weg. Ich hoffe es geht dir gut. Ich weiß nicht was passiert ist, aber ich will das du weißt, wenn du jemanden zum Reden brauchst ich bin für dich da. Dain vermisst dich auch. Sehr sogar. Er zeigt es nur nicht. Aber immer, wenn ich an seinem Büro vorbei gehe, sitzt er dort und sieht sich das Bild von dir an. Tut mir leid, dass ich mich so seltsam benommen hab :(
ich wollte dich nicht verletzen. Ich wusste einfach nicht wie ich damit umgehen sollte das du mich nicht mehr gekannt hast. Bitte sei mir nicht böse. Ich will dich nicht für immer verlieren. Ich will einfach nur das du wiederkommst. ICH BITTE DICH KOMM ZURÜCK! ICH TU WAS DU WILLST!
Dewn
Ich bleibe stehen und wische mir eine Träne aus dem Gesicht. Ich muss lachen bei der Nachricht. Ich weiß nicht wieso, aber mir ist danach. Vielleicht weil ich keine Ahnung habe, ob ich Dewn früher nahe stand. Vielleicht ist es auch die Tatsache das er sich so bemüht das ich wiederkomme. Aber wohin? Ich weiß nicht. Wo gehöre ich hin? Wie war mein altes Leben? Und will ich es überhaupt zurück?
Als ich am nächsten Tag gegen neun Uhr Frühstück mache bin ich schlecht drauf. Ich hab die ganze Nacht nicht geschlafen. Ich hab irgendwas Seltsames. Das ich mehrere Menschen getötet hätte. Und irgendetwas wegen einer Höhle in dem ein böser Geist spukt. Ich nippe so an meiner Tasse Kaffee als es plötzlich an der Tür klingelt. Eigentlich erwarte ich keinen Besuch um diese Uhrzeit. Dennoch stelle ich die Tasse weg und stehe auf. Ich fahre mir noch einmal durch die Haare, bevor ich die Tür öffne. Dieser Dain steht davor und schiebt mich zur Seite. Verwundert sehe ich ihn an. Was er hier wohl will? „Ist das dein Ernst?!“, meint er plötzlich und dreht sich zu mir um. Planlos ziehe ich eine Braue hoch. „Was meinst du?“, will ich wissen. „Wie konntest du so schnell das Geld auftreiben?“, fragt er knurrend. Ich gehe an ihm vorbei und ins Wohnzimmer. Dort lass ich mich auf die Couch fallen und höre seine Schritte. Er bleibt im Türrahmen stehen und wartet auf meine Antwort.
„Ich hab auf meinem Handy Daten von mehreren Konten gefunden. Und hab ich eben gesehen das ich auf einem noch so viel drauf hatte. Das heißt wir sind quitt“, meine ich gelassen. „Das war´s? Du verlässt die Detektei einfach? Glaubst du das lass ich so einfach zu?“, meint er schlechtgelaunt. Ich verdrehe die Augen und erhebe mich langsam. Dabei behalte ich ihm immer im Blick. „Meine Schulden sind bezahlt. Was willst du mehr? Eigentlich wollte ich versuchen meine Erinnerungen zurück zubekommen. Aber dann hab ich mich gefragt, ob ich das überhaupt will. Ich weiß nicht was mich angetrieben hat“, gebe ich ehrlich zu.
„Also willst du uns einfach allein lassen? Ich werde dich nicht gehen lassen. Egal ob Schulden hin oder her, du gehörst mir. Wenn du denkst du kannst einfach verschwinden hast du dich geirrt. Dewn hat durch einen Ortungschip herausgefunden, wo du bist. Wir werden dich immer finden, du kannst dich nicht ewig verstecken. Du kannst uns nicht ewig entkommen“, meint er drohend.
Ortungschip? Plötzlich schießen mir tausend Bilder durch den Kopf. „Das ist es!“, rufe ich aus und springe von der Couch. Dain verschränkt die Arme vor sich und sieht mich an als wäre ich verrückt. „Was meinst du?“, fragt er skeptisch. Ich sehe ihn an und lächle. „Das ist die Frage die Bloody Mary mir gestellt hat. Was mein Antrieb ist. Warum ich lebe. Ich weiß es wieder. Ich weiß was ich mehr will als alles andere“, meine ich begeistert. „Hast du jetzt völlig den Verstand verloren? Wovon zum Teufel redest du da?“, fragt Dain grummelnd.
„Unwichtig. Ich muss wieder nach Erásuko. Ich muss zu der Höhle. Wird Zeit den Spuk zu beenden“, meine ich und stürme an ihm vorbei. „Reaper warte!“, höre ich ihn mir hinterher rufen. Doch ich hab keine Zeit zu verlieren. Die Kopfschmerzen setzten wieder ein und ich weiß das ich mich beeilen muss. Sie versucht wieder die Kontrolle zu übernehmen. Schnell steige ich auf mein Motorrad und setze den Helm auf. Als ich den Schlüssel im Zündschloss drehe, höre ich die Tür knallen und Blicke hinter mich. Dain stürmt auf mich zu. Schnell fahre ich los und sehe in den Rückspiegel. Dain stürmt zu einem roten Mercedes, der neben dem Haus steht. Bei dem Wald angekommen mach ich eine Vollbremsung und springe von der Maschine. Ich werfe den Helm daneben und stürme den Hang hinunter.
Die Kopfschmerzen werden immer schlimmer und ich stolpere fast über eine Wurzel, die aus dem Boden ragt. Als die Höhle in Sicht kommt werde ich schneller. Hinter mir höre ich Schritte und weiß das er mir folgt. Bei der Höhle angekommen werde ich langsamer als ich tiefer hinein gehe. In der Mitte des Raumes bleibe ich stehen und sehe in den Spiegel. Mary erscheint in Josephines Gestalt in dem Glas. „Du bist wieder da“, meint sie lächelnd. Ich sehe sie mit festem Blick an. „Ja und ich hab meine Erinnerungen wieder“, meine ich mit fester Stimme. Josephine lächelt und tritt aus dem Spiegel. Dabei verändert sich ihr Aussehen und Mary zeigt ihre wahre Gestalt. Ihre Haare färben sich braun und fallen ihr bis über die Schultern. Ihre Augen färben sich in ein seltsames matschbraun und wirken seelenlos. Sie trägt ein bodenlanges weißes Kleid, das an ein Hochzeitskleid erinnert. Vor mir bleibt sie stehen und sieht mich lächelnd an.
„Ist es nicht das was du wolltest? Die anderen hassen dich. Willst du sie nicht mehr töten? Willst du sie nicht töten für das was sie dir angetan haben? Was sie über Dich gesagt haben? Du bist ein Monster und sie wissen es. Warum beschützt du sie? Du willst sie doch alle umbringen“. Sie versucht schon wieder mich zu manipulieren. Doch dieses Mal wird es nicht klappen. Ich kenne die Wahrheit. Ich kenne den Antrieb, der Mich am Leben hält. „Deine Tricks funktionieren nicht mehr“, meine ich entschlossen. In einem der Spiegel sehe ich Dain hinter mir im Eingang stehen. Er wirkt wie versteinert. „Was ist es dann? Was willst du mehr als alles andere?“, fragt sie mit einem kaltem lächeln.
„Was ich wirklich will? Ich will Rache! Ich will den Mann finden und töten der meine Schwester ermordet hat! Der Mich zu dem Monster gemacht hat, das ich heute bin! Ja ich habe Leute umgebracht. Ja ich habe Dinge getan, auf die ich nicht Stolz bin. Ich habe die Angestellten der Anstalt getötet, in der Ich zwei Jahre gefangen war. Ich habe meinen Verlobten in der Hochzeitsnacht getötet. Denn Mann der mir nicht einen Tag lang treu sein konnte. Ich habe mein Elternhaus angezündet damit man mich für tot hält. Ich habe Hannibal und seine Tochter getötet. Ich habe vielen den Tod gebracht. Doch ich bereue es nicht. Wenn man sein Ziel erreichen will wird es Opfer geben. Du fragst mich was ich mehr will als alles andere? Ich will das Versprechen halten, das ich meiner Schwester gegeben habe. Ich will sie rächen. Ich will leben! Ich will...frei sein!“. Die letzten Worte schreie ich ihr ins Gesicht. Dann renne ich an ihr vorbei und zerdeppre den ersten Spiegel. „Stopp!“, höre ich sie rufen. Doch ich zerschlage den zweiten Spiegel. „Ich will das du nie wieder die Kontrolle über eine Person bekommst!“. Ich zerschlage den nächsten Spiegel. Ich zerschlage Spiegel um Spiegel und gehe auf den großen Spiegel zu.
„Du hast die Menschen, weil du von einem verraten wurdest? Du denkst du würdest sie hassen wie kein anderer? Du irrst dich Mary. Ich hasse die Menschen mehr. Ich hasse ihre Art. Wie sie lügen können, ohne rot zu werden. Sie betrügen und kennen keine Gnade. Ich hasse die Menschen so sehr. Und dennoch lebe ich unter ihnen. Ich werde nicht ruhen, bis ich den Mann gefunden habe, der mir alles nahm. Irgendwann werde ich ihn finden und dann wird er es bereuen. Knochen für Knochen werde ich ihm brechen. Meine Eltern haben mich als Kind auf den Straßenstrich geschickt ja das stimmt. Und ich hab sie gehasst. Keine Träne habe ich ihnen nachgetrauert. Doch Emalia war alles für mich. Sie war der Einzige Mensch, der mein Vertrauen hatte. Du fragst dich, warum ich so bin? An dem Tag an dem Emalia starb, starb auch meine Menschlichkeit“. Mit diesen Worten zertrete ich den großen Spiegel.
Bloody Mary schreit und Rauch steigt von ihrem Körper auf. Ein heulen wie von Wind ertönt und im nächsten Moment ist alles vorbei. Ihr Körper explodiert und ich atme tief durch. Doch wieder dreht sich alles vor mir und ich mache einen Schritt nach vorne. Ich kann gar nichts mehr sehen. Doch dafür spüre ich wie Dain mich auffängt und meinen Namen ruft.
„Was meinst du mit du hast deine Menschlichkeit verloren?“. Emalia sieht mich verständnislos an. Sie ist zu klein, um das zu verstehen. „Ich weiß keinen Grund, warum ich Gnade haben sollte mit jemanden. Ich habe nichts mehr was mich an die Menschheit glauben lässt. Er hat dich mir weggenommen. Seinetwegen bist du nicht mehr an meiner Seite. Alle Menschen sind so“, meine ich mürrisch. Emalia sieht mich aus ihren grünen Kulleraugen aus an und neigt den Kopf zur Seite. „Weggenommen? Aber ich bin doch bei dir. Und ich werde immer bei dir sein. Du konntest nichts tun, um es zu verhindern. Es ist wie es ist. Bodenloser Hass wird daran nichts ändern. Ich will nur das du dein Leben lebst. Ich will das du glücklich bist. Du hast einen Partner, der für dich sterben würde. Du hast in Dewn einen Freund gefunden, der dich mehr liebt als sein Leben. Mehr wollte ich nie für dich. Ich will das du den Hass vergisst und einfach lebst. Unsre Eltern waren nicht die besten. Aber sie hätten nicht gewollt das du in Hass versinkst. Vergiss die Rache und sei am Leben“.
Ich lächle und sehe meine kleine Schwester an. „Du hast recht. Ich lebe. Und deshalb werde ich meine Rache nicht aufgeben. Du warst mein Leben. Du warst der Grund, warum ich nie die Hoffnung verlor. Ich werde seine Tat nicht unbestraft lassen. Egal wie lange es dauern wird, egal über wie viele Leichen ich muss. Ich werde ihn finden. Nicht für dich, sondern für mich“, meine ich entschlossen. Es stimmt. Emalia war kein Freund von Rache. Aber genau das war der Grund, der mich am Leben hielt. Das war der Grund, warum ich kämpfen werde.
Langsam öffne ich die Augen. Mein Kopf dröhnt noch immer als ich mich aufsetze. „Reaper alles in Ordnung?“, dringt eine besorgte Stimme zu mir durch. Ich sehe alles wie durch eine dichte Watte. Mein Blick schärft sich und ich sehe Dain neben dem Bett stehen. „Wo.…wo bin ich?“, frag ich verpeilt und sehe mich um. „Im Krankenzimmer. Ich weiß du kannst dich nicht mehr an mich erinnern. Aber versuch mir zu vertrauen“. Dains Stimme klingt dieses Mal so anders. Er klingt so...gekränkt. Egal wie lange es dauern wird, egal über wie viele Leichen ich muss, ich werde ihn finden… „Ich bin nur froh, dass es dir wieder gut geht. Ich...geh dann mal besser. Sag wenn etwas ist“, meint Dain und will gehen. Doch ich packe seinen Arm und er dreht sich zu mir um.
„Warte! Ich kann mich an alles wieder erinnern. Auch an...dich“, meine ich leise. Dain sagt nichts. Doch plötzlich lächelt er und legt seine Hand auf meine. „Freut mich. Du solltest trotzdem jetzt besser schlafen“, meint er und löst meine Hand von seinem Arm. Er verlässt das Zimmer und schließt die Tür hinter sich. Ich seufze und lehne mich gegen das Bettgestell. Jetzt hab ich also meine Erinnerungen wieder. Aber ist es das was ich wollte? War ich nicht glücklicher als ich mich nicht an all das erinnern konnte? Ich schließe die Augen und atme tief durch. Als Schritte ertönen öffne ich die Augen. Dewn steht in der Tür und sieht mich an. Doch ich kann seinen Blick nicht richtig deuten. Mit langsamen Schritten kommt er auf mich zu.
Sein Gesichtsausdruck zeigt Gleichgültigkeit. Ich rutsche etwas zurück und lehne mich gegen das Bettgestell. Vor mir bleibt er stehen und lehnt seine Arme links und rechts neben mich gegen die Wand. Er beugt sich zu mir runter und presst seine Lippen auf meine. Verdutzt sehe ich ihn an. Ich versuche ihn wegzudrücken, doch ihn scheint das nicht zu interessieren. Schließlich lehnt er sich zurück und schlingt seine Arme um mich. Mit einem Ruck zieht er mich zu sich und drückt mich gegen seinen starken Oberkörper. „Geh nie wieder solange weg, ohne dich bei mir zu melden“, raunt er mir ins Ohr. „Dewn...alles okay bei dir? Ich war doch nur eine Woche lang weg“, meine ich verwirrt. Dewn lockert seinen Griff und sieht mir fest in die Augen. Da erkenne ich erst mit welchem Dewn ich rede.
„Ich hab mir Sorgen um dich gemacht. Ich dachte du kämmst gar nicht mehr wieder. Dain hat mir erzählt das du deine Schulden bezahlt hast. Deshalb hab ich befürchtet du wärst für immer weg“, meint er. „Ich werde dir Bescheid geben sollte ich jemals planen abzuhauen. Aber momentan hab ich keine große Lust darauf“, meine ich munter. „Reaper das ist mein Ernst. Ich werde dich nicht gehen lassen. Selbst wenn du versuchst abzuhauen. Ich werde dich immer und überall finden. Ich werde dich immer wieder zurückholen. Egal wo du dich versteckst. Egal wohin du gehst, ich werde es herausfinden“, meint er mit kalter Stimme. Ich sehe ihn erstaunt an. Dann lächle ich und umarme ihn. „Ich würde niemals einfach so verschwinden. Ihr seid meine Familie. Außerdem hab ich ein Ziel das ich erreichen will. Und der Job hier ist der beste Weg dieses zu erreichen. Außerdem...würde ich euch vermissen“, gebe ich ehrlich zu.
Dewn lehnt sich zurück und sieht mir abschätzend in die Augen. „Du sagst das nur damit ich dir nicht böse bin“, meint er mürrisch. „Es ist so. Ich hab nur noch euch und zwei meiner alten Freunde“, gebe ich ehrlich zu. Ich hab noch nie jemanden von meiner Vergangenheit erzählt. Ich sah keinen Grund darin. Das meiste hab ich einfach verdrängt. Ich wollte mich nie erinnern. Ich wollte nie geheucheltes Mitleid von irgendwem. Aber jetzt weiß ich das man nicht alles verdrängen kann. Das man nicht Alles einfach vergessen kann. Den irgendwann holt einen die Vergangenheit wieder ein. Und dann wird alles noch schlimmer. Dewn sieht mir in die Augen und lächelt leicht. „Ich will nicht wie eine Familie für dich sein. Ich will der Einzige für dich sein. Ich will das ich der Einzige bin, den du hast. Ich will dich mit niemanden teilen“, meint er ernst.
„Das wirst du wohl müssen. Das gehört zum Beruf. Das weißt du doch“, meine ich munter. „Ja, ich weiß. Leider kann ich dich nicht von allen Menschen abschotten. Obwohl...ich könnte dich in einen Käfig sperren. Wie einen Vogel in einen goldenen Käfig damit du mir nicht weg flatterst“, überlegt er. „Ich glaub du hast zu viel getrunken. Ich bin kein Vogel“, meine ich mürrisch. „Doch. Du bist mein süßer Wellensittich“, meint er lächelnd. „Ich glaube du bist betrunken“, meine ich seufzend. „Schon möglich. Aber das ändert nichts. Egal, ruhe dich jetzt besser aus. Das war eine lange Woche“, meint er mitfühlend und steht auf. Dann schließt er die Tür hinter sich und ich lass mich in die Kissen fallen.
„Damit ich das richtig verstehe. Du möchtest das ich dir ein paar Tage frei gebe?“. Dain sieht mich überrascht an. „Es...gibt da etwas das ich herausfinden muss. Und das dauert eben etwas“, meine ich entschuldigend. „Ich verstehe. Ich denke wir können auch ein paar Tage auf deine Hilfe verzichten. Du kriegst fünf Tage keinen Tag mehr“, meint er schließlich. „Fünf Tage sollten reichen. Danke Dain das weiß ich zu schätzen“, meine ich munter. „kein Problem. Du hast in letzter Zeit ziemlich was mitgemacht. Du brauchst Zeit, um dich wieder zu sammeln“, meint er mitfühlend. „In Ordnung. Wenn etwas ist rufst du mich aber sofort an. Nicht das du wieder in solche Schwierigkeiten gerätst“, meint er ernst.
„Versprochen“, meine ich kichernd. „Und ruf an, wenn du angekommen bist“, meint er weiterhin. „Ja, Mutti“, meine ich lächelnd. „Und sprich nicht mit Fremden“, meint er grinsend. „Hast du es jetzt dann mal? Ich möchte vor Weihnachten los“, meine ich seufzend. „Pass...einfach auf dich auf, ja?“, meint er. „Werde ich. Du machst dir viel zu viele Sorgen“, meine ich lächelnd. „Na gut. Gib Dewn aber Bescheid. Ich geh in mein Büro. Ich...muss noch etwas erledigen“, meint er und geht davon. Ich seufze und gehe über den Flur. Ich steige die Treppe zum Keller hinunter und klopfe an die offene Tür. Dewn sitzt vor seinem PC und tippt etwas darin ein. „Was machst du da?“, frage ich interessiert. Er hält in der Bewegung inne und dreht sich zu mir um. „Ach ich muss mal wieder was schreiben. Was gibt’s denn? Du kommst nie grundlos runter“, meint er lächelnd. „Ich...wollte mich nur von dir verabschieden. Ich verreise für ein paar Tage“, meine ich.
„Das verstehe ich. Darf man wenigstens wissen wohin die Reise geht?“, will er wissen. Ich seufze und streiche mir eine silberne Strähne hinters Ohr. „Ich reise für ein paar Tage nach Hause. Ich will dort nach dem Rechten sehen. Außerdem...muss ich etwas herausfinden“, gebe ich ehrlich zu. „Hm, ich verstehe. Dann erhole dich mal gut. Ach, und noch was. Tut mir leid, dass ich dir wegen der Krankheit nicht Bescheid gegeben habe. Ich...wollte einfach eine Lösung finden. Ich wusste nicht, wie ich es dir sagen soll. Aber ich kann dir zum Glück sagen das du komplett geheilt bist. Was auch immer es ist. Dein Körper vernichtet die Viren schneller als andere. Du bist also komplett Gesund“.
„Du kommst aber wieder, oder?“, fragt er besorgt. „Natürlich komm ich wieder. Das hab ich dir doch schon mal gesagt. Mach dir nicht immer unnötig Sorgen“, meine ich gelassen. „Tut mir leid. Es ist nur...ich fürchte einfach das du für immer gehst“, meint er bedenklich. „Du machst dir zu viele Sorgen. Ich komm in ein paar Tagen wieder“, meine ich munter. „Na gut, dann viel Spaß“, meint er lächelnd. Ich verlasse das Büro wieder und gehe auf mein Zimmer. Dort ziehe ich meinen Rucksack unter dem Bett hervor und packe ein paar Sachen hinein. Dann stelle ich den Rucksack neben das Bett und öffne das Fenster.